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REALITY.SERVICES [REALITAETS.DIENSTE] => Erweiterter Machtdiskurs (Politik) => Topic started by: Link on October 08, 2008, 04:05:12 PM

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on October 08, 2008, 04:05:12 PM
Quote" ... Eine Frauensache ist ein französischer Film von Claude Chabrol aus dem Jahr 1988 nach einem Buch von Francis Szpiner ... Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit ... " | https://de.wikipedia.org/wiki/Eine_Frauensache (https://de.wikipedia.org/wiki/Eine_Frauensache)

" ... Das Vichy-Regime will an Marie ein Exempel statuieren... Claude Chabrols Abrechnung mit Doppelmoral und ,,Männerjustiz" basiert auf dem Fall der Marie-Louise Giraud, die am 30. Juli 1943 wegen 27 illegal durchgeführter Abtreibungen hingerichtet wurde. ..." | https://www.cinema.de/film/eine-frauensache,1296217.html (https://www.cinema.de/film/eine-frauensache,1296217.html)

" ... Das Vichy-Regime erklärte durch Gesetz vom 15. Februar 1942 den Schwangerschaftsabbruch zum ,,Verbrechen gegen die Staatssicherheit" ... Staatschef Philippe Pétain lehnte eine Begnadigung ab. Am 30. Juli 1943 wurde Marie-Louise Giraud im Gefängnis La Roquette in Paris von Scharfrichter Jules-Henri Desfourneaux durch die Guillotine enthauptet. ... " | https://de.wikipedia.org/wiki/Marie-Louise_Giraud (https://de.wikipedia.org/wiki/Marie-Louise_Giraud)

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Quote[...] Jede dritte Frau weltweit hat in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erfahren. Nur 15 Prozent zeigen den Täter, der in den meisten Fällen aus dem engeren Bekanntenkreis stammt, an. Viele verzichten aus Scham, Angst vor Retraumatisierung, ökonomischer Abhängigkeit von ihrem Peiniger darauf – oder weil sie nur geringe Erfolgsaussichten sehen. Nur ein Prozent aller Vergewaltigungen wird tatsächlich verurteilt.  ... Dabei gibt es weder den typischen Täter noch das typische Opfer, es gibt sie in jeder Bevölkerungsgruppe und sozialen Schicht. Doch es scheint leichter, sich nicht zu fragen, wer aus dem eigenen Umfeld Täter und wer Opfer sein könnte. Sich nicht mit der Gewalt auseinanderzusetzen, die jeden Tag in der Mitte unserer Gesellschaft stattfindet und alle drei Tage einer Frau ihr Leben kostet. ... Sexualisierte Gewalt wird zu 95 Prozent von Männern an zu 95 Prozent weiblichen Opfern verübt. Vor vier Jahren brandete die MeToo-Bewegung durch die sozialen Medien mit dem Ziel, auf das Ausmaß sexualisierter Gewalt aufmerksam zu machen. Auch wenn seitdem die Stimmen der Opfer immer lauter und zahlreicher vernommen werden, ist der misogyne Gegenwind, der ihnen insbesondere in den sozialen Medien entgegenschlägt, immer noch der alte.  ...


Aus: "Sexualisierte Gewalt: Zum Schweigen gebracht" Anastasia Tikhomirova (9. April 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/zett/politik/2021-04/sexualisierte-gewalt-unschuldsvermutung-sexualstrafrecht-opfer-schweigen (https://www.zeit.de/zett/politik/2021-04/sexualisierte-gewalt-unschuldsvermutung-sexualstrafrecht-opfer-schweigen)

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Quote[...] Am Institut für Sexualwissenschaft ging es neben der Forschung auch um Beratung, Aufklärung und Hilfe. Hirschfeld und seine Mitarbeiter:innen widmeten sich der ganzen Vielfalt von Sexualität und Geschlecht. Sie beschäftigten sich mit Homo- und Heterosexualität, mit Geschlechtskrankheiten und Verhütung, sexuellen Problemen, Trans- und Intersexualität, mit Fetischismus, Sextoys und vielem mehr. Ihr Umgang mit Themen, die bis dato weitgehend tabuisiert waren, war für damalige Zeit erstaunlich offen.  Neben Arzt und Forscher war Magnus Hirschfeld auch ein bedeutender politischer Aktivist. Im Jahr 1897 gründete er mit zwei Mitstreitern das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK), die erste Organisation, die sich für die Rechte von Schwulen einsetzte. Eines ihrer größten Ziele war die Abschaffung des Paragrafen 175 im Strafgesetzbuch, der sexuelle Handlungen zwischen Männern seit 1872 unter Strafe stellte. ...


Aus: "Pionier der Sexualwissenschaft: Als die Nazis das Institut von Magnus Hirschfeld zerstörten" Alice Ahlers (09.05.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/pionier-der-sexualwissenschaft-als-die-nazis-das-institut-von-magnus-hirschfeld-zerstorten-9788801.html (https://www.tagesspiegel.de/wissen/pionier-der-sexualwissenschaft-als-die-nazis-das-institut-von-magnus-hirschfeld-zerstorten-9788801.html)

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Quote[...] Der Iran droht Frauen, die sich in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zeigen, mit gnadenloser Verfolgung. "Die Abnahme des Schleiers ist gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegenüber unseren Werten", sagte der Justizchef der Islamischen Republik, Gholamhossein Mohseni Edschei, iranischen Medien zufolge. Diejenigen, "die solch anomale Handlungen begehen, werden bestraft" und "ohne Gnade verfolgt". 

Der Justizchef ließ offen, mit welchen Strafen die Frauen zu rechnen haben. Der demonstrative Verzicht auf ein das Haar bedeckendes Kopftuch ist zu einem zentralen Symbol des Widerstands gegen die Regierung in Teheran geworden.

... Ausgelöst wurden die seit Monaten anhaltenden Proteste durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die Mitte September vergangenen Jahres in Polizeigewahrsam starb. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll.

... Vergangenen Donnerstag hatte das Innenministerium das Kopftuch als "eine der zivilisatorischen Grundlagen der iranischen Nation" bezeichnet und an Bürger appelliert, unverschleierte Frauen zur Rede zu stellen. Nach der 1979 eingeführten islamischen Scharia sind Frauen verpflichtet, ihr Haar zu bedecken und lange, locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verbergen. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldstrafen oder Verhaftung rechnen.


Aus: "Iranische Regierung droht Frauen ohne Kopftuch mit Verfolgung" (1. April 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-04/iran-frauen-kopftuch-verfolgung (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-04/iran-frauen-kopftuch-verfolgung)

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Quote[...] "Sei interessant für ihn, räum auf, sorge dafür, dass es ruhig ist. Beschwer dich niemals, wenn er zu spät nach Hause kommt, und freu dich, ihn zu sehen. Eine gute Frau kennt immer ihren Platz." Vor ein paar Jahren machte ein Text aus einer US-amerikanischen Benimmfibel für Frauen die Runde und sorgte für einige Kopfschüttler und Lacher.  ...


Aus: "Beziehungsregeln für Frauen: Loben Sie Ihren Liebsten, und lassen Sie sich nicht gehen" Kolumne - Nils Pickert (3. April 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000077027488/Beziehungsregeln-fuer-Frauen-Loben-Sie-ihren-Liebsten-und-lassen-Sie (https://derstandard.at/2000077027488/Beziehungsregeln-fuer-Frauen-Loben-Sie-ihren-Liebsten-und-lassen-Sie)

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QuoteYuliya Komska @ykomska

Buying a crime novel makes woman burn Schnitzel, forget man. A horror scenario from a Nazi-era (1940) issue of Das Blatt der Deutschen Frau.

https://twitter.com/ykomska/status/1341837245091819527 (https://twitter.com/ykomska/status/1341837245091819527)

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Quote[...] Das Frauenbild während der Zeit des Nationalsozialismus war von einer völkisch-nationalistischen Ideologie geprägt und betonte die Rolle der Frau in der Gesellschaft als Mutter. Beeinflusst wurde das Idealbild durch andere Grundzüge nationalsozialistischer Ideologien wie die Lebensraumpolitik.
Die ideale Frau sollte sich neben ihrer arischen Abstammung durch Charaktereigenschaften wie Treue, Pflichterfüllung, Opferbereitschaft, Leidensfähigkeit und Selbstlosigkeit auszeichnen. Sie sollte zum Wohle der ,,Volksgemeinschaft" vor allem als Mutter ihre Pflicht erfüllen. In allen anderen Fragen wurde ihr nur ein sehr begrenztes Mitspracherecht eingeräumt. Entscheidungen zu treffen sollte den Männern vorbehalten bleiben. ...

,,Die Welt der Frau [sei] die Familie, ihr Mann, ihre Kinder, ihr Heim" (Hitler, München 1936)

https://de.wikipedia.org/wiki/Frauen_im_Nationalsozialismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Frauen_im_Nationalsozialismus)

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Quote... Der gewaltsame Tod der Kurdin Mahsa Amini in Teheran hat die Proteste der Frauen im Iran ausgelöst. Was sich dort nun abspielt, ist das Ergebnis feministischen Kampfes.  ... Der weibliche Körper ist ein Thema, das im religiösen Diskurs ständig geleugnet, entfernt und bestraft wird, und genau deswegen ist der Körper und das Haar politisch.  ...


Aus: "Die körperliche Verweigerung" Pegah Ahmadi (30. September 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2022-09/iran-frauen-protest-mahsa-amini-kopftuch-10nach8 (https://www.zeit.de/kultur/2022-09/iran-frauen-protest-mahsa-amini-kopftuch-10nach8)


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Quote... Im Iran sitzt eine 25-jährige Frau hinter Gittern, weil sie einen Volleyball-Match besuchen wollte. ... Polizisten hatte die 25-jährige Iranerin vor mehreren Wochen festgenommen. Sie wollte gegen ein Gesetz protestieren, das es Frauen verbietet, Sportveranstaltungen gemeinsam mit Männern anzuschauen. Ghavami soll versucht haben, in den Männerbereich des Stadions zu gelangen. ...


Aus: "Frau verhaftet, weil sie ins Sportstadion wollte" (09. September 2014)
http://www.20min.ch/ausland/news/story/Frau-verhaftet--weil-sie-ins-Sportstadion-wollte-26645003 (http://www.20min.ch/ausland/news/story/Frau-verhaftet--weil-sie-ins-Sportstadion-wollte-26645003)

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"Frühe Homosexuellenbewegung: Berlins Coming-Out" Fabian Federl (13.05.2015)
Anfang des 20. Jahrhunderts begannen Homosexuelle, sich zu emanzipieren. Das Zentrum dieser Bewegung war Berlin: Hier blühten queerer Aktivismus, Forschung und Kultur – bis die NSDAP den Traum zerstörte. Ein Beitrag aus unserem neuen Queerspiegel. ... An dem Ort, an dem Berlin zum Zentrum einer weltweiten Bewegung wurde, gibt es heute 40 Prozent Rabatt auf French Nails. Neben dem Nagelstudio schwächeln die roten Halogenleuchten der Sparkasse, gegenüber glänzt das Charlottenburger Rathaus. Ein Flackern legt sich auf die Büste eines Mannes, der vor 80 Jahren gestorben ist, am 14. Mai 1935, und der, so die Inschrift, bis heute zu Toleranz und Akzeptanz gegenüber Minderheiten mahnt. Die Büste steht auf städtischem Boden; der Hausbesitzer der Otto-Suhr-Allee 93 wollte keine Gedenktafel für einen Perversen.
118 Jahre zuvor, 1897. Der Perverse hat in seine Privatwohnung eingeladen. Die Otto-Suhr-Alle heißt da noch Berliner Straße, Hausnummer 104. Nun sitzen drei Männer hier, allesamt um die vierzig, und hören dem 29-jährigen Gastgeber zu. Magnus Hirschfeld, promovierter Mediziner und Sexualforscher, spricht vom gesellschaftlichen Zwang, der viele Homosexuelle erdrückt, von ungerechten, entmenschlichenden Strafgesetzen, vom Unsinn der menschlichen Zweigeschlechtlichkeit. ...
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/berlins-coming-out-6632713.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/berlins-coming-out-6632713.html)

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Quote[...] Italiens Ex-Premier versprach Fußballern seines Klubs AC Monza einen "Bus voller Huren" als Siegesprämie – laut Berlusconi ein "Männerwitz" ... Dass sein "Männerwitz" solche Empörung verursacht habe, zeige den "absolut mangelnden Humor" seiner Kritiker, denen er trotzdem schöne Weihnachtsfeiertage wünsche, sagte der 86-Jährige. ...


Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000141818612/berlusconi-empoert-mit-frauenfeindlichen-aussagen (https://www.derstandard.at/story/2000141818612/berlusconi-empoert-mit-frauenfeindlichen-aussagen) (15. Dezember 2022)

Quotehobimaehdocht

Männerwitz? Warum lache ich dann nicht?


QuoteGib Komplexen keine Chance!

Hach, wie schlimm aber auch. Meine Güte, ein dämlicher Witz und die Welt ist mal wieder empört. Mir geht diese frömmelnde Heuchelei mehr auf die Nerven als ein niveauloser Witz. ...


Quotewieihrwollt

Ich bin keine frömmelnde Betschwester. Ich bin Vater von drei Töchtern und bleibe dabei: er IST ein alter Trottel ...


QuoteHarry Potter and the stoned philosopher

Der [Berlusconi] ist nicht nur frauenfeindlich, er ist auch männerfeindlich, da er allen Männern unterstellt von einen "Bus voller Huren" begeistert zu sein. ...


QuoteFritz der Kommunen-Teufel

Macht Berlusconis Schönheitsoperationen eigentlich noch ein Chirurg oder schon der Präparator?


Quoteüawhr

Einen Bus voller Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen wäre ev. akzeptabel.


QuoteSimon K

Sexarbeitende.


Quotekryptograf

Einer der wenigen Politiker, der wenigstens ehrlich sagt was er denkt?...


QuoteG.P.K.

Berlusconi ist ein einziger "Männerwitz".


QuoteLasting Damage II

Der Bunga Bunga Typ macht frauenfeindliche Witze. Ich bin schockiert...


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QuoteDie meisten Frauen vergessen, daß es nur in seltenen Fällen dem Manne Vergnügen macht, sich im Nachher mit der Frau zu unterhalten.

Wilhelm Windelband (1848 - 1915), deutscher Philosoph, gilt mit H. Rickert als Begründer der badischen beziehungsweise südwestdeutschen Schule des Neukantianismus


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Quote[...] Das ,,Buch der Königstöchter" ist ein wilder Ritt durch Tausende Jahre westlicher Kulturgeschichte. Manchmal strengt Theweleits Assoziationswut an. Und nicht jede Verbindung, die er über Jahrhunderte und Genres hinweg zieht, überzeugt. Aber darum geht es Theweleit auch nicht. In unzähligen Nebengeschichten zeigt er stattdessen, was sich unter dem Lack unserer Kultur verbirgt.

... Unsere Geschlechterbilder entstammen 4.000 Jahre alten Erzählungen, die vor allem ein Ziel verfolgten, nämlich die Brutalität der europäischen Kultur zu verschleiern. Der ,,Griechenwahn" hat die Geschichten der Eroberten komplett überdeckt – ,,und das ist einfach scheiße", sagt Klaus Theweleit.

...


Aus: "Götterkult der Eroberer" Sonja Vogel (18. 6. 2013)
Quelle: https://taz.de/Neues-Buch-von-Klaus-Theweleit/!5065216/ (https://taz.de/Neues-Buch-von-Klaus-Theweleit/!5065216/)

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Quote... Im Zwischenmenschlichen hört man auf, in Begriffen zu denken, weil man hier vor alltäglichen Problemen steht, für die man ganz pragmatische Lösungen finden muss. Wie teilt man etwa den Haushalt, wie geht man mit den Kindern um? Erst wenn hier von vielen Menschen ähnliche Entscheidungen getroffen werden, passiert etwas. Veränderung geschieht nicht darüber, was Feministinnen veröffentlichen, sondern über das, was sich konkret in den Familien abspielt. Kurz: Es geht immer um Lösungen von praktischen Problemen, nicht darum, ob man diese oder jene Idee vertritt. Das ist vollkommen egal. ...

Aus: "Interview - Männerforscher Klaus Theweleit: «Männer tragen eine 12 000 Jahre alte Gewaltgeschichte im Körper, die in unseren Gesellschaften gepflegt und gefördert wird»" Judith Sevinç Basad (30.11.2019)
https://www.nzz.ch/feuilleton/klaus-theweleit-maenner-tragen-eine-gewaltgeschichte-im-koerper-ld.1524973 (https://www.nzz.ch/feuilleton/klaus-theweleit-maenner-tragen-eine-gewaltgeschichte-im-koerper-ld.1524973)

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QuoteDie Forderung nach Emanzipation als Forderung nach Befreiung anderer (z. B. der Sklaven) und der Selbstbefreiung kulminierte bei Karl Marx in dem Satz: ,,Wir müssen uns selbst emancipieren, ehe wir andere emancipieren können.", wobei er in jeder Hinsicht die Emanzipation als eine Klassenfrage und keine Frage der Natur − etwa bei der Gleichberechtigung der Frau − herausstellte. Emanzipation erfüllt sich durch das bewusste Wahrnehmen und Gestalten von Freiheitsrechten. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Emanzipation

Gender Studies
Die Gender Studies, deutsch Geschlechterforschung, sind eine Forschungsrichtung, die sich mit dem Verhältnis von Geschlecht und Kultur, Gesellschaft sowie Wissenschaften beschäftigt. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Studies

Geschlechtersoziologie
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtersoziologie

Männerbewegung
http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4nnerbewegung

Männlichkeit
http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4nnlichkeit

Antifeminismus bezeichnet im Allgemeinen eine Gegenbewegung zum Feminismus. Antifeminismus ist von den Begriffen Misogynie (Vorstellung einer ontologischen Minderwertigkeit der Frau) sowie Frauenfeindlichkeit (bewusste Handlung und politische Praxis, um die Diskriminierung von Frauen in die Tat umzusetzen) zu unterscheiden. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Antifeminismus

"Historikerin über frühen Antifeminismus: ,,Das Signal war: Die Roten kommen!"" Das Interview führte Katrin Gottschalk (7. 3. 2023)
Ute Planert forscht über Antifeminismus im Kaiserreich. Im Interview spricht sie über Strategien der Feministinnen und Parallelen zur Gegenwart.
... Für meine Dissertation habe ich mir die Verbandszeitschriften des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation angeschaut. ... Ich habe mich auch gefragt, warum diese Frauen das machen. Manche waren mit einem Antifeministen verheiratet, aber es gab auch selbstständige Schriftstellerinnen. Ein wichtiger Punkt war für viele sicherlich, dass dem traditionellen Frauenbild die Legitimation entzogen wurde. Wenn immer mehr Frauen gebildet sein sollen, arbeiten und studieren, dann fühlt sich die ,,Nurhausfrau" weniger wert. Und dann kommt das Weltbild dazu, das die Frauen teilten: Diese Antifeministen waren weit in der rechten Ecke, modern gesprochen: rechtsradikal, das waren Nationalisten, die waren völkisch, die waren antisemitisch und antimodern. In diesem deutsch-völkischen Weltbild hat die Frau zu Hause zu sein und Kinder zu kriegen fürs deutsche Volk. ... ...
https://taz.de/Historikerin-ueber-fruehen-Antifeminismus/!5916198/ (https://taz.de/Historikerin-ueber-fruehen-Antifeminismus/!5916198/)

Manosphere (deutsch Mannosphäre) ist ein loses, vorwiegend antifeministisches Netzwerk. Es umfasst Internetforen und Blogs, in denen verschiedene Ziele verfolgt werden, etwa Selbstoptimierung und hegemoniale Männlichkeit oder dominantes Verführen (Pick-Up Artists) und das Kontrollieren weiblicher Sexualität. Gemein ist der Manosphere eine frauenfeindliche Einstellung, von relativ mildem Sexismus bis extremem Hass. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Manosphere (https://de.wikipedia.org/wiki/Manosphere)

Hatr.org ist eine Plattform, auf der Trollkommentare gesammelt werden, die sich Tag für Tag auf denjenigen Blogs finden, die sich kritisch mit (den) gesellschaftlichen Verhältnissen auseinandersetzen. Die Trollkommentare sollen durch Hatr sichtbar werden – ohne das Gesprächsklima auf den Blogs zu stören. Indem wir Werbung auf hatr.org schalten drehen wir den Spieß um und machen aus Hass Geld. Entstanden ist die Idee auf dem GenderCamp 2010, inspiriert vom einem US-amerikanischen Projekt. Einige Leute haben beschlossen, die Idee weiterzuverfolgen und arbeiten seitdem an der Plattform hatr.org. Die Blogs im hatr.org Netzwerk entscheiden, welche Kommentare auf hatr.org veröffentlicht werden. In einer zweiten Stufe schauen wir die Einsendungen noch einmal durch.
http://hatr.org/

Entlang biographischer Erzählungen von Frauen verschiedener Generationen und mit unterschiedlicher ethnischer, sozialer oder religiöser Zugehörigkeit fragen wir, auf welche Weise Individuen und Kollektive Identitäten verhandeln und welche Rollenbilder innerhalb der Generationen weitergegeben oder revidiert werden. Und wir interessieren uns für die Lernfähigkeit von Mehrheitsgesellschaften im Zusammenleben mit ethnischen Minderheiten, dafür, was und wie wir von und miteinander lernen wollen. ... Über die Vielfalt der einzelnen Lebensgeschichten nähern wir uns einander und werden auf uns selbst zurückgeworfen. Momentweise lassen sich größere Zusammenhänge erahnen. Ein Mosaik aus Erzählungen, das sich nicht herausnimmt, ein Ganzes analysieren zu wollen. Wer vermag auch jemals das Ganze zu verstehen?
http://grenzenerzaehlen.at

Portal:Feminism
https://en.wikipedia.org/wiki/Portal:Feminism

Weiblichkeit
http://de.wikipedia.org/wiki/Weiblichkeit

Third-wave feminism
http://en.wikipedia.org/wiki/Third-wave_feminism

LGBT (auch GLBT und LSBTTIQ) ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, also Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender.
https://de.wikipedia.org/wiki/LGBT

Diese Zeitleiste dokumentiert in ihrer zeitlichen Abfolge die historische Entwicklung und bemerkenswerte Ereignisse innerhalb der Geschichte der Homo-, Bi- und Transsexualität, die auch als LGBT-Geschichte bezeichnet wird. Die Liste gibt zudem einen Überblick über die Entwicklung der gesellschaftlichen Akzeptanz, Veränderungen der Begrifflichkeiten und grundlegender Gesetzesänderungen, sowie einzelner Ereignisse, die zu den Gesetzesänderungen in den unterschiedlichen Ländern geführt haben. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_LGBT

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Feminismus (abgeleitet aus dem französisch féminisme, vom lat. Wortstamm femina ,Frau') ist das Bekenntnis zur politischen, ökonomischen und sozialen Gleichheit der Geschlechter. Der Begriff bezeichnet heterogene Denkansätze und Theorien, deren gemeinsamer Ausgangspunkt das Aufbegehren gegen die Identifizierung von Frauen als einer Männern nachgeordneten Gruppe ist. Ziel ist die Veränderung der Lebenssituation von Frauen als auch der Strukturen, die eine Nachrangigkeit von Frauen hervorbringen.  ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Feminismus

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Suffragetten-Bewegung - Bürgerkrieg der Geschlechter
Sie wollten wählen - und wurden ausgelacht: Fast achtzig Jahre lang hatten britische Frauen mit friedlichen Mitteln das Wahlrecht gefordert, ohne Erfolg. Anfang des 20. Jahrhunderts radikalisierten sich Teile der Bewegung und zogen in den bewaffneten Kampf. Auch unter Einsatz ihres Lebens. Von Frank Patalong (1.3.2013)
http://einestages.spiegel.de/s/tb/27741/suffragetten-bewegung-buergerkrieg-der-geschlechter.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Suffragetten

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Audioarchiv kritischer Theorie & Praxis
Emanzipatorische Inhalte zum Hören. ...
http://audioarchiv.blogsport.de/

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Männliche Nacktheit - Das ist übrigens ein Penis (27.07.2012)
http://www.zeit.de/2012/31/Maennliche-Nacktheit/

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"Deutsches Frauenarchiv geht online Über 100 Jahre Frauenbewegung auf einen Klick" Inga Barthels (14.09.2018)
Das neue Digitale Deutsche Frauenarchiv macht rund 500.000 Dokumente zur Frauen- und Lesbengeschichte zugänglich. Darunter Tagebücher und Lesben-Zeitschriften. ...
https://www.tagesspiegel.de/wissen/deutsches-frauenarchiv-geht-online-ueber-100-jahre-frauenbewegung-auf-einen-klick/23065036.html

Das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF) ist ein Fachportal über die Geschichte der deutschen Frauenbewegungen. Ziel des Projekts ist es, ausgewählte Quellen der Frauenbewegungsgeschichte in digitalisierter Form für eine breite Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen.
https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/

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"Musliminnen wehren sich gegen Femen-Nacktprotest" Ulf Pape (08.04.2013)
Eine mit Hidschab verhüllte Frau hält ein Schild vor ihrem Gesicht, auf dem zu lesen ist: "Wenn Ihr mir die Freiheit nehmt, mich zu verschleiern, unterdrückt IHR mich." Auf einem anderen Foto blickt eine junge Frau offen in die Kamera und zeigt ein Schild mit den Worten: "Ich kann Frauenrechte auch vertreten, wenn ich bekleidet bin."
Bilder wie diese finden sich seit einigen Tagen zahlreich auf Twitter. Unter dem Hashtag #MuslimahPride reagieren muslimische Frauen unterschiedlichster Länder auf die Demonstrantinnen von Femen. Es ist ein Protest gegen Protest, gegen die Vereinnahmung sämtlicher Musliminnen unter dem Femen-Banner.
Mit ihren Nackt-Aktionen erregen Aktivistinnen weltweit Aufsehen und gewinnen immer mehr Anhängerinnen. Ihren Ausgang nahm die Protestform in der Ukraine, heute aber tauchen die entblößten Demonstrantinnen vielerorts auf. Sie legten sich mit Dominique Strauss-Kahn an, mit Paris Hilton, mit der Fußball-EM und nun vor allem mit dem Islam an sich.  ...
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/musliminnen-gegen-femen-a-893163.html

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Wie fickt man das System? Demos, Kampagnen, Riots, militante Aktionen? Naja, würden wir ja gern. Das Problem ist nur: Wir kommen einfach nicht klar mit unserem Leben. Sind ganztags beschäftigt mit Selbstmitleid, Lethargie und Onlineshopping. Wir schreiben keine Flugblätter, greifen nicht zum Gewehr. Stattdessen sitzen wir in unserem begehbaren Kleiderschrank und meinen, den gesamten Schmerz der Welt zu empfinden. Klingt wehleidig? Uns doch egal.
Wir haben keinen Bock, uns konstruktiv einzubringen. Lieber machen wir das hundertste Selfie, probieren neue Betäubungsmittel aus dem Darknet oder heulen rum, weil wir mal wieder die ganze Tüte Chips allein leergegessen haben. Zum Arbeiten sind wir zu krank, für die Therapie zu unmotiviert, zum Suizid zu feige. Ach ja, und wir sind schlecht zu ficken. Weil wir uns stets zu hässlich fühlen und beim Sex in Tränen ausbrechen.
In einer Gesellschaft, die auf maximale Produktivität abzielt, ist Nichtstun ein widerständiger Akt. Unsere Existenz ist parasitär: Wir belasten Sozialsysteme, Krankenhäuser und unsere Partner. Wir weigern uns, brave Staatsbürger und produktive Wirtschaftssubjekte zu werden. So bringen wir zwar nicht den großen Umsturz. Aber wir lähmen das System. Wir sind linke Passivistinnen, und wir sind stolz darauf! Unsere Mission: Gegen das Patriarchat anheulen.
https://sadgirls.de/ | https://sadgirls.de/manifest/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 08, 2008, 04:07:32 PM
"WHO: Jede dritte Frau erlebt Gewalt in Partnerschaft oder Nötigung" (10. März 2021)
Die Studie bezieht sich auf Daten vor der Pandemie. Demnach erlebten bereits 736 Millionen Frauen weltweit Gewalt durch einen Partner oder Übergriffe außerhalb der Beziehung. ... Die Gewalt habe für die Frauen verheerende Folgen. Zum einen gebe es Verletzungen, aber diese Frauen litten auch häufiger unter Depressionen, Angstattacken, Geschlechtskrankheiten oder übertragenen Krankheiten wie HIV und würden ungewollt schwanger.
Attacken auf Frauen gehen der WHO zufolge zurück, wenn es mehr Gleichberechtigung gibt, mehr Bildungsangebote und sichere Arbeitsplätze. Die Behörden müssten auch dafür sorgen, dass diskriminierende, auf Geschlechterstereotype beruhende Vorurteile ausgeräumt werden. ...
https://www.derstandard.at/story/2000124783525/who-jede-dritte-frau-erlebt-gewalt-in-partnerschaft-oder-noetigung (https://www.derstandard.at/story/2000124783525/who-jede-dritte-frau-erlebt-gewalt-in-partnerschaft-oder-noetigung)

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"Was bürgerlicher Feminismus ist und wo er scheitert" Laura Stern und Sophie Rot (5. August 2019)
Die Bezeichnung ,,bürgerlicher Feminismus" ist aktuell nicht sehr gebräuchlich, was vor allem daran liegt, dass die Alternativen aus dem linksradikalen Bereich, der sozialistische und der anarchistische Feminismus, nicht gerade Hochkonjunktur haben. ...
Quelle: https://rambazamba.blackblogs.org/2019/08/05/was-buergerlicher-feminismus-ist-und-wo-er-scheitert/ (https://rambazamba.blackblogs.org/2019/08/05/was-buergerlicher-feminismus-ist-und-wo-er-scheitert/)

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Das onlinejournal kultur & geschlecht ist ein transdisziplinäres Forum für Nachwuchswissenschaftler_innen der Ruhr-Universität Bochum, die zu Geschlechterfragen und ihren Kontexten forschen. Es wird am Lehrstuhl für Medienöffentlichkeit und Medienakteure mit besonderer Berücksichtigung von Gender des Instituts für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum von Astrid Deuber-Mankowsky und Jasmin Degeling herausgegeben, gefördert von der Fakultät für Philologie und dem Rektorat der RUB.
Ziel ist, Projekte, umfassendere Hausarbeiten, Bachelor- und Masterarbeiten, Tagungen und Workshops, mit innovativen Ansätzen und Fragestellungen der Geschlechterforschung einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Schwerpunkt liegt auf aktuellen kulturwissenschaftlichen Gender- und Queer Studies. Dabei ist uns besonders wichtig, über ,klassische' Themen und Zugänge hinausgehend Bezüge herzustellen. Dadurch hoffen wir eine Perspektive zu fördern, die den Gender Studies von Beginn an eigen ist: dass Geschlechterdifferenz nicht als isoliertes Phänomen zu begreifen ist, sondern nur durch umfassendes, transdisziplinäres Befragen komplexer kultureller Prozesse.
Das onlinejournal kultur & geschlecht will ein Ort des Übergangs in der Zeit des Studienabschlusses und auf dem Weg zur Promotion sein, an dem Texte und Konzepte erprobt werden. Es will auf dem Weg elektronischer Veröffentlichung zugleich ein breites Publikum am kontinuierlichen Prozess der wissenschaftlichen Erschließung aktueller kultureller und medialer Phänomene und ihrer Verflechtung mit genderrelevanten Fragen teilhaben lassen.
https://kulturundgeschlecht.blogs.ruhr-uni-bochum.de/

COMMUNICATIONS LASER #17 :: [Weiblichkeitskonstruktionen [?]... ]
http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,336.0.html

COMMUNICATIONS LASER #17 :: [Männlichkeitskonstruktionen... [?] (Notizen)]
http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,271.0.html

COMMUNICATIONS LASER #17 :: [Gefechte zur Sexualität... (Notizen)]
http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,282.0.html


"Sexism is making women sick" Jessica Valenti (Monday 26 January 2015)
Sexism is certainly nauseating – the disgusting leers on the street, the discrimination, the violence. But those everyday expressions of misogyny could be seriously impacting our mental health as well. ...
http://www.theguardian.com/commentisfree/2015/jan/26/sexism-is-making-women-sick

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Femen (Eigenschreibung FEMEN, ukrainisch Фемен) ist eine am 11. April 2008 in Kiew/Ukraine gegründete feministische Gruppe...
http://de.wikipedia.org/wiki/Femen

We unite young women based on the principles of social awareness and activism, intellectual and cultural development.
http://femen.info/

FEMEN – ЭТО ВСЕМИРНОЕ ЖЕНСКОЕ ДВИЖЕНИЕ
http://femen.org/

"Alle fürchten sich vor unseren Brüsten" - Stefan Draschan, 28. März 2011, 12:40
Die feministische Protestgruppe Femen demonstriert nackt gegen Sexismus, politische Intoleranz und Hosni Mubarak - ein derStandard.at-Interview ...
http://derstandard.at/1297820114307/Politischer-Aktionismus-in-der-Ukraine-Alle-fuerchten-sich-vor-unseren-Bruesten


"Femen-Anführerin: Am Ende steht das Matriarchat" Steffen Dobbert (12.06.2012)
Alexandra Schewtschenko ist eine der Anführerinnen der Aktivistengruppe Femen. Ein Gespräch über die feministische Revolution, blutende Männer und die EM als PR-Bühne ...
http://www.zeit.de/sport/2012-06/interview-femen-ukraine-protest


"Aktivistin Josephine Witt: "Femen ist Teil meiner Identität""  Simon Kerbusk | Annika Sartor (07.07.2013)
DIE ZEIT, 4.7.2013 Nr. 28
Ende Mai zog Josephine Witt sich in Tunis aus, um für die Freilassung einer Frauenrechtlerin zu demonstrieren. Sie wurde festgenommen und verbrachte 29 Tage im Gefängnis. Jetzt ist sie zurück in Deutschland – und spricht über ihre Haft, den Nacktprotest und die Kritik an Femen. ...
http://www.zeit.de/2013/28/femen-josephine-witt

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"Ukraine: Sicherheitskräfte sollen Femen-Chefin bewusstlos geprügelt haben" (18.08.2013)
Odessa - Die Femen-Chefin in der Ukraine ist nach eigenen Angaben von staatlichen Sicherheitskräften brutal verprügelt worden. Sie sei beim Verlassen eines Wohnhauses in der Schwarzmeerstadt Odessa von Spezialeinheiten geschlagen worden, sagte Anna Huzol der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag. Mit ihr seien bei der Attacke am Samstagabend auch die Aktivistin Alexandra Schewtschenko und der Femen-Berater Wiktor Swischaski verprügelt worden. Offenbar solle die für ihre barbusigen Protestaktionen bekannte Feministengruppe durch derartige Attacken mundtot gemacht werden, sagte Huzol. ...
http://www.spiegel.de/politik/ausland/femen-chefin-anna-huzol-attacke-vor-der-haustuer-a-917224.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/femen-chefin-anna-huzol-attacke-vor-der-haustuer-a-917224.html)


"Reaktion auf Razzia: Femen-Aktivistinnen fliehen aus der Ukraine" (31.08.2013)
In ihrem Hauptquartier in Kiew will die Polizei Waffen gefunden haben - jetzt sind drei Femen-Gründerinnen aus der Ukraine geflohen. Die Repressionswelle gegen die feministische Bürgerrechtsgruppe erreicht einen neuen Höhepunkt. ...
http://www.spiegel.de/politik/ausland/femen-aktivistinnen-fliehen-nach-waffenfund-aus-der-ukraine-a-919694.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/femen-aktivistinnen-fliehen-nach-waffenfund-aus-der-ukraine-a-919694.html)


"The mechanics of subtle discrimination: measuring 'microaggresson'" (tomstaffordPosted on June 17, 2016)
Many people don't even realise that they are discriminating based on race or gender. And they won't believe that their unconscious actions have consequences until they see scientific evidence. Here it is. ...
https://mindhacks.com/2016/06/17/the-mechanics-of-subtle-discrimination-measuring-microaggresson/ (https://mindhacks.com/2016/06/17/the-mechanics-of-subtle-discrimination-measuring-microaggresson/)

http://www.bbc.com/future/story/20160608-the-true-impact-of-tiny-microaggressions (http://www.bbc.com/future/story/20160608-the-true-impact-of-tiny-microaggressions)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 22, 2009, 11:59:05 AM
"Männerwelten. Zur kollektiven Konstruktion hegemonialer Männlichkeit" Von Michael Meuser (2001)
Schriften des Essener Kollegs für Geschlechterforschung
hrsg. von: Doris Janshen, Michael Meuser
I. Jg. 2001, Heft II, digitale Publikation
(Druckausgabe: ISSN 1617-0571)
http://www.uni-due.de/imperia/md/content/ekfg/michael_meuser_maennerwelten.pdf

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Quote[...] Frau El Feki, inwiefern ist der Sex ein Schlüssel zur Demokratie in arabischen Ländern?

Shereen El Feki: Sexuelle Rechte sind ein wichtiger Bestandteil der Menschenrechte. Wenn man die Freiheit und das Menschsein der Anderen respektieren möchte, sind sie keine beliebigen Ansprüche, die man akzeptieren kann oder auch nicht. Praktisch bedeuten sie den freien Zugang zu gynäkologischer Versorgung und die Freiheit, Ideen über Sexualität zu entwickeln und Informationen darüber auszutauschen.

Es ist das Recht, sich seinen Partner auszusuchen und über seine sexuelle Aktivitäten selbst zu bestimmen. Es ist die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob und wann man Kinder haben möchte, und das Recht, über den eigenen Körper selbst zu verfügen. Das alles bedeutet die Möglichkeit, ein befriedigendes, sicheres und erfülltes Sex-Leben anstreben zu können.

Die Betätigung des "sexuellen Bürgerrechts" - also die Macht zu haben, hier eigene Entscheidungen zu fällen und von den staatlichen Institutionen fordern zu können, ihre Verantwortung ohne Ansehung von Ethnie, Klassenzugehörigkeit, Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung auszuüben - stellt mehr dar als nur den Abglanz des demokratischen Systems. Es ist ein Mittel, dafür erst das Fundament zu schaffen, indem man diese Prinzipien im Kern des Menschseins verankert, wo sie sich dann in anderen Bereichen ausbreiten können.  ....

Aus: ""Das Politische und das Sexuelle sind Bettgenossen überall auf der Welt""
Reinhard Jellen, 31.07.2013
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/39/39613/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/39/39613/1.html)

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QuoteSexuelle Rechte sind wesentliche Menschenrechte. Das ist nicht in allen Ländern anerkannt, und vor allem in den Vereinten Nationen ist es sehr umstritten. Aber das ist absolut meine Meinung. Ich glaube, dass der persönliche Mensch den politischen beeinflusst und umgekehrt. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie junge Menschen engagierte Bürger sein sollen, wenn sie weder die Freiheit noch die Möglichkeiten haben, auf Informationen über ihre Körper und ihre Sexualität zuzugreifen.

Ich finde es schwer vorstellbar, wie Frauen eine wichtige Rolle im ökonomischen, politischen und sozialen Leben eines Landes spielen sollen, wenn sie auf einer elementaren Basis keine Kontrolle über ihre eigenen Körper haben. Ich finde es schwierig, mir vorzustellen, wie wir bessere Beziehungen zwischen Männern und Frauen herstellen können, etwa in der Schule, in den Parlamenten, wenn sie einander nicht auch im Schlafzimmer respektvoll und gleichberechtigt gegenüberstehen. Es ist schwer vorstellbar, wie man Gerechtigkeit, Freiheit, Würde, Gleichheit und den Schutz der Privatsphäre im Politischen durchsetzen soll, wenn diese Werte im Privaten nicht gelten. Die beiden Sphären sind miteinander verbunden. ...

Aus: "Sexuelle Zufriedenheit als universeller Wert - Im Gespräch: Shereen El Feki" (01.03.2013)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/bilder-und-zeiten/im-gespraech-shereen-el-feki-sexuelle-zufriedenheit-als-universeller-wert-12099421.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/bilder-und-zeiten/im-gespraech-shereen-el-feki-sexuelle-zufriedenheit-als-universeller-wert-12099421.html)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 22, 2009, 12:01:21 PM
Mädchenmannschaft (Blog)
Die Mannschaft liebt den Feminismus und notiert hier Dinge und Nachrichten, die fröhlich machen oder uns die Nackenhaare aufstellen.
http://maedchenmannschaft.net/

fbomb | a young feminist blog
http://thefbomb.org/

Antje Schrupp sammelt hier ihre Notizen rund um die Arbeit der sexuellen Differenz.
Motto: Das Gegenteil ist genauso falsch!
http://antjeschrupp.com/


Die Störenfriedas sind ein feministischer Blog. Wir, die Störenfriedas, sind Frauen jeden Alters mit ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten. Was uns eint, ist der Feminismus, der gemeinsame Kampf gegen Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Sexismus, Rassismus, Klassismus, Speziesismus und Gewalt im Alltag, in Form von Gesetzen, in der Gesellschaft, in den Medien, in den Köpfen. Unser Ziel ist eine freie und gerechte Gesellschaft. ...
http://stoerenfriedas.de/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 08, 2011, 03:42:46 PM
Woman with a Gun does not
Signify Man with a Phallus
Gender and Narrative Change in the Action Movie
RIKKE SCHUBART

Within the traditionally male action genre there
have always existed the subgenre of femme fatale
action. In Coffy (1973), Foxy Brown (1974) and
Cleopatra Jones (1973) Pam Grier and Tamara
Dobson kicked serious ass in the black action cinema,
in the Hong Kong action movie the female
warrior has been a frequent protagonist since the
seventies, and in the eighties the white action heroine
finally entered the genre: Cynthia Rothrock,
Brigitte Nielsen and Sigourney Weaver were action
heroines in Above the Law (1986), Red Sonja
(1985) and Aliens (1986).
The heroine of femme fatale action performs the
masquerade of masculinity: She kicks ass better
than the Terminator, shoots straighter than Dirty
Harry and like Rambo she transforms torture into
renewed strength.1 But somehow she seems too
good to be true. ...


https://www.nordicom.gu.se/sites/default/files/kapitel-pdf/38_schubart.pdf

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 22, 2012, 04:09:17 PM
Zur Psychodynamik lesbischer Sexualität (München, den 09.10.2006)
Dissertation an der Fakultät 11 für Psychologie und Pädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität von Isabella Manuela Torelli
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/6576/1/Torelli_Isabella_Manuela.pdf


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Counter Erotics
Bodies and languages
http://countererotics.tumblr.com/

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feministische Perspektiven auf Mutterschaft
https://fuckermothers.wordpress.com/

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Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein zentrales Thema in diesem Blog, weil es ein zentrales Thema meines Lebens ist. Ebenso vertrete ich die Anliegen von Alleinerziehenden, die keine starke Lobby haben. Das alles mache ich hier rein privat, es gibt ganz bewusst keine Werbung. Es ist meine Spielwiese.
http://mama-arbeitet.de/

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Quote[...] Catherine Davies ist Historikerin und forscht an der Universität Zürich zur Geschichte der Kriminalität und des Kapitalismus.

Jedes Jahr zur Weih­nachts­zeit häufen sich die Fälle häus­li­cher Gewalt. Doch weil es zu wenig Plätze gibt, müssen Frau­en­häuser Schutz­su­chende abweisen. Dass diese Häuser über­haupt exis­tieren, verdanken wir der Neuen Frau­en­be­we­gung der sieb­ziger und acht­ziger Jahre.

,,1974", erin­nerte sich sehr viel später die Schweizer Femi­nistin und Regis­seurin Cris­tina Perincioli, ,,gab es in Deutsch noch keinen Begriff für häus­liche Gewalt ... und außer den Betrof­fenen – die ja schwiegen – hatte niemand eine Vorstel­lung davon, was es konkret bedeutet."

Gegen ein Phänomen, das in seiner Rohheit und Bruta­lität Sprach­lo­sig­keit voraus­setzte und erzwang, setzten auto­nome Femi­nis­tinnen im deutsch­spra­chigen Raum ab der Mitte der 1970er-Jahre ein ganzes Bündel an Begriffen, Insti­tu­tionen und Stra­te­gien, die den gesell­schaft­li­chen und staat­li­chen Umgang mit dem, was wir heute selbst­ver­ständ­lich ,,häus­liche Gewalt" nennen, grund­le­gend trans­for­mierten. In bewusster Abgren­zung zu etablierten Parteien, Gewerk­schaften und kirch­li­chen und sozialen Körper­schaften, die aufgrund ihrer hier­ar­chi­schen Form und Nähe zum Staat kein Ort femi­nis­ti­scher Kritik und weib­li­cher Selbst­be­stim­mung sein konnten, etablierten auto­nome Frau­en­gruppen Frau­en­häuser: geschützte Räume also, zu denen Männer keinen Zutritt hatten und in denen eine gänz­lich neue, frau­en­zen­trierte und soli­da­ri­sche Form des gemein­samen Lebens und Handelns prak­ti­ziert werden sollte.

Der ursprüng­liche Impuls war aus dem Ausland gekommen. Die ameri­ka­ni­sche Femi­nistin und Autorin Susan Brown­miller hatte 1967 ein soge­nanntes speak-out über Verge­wal­ti­gung orga­ni­siert. Vier Jahre später war im Londoner Stadt­teil Chis­wick von der Britin Erin Pizzey das ,,Women's Shelter" eröffnet worden – die erste Insti­tu­tion, die sich explizit an Frauen wandte, die von ihren Männern geschlagen wurden, und ihnen Zuflucht bot. Es war die Begeg­nung mit den dort lebenden Frauen, erin­nert sich Perincioli, die ihr die Augen öffnete mit ihren Erzäh­lungen ,,unfass­barer Grau­sam­keiten". Als sie in Berlin, wo sie lebte, im Plenum des Frau­en­zen­trums fragte, ob jemand Frauen kenne, die von häus­li­cher Gewalt betroffen waren, meldeten sich zu ihrem grossen Erstaunen Anwe­sende – ,,Frauen, die ich zu kennen glaubte, mit denen ich zusam­men­ar­bei­tete! Nicht ,die anderen' hatten dieses Problem – nein, es war mitten unter uns!"

Im März 1976 trafen sich in Brüssel Frauen aus zahl­rei­chen Ländern zu einem ,,inter­na­tio­nalen Tribunal", um über Gewalt gegen Frauen zu spre­chen und Stra­te­gien für poli­ti­schen Akti­vismus zu entwi­ckeln. Wenig später, im selben Jahr, eröff­nete im West-Berliner Stadt­teil Grune­wald das erste auto­nome ,,Frau­en­haus". In der Schweiz grün­dete sich 1977 in Zürich der ,,Verein zum Schutz miss­han­delter Frauen"; zwei Jahre später konnten die Zürche­rinnen die schweiz­weit erste Notun­ter­kunft für Opfer häus­li­cher Gewalt eröffnen. Das Haus war selbst­ver­waltet, Männern der Zutritt verboten. Nicht der Gegen­satz zwischen jenen, die Zuflucht suchten, und jenen, die sie gewährten, sollte im Vorder­grund stehen, sondern das, was sie verband – oder verbinden sollte: nämlich die gemein­same Betrof­fen­heit, die Exis­tenz als Frau in einer patri­ar­cha­lisch struk­tu­rierten Gesell­schaft. ,,Auch wenn wir Mitar­bei­te­rinnen im Frau­en­haus uns nicht unmit­telbar von körper­li­cher Gewalt bedroht sehen," hiess es in einer Publi­ka­tion des Frau­en­hauses Köln, ,,so leben wir doch alle in der glei­chen Gesell­schaft. Wir finden zunächst keine anderen Lebens­be­din­gungen vor, wie die Frauen im Frau­en­haus, die so offen­sicht­lich zeigen, wie weit männ­liche Gewalt gehen kann."

Zu dem poli­ti­schen Anspruch der Akti­vis­tinnen gehörte, neben der Arbeit im Frau­en­haus, das öffent­liche Spre­chen über Gewalt. Wenn sie, wie die Schweizer auto­nome Gruppe ,,Aktion Gewalt gegen Frauen" auf dem Berner Bären­platz im Dezember 1980 und Januar 1981 Spruch­bänder mit Beschrif­tungen wie ,,die Geduld der Frau ist die Macht der Männer" und ,,die alltäg­liche Gewalt an Frauen" aufspannten oder ,,heraus­for­dernde Plakate" aufstellten, die zeigten, ,,wann, wo und wie wir Frauen der Gewalt ausge­setzt sind", so produ­zierte dies ,,viele Diskus­sionen" mit den Passan­tinnen und Passanten, wie die Akti­vis­tinnen mit Genug­tuung in der femi­nis­ti­schen Zeit­schrift ,,Die Eman­zi­pa­tion" vermerkten. Die Zürche­rinnen, die auf der Demons­tra­tion zum inter­na­tio­nalen Tag der Frau am 12. März 1977 den Block ,,Gewalt gegen Frauen" bildeten, waren ganz in schwarz gekleidet, ihre Gesichter weiss bemalt und ihre Augen dick mit schwarzer Farbe umrandet. Mit ihrem ernsten, ankla­genden Gesichts­aus­druck und den über­ge­hängten Plakaten, so schreiben es Judith Bucher und Barbara Schmucki in ihrer ,,Foto­ge­schichte der Frau­en­be­frei­ungs­be­we­gung in Zürich", wirkten sie bedroh­lich und prägten das Erschei­nungs­bild des ganzen Protest­zuges.

Lange war häus­liche Gewalt gegen Frauen vor allem dann öffent­lich thema­ti­siert worden, wenn sie mit ihrem Tod endete. Die milde Recht­spre­chung und das Verständnis, das die Täter nicht selten erfuhren, begannen Femi­nis­tinnen nun zu doku­men­tieren. So findet sich in einer Samm­lung von Zeitungs­aus­schnitten des Berliner Frau­en­zen­trums der Fall eines Tier­arztes, der, des Mordes ange­klagt, im Dezember 1972 frei­ge­spro­chen wurde. ,,Während des Prozesses hatte der Gutachter, Professor Witter, erklärt, die Tat sei eine ,Primi­tiv­re­ak­tion' gewesen, an der das Opfer mitschuldig gewesen sei", hiess es im Bericht des Tages­spiegel. So lange sie lebten, konnten Opfer aus Scham und Furcht nicht spre­chen; wurden sie getötet, waren es ihre Miss­handler, die für sie spra­chen und bei Polizei und Gerichten nicht selten ein verständ­nis­volles Ohr fanden.

In den umfang­rei­chen Doku­men­ta­tionen, wissen­schaft­li­chen Abhand­lungen, Ausstel­lungen sowie Rundfunk-, Film und Fern­seh­bei­trägen, die Femi­nis­tinnen erstellten, konnten Frauen, die häus­liche Gewalt erfahren hatten, erst­mals ,,ich" sagen. ,,[E]r schlug nur, wenn er betrunken war. Aber dann schlug er fest", erzählte die Ostschwei­zerin Maya K. in einem 1977 erschie­nenen Band.

Nicht nur einfach Ohrfeigen, sondern Faust­schläge, Fuss­tritte in den Leib. Er würgte mich auch; drohte, er bringe mich um, schil­derte, wie er mich umbringen werde. Er zerschlug zum Beispiel einen Teller, ging mit der Teller­spitze auf mich los und erzählte mir dabei, wie er mich in Stücke schneiden werde. ... (I)ch hatte Angst, dass er mich zum Krüppel schlägt.

Die Darstel­lungen der Frauen waren so lako­nisch wie erbar­mungslos. ,,Als ich mich wehrte, eine Abtrei­bung zu machen", so schil­derte eine Bewoh­nerin des Berliner Frau­en­hauses ihre Miss­hand­lung dem Team um die Sozio­login Carol Hagemann-White, ,,fing er an, mich täglich zu schlagen. Als ich im 5. Monat schwanger war, schlug er mich so stark, daß ich drei Wochen bewußtlos im Kran­ken­haus lag. ... Über­haupt hatte ich kaum noch einen Knochen im Körper, der nicht schon gebro­chen [war]: Alle Finger, beide große Zehen, zahl­reiche Rippen, Nasen­bein, Schlüs­sel­bein, beide Arme, Becken­kno­chen."

Die Lakonie der Schil­de­rungen offen­barte frei­lich auch, dass Spre­chen über Gewalt und Spre­chen über Schmerzen zwei verschie­dene Dinge waren. Denn so nüch­tern die Frauen die Bruta­lität, die sie erfahren hatten, beschrieben, so schwer fiel es ihnen offenbar, ihre eigene Subjek­ti­vität, ihre Empfin­dungen, den erfah­renen Schmerz zu beschreiben. ,,Physical pain does not simply resist language but actively destroys it, brin­ging about an imme­diate rever­sion to a state ante­rior to language, to the sounds and cries a human being makes before language is learned", schrieb die Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­lerin und Philo­so­phin Elaine Scarry wenige Jahre später in ihrer Studie The Body in Pain. The Making and Unma­king of the World. Die Subjek­ti­vität der Frauen, die ihre Geschichte erzählten, war zu gebro­chen, als dass sie diese Sprach­lo­sig­keit des Schmerzes hätten über­winden könnten. Und doch war der poli­ti­sche Anspruch, der dem Spre­chen über Gewalt inne­wohnte, aus dem öffent­li­chen Diskurs bald nicht mehr wegzu­denken.

Akti­vis­tinnen sahen in der körper­li­chen Miss­hand­lung von Frauen durch Männer ledig­lich den brutalsten Teil einer ,,struk­tu­rellen Gewalt", eines patri­ar­cha­li­schen Macht­sys­tems, das die ganze Gesell­schaft bestimmte, Frauen unter­drückte und gefügig machte. Daher konnte ein Spre­chen über Gewalt nicht voraus­set­zungslos sein, sondern erfor­derte ein perma­nentes Reflek­tieren des eigenen Denkens und Handelns. Um bestehende Formen und Konven­tionen des Spre­chens und Forschens über gesell­schaft­liche Phäno­mene nicht zu repro­du­zieren, expe­ri­men­tierten Femi­nis­tinnen mit neuen Formen, Medien und wissen­schaft­li­chen Methoden.

Die Methode der Akti­ons­for­schung, begründet durch die Sozio­login Maria Mies, setzte an die Stelle herkömm­li­cher empi­ri­scher Sozi­al­for­schung mit ihren vermeint­lich reprä­sen­tativ erho­benen Daten Gespräche mit betrof­fenen Frauen, Rollen­spiele und Zeich­nungen. So wollte man gemeinsam ,,dem Begreifen der Wirk­lich­keit ein Stück näher" kommen. Die künst­liche Tren­nung zwischen Forsche­rinnen und Beforschten sollte aufge­hoben werden, miss­han­delte Frauen eine Stimme erhalten. Sie sollten über das, was sie erfahren hatten, spre­chen können, ohne sich erneut einer Herr­schafts­si­tua­tion ausge­setzt zu sehen. Und doch blieb eine Distanz, ein Gefälle. Denn so eng die Frauenhaus-Frauen auch in den Forschungs­pro­zess mit einbe­zogen wurden – am Ende waren es die Forsche­rinnen, unter deren Namen die Publi­ka­tion erschienen. Die Namen der befragten Frauen wurden (aus verständ­li­chen Gründen) verän­dert oder abge­kürzt, ihre Erzäh­lungen nicht selten sprach­lich geglättet, manchmal auch gekürzt, um die Lese­rinnen nicht mit ,,Horror­be­richten" zu konfron­tieren. Die Frauen beant­wor­teten Fragen, ohne ihrer­seits welche zu stellen. ,,Ich bin nicht so schlau wie eine Vereins­frau", sagte Gisela, eine ehema­lige Bewoh­nerin des Frau­en­hauses Köln. ,,Ihr studiert ja alle und habt was geschafft."

Dieses blei­bende Gefälle war den Forsche­rinnen, die sich in dauernder Refle­xion und Selbst­kritik übten, bewusst; über­winden konnten sie es nicht. Gegen­über nicht­deut­schen Bewoh­ne­rinnen wurde dies beson­ders deut­lich. So sollte die Geschichte von ,,Fatima" (ein Pseud­onym) in einem Forschungs­be­richt über das Berliner Frau­en­haus ,,exem­pla­risch" die beson­dere Benach­tei­li­gung von Türkinnen gegen­über ihren Männern ,,durch Sitten, Gebräuche und Reli­gion" veran­schau­li­chen, ohne dass deut­lich wurde, worin diese genau bestanden, denn Fatimas Ehemann unter­schied sich kaum von deut­schen Miss­hand­lern. Anders als die Berichte der deut­schen Frauen wurde ihre Geschichte in der dritten Person erzählt. Akti­vis­tinnen und Forsche­rinnen thema­ti­sierten und kriti­sierten zwar die viel­fäl­tigen Benach­tei­li­gungen, denen Auslän­de­rinnen durch Staat und Gesell­schaft ausge­setzt waren (so drohte ihnen bei der Flucht ins Frau­en­haus in der Regel der Verlust des Aufent­halts­ti­tels). Gele­gent­lich enthielten ihre Schriften auch Beob­ach­tungen zur Xeno­phobie der deut­schen Bewoh­ne­rinnen. Breit disku­tiert wurde dies aber erst, als die Poli­tik­wis­sen­schaft­lerin und lang­jäh­rige Frau­en­haus­mit­ar­bei­terin Gülşen Aktaş 1990 einen Vortrag hielt, in dem sie nicht nur Anfein­dungen durch Bewoh­ne­rinnen, sondern auch deren still­schwei­gende Duldung durch Frau­en­haus­mit­ar­bei­te­rinnen thema­ti­sierte.

Die Asym­me­trien und Konflikte, die die Bewe­gung gegen Gewalt gegen Frauen von Beginn an kenn­zeich­neten, sind auch heute nicht über­wunden. Gleich­zeitig ist ihre Bilanz beein­dru­ckend: Gegen­wärtig gibt es rund 350 Frau­en­häuser in Deutsch­land und 18 in der Schweiz. Grund­sätze, die damals als radikal galten und beson­ders in konser­va­tiven Kreisen auf Kritik stiessen, wie das Zugangs­verbot für Männer, sind heute weithin akzep­tiert. Verge­wal­ti­gung in der Ehe ist – vor fünfzig Jahren noch kaum denkbar – ein Straf­tat­be­stand. Es lohnt sich gele­gent­lich daran zu erin­nern, dass das, was heute selbst­ver­ständ­lich erscheint, erst­mals von Frauen formu­liert wurde, die grund­sätz­liche Gesell­schafts­kritik übten und nicht im Namen eines abstrakten Univer­sa­lismus argu­men­tierten, sondern ganz bewusst eben als: Frauen.


Aus: "Gegen die Sprach­lo­sig­keit. Als häus­liche Gewalt einen Namen bekam: zur Geschichte der Frauenhaus-Bewegung" Catherine Davies (2019)
Quelle: https://geschichtedergegenwart.ch/gegen-die-sprachlosigkeit-als-haeusliche-gewalt-einen-namen-bekam-zur-geschichte-der-frauenhaus-bewegung/ (https://geschichtedergegenwart.ch/gegen-die-sprachlosigkeit-als-haeusliche-gewalt-einen-namen-bekam-zur-geschichte-der-frauenhaus-bewegung/)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 01, 2013, 08:33:34 PM
Die Feminist Sex Wars (deutsch: Sex-Krieg der Feministinnen) beschreibt die Phase der intensiven und kontroversen Debatten und Diskussionen zwischen den sexpositiven und anti-pornografischen Feministinnen, die von den späten 1970ern an während der 1980er Jahre andauerte. In den auch als Lesbian Sex Wars, Porn Wars oder Sex wars bekannten, erbitterten Auseinandersetzungen innerhalb der feministischen und lesbischen Bewegung wurde die Einstellung der Bewegung zu Themen wie Sexualität, Pornographie, Sadomasochismus, der Rolle transsexueller Frauen in der lesbischen Gemeinschaft und andere sexuell orientierte Themen diskutiert. Die Debatten führten letztendlich zur Teilung der feministischen Bewegung in den anti-pornographischen und den sex-positiven Feminismus. Die Phase der Feminist Sex Wars wird oft als der Abschluss der zweiten Welle der Frauenbewegung betrachtet. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Feminist_Sex_Wars


Welcome to Feminist Porn Guide
There's a new wave happening in porn. It's positive, realistic, ethical and female-friendly. It's feminist porn, a different kind of sexual representation that seeks to discard the cliches and negativity of mainstream porn in favour of something better. ...
http://www.feministpornguide.com/


girls who like porno
https://girlswholikeporno.com/
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 16, 2013, 04:52:00 PM
Die Raumerweiterungshalle des Vereins Selbstuniversität e.V. ist ein selbstorganisierter Raum für nichtkommerzielle, queer-feministische und emanzipatorisch linke Projekte und Veranstaltungen wie zum Beispiel Ausstellungen, Filmabende, Arbeitstreffen, Diskussionen und Workshops. Es geht darum, gemeinsam einen Raum für emanzipatorische und kritische Projekte zu eröffnen und diese mit einer Infrastruktur zu begleiten. Wichtig ist uns dabei eine mögliche Vielheit von Veranstaltungen und Arbeitsweisen. ...
http://www.jackie-inhalt.net/

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Geek Feminism Wiki
A resource for and about women in geek communities. ...
http://geekfeminism.wikia.com/wiki/Geek_Feminism_Wiki

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"Im Bett mit dem Feminismus"
Kolumne | Nils Pickert, 23. Mai 2013
http://diestandard.at/1363711262098/Im-Bett-mit-dem-Feminismus

Quotehuckleberry*finn
WTF?!?!?!

"Daher noch einmal: Der Feminismus darf, nein er muss ein Problem damit haben, wenn Leute sich ficken ..."
Was bitteschön ist das für ein Unsinn??? Feminismus nicht begriffen. Setzen, nicht genügend.

Und: "Wenn Menschen in einer Beziehung sind und einander lieben, schlafen sie zumeist miteinander, manchmal ficken sie sich oder ganz selten sogar beides zur gleichen Zeit."

Hahahaha, was für ein BS!!!! Also ich bin Feministin, liebe meine Freundin, und wir ficken uns sehr oft :) Und auch meine anderen feministischen Freund*innen und ihre Partner*innen halten das auch so.

Feminismus ist weder Anti-Sex, noch Anti-Porno, noch Anti-"schmutzigem"-Sex. Alles ist erlaubt solang alle Beteiligten ihre ehrliche Freude dran haben.

http://diestandard.at/plink/1363711262098/31699661 (http://diestandard.at/plink/1363711262098/31699661)

Quotebengemini

"der" Feminismus?

Ja geh bitte. Den "einen" Feminismus (vielleicht noch mit einer Art Papst oder Päpstin, der/die bestimmt, was jetzt Feminismus ist?) gibt es nicht. Einen Artikel zu schreiben, der danach klingt, als gäbe es nur einen und der wäre halt total lustfeindlich, ist wirklich sehr schwach. Kein Feminist und keine Feministin muss sich sein/ihr Lustleben wegen der Meinungen mancher verderben lassen - und es sieht auch keine allmächtige Feminismusgöttin, was sich so einvernehmlich im Schalfzimmer abspielt. Komm wieder 'runter.


http://diestandard.at/plink/1363711262098/31699453 (http://diestandard.at/plink/1363711262098/31699453)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 22, 2013, 05:02:48 PM
Damsel in Distress: Part 1 - Tropes vs Women in Video Games
http://www.youtube.com/watch?v=X6p5AZp7r_Q

This video explores how the Damsel in Distress became one of the most widely used gendered clichés in the history of gaming and why the trope has been core to the popularization and development of the medium itself.

As a trope the Damsel in Distress is a plot device in which a female character is placed in a perilous situation from which she cannot escape on her own and must then be rescued by a male character, usually providing a core incentive or motivation for the protagonist's quest.

ABOUT THE VIDEO SERIES
The Tropes vs Women in Video Games project aims to examine the plot devices and patterns most often associated with female characters in gaming from a systemic, big picture perspective. This series will include critical analysis of many beloved games and characters, but remember that it is both possible (and even necessary) to simultaneously enjoy media while also being critical of it's more problematic or pernicious aspects.

Visit http://www.feministfrequency.com for more information, videos and a full transcript.

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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 28, 2014, 04:26:14 PM
https://de.wikipedia.org/wiki/Anita_Sarkeesian

https://en.wikipedia.org/wiki/Anita_Sarkeesian

"Feminist pop culture writer leaves home after Twitter threats" (08/2014)
Anna Sarkeesian had critiqued the trope of violence against women in video games. Her criticism of some of the biggest games of the last five years drew her the ire of a portion of Twitter users. ...
http://www.thejournal.ie/fem-1641625-Aug2014/


Feminist Frequency is a video webseries that explores the representations of women in pop culture narratives. The video series was created by Anita Sarkeesian in 2009 and largely serves as an educational resource to encourage critical media literacy and provide resources for media makers to improve their works of fiction.
http://www.feministfrequency.com/

http://www.youtube.com/user/feministfrequency


"Videobloggerin Anita Sarkeesian: Schutzsuche nach Drohungen" (28.08.2014)
Die feministische Videobloggerin Anita Sarkeesian ist am Mittwoch auf Twitter so massiv bedroht worden, dass sie ihre Wohnung verlassen und die Behörden verständigt hat. Das schrieb sie auf Twitter und veröffentlichte Tweets, die sie wohl zu dieser Reaktion veranlasst hatten. Darin wird sie nicht nur sexuell belästigt, sondern der Autor deutet an, dass er private Details über Sarkeesian kennt. Die erklärte später, sie sei in Sicherheit und forderte: "Diese Belästigung von Frauen in der Technikbranche muss aufhören!" ... Massivste Anfeindungen ist Sarkeesian gewohnt, spätestens seit sie im Frühjahr 2012 auf Kickstarter Geld für eine Videoreihe über weibliche Stereotype in Videospielen sammelte. Dabei ging es unter anderem um die "hilflose junge Maid" oder halbnackte Kämpferinnen.
Bereits während dieser Finanzierungsphase und weit vor der Veröffentlichung der fertigen Beiträge wurde sie heftig angegriffen, sexistisch beschimpft, ihr Gewalt angedroht und gegen sie gehetzt. Ein Kanadier programmierte sogar ein Spiel, in dem man sie zusammenschlagen sollte. Das in seinen Ausmaßen sicher beispiellose Geschehen befeuerte gleichzeitig die Diskussion über Sexismus in Videospielen und der IT-Industrie insgesamt.  ...

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Videobloggerin-Anita-Sarkeesian-Schutzsuche-nach-Drohungen-2303791.html

QuoteBin Kaufhaus, 28. August 2014 13:28
Re: Setzt sich jemand kritisch damit auseinander?

Danny0815 schrieb am 28. August 2014 12:50

> In meinen Augen ist extremistischer Feminismus genau so
> verachtenswert wie der männliche Chauvinismus, den er immer zu
> bekämpfen versucht. Und ich bin mir noch nicht sicher, ob die Frau
> nicht dazu gehört.

Ich kann das nicht als "extremistischen Feminismus" sehen, was die
Frau mit dem armenischen Nachnamen da macht. In gewisser Weise macht
sie das, was die Frauen früher auch gemacht haben, nur jetzt
aufgegeben haben, frei nach dem Motto, Computerspiele sind nicht
unsere Domäne.

Sie provoziert halt, sie polarisiert. Vielleicht, weil sie die
Denkschemata der Männer so ärgerlich offenlegt.
http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Re-Setzt-sich-jemand-kritisch-damit-auseinander/forum-284685/msg-25711023/read/

-

"Anita Sarkeesian - Gamer-Feministin erhält massive Morddrohungen" Tobias Ritter (28.08.2014)
http://www.gamestar.de/news/vermischtes/3077713/anita_sarkeesian.html

QuoteManniCalavera
#79 | 28. Aug 2014, 10:54
Zitat von leafspring:
Also ja, ich sage, dass sie aufgrund der Art und Weise ihrer eigenen Kritik Schuld daran ist, wenn sie im Gegenzug ebenfalls heftige Kritik einstecken muss.

Frauen die Schuld dafür zu geben, dass sie angemacht, bedroht, oder vergewaltigt werden ist ein Kennzeichen für Rape Culture. (http://en.wikipedia.org/wiki/Rape_culture (http://en.wikipedia.org/wiki/Rape_culture)).


QuoteBodhis
#16 | 28. Aug 2014, 09:56
Sie kämpft für Frauenrechte bzw deren Darstellung in Spielen? VERBRENNT DIE HEXE!

Man muss sich nur einige Kommentare hier durchlesen um zu sehen dass viele Spieler ein krasses Frauenbild haben... .

-.-


"This Woman Was Threatened With Rape After Calling Out Sexist Video Games—and Then Something Inspiring Happened" - "We are witnessing a very slow and painful cultural shift," explains Anita Sarkeesian, the brains behind "Feminist Frequency." —By Nina Liss-Schultz
| Fri May 30, 2014 6:00 AM EDT
http://www.motherjones.com/media/2014/05/pop-culture-anita-sarkeesian-video-games-sexism-tropes-online-harassement-feminist


"Videospiel-Debatte: Wer Sexismus anprangert, wird mit Vergewaltigung bedroht"
Von Katrin Gottschalk (01.09.2014)
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/anita-sarkeesian-feministische-videospielkritik-und-morddrohungen-a-988906.html


"Sexismus in Videospielen Wo Feminismus als "Terrorismus" gilt" Pascal Paukner ( 23. Juni 2012)
Die Videospielbranche wäre gerne eine der modernsten Industrien der Welt. In ihren Spielen konserviert sie aber ein Frauenbild aus vergangenen Jahrhunderten. Wer daran etwas ändern will, stößt auf den erbitterten Widerstand organisierter Gamer. Manche drohen sogar mit Vergewaltigung und Mord.
http://www.sueddeutsche.de/digital/sexismus-in-videospielen-wo-feminismus-als-terrorismus-gilt-1.1389210

The Big Picture
Tropes vs. MovieBob
Bob "MovieBob" Chipman | 19 June 2012 6:00 pm
http://www.escapistmagazine.com/videos/view/the-big-picture/5950-Tropes-vs-MovieBob

The "The Sarkeesian Effect" Effect
August 28, 2014 by Jipazidi
http://www.ign.com/blogs/jipazidi/2014/08/28/the-the-sarkeesian-effect-effect/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 18, 2014, 03:08:58 PM
"Debatte Männerpartei AfD - ,,Natürliche Geschlechterordnung"" (17.09.2014)
Mit der AfD zieht der Antifeminismus in die Parlamente ein. Und die Konservativen und Reaktionäre aller Parteien wittern Morgenluft. Zuerst sollte es witzig sein. 2013 ließ die Jugendorgansiation der AfD, die ,,Junge Alternative", auf Facebook Testimonials posten: ,,Ich brauche keinen Feminismus, weil" – ,,eine Mutter genauso wertvoll ist wie eine Vorstandschefin" oder ,,ich auch mal schwach sein möchte". So banal wie uninteressant. Aber nun sitzt diese Partei im EU-Parlament und in drei Landtagen. Und ihr Feminismus-Bashing ist mittlerweile endemisch geworden. ...
https://www.taz.de/Debatte-Maennerpartei-AfD/!146090/

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Gender-Mainstreaming, auch Gender Mainstreaming geschrieben, bedeutet, die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu berücksichtigen, um so die Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gender-Mainstreaming

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"Tschechische Abgeordnete wirbt in Unterwäsche" (22. September 2014)
Prag - Um ins tschechische Parlament zu kommen, hat eine Prager Politikerin fast alle Hüllen fallen lassen. Unter dem Slogan "Liebe, Sex und Politik" zeigt sich Laura Janackova (48) auf ihren Wahlplakaten nur mit einem kurzen Nachthemd bekleidet. Sie kämpft bei den Senatswahlen am 10. und 11. Oktober als Kandidatin der liberalen Partei ANO von Vize-Regierungschef Andrej Babis um den Sieg im ersten Prager Stadtbezirk. "Die Straßen sind voll von langweiligen Plakaten, ich wollte etwas anderes machen", erklärte Janackova am Montag dem Internetportal Idnes. In ihrem Zivilberuf als Psychologin habe sie außerdem mehrere Bücher über Sexualität verfasst. (APA, 22.9.2014)
http://derstandard.at/2000005899073/Tschechische-Abgeordnete-wirbt-in-Unterwaesche

https://1.bp.blogspot.com/-UuRtJVbkoiI/UeiR4e4a6iI/AAAAAAAAAa8/QMj2Kud4v68/s1600/bus.jpg

QuoteLubricator

gemäß werberat geschlechterdiskriminiert sich diese frau selbst. darf sie das?

QuoteFeuerstein-Kaumorphium

Eine offenbar emanzipierte, intelligente Frau, die sich (TROTZDEM) auszieht!!! Wie kann sie nur!!! ...


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Quote[...] Sie ist jung und hübsch, er ist alt und hat Geld: Das Phänomen Sugardaddy feiert ein ungeahntes Comeback. Nicht nur im Internet ...

... Die Motive für eine Sugardaddy-Beziehung erscheinen so offensichtlich: Das ist, ganz klar, der Rückzug in uralte Geschlechterrollen! Mysugardaddy.eu macht es den Kritikern einfach. Die Seite zeigt Bilder vom klischeehaften Inbegriff männlicher Potenz: Ein ergrauter Charismatiker umarmt eine Frau, die seine Tochter sein könnte. Neben ihnen steht eine Flasche Champagner, im Hintergrund erahnt man eine (seine?) Jacht. Reichtum, der so offen ausgestellt wird, hat für viele schon grundsätzlich etwas Anstößiges, die Filmkritikerin Linda Williams bezeichnete Geld einmal als die ,,ultimative Obszönität".

... Ohne Zweifel verstoßen die weiblichen Sugarbabes gegen das Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter, für die Generationen vor ihnen gekämpft haben. In der Babe- und Daddy-Welt herrscht die Heteronormativität in Reinform: Sein Geldbeutel bestimmt, wo es langgeht, sie wird aufs Dekorative reduziert – selbst wenn sie immerhin das Restaurant und die Schuhe aussuchen darf. Die umgekehrte Besetzung – wohlhabende Sugarmamas, die konsumfreudige junge Männer aushalten – ist auf mysugardaddy.eu nicht vertreten. Geschäftsführer Thorsten Engelmann sagt, das gebe ,,der Markt" nicht her. Gleiches gilt wohl für nichtheterosexuelle Menschen.

Auffällig ist auch die Verteilungsfrage. Ein Sugardaddy kann unter vielen, sehr vielen Frauen wählen. Laut Engelmann seien von den 90.000 Nutzern aus Österreich, der Schweiz und Deutschland rund 80 Prozent weiblichen Geschlechts. ,,Ich bin froh, dass ich überhaupt einen abbekommen habe", sagt Kerstin Wagner. Gleich beim zweiten Datingversuch traf sie Ralf*, der ihr seitdem 500 Euro im Monat überweist und dafür verlangt, dass sie zur Verfügung steht, wenn er für einen Geschäftstermin mal wieder nach Berlin kommt. Eine andere Frau, die sich auf dem Portal Jazz_88 nennt, sieht die Sache ebenfalls pragmatisch: ,,So viele Millionäre gibt es einfach nicht." Die meisten Männer auf der Seite seien verheiratet und keineswegs superreich, manche würden gar ihr letztes Geld für eine Geliebte ausgeben.

... Dass die Frauen, die sich anmelden, selbst ein üppiges Einkommen haben, sieht die Webseite eindeutig nicht vor: Wer als weibliches Mitglied ein Profil erstellt, hat bei der Angabe zum Beruf im Dropdown-Menü lediglich bescheiden bis prekär bezahlte Berufe zur Auswahl: Rechtsanwaltsgehilfin, Krankenschwester, Erzieherin. Generell ist der Anteil an Studentinnen recht hoch, und nicht wenige kommen aus gut betuchtem Hause. Auch Kerstin Wagners Freundin ist mit viel Geld aufgewachsen und sucht unter den Sugardaddys nun einen Partner, der ihr Luxus auch in Zukunft ermöglicht. So mancher Mann, bei dem in dieser Hinsicht Zweifel bestehen, wird von ihr einfach aussortiert. Dazu bietet die Webseite einen ,,Gehalts-Check" an.

Die Menschen, die auf diesem Weg einen Partner suchen, allesamt als reaktionär oder gierig abzustempeln, wäre vermutlich zu einfach. Eine Frau nur ,,fürs Bett" zu finden, das könne man auf jeden Fall günstiger haben, sagen jedenfalls der Webseitenbetreiber und auch Kerstin Wagner. Worum geht es dann aber? Um den psychologischen Reiz der Unterwürfigkeit? Und: Wäre diese Ergebenheit authentisch oder doch nur gespielt?

Wagner zumindest passt nur bedingt in das Bild von der jugendlichen Konsumdiva. Sie ist 35 Jahre alt und trägt gern geblümte Kleider, ,,aber nicht von Chanel, ich bin ja eher ein Hippie". Sie arbeitet in Berlin als Erzieherin, deshalb möchte sie auch nicht, dass andere ihren richtigen Namen in der Zeitung lesen. Männer, die Geld für gutes Essen und schöne Hotels haben, fand sie ,,leider immer schon attraktiv" – sie wisse gar nicht, woher sie das habe. Es klingt amüsiert, wie sie das sagt, so, als verstünde sie sich selbst nicht richtig.

...


Aus: "Komm zu Papa" Sarah Schaschek (02.09.2014)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/komm-zu-papa (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/komm-zu-papa)

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QuoteRupert Rauch 03.09.2014 | 17:05
@Daniela Waldmann
"Plattformen wie Sugardaddys machen Frauen wieder einmal mehr zur Ware."
Fehlwahrnehmung: die Frauen machen sich selbst zu Ware. Gezwungen sind sie dazu kaum. ... Es geht um Luxus, den sie sich sonst nicht leisten können (und den sich eine Mehrheit der Männer auch nicht leisten kann).

...


QuoteDaniela Waldmann 04.09.2014 | 06:06
Lieber Rupert Rauch, anscheinend ist für Sie die Regelung von Beziehungen in der Gesellschaft (Arbeit, Beruf usw.) durch Geld so normal, dass Sie sich überhaupt nichts anderes vorstellen können und das mit Freiheit gleichsetzen.

...


QuoteMarlen Hobrack 04.09.2014 | 11:08
@Daniela Waldmann

Entschuldigung, aber ich glaube, es gibt gar keine patriarchale Kultur mehr. Und die "armen Mädels" müssten ja nicht hungern. Sie könnten, anstatt ihre Sexualität zu handeln, sich ihres eigenen Verstandes bedienen, arbeiten, Geld verdienen, den Luxus, den sie wünschen, erarbeiten. Tun sie aber nicht. Das den Männern/ Kapitalismus/ Patriarchat anzulasten, ist zu einfach. Da müssten wir schon nach dem "Entitlement" der Frauen fragen. Warum glauben Frauen, es stehe ihnen zu, ausgehalten und versorgt zu werden? Ist das Ergebnis der patriarchalen Kultur, oder vielmehr Ergebnis von Bequemlichkeit (die Hausfrauenehe ist ja letztlich nichts anderes als das Sugar Daddy-Prinzip)? Die Frauen oben sind keine Opfer einer männlichen / patriarchalen Kultur, sondern Nutznießer überholter Denkmuster.


QuoteTHX1138 02.09.2014 | 12:27
... Die Realität fliegt dem Geschlechterdiskurs schon lange um die Ohren - nur merken dass die mehrheitlich weissen, gut bis sehr gut gebildeten und verdienenden Frauen aus dem gehobenen Mittelstand, die diesen abgehobenen Diskurs dominieren, gar nicht mehr - vor allem wenn sie ein gewisses Alter überschritten haben. Dass in Österreich jede zweite junge Frau gerne Hausfrau wäre, wenn der Mann genug verdient, erstaunt in diesem Zusammenhang eigentlich wenig: http://derstandard.at/1304552595944/Jugendstudie-Jede-zweite-junge-Frau-waere-gerne-Hausfrau-wenn-der-Mann-genug-verdient (http://derstandard.at/1304552595944/Jugendstudie-Jede-zweite-junge-Frau-waere-gerne-Hausfrau-wenn-der-Mann-genug-verdient)


QuoteRupert Rauch 03.09.2014 | 16:32
"Geschlechterverhältnis noch irgendwie diskutiert wird, wenn die Realität jeglichem Diskurs davonläuft."
Weil es anderen Menschen offenbar ein Bedürfnis ist. Die mediale "Realität" bildet ja immer nur Ausschnitte der wirklichen Realität ab. Ich wette die Mehrheit der Frauen fände einen finanziell potenten Mann überdurchschnittlich anziehend, aber die wenigsten würden das sich oder anderen eingestehen und noch weniger würden derart billig nach einem suchen. Und neben alldem gäbe es wohl auch welche, die solche Männer eher meiden.


QuoteDaniela Waldmann 05.09.2014 | 09:44

Liebe Marlen Hobrack,
lieben Dank für Ihren Kommentar.

Zitat - Ihre Worte: ,,Entschuldigung, aber ich glaube, es gibt gar keine patriarchale Kultur mehr. Und die "armen Mädels" müssten ja nicht hungern. Sie könnten, anstatt ihre Sexualität zu handeln, sich ihres eigenen Verstandes bedienen, arbeiten, Geld verdienen, den Luxus, den sie wünschen, erarbeiten. Tun sie aber nicht. Das den Männern/ Kapitalismus/ Patriarchat anzulasten, ist zu einfach. Da müssten wir schon nach dem "Entitlement" der Frauen fragen. Warum glauben Frauen, es stehe ihnen zu, ausgehalten und versorgt zu werden? Ist das Ergebnis der patriarchalen Kultur, oder vielmehr Ergebnis von Bequemlichkeit (die Hausfrauenehe ist ja letztlich nichts anderes als das Sugar Daddy-Prinzip)? Die Frauen oben sind keine Opfer einer männlichen/ patriarchalen Kultur, sondern Nutznießer überholter Denkmuster." Marlen Hobrack


So dichtgedrängt so viel Chauvinismus und Vorurteile - und das von einer Frau. ... Sie haben weder verstanden, was ich mit meinen Kommentaren oben aussagen wollte, noch anscheinend Ihren Verstand über Luxusfragen und kapitalistische Verwertungsinteressen hinaus bemüht – um ihren Blick zu weiten, wozu Verstand noch gut sein könnte.

... Werfen Sie mal einen Blick in die Welt und einen Blick in sozialwissenschaftliche Fachliteratur. Gehen Sie mal von Latte-Macchiato-Shopping-Center-Café in die Melting Pots und zu Mädchen - und Frauenberatungsstellen. Dann wissen Sie, dass es nicht um ein bisschen Luxusfragen geht, und das Patriarchat voll wirksam ist.

... Befassen Sie sich mit der Geschichte bis hin zur Gegenwart, mit Josephine Butler, der Abolitionistenbewegung, mit Gillaume-Schack und mit all den Frauen die damals und all den Frauen die heute verzweifelt für die Durchsetzung von Frauen-, Menschen- und Bürgerinnenrechte der Prostituierten kämpfen. Befassen Sie sich mit den offenen und verdeckten Formen der Benachteiligung und Diskriminierung und Gewalt. Mit dem Thema Macht und Erniedrigung (Kate Millet).

Befassen Sie sich mit der feministischen ,,Hurenbewgung" (der Name wurde von den Prosituierten selbst für die Bewegung gewählt) und selbst innerhalb der Frauenbewegung konnten und können Prostituierte nicht selbstverständlich mit Rückhalt rechnen.

Bürgerliche Frauen tragen darüber hinaus oft ganz allgemein bei zur Diskriminierung anderer Frauen. Aus dem Grund trennte sich die bürgerliche und sozialistische Frauenbewegung. Weil die Bürgerlichen zu einem großen Teil nur auf ihre Privilegien bedacht waren, und teilweise selbst zur Unterdrückung anderer Frauen beitrugen und beitragen, indem sie andere Frauen unterbezahlt putzen ließen und lassen, als Kindermädchen für ein besseres Taschengeld oder billige Pflegekräfte anstellten und anstellen.

Es ist geradezu zynisch wenn manche bürgerliche Patriarchen/innen ihre Kirchplatzsprüche loslassen, dass die Frauen, die sie tagsüber mit ausbeuten und für sich arbeiten lassen, wer packt denn die hübschen Luxusartikelchen in den Versandkarton, wer näht die Kleider, bindet die Blumensträuße (wissen Sie wie viel Floristen/innen verdienen, wie viel manche Altenpflegerinnen, Hebammen, Friseurinnen?) ...

... Statt diesen oberflächlichen Boulevard-Müll zu verfassen, sollte sich Freitag hinter die feministische Prostituiertenbewegung stellen! Sich für die Rechte der Prostituierten einsetzen, für gute Arbeitsbedingungen, für gesellschaftliche Anerkennung von Prostituieren und ihrer Arbeit schreiben. ...


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 24, 2014, 10:33:05 AM
Emma Watson UN speech
Emma Watson's moving speech about gender equality and the he for she campaign  (2014)
https://www.youtube.com/watch?v=p-iFl4qhBsE#t=179


"Wie auf dem Schulhof" (23. September 2014) Ein Kommentar von Marie Schmidt
Emma Watson hat vor der Uno über Gleichberechtigung gesprochen. Die Aggression im Netz gegen die Schauspielerin zeigt auch, wie nötig ihre Rede immer noch ist. ... Am Montag sah sie sich dann allerdings mit der zurzeit häufigsten chauvinistischen Drohgebärde im Internet konfrontiert. Anonyme Nutzer behaupten, intime Fotos von Watson zu besitzen, die sie in den nächsten Tagen veröffentlichen wollen. In den letzten Wochen sind solche Bilder von mehreren weiblichen Filmstars aufgetaucht, die man aus deren Cloud-Accounts gestohlen hat.
Dass das eine Ereignis so unmittelbar auf das andere folgt, lässt an jene miesen Dynamiken denken, die man sonst von Pausenhöfen kennt: Jemand, der Schwäche zeigt, wird sofort zum Opfer grober Machtgesten. Noch kann man nicht sagen, ob es wirklich Bilder von Watson gibt, und ob ein Zusammenhang mit ihrer Rede besteht. Aber selbst wenn nicht, könnte man den Vorfall als ein Symptom dessen betrachten, was Emma Watson da beschrieben hat.
Männer seien, meinte sie, genau wie Frauen in ihren stereotypen Rollenbildern gefangen, ihren Vorstellungen von erfolgreicher Männlichkeit. Wenn sie sich daraus befreiten, könne sich endlich auch für Frauen alles ändern: "Wenn Männer nicht aggressiv sein müssten, um anerkannt zu werden, würden sich Frauen nicht gezwungen sehen, unterwürfig zu sein. Wenn Männer nicht die Kontrolle behalten müssen, müssen Frauen sich nicht kontrollieren lassen."...

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar

Quote
    Paul von Arnheim
    gestern 21:53 Uhr

242. Unter Sexismus müssen Alle leiden

" Aber dies beides parallel zu setzen mit einem (vollkommen fiktiven) Leiden an tradierten Geschlechterrollen, also an der gesunden, gelebten Normalität, offenbart ein spektakuläres Ausmaß an ideologischer Verblendung."

Misogynie sorgt dafür, dass sogar die meisten Schriftkundigen nur noch über einen Bruchteil von Informationen über die Voreltern verfügen. Wer kennt die Geburtsnachnamen seiner vier Urgroßmütter oder auch nur die der beiden Großmütter? Bereits nach zehn Generationen hat man weniger als ein Tausendstel der Erkenntnis, die man haben könnte, dokumentierte man auch die weibliche Linie.

Ein weit größeres Problem ist die Überbevölkerung, die es ohne Misogynie nicht gäbe. Da viele Frauen höchstens als Mütter möglichst vieler Söhne respektiert werden und Jungen für wichtiger als Mädchen gehalten werden ("Stammhalter"), bleibt es nicht aus, dass es immer mehr Jungen und immer weniger Mädchen gibt. In China und Indien herrscht ein Männerüberschuss in dreistelliger Millionenhöhe. Das ist eine Bedrohung für die ganze Welt, geboren aus Frauenverachtung.

Sexismus ist wie Diskriminierung wegen Hautfarbe (ein Phänomen, das sachlich unrichtig als Rassismus beschrieben wird, denn es gibt nur eine einzige Menschenrasse) eine Beleidigung der Intelligenz. Tradierte Geschlechterrollen sind tatsächlich eine Zumutung. Für intelligente Menschen.

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=241#cid-3945084

QuoteTom Orrow
    gestern 23:38 Uhr

Gewalterfahrungen @osna ... Ich habe 10 Jahre psychische und physische Gewalt von meiner Frau erfahren. Ich habe sie ertragen, weil ich sonst mein Kind verloren hätte in einem Land, welches noch immer die Mutter als einzig kompetentes Elternteil ansieht. Ich habe Erpressungen ertragen und Selbstmordrohungen.Und ich wusste, wenn ich mich körperlich wehre, und ihr nur eine einzige Schramme zufüge, dass sie genug hat Beweise hat, um mich umgehend durch die Polizei, die ebenfalls bei häuslicher Gewalt ausschließlich den Mann für schuldig hält, aus der Wohnung entfernen lässt.

So, und für mich gab's weder Männerhaus, noch Hotline noch Anlaufstellen, die mir diese ganze Scheiße geglaubt hätten. Meine einzige Wahl war das Kind aufzugeben und jetzt brav zu zahlen, weil man mich sonst in den Knast steckt, wenn ich meinen Verpflichtungen nicht nachkomme, während mir mein Kind entfremdet wird.

Und wenn ich dank Internet mitbekomme, dass es vielen, sehr vielen Männern ähnlich geht, dann hoffe ich sehr, dass Sie verstehen, dass eine Gewalthotline explizit für Frauen für mich der blanke Hohn darstellt. Dann hoffe ich sehr, dass Sie verstehen, dass ich das vom Feminismus gezeichnete Täter-Opfer-Prinzip aus gutem Grunde nicht anerkennen möchte, will, und werde.

Ich erkenne eine Frauenlobby grundsätzlich an. Aber ich stelle fest, dass Männer eben keine haben. Und dass sie deshalb keine Lobby haben, weil sie immer noch ausschliesslich als Täter dargestellt werden.

...

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=313#cid-3945320

"Häusliche Gewalt: Herr Maier, das Opfer" Philip Siegel (16.04.2014)
Männer, die von ihrer Frau misshandelt werden, sind eine Minderheit. Für die Betroffenen ist das ein Problem: Sie fallen durch jedes gesellschaftliche Raster. ...
>> http://taz.de/Haeusliche-Gewalt/!136866/ (http://taz.de/Haeusliche-Gewalt/!136866/)

Quote
    Oh Falada
    vor 9 Stunden 51 Minuten

Das Problem mit den Männerrechtlern ist genau das,
was Kommentar Nr. 334 beschreibt, Tom Orrow. Sie haben keine Hilfe bekommen, weil Männer nicht mit "schwachen" Männern solidarisch sind. Ich habe noch keinen einzigen Männerrechtler kennengelernt, der gleichzeitig Feminist wäre. Aber Feministinnen, die sich sehr wohl Gedanken um eine steigende weibliche Gewaltbereitschaft Gedanken machen. Die sich Gedanken darüber machen, dass und warum Männer in den Krieg ziehen. ... Ihnen hätte es geholfen, wenn wir alle ein moderneres Menschenbild hätten. Und wenn Sie auf Männer getroffen wären, die Sie verstanden und unterstützt hätten, so wie ich auf Frauen traf, die mich verstanden und unterstützt haben. ...

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=337#cid-3945418

QuoteOh Falada
    vor 10 Stunden 11 Minuten

Frauen haben Vergewaltigungsnotrufe für Frauen eingerichtet, Frauenhäuser gegründet (die nicht von Anfang an staatlich finanziert waren!), ehrenamtliche Arbeit geleistet, geforscht - warum beginnen Männer nicht damit, das für Männer zu tun? Wie viel Mitgefühl haben Männer für Männer, denen Gewalt angetan wurde oder wird? Wie solidarisch sind sie mit männlichen Opfern häuslicher Gewalt über das Kommentieren hinaus?

Was sagen sie dazu, dass es in der Regel Männer waren, die andere Männer dazu gezwungen haben, in den Krieg zu ziehen?

Was sagen sie andererseits dazu, dass fast die Hälfte der in Deutschland ermordeten Frauen von ihren (Ex-)Partnern getötet werden, während umgekehrt nicht einmal 7% der männlichen Opfer von ihren (Ex-)Partnerinnen getötet werden (BKA-Statistik 2011)? Was sagen sie dazu, dass, statistisch betrachtet, zwar die Häufigkeit weiblicher Gewalt gegenüber Männern zugenommen hat, unter Berücksichtigung von Schweregrad, Bedrohlichkeit und Häufigkeit immer noch Frauen häufiger von schwerer und in hoher Frequenz vorkommender häuslicher Gewalt betroffen sind (Quelle: BMFSFJ)?

Könnte da nicht doch etwas faul sein im Patriarchat (nicht mit den Männern! mit der "Männlichkeit"!)?

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=329#cid-3945387

Quote
    kaktusbauer
    vor 10 Stunden 11 Minuten

Achtung voreinander

Frau Watson ist eine ehrbare und tapfere junge Frau, die für eine gerechte Sache eintritt. Das, was sie anspricht, ist so viel wichtiger als die teilweise verschwurbelte und abgehobene Gender-Debatte, die ohnehin immer nur in gewissen Kreisen stattfindet. Es geht um viel grundlegendere Dinge als die Erfindun eines geschlechtsneutralen Personalpronomens oder den Herrn Professorin. Im Grunde geht es um Achtung voreinander, die man selbstverständlich leben muss. Die Bemerkungen im Netz zeigen, wo das Defizit liegt.

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=321#cid-3945381

...

QuoteDenk Panzer
    vor 35 Minuten

[Kommentar Nummer] 403. Feminismus

Wenn ich manche Kommentare hier lese [http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=#comments (http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=#comments)] wird mir bewußt das Feminismus immer noch bitter nötig ist. Eine Gleichberechtigung der Frau ist noch lange nicht erreicht.

http://www.zeit.de/kultur/2014-09/emma-watson-gleichberechtigung-kommentar?commentstart=401#cid-3945851

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"Men need to stand together with Emma Watson against misogyny"
But Watson's speech has prompted a determined push back by men against sexism and misogyny. Already, tens of thousands of men and boys have signed up in support, with celebrities such as Joseph Gordon-Levitt tweeting in solidarity. ...
Owen Jones (Wednesday 24 September 2014 12.20 BST)
http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/sep/24/men-stand-together-emma-watson-misogyny

QuoteRichard Vaughan

24 September 2014 12:40pm
We only care when celebrities are involved, that's the more sinister thing at play here.

Girls naked pictures are shared without permission all the time, but no one is bothered until someone famous gets their privacy violated.


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"Emma Watson, Feminismus und der Mainstream" von Nadine (Dienstag, 23. September 2014)
Ein Dauerbrenner: Das Funktionalisieren und Quantifizieren von Privilegierung/Diskriminierung mittels Zahlen oder Mengenbegriffen, um irgendeine Kackscheiße zu rechtfertigen. Neben Mehrheit/Minderheit-Geschwurbel oder dem netten Begriff "alle" (wer ist das überhaupt?), taucht auch "Mainstream" immer mal wieder auf im Zusammenhang mit feministischem Aktivismus. ...
http://maedchenmannschaft.net/emma-watson-feminismus-und-der-mainstream/

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"Männer und Feminismus" (22. September 2014)
Das Internet war heute voll von Emma Watsons Rede, in der sie darüber spricht, wie wichtig es sei, auch Männer von den Vorzügen des Feminismus zu überzeugen.
Meine Timeline ist gespalten darüber, was sie von dieser Rede halten soll. Die einen jubeln: Toll, eine nette Feministin, die nicht über die Männer schimpft, sondern sie ins Boot holen will. Die anderen sind genervt: Feminismus ist schließlich nicht dafür da, von Männern toll gefunden zu werden, denn um deren Urteil geht es hier doch ausnahmsweise mal gerade nicht. ... Aber Politik ist doch die Suche nach einem guten Zusammenleben aller Menschen und nicht einfach Lobbyismus für die eigenen Interessen. Menschen mit einem politischen Bewusstsein, mit Liebe zur Welt also und mit einem Gespür für Gerechtigkeit, geben sich nicht damit zufrieden, auf dieser Welt nur ihre eigenen Vorteile zu verfolgen. Sondern sie suchen nach einem Sinn in dem Ganzen, der über ihre eigene kleine Nasenspitze hinausreicht.
Und in diesem Sinne können Männer von feministischen Analysen profitieren, weil diese ihnen Aspekte und Sichtweisen eröffnen und zugänglich machen, die sich aus sich selbst heraus nicht haben können. Ich kenne nicht gerade massenweise, aber durchaus zahlreiche Männer, die aus diesem Grund gerne mit Feministinnen diskutieren, die feministische Texte lesen, die sich für die Sichtweisen und Analysen von Frauen interessieren, die an einem Austausch wirklich interessiert sind. ...

http://antjeschrupp.com/2014/09/22/manner-und-feminismus/

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"Emma Watson: Nacktbilder-Drohung war PR-Aktion" (24.09.14)
Nachdem die Schauspielerin Emma Watson am Dienstag eine Rede vor der UN zum Thema Gleichberechtigung gehalten hat, bekam sie nicht nur positive Reaktionen. So wurde auch eine Drohung laut, gestohlene Nacktbilder der 24-Jährigen online zu stellen. Auf der Webseite EmmaYouAreNext.com wurde ein Countdown gestartet, der die Zeit bis zur Veröffentlichung herunterzählt. Als der Countdown am Mittwoch abgelaufen ist, wurden jedoch keine Fotos veröffentlicht.
Stattdessen wurden Besucher der Seite zu Marketing-Unternehmen Rantic weitergeleitet, die den Stunt inszeniert haben. Mit der Aktion wollten sie laut eigenen Angaben Aufmerksamkeit erregen, um zu erreichen, dass 4chan geschlossen wird. In diesem Zusammenhang wurde auch ein offener Brief an US-Präsident Barack Obama veröffentlicht. Laut Rantic "muss das Internet zensiert" werden und die Besucher der Webseite sollen per Facebook-Like oder Twitter-Mention die Sache unterstützen. Via Twitter bezeichnete Rantic 4chan sogar als ,,terroristische Gruppe". ...

http://futurezone.at/digital-life/emma-watson-nacktbilder-drohung-war-pr-aktion/87.517.067
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 24, 2014, 12:42:34 PM
"Festanstellung und Heiratspläne" Thomas Pany (30.09.2014)
Dass gegenwärtig weit weniger Amerikaner verheiratet sind oder es waren als 1960, wird niemanden überraschen. Die werten Leser sollen hier nicht mit Zahlen, die längst Bekanntes dokumentieren, gelangweilt werden. Aber die Pew-Umfrage zur Einstellung der US-Bürger zur Ehe legt ein bemerkenswertes Phänomen unserer Zeit offen: den Zusammenhang zwischen "flexiblen Arbeitsverträgen" und der klassischen Beziehungsform, die auf der Dauer angelegt ist, der Ehe. Sie vertragen sich schlecht.  ... Befragt danach, was für sie bei der Wahl des Partners "sehr wichtig" ist, gaben 78 Prozent der unverheirateten Frauen an, dass er einen festen Job haben soll. Bei den Männern stufen immerhin auch 46 Prozent eine Festanstellung ihrer künftigen Partnerin als "sehr wichtig" ein. Der Unterschied ist dennoch beachtlich. ... Unter der schwarzen Bevölkerung der USA fällt der Quotient übrigens noch weitaus schlechter aus, dort errechnet man pro 100 Frauen nur 51 angestellte Männer. Demgegenüber ist der Anteil der Frauen, die auf einen Ehemann mit einem festen Arbeitsplatz Wert legen, in dieser Bevölkerungsgruppe am höchsten.  ...
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42917/1.html

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""Gamergate": Spieleentwicklerin flüchtet vor Online-Drohungen" (13.10.2014)
In der "Gamergate"-Debatte musste nach heftigen Drohungen erneut eine Frau aus ihrer Wohnung flüchten. Sie hatte gelästert, dass sich die Diskussion angeblich um Korruption drehe, aber mehr aus sexistischen Ausfällen besteht. ...
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Gamergate-Spieleentwicklerin-fluechtet-vor-Online-Drohungen-2416580.html

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"Anita Sarkeesian sagt Auftritt nach Androhung eines Massakers ab" (15.10.2014)
Einer US-Universität wurde vor einem Auftritt von Anita Sarkeesian das "größte Massaker der USA" angedroht, woraufhin diese ihr Kommen absagte. Zwar hatten Sicherheitsbehörden keine Gefahr erkannt, sie mussten aber versteckt getragene Waffen erlauben. ...
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Anita-Sarkeesian-sagt-Auftritt-nach-Androhung-eines-Massakers-ab-2424299.html

"Feminist cancels speech at USU after terror threat"
Tuesday , October 14, 2014 - 11:39 PM By CIMARON NEUGEBAUER and BEN LOCKHART
http://www.standard.net/Police/2014/10/14/Feminist-speaker-cancels-appearance-at-USU-after-terror-threat.html

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"Test mit versteckter Kamera 100 Mal angemacht in zehn Stunden" (29. Oktober 2014)
Eine versteckte Kamera begleitet eine Schauspielerin beim Spaziergang durch New York - sie wird von zahlreichen Männern angesprochen, belästigt, verfolgt. Das Video zeigt, wie alltäglich solche Szenen auf der Straße sind. ...
http://www.sueddeutsche.de/panorama/test-mit-versteckter-kamera-mal-angemacht-in-zehn-stunden-1.2196377

"Watch: This Woman Get Harassed 108 Times While Walking in New York City" Charlotte Alter (Oct. 28, 2014)
She's just walking, wearing jeans and a crew-neck T-shirt ...
http://time.com/3543632/street-harassment-hollaback-video/

http://www.washingtonpost.com/blogs/she-the-people/wp/2014/10/29/the-story-behind-that-10-hours-of-walking-in-nyc-viral-street-harassment-video/

"Reaktionen auf YouTube-Video: Anti-Sexismus-Aktivistin erhält Morddrohungen" (30.10.2014)
Es hat nur wenige Stunden gedauert, da bekam Shoshana Roberts Morddrohungen. Die amerikanische Schauspielerin hatte am Dienstag ein Video bei YouTube veröffentlicht, in dem sie dokumentiert, wie oft sie innerhalb eines Tages auf den Straßen von New York von Männern belästigt worden ist. Innerhalb von knapp zwei Tagen wurde der Clip mehr als 14 Millionen Mal angeklickt. ... Allein unter Roberts YouTube-Video haben Nutzer mehr als 65.000 Kommentare hinterlassen. Ein kurzer Blick darauf zeigt, wie wenig Verständnis viele der Kommentatoren für das geschilderte Problem haben. So lästert ein YouTube-Nutzer, "die Tussi" sei wohl zu hässlich, wenn sie es binnen zehn Stunden nur auf so wenige Anmachen gebracht habe. Ein anderer wundert sich, dass Bemerkungen wie "Hallo meine Hübsche" als Belästigung dargestellt werden und verweist darauf, dass man doch in einem freien Land lebe, in dem ein Mann das Recht habe, solche Bemerkungen zu machen. ...
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/shoshana-roberts-morddrohungen-wegen-belaestigungsvideo-a-1000099.html

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"Shoshana Roberts: Hass, Hass, Hass" Frida Thurm (1. November 2014)
Gleiche Rechte für Männer und Frauen sollten das Normalste der Welt sein. Warum erhält eine Schauspielerin dann Morddrohungen, wenn sie gegen sexuelle Belästigung kämpft? ... Frauen fordern, dass sie in Ruhe gelassen werden, und es antworten ihnen Männer, die ihnen die schlimmsten Gewalttaten androhen – und gleichzeitig behaupten, Frauen würden nicht belästigt und dächten sich das alles nur aus. Auf Aktivistinnen, Journalistinnen und Schauspielerinnen, die sich dazu äußern, prasselt der blanke Hass ein. ... Wie viel Energie dieser Hass in manchen freisetzt, erfuhr die Spielekritikerin Anita Sarkeesian. ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-10/shoshana-roberts-10-hours-walking-new-york

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"Alanah Pearce löst das Gamergate-Problem" (29. November 2014)
Alanah macht Videogame (und -Hardware) Reviews für australische TV- und Radiosender. Auf Youtube. Ja, natürlich. Ein Riesenproblem. Hübsche Mädchen, die öffentlich ihre Ansichten zu Gaming verbreiten. Da können Vergewaltigungs- und Morddrohungen gar nicht ausbleiben. Wie auch. Es gibt immer genug unreife Vollidioten, die eine solche Kombination nicht verkraften. Und, wie Alanah feststellte, nicht auf sachliche Argumente reagieren. Weil sie keine erwachsenen Männer sind, sondern pubertierende Jungs. Also? Alanah kontaktet deren Mütter, und fragt diese, warum ihre Söhne Facebooknachrichten wie "i'll rape you if i ever see you cunt" versenden. Mit den zu erwartenden Ergebnissen. ...
http://11k2.wordpress.com/2014/11/29/alanah-pearce-lost-das-gamergate-problem/#more-35968

Video Game Reviewer Is Contacting the Mothers of Her Online Harassers
http://jezebel.com/video-game-reviewer-is-contacting-the-mothers-of-her-on-1664381934

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"Spielverbot wegen Vergewaltigungs-Tweet" (25. November 2014)
http://11k2.wordpress.com/2014/11/25/spielverbot-wegen-vergewaltigungs-tweet/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 07, 2014, 09:53:51 PM
"Kommentar: GTA V ist nur ein Gewaltporno unter vielen" (06.12.2014)
Die Aufregung um GTA V zeigt, dass Spiele immer noch nicht wie Filme und Bücher diskutiert werden. Lieber wird das Killerspiel-Fass aufgemacht. Es wird Zeit, dass Spiele ernst genommen werden, meint Jan-Keno Janssen. ... Kunst bricht seit jeher Tabus, Kunst beschreibt seit Jahrtausenden das Schlechte im Menschen. In der aufgeklärten Welt darf Kunst fast alles und deshalb läuft im staatlich geförderten Programmkunstkino Pasolinis 120 Tage von Sodom, im Multiplex Saw und im Fernsehen Game of Thrones.
Computerspiele dürfen dagegen nicht alles, denn sie gelten in der öffentlichen Wahrnehmung nicht als Kunst – trotz Minecraft, Portal oder Bioshock. Was vermutlich daran liegt, dass die Debatte vor allem von Menschen geführt wird, die selbst noch nie ein Computerspiel gespielt haben. ...

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Kommentar-GTA-V-ist-nur-ein-Gewaltporno-unter-vielen-2481962.html


http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Kommentar-GTA-V-ist-nur-ein-Gewaltporno-unter-vielen/forum-289279/list/


Quote6. Dezember 2014 21:00
Kunst....
MAKFreddy (mehr als 1000 Beiträge seit 30.10.00)

... Es tut mir leid Herr Janssen, aber der Kommentar ist mir etwas zu
oberflächlich. Sicherlich gibt es viele Computerspiele, die man als
Kunst betrachten kann, aber GTA zählt nicht dazu - es sei denn man
betrachtet Programmierung an sich als Kunst, aber das wäre hier wenig
hilfreich. Hinzu kommt, dass auch Kunst sich weiterentwickelt d.h.
was einmal als Kunst-Projekt begann wird irgendwann zum Allgemeingut
oder Massenprodukt und unterliegt damit anderen Maßstäben.
Unter anderem versäumen sie es bei ihrem Kommentar, bewusst oder
unbewusst, auf den Punkt "Interaktivität" einzugehen. Meines
Erachtens macht es einen erheblichen Unterschied, ob etwas passiv
konsumiert wird z.B. ein Film oder ob man aktiv das Geschehen
beeinflusst, wie im Fall von GTA.
Ein weiterer Punkt, den ich für sehr wichtig halte, ist der immer
größere Realismus, der in Spiele Einzug hält. Es ist etwas anderes
100 farbige Pixel zu überfahren, als einen menschenähnlichen Avatar,
dessen Gesichtszüge bis ins Detail moderiert wurden.
Ich bin kein Freund von einer m.E. oftmals völlig fehlgeleiteten
Killerspiel-Propaganda, die nur dem Zweck der medialen Aufmerksamkeit
dient und von Personen geführt wird, die keinerlei Erfahrung mit
diesen Medien haben. Ich selbst habe früher mit großer Freude CS
gespielt - dabei ging es mir nie um den "Spass am Töten", sondern um
den Spass und die Taktik in der Gruppe - das Gruppenerlebnis hat das
Spiel so reizvoll und unterhaltsam gemacht - der "brutale" Inhalt,
den Außenstehende gerne in den Vordergrund rücken, war für mich nie
im Fokus.
Aber dennoch sehe ich aktuelle Spieleinhalte wie diesen in GTA sehr
kritisch, da hier Spieler in Rollen schlüpfen, die das aktive
Ausleben von vielfältigen Gewaltfantasien ermöglichen. Ich frage mich
ernsthaft, ob wir solche Spielinhalte benötigen, um "Spass" an einem
Spiel zu haben ? Die Realität ist schlimm genug, da bedarf es nicht
noch solcher "Übungsszenerien" in der virtuellen Welt. Ganz ehrlich,
ich finde so etwas einfach nur geschmacklos.
Nebenbei bemerkt ist es in meinen Augen der Sache nicht dienlich in
diesem Zusammenhang eine Diskussion zum Thema
Sexismus/Gleichberechtigung zu führen.

btw. auch wenn es nicht unmittelbar mit dem Thema zu tun hat, so kann
ich jedem folgende aktuelle Doku auf ARTE empfehlen:

Kill Zone USA
Spurensuche in einer waffenverrückten Nation
Dienstag, 02. Dezember um 20:15 Uhr (84 Min.)
http://www.arte.tv/guide/de/050776-000/kill-zone-usa

Ich wünsche allen ein schönes Wochenende.

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Kunst/forum-289279/msg-26188376/read/


Quote7. Dezember 2014 10:22
Ähm...
bombjack

Wander schrieb am 7. Dezember 2014 09:43

>
> Die Frage ist doch: Wollen wir (die Gesellschaft) uns in dieser
> Hinsicht einschränken weil ein paar wenige Individuen nicht imstande
> sind mit derartigen Medien umzugehen? Bei Büchern, Filmen und anderen
> Kunstformen haben wir uns dagegen entschieden. Oder willst du
> bestreiten, dass diese Medien auch imstande sind manche Menschen zu
> verwerflichen Taten zu verleiten? Und ich finde auch, dass Zensur bei
> Spielen nicht angebracht ist, im Hinblick darauf, dass die Mehrheit
> der Menschen damit ohne Probleme zurecht kommt.
>

sorry Dich berichtigen zu müssen....

a) §131 StgB
> http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__131.html

b) § 130a Anleitung zu Straftaten
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130a.html

c) § 184a Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__184a.html

Zum persönlichen Gebrauch okay...aber Verbreitung verboten....und ja
diverse Filme kassierten einen Beschlagnahmebeschluss nach §131 z.B.
"Tanz der Teufel"
vgl. die Story dahinter
> http://www.schnittberichte.com/artikel.php?ID=54#II

bombjack


http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Aehm/forum-289279/msg-26189400/read/

Quote7. Dezember 2014 18:11
Na klar ist das menschenverachtende Scheiße ...
KKinski

aber wir findens geil. Sonst würden wir das nicht spielen.
Alles andere sind vorgeschobene Begründung. Das Spiel ermöglicht
einem halt den dicken Zuhälter und oder Freier zu spielen, der die
Nutten nach getaner Arbeit anzündet. Der Spieler kann das böse
Arschloch sein. Das ist nicht das Problem. Zum Problem wird es erst,
wenn jemand nicht mehr die Kurve kriegt und das auch in der Realität
auslebt. Was mit zunehmendem Realismus der Darstellung
wahrscheinlicher wird.

Quote7. Dezember 2014 20:33
Re: Na klar ist das menschenverachtende Scheiße ...
atrida02

KKinski schrieb am 7. Dezember 2014 18:11

> Zum Problem wird es erst,
> wenn jemand nicht mehr die Kurve kriegt und das auch in der Realität
> auslebt. Was mit zunehmendem Realismus der Darstellung
> wahrscheinlicher wird.

So wie bei den Filmen oder wie?


http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Na-klar-ist-das-menschenverachtende-Scheisse/forum-289279/msg-26190977/read/

Quote7. Dezember 2014 14:30
Gewaltporno?
Sledge_Dog (mehr als 1000 Beiträge seit 18.12.08)

Also in dem Filmchen sieht man nichts. Man kann sich die sexuellen
Handlungen nur vorstellen. Richtige Gewaltpornos, bei denen mal alles
sieht, finden sich hingegen haufenweise im Web.

Man kann sie auch in jedem Sex-Shop kaufen. Auf den Schulhöfen werden
sie munter getauscht. Das war allerdings schon immer so und ist keine
Erfindung des Informationszeitalters.


http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Gewaltporno/forum-289279/msg-26190203/read/

Quote6. Dezember 2014 14:40
Ist doch nur schlimm, wenn es "Frauen" passiert
Pro¡ektor (mehr als 1000 Beiträge seit 15.01.00)

Anita Sarkeesian klagt bei Hitman und weiteren Spielen an, dass der
Spieler Frauen, oder sogar Angestellte eines Stripclubs, umbringen
kann. Dass man in den selben Spielen auch jede männliche Figur nicht
nur umbringt und "entsorgen", sondern sie sogar bis auf die
Unterwäsche ausziehen kann, wird gar nicht erst erwähnt. Und über
COD, Battlefield, Mortal Kombat und wie sie alle heißen redet
überhaupt keiner mehr, spätestens seit Jack Thompson mit seinem
Kreuzzug gegen "Killerspiele" gegen die Wand gelaufen ist.
> http://de.wikipedia.org/wiki/Jack_Thompson_%28Anwalt%29

Auch er hatte schon GTA IV in der Hand, ist damit aber nicht
sonderlich weit gekommen, aus dem Handel wurde das Spiel nicht
genommen - vielleicht weil er kein Youtube-Video vorzuzeigen hatte,
in dem ein pubertierender Halbstarker eine Prostituierte umbringt?
Hätte in der heutigen "Emotiocratie" vielleicht geholfen... Sein
Versuch, GTA III für einen Amoklauf verantwortlich zu machen, hat
jedenfalls nicht gefruchtet und zuletzt war sogar die Justiz so
genervt von ihm, dass sie ihm seine Anwaltlizenz entzogen.

Btw, interessiert es eigentlich jemanden, dass das auch Frauen
spielen?
> https://www.youtube.com/watch?v=TNoWPtj_Zcw

Ich erkläre das ja mit "Damsel in Distress". Gewalt gegen eine Frau
aktiviert immer noch eher unsere Schutzreflexe, als wenn das Gleiche
einem Mann passiert. Bei ihm ist es maximal lustig.
> https://www.youtube.com/watch?v=Jy5vRGtKPY0

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Ist-doch-nur-schlimm-wenn-es-Frauen-passiert/forum-289279/msg-26187183/read/

Quote6. Dezember 2014 15:09
Knapp daneben
Dominius (mehr als 1000 Beiträge seit 15.05.03)

Pro¡ektor schrieb am 6. Dezember 2014 14:40

> Anita Sarkeesian klagt bei Hitman und weiteren Spielen an, dass der
> Spieler Frauen, oder sogar Angestellte eines Stripclubs, umbringen
> kann. Dass man in den selben Spielen auch jede männliche Figur nicht
> nur umbringt und "entsorgen", sondern sie sogar bis auf die
> Unterwäsche ausziehen kann, wird gar nicht erst erwähnt. Und über
> COD, Battlefield, Mortal Kombat und wie sie alle heißen redet
> überhaupt keiner mehr, spätestens seit Jack Thompson mit seinem
> Kreuzzug gegen "Killerspiele" gegen die Wand gelaufen ist.
>
Anita beschäftigt sich halt mit "Tropes vs Women", kannst ja ne
eigene Reihe starten, wenn dir das nicht passt.

Und ja, ich halte es für falsch, nicht über CoD, Mortal Combat etc.
zu sprechen. Auch da sollten die Gewaltdarstellungen diskutiert
werden.

> Auch er hatte schon GTA IV in der Hand, ist damit aber nicht
> sonderlich weit gekommen, aus dem Handel wurde das Spiel nicht
> genommen - vielleicht weil er kein Youtube-Video vorzuzeigen hatte,
> in dem ein pubertierender Halbstarker eine Prostituierte umbringt?
> Hätte in der heutigen "Emotiocratie" vielleicht geholfen... Sein
> Versuch, GTA III für einen Amoklauf verantwortlich zu machen, hat
> jedenfalls nicht gefruchtet und zuletzt war sogar die Justiz so
> genervt von ihm, dass sie ihm seine Anwaltlizenz entzogen.
>
Jack Thompson wollte Spiele verbieten. In der aktuellen Diskussion
geht es nicht um Verbote. Und nein, wenn irgendein Hypermarkt ein
Spiel nicht mehr verkauft, ist das total egal. Wenn sie es nicht
angekündigt hätten und aus dem Programm genommen hätten, hätte sich
kein Mensch aufgeregt.

Und Sexarbeiter*innen haben schon 2006 gegen GTA protestiert und die
darin enthaltene Darstellung von Sexarbeit bzw. Gewalt gegen
Sexarbeiter*innen.

> Ich erkläre das ja mit "Damsel in Distress". Gewalt gegen eine Frau
> aktiviert immer noch eher unsere Schutzreflexe, als wenn das Gleiche
> einem Mann passiert. Bei ihm ist es maximal lustig.
>
Erklär es, wie du willst.
Ich halte eine Diskussion über Gewaltdarstellungen in Computerspielen
inzwischen für längst überfällig.


http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Knapp-daneben/forum-289279/msg-26187293/read/

Quote6. Dezember 2014 16:12
Re: Ist doch nur schlimm, wenn es "Frauen" passiert
Sid Burn (mehr als 1000 Beiträge seit 13.05.04)

> Anita Sarkeesian klagt bei Hitman und weiteren Spielen an, dass der
> Spieler Frauen, oder sogar Angestellte eines Stripclubs, umbringen
> kann.

Nein das klagt sie nicht an. Sie beschreibt wie Frauen als
Hintergrunddekoration genutzt werden. Vielleicht einfach mal das
Video auch anschauen über das du redest?

https://www.youtube.com/watch?v=4ZPSrwedvsg

> Dass man in den selben Spielen auch jede männliche Figur nicht
> nur umbringt und "entsorgen", sondern sie sogar bis auf die
> Unterwäsche ausziehen kann, wird gar nicht erst erwähnt.

Weil es für das was sie sagt ja auch keine Bedeutung hat. Es dreht
sich ja eben nichts um umbringen oder entsorgen und darüber regt sie
sich auf. Den Männer werden ja nicht als Hintergrunddekoration
genutzt.

> Ich erkläre das ja mit "Damsel in Distress". Gewalt gegen eine Frau
> aktiviert immer noch eher unsere Schutzreflexe, als wenn das Gleiche
> einem Mann passiert. Bei ihm ist es maximal lustig.
> > https://www.youtube.com/watch?v=Jy5vRGtKPY0

Was so ziemlich genau die Sachen sind worauf Sarkeesian eingeht.
Warum wirkt es bei einem Mann lustig? Weil Männer als
dominierend/stark eingestuft werden. Während Frauen als schwach und
hilfsbedürftig eingestuft werden.

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Re-Ist-doch-nur-schlimm-wenn-es-Frauen-passiert/forum-289279/msg-26187519/read/

Quote6. Dezember 2014 23:35
Irgendwie scheint es männliche und weibliche...
fr.osch (mehr als 1000 Beiträge seit 25.01.00)

... Pixel zu geben. Oder auch Bits. Das ist natürlich zutiefst
subjektiv und keineswegs so ohne weitere rauszukriegen, welches
Gender die Pixel nun haben... und überhaupt ist das gendermäßig nicht
zuende gedacht.

Denn auch, wenn manches auf dem Monitor so aussehen mag wie eine Frau
(oder wie eine Barbie-Puppe), so ist doch gar nicht klar, ob das
nicht vielleicht ein Mann ist, gefangen im Körper einer Frau.
Geschlecht ist und soll ja gerade nicht der äußere Anschein sein, die
Biologie oder die gesellschaftliche Zuschreibung, sondern... von
jedem selbst definiert werden, also ausschließlich in der
individuellen Verantwortung liegen. Wie kommen die also dazu zu
behaupten, da wäre eine "Frau" ermordet worden? Sind die sich da
wirklich sicher?

Es mag vielleicht so aussehen wie eine (idealisierte) Frau, aber ist
es das auch? Fühlt es sich selbst auch so? Wie definiert es sich
selbst? Das sind die Fragen, die man zuerst mal klären müsste. Und
dann natürlich die Frage, warum weibliche Pixel mehr wert sein
sollten als männliche. Und warum Gewaltanwendung geschlechtlich zu
werten ist, also je nach vermeintlichem Geschlecht des Zielobjektes
eine völlig andere Wertung erhält, eben inakzeptable oder akzeptable
Gewalt ist. Ich dachte immer, Frauen und Männer wollen und sollen
gleich behandelt werden... jetzt aber ist es viel schlimmer,
weibliche Pixel zu zerstäuben als männliche. Wie will man das denn
begründen? Es ist ja nicht so, als gäbe es in solchen Spielen nicht
auch Gewalt gegen männliche Pixel - die aber ist offenbar keineswegs
zu beanstanden, vielleicht gar zu begrüßen? Die männlichen Pixel
scheinen nicht so schützenswert zu sein wie die weiblichen. Ob das an
der Gebärfähigkeit letzterer liegt? Oder worin liegt der Unterschied?

    fr.osch

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Irgendwie-scheint-es-maennliche-und-weibliche/forum-289279/msg-26188749/read/

Quote7. Dezember 2014 01:44
Re: Irgendwie scheint es männliche und weibliche...
fr.osch (mehr als 1000 Beiträge seit 25.01.00)

> Könnte es vielleicht sein, dass es einen Grund hat, warum ich
> "Frauen" in Anführungzeichen geschrieben habe?

Und du hast zwar "Frau" in Anführungszeichen geschrieben, ich
übrigens auch, aber du hast dich mit keinem Wort über das
weiterführende Hinterfragen von Geschlechterzuschreibungen aufgrund
rein äußerlicher Kriterien ausgelassen. Das aber würzt die Debatte ja
erst richtig.

Glaubst du wirklich, dass jeder, der dir antwortet, anderer Meinung
als du sein muss, oder zumindest irgendwie doof finden muss, was du
schreibst? Lass doch andere auch ihren Senf dazugeben, ohne dich
gleich verteidigen zu müssen. Betrachte es doch eher als Ergänzung
und weniger als Angriff?

    fr.osch

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Re-Irgendwie-scheint-es-maennliche-und-weibliche/forum-289279/msg-26189001/read/

Quote7. Dezember 2014 11:36
"Kunst"
Gehirnwindung (7 Beiträge seit 04.06.13)

"Kunst" ist ja alles irgendwie. "Nazis" hatten ihre Kunst, die realen
Sozialisten hatten ihre "Kunst", und auch wenn die kleine Susi ihre
Blümchen malt, ist das "Kunst". Aber in ein Wirtschaftsgut, mit dem
einfach nur Gewinn realisiert werden soll, "Kunst" hinein zu
interpretieren, ist schon ein bisserl weit hergeholt.
Erstens ist "Kunst" ein viel zu allgemeiner Begriff, den jeder nach
Gutdünken auslegen kann, und zweitens würde es doch einfach reichen,
zu sagen:
"Ja, das Ganze ist geschmacklos, aber in der Konsumwelt ist vieles
geschmacklos und die Leute kaufen jeden Müll, wenn er trendy ist, und
das ist ihr gutes Recht, solange niemand zu Schaden kommt". Wer will
dem Nachbarn seinen schlechten Geschmack verbieten? Soll er doch
seine Scheiße in Gold gießen, ich muß sie nicht ansehen

"Bis wir Spiele selbstverständlich genauso differenziert kritisieren
wie andere Kulturerzeugnisse, dauert es vermutlich noch Jahrzehnte.
Was wirklich schade ist – denn erst dann werden die Verweigerer
merken, wie viel Kunst in Spielen stecken kann."


http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Kunst/forum-289279/msg-26189568/read/

Quote7. Dezember 2014 08:16
Ein Aspekt wird bei der Diskussion unterschlagen ...
hmilz (813 Beiträge seit 28.03.03)

Ein Aspekt wird bei der Diskussion unterschlagen: Ob ich mir eine
Gewaltszene nur (passiv) anschaue, oder ob ich sie aktiv spiele,
gestalte, das ist schon ein Unterschied. Jeder, der sich schon einmal
mit den Grundlagen menschlichen Lernens beschäftigt hat, weiß das.

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Ein-Aspekt-wird-bei-der-Diskussion-unterschlagen/forum-289279/msg-26189232/read/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 25, 2015, 09:07:29 PM
"Emma Holten: Wie eine Dänin mit Nacktfotos gegen Rachepornos kämpft" (23. Januar 2015)
Was tun, wenn plötzlich die privatesten Bilder öffentlich sind? Die Journalistin Emma Holten geht in die Offensive. ... Irgendwann wurde aus der Scham Wut. ,,Mir wurde klar: Es geht gar nicht um mich. Es geht um Frauenhass", sagt sie. Es mache einen Unterschied, ob eine Frau der Veröffentlichung zustimme - und der sei so klar wie der zwischen Vergewaltigung und Sex. Darum entschloss sie sich, nicht mehr zu schweigen, zeigte sich selbst - sie wollte vom Objekt zum Subjekt werden, wieder die Kontrolle darüber gewinnen, was über sie im Internet zu sehen ist.
Emma Holten hat nie herausgefunden, wer sie gehackt hat. Jahre nach der Veröffentlichung der Bilder wird sie immer noch belästigt. ...

http://www.shz.de/nachrichten/deutschland-welt/netzwelt/wie-eine-daenin-mit-nacktfotos-gegen-rachepornos-kaempft-id8764756.html

"Activist Emma Holten Fights Back Against Revenge Porn by Reclaiming Her Body In a Powerful Photo Series" Lucia Peters (2015)
http://www.bustle.com/articles/55892-activist-emma-holten-fights-back-against-revenge-porn-by-reclaiming-her-body-in-a-powerful-photo

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Quote[...] Zahlen einer Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes Niedersachsen: 40.000 zufällig ausgewählte Menschen nahmen 2013 an der Befragung in Niedersachsen teil, wovon 18.940 Personen – zu 51,3 Prozent Frauen – zu Erfahrungen häuslicher Gewalt in Paarbeziehungen antworteten. Der Anteil der weiblichen Opfer physischer wie psychischer Gewalt in Paarbeziehungen lag bei 9,4 Prozent, der der männlichen bei 6,1 Prozent. Bei einer Zahl von 2,3 Millionen männlichen Niedersachsen zwischen 20 und 60 Jahren ergäbe dies eine Zahl von rund 140.000 Opfern.

...


Aus: "Wohnprojekt für männliche Gewaltopfer: Ort der Zuflucht" (26. 01. 2015)
Quelle: http://www.taz.de/Wohnprojekt-fuer-maennliche-Gewaltopfer/!153499/ (http://www.taz.de/Wohnprojekt-fuer-maennliche-Gewaltopfer/!153499/)

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"Protestform oder Körperkult?" Ein Nutzerbeitrag von Doktor Albahaca (11.02.2015)
Nacktheit Jede dritte Frau wird sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Um das zu ändern, ziehen Femen-Aktivistinnen blank. Die entblößte Brust als Widerstand gegen das Patriarchat? ... Die Motivationen sich nackt zu zeigen, sind [ ] ebenso zahlreichund vielfältig, wie die Protestformen gegen ausschließlich sexualisierte Freizügigkeit. Nicht alle, die sich das Label feministisch geben, haben dasselbe Verständnis von Widerstand...
https://www.freitag.de/autoren/doktor-albahaca/nacktheit-protestform-oder-koerperkult

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"Verbrechen von Frauen im Holocaust Hitlers willige Helferinnen" Wendy Lower (02/2015)
Die Geschichtsschreibung zum Holocaust hat die Verbrechen von Frauen lange ausgeblendet. Dabei gingen sie zu Hunderttausenden in die besetzten Gebiete in Osteuropa - als integraler Bestandteil der Vernichtungsmaschinerie.  ... Zu den Mythen der Nachkriegszeit gehört der von der unpolitischen Frau. Nach dem Krieg sagten viele Frauen vor Gericht aus – oder erklärten in oral histories – , dass sie nur Büroangelegenheiten erledigt oder sich um die sozialen Aspekte des Alltagslebens gekümmert hätten. Sprich: um die Pflege oder um die Pflichten anderer, im Osten stationierter Deutscher.
Fast schien es, als hätten Frauen im NS-Männerstaat keine aktive Rolle gespielt – so wie das 1936 von Adolf Hitler vorgegebene Frauenbild sie an Heim und Herd verbannte. Abgesehen von einigen Ausnahmen wie Irma Grese, der ,,SS-Megäre" aus Bergen-Belsen und ,,Hyäne von Auschwitz", oder von Hermine Braunsteiner, der ,,Stute" von Majdanek.
Diese auch in der Forschung verbreiteten Porträts aber waren Karikaturen, oftmals pornografisch verzerrt. Die starke Fokussierung auf die schlimmsten KZ-Aufseherinnen hat lange eine nuancierte Diskussion über die Beteiligung und das schuldhafte Verhalten von Frauen an den Verbrechen der NS-Zeit verhindert. ... Die ,,Frauenfrage" wurde in der NS-Zeit nicht beiseitegeschoben, sondern neu gestellt. Das Private wurde politisch. Der Zugriff der Bewegung reichte bis ins traute Heim: Frauen und Mädchen holte man zu öffentlichen Versammlungen und Paraden auf die Straße, sie wurden zu Arbeitseinsätzen aufs Land geschickt, sie wurden zu Marschierübungen, Hauswirtschaftskursen und medizinischen Untersuchungen und Fahnenappellen versammelt. In ihren Memoiren und in Gesprächen erzählten viele von ihren Ambitionen: ,,Ich wollte etwas werden", ,,ich wollte mehr" – Aussagen, die sich so oder so ähnlich immer wieder finden. ...

http://www.tagesspiegel.de/wissen/verbrechen-von-frauen-im-holocaust-hitlers-willige-helferinnen/11424378.html

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Die Provokation gehört zum Wesen des Rap. In den Texten dieser Musikrichtung sind Frauen Schlampen, Nutten oder geile Fotzen, die ordentlich gefickt gehören. Die verkackte Welt ist bevölkert von Krüppeln, Spasten und schwulen Säuen. Das ist natürlich alles ironisch gemeint, aber der Spießer kapiert das ja nicht. Und wenn der sich dann ordentlich aufregt, macht es erst richtig Spaß. ... Als jugendgefährdend indiziert zu werden, ist in der Szene eine Art Auszeichnung. Der Berliner Rapper Fabian Cataldi (32) alias Bass Sultan Hengzt hat dies mit all seinen letzten vier Alben geschafft. Nun bringt er bald ein neues Album heraus, ,,Musik wegen Weibaz", und die deutschen Rap-Fans drehen durch. Denn auf dem Cover der Premium Edition, das er Anfang der Woche auf Facebook und Twitter postete, ist ein Foto von zwei jungen Männern in inniger Pose zu sehen. Die beiden sind kurz davor sich zu küssen. Jetzt stellt sich heraus, dass es in der Szene ein Erregungspotenzial gibt, das dem des Spießers in nichts nach steht, und die Homophobie bei einigen eben nicht nur Attitüde ist, wie unter anderem von Boss Sultan Hengzt (BSH) behauptet. ...
Aus: "Wenn homophobe Rap-Fans durchdrehen"  Susanne Lenz (02/2015)
http://www.berliner-zeitung.de/kultur/schwule-auf-albumcover-von-bass-sultan-hengzt-wenn-homophobe-rap-fans-durchdrehen,10809150,29970364.html

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"Indischer Vergewaltiger macht Opfer mitverantwortlich" (02.03.2015)
Der Vergewaltiger und Mörder einer Inderin in einem Bus in Neu Delhi hat das Opfer für die Tat mitverantwortlich gemacht. ,,Mit einer Hand kann man nicht klatschen – dazu braucht es zwei Hände", sagt er in einem indisch-britischen Dokumentarfilm, der zum Frauentag am 8. März erstmals ausgestrahlt wird. ,,Ein anständiges Mädchen würde nicht abends um 21 Uhr noch draußen herumlaufen."
Das Interview mit dem verurteilten Mörder sei mit Genehmigung der Regierung in einem Gefängnis in Neu Delhi geführt worden, sagte eine Sprecherin für die Produktion der Sender NDTV und BBC am Montag. Der Vergewaltiger beschuldigt das Opfer auch, die falschen Kleider getragen zu haben. ,,Mädchen sollten sich um den Haushalt kümmern und sich nicht in Discos und Bars herumtreiben", sagte er.
Die Studentin war im Dezember 2012 mit ihrem Freund zusammen auf dem Heimweg von einem Kino-Besuch, als sie in den Bus gelockt wurde. Eine Gruppe Männer fiel dann über sie her, vergewaltigte und folterte sie. 13 Tage später starb sie an ihren inneren Verletzungen. Die Täter wurden zum Tode verurteilt; derzeit läuft noch ein Berufungsverfahren. Der Fall führte zu Protesten und Ausschreitungen auf den Straßen Indiens und befeuerte eine Diskussion über Gewalt gegen Frauen. ...

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/indischer-vergewaltiger-macht-opfer-mitverantwortlich-13459360.html

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"Internationale Studie: Forscher errechnen durchschnittliche Penislänge" (03.03.2015)
... Männer schätzen ihre Penisgröße häufig zu negativ ein. Eine Online-Befragung mit mehr als 52.000 Männern und Frauen ergab etwa, dass 85 Prozent der Frauen zufrieden mit der Penisgröße ihres Partners waren, aber nur 55 Prozent der Männer mit ihrer eigenen Penisgröße. ...
http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/penislaenge-forscher-errechnen-durchschnittliche-laenge-a-1021501.html

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",,Wir wollen empowern""  (1. November 2014)
Anti-Corpos ist eine lesbisch-feministische Hardcore-Band aus Brasilien. Ihr drittes Album ,,Contra Ataque" wurde im Februar fertig. Mit der Platte ist die Gruppe durch Europa getourt: Berlin, Köln, München, Poznan, Gliwice, Barcelona, Madrid, Rennes, Marseille. Lesbisch-feministischer Hardcore war überall. Im Spätsommer ist die Gruppe auch nach Mainz gekommen. Radio Itinerante sprach mit der Gruppe über Sexismus in der Hardcore-Szene, Empowerment und ihre Erfahrungen in Europa. ...
https://www.zwischenze.it/wir-wollen-empowern/

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"Irans Frauen sollen Recht auf ihren Körper verlieren" Bianca Blei (12. März 2015)
Teheran/Wien - Die Vorgabe ist klar: Die iranischen Behörden sollen die Einwohnerzahl des Landes von derzeit 78,6 Millionen auf 150 oder 200 Millionen Menschen erhöhen. Das erklärte der oberste religiöse Führer, Ali Khamenei, in einer Fernsehansprache im Jahr 2012. Nun folgt die iranische Regierung seinem Ruf. Zwei Gesetzesvorlagen sollen den Trend der seit den 1980er-Jahren stetig sinkenden Geburtenrate umkehren - die Rechte der Frauen würden dabei weiter eingeschränkt. Geplant sind eine Einschränkung oder gar ein Verbot von Verhütungsmethoden sowie eine Diskriminierung von kinderlosen Frauen am Arbeitsmarkt. ...
http://derstandard.at/2000012808543/Irans-Frauen-sollen-Recht-auf-ihren-Koerper-verlieren

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Andrea Hanna Hünniger (* 13. Oktober 1984 in Weimar) ist eine deutsche Journalistin und Buchautorin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Hanna_H%C3%BCnniger

hanna hünniger @vandervelde
journalist, scout, sexy nightmare ...

https://twitter.com/vandervelde

"Sexismus: Warum es eine Provokation ist, eine Frau zu lieben"  Andrea Hanna Hünniger (09.03.15)
Klar, wir sind hier nicht in Moldawien oder in Putins Russland. Wir werden auch nicht bespuckt oder als pervers bezeichnet. Trotzdem sind die Reaktionen auf eine lesbische Liebesbeziehung absurd. ...
http://www.welt.de/kultur/article138190384/Warum-es-eine-Provokation-ist-eine-Frau-zu-lieben.html

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"Zwischen X und Y: Das Geschlecht nimmt viele Gestalten an" Marlis Stubenvoll (12. März 2015)
Hampshire, Großbritannien – XX oder XY, männlich oder weiblich. Unsere Gesellschaft und unser Rechtssystem lassen bisher nur zwei Optionen für das Geschlecht einer Person zu. Dass die Kategorien aus biologischer Sicht keineswegs in Stein gemeißelt sind, zeigt eine große Zusammenschau des Magazins Nature über den Status quo der Geschlechterforschung. ...
http://diestandard.at/2000012795999/Zwischen-X-und-Y-Das-Geschlecht-nimmt-viele-Gestalten-an
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 18, 2015, 01:31:57 PM
Quote[...] Schätzungen besagen, dass jedes fünfte bis zehnte Neugeborene so ein Kuckucks­kind ist, allein in Deutschland wären das etwa 25.000 bis 40.000 pro Jahr. Das ­Online-Portal des Bayerischen Rundfunks spricht von zwei Kuckuckskindern in jeder Schulklasse. Doch eine in der "Ärztezeitung" 2005 veröffentlichte britische Studie hat nur eine "Kuckuckskinder"-Rate von 3,7 Prozent in Europa ausgemacht.

Seit Genlabors den Vaterschaftstest für jedermann anbieten, boomt das Geschäft mit dem Zweifel: Von mir oder nicht von mir? In Deutschland lassen jedes Jahr 40.000 Männer testen, ob ihre Söhne und Töchter wirklich von ihnen stammen. Jeder vierte Vater ist nicht der richtige. Fliegt das auf, ist mit einem Mal nichts mehr, wie es war. Familien werden in ihren Grundfesten erschüttert.

... Als im Januar 2005 der Bundesgerichtshof entschied, dass heimlich durchgeführte Vaterschaftstests vor Gericht nicht verwertbar sind, ging ein Aufschrei durch die Medien und durch die organisierte Väterszene. Männer würden zu "Bürgern zweiter Klasse" gemacht, empörte sich der Schriftsteller und Bild-Kolumnist Rafael Seligmann. Väter würden zum "Freiwild betrügender Frauen", klagte er an. Väterverbände warnten vor dem "Schlampenschutzgesetz" und der Spiegel sah Väter in der Rolle der "puren Geldgeber".

Seit 1. April 2008 nun gilt ein neues Vaterschaftsrecht. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat im Sommer 2007 den Gesetzgeber beauftragt, das damals bestehende Gesetz nachzubessern. Jeder Mann, so argumentierte das BVG, muss auf legalem Wege darüber Gewissheit erlangen können, ob er der biologische Vater seines Kindes ist oder nicht. Das ist im reformierten Gesetz geregelt. Jetzt haben Männer und Kinder ein gesetzlich verbrieftes Recht zu erfahren, ob sie genetisch miteinander verwandt sind. Und: Stellt ein Vater fest, dass er nicht der leibliche ist, kann er sich jetzt in Ruhe überlegen, ob er die Vaterschaft rechtlich anfechten will – und damit meist das Kind vollständig verliert - oder ob er weiter der rechtliche wie soziale Vater bleibt.

Mütter werden nun gezwungen, die biologische Vaterschaft offenzulegen, notfalls per Gerichtsbeschluss. Das passt manchen Frauen nicht. Es sind doch die Männer, sagen sie, die ihre Familien verlassen, wenn sie keine Lust mehr auf sie haben. Nach einer Trennung kümmern sich die Väter nur noch selten um ihre Kinder. Laut Erhebungen des Verbandes Alleinerziehender Männer und Frauen (VAMV) zahlen etwa 60 Prozent aller getrennten Väter zu wenig, nur unregelmäßig oder gar keinen Unterhalt für ihre Kinder. VAMV-Erfahrungen besagen auch, dass viele getrennte Väter schon nach einem Jahr keinen richtigen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben.

Warum aber wenden sie sich so leichtfertig ab und geben etwas auf, das ihnen vorher lieb und teuer war? Nachdem Walter T. erfahren hatte, dass er von seiner Frau betrogen worden ist, strengte er ein Gerichtsverfahren an. "14 Jahre war ich für Laura da", sagt er. "14 Jahre lang habe ich für sie gezahlt. Da ist ein Mittelklassewagen zusammen gekommen." Und den will Walter T. nun zurück haben. Der Prozess läuft und es sieht nicht so aus, als würde Walter T. Recht bekommen. Walter T. sagt es ganz offen: "Jetzt geht es mir nur noch ums Geld." Dass die Beziehung zu Laura zerbrochen ist, scheint ihm egal zu sein. Er sagt: "Sie ist ja auch nicht meine Tochter. Also, was soll's?"

Es scheint ganz so, als spielen Gene und Geld eine größere Rolle als Liebe und Verantwortung für das Kind, das selber ja vollkommen unschuldig ist. Für die Kinder ist das in jedem Fall fatal. Sie verlieren von einem Tag zum anderen ihren Vater. Und der leibliche ist ja sowieso nicht da.

Kuckucksväter lassen Zweifel an ihrer Vaterschaft übrigens in der Regel erst dann zu, wenn sie sich in der Beziehung zu der Frau nicht mehr wohl fühlen. Solange mit der Liebe alles stimmt, verbannen Männer jeden Zweifel an der Vaterschaft in die hinterste Ecke ihrer Seele.

Dasselbe Motiv – das nach der heilen Welt – ist es auch, das die Mütter schweigen und lügen lässt. "Das Geheimnis, dass ein Kind nicht von dem Mann stammt, der es groß zieht, muss gewahrt bleiben, damit die bestehende Familie nicht auseinanderbricht", sagt die Berliner Psychotherapeutin Katrin Nickeleit: "Kuckucksmütter wollen ihrem Kind Schutz geben, sie wollen, dass es in 'geordneten Verhältnissen' aufwächst, mit Mutter und Vater, egal, ob es der leibliche ist oder nicht. Dafür wird auch eine Lebenslüge in Kauf genommen."

... Aber ist es tatsächlich so, dass Kuckucksmütter nur ans Kind denken? Spielen nicht auch die Furcht vor sozialer Ausgrenzung und die Angst vor dem Verlust des Mannes eine Rolle? Das Tabu, in der eigenen Familie offen über ein Kuckuckskind zu reden, scheint noch im krassen Gegensatz zur heutigen Zeit zu stehen. Denn noch nie scheiterten so viele Ehen wie in den vergangenen Jahren (jede dritte Ehe wird geschieden), noch nie gab es so viele Kinder, die mit verschiedenen Vätern und Müttern aufwachsen. Die Kluft zwischen biologischer und sozialer Vaterschaft war noch nie so groß wie heute. Und die wachsende Zahl von Zweitehen mit weiteren Kindern zeigt, dass es nicht in jedem Fall das Gen ist, das zusammenschweißt. Warum also ist es so schwer, darüber zu reden?

So manches Mal könnte die Wahrheit sogar heilsam sein. Als Emma begriff, dass sie von der eigenen Mutter belogen worden war und endlich auch verstand, warum die hinter ihr herschnüffelte wie hinter einer Feindin, sah sie ihre Kindheit und ihre Jugend plötzlich in einem anderen Licht. Mit einem Mal verstand sie das Gefühl, das sie all die Jahre über begleitete: Fremdheit. Nora L.: "Ich gehörte einfach nicht in diese Familie. Diese Familie, das waren meine Mutter, ihr Mann und meine beiden (Halb)Geschwister."

Kuckuckskinder sind die eigentlichen Leidtragenden in solchen Dramen. Viele begeben sich, wenn das Geheimnis gelüftet ist, selbst auf die Suche nach dem unbekannten biologischen Teil ihrer Existenz. Manche finden ihn, andere nicht, einige halten den Kontakt aufrecht, wenn er erst einmal geknüpft ist, nicht wenige brechen ihn bald nach einem Treffen wieder ab. Sie sagen: Ich wollte nur wissen, wer mein Vater ist. Das reicht mir. Und den meisten Vätern reicht es auch.


Aus: "Kuckucksväter: Auf zur Wahrheit!" Simone Schmollack (1. März 2009)
Quelle: http://www.emma.de/artikel/kuckucksvaeter-auf-zur-wahrheit-263983 (http://www.emma.de/artikel/kuckucksvaeter-auf-zur-wahrheit-263983)

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Quote[...] Ich erkläre immer zu Weihnachten meinen Studenten, dass sie von ihrer Großmutter mütterlicherseits größere Geschenke erwarten können als von der Großmutter väterlicherseits, denn die kann sich nicht ganz sicher sein, dass ihr Sohn wirklich der Vater des Enkels ist. Dabei reagieren Väter - natürlich unbewusst - auf vermeintliche Ähnlichkeiten mit Junior besonders sensibel. Je ähnlicher ihm das Kind zu sein scheint, desto eher wird er bei der Mutter bleiben und für den Nachwuchs sorgen, sagen Evolutionspsychologen.

Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann, der sich sicher zu sein scheint, der biologische Vater zu sein, dies wirklich ist? Es ist schwierig, dazu verlässliche Daten aus vielen Kulturen zu bekommen. Eine Meta-Analyse aus 67 verschiedenen Studien (2006 in ,,Current Anthropology" veröffentlicht) fand heraus, dass sich fast zwei Prozent der vermeintlichen Väter ein Kuckuckskind unterjubeln ließen.

Die Spanne reichte von 0,4 Prozent bei jüdischen Priesterkindern bis zu fast zwölf Prozent in der Stadt Nuevo León in Mexiko. Wenn sich die Männer von vornherein über ihre Vaterschaft unsicher waren, bestätigte sich ihr Verdacht oft (in 31 Studien untersucht): zu etwa 15 Prozent in Russland, fast 17 Prozent in Deutschland und über 50 Prozent in Schweden und den USA. ...


Aus: "Kuckuckskinder häufiger als gedacht" Axel Meyer (07.01.2010)
Quelle: http://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/zweifelhafte-vaterschaft-kuckuckskinder-haeufiger-als-gedacht/3340380.html (http://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/zweifelhafte-vaterschaft-kuckuckskinder-haeufiger-als-gedacht/3340380.html)

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Quote[...] Dem Verfassungsgerichtsbeschluss zufolge wiegt der Regressanspruch des Scheinvaters aber nicht so schwer wie die verfassungsrechtlich geschützte Intimsphäre der Mutter. Die Rechtsfortbildung des BGH gehe deshalb zu weit. Es sei nun Sache des Gesetzgebers, wie er "das Interesse der Mutter an der Geheimhaltung intimer Daten ihres Geschlechtslebens" mit dem Interesse des Scheinvaters an Rückzahlung des von ihm geleisteten Kindesunterhalts zum Ausgleich bringt, heißt es in dem Beschluss.

Karlsruhe hob damit einen Beschluss des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts auf, das eine klagende Mutter zur Auskunft über den Erzeuger ihres Kindes verpflichtet hatte. (AFP)

QuoteStolzwieBolle, 18.03.2015 12:36 Uhr

Häh? - Wer der wirkliche Erzeuger ist, kann dem betroffenen Mann doch abseits eventueller Neugier erst mal egal sein.

Für Schadensersatz wäre doch die Mutter die erste Person - sie hat sich doch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Unterhalt erschlichen! Wieso muß sich da jemand an den Erzeuger halten?



Aus: "Bundesverfassungsgericht: Mutter muss Vater von Kuckuckskind doch nicht benennen" (03/2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/bundesverfassungsgericht-mutter-muss-vater-von-kuckuckskind-doch-nicht-benennen/11521364.html (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/bundesverfassungsgericht-mutter-muss-vater-von-kuckuckskind-doch-nicht-benennen/11521364.html)

"Bundesverfassungsgericht: Mutter muss Erzeuger von Kuckuckskind doch nicht benennen" (18.03.2015)
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/bundesverfassungsgericht-zu-kuckuckskindern-mutter-muss-namen-von-erzeuger-nicht-nennen-a-1024143.html

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"Was Anita Sarkeesian nicht sagen konnte..." (10.03.2015)
Fuck You! Und andere Dinge, die sie eigentlich gerne gesagt oder getan hätte. In den letzten drei Jahren, in welchen Tausende von misogynen Idioten sie mit Vergewaltigungs- und Morddrohungen überschütteten. Nur weil sie gewagt hatte, im heiligen Tempel der Adoleszenz (a.k.a. Videogames) vom real existierenden Sexismus zu sprechen.  ... Tolle Rede übrigens. video via boingboing...
https://11k2.wordpress.com/2015/03/11/was-anita-sarkeesian-nicht-sagen-konnte/


Anita Sarkeesian: 'What I Couldn't Say' (All About Women 2015)
https://www.youtube.com/watch?v=fhgEuY64ECw#t=30

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 20, 2015, 11:43:29 AM
Feministing is an online community run by and for young feminists. For over a decade, we've been offering sharp, uncompromising feminist analysis of everything from pop culture to politics and inspiring young people to make real-world feminist change, online and off. ...
http://feministing.com/

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"It's time for porn to change" (03.12.2014)
One month ago I memorized my 12 minutes pages speech and delivered in front of the crowded (+1000 people) Volks Teather in Vienna. It was last November 1st TEDxVIENNA Brave New Space  conference. The audience was great, they laughed, the clapped, I think they shared with me the vision of the need of a new approach in adult cinema. ...
http://erikalust.com/ted-talk/#.VQv4wUTWQek

http://www.reddit.com/r/sex/comments/2vgbue/its_time_for_porn_to_change_tedx_talk_by_feminist/

http://feministing.com/2015/01/30/watch-erika-lust-makes-a-push-to-changeporn/

http://www.ravishly.com/2015/01/28/time-porn-change-erika-lust-TedxVienna-changeporn

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"A Woman Is Writing Feminist Messages On Period Pads And Posting Them Around Her City" (March 10, 2015)
One message reads: "Imagine if men were as disgusted with rape as they are with periods." ...
http://www.buzzfeed.com/rossalynwarren/a-woman-is-writing-feminist-messages-on-period-pads-and-post

"Feminismus-Aktion: 19-Jährige erregt mit Damenbinden weltweite Aufmerksamkeit" Kristin Haug (20.03.2015)
http://www.spiegel.de/schulspiegel/karlsruhe-protest-mit-binden-wird-weltweites-phaenomen-a-1024616.html

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"Frauen klagen gegen US-Internetfirmen" (23.03.2015)
Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass unter den Mitarbeitern von Internet-Firmen junge weiße Männer in der Überzahl sind. Jetzt stehen unter anderem Twitter und Facebook im Visier der Klagen von Frauen, die sich diskriminiert fühlen. ...
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Frauen-klagen-gegen-US-Internetfirmen-2582991.html

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"Frauen im Film: Schluss mit der Potenzreflexion!" Julia Thurnau (23.03.2015)
Sechs von acht für den Oscar nominierten Filmen bestanden ihn nicht. Der nach einer US-amerikanischen Comic-Zeichnerin und Autorin benannte Bechdel-Test liefert ernüchternde Ergebnisse zur Rolle von Frauen in filmischen Werken. ... Seit Herbst 2013 soll der Bechdel-Test der internationalen Film- und Medienbranche helfen, Frauen als aktive, handelnde Subjekte wahrzunehmen und darzustellen, indem drei Fragen beantwortet werden müssen: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen mit Namen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann?
Das Konzept ist dem Comic ,,Dykes to watch out for" (auf Deutsch sinngemäß: ,,Bemerkenswerte Lesben") der US-amerikanischen Cartoon-Zeichnerin und Autorin Alison Bechdel von 1985 entnommen. ... Der Bechdel-Test soll unsere Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die Mehrheit der Filme aller Genres Frauen – wenn überhaupt – in Bezug zu einem Mann zeigen, statt als eigenständig handelnde Subjekte. ...

http://www.carta.info/77765/frauen-im-film-schluss-mit-der-potenzreflexion/

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"Unglückliche Mütter: Sie wollen ihr Leben zurück" Esther Göbel (5. April 2015)
Orna Donath, die israelische Forscherin, nennt Mutterschaft [ ] ein "kulturelles und historisches Konstrukt" - das so starr in den Köpfen verankert ist, dass auch nur der Gedanke, eine Frau könnte ihre Mutterschaft tatsächlich bereuen, für die meisten Menschen als abnorm oder als individuelles Versagen bewertet wird. ... Frauen, die ungern Mütter sind, lieben ihre Kinder deshalb nicht weniger. So sagt eine der Befragten, Doreen, 38 Jahre: "Schauen Sie, es ist kompliziert zu erklären. Ich bereue es, Mutter geworden zu sein, aber ich bereue nicht meine Kinder. Ich liebe sie. Ich bereue es, Kinder bekommen zu haben - aber ich liebe die Kinder, die ich bekommen habe. Ich wünsche mir nicht, dass sie nicht hier wären, ich möchte einfach keine Mutter sein." ... "Ambivalenz kennen wir doch auch aus dem alltäglichen Leben", sagt Brigitte Ramsauer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Psychologin arbeitet in Gruppentherapien mit psychisch erkrankten Müttern und ihren Säuglingen. "Es geht um die Fähigkeit, diese gegensätzlichen Gefühle anzuerkennen, zu tolerieren, in sich und in den eigenen Alltag zu integrieren. Darin besteht der Reifeprozess. ...
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/unglueckliche-muetter-sie-wollen-ihr-leben-zurueck-1.2419449

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"Sience-Fiction: Männerfantasie Cyborg" Theresia Enzensberger (24. April 2015)
In der Filmgeschichte wimmelt es nur so von weiblichen Cyborgs, die mal Madonna, mal Hure sind, die aber ohne Fehl sexualisiert werden. Als offensichtlichstes Beispiel mag Pris aus Blade Runner gelten, die als "Basis-Lustmodell" bezeichnet wird, aber selbst Samantha, die Software, die im Film Her nur als Stimme auftaucht, ist am Ende nicht mehr als das Objekt der Begierde des Protagonisten. Die Großmutter aller Roboterfrauen, Fritz Langs Maria, richtet mit ihren erotischen Tänzen in Metropolis allerhand Unheil an. Man könnte diese Liste beliebig weiterführen. ... Es geht bei diesen Fantasien natürlich hauptsächlich um Kontrolle. Eine Maschine hat keinen eigenen Willen, sie folgt Anweisungen, und im Zweifelsfall kann man sie zerstören, ohne ein Menschenleben auf dem Gewissen zu haben. Man kann sie mindestens besitzen, im besten Fall aber sogar genau so erschaffen, wie man sie haben möchte, so wie Pygmalion das im Ur-Mythos dieser Geschichten tut. Die Vorstellung von der Frau als Objekt ist eine so alltägliche Erscheinung; man kann sich kaum darüber wundern, dass dieses Motiv in Sagen, Mythen und Science-Fiction-Stoffen weitergedacht wird. ...
http://www.zeit.de/kultur/film/2015-04/film-ex-machina-roboterfrauen-maennerfantasien

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"Warum mich der Feminismus anekelt" Ronja von Rönne (08.04.15)
Ich bin keine Feministin, ich bin Egoistin. Ich weiß nicht, ob "man" im Jahr 2015 in Deutschland den Feminismus braucht, ich brauche ihn nicht. Er ekelt mich eher an. ... Ich kenne viele erfolgreiche Frauen. Keine von ihnen ist Feministin, weil sich keine von ihnen je in einer Opferposition gesehen hat. Die Feministinnen, die ich kenne, sind hingegen Studentinnen oder schreiben in der Zeitungen darüber, dass sie trotz Studium keinen Job finden.
Vielleicht liegt meine Abneigung gegenüber dem Feminismus an den aktuellen Vertretern. Das "Emma"-Magazin fordert eine Frauenquote im Cockpit, weil Männer eher zum Amoklaufen neigen würden. Das ist so weltfremd, dass man die Autorin eigentlich nur fest in den Arm nehmen möchte. ...

http://www.welt.de/kultur/article139269797/Warum-mich-der-Feminismus-anekelt.html


"Ein Tag: Von der Empörung der ARD-Redakteurin zur Morddrohung der Antifa"
Don Alphonso (30. Mai 2015)
Das Thema Feminismus ist umstritten. Also griff die Zeitung Die Welt aus dem Hause Springer zu einem üblichen Stilmittel und ließ dazu drei konträre Beiträge schreiben. ...
http://blogs.faz.net/deus/2015/05/30/ein-tag-von-der-empoerung-der-ard-redakteurin-zur-morddrohung-der-antifa-2612/

"Jung, normschön, reaktionär: Backlash in subversivem Gewand" Veröffentlicht am Mai 30, 2015 von Tofutastisch
"... Der Pseudo-Tabubruch bietet einen Markt, das hat auch die WELT, für die von Rönne schreibt, erkannt. Ihr aufgewärmter Antifeminismus wird von der WELT folgendermaßen angepriesen: "Die Feminismusdebatte ist langweilig geworden. Wir wollen das mit Radikalpositionen verändern". Langweilig war mir und vermutlich den meisten anderen Feminist_innen in "der Feminismusdebatte" eigentlich selten. Wüste Beschimpfungen, Drohungen und Verleumdungen sind nicht schön, aber auch nicht langweilig. Aber der WELT fehlt wohl der Kick, wenn die Debatte nicht mit ressentimentgeladenen Polemiken, die auch dem Ring Nationaler Frauen gefallen, angeheizt wird (dafür kann von Rönne aber nichts, empören sich ihre Fans, und Nazis benützten ja schließlich auch Klopapier, ob man das jetzt auch nicht mehr dürfe). ... Backlash ist cool, jung und hip, gekleidet in eine Bluse von Urban Outfitters und bebildert mit Fotos von jungen Autor_innen, die sich in jedem Mainstream-Fashion-tumblr gut machen würden. Ronja von Rönne ist kein erboster alter Mann, sondern eine starke junge Frau, die sich, so soll es wirken, von den Fesseln des verstaubten, gestrigen Feminismus befreit. Das gefällt denen, die sich von emanzipatorischen Bestrebungen bedroht fühlen, denn sie können sagen, "Da, guckt! Die hat es ohne Feminismus geschafft". "Es sind nicht alle so wie ich, manchmal vergesse ich das", sagt von Rönne in ihrer Fauxpology, und diese kleine Vergesslichkeit zeigt sich in ihren Positionen nur allzu deutlich. Denn nicht alle sind mit denselben Privilegien ausgestattet wie sie. ..."
https://aplusplusranting.wordpress.com/2015/05/30/jung-normschon-reaktionar-backlash-in-subversivem-gewand/


"Patsch, patsch, patsch"
Margarete Stokowski (8.5.2015)
Ein Move aus alten Zeiten: Antifeministinnen tätscheln offenbar sehr gern Köpfe. Das macht sie nicht unbedingt cooler. ...
https://www.taz.de/Kolumne-Luft-und-Liebe/!5009228/

https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-barbie-feministinnen

https://www.taz.de/Kolumne-Luft-und-Liebe/!5048126/

http://www.zeit.de/kultur/2014-12/feminismus-internet-intellektuelle-essay/komplettansicht

https://www.taz.de/!5025992/

...


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 16, 2015, 09:41:09 AM
Sir Richard Timothy (Tim) Hunt (* 19. Februar 1943 in Neston) ist ein britischer Biochemiker. 2001 erhielt er zusammen mit Paul Nurse und Leland H. Hartwell den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ,,für ihre Entdeckungen betreffend der Kontrolle des Zellzyklus". ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Tim_Hunt

"Londoner Universität beugt sich dem Shitstorm" Thomas Pany (15.06.2015)
Am 09. Juni äußerte der britische Biochemiker Tim Hunt bei einer Konferenz von Wissenschaftsjournalisten einen Satz, den er nicht mehr vergessen wird: "Lassen Sie mich von meinen Schwierigkeiten mit Mädchen erzählen...drei Dinge passieren, wenn sie in einem Labor zugegen sind...Sie verlieben sich in sie, und auch sie verlieben sich und wenn Sie sie kritisieren, weinen sie." - Der Nobelpreisträger Hunt wurde wegen einer öffentlichen chauvinistischen Bemerkung zum Rücktritt von seiner Honorarprofessur gedrängt. Geht es nicht eine Nummer kleiner? ...
http://www.heise.de/tp/artikel/45/45195/1.html

QuoteMalvoisine, 15. Juni 2015 22:55

Fehler auf beiden Seiten

Wenn jemand 72 ist und Nobelpreisträger, dann sollte er lange genug
in der Öffentlichkeit unterwegs sein, um zu wissen, welche Scherze
man wohl besser nicht macht.

Hochintelligente Wissenschaftlerinnen auf emotionale, sich
verliebende, heulende und nicht kritikfähige Mädchen zu reduzieren,
ist wohl tatsächlich beleidigend und als Scherz, öffentlich geäußert,
völlig ungeeignet.

Und grundsätzlich muss einfach jeder Arbeitnehmer darauf achten, wie
er sich als Vertreter seines Arbeitgebers darstellt, das ist
schlichte Normalität.

Aber es sollte auch selbstverständlich sein, dass man einem
hochrangigen Wissenschaftler, der schon 20 Jahre an der Universität
angestellt ist, bei einem einmaligen Fehler die Möglichkeit gibt,
diesen Fehler zu korrigieren und sich öffentlich zu erklären bzw. zu
entschuldigen.

Diese Radikalität, mit der der Professor abgesägt wird, wirft ein
sehr schlechtes Licht auf die Universität, immerhin geht es dort u.a.
zentral um Kommunikation, eine derartige totalitäre Haltung wird wohl
einiges an Diskussionen und Meinungen zukünftig ersticken, zum
Schaden der Wissenschaft.


QuoteDasKleineDummerchen, 16. Juni 2015 00:32

Die neue Kleingeistigkeit ...

Kann mir mal jemand erklären, warum jemand, auch wenn er einen
Nobelpreis bekommen hat, kein Recht auf eine eigene, persönliche und
emotionale Meinung zu einem Thema haben darf?

Frau darf doch auch mit Männerstereotypen bei jedweder Gelegenheit
hausieren gehen (zahlt Unterhalt nicht, hört nie zu, ist nur an
Fussball und Sex interessiert etc. p.p.). Und klar darf Frau, aber
warum jetzt Mann nicht mehr?

Zumal dieser Mann ja nicht dadurch aufgefallen ist, dass er beruflich
den Macho gegeben hat, sondern nur dadurch, dass er ehrlich von den
Sachen, die ihn bewegen (ob jetzt richtig oder nicht, ist eher
nebensächlich) im öffentlichen Rahmen erzählt hat.

... Na zumindest haben die Mädels in London nun sichergestellt, dass nur
noch schleimige Profs, die die Kunst der Verstellung beherrschen,
dort beschäftigt sein werden. Mögen sie sich nachher nicht
beschweren, dass sie auf einmal stärker benachteiligt werden.

Liebe Grüsse und Glückwünsche an Shitstormanführerinnen für ihr
Prinzessin-auf-der-Erbse-Gehabe

Quoteedges, 16. Juni 2015 01:06

Wie wahr: Das mißgünstige, spießige Kleinbürgertum
(beiderlei geschlechts) sorgt im günstigsten falle für die
zerstörung an sich guter Ideen und im schlimmsten falle für die
massenbasis eines faschistischen systems.

greetz

edge



QuoteTwistie2015 (Bettina Hammer), 15. Juni 2015 23:32

Kreisläufe

Wer übrigens die ganze Angelegenheit auch im englischsprachigen Raum,
gerade auch in England, verfolgt, der findet folgendes:

Dame Valerie Beral, (director of the cancer epidemiology unit at
Oxford, who worked with him at the Imperial Cancer Research Fund)
wurde gefragt, wie sie zu dem Ganzen steht. Sie hat dann im Interview
gesagt, dass Frauen Kritik zu persönlich nehmen.

Das Ergebnis war eine heftige Kritik, weshalb sie das Ganze dann
schnell ausführte:She told the Guardian she had not meant that: "I'm
not blaming women. I think women get put off. I think in that
hothouse environment, when you get these youngish, bright people
working really hard, they are more likely than men to take criticism
personally, and to get hurt in relationships. Then, they decide that
after all this experience, I'm not going to do this any more.
http://www.theguardian.com/science/2015/jun/12/tim-hunt-trouble-with-girls-in-science-comment

übrigens:
http://www.welt.de/vermischtes/article142552990/Der-Professor-ein-Scherz-und-der-Mob.html
Ebenso wenig die Tatsache, dass er vor vier Jahren zu Protokoll
gegeben hatte: "Wissenschaftler sehen Wissenschaftler als
Wissenschaftler. Ob es sich um Mädchen oder Jungen handelt, ist
meiner Meinung nach egal."




http://www.heise.de/tp/foren/S-Londoner-Universitaet-beugt-sich-dem-Shitstorm/forum-294999/list/
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 16, 2015, 10:03:42 AM
"Laurie Penny über Frauen: ,,Gönnen wir uns mehr Faulheit!""  Gisa Funck (16.06.2015)
...es gibt eine neue Art von Feminismus, der Leute zu besseren neoliberalen Subjekten machen und sie glauben machen will, Gleichberechtigung hieße, eine Karriere machen zu können, die Freiraum für Kinder lässt. Das mag wichtig sein. Aber dieser Feminismus geht nicht an die Wurzel der Diskriminierung. Er redet nicht über Verhütung, Abtreibungsrechte oder darüber, wie Arbeit verteilt ist. Er redet nicht über sexuellen Missbrauch, Rassen- und Klassenzugehörigkeit. Wenn wir alle wohlhabende weiße Frauen in Weltstädten sein könnten, wäre das okay. Aber so funktioniert keine echte Befreiung. ... Ich höre die Leute so viel von Work-Life-Balance reden. Aber Freizeit für Frauen meint dann eben nicht: Einfach mal allein vor dem Fernseher abhängen und sich Fussel vom Bauchnabel puhlen. Freizeit für Frauen meint: Babys. Oder sich um den Ehemann kümmern. Die meisten Frauen leben eine Work-Work-Balance. Ihre Arbeit ist irgendwie nie zu Ende. Warum gönnen wir uns nicht ein bisschen mehr Faulheit? Mehr Zeit für uns selbst? Ich denke, ich werde zu einer Revolution der faulen Frauen aufrufen! ...
http://www.tagesspiegel.de/kultur/laurie-penny-ueber-frauen-goennen-wir-uns-mehr-faulheit/11920018.html

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"Emanzipation von oben" Slavenka Drakulic (5. Juli 2015)
Wie die Frauen den Postkommunismus überlebten und ihnen das Lachen trotzdem verging. Der Kampf um Gleichberechtigung im west-östlichen Systemvergleich...
http://diestandard.at/2000018520976/Emanzipation-von-oben

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"Über gefährliche Witze" Harald Martenstein ( ZEITmagazin Nr. 29/2015 4. August 2015)
Als der Nobelpreisträger Sir Tim Hunt in Südkorea vor jungen Wissenschaftlerinnen gesprochen hat, begann er so ...
http://www.zeit.de/zeit-magazin/2015/29/harald-martenstein-scherze-witze

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"Brutale Drohungen im Internet: Hetze gegen Genderforscherinnen" 12.08.2014 (Sarah Schaschek)
Hasskommentare, Mordfantasien, Sexismus: Im Internet werden Wissenschaftlerinnen immer häufiger aggressiv bedroht. Besonders trifft es die Geschlechterforschung. Experten sehen dahinter eine generelle Ablehnung feministischer Ideen. ... Neu ist, in welch brutalem Ton Wissenschaftlerinnen angegriffen werden. Anfang Juli wurde eine Kasseler Soziologin auf Facebook bedroht, Kommentatoren hetzten gegen ihre Forschung und beleidigten sie persönlich. Die Professorin hatte 2012 ein sozialpädagogisches Buch für die Arbeit mit Jugendlichen veröffentlicht, in dem sie Methoden zur Diskussion von sexueller Vielfalt vorstellt. Als sie im Juni der ,,Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung" ein Interview dazu gab, wurden rechtskonservative Gruppen auf sie aufmerksam und posteten Mord- und Vergewaltigungsdrohungen. Ein Kollege aus der medizinischen Geschlechterforschung, der sich solidarisch zeigte und in seinem Blog zu einer respektvollen Diskussion mit aufrief, erhielt ebenfalls Hasskommentare. ... Die jetzige Vorsitzende der FG Gender, die Arbeitssoziologin Susanne Völker von der Universität Köln, hält die Aggression für einen Ausdruck sozialer Verunsicherung. ,,Arbeit wird prekärer, die eigene Position fraglich", sagt Völker. ,,Da fragen sich einige: Kann ich noch Familienernährer sein? Was bin ich sonst? Wissen wir noch, was Männer und Frauen zu tun haben?" Völker sieht keine ,,Massenstimmung" gegen die Gender Studies. Doch einzelne – ,,überwiegend Männer" – trügen ihre Unsicherheit über die Geschlechterfrage aus. Völker spricht, in Anlehnung an den Göttinger Soziologen Berthold Vogel, von der ,,nervösen Mitte". ...
http://www.tagesspiegel.de/wissen/brutale-drohungen-im-internet-hetze-gegen-genderforscherinnen/10318416.html


"Attacken auf die Geschlechterforschung: Das dubiose Gender" Sabine Hark, Paula Villa (17.12.2014)
Waren schon damals nicht wenige der Meinung, Feministinnen und Feministen trieben es zu weit mit ihrer Infragestellung der natürlichen Ordnung der Dinge, so gewinnen solche Stimmen jetzt wieder an Gewicht. Fast scheint es, als sei die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert allgegenwärtige Angst vor der ,,Feminisierung der Kultur" (Hannelore Bublitz) zurückgekehrt.
Seit Monaten drucken Feuilletons der bürgerlichen Presse offen misogyne, sexistische und auch homophobe Positionen. Besonders aber werden die Gender Studies diskreditiert: als ,,Exzess", als ,,Ideologie" oder als ,,Anti- bzw. Pseudowissenschaften", die (natur-)wissenschaftliche Tatsachen nicht zur Kenntnis nehmen und uns (?) allen ihre krude, realitätsfremde Ideologie aufzwingen wollen. ... ,,To allow women to be like men would be to risk men becoming like women" – ,,Erlaubt man Frauen, wie Männer zu sein, riskiert man, dass Männer wie Frauen werden", hat die US-amerikanische Historikerin Joan Scott für einen anderen Kontext bilanziert. Spricht aus der Diskreditierung der Gender Studies also tatsächlich nichts als die Angst vor Uneindeutigkeit? Die Kultur, das ,,Volk", die Familie, das Abendland, die Wissenschaft, ja selbst die Natur sind bislang allerdings nicht untergegangen an der wachsenden Einsicht darin, dass Gender wesentlich mehr und anderes ist als Eierstöcke oder Hoden. Daran wird sich auch zukünftig wenig ändern, selbst wenn die Gender Studies derart wichtig und einflussreich werden würden, wie ihnen unterstellt wird. ...
http://www.tagesspiegel.de/wissen/attacken-auf-die-geschlechterforschung-das-dubiose-gender/11128828.html


"Wir sind die Guten und kämpfen gegen ... die anderen Guten!" (1. September 2015)
Feminismus – Es gibt vier Themen, die hier zu maximalen Klickzahlen führen: Nazis, Piraten, Pazifismus und Feminismus. Gerade letzteres Thema ist immer wieder Gegenstand erbitterst, unsachlicher und ausuferndster Debatten, wie ich selbst leidlich erleben durfte. Umso froher bin ich, mit Katrin Rönicke eine ausgewiesene Expertin für einen zweiteiligen Beitrag gewonnen zu haben, der sich mit dem Verhältnis von Feminismus zu Netzfeminismus beschäftigt. Unlängst erschien ihr Buch ,,Bitte freimachen,,, ...
http://www.ruhrbarone.de/neues_vom_netzfeminismus/113027

"Kiezköpfe - Der Poet aus der Unterschicht" Interview: Ruth Wolter (2. September 2015)
Lothar Curth wurde in Kreuzberg geboren und lebt seit 1975 in Neukölln. 30 Jahre lang arbeitet er als Fitnesstrainer, danach schlägt er sich als Toilettenmann in Clubs durch und tritt bei Bodybuilding-Wettkämpfen an. Mittlerweile schreibt Lothar Curth Bücher über seine Erfahrungen in der Berliner Unterschicht. In ,,Man (n) wach auf!" gibt er Männern Tipps, die unter emanzipierten Frauen leiden. Außerdem verfasste er Gedichte über Frauen, Männer und die Liebe. Neuköllner ist er nicht gerne und genau deshalb ein Original. ...
http://www.neukoellner.net/kiezkoepfe/der-poet-aus-der-unterschicht/


"Sex, Macht, Gewalt und Moral" 18. Dezember 2014 von Despina Castiglione | 201 Lesermeinungen
Vorbemerkung: Beim letzten Beitrag der Gastautorin Despina Castiglione ging es auch um die delikate Frage, ob Männer neben sexuellen Dienstleistungen auch Macht über Frauen erwerben, und ob nicht gerade diese Macht ihr eigentliches Interesse ist. Daher habe ich, Don Alphonso, sie gebeten, doch einmal etwas zu dieser Machtkonstellation im Speziellen und im Allgemeinen der zwischenmenschlichen Beziehungen zu schreiben. Bitteschön: ...
" ... Das vertrackte an der ganzen Sache ist aber leider, dass von den Niederungen der Praxis im Ehebett oder auf dem Strich bis zur abgehobensten Metadiskussion unter geschlechtsbezogen teilzölibatär lebenden Akademikerinnen sich einfach nicht in Abrede stellen lässt, dass beide Aspekte, Macht und Sex, eine –mal mehr, mal weniger glückliche Liaison- eingehen. Gelegentlich spielen Erwerbs- und Existenzsicherungsdruck auch noch fröhlich mit, da wird es dann so richtig unschön. Und zwar im Privaten, wie im Geschäft.

Die Huren sind deswegen als Diskussionsteilnehmer nicht sonderlich geschätzt, weil sie genau diesem Spannungsfeld ihre Existenz verdanken, und damit symbolisch für gewisse Widersprüchlichkeiten stehen, vor denen manch eine/r lieber die Augen verschließen möchte. Im Privaten kann man das ganze Elend nämlich so schön verdrängen, und wenn es wirklich ätzend wird, geht man zur Paartherapie, sucht sich endlich den Partner fürs Leben oder schleicht dann doch heimlich in irgend ein zwielichtiges Etablissement, in dem die Huren verständnisvoll lächelnd schon warten.

Ich meine, dass einem also in diesen Fragen die Moral nicht weiter hilft. Das Problem ist universell, als dass es sich durch ein so simples Konstrukt lösen ließe, und zeigt sich im privaten Bereich nur in einem anderen Gewand als beim Bezahlsex. Und um ehrlich zu sein, ich möchte nicht diejenige sein, die abzuschätzen hat, wo mehr schmutzige Wäsche zu waschen ist. Ich glaube, dass viel von dem, was wir ganz praktisch an Missständen in der Prostitution sehen, aus persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen gespeist wird. Macht, Abhängigkeit, Liebe, Geld. Keine gute Mischung, weder im Rotlicht, noch auf dem Standesamt. ..."
http://blogs.faz.net/stuetzen/2014/12/18/sex-macht-gewalt-und-moral-4812/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 17, 2015, 02:08:23 PM
We are a group of migrant and refugee women coming to Germany from former colonised countries. We take this shared experience as an important base on which we can imagine and shape our futures once in Fortress Europe.
The International Women Space was born as a group inside the refugee occupation of the former Gehart-Hauptmann School in December of 2012. The story of this occupation begun with the suicide of Mohammad Rahsepar, an iranian who was seeking asylum in Germany and hung himself in a Heim in Würzburg, Bavaria. After this tragical death, a group of refugees from the same area decided to protest by marching more than 600 kilometers from Würzburg to Berlin.
For us women of the International Women Space the whole process of leaving the house and imagining how to continue in another place was hard. It was not only the question of finding a new place, but more important: to re-channel our energies to ourselves as migrant and refugee women, as women of colour, as third-world feminists in full agreement with Audre Lorde "For the master's tools will never dismantle the master's house."...
https://iwspace.wordpress.com/

Diaspora Reflektionen
https://diasporareflektionen.wordpress.com/

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"Femen's topless condescension towards Muslim women only helps sexism" Susan Carland ()
In an old parable, some people gather in a dark room in which there's an elephant. They're asked to describe it. One, who can touch only the elephant's trunk, argues the elephant is like a tree branch. The one who can only feel its tail claims the elephant is like a rope. The people begin to argue amongst themselves about what is correct, and the parable reveals its wisdom when someone lights a candle and all see the elephant – and their incomplete perception – for what it really was.  Such judgements, that are as adamant as they are ignorant, are nothing new to humanity. But they play out with startling frequency when discussing Muslim women.
The latest antics of Femen at a French Muslim conference allegedly discussing wife-beating and proper womanly pursuits are a case in point. Running on stage in front of the two shocked male speakers after tearing off the abayas they had worn as a disguise, they stripped to the waist with slogans such as "I am my own prophet" and "no one subjugates me" scrawled across their naked torsos. They then shouted at the crowd until they were forcibly removed by security.
What is most troubling about this event is not the outrageously condescending attitude of Femen, nor the reported appalling sexism of the some of the Muslims involved: it is that these two voices are once again propped up as the only two in the conversation. It is as if one can only be either a Muslim who loves misogyny as a religious duty, or an orientalist feminist who hates Islam. There is no other option. ...
http://www.theguardian.com/commentisfree/2015/sep/16/femens-topless-condescension-towards-muslim-women-only-helps-sexism

"Protest: Frauenfeindliche FEMEN" Dr. Milena Rampoldi (09/2015)
FEMEN-Aktivistinnen haben in Frankreich die Bühne einer islamischen Veranstaltung gestürmt. Dr. Milena Rampoldi schreibt über den Protest der FEMEN-Aktivistinnen und was sie von dem Frauenbild im Islam lernen können. ... Der Zwischenfall, der sich am letzten Samstag, in Pontoise, im Norden von Paris während eines muslimischen Kongresses über Frauenrechte abspielte, ist vielen bereits aus den Medien bekannt. Zwei arabische Aktivistinnen von FEMEN, die sich Jihadistinnen nennen, die auf einer Sklavereiparty auftreten, sprangen auf die Bühne zogen sich aus, um Slogans wie ,,Ich bin mein eigener Prophet" oder ,,keiner wagt es, mich zu unterdrücken" auf ihrer nackten Haut zu zeigen. ... FEMEN identifiziert ganz einfach den Islam mit dem islamophoben (misogynen) Diskurs über den Islam und klammert den Islam und die Frauen im Islam vollkommen aus. Die Frauen gelten als segregiert, als Opfer von Männergewalt und Ausgrenzung und kommen aber, im vollkommenen Widerspruch dazu, nur als Objekt dieser Segregation und somit stimmlos und unsichtbar im extremistisch-feministischen Diskurs des Westens vor, der nur in eine Richtung weist: und zwar gegen den wahren Feminismus, der die Frau als Subjekt und selbstbewusstes Geschöpf und nicht als Objekt des westlichen, islamfeindlichen Orientbildes sieht. ...
http://www.islamiq.de/2015/09/19/frauenfeindliche-femen/

"Entblößte Femen-Aktivisten stürmen Islam-Konferenz"
HuffPost France, Veröffentlicht: 14/09/2015 09:50 CEST
Auf der Bühne riefen die Frauen Parolen auf französisch und arabisch, die auch auf ihre Brust geschrieben waren: "Niemand unterwirft mich, ich bin mein eigener Prophet." Eine Femen-Sprecherin sagte, dass die Frauen algerischer und tunesischer Herkunft seien. ... In dem Saal sollen Männer gerufen haben "Dreckige Huren, wir müssen sie töten." Im Vorfeld hatte es bereits eine Petition gegeben, die umstrittene Konferenz zu verbieten. Es wurden fast 6000 Unterschriften auf der Seite change.org gesammelt.
Der Organisator der Petition verurteilte die Anwesenheit fundamentalistischer Prediger, die dafür bekannt seien, die Zwangsehe und die Unterwerfung von Frauen zu rechtfertigen. Femen erklärte die Aktion so:
Bei der Konferenz werde gelehrt, "dass Frauen fügsam und schweigsam sein sollen, ihrem Ehemann selbstlos dienen sollen, dass sie nie antworten und die Zwangsehe akzeptieren sollen. Sie sollten der Hund, der Esel oder die Hälfte des Mannes werden, sie sollen ein Objekt sein und nicht denken - kurz gesagt sollen sie auf ihren Status als Mensch verzichten und verschwinden." ...

http://www.huffingtonpost.de/2015/09/14/femen-aktivisten-stuermen-islam-konferenz_n_8132134.html

...


"Feminismus: "Plötzlich wird überall das Patriarchat entdeckt"" Sabine Hark  im Interview von Frida Thurm (14. Oktober 201)
Sollten Feministinnen zur Flüchtlingsdebatte beitragen? Unbedingt, sagt die Soziologin Sabine Hark. Sie wehrt sich gegen falsche Mitstreiter und angebliche Luxusprobleme.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/feminismus-fluechtlinge-dare-the-impossible

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"Persönlich, lebendig – und streitbar. Perincioli über die Westberliner Frauenbewegung" von Julia (Montag, 26. Oktober 2015)
Christina Perincioli, Filmemacherin, lesbisch-feministische Aktivistin der ersten Stunde, rollt in ihrer Buchveröffentlichung die ersten Jahre der Westberliner Frauen- und Lesbenbewegung auf, von 1986 bis zur Gründung des Berliner Frauenzentrums 1973. Es ist ein persönlicher, spannender und durchaus streitbarer Ritt durch die bewegten Anfangsjahre. ...
http://maedchenmannschaft.net/persoenlich-lebendig-und-streitbar-perincioli-ueber-die-westberliner-frauenbewegung/

http://maedchenmannschaft.net/series/die-feministische-bibliothek/

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"Modern Educayshun"
The follow up to #Equality, Modern Educayshun delves into the potential dangers of our increasingly reactionary culture bred by social media and political correctness. Written and Directed by Neel Kolhatkar, Instagram & Twitter @neelkolhatkar
https://www.youtube.com/watch?v=iKcWu0tsiZM

QuoteUNCLE CHOPPER vor 2 Tagen
this is a horror show lol

QuoteDino Con vor 13 Stunden
I give it 10 George Orwells out of 10!

Quote
Alejandra Jiménez vor 2 Stunden
the question is are we far of that reality? we must be worried

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"Was einmal überholt schien" Andrea Roedig (11.11.2015)
Als ich mich vor einiger Zeit auf einer Podiumsdiskussion zu Pornografie über blöde Männer lustig machte, wurde ich vom sehr jungen Publikum scharf zurechtgewiesen. Feminismus heiße, niemanden auszuschließen. Diese Definition ist ungefähr das Gegenteil dessen, was früher als politische Strategie für Frauenräume galt. Die alte feindliche Opposition Mann/Frau ist zu einfach, das ist klar. Aber warum ist Inklusion jetzt zum offenbar unhintergehbaren Gut aufgestiegen?...
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/was-einmal-ueberholt-schien-1

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"Bildungsdebatte: ,,Unsere Schule schadet den Jungs"" Lydia Rosenfelder (09.11.2015)
Still sitzen ist nix für richtige Kerle, findet die Lehrerin Birgit Gegier Steiner. Es muss im Unterricht mehr getobt werden.
Sie meinen, dass wir seit 1968 vor allem die Mädchen fördern. War die konservative Erziehung davor denn mehr im Sinne der Jungen?
Birgit Gegier Steiner: Ja. Es herrschte ein anderer Charakter von Disziplin. Ich selbst saß noch in einem Klassenzimmer mit vierzig Kindern. Da war Ruhe. Die Inhalte waren in Grundschulbereich kaum anders als heute. Aber es gab klare Strukturen, Regeln wurden stringenter durchgehalten. Und die Männer als Lehrer waren präsenter. ...
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/bildungsdebatte-unsere-schule-schadet-den-jungs-13900099.html

QuoteAbsurd biologistischer Ansatz.
Elisabeth Reinhardt  4  (celisa) - 10.11.2015 10:31
Verhaltensunterschiede zwischen Kindern wie hier im Artikel mit der Höhe des Testosteronniveaus erklären zu wollen, ist absurd. Es gibt schon lange Untersuchungen, die belegen, daß bereits Babies je nach Geschlecht unterschiedlich behandelt werden. Die je nach Geschlecht erwarteten Rollen und Verhaltensweisen werden Kindern immer noch sehr deutlich gemacht, nach eigenem (Mit-)Erleben. Ausserdem: a)Bewegungsmangel betrifft alle Kinder ungünstig. b)In meiner GrundSchulzeit haben Jungen UND Mädchen in den Pausen alle fast nur Tobe-, Renn- und Bewegungsspiele gespielt. c)In der Geschichte westlicher Schulbildung UND Erziehung wurden Kinder stets wesentlich strenger diszipliniert und restringiert als heute. Im Unterricht absolutes Stillsein/Gehorsam. Das hat funktioniert, aber HEUTE jammern alle. Die genannten Probleme kommen mEn zustande durch stark überprotektive,aber beim Verhalten kaum noch Grenzen setzende Eltern und einer nicht mehr kindgerechten Freizeitgestaltung.


Quote@Fr. Reinhardt Was absurd ist....
Folgen
Stefan Haenel  2  (Supersp...) - 10.11.2015 11:14
...ist ihr Versuch, mehrere wissenschaftliche Studien, die u.a. (pränatales) Testosteron als einen wichtigen Faktor bei der Ausbildung geschlechtsspezifischer (Verhaltens-)Merkmale ausgemacht haben, vom Tisch zu wischen. Als Vater zweier Kinder unterschiedlichen Geschlechts kann und muß ich immer wieder feststellen, daß es Unterschiede gibt - und die haben ihren Ursprung nicht in einem blauen oder rosa Strampler. Falls Sie mehr über die evolutionären und genetischen Einflüsse auf die Geschlechter erfahren wollen, empfehle ich Ihnen den Übersichtsartikel "Übersicht: Evolution, Evolutionäre Psychologie und Partnerwahl" im Blog "Alles Evolution". Speziell der dort aufgeführte Punkt 5 (Kinder/Jugend/Spielen) und Punkt 6 (Hormone) dürfte hier interessant sein.


QuoteSchön, das es eine Frau gesagt hat...
Berthold Grabe  44  (BGrabe02) - 09.11.2015 17:44
Folgen
ein Mann würde nur als reaktionär gelten. dabei beschreibt das Buch nur die schlichte Wahrheit über eine Bildungs- und Gesellschaftspolitik, die ihre alte Ignoranz gegen eine neue getauscht hat und glaubt das sei Fortschritt. Das das Interview geschickt die ideologischen Fallstricke vermeidet ist ein zusätzlicher Pluspunkt. Wobei sich jeder vernünftig denkende Mensch auf diese Ideologien trotzdem seinen Reim machen kann...


QuoteWie kann das sein?!
Michael Hartmann  (Staatsb...) - 09.11.2015 17:41
Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen sind doch, wie allgemein bekannt ist, nur anerzogen und haben rein gar nichts mit der Biologie zu tun.

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"Gender Mainstreaming Jahresabschluss-Quiz: Wer hat's gesagt?"
Weil in diesem und in den Jahren zuvor soviel Irreführendes zu Gender Mainstreaming zu lesen war, bieten wir zum Jahresende ein Ratespiel an. Das erweitert hoffentlich den Horizont für das Jahr 2015.
Bitte ordnen Sie die unten stehenden Aussagen den folgenden Quellen zu:
a) AfD      b) NPD     c) Pegida     d) F.A.Z.
...
http://genderbuero.blogspot.de/2014/12/gender-mainstreaming-jahresabschluss.html

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 12, 2015, 11:11:08 AM
"Hashtag #ichkaufdasnicht bei Twitter" Robert Klages (11.11.2015)
Sexismus-Vorwurf wegen Motiven auf Müllermilch-Flaschen - Müllermilch versucht es mit Pin-Up-Girls. Auf den neuen Flaschen der Weihnachtsedition sind leicht bekleidete Frauen zu sehen, im Stile der Pin-Up-Girls aus den 50er Jahren. Der Sexismus-Vorwurf ließ nicht lange auf sich warten. Auf Twitter beschweren sich Nutzer unter dem Hashtag #ichkaufdasnicht über die neue Aufmachung der Milch der Molkerei Alois Müller. So twittert zum Beispiel jemand, die Molkerei versuche mit ihren "sexistischen Fläschchen" offenbar "so viele Frauen wie möglich zu beleidigen".
Und es geht nicht nur um Frauenfeindlichkeit: Auf der Sorte Schoko trägt eine dunkelhäutige Frau - von Müllermilch ,,Sharon Sheila Schoko" genannt - ein Stück Schokolade auf dem Schoß. "Rassistisch und sexistisch. Für dieses Verpackungsdesign gibt es keine Entschuldigung. Müllermilch, kein Wunder", schreibt ein Nutzer. Auf Twitter wird auch vermutet, dass Müllermilch das ganze provozieren, einen Shitstorm im Interesse das Unternehmens beabsichtigen würde - denn schließlich bringe eine Empörungswelle in den sozialen Netzwerken viel Aufmerksamkeit für ein Produkt. Gesehen hatte die Flaschen der Journalist Marc Bourkel in einem Supermarkt in Luxemburg. Von der Unternehmensgruppe Theo Müller, zu der Müllermilch gehört, heißt es: ,,Letztendlich reine Geschmackssache, die nicht überinterpretiert werden sollte." Nach Angaben des Unternehmens sind die zeitlich begrenzt erhältlichen Motive beliebte Sammelmotive. Die Weihnachtsedition hat gerade erst die Halloween-Motive abgelöst. Die Aufregung kann Müllermilch nicht nachvollziehen. ...

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/hashtag-ichkaufdasnicht-bei-twitter-sexismus-vorwurf-wegen-motiven-auf-muellermilch-flaschen/12573786.html

Quotevon aviatiker
    11.11.2015 19:40 Uhr

Gelassenheit (Ein bisschen) Gelassenheit ist nicht der Deutschen Ding ...
Eine franzoesische Freundin nennt die Deutschen "Stone Faces" ...


Quotevon Dach
    11.11.2015 21:45 Uhr

Spiegel der Seele

Der Designer hatte offensichtlich nicht Müllermilch, sondern etwas anderes im Kopf.


Quotevon frittzzthecat
    11.11.2015 19:22 Uhr

Oh, meine Göttin...
das ist doch kaum zu glauben.

Ein seniler rechtskonservativer Firmenpatriarch (ich glaube er ist noch aktiv in dem Konzern) lässt sich etwas von einer Werbeagentur aufschwatzen und die Zielgruppe läuft dann auch gleich los und erhöht die Aufmerksamkeit auf das Produkt.

Kostenlose Werbung mit Unterstützung von gut meinenden PC-Verfechtern.


Quotevon JSommerfeld
    11.11.2015 22:05 Uhr

super

Kauf ich! Nicht wegen des Inhalts! Schlau von denen. Bessere Werbung als Empörte gibt es kaum. Glückwunsch an die Marketingabteilung.


Quotevon 13ryce
    12.11.2015 08:41 Uhr

overkill
Gleichzeitig sexistisch, rassistisch, andeutungsweise pornographisch (bei entsprechend verdorbener Fantasie) und dann auch noch ein Milchprodukt, welches wegen der Milch naturgemäß mit der weiblichen Brustdrüse in Zusammenhang steht, aber gleichzeitig das Harmloseste ist, was man sich vorstellen kann, das ist so ein Overkill der political correctness, dass es fast schon wieder gut ist. Wenn sich Afrikanerinnen und nicht nur Berufsempörte durch die Werbung verletzt fühlen sollten, wäre es allerdings richtig, die Kritik zu veröffentlichen.


Quotevon santacruz
    12.11.2015 08:00 Uhr

Bedeutung..
...mir fällt auf: viele selbst akademisch gebildete Männer verstehen das Wort "Sexismus" nicht wirklich, geschweige denn sind sie in der Lage dies gefühlsmässig zu erfassen und bestimmten Abbildungen zuzuordnen. Zugegeben: das Wort ist auch wirklich überreizt.

Gut: dann ersetzen Sie einfach das Wort Sexismus mit nicht un erheblicher Respektlosigkeit ( in diesem Fall gegenüber Frauen), vielleicht wird dann klarer was gemeint sein könnte.

Respekt und Wertschätzung anderer ( in diesem Fall Frauen) sollte zum Einmaleins eines Menschen gehören. Soweit ich gehört habe gehören da auch Männer dazu. Nichts für ungut!:-)


Quotevon Gneisenau
    11.11.2015 17:52 Uhr

Eine schöne Geste
der Völkerfreundschaft, in dem junge, selbstbewußte Frauen den Friedenstrunk -Milch- wohlfeil präsentieren, ohne Rücksicht auf lustfeindliche Klerikale aller Couleur!

Ich erinnere mich immer gerne an das schöne Pausenbild des DDR-Kinderfernsehens, hier hat man wohl etwas abgekupfert?

http://1961.dra.de/typo3temp/pics/36e99d1f9f.jpg


Quotevon Doppelemm
    11.11.2015 17:42 Uhr

Hier zur Überprüfung:

CHECKLISTE: Kennzeichen frauenfeindlicher Werbung (Es können ein oder mehrere Merkmale zutreffen.)


1. Frauen werden im Bild oder Text auf bestimmte Rollen
(Hausfrau, Verführerin) oder Eigenschaften (dumm, passiv) reduziert.

2. Bilder oder Texte beleidigen Frauen als Gruppe
und stellen sie in abwertender Weise dar.

3. Es werden gesundheitsschädigende Schönheits- oder
Schlankheitsnormen propagiert, die Frauen beeinflussen. ...

4. Frauen werden als Objekte, als sexueller Körper ohne
Persönlichkeit definiert. Die sexuelle Verfügbarkeit der Frauen
wird signalisiert und damit die Käuflichkeit wie das Produkt.

5. Das sexualisierte Darstellen der Frau oder Reduzierung
auf bestimmte Körperteile hat keinen Zusammenhang mit
dem Produkt und dient nur als Blickfang.

6. Das Verhältnis von Frauen zu Männern ist in Bild
oder Text geprägt von Abhängigkeit und Unterwürfigkeit.


Mehr zum Lesen/Ansehen

http://frauenrechte.de/online/index.php/themen-und-aktionen-2/frauenfeindliche-werbung/checkliste


Quotevon prokrastes
    11.11.2015 19:39 Uhr

Antwort auf Doppelemm vom 11.11.2015 17:42 Uhr
Diese Checkliste
... ist so schwammig formuliert, daß sie bei jeder Abbildung eines Menschen genügt, die es ermöglicht, Vermutungen über das Geschlecht anzustellen.

Da ist eine Frau abgebildet - Check!
Da ist eine Frau abgebildet, ohne daß ihr erkennbar das Attribut IQ > 130 angehängt wird, oder ohne daß ihr das Attribut "rettet gerade das Universum" oder "kämpft im heroischen Kampf für die Rettung der Streifenbauchunke" angehängt werden kann - Check!
Die Frau könnte von irgendwem attraktiv gefunden werden - Check!
Da ist eine Frau, aber kein Mann abgebildet - Check!
Da ist eine Frau so abgebildet, daß man Vermutungen über ihr Alter anstellen kann - Check!
Da ist eine Frau abgebildet, die vermutlich weniger als 150 kg wiegen könnte - Check!

Damit wird die eigentliche ernstgemeinte Intention komplett ins Absurde geführt, denn es gibt tatsächlich "sexistische" Reklame. Aber nicht alles, auf dem eine als Frau erkennbare Frau abgebildet wird, ist automatisch "sexistisch", "erniedrigend" oder sonstwas.

Leute, kommt zurück auf den Teppich!


Quotevon santacruz
    11.11.2015 17:16 Uhr

Sexismus..
..ja nun ja...hier wird jetzt gemeckert.

Und in den Nachrichten gestern Abend und heute Morgen laufen begeisterte Berichte von der "Victorias Secret"- Show bei der schöne Frauen nur sexy Unterwäsche und Schmetterlingsflügel tragen.

Ich sehe da den Unterschied zu diesen Bildchen nicht wirklich.
Hauptsache : schöne Frau in nettem "Schlüppi".

Schön anzusehen. Und natürlich sexistisch- aber vor allem deswegen weil das männliche Pendant in Unterwäsche bei beiden Aktionen fehlt.

Also wenn dann eben alle halbnackt, dann wird ein Schuh draus!


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 01, 2015, 10:13:19 AM
"Hirnforschung : Das Gehirn hat kein Geschlecht" (30. November 2015)
Menschliche Gehirne lassen sich nicht einfach in männlich und weiblich einteilen. Obwohl Unterschiede bestehen, besitzen die meisten Menschen ein Mosaik aus weiblichen und männlichen Anteilen. Das berichtet ein Forscherteam aus Israel, der Schweiz und Deutschland in einer neuen Studie.  ... Zu einem anderen Ergebnis kamen 2013 allerdings US-Forscher um Madhura Ingalhalikar von der University of Pennsylvania. Sie hatten die Verknüpfungen im Gehirn bei Männern und Frauen genauer untersucht und festgestellt, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. So besäßen Frauen in weiten Teilen des Gehirns besonders viele Kontakte zwischen den beiden Hirnhälften, während Männer mehr Verknüpfungen innerhalb der jeweiligen Gehirnhälften hätten. ...
http://www.zeit.de/wissen/2015-11/hirnforschung-studie-gehirn-maennlich-weiblich

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"Die Traktoristin ist jung und überschreitet Geschlechtergrenzen"
Interview - Tanja Paar (16. Dezember 2015 - derstandard.at)
Käthe-Leichter-Gastprofessorin Dietlind Hüchtker über Jugend, Geschlecht und Populärkultur im polnischen Sozialismus STANDARD: Sie forschen zur Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas, insbesondere zur Geschlechter- und Kulturgeschichte. Warum haben Sie für Ihre Antrittsvorlesung zur Käthe-Leichter-Gastprofessur gerade das Beispiel Polen gewählt? ...
http://derstandard.at/2000027532329/Frauen-im-Sozialismus-Sie-ist-jung-und-ueberschreitet-Geschlechtergrenzen

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In der Silvesternacht 2015/2016 kam es in Köln im Bereich Hauptbahnhof-Kölner Dom zu zahlreichen sexuellen Übergriffen auf Frauen durch Gruppen junger Männer vornehmlich aus dem nordafrikanisch/arabischen Raum. In vielen Fällen wurden sowohl Sexual- als auch Eigentumsdelikte und Körperverletzungsdelikte verübt. Aus weiteren deutschen und europäischen Städten wurden ähnliche Vorfälle berichtet. Die Übergriffe erfuhren große nationale und internationale Beachtung. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_%C3%9Cbergriffe_in_der_Silvesternacht_2015/16

"Leserinnen über sexuelle Übergriffe - Hey, lass das!"
Die Ereignissen in der Silvesternacht rund um den Hauptbahnhof in Köln führten zu großer Empörung, weil die sexualisierte Gewalt, der Frauen dort ausgesetzt waren, mit der Herkunft der möglichen Täter verknüpft wurde – und damit auch mit dem Flüchtlingsdiskurs. Als wären Frauen in Deutschland bis zum 31. Dezember 2015 sicher gewesen auf der Straße. Dass so darüber berichtet wurde, bestätigt, dass sexuelle Übergriffe von denen, die jetzt empört sind, vorher kaum als Gewalt erkannt wurden. ...
http://www.taz.de/Leserinnen-ueber-sexuelle-Uebergriffe/!5267443/

"Debatte Neuer Feminismus - Auf der Kippe" Kommentar von Charlotte Wiedemann (01/2016)
Seltsame Allianzen gibt es nach der Kölner Silvesternacht. Gegen (antimuslimischen) Frauenhass hilft aber nur ein neuer Feminismus. ... Frauen, die eine falsche Meinung äußern, werden im Netz mit Gewaltfantasien überschwemmt. Gruppenvergewaltigung als Erziehungsmittel, wenn du nicht einstimmst in den anti-islamischen Sound. Eine Frau, die vom Kölner Hauptbahnhof berichtete, sie sei von arabisch aussehenden Männern respektvoll behandelt worden, muss sich anhören: Weil du zu alt und zu hässlich bist, du Schlampe. So kommt das massenhaft jetzt. ...
http://www.taz.de/Debatte-Neuer-Feminismus/!5267165/


"Köln und sexualisierte Gewalt weltweit - Der Grapscher in meinem Haus" Elisabeth Lehmann (18. 1. 2016)
Mit einem Text über Köln kann man sich nur unbeliebt machen. Unsere Autorin probiert es trotzdem: Sie ist mit einem ,,Nordafrikaner" zusammen. ... Vielleicht sollte ich es lassen, diesen Text zu schreiben. Es kann nur schiefgehen. Er wird mir um die Ohren gehauen werden. Von allen Seiten. ...
http://www.taz.de/Koeln-und-sexualisierte-Gewalt-weltweit/!5266164/

QuoteAlbrecht Pohlmann
18. Jan, 21:46

Danke, Frau Lehmann, Ihr Text ist großartig! Er ist konkret, mit eigener Erfahrung gesättigt, einfühlsam, dem "Umgang mit Menschen" gewidmet. Er hebt sich damit wohltuend von all diesen verallgemeinernd-unwissenden Artikeln und Kommentaren ab, die uns seit "Köln" überfluten. Die alle reflexhaft bedienen, wovon die jeweilige Gruppe eh schon vorher überzeugt gewesen war. Ohne Kenntnis einzelner Menschen.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 31, 2016, 04:02:24 PM
"Mama, die Macho-Macherin" Ein Gastbeitrag von Joumana Haddad (31. Januar 2016 DIE ZEIT Nr. 3/2016, 14. Januar 2016)
Manche Mütter geben ihren Söhnen von klein auf das Gefühl, sich alles erlauben zu können. So erziehen sie ihre Jungs zu gewalttätigen und frauenverachtenden Männern. ...
http://www.zeit.de/2016/03/erziehung-maennlichkeit-islam-mutter-macho

Quotecoldplay #4

... Im Sinne der Gleichberechtigung frage ich mich, wie Väter ihre Töchter zu männerverachtenden Frauen erziehen.


Quoter.schewietzek #4.3

... ein Vater, der seine Töchter zu Prinzessinnen erzieht, erzieht sie zur Unselbständigkeit (mag zwar liebevoll gemeint sein, ist aber trotzdem völlig falsch); ein Vater, der seine Frau verächtlich behandelt, erzieht seine Töchter zur Angst und Demütigung; ein Vater, der seine Tochter liebevoll erzieht und ihr zur Seite steht, wird in den Augen der Tochter immer ein gutes Beispiel sein.
Ganz davon abgesehen - auch die Umwelt wirkt auf Jungen wie Mädchen ein. Das Fernsehen z.B. vermittelt Rollenbilder, Bücher vermitteln Rollenbilder, andere Familien vermitteln Rollenbilder, die Schule vermittelt Rollenbilder. Wenn eine Frau Sie verachtet, sollten Sie vielleicht mal Ihr Rollenbild überprüfen, wie frau sich zu verhalten hätte, und Ihr eigenes Verhalten sowieso. Frauen, die bestimmte Männer nicht mögen, haben dafür im Allgemeinen Gründe.


QuoteWolfgangL. #5.1

"Machoverhalten ist beim Menschen nicht angeboren, sondern anerzogen."
Auf die Idee kann man auch nur kommen, wenn man sich ausschließlich auf die unpräziseste der wissenschaftlichen Disziplinen stützt: Der Soziologie.
Man kann einen Menschen durchaus so konditionieren, dass er seine Natur ignoriert, daraus den Schluss zu ziehen, dass dieses Verhalten dann nicht angeboren ist, zeugt höchstens von wissenschaftlicher Kurzsichtigkeit.


Quotesandor clegane #5.2

Oh, ist das Macho-Gen jetzt doch wissenschaftlich korrekt und unwiderlegbar gefunden? ...


QuoteWolfgangL. #5.3

Meine Aussage war keineswegs ein klares Statement dafür dass es definitiv ein Machogen gibt. Es gibt aber de facto keinen Beweis dafür dass dieses Verhalten ausschließlich anerzogen ist (Aussage von atech). Und nichts anderes steht im meinem Beitrag auf den Sie sich beziehen. Es gibt aber zumindest in der Tierwelt ganz klare Belege für deutlich unterschiedliches Verhalten zwischen Männchen und Weibchen.
Natürlich können Feministinnen leugnen, dass auch Menschen Tiere sind...
Da finden sie sich dann in guter Gesellschaft mit den Kirchen zu C. Darwins Zeiten wieder. Auch die haben auf Basis ihrer "unfehlbaren" Ideologie versucht all jene zum Schweigen zu bringen, die solche Blasphemie verbreiteten.


Quotetriple-o-eight #11

Seit Jahren feiert der Alpha-Mann ein Comeback. Der Softie-Frauenversteher hat ausgedient, und das ist kein Zufall. Denn die weiblichen Selektionskriterien befördern den Erfold des erstgenannten und den Misserfolg des letzgenannten Männertyps. Es sind eben nicht nur andere Männer oder die Eltern, die "softe" Jungs auslachen, sondern auch - und das ist das entscheidende - die Frauen!
Als Frauenversteher hat man schlichtweg keinen (sexuellen) Erfolg bei Frauen, weil man nicht sexuell attraktiv auf sie wirkt. Und unsere Gene sind nicht darauf prgrammiert, harmonisch miteinander zu leben, zu schaffen, sondern uns fortzupflanzen.
Ich bin selbst von einer feministischen Mutter erzogen worden die versuchte, mir jede Männlichkeit abzutrainieren, und zu einem Softie zu machen. Ich musste daher erst von der Pieke auf lernen, wie man erfolgreich bei Frauen ist. Es war ein harter Weg. Und ich kann heute ehrlich sagen: Das größte Verbrechen, das Eltern an ihren Söhnen verüben können, ist, sie zu Frauenverstehern und Softies zu erziehen.

QuoteBastetqueen #11.1

Es gibt allerdings auch eine Alternative zu Softie oder Macho. Männer, die einfach verantwortungsvoll auf gleicher Augenhöhe mit Frauen umgehen, Frauen als Partnerin wertschätzen und einfach ganz normale Menschen sind.

Liebe Grüße, Bastetqueen


QuotePeterStein #11.2

Sie Ärmster! Wer ist denn Ihrer Meinung nach "erfolgreich bei Frauen"? Wer die meisten ins Bett kriegt? Oder wer erfüllte lange Beziehungen pflegt?
Es sind immer zwei Seiten in einer Beziehung (egal ob Homo- oder Heteromenschen) und es gibt sowohl unter Männern wie auch Frauen bindungsunfähige, die es nie zu mehr als kurzzeitigen "Affären" bringen - es sei denn, sie reifen und werden erwachsen.
Da in den letzten Jahrzehnten Frauen immer selbständiger wurden und immer weniger auf den "Ernährer und Hausvater" angewiesen sind, können die labilen und vor allem auf Abhängigkeit begründeten Ehen immer weniger von Dauer sein - deshalb die zunehmenden Trennungsraten. Da hilft es nicht mehr, den Macho herauszukehren.
Und noch ein Seitenheib auf die Kulktur- und Religionstheoretiker: Es ist noch nicht lange her, dass z.B. Sizilianer in Deutschland mit "Ehrenmorden" auffielen und dass in Italien ein Gesetz aufgehoben wurde, das bei Tötung aufgrund verletzter "Ehre" erhebliche Strafmilderung erlaubte.


QuoteChristianBW #11.3

Völlig richtig, und das war bei meinen Großeltern absolut der Fall. Absolute Augenhöhe von Mann und Frau, trotz natürlich etwas unterschiedlicher Rollenaufteilung und anderweitiger Gesetzeslage auf dem Papier. Da war die Ehe natürlich auch eine Arbeitsteilung und Wirtschaftsgemeinschaft. Ja da hatten Frauen viel Verantwortung und kaum zu glauben, sehr viel zu sagen, eine meiner Omas dominierte und bestimmte quasi die ganze Großfamilie. Während des Krieges "regierte" sie einen Handwerker- und Bauernhaushalt, zusammen mit den Kindern immerhin ca 20 Leute. Und auf den Dörfern in meiner Heimatregion war es lange üblich, dass die Frauen wesentlich die Finanzen mitbestimmten. Ich bleibe dabei viel was heute verbreitet wird, ist Legende und macht Frauen erst zum schwachen Geschlecht bzw. drängt sie in die benachteiligte Opferrolle.




QuoteA.Vomberg #15

Männliches Verhalten und Frauenverachtung sind nicht das selbe!
Das hört sich alles gut und vernünftig an und ist schön zu lesen.
Da steckt auch viel Wahrheit drin, aber man sollte im Umkehrschluss nicht glauben, dass die Erziehung für alles verantwortlich ist.
Es gibt auch Jungen, die viel Spaß an körperlichen Auseinandersetzungen haben obwohl(!) ihre Eltern sich alle Mühe geben ihnen klar zu machen dass sie brav sein sollen und sein Verhalten sanktionieren.
Dass der Fehler nicht unbedingt bei den Eltern liegt sieht man dann, wenn der zweite Sohn kein aggressives Verhalten an den Tag legt.
Ich halte den Versuch den Aggressionstrieb zu unterdrücken auch für gefährlich und teilweise kontraproduktiv.
Was unser Gesellschaft fehlt ist ein anerkannter, akzeptierter Rahmen um ihn sozialverträglich auszuleben.
Früher war es ein Zeichen von Gesundheit wenn Jungens auf dem Pausenhof gerauft haben, heute wird das als Verhaltensstörung behandelt.
Bis zu zehnten Klasse gibt es oft nur weibliche Lehrkräfte und die versuchen dann irgendwie brave Mädchen aus den Jungen zu machen, auch weil die leicht zu handhaben sind.
Wenn der Junge dann auch noch eine alleinerziehende Mutter hat, dann wächst er praktisch nur mit weiblichen Rollenvorbildern auf, was absolut unnatürlich und ungesund ist.
Die Alternative zum frauenverachtenden Macho ist ganz sicher nicht das frauenverstehende Weichei, denn darauf haben die Frauen in Wahrheit keine Lust.

...

A.Vomberg #15

Männliches Verhalten und Frauenverachtung sind nicht das selbe!

Das hört sich alles gut und vernünftig an und ist schön zu lesen.
Da steckt auch viel Wahrheit drin, aber man sollte im Umkehrschluss nicht glauben, dass die Erziehung für alles verantwortlich ist.
Es gibt auch Jungen, die viel Spaß an körperlichen Auseinandersetzungen haben obwohl(!) ihre Eltern sich alle Mühe geben ihnen klar zu machen dass sie brav sein sollen und sein Verhalten sanktionieren.
Dass der Fehler nicht unbedingt bei den Eltern liegt sieht man dann, wenn der zweite Sohn kein aggressives Verhalten an den Tag legt.
Ich halte den Versuch den Aggressionstrieb zu unterdrücken auch für gefährlich und teilweise kontraproduktiv.
Was unser Gesellschaft fehlt ist ein anerkannter, akzeptierter Rahmen um ihn sozialverträglich auszuleben.
Früher war es ein Zeichen von Gesundheit wenn Jungens auf dem Pausenhof gerauft haben, heute wird das als Verhaltensstörung behandelt.
Bis zu zehnten Klasse gibt es oft nur weibliche Lehrkräfte und die versuchen dann irgendwie brave Mädchen aus den Jungen zu machen, auch weil die leicht zu handhaben sind.
Wenn der Junge dann auch noch eine alleinerziehende Mutter hat, dann wächst er praktisch nur mit weiblichen Rollenvorbildern auf, was absolut unnatürlich und ungesund ist.
Die Alternative zum frauenverachtenden Macho ist ganz sicher nicht das frauenverstehende Weichei, denn darauf haben die Frauen in Wahrheit keine Lust.

Jungen dazu ermutigen sich an rauen Spielen zu beteiligen und ihnen zu sagen dass Heulsusen nicht besonders bewundert werden ist völlig in Ordnung!

»Bis zu zehnten Klasse« sollte bis zum zehnten Lebensjahr (fünfte Klasse) heißen.



QuoteHamburgerin2.0 #16

In der Tat ein wichtiges Problem, das die Autorin da anspricht und das große Auswirkungen auf die Bildungs- und Erwerbsbiographien von jungen Männern hat. Ich beobachte die Erziehung von unschuldigen kleinen Jungs zu egozentrischen kleinen Prinzen in meinem Umfeld immer wieder, u.a. bei einigen muslimischen Bekannten, bei meiner orthodox-christlichen Freundin und bei Familien mit sehr konservativ-bildungsbürgerlichem Hintergrund.

Die Folgen sind fatal: Schul- und Ausbildungsversagen, keine Anerkennnung, insbesondere weiblicher, Autoritäten (die ja einen Großteil der Lehrerschaft und einen Teil der Vorgesetzten stellen), daraus resultierend Schwierigkeiten in Beruf und Schule.

Wenn man dazu erzogen wird, dass allein das "richtige" Geschlecht ausreicht, um großartig zu sein, wird man in der Leistungsgesellschaft scheitern, da der Ansporn fehlt, etwas zu leisten, zu lernen und für seine gesellschaftliche Anerkennung etwas zu tun. Schafft man das nicht, ist die Folge Wut, Frustration und u.U. der Rückfall in patriarchale Muster, was heutzutage wiederum Schwierigkeiten im Beziehungs- und Arbeitsleben nach sich zieht.

Der Witz ist, dass ein Großteil dieser Mütter selber sehr emanzipiert ist und in Beruf und Privatleben ihre Frau steht. Ich bin froh, dass ich meinen Sohn nicht so erzogen habe.


Quotevaldai #18

Na ja.....in unserer hiesigen Kultur haben wir dann eher das Problem, dass
unsere Jungen so erzogen werden, wie Trudeau es gerade beim WEF ankündigte:
" Ich werde meine Söhne als Feministen erziehen".......die armen Buben kann ich
da nur sagen.

Als Mutter zweier erwachsener Söhne von 29 und 27 Jahren , habe ich bei der
Erziehung kein Genderdenken gehegt. ..... habe eine große Antipathie dagegen.

Beide sind zu jungen Männern herangewachsen, die selbstbewußt, selbstsicher
und sehr respektvoll mit Frauen umgehen.
Das mag daran liegen, dass ihre Mutter immer gerne eine Frau war ;)
....sich als Frau nicht diskriminiert, mißachtet gefühlt hat. ..... und Männer in deren
biologischen Andersartigkeit weder als Bedrohung, noch als Konkurrenz gesehen
hat.

Beide sind im Umgang mit Frauen sehr selbstverständlich und haben zum Glück
auch immer auf junge Frauen getroffen, die ihr Frausein unverkrampft und
souverän ausleben.



QuotePrisen Colinen #20

Was Sie sagen, Joumana Haddad, stimmt alles, ist aber trotzdem nur die halbe Wahrheit. Ja, Mütter erziehen die größten Gegner der Gleichberechtigung von Mann und Frau an ihrer eigenen Brust, richtig.

Aber in Jungs stecken genetisch über Millionen von Jahren Evolution einfach auch "Krieger". Sie wollen kämpfen, sie wollen sich beweisen, sie brauchen eine Aufgabe für die Gruppe. Sie wollen sich mit den anderen messen in Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Cleverness usw. Das alle skriegen sie aus den Jungs nicht heraus. Man kann Jungs nicht zu Mädchen erziehen, das funktioniert einfach nicht. Und deshalb brauchen unsere modernen Gesellschaften wieder Räume, in denen Jungs Jungs sein können.

Heute haben wir eine Gesellschaft, die Jungs keine Chance mehr gibt, auf natürlichem und für die Gesellschaft wertvollem Wege Männer zu werden. Das rächt sich schon überall.


Quotemrdani007 #23

Schön wäre es, wenn Jungs durch die Erziehung zu Machos und Männern herangezogen würden.
Zur Zeit ist aber das Gegenteil zu beobachten: Sie werden wie Mädchen erzogen; sollen zuhören, sich vertragen und Blümchen malen. Gewalt sei keine Lösung.
Als ich hörte dass sie in manchen Schulen sogar Kochen und Nähen lernen müssen fragte ich mich ob das ein Witz sei? Weit gefehlt.
Schuld daran sind vor allem die Feministinnen-Sekten sowie der hohe Frauenanteil in Kindergärten und zunehmend sogar auch in weiterführenden Schulen.
Was diese feminine Erziehung an Jungen anrichtet merken die Frauen wohl erst, wenn die Anzahl der richtigen Männer in ihrem Umfeld mit der Zeit schrumpft.
Deshalb an alle Mütter: Die Geschlechter sind gleichberechtigt, aber nicht gleich.
Erzieht eure Töchter wie Mädchen und eure Söhne wie Jungs.

QuoteUnumbrello #23.1

Naja. Also ich habe auch Blumen gemalt als Kind und Indianerschlachten. Ich habe in der Schule kochen gelernt, genauso wie Sport. Was sind Sie denn für einer? Kocht Mama noch für sie? Und das Gewalt ein Teil der Realität ist lernt man an der Schule genauso, auch wenn es nicht von den Lehrern unterrichtet wird. Man, man, man...!


Quotemrdani007 #23.2

Abgesehen davon, dass Sie Ihre Blumenbilder besser mit Ihrem Psychologen besprechen sollten, geht es hier nicht um einzelne Individuen wie Sie oder mich, sondern um gesellschaftliche Tendenzen.
Sie verkennen desweiteren, dass niemand bestritten hat, dass in der Schule Gewalt als Teil der Realität dargestellt wird.
Brennpunkt ist jedoch die "Gewalt ist keine Lösung"-Doktrin, wonach zB zwei Schüler einen Konflikt nicht wie Männer austragen sollen, selbst wenn sie beide eingewilligt haben. Wahrscheinlich halten manche Lehrerinnen selbst Notwehr für verboten.

PS: Für mich kocht natürlich meine Freundin.


QuoteUnumbrello #23.3

Also bei mir kochen beide... Aber gut, wer kann der kann. Ich sage ja garnichts, dass es ein teilweise verweichlichtest "Erziehungsmodell" gibt. Vonwegen immer Pazifismus usw.
Aber was hat das mit kochen oder malen zu tun?



QuoteSchwarzweißer Graumann #26

Ein sehr guter Artikel, der sich wohltuend von der nicht immer Rassismus-freien, oft oberflächlich-schlichten Schwarz-Weiß-Sicht bei dieser Debatte distanziert und auf die Tatsache hinweist, dass es in erster Linie auf die Erziehung und andere Faktoren ankommt und nicht so sehr auf die Herkunft der Menschen.


QuoteEhrenamtUNDVerstand #27

Wenn eine Mama einen Macho heranzieht, könnte ja auch der Papa gegensteuern, ne ;)


QuoteIda Meerkatz #27.1

Da müsste der Papa ja womöglich sein eigenes Weltbild hinterfragen ...



Quotepetuhtante #29

ach ja, wie schön, dass alle kinder dieser welt nur mütter und keine väter haben...


QuoteUnumbrello #29.1

Ja man könnte böswillig behaupten, dass da die Autorin schon wieder dem Mann die Verantwortung abnimmt!.. ^^ :D


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"Sexualisierte Gewalt gegen Frauen - Für einen Feminismus der neuen Allianzen" (03.02.2016)
Wenn Frauenhass auf der anti-islamischen Überholspur fahren darf: ein Debattenbeitrag von Charlotte Wiedemann.
Ich habe in den vergangenen Wochen einiges über mein Land erfahren, das ich lieber nicht gewusst hätte. Das klingt arg unpolitisch, ich weiß. Aber es ist bei mir ein Bedürfnis nach Selbstschutz aufgekommen, angesichts der rasanten Verrohung dessen, was öffentliche Debatte zu nennen ein Euphemismus ist. ...
http://de.qantara.de/inhalt/sexualisierte-gewalt-gegen-frauen-fuer-einen-feminismus-der-neuen-allianzen

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 07, 2016, 12:32:11 PM
Patrick Esume : "Football befriedigt die Grundbedürfnisse des Mannes" (6. Februar 2016)
Du kannst Fußball nicht mit Football vergleichen. Football ist Schach. Selbst NFL-Coaches kennen nicht jede Regel und die acht Schiedsrichter müssen immer wieder beraten, bevor sie entscheiden. Dieser theoretische Aspekt hat mich persönlich schon immer am meisten fasziniert. Dazu kommt, dass Football auf eine gewisse Art auch die Grundbedürfnisse des Mannes bedient: entweder beschützen oder jagen im Rudel. ...
http://www.zeit.de/hamburg/stadtleben/2016-02/patrick-esume-american-football-interview

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"Schauspielerin Emily Ratajkowski: Dürfen schöne Frauen politisch sein?" Isabell Prophet  (17. Februar 2016)
,,Halt den Mund und zeig uns deine Titten." Dieser Satz fasst ganz gut zusammen, wie viele Facebook-Nutzer auf eine Rede von Emily Ratajkowski (24) reagiert haben, in der sie Bernie Sanders unterstützt ...
http://ze.tt/schauspielerin-emily-ratajkowski-duerfen-schoene-frauen-politisch-sein/?utm_campaign=zonparkett&utm_medium=parkett&utm_source=zon
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 25, 2016, 09:47:08 AM
Quote[...]  Das jüdische Label Mimu Maxi macht zeitgemäße, lässige Mode und befolgt dennoch religiöse Bekleidungsvorschriften. Mit der Unterdrückung der Frau hat das nichts zu tun.

... Mit ihren eigenen Kreationen wollten die zwei chassidischen Schwägerinnen Hecht und Notik ihrem Frust über unstylishe religiöse Kleidung Abhilfe verschaffen und feiern damit nun – über Religionsgrenzen hinweg – beachtliche Erfolge. 2012 gegründet, sprachen sie mit Mimu Maxi zunächst vor allem eine stilbewusste, religiöse (orthodox-jüdische, aber auch konservativ christliche und muslimische) weibliche Käuferschaft an. Spätestens seit 2015, als ihr Stil in Mode- und Lifestyle-Blogs zum Trend ernannt wurde, erreichen ihre Kollektionen nun auch säkulare Fashionistas.

Neben ästhetischen Kriterien erfüllen die Kollektionen von Mimu Maxi auch jene des tzinut, der orthodox-jüdischen Maßgabe für eine keusch-sittliche Lebensführung. Das hat durchaus Aufsehen erregt. Kein Bericht über das Label kommt ohne Verweis auf den religiösen Rahmen aus. Popsugar.com schreibt, die Mimu-Maxi-Designerinnen definierten keusche Mode (Modest Clothing) neu, laut der Huffington Post erschüttern Hecht und Notik mit ihren Kollektionen stereotype Vorstellungen von religiöser Kleidung. Religiös-keusche Trendsetter – die Vogue bringt auf den Punkt, was hier an Widersprüchen mitschwingt: "Jüdisch-orthodoxer Stil wurde zu einer ungewöhnlichen Inspirationsquelle für den heißesten Herbsttrend 2015." Ungewöhnlich deshalb, weil mit orthodoxem Judentum wohl vieles, jedoch kaum (Mode-)Trends und keinesfalls Sexyness assoziiert wird.

... Die Repräsentation von Weiblichkeit – in diesem Fall religiöser Weiblichkeit – ist in diesem Fall eine ungewohnte. Frau und Religion, dieses Verhältnis wird noch immer zu oft und zu undifferenziert als fixiert, repressiv und beklemmend eng aufgefasst. Auf der Website und dem Instagram-Profil von Mimu Maxi werden jedoch Frauen gezeigt, die in Bewegung sind. Models posieren vor repräsentativen Gebäuden, in der Mitte einer Straße, vor graffitibemalten Häuserwänden oder auch in einem riesigen, leer geräumten Loft. Auf Instagram zeigen sich die Modedesignerinnen und ihre Kundinnen selbst in der keuschen Mode. Den Inszenierungen zufolge ist der Umgang dieser Frauen mit religiösen Kleidervorschriften ein spielerischer – und vor allem ein aktiver und selbstbewusster: Die Interpretationen der durch religiöse Schriften und männliche Autoritäten übermittelten Vorschriften und Empfehlungen für eine religiöse Lebensführung sind vielfältig.

... Kein autoritärer Gott, keine normativen Schriften gestalten Religionen, sondern Menschen. Als Gestalterinnen sind Frauen in der Geschichte und in den Schriften der Religionen – oder in dem, was von ihnen tradiert und kanonisiert wurde – jedoch äußerst selten in Erscheinung getreten. Auch die säkulare Religionswissenschaft berücksichtigte Frauen lange Zeit kaum. Diese Lücke ist mittlerweile aufgrund von stichhaltiger feministischer Kritik zumindest ideell geschlossen. Es gilt nun, Frauen nicht nur als religiöse Akteurinnen wahrzunehmen, sondern anzuerkennen, dass vor allem sie es sind, die innerhalb von Religionen die jeweilige Notwendigkeit von Wandel und Bewahrung gestalten und verhandeln.

Quoteaufgeklärt und eigenverantwortlich
#2  —  vor 12 Stunden 20

"Auf Instagram zeigen sich die Modedesignerinnen und ihre Kundinnen selbst in der keuschen Mode."

drehen denn jetzt alle langsam durch ?


Quoteatech
#4  —  vor 12 Stunden 34

"Mit der Unterdrückung der Frau hat das nichts zu tun" - diesen schönen Satz hört man auch regelmäßig von emanzipierten Muslimas, die ihr Kopftuch auch völlig freiwillig tragen und die die "unbedeckten Frauen" wissen lassen, dass sie die "Unterdrückten" sind - unterdrückt durch die "Modediktate" der Neuzeit...

Tut mir leid, aber diese sack-artigen Kleidungsstücke haben sehr wohl etwas mit Frauenunterdrückung zu tun. Auch wenn die Säcke aus New York kommen.

QuoteAgainstBigotry
#4.1  —  vor 11 Stunden 5

Jetzt lass doch die Frauen anziehen was sie wollen. So lange sie nicht explizit dazu gezwungen werden, nach dem Schema: "Ich will das nicht anziehen, aber ich muss.", ist das doch nicht schlimm.

Wenn wir nun über indirekten Zwang reden, dann muss man auch erkennen, dass dieser Zwang in unserer westlichen Gesellschaft auch existiert. Die Medien verbreiten natürlcih ein bestimmtes Schönheitsideal, das auch mit Kleidung und bestimmten Trends zusammenhängt. Medien zeigen uns, was "sexy", "modisch" und "schick" ist. Welche Badekleidung ist sexy und gleichzeitig noch akzeptabel? Schauen Sie sich mal die Bademode der 50er Jahre in Deutschland an...

Also ja, wenn die Muslima in dieser Weise dazu "gezwungen" wird sich so zu kleiden, wie es ihrem (von ihrem Umfeld abhängigen) Geschmack entspricht, dann kann man wohl sagen, dass das etwas mit Zwang zu tun hat.

Ein anderes Beispiel. Meine Tante und deren Töchter sind hochreligiöse christliche Freikirchler. Die Töchter haben alle direkt nach der Schule/ Uni geheiratet und Kinder bekommen. geheiratet werden durfte aber auch nur innerhalb des engsten religiösen Kreises. Natürlich haben die freiwillig einen Mann aus derselben Religionsgemeinschaft geheiratet und sofort Kinder gezeugt. Aber ein gewisser aus dem Umfeld kommender, verinnerlichter Zwang war sicherlich trotzdem da.

Uns beiben also 2 Möglichkeiten: Entweder wir akzeptieren diesen Zwang bei Christen und Muslimen, oder wir kritisieren beides. Aber bitte keine Scheinheiligkeit!



QuoteAmandas
#4.3  —  vor 43 Minuten

Meiner Erfahrung nach kann man, wenn in irgendeinem Headliner die Behauptung auftaucht, dass eine Sache mit einer anderen "nichts zu tun hat", getrost davon ausgehen, dass das Gegenteil der Fall ist.
In der Regel folgt dann im Artikel selbst eine gewisse Ausdifferenzierung, wie ja auch hier. Die Autorin versucht zu beschreiben, wie Frauen sich innerhalb eines engen, autoritären Systems gewisse Freiheiten erobern - indem sie es erstmal anerkennen. Das kann ich meinerseits durchaus auch anerkennen.
Nur dass damit schon jede Unterdrückung ausgeschaltet wäre, ist natürlich Quatsch.


QuoteDanke für den Hinweis
#6  —  vor 12 Stunden 11

Die alten Linken haben sich noch von der Reiligon distanziert und waren stolz auf Aufklärung und Selbstbestimmung. Heute distanzieren sich die Linken höchstens noch vom Papst und ansonsten scheint man mit erstaunt großen Augen vor jeder Art von religiösem Eifer begeistert.


QuoteM.Knarz
#7  —  vor 12 Stunden 16

Keine Unterdrückung der Frau? Warum aber gibt es dann genaue Vorgaben dafür, "wie Frauen sich kleiden sollen", sodass sie möglichst "modest" erscheinen, den "Verhüllungsgeboten" entsprechen und möglichst "keusch" wirken bzw. bleiben?

Und vor allem: warum gibt es exakt diese "Vorgaben" nur für Frauen? Sicher, auch Männer sollen nach dem orthodoxen Glauben etwa eine Kippa tragen, aber dies sicher nicht um ihre "Keuschheit" zu bewahren oder zur Schau zu tragen.

Man kann ja alles mit einem Flair an Modernität garnieren, es ändert aber nichts daran, dass diese Kleidungsvorgaben, die sich explizit an Frauen richten, geprägt sind durch ein zutiest archaisches wie sexistisches Geschlechterverständnis, dem zufolge Frauen -- anders als Männer! -- in besonderem Maße ihren Körper verbergen, ihre sexuellen Reize verstecken und "keusch" bleiben sollen.

Übrigens in Anführungszeichen alles direkte Zitate aus dem Artikel, der gleichwohl die bei genauerem Hinsehen doch etwas gewagte Behauptung aufstellt, "Mit der Unterdrückung der Frau hat das nichts zu tun."

Quote
Paul von Arnheim
#7.1  —  vor 10 Stunden 7

Mit der Unterdrückung der Frau hat das nichts zu tun...

Ich muss Ihnen recht geben. Dass die Keuschheitsnummer nichts mit der Unterdrückung der Frau zu tun habe, ist eine gewagte Behauptung. Die Bekleidungsvorschriften aller abrahamitischen Religionen zielen darauf ab, Frauen als sittsam und keusch, also als ehrenhaft zu kennzeichnen. Georg Christoph Lichtenberg hat sich schon lustig gemacht über die "schöne Ehre, die die Frauenzimmer haben, die einen halben Zoll vom Arsch abliegt".

Es ist Unterdrückung der Frau, ihre Ehre in Rektumnähe anzusiedeln. Ich kriege langsam die Wut über diese permanente Verharmlosung, dieses Abwiegeln und Kleinreden. Heute musste ich schon auf Zeit online einen Artikel lesen, der tatsächlich die Überschrift "Faire Genitalverstümmelung, kann es das geben?" hat und so endet: "der Vorstoß im Journal of Medical Ethics zwingt dazu, zu einem kulturell, ethisch wie medizinisch sensiblen Thema triftige Argumente auszutauschen." Zwischendurch ist zu lesen: "... liberale Gesellschaften sollten "kultursensibler" werden und zumindest kleine, eher symbolische Eingriffe tolerieren. Und sie sollten die Sprache überdenken, in der sie darüber reden." Geht es eigentlich noch?



QuoteHamburgerin2.0
#8  —  vor 12 Stunden 1

Einen Gott, der Frauen dezidiert vorschreibt, welche Körperteile sie wann, in welcher Situation und wem gegenüber bedecken sollen, finde ich persönlich albern.

Aber eines kann man nicht bestreiten: Die beiden Designerinnen haben Trends gesetzt! Das Ding mit den weiten Ärmeln, die wie Flügel aussehen, wenn man die Arme ausbreitet, hing diesen Winter in jeder Boutique. Habe selbst ein Oberteil davon und finde es très chique und bequem - obwohl ich nicht religiös bin. Ich wusste nicht, dass der Grundentwurf von den beiden Designerinnen stammt. Hut ab!


Quoteatheist999
#9  —  vor 12 Stunden 5

Ich warte mit Spannung auf die erste Präsentation eines christlichen Labels!!
Herr im Himmel ......


Quoteatech
#9.1  —  vor 12 Stunden 1

wieso? - Nonnenhabite gibt es doch schon lange...


QuoteHamburgerin2.0
#9.2  —  vor 12 Stunden 4

Ich hatte eine ältere Verwandte, ihres Zeichens Protestantin aus einer strenggläubigen Familie. Die durfte als Kind und Jugendliche nicht in den Spiegel schauen. Weil Eitelkeit Sünde ist...


Quotequevedo
#10  —  vor 12 Stunden 1

Gender meets Religion? Geht das? Möglicherweise gibt es ja da eine gemeinsame Basis fundamentalistisch-radikalen Denkens.
Der Feminismus scheint ja auch mit gewissen Eigenheiten des Islam keine Schwierigkeiten zu haben, jedenfalls bleibt es da in der Regel auffällig still.
Man darf gespannt sein, ob frau dann demnächst noch Sympathien für evangelikal interpretiertes Christentum entwickelt. Oder wäre das dann doch zu viel verlangt...?


QuoteFranklin-04
#13  —  vor 11 Stunden 7

"Religiöse Bekleidungsvorschriften"
wer sich von einer Religion vorschreiben läßt, was er essen oder anziehen darf, der hat die Aufklärung nicht begriffen. Ganz egal, welche Religion dabei gemeint ist. Religion beschreibt das individuelle Verhältnis Mensch zu Gott, ein innerliches Verhältnis. Kleidung beschreibt nur das Verhältnis zu anderen Menschen - Gott läßt sich doch nicht von einem Modelabel beeindrucken...

Wir müssen hier nichts mehr "aushandeln", diese Aufgabe hat Napoleon vor langer Zeit erledigt: Gleichberechtigung und Freiheit für alle Religionen (auch das Judentum), dafür sind sie raus aus der Politik und sonstigen Vorschriftenmacherei.


Quoteh humbert
#18  —  vor 10 Stunden 3

Ich stelle mir Gott immer so vor wie Harald Glöööckler. Da haben Kleiderordnung, Bart- und Haartracht oberste Prio.

[ https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Gl%C3%B6%C3%B6ckler (https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Gl%C3%B6%C3%B6ckler) ]



Aus: "Modest Clothing: Sexy orthodox"  Márcia Elisa Moser (24. Februar 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/2016-02/modest-clothing-mimu-maxi-juedisch-orthodox-mode-10nach8 (http://www.zeit.de/kultur/2016-02/modest-clothing-mimu-maxi-juedisch-orthodox-mode-10nach8)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 05, 2016, 01:21:05 PM
"Eine ungewöhnliche Entscheidung Ich bin Hausfrau - na und?" Silvia Dahlkamp (04.03.2016)
... "Ach, du arbeitest gar nicht?" Sie kontert: "Ich arbeite viel, um meinen Kindern eine glückliche Kindheit zu geben" - und erntet mitleidiges Lächeln. ... Philipp von Hutten, 39, ihr Mann, arbeitet als Auktionator, ist viel unterwegs. Deshalb haben sie sich für Arbeitsaufteilung entschieden - er verdient das Geld. Durchschnitt, kein Vermögen. Sie schmeißt den Haushalt. Eins ist jedoch anders als zu alten Zeiten: Sie sehen sich als Team. Alles gehört beiden - zu gleichen Teilen.
Hutten war 23 Jahre alt und studierte Psychologie, als sie schwanger wurde. Das Kind war nicht geplant. Sie wollte trotzdem ihren Abschluss machen und später arbeiten - so wie 96 Prozent der modernen Frauen. Doch nach der Entbindung kam alles anders. Helena von Hutten hatte das Baby im Arm und dachte: was für eine Verantwortung. Sie unterbrach das Studium erst einmal. ... Emanzipierte Frauen halten solch einen Lebensentwurf für einen Lebenswegwurf. Ein Rückschritt in die Fünfzigerjahre, als frau noch Kittelschürze trug. ...
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/beruf-hausfrau-eine-ungewoehnliche-entscheidung-a-1080467.html

QuoteAls Psychotherapeut ...
ede-wolff gestern, 10:38 Uhr
erschrecke ich vor den Folgen in der Zukunft. Seit S. Freud, M. Mahler, M. Klein wissen wir viel über die psychische Entwicklung des Kleinkinds und vor allem über die entscheidende Bedeutung einer sicheren Bindung in den ersten Lebensjahren. Die Folgen einer exzessiven Kita-Kultur erlebe ich als Psychotherapeut in den neuen Bundesländern täglich in meiner Praxis. Die Art der Störungen ist völlig anders als in den alten Bundesländern: wesentlich mehr Angst- und Panikstörungen, extreme Aggressionshemmungen, schwere Bindungsstörungen. Welche "Experten" halten ein 22-monatiges Kind für seit 10 Monaten "überfällig für die Kita?" Mir graut vor den Folgen für unsere Gesellschaft!


Quotemauerfall gestern, 10:38 Uhr
Jenseits Ostdeutschlands und der westdeutschen Ballungszentren ist es doch wohl eher so, dass die Frauen schief angesehen werden, wenn sie arbeiten gehen... Egal was Frau macht, es ist falsch ;)


QuoteNichts gelernt
rieberger gestern, 10:40 Uhr
Die Selbstbestimmung ist noch lange nicht erreicht. Solange Menschen (Männer wie Frauen) für ihren eigenen Lebensentwurf angefeindet werden, solange leben wir in einer Welt voller Schubladendenken. Man muß nicht alles gut finden, was andere machen und keiner darf den Anspruch erheben, daß sein Lebensentwurf der allein seligmachende ist. Aber jeder Mensch hat das Recht dazu, das zu machen, wie er es für richtig erachtet. Das, was sich Emanzipation nennt, ist nichts anderes als ein Vertauschen von gesellschaftlichen Vorzeichen. Nichts gelernt, nichts kapiert. Pikant die Stutenbissigkeit, mit der sich die Frauen bei Mangel von weiblicher Solidarität an die Gurgel gehen. Ist da vielleicht eine gehörige Portion Neid dabei?!


QuoteLebensentwurf
Fragende_Leere gestern, 10:43 Uhr
Dieses Beispiel ist ein Lebensentwurf, aber eben nur einer von vielen. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Wenn die angegebenen Zahlen stimmen sollten, macht Frau von Hutten bestimmt vieles richtig: die Rente aus der Teilzeit reicht eh nicht zum Leben; sie wird dann, sollte die Beziehung nicht bis zum Lebensende halten eh auf "ergänzende Transferleistungen" angewiesen sein. Wie übrigens viele der Mütter/Väter, die sich beruflich zusätzlich gequält haben. ...


QuoteDas ist ein Riesenproblem
doppelpost123 gestern, 10:45 Uhr
Die Frauenbewegung hat es leider nicht geschafft, Frauen eine Wahl zu lassen (also sie frei entscheiden zu lassen, ob sie zu Hause bleiben / Karriere oder beides haben wollen), sondern bevormundet und entmündigt sie. Frauen, die zuhause bleiben, werden zwangsläufig als Opfer und Knechte gesehen. Der ideologische Gedanke dahinter: "Hätten Frauen WIRKLICH die Wahl, dann würden sie das nicht machen". Kann man GLAUBEN, muss man aber nicht, das ist einfach Ideologie. Auch wenn man akzeptiert, dass Geschlecht und Rollenbilder sozial konstruiert sind, ist es mit Sicherheit zu kurz gegriffen, die Biologie komplett auszublenden. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, das sollten Biologen und Sozialwissenschaftler akzeptieren.. Aber das Schlimmste daran finde ich, dass es dann auch noch Frauen sind, die andere Frauen für ihre Wahl zu hause zu bleiben verurteilen. Wenn "Feminismus" auf ein Idealbild abzielt, das sich die Vorkämpferinnen selbst zurechtlegen, statt dafür einzutreten, dass Frauen die Wahl haben, sich selbst frei zu entscheiden, dann ist das für mich ein falscher Weg. Es ging bis jetzt immer nach hinten los, wenn eine kleine Gruppe meint, sie hätte die Antwort für alle gefunden, selbst wenn das Ziel noch so löblich ist (siehe kommunistisches Manifest..)


...

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"Online harassment of women at risk of becoming 'established norm', study finds" (Monday 7 March 2016 19.01 GMT)
Harassment of women online is at risk of becoming "an established norm in our digital society", with women under 30 particularly vulnerable, according to the creators of a new Australian study. ... Seventy per cent of women said online harassment was a serious problem in 2016 and 60% said that it was getting worse. More than half the women surveyed felt the police needed to start taking victims seriously. But 38% of those who had experienced online harassment chose to ignore it, and only 10% reported it to police. ...
http://www.theguardian.com/lifeandstyle/2016/mar/08/online-harassment-of-women-at-risk-of-becoming-established-norm-study?CMP=share_btn_tw

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 20, 2016, 05:18:50 PM
"Arabische Frauen: Die Frauen, der König und ein Esel" Eine Erkundung in Marokko von Elisabeth Raether
Wie ist es, als arabische Frau gegen Bevormundung und Belästigung zu kämpfen? ... Die Ereignisse der Kölner Silvesternacht sind aus den Nachrichten verschwunden, geblieben ist die Ansicht, dass der arabische Mann ein Frauenproblem hat. In unserer Vorstellung trägt er Jogginghose und Gelfrisur, und alles Weibliche überfordert ihn. Viele haben Angst vor ihm, manche verachten ihn. Wie wäre es aber, wenn wir versuchen würden, den arabischen Mann zu verstehen? Man würde wohl damit anfangen, diejenigen zu befragen, die ihn gut kennen: die arabischen Frauen. Man trifft sie in Marokko. Sie öffnen einem ihre Wohnzimmer, Küchen und Büros und erzählen in glasklaren Worten von ihrer Welt: Für sie ist der arabische Mann keine Gestalt, die in ihren Gedanken oder in den Fernsehnachrichten lebt – sie wohnen mit ihm unter einem Dach. Er ist ihr Ehemann, ihr Sohn, ihr Bruder oder Vater. ...
20. März 2016 DIE ZEIT Nr. 11/2016, 3. März 2016
http://www.zeit.de/2016/11/arabische-frauen-marokko-frauenrechte-patriarchat-scharia/komplettansicht


"Sexualität in Marokko: "Die Frau ist Eigentum"" (02.03.2016)
Die Eltern der Journalistin Hasna El Maroudi erlebten Marokko noch als liberale Gesellschaft. Heute wird für Frauen selbst der Weg zum Bäcker zum Spießrutenlauf. Was ist passiert?...
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/marokko-die-frau-ist-kein-selbststaendiges-wesen-a-1076170.html


"Non, je ne regrette rien - Abgesehen von der Mutterschaft" Twister (Bettina Hammer) 28.03.2016
Seit sich Mütter dazu bekennen, die Mutterschaft zu bereuen, zeigt sich, wie stark der Mutterkult noch gepflegt wird. Der Druck auf die Mütter wächst...
http://www.heise.de/tp/artikel/47/47807/1.html


"Geringe Erwartungen"  Anna Smith (Ausgabe 1216 | 06.04.2016)
Klischees Im Kino sind werdende Mütter meist nervige oder komische Figuren. Eine kleine Phänomenologie... Die wohl progressivste aller schwangeren Filmfiguren ist freilich die, die ihren Zustand kaum erwähnt. ,,Ich finde, Frances -McDormand in Fargo ist die größte Schwangere der Filmgeschichte", sagt Alice Lowe. ...
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/geringe-erwartungen

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"Bundesverfassungsgericht: Mögliche Väter dürfen Gentest verweigern" (19. April 2016)
Kinder können Männer, die sie für ihren Erzeuger halten, nicht zum Vaterschaftstest zwingen. Dem stünden ihre Grundrechte entgegen, entschied das Bundesverfassungsgericht. ... Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Frau ihren vermuteten Vater nicht zu einem Gentest zwingen darf. Das am Dienstag verkündete Urteil bestätigt damit die geltende Rechtslage: Demnach haben nur der Vater, die Mutter und das Kind einer sogenannten rechtlichen Familie gegeneinander einen Anspruch auf einen DNA-Test. Biologische Erzeuger außerhalb einer Familie werden im Gesetz nicht genannt und können deshalb auch nicht zu einem Vaterschaftstest gezwungen werden. ... Damit scheiterte eine 65-jährige Frau, die ihren mutmaßlichen, mittlerweile 88 Jahre alten Vater zu einem DNA-Test zwingen wollte. Der vermutete Vater, der einen Test ablehnt, steht außerhalb der Familie.
Dem Recht, die eigene Abstammung zu kennen, ständen die Grundrechte der anderen von einer Klärung Betroffenen entgegen, sagte Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof. Diese würden erheblich belastet. Bei ihm sind demnach durch den Wunsch der Frau das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf körperliche Unversehrtheit betroffen. Zudem könne sowohl das Familienleben des Mannes als auch das Familienleben des Kindes und seiner rechtlichen Eltern betroffen sein. ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-04/bundesverfassungsgericht-vaterschaftstest-familie-rechtlicher-vater-urteil

Quotejoaber #1

Ist völlig ok, die Entscheidung, und zwar in Bezug auf: eine Mutter darf (offiziell um ebenjenes Recht des KINDES zu schützen) dem Mann auch verweigern, das Kind testen zu lassen, ob ER der Vater ist.

Gleiches Recht für beiden.

"Sollte eine der drei Personen den Test verweigern, kann ein Familiengericht die nicht erteilte Einwilligung ersetzen. Im Zentrum steht das Wohl des Kindes. Grundsätzlich muss auch die Mutter in den Abstammungstest einwilligen und muss die Untersuchung dulden."

https://www.bj-diagnostik.de/vaterschaftstest/mutter-verweigert-einwilligung-vaterschaftstest

Ist wohl rechtlich doch nicht ganz so klar - ich stelle meine Bemerkung mal diskutativ in den Raum...


Die Regelung wurde wohl 2010 geändert....

http://www.sueddeutsche.de/politik/neuregelung-zum-vaterschaftstest-kuckuckskinder-und-zweifelnde-vaeter-1.292368



http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-04/bundesverfassungsgericht-vaterschaftstest-familie-rechtlicher-vater-urteil?cid=6509336#cid-6509336

Quotemr.andersson #2.2

In Ihrem Link geht es um den rechtlichen Vater. Also jemand innerhalb der Familie. Der rechtliche Vater ist z.B. derjenige, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist. Dieser ist nicht zwnagsläufig der biologische Vater und da erlaubt § 1598a einen Test, auch wenn es einem der Beteiligten nicht passt.

Im Urteil geht es um eine völlig familienfremde Person, von der die Klägerin die Vermutung hatte, dass diese ihr Vater sei. Und man kann nicht einfach irgendwen zu einem Test zwingen, weil man irgendwelche (vielleicht sogar begründete) Vermutungen hat.


http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-04/bundesverfassungsgericht-vaterschaftstest-familie-rechtlicher-vater-urteil?cid=6509403#cid-6509403

Quotemr.andersson #4

Jedes andere Urteil hätte ins Unglück geführt.

Denn dann hätte jede beliebige Person nahezu jeden zu einem Vaterschaftstest zwingen können. Wenn dann tausende von Menschen der Meinung sind, dass die eigene Mutter den damaligen Schlagerstar doch etwas zu sehr angehimmelt hat, würde da einiges auf diese zukommen.

Auch wenn ich den Wunsch nach Klärung der eigenen Herkunft vollumfänglich verstehe, muss es in bestimmten Situationen bei einem Wunsch bleiben.


http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-04/bundesverfassungsgericht-vaterschaftstest-familie-rechtlicher-vater-urteil?cid=6509365#cid-6509365

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"Kommentar Nachweis der Elternschaft: Ein Leben im Ungewissen" Simone Schmollac (20. 4. 2016)
... Menschen, denen diese Erkenntnis verwehrt bleibt, leiden ihr Leben lang unter einer Unruhe und einer Zerrissenheit, die sie selbst nur schwer beschreiben können. Sie fühlen sich getrieben und haben häufig wenig Vertrauen in andere Menschen. Das haben Adoptionsforscherinnen und -forscher hinlänglich bewiesen. Und das bestätigen Frauen und Männer, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie die Klägerin.
Nicht umsonst ist daher das deutsche Recht in dieser Hinsicht mehrfach nachgebessert worden. Kinder können heute in jedem Fall klären lassen, wer ihr rechtlicher Vater ist, verbunden mit allen Rechten und Pflichten. Eine solche Klärung ist heute ohne Vaterschaftstest nicht mehr vorstellbar, sogenannte Kuckuckseltern und Kuckuckskinder fliegen also sowieso irgendwann auf.
Trotzdem kann es zahlreiche Gründe geben, dem Kind die wahre Elternschaft zu verschweigen. Einerseits um das Kind zu schützen. So zumindest stellen es betroffene Eltern gern dar. Andererseits aber auch, um selbst mit heiler Haut davon zu kommen und keine unangenehmen Fragen beantworten zu müssen: Was ist damals passiert? Ein Fehltritt mit unübersehbaren Folgen? Eine Affäre, die anders endete, als sie anfing?
Das Bundesverfassungsgericht hat sachlich geurteilt, es hat persönliche Befindlichkeiten einer Einzelperson gegen das allgemeine Grundgesetz abgewogen. Und unter anderem die Familie des vermeintlichen Vaters ins Spiel gebracht. Könnte die beschädigt werden, wenn jetzt heraus käme, dass es da noch ein weiteres, ein fremdes Kind gibt?
Ja, natürlich würde diese Familie belastet. Aber das ist sie sowieso. Eine Familiengeheimnis, wie auch immer es aussieht, legt sich wie ein dunkler Schatten auf Eltern, Kinder und Enkelkinder. In allen betroffenen Familien. Auch wenn sie davon offiziell gar nichts wissen. Das kann auch kein Gericht ändern.
https://www.taz.de/Kommentar-Nachweis-der-Elternschaft/!5297741/


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on April 20, 2016, 10:36:57 AM
"Mit harten Bandagen" Irene Allerborn, Franz Konietzky (18.04.2016)
Türkei - Eine feministische Gruppe kämpft gegen männliche Gewalt – und langt dafür auch selbst zu. Ein Video geht um die Welt: Es zeigt eine aufgebrachte Gruppe Frauen auf dem Campus der Universität Ankara, die auf einen Mann einschlägt. Die wütenden Frauen sind kaum zu halten. Der anwesende Sicherheitsdienst scheint ratlos, er traut sich kaum einzugreifen. Die ungewöhnlichen Bilder finden auf Facebook schnell Verbreitung. Nationale und internationale Medien berichten über das Video. Der Mann, der die Prügel bekommt, ist ein Student der Universität Ankara. Als sich seine Ex-Freundin von ihm trennen wollte, soll er versucht haben, sie zu vergewaltigen. Nach diversen sexistischen und beleidigenden Posts von ihm auf Twitter sucht die Frau Hilfe bei Frauenorganisationen auf dem Campus. ... ,,Bei den Frauen in der Türkei hat sich viel Wut angestaut. Je mehr Frauen unterdrückt werden, desto mehr Widerstand werden wir leisten", konstatieren die zwei Campushexen Gözen und Gültekçe. Die Frauenbewegung habe auch schon einiges erreicht. ,,Durch unseren Widerstand wurde 2012 das Gesetz gekippt, das Abtreibungen verbieten sollte." Und auch die Rolle der Frauen bei den Gezi-Protesten 2013 heben sie hervor: ,,Die Frauen waren qualitativ wie quantitativ stark an den Protesten beteiligt. Die Fotos, auf denen eine Frau von der Polizei mit Pfefferspray besprüht oder eine andere von einem Wasserwerfer angegriffen wird, stehen symbolisch für den Geist, mit dem Frauen in die Proteste hineingegangen sind."...
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/mit-harten-bandagen

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"Feridun Zaimoglu zu den Silvesterübergriffen in Köln ,,Wir Moslems müssen in unserem eigenen Saustall aufräumen"" (berliner-zeitung.de, 29.01.2016)
Kiel - Für den Schriftsteller Feridun Zaimoglu muss die Aufarbeitung der sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln schonungslos offen auch innerhalb der islamischen Gemeinschaft geführt werden. ,,Frauenverachtung ist geradezu ein Gebot im Judentum, im Christentum und im real existierenden Islam - das nur an die Adresse der Heuchler, die vom Abendland schwätzen und nicht ein einziges Mal die Bibel aufgeschlagen haben", sagte der Kieler Schriftsteller türkischer Herkunft der Deutschen Presse-Agentur. ,,Gleichzeitig ist es aber auch genauso falsch zu sagen im relativierenden Ton: Weil es so ist, müssen wir uns nicht damit auseinandersetzen, wir Moslems."
Der 51-jährige Schriftsteller, der sich selber als Moslem mit einem Kinderglauben bezeichnet, forderte: ,,Wir Moslems müssen in unserem eigenen Saustall aufräumen. Denn wir haben einen Saustall. Der gelebte Dorf-Islam ist unter aller Sau." Er als Schriftsteller könne sich dabei nicht aus der Verantwortung ziehen: ,,Das wäre ein bisschen feige."
Die Übergriffe in Köln seien keine Ausreißer gewesen. Es handle sich nicht um eine Krise des Islam, ,,sondern wir haben eine Krise des moslemischen Mannes. Wir haben eine Krise moslemischer Männer mit Minderwertigkeitskomplexen." ,,Wenn ein Mann unfähig ist, die starke mündige Frau als gesellschaftliche Realität zu sehen, und sich in seiner Herrlichkeit beeinträchtigt fühlt, dann lege ich ihm professionelle Hilfe nahe."
Insgesamt bewertete Zaimoglu die Debatte über die Kölner Silvesternacht als sehr positiv: ,,Entgegen irgendwelcher seltsamen Vermutungen ist die freie Rede bei uns in Deutschland vorherrschend - und das ist wunderbar." Die sexuellen Übergriffe müsse man geißeln, ,,so wie man sonst von ostdeutschen Nazis spricht oder westdeutschen Hooligans. Ich verstehe nicht, warum man sich plötzlich an dieser Stelle zurückhalten muss oder wieso die Beschwichtiger dann darauf hinweisen wollen, dass man jetzt vorsichtig sein soll", sagte Zaimoglu. ...
Die Gefahr einer wachsenden Kluft in der Gesellschaft sieht Zaimoglu durchaus: Es fehle an Solidarität untereinander. Die Stimmung sei gekippt wegen bestimmter seltsamer Entscheidungen von oben. ,,Und unten zünden jetzt irgendwelche Vollidioten Flüchtlingsheime an oder träumen von einem reinen Abendland. Die armen Schweine gehen aufeinander los. So war es immer, so wird es immer weitergehen." Dabei führten die christlichen Kirchen und die islamischen Verbände schon seit einiger Zeit einen Dialog und kämen friedlich miteinander aus. ,,Es geht nicht um Religionen, es geht darum, dass Menschen mit religiösem oder nationalem Anstrich - seltsame Borderline-Menschen da draußen - den sozialen Frieden zu Klump schlagen wollen. Und darüber müsste man sich unterhalten", sagte Zaimoglu. ...
http://www.berliner-zeitung.de/kultur/-feridun-zaimoglu-sote-in-eigenem-schweinestall-aufraeumen-23521424
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung...
Post by: Link on May 14, 2016, 01:21:31 PM
Quote[...] Hegel erklärte in den Grundlinien der Philosophie des Rechts, Frauen und Politik passten schlecht zusammen: "Stehen Frauen an der Spitze der Regierung, so ist der Staat in Gefahr, denn sie handeln nicht nach den Anforderungen der Allgemeinheit, sondern nach zufälliger Neigung und Meinung." Als Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts für das Frauenwahlrecht kämpfen, befürchtete man, sie würden sich nicht mehr um den Haushalt kümmern, ihre Kinder verelenden lassen und ihre Männer knechten. Als Frauen in den Siebzigerjahren für das Recht auf Abtreibung kämpften, warf man ihnen unter anderem vor, sie wollen nur "durch die Betten hüpfen". Und als es vor Kurzem in Deutschland darum ging, ob die Pille danach als Notfallverhütung rezeptfrei erhältlich sein sollte, wie in vielen anderen Ländern auch, da wurde der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, nicht müde zu erklären, dass solche Pillen "nun mal keine Smarties" seien, ganz so als würden Frauen anfangen, sich davon zu ernähren, sobald sie frei in der Apotheke verfügbar wären.
Die Frau, das irrationale Wesen, das Freiheit nicht verträgt und sogar vor sich selbst beschützt werden muss - so weit, so traditionell und frauenfeindlich.
Aber es ist eben nicht nur das. Die Idee, es könnte nach einer Erweiterung des Sexualstrafrechts massenhaft zu Falschbeschuldigungen kommen, zeigt, wie sehr wir daran gewöhnt sind, zuerst an Männer zu denken.
Und das, obwohl die Lage so klar ist. Jede siebte Frau in Deutschland erlebt schwere sexualisierte Gewalt. Die allermeisten Frauen, die vergewaltigt werden, zeigen die Tat nicht an (je nach Studie 85 bis 95 Prozent), und in den meisten Fällen, in denen eine Tat angezeigt wird, kommt es nicht zu einer Verurteilung. Es gibt also offenbar erstens das Problem, dass sexualisierte Gewalt sehr verbreitet ist und zweitens das Problem, dass Frauen, die solche Gewalt erleben, sehr häufig erleben müssen, dass sie rechtlich nicht hinreichend geschützt sind. Als Falschbeschuldigungen werden in Deutschland laut einer Studie der London Metropolitan University aus dem Jahr 2009 gerade einmal drei Prozent der Anzeigen eingeschätzt.
Und trotzdem ist der erste - und letzte - Gedanke vieler, die von einer Verschärfung des Sexualstrafrechts hören: Ja, aber ist das nicht blöd für die Männer?
Im Ernst? Ich weiß, es ist schwer. Uns allen hat das Patriarchat tief ins Hirn geschissen, dass Männer mehr wert sind als Frauen, und es ist unglaublich schwer, sich das alles wieder aus dem Kopf zu kratzen. ...

QuoteCobCom gestern, 21:13 Uhr
[Zitat von Balschoiw]Es ist schon weltfremd, den Frauen jetzt auch noch eine körperliche Verteidigungspflicht mit auf den Weg zu geben, um nach einer Vergewaltigung überhaupt von einer Vergewaltigung sprechen zu dürfen. Das ist schlicht krank. Sobald sexuelle Handlungen nicht einvernehmlich stattfinden müssen sie geahndet werden und der Opferschutz solte hierbei an oberster Stelle stehen. Ich stimme ihrem Kommentar ausdrücklich zu Frau Stokowski. Das was hier an "Neuerungen" implementiert werden soll ist weltfremd und hirnverbrannt und zutiefst frauenfeindlich.
Diese Strafbarkeit entspricht bereits der aktuellen Rechtslage und der Rechtstheorie. Das Problem ist die Rechtspraxis, genauer, die Beweisführung. Ist es so schwer, zu kapieren, dass ein Gericht Probleme bekommt, wenn zwei durch eine Tür in ein Zimmer gehen, unstreitigerweise und ohne merkwürdige Spuren zu hinterlassen miteinander schlafen, wieder herauskommen und dann zwei komplett unterschiedliche Geschichten erzählen? Da gibt es einfach die Schwierigkeit, dass das Gericht ganz überwiegend von Schuld, Vorsatz und objektiver Erfüllung des Tatbestands überzeugt sein muss, um zu verurteilen. ...


Quotevera gehlkiel gestern, 21:05 Uhr
[Zitat von Klaus Klammer]sage ich zu meiner Frau, es ist genug. Nein, ich will keinen Nachschlag auf den Teller. Es hilft nichts. Sie legt weiter drauf. Ich fühle mich gemästet, leide unter Adipositas und finde kein Gegenmittel. Sicher, ich könnte den Teller auch an die Wand schmeissen oder ihn einfach ganz entschieden wegschieben aber ein NEIN muss doch ausreichen. Wenn ein blosses NEIN nicht reicht, dann bin ich Opfer brutaler Gewalt.
Ihnen würde ich einfach mal gönnen, dass sie drei muskelbepackte angesoffene Typen in irgend einer schmierigen Ecke abpassen. Es soll für sie nicht zum "Äussersten" kommen müssen (auch Männer werden ja gelegentlich Opfer von sexualisierter Gewalt), aber zehn Minuten richtig Schiss vor dem, was gleich passieren könnte, sollten sie schon haben. Die Hände von denen an sich, ihre hässlichen Fratzen in unmittelbarer Nähe ihres eigenen Gesichtes erleben. Vielleicht, dass man sie einfach mal nacheinander küsst, und ihnen jeder von denen einmal in Ruhe die Hand in den Schritt legen darf; was sie still aushalten, damit die ihnen ihr Gesicht nicht zu Brei zerschlagen. Und dann könnten sie ganz lieb und nett bitte bitte, lasst mich doch gehen, sagen; und diese Jungens gucken sich an und sagen: komm lass diese dämliche Schlampe doch, dahinten kommt sowieso jemand. Puh, sagen sie dann bestimmt zu ihrer Frau, mit ist heute was Lustiges passiert. Und sie sind, ei der Daus, noch nicht mal vergewaltigt worden, geschweige denn, sie hätten deutlich "Nein" gesagt. Diese Typen können jeden Tag an ihrem Haus vorbeigehen, was die mit ihnen gemacht haben, ist nur ein nettes Gespräch.

Quotedenis_werner gestern, 20:39 Uhr
Letztlich geht es doch darum, Gewalt gegen Frauen zu vermeiden, oder? Wenn dem so ist, dann wird vermutlich kein Gesetz der Welt helfen, die Gewalt tatsächlich zu reduzieren, wenn nicht grundlegendere Diskussionen geführt werden. Dass ein "Nein" alleine schon ausreichen muss, um dann dennoch erzwungenen Sex strafbar zu machen, ist selbstverständlich, da es ein unrechtmäßiger Eingriff in die schutzbedürftige Intimsphäre eines anderen Menschen ist. Aber mit Gesetzen alleine lassen sich keine Ursachen beseitigen. Diese sind meines Empfindens nach tiefer verwurzelt, z.B. in gesellschaftlichen Strukturen.


QuoteDie Zahl der falschen Beschuldigungen ist viel höher
agt69 gestern, 18:38 Uhr
Als Vater zweier Töchter wünsche ich mir für Sexualstraftäter, die der Tat überführt wurden, die härtest mögliche Strafe. Ich wehre mich gegen jede Form der Verharlosung sexuellen Mißbrauchs und Aussagen wie "sie hat es doch auch gewollt" oder "dann hätte sie sich anders anziehen müssen" sind für mich das allerletzte. Ich unterstütze jede Verschärfung des Sexualstrafrechts! Ich finde es aber nicht in Ordnung, wie in diesem Artikel über die Möglichkeit einer Falschbezichtigung hinweggewischt wird, als sei das alles ein Hirngespinnst des Patriarchats. Die Aussage, die Quote falscher Beschuldigungen läge bei 3%, ist einfach nicht haltbar. Ich zitiere hier aus einem Artikel der ZEIT: " Der Kieler Psychologieprofessor Günter Köhnken, einer der gefragtesten Glaubwürdigkeitssachverständigen Deutschlands, schätzt die Quote der Falschbeschuldiger unter den von ihm Untersuchten auf 30 bis 40 Prozent. Klaus Püschel, Direktor des Rechtsmedizinischen Instituts Hamburg, das die größte deutsche Opferambulanz betreibt, konstatiert, im Jahr 2009 hätten sich 27 Prozent der angeblich Vergewaltigten bei der ärztlichen Untersuchung als Scheinopfer erwiesen, die sich ihre Verletzungen selbst zugefügt hatten. Nur in 33 Prozent der Fälle habe es sich erwiesenermaßen um echte Opfer gehandelt, bei den restlichen 40 Prozent sei die Rechtsmedizin zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Die Tendenz zum Fake hat laut Püschel erst in den vergangenen Jahren eingesetzt. Bis dahin habe die Falschbeschuldigungsrate über Jahrzehnte konstant bei fünf bis zehn Prozent gelegen." Nachzulesen hier: http://www.zeit.de/2011/28/DOS-Justiz/komplettansicht (http://www.zeit.de/2011/28/DOS-Justiz/komplettansicht) Falschbeschuldigung wird im Sexualstrafrecht zu einem zunehmenden Thema, grade wenn die Beziehung in die Brüche geht und Sorgerechts- und Unterhaltsstreitigkeiten anstehen. Daher ist es auch sinnvoll, wenn der Gesetzgeber dies berücksichtigt und Polizei und Gerichte entsprechend sensibilisiert werden. Ich würde mir von einer bekennenden Feministin wie Ihnen, Frau Stokowski, einmal einen Artikel wünschen, die mit all jenen Ihrer Geschlechtsgenossinnen hart ins Gericht geht, die den Vorwurf der Vergewaltigung für ihre persönliche Rache, oder einfach nur zum finanziellen Vorteil nutzen und damit den wirklichen Opfern schwersten Schaden zufügen.


QuoteSchlechteReformSchlechterKommentar
Barillapestoistliebe gestern, 18:32 Uhr
Grundsätzlich haben Sie ja Recht. Der neue Entwurf ist nicht gerade ein Glanzstück. Ihr Kommentar liest sich aber ein bisschen arg einseitig. Zum Beispiel wenn Sie darauf hinweisen, dass nur ein Bruchteil der tatsächlichen Vergewaltigungen angezeigt wird. Hier muss man durch bessere Aufklärung oder möglicherweise einer geeigneten Anlaufstelle für Frauen in so einer Situation Abhilfe leisten. Ein schärferes Gesetz hilft da erstmal auch nicht. Das "Nein heißt Nein" sollte trotzdem rein. Es ist nachvollziehbar dass es Frauen gibt, die aus Panik/Schock/Angst die Sache einfach nur hinnehmen weil sie sich nicht mehr trauen sich zu wehren. Trotzdem glaube ich dass das vor Gericht einfach schwierig wird wenn es sonst keine Beweise gibt. Letztlich heißt es im Strafrecht grundsätzlich "im Zweifel für den Angeklagten". Wo wir wieder bei dem Punkt wären, dass das grundsätzliche Problem der geringen Verurteilungen und Anzeigen dadurch auch nicht verbessert wird. Der Vorwurf dass die bösen Männer hier Schuld sind, an die immer zuerst gedacht wird finde ich aber daneben. Und zu Ihrer Statistik, wie viele Männer Opfer falscher Beschuldigungen werden: Das ist im Übrigen umstritten. Fakt ist, auch wenn das Verfahren eingestellt wird, ist danach das Leben für den betroffenen Mann gelaufen. Zumindest wenn es ein Mann ist der irgendwie richtig im Leben steht und soziale Bindungen sowie einen ordentlichen Beruf hat. ... In diese Richtung muss also auch gedacht werden. Verstehe nicht, wieso man da nicht normal diskutieren kann was das Beste ist, sondern so einen merkwürdigen Geschlechterkampf daraus machen muss.

QuoteProblem mit dem Inhalt der Kolumne
Racer77 gestern, 18:30 Uhr
Ich habe ein ganz klares Problem mit dem Inhalt dieser Kolumne. Es wird mir einmal wieder zu pauschal davon ausgegangen, dass Frauen immer nur Opfer und Männer immer nur Täter bei Vergewaltigungen sind. Wenn im Text steht, dass 85-95% aller Frauen eine Vergewaltigung nicht anzeigen, so vermute ich mal, dass mindestens 99% der Männer eine Vergewaltigung nicht anzeigen werden. Sei diese Vergewaltigung von einer Frau oder einem Mann durchgeführt worden. Ja, auch Frauen können Männer vergewaltigen, also zum Sex zwingen. Kommt insbsondere bei Vergewaltigungen im Rahmen einer Beziehung vor. Aber sowohl in diesen Fällen als im auch im Fall häuslicher Gewamt wird leider immer noch vom männlichen Täter und weiblichem Opfer ausgegangen. Vielleicht muss man das auch einmal aus den Hirnen der Feministinnen auskratzen, wie ja die liebe Frau Stokowski es mit dem Patriarchat bei den Männern tun möchte...


QuoteIch als Mann
bouncyhunter gestern, 19:24 Uhr
möchte erobert werden!Kommt her ihr Frauen!Nach den ersten Körperkontakten eurerseits entscheide ich selbst ob ich das stimulierend finde,oder einen Grund für eine Anzeige suche(vielleicht abhängig von eurem Aussehen oder Geldbörse).Auch ein von mir dahingehauchtes "Nein" könntet ihr als kokette,laszive Anweisung deuten,es weiter zu versuchen.Viel Spass mit mir!!!


QuoteWenn es nicht...
arlteagan gestern, 20:33 Uhr
...so traurig wäre, könnte man sich fast darüber amüsieren, wie diese Debatte geführt wird. Worum geht es denn hier? Es sollen Menschen geschützt werden vor kriminellen Übergriffen in die Selbstbestimmung. Absolut richtig! Aber während einige der Beteiligten Vergleiche ziehen, drehen andere die Worte von rechts nach links - und insgesamt wird das Thema (mal wieder) eher zerstückelt als gelöst. Warum ist es denn so wichtig, genaue "Abläufe" festzuschreiben? Ist es tatsächlich nötig, dass ein "Nein" geäußert werden muss? Gilt das dann nur für die deutsche Sprache - oder ist ein "Non" auch okay? Fällt "Bitte nicht" oder "Lass mich in Ruhe" auch darunter? ... Es geht doch darum, dass Menschen sich gegen (sexuelle) Gewalt wehren können bzw. davor geschützt werden. Und wer bei anderen diese Selbstbestimmung missachtet, soll bestraft werden. Wie wäre es, wenn auch der gesunde Menschenverstand mal wieder zählen darf? Auch die Gerichte machen sich ja ein Bild von der Tat - und alle möglichen Konstellationen sind in Worten von Paragraphen gar nicht abzubilden. Reicht es denn nicht, den Strafrahmen für Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung festzulegen? Und warum wird überall Gerechtigkeit betont - und selbst von mutmaßlich sehr gebildeten und informierten Menschen ständig von Frauen als Opfern gesprochen? Sind Männer per definitionem immun gegen sexuelle Gewalt? Ich finde es unfassbar schade, dass ein so wichtiges Thema nicht so vernünftig behandelt wird, wie es möglich wäre. Daten gibt es genug - und intelligente Menschen gibt es auch genug. Aber das scheint auch in Kombination nicht zu reichen. Frustrierend.


QuoteVergewaltigungsparagraf
Mimeu gestern, 18:27 Uhr
Also nur zur Erinnerung: Schon jetzt ist es strafbar, gegen den Willen des anderen jemand zum Sex zu zwingen. Das muss auch nicht mit Gewalt sein. Es geht auch mit Drohungen, Ausnutzen von Machtstellungen, und mehr. Es stimmt einfach nicht, dass Sex gegen den Willen des anderen nicht bestraft werden kann. Also gilt heute schon, dass Nein Nein heißt. Die Probleme, etwas zu beweisen, wenn zwei Leute miteinander allein waren, werden dieselben bleiben, auch wenn man die Strafen verschärft.


QuoteFuriosus gestern, 18:22 Uhr
Warum ist es denn für die Autorin und andere Laien so schwer zu verstehen, dass es sich um ein Beweisproblem und nicht um ein materielles Rechtsproblem handelt, was dazu führt, dass keine Reform daran etwas ändern könnte. Ein nein reicht auch heute, entgegen falscher anderslautender Behauptun, absolut für eine Vergewaltigungsstrafbarkeit aus. Das Problem ist, dass in einem Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht und sonst keine Beweismittel (etwa Kampfspuren, daher dieser Mythos, dass verlangt würde, dass das Opfer sich wehrt ) in einem Rechtsstaat in dubio pro reo freigesprochen wird. Was ist die Lösung der Autorin? Unschuldsvermutung abschaffen? Das ist das einzige, was "helfen" würde. Damit würden wir uns vom Rechtsstaat verabschieden. Ansonsten muss die Autorin und alle anderen akzeptieren, dass es sich um ein rechtstaatliches Dilemma handelt, das schlichtweg nicht lösbar ist.


QuoteSo, jetzt nochmal was...
DDM_Reaper20 gestern, 19:25 Uhr
...als Mann kann ich nur folgende Verhaltensregeln empfehlen, sollte ein Mann den Drang verspüren, mit einer Frau zu schlafen: 1. Sei absolut EHRLICH. Sage, was du willst, mit klaren Worten. --> "Willste ficken" ist "Wollen wir nicht schick was essen gehen und 'ne Runde tanzen" ganz klar den Vorzug zu geben, da mit ersterem ganz eindeutig geklärt ist, was der Abend bringen soll. Keine falsche Erwartungen wecken! 2. NIEMALS eine Frau mitnehmen (oder sich mitnehmen lassen), wenn Frau nicht den Eindruck erweckt, 100%ig Herrin ihrer Sinne zu sein. Das leiseste Anzeichen eines drohenden Kontrollverlustes von Seiten der Dame muss mit höflichem Rückzug beantwortet werden. 3. Es muss alles beweisbar sein. Die Bereitschaft zum Koitus muss von beiden Seiten lückenlos nachweisbar sein. Sprich: (Notariell) aufgesetzter Vertrag über den Beischlaf, von beiden Seiten zu unterzeichnen, im günstigsten Falle im Beisein zweier Zeugen (die sich, natürlich, per Personalausweis auszuweisen haben; Freunde des Mannes sind NICHT zugelassen). Natürlich muss ebenfalls genau Klarheit darüber geschaffen werden, was geht und was nicht geht. Die Benutzung von Kondomen bzw. deren Unterlassung ist festzuhalten (siehe Fall Assange!). Sollte die Frau sich bereitfinden, darauf zu verzichten, ist sie anzuhalten, dies leserlich (!) handschriftlich zu bekunden, versehen mit Ort, Datum, Uhrzeit, Unterschrift. Des Weiteren muss der eigentliche Akt natürlich aufgezeichnet werden, am besten mit mindestens vier Kameras (UHD-Auflösung dringend empfohlen, um Unklarheiten zu vermeiden). Alle 15 Sekunden sind dabei vom Mann sämtliche Aktivitäten einzustellen; dieser hat sich durch Nachfragen zu vergewissern, dass die Frau weiterhin seine sexuelle Aufmerksamkeit wünscht. Dies ist schriftlich festzuhalten! 4. Nach erfolgtem Verkehr haben beide Seiten schriftlich zu versichern, dass der Verkehr der Frau nicht aufgezwungen wurde; auch dies ist schriftlich zu fixieren. Kopien von der Videoaufnahme gehen an beide. 5. Am sichersten ist es, wenn beide Parteien nach erfolgtem GV unverzüglich eine Sexual-Ombudsperson aufsuchen, die beide Partner nochmals befragt, ggf. mittels Alkoholtester auf (Geschlechts)verkehrstauglichkeit überprüft und Kopien vom Video anfertigt, um nachträgliche Manipulationen ausschließen zu können. So, wem das jetzt arg zynisch rüberkommt: Wäre ich nicht verheiratet, und zwar mit einer Frau, die mir stets genau sagt, was sie will (und nicht will), würde ich mich ganz sicherlich an Punkt 1 halten (aber, sehr viel wahrscheinlicher, würde ich es ganz einfach bleiben lassen).


Quotehinschauen gestern, 19:45 Uhr
Und der umgekehrte Fall: Frau fasst Mann zwischen die Beine? Habe ich selbst erlebt und oft genug bei anderen gesehen, wenn Frauen stark alkoholisiert waren. Ich sagte "Nein", mehrfach - was nichts half. Selbst Wegdrücken half nichts. Und wenn ich dann darüber nachdenke, wegzuschubsen oder gar zu schlagen, bin ich ganz schnell in der Situation, dass ICH der Gewalttäter bin. Denn Beobachter, die sehen, dass ein Mann eine Frau schubst oder schlägt, fragen in der Regel nicht nach Umständen oder Gründen, sondern helfen sofort der Frau. Was lernen wir daraus: Die Realität, Frau Stokowski, und Ihre Vorstellungen passen oft schwer zusammen.



Aus: "Sexualstrafrecht: Wäre die Vagina doch ein Auto" Aus einer Kolumne von Margarete Stokowski (28.04.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/sexualstrafrecht-waere-die-vagina-doch-ein-auto-kolumne-a-1089732.html (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/sexualstrafrecht-waere-die-vagina-doch-ein-auto-kolumne-a-1089732.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 18, 2016, 09:21:51 AM
""Critical Whiteness": Die unsichtbare weiße Norm" Christoph David Piorkowski (17.05.2016)
,,Critical Whiteness", die "kritische Weißseinsforschung", versteht Rassismus als gesellschaftliche Struktur und beschreibt ,,Weißsein" als häufig unerkanntes Privileg.
Unmittelbar nach den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht titelte der ,,Focus" mit einem Bild, das einen von schwarzen Handflächen besudelten weißen Frauenkörper zeigte. Die physische Markierung der blonden Weißen durch die schwarzen Hände offenbarte dabei jene symbolische Markierung, mit der Menschen of Colour im Kontext einer ,,weißen" Wissensbildung bis heute versehen werden. Die Darstellung bediente sich des Stereotyps vom dunkelhäutigen, triebgesteuerten Orientalen als minderwertigem Gegenbild zum weißen, vernunftzentrierten Abendländer.
Rassismus hat trotz der wissenschaftlichen Diskreditierung des Rassekonzepts weltweit Konjunktur, zumal in Deutschland, wo sich die sogenannte ,,Volkszugehörigkeit" ungeachtet der Schoah bis heute über Abstammung definiert. Auch wenn sich die Gesetzeslage allmählich aufweichen sollte, ist das Ius sanguinis tief in den Köpfen der Menschen verankert.
Dass die Jurorin einer beliebten deutschen Casting-Show ihre dunkelhäutige Teilnehmerin auf deren vermeintliche Fremdheit verpflichtet, obwohl diese Deutschland als Herkunftsland aufführt, bringt die ganze Misere auf den Punkt. Nicht bloß wer in Sachsen ,,Wir sind das Volk" skandiert, auch wer einem Schwarzhaarigen mit dunklerem Teint zu seinen guten Sprachkenntnissen gratuliert oder fragt, wo dieser denn eigentlich herkomme, setzt deutsch mit weiß (und christlich) in eins.
Gerade vor dem Hintergrund der in Deutschland aufkeimenden Volksdiskurse lohnt ein Blick auf das in den letzten Jahren viel diskutierte, aus den Thinktanks der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung herrührende Konzept ,,Critical Whiteness". Anfang der Nullerjahre gelangte es unter dem etwas sperrigen Label ,,Kritische Weißseinsforschung" nach Deutschland und wird seither von verschiedenen Fachbereichen wie der Literaturwissenschaft, der Soziologie und der Afrikanistik rezipiert. Gleichzeitig haben die theoretischen Grundsätze Eingang in die antirassistische Praxis verschiedener Autoren- und Aktivistengruppen gefunden. Weit davon entfernt, eine einheitliche Theorie zu sein, ist den verschiedenen Ansätzen jedoch eines gemeinsam: Rassismus wird nicht als alleiniges Problem zu spät gekommener Hinterwäldler, sondern als eine die Gesellschaft strukturierende Matrix verstanden. ...
http://www.tagesspiegel.de/wissen/critical-whiteness-die-unsichtbare-weisse-norm/13600832.html


"Menstruation: Die blutige Revolution" Sophie Schimansky, New York (24. Mai 2016)
Plötzlich wird in den USA öffentlich über Menstruation gesprochen. Angestoßen hat die Debatte eine junge Unternehmerin mit provokanter Werbung für einen neuartigen Slip. ... Bisher behandeln Schulen Menstruation nur am Rande. Grundschülerinnen etwa werden an einem einzigen Tag über die Menstruation aufgeklärt, oft dürfen die Jungen in der Klasse dabei nicht anwesend sein. Gegenüber Männern erwähnen viele Amerikanerinnen das Thema nicht gern. Kein Wunder, da viele Männer das Thema entweder ignorieren, eklig finden oder schlimmstenfalls frauenverachtende Kommentare dafür übrig haben. Ein Beispiel dafür ist der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump. Vor laufender Kamera beleidigte er die TV-Journalistin Megan Kelly, indem er sagte, sie sei wohl gerade so bissig, weil sie aus den Augen und "woraus auch immer" blute. Firmengründerin Agrawal findet es unerträglich, dass öffentlich auf diesem Niveau diskutiert wird. "Ich will, dass Menschen über die Periode reden, ohne Scham zu empfinden", sagt sie. ...
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-05/menstruation-thinx-usa-debatte-slips


"Kalter Krieg der Geschlechter" Stephan Schleim (30.05.2016)
Ein wesentlicher Grundpfeiler feministischer Diskurse ist die Berufung auf die allgemeine Aussagekraft subjektiver Erlebnisse (engl. "lived experience") unter Rückgriff auf Arbeiten des Phänomenologen Wilhelm Dilthey (1833-1911). Das wird von manchen heute so verstanden, dass die geäußerten Erfahrungen einer Sprecherin nicht hinterfragt werden dürfen.
Erlebte Mikroaggressionen sind dann Mikroaggressionen, erlebte sexuelle Belästigungen sind dann sexuelle Belästigungen; und erlebte Vergewaltigungen sind dann Vergewaltigungen. Die "skeptische Feministin" Janet Radcliffe Richards, Professorin für Praktische Philosophie an der Oxford University, wies schon in den 1980er und 1990er Jahren wiederholt darauf hin, zu welchen Problemen in der Debattenkultur es dadurch kommt.  ...
So berichtete der Guardian, dass Diskussionen zu umstrittenen Themen wie Prostitution, Abtreibung, Islam oder Transgenderismus schwieriger und teurer durchzuführen würden; letzteres wegen kostspieliger Sicherheitsmaßnahmen. Aufgrund von Protesten hätten Veranstaltungen bereits wiederholt abgesagt werden müssen. ... Universitäten, einst ein Ort der (gerne auch kontroversen) Ideenvielfalt, würden sich zunehmend darum sorgen, niemandem emotional zu nahe zu treten. Ansonsten drohe ein Publicityschaden. ...
In der Debatte um Sexismus und Feminismus wird viel von Gleichberechtigung und Gleichstellung geredet. Wie hier gezeigt wurde, wird Gewalt gegen Männer von politischer und institutioneller Seite aber oft noch nicht einmal erhoben. Ich halte es für fraglich, ob die angestrebte, gerechte und gewaltfreie Gesellschaft erreicht werden kann, wenn man mehr als die Hälfte der Opfer schwerer Gewaltverbrechen schlicht aus der Diskussion ausklammert.
Diesem Widerspruch scheinen sich auch manche Feministinnen bewusst zu sein: Wenn das Normale nicht kriminell genug ist, dann kriminalisiert man eben das Normale. Hinweise darauf sind neben der einseitigen Definition von "Vergewaltigung" in den USA oder dem unplausibel weit gefassten Begriff der "sexuellen Belästigung" in der Prävalenzstudie des Frauenministeriums auch die Mikroaggressionen. Wie es ein Telepolis-Leser jüngst im Forum formulierte: Kommen als Nächstes noch Nano-, Piko- und Femtoaggressionen? ...
Für Männer sollte aber auch deutlich werden, dass sie den Diskurs darüber, wie Menschen im 21. Jahrhundert miteinander umgehen, nicht nur einer Seite überlassen können. Anzeichen eines Männer-sind-Täter-Denkens finden sich schon heute. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48267/1.html

QuoteGast-Redner, 30.05.2016 09:46

Sex, Aberglaube und Pseudomoral

Es ist immer wieder das Gleiche, in einer egoistischen Gesellschaft wird jedes Mittel genutzt, um sich Vorteile oder die Kontrolle über andere zu beschaffen. Männer tun das, Frauen auch.

Männer tun es, in dem sie Frauen jegliche Rechte absprechen und sie zu ,,Dingen" degradieren. Deshalb gibt es Zwangsheirat, in dem sich die reichen Männer die Frau aussuchen können und ohne sie umwerben zu müssen bekommen.
Frauen tun es, in dem sie eine opulente Feier verlangen (um den Stand sicherzustellen) und sich vertraglich versichern lassen, dass sie bis zum Tode versorgt wird, heute sogar zwei Mal. Das nennt man Heirat oder Eheversprechen.

Mit der Aufklärung wurden diese Muster etwas aufgeweicht und ummodelliert, aber ganz verschwunden sind sie nicht. Beispiel: als ich noch ein armer Student war und nur ein paar Jeans hatte, haben die Mädels oft die Augen verdreht, wenn ich mit denen ins Gespräch kommen wollte. Dabei hatte ich sehr, sehr viele ,,Freundinnen", die sich oft gemeldet haben, wenn sie Probleme beim Lernen oder mit dem Computer hatten, bei mir übernachten wollten oder Hilfe beim Umzug brauchten, oder wenn sonst was nicht in Ordnung war. Ganz verkehrt konnte ich so doch nicht sein, oder? Aber, zum Tanzen oder in den Urlaub gingen sie mit den Jungs mit den BMWs oder sonstigen Karren, mit den hübschen Anzügen und Goldkettchen. Sie waren in der Regel 2-3 Jahre älter, aus ,,gutem Hause" und kein Kind des Proletariats, wie ich.

Wo liegt das Problem? Es gibt viele Frauen, welche es als Belästigung ansehen, wenn sie jemand anspricht, der nicht der Qualitäten eines Clooneys oder Pitts hat, da kann man noch so charmant sein oder echte Gefühle zeigen. Aber, nicht jeder kann es eben so charmant rüberbringen und hat auch nicht die Kohle und den Flair dieser Omegas. Aber, die Frauen vergessen auch eins: auch sie sind nicht immer die Omegas, für die sich halten; was nutzt mir eine Hübsche, wenn ihre einzige Themen Klamotten und Nagellack ist und ihr einziges Interesse an mir ist, ob sie sich dann noch mehr Klamotten und noch mehr Nagellack leisten kann. Aber, um sowas rauszufinden muss Mann die Frau ansprechen und sie kennenlernen und sie muss fairer Weise ihm dazu eine Chance geben und nicht sofort ,,Belästigung" schreien.

Und das letzte: so viele gestörte Männer es geben soll, so viele Frauen gibt es auch. Frauen sind keine Engel, die nur ,,spielen" wollen, sie haben durchaus handfeste (biologische) Interessen. Es gibt Männer, die gegenüber Frauen gewaltig sind und das darf nicht toleriert werden. Es gibt aber auch sehr viele Frauen, die sehr gewalttätig sind, meist nicht körperlich. Aber, Liebesentzug, das permanente herumhacken am vermeidlich schlechtem Lebensstandard, das sie sich nichts leisten kann, dass sie daheim so viel arbeiten muss, diese permanente ,,Unzufriedenheit" tun dem Männern genau so weh, als würde man sie jeden zweiten Tag verprügeln und das meine ich wörtlich. Es gibt Studien die zeigen, dass seelischer Schmerz die gleichen Wunden und Traumata hinterlässt, wie körperlicher.

Und dass sollen Frau und Mann einsehen: sie sind zwei Teile einer Einheit, unterschiedlich, aber ergänzend. Keiner kann wirklich ohne den anderen glücklich leben. Deshalb sollten Frauen lernen, auch mal charmant zu sein, wenn ein Typ nicht gerade den(!) Einfall des Jahrhunderts hat, um sie anzusprechen und Männer sollten ab und zu zuhören, was uns die Mädels so erzählen.

Und für beide gilt: auf dem Teppich bleiben, sich auf Augenhöhe begegnen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (30.05.2016 09:49).


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 31, 2016, 09:47:05 PM
Quote[...] Die Künstlerin Sophia Hewson will das Thema Vergewaltigung entmystifizieren und die Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft aufbrechen. Daher stellte sie selbst eine nach. ... Mit Performance-Kunst möchte die australische Künstlerin Sophia Hewson auf die patriarchalische Natur von sexueller Gewalt aufmerksam machen: Sie filmte sich selbst bei einer ,,Vergewaltigungsdarstellung". Dafür lud sie einen fremden Mann mit dem Pseudonym ,,Bob" in ihr New Yorker Zuhause ein und filmte sich beim Sex.

Die 31-jährige Künstlerin thematisiert mit ihrem Video die Beziehung zwischen weiblicher ,,Objektivierung" und männlicher Dominanz. Sie versteht Vergewaltigung nicht nur als ungewollten Sexualakt, sondern als Teil unserer patriarchalischen Gesellschaftsordnung. Geht es nach der Künstlerin müsse man beim Kampf gegen die männliche Dominanz in der Gesellschaft genau an dieser Stelle ansetzen. ,,Wenn eine Vergewaltigung die ultimative Waffe zur weiblichen Beherrschung ist, dann untergräbt jede andere Reaktion als permanentes Betroffensein diese Beherrschung."

Die bewusste und freiwillige Entscheidung, das Gesicht einer Frau während der Vergewaltigung zu zeigen, sei laut Sophia der beste Angriff auf das Patriarchat. Damit die männliche Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft aufgehoben werden kann, müsse das Thema Vergewaltigung entmystifiziert werden.

... Laut Sophia leben wir in einer Welt, in der wir gezwungen werden, bei Vergewaltigungsverbrechen eine Entscheidung zu treffen: Ist sie eine tief bestürzte Frau oder ein schuldiges Flittchen? Ist er ein diabolischer Verbrecher oder ein gequälter Mann? Gerade auch Sophias selbst gewählte Opferrolle und der Sex mit einem fremden Mann im Namen der Kunst würde die Frage nahelegen: Wer benutzt hier wen?

... Ihr Video würde sich gegen die Scham und Stigmatisierung von Opfern von sexuellen Übergriffen richten. Es sei zudem eine Hommage an all jene Künstlerinnen, die ihren Körper bewusst dazu einsetzen, die patriarchalische Gesellschaftsordnung zu destabilisieren.

In einer Stellungsnahme auf ihrer Website schreibt Sophia: ,,Ich hatte nie Vergewaltigungsfantasien und empfand beim Dreh keinerlei körperlichen Gefallen." Das vollständige Video gibt es ausschließlich im Rahmen ihrer Ausstellung in Melbourne zu sehen.

...

Aus: "Künstlerin simuliert eigene Vergewaltigung, um männliche Dominanz aufzubrechen" Philipp Kienzl (05/2016)
Tags: Dominanz, Film, Geschlechterrollen, Kunst, Simulation, Unterdrückung, Vergewaltigung
Quelle: http://ze.tt/kuenstlerin-simuliert-eigene-vergewaltigung-um-maennliche-dominanz-aufzubrechen/ (http://ze.tt/kuenstlerin-simuliert-eigene-vergewaltigung-um-maennliche-dominanz-aufzubrechen/)


The video Untitled ("are you ok bob?") shows the face of the artist as she experiences a selforchestrated 'rape representation'. The scene was arranged and choreographed by the artist, it was also unsimulated and enacted by a stranger who came to her home. ...
http://media.wix.com/ugd/215773_71efbeec1afa42159d8250664abe9806.pdf (http://media.wix.com/ugd/215773_71efbeec1afa42159d8250664abe9806.pdf)

http://www.sophiahewson.com/ (http://www.sophiahewson.com/)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 11, 2016, 09:18:15 PM
Gina-Lisa Lohfink (* 23. September 1986 in Seligenstadt, Hessen)
https://de.wikipedia.org/wiki/Gina-Lisa_Lohfink

"Fall Lohfink: Pornhub löscht mutmaßliches Vergewaltigungsvideo" (11. Juni 2016)
Die Porno-Plattform Pornhub versteht es gute PR zu machen. Von einem Weltraumporno bis zu einem Masturbationsband – die Plattform weiß, wie sie Aufmerksamkeit auf sich zieht. Umso verwunderlicher ist der Fall um die Deutsche Gina-Lisa Lohfink. Sie steht wegen angeblicher Falschaussage vor Gericht. Vor vier Jahren hatte sie eine Vergewaltigung zu Anzeige gebracht. Dazu gibt es auch ein Video, in dem Lohfink mehrmals "Hör auf" sagt und um "Hilfe" ruft. Der Clip findet sich seit längerem im Netz – unter anderem auch auf Pornhub, wo das Video bereits mehr als eine Million Mal angesehen wurde. Erst als Spiegel Online die Plattform kontaktierte, wurde der Clip offline genommen. Das Video war auf Pornhub mehr als ein Jahr lang online. Offenbar war die Verbreitung des Videos bereits bei der Aufnahme geplant. Wenige Tage nach dem Vorfall im Juni 2012 wurde das Video Redaktionen angeboten und dabei auch als "Vergewaltigungsvideo" beworben. Nachdem niemand den Clip wollte, wurde dieser offenbar ins Netz gestellt, um die Frau zu demütigen. Einer der Männer wurde bereits verurteilt, weil er das Video verbreitet und damit gegen die Persönlichkeitsrechte Lohfinks verstoßen hatte. Die Plattformen, auf denen das Video eine lange Zeit zu sehen war, wurden nicht belangt. Auf Pornhub gibt es auch weiterhin kürzere Fassungen des Clips. In den Kommentaren dazu schreiben einige Nutzer, dass es sich dabei um eine Vergewaltigung handelt – reagiert wurde von der Plattform nicht und so sammelt das Video weiterhin tausende Klicks täglich. Die öffentliche Demütigung mit veröffentlichten Sexvideos im Netz ist kein neues Phänomen. Sogenannte Racheporno-Websites gab es bereits zuhauf und kommen immer wieder neu auf. Dort finden sich etliche Sexclips oder Nacktbilder, die während einer Beziehung aufgenommen wurden und nach dem Bruch online gestellt werden, um die Ex-Partnerin oder den Ex-Partner zu demütigen. ...
http://derstandard.at/2000038720961/Gina-Lisa-Lohfink-Video-von-Vergewaltigung-weiterhin-auf-Porno-Portalen?dst=

"Interview mit Gina-Lisa Lohfink: "Muss ich erst umgebracht werden?"" (11.06.2016)
..."Es kann nicht sein", sagt Lohfinks Anwalt Burkhard Benecken aus Marl, "dass meine Mandantin von der Justiz in eine Schublade gesteckt wird." Offenbar gelte das Motto: "Kurzer Rock, große Brüste - die taugt nicht als Vergewaltigungsopfer."...  SPIEGEL ONLINE: Viele Menschen machen Ihnen Mut. Wie erleben Sie diese Welle der Solidarität? Lohfink: Was da im Internet abgeht, ist unglaublich. Es rührt mich sehr, dass sich so viele Leute hinter mich stellen. Sogar A-Promis, Feministinnen, Menschen, die mich früher nie ernst genommen haben. ...
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-gina-lisa-lohfink-muss-ich-erst-umgebracht-werden-a-1097049.html


QuoteGina-Lisa Lohfink wehrt sich, doch das Ganze verkommt zur Boulevardposse, zum respektlosen Celebrity-Tratsch, zur Lachnummer – die für das Opfer auch noch teuer werden soll. Sie erhält einen Strafbefehl und soll wegen Falschbeschuldigung 24.000 Euro zahlen. Ich staune. Das Video, das die Übergriffe zeigt, wird lapidar als ,,Sex-Video" bezeichnet. Die Abwesenheit von Konsens ist also ,,Sex". Ich staune. Lohfink ist bei der Geschichte wahlweise ein ,,Busensternchen" oder die ,,wasserstoffblonde Hessin" – ich staune weiter.

Als Anfang dieses Jahres die US-amerikanische Sängerin Kesha Sebert dazu verpflichtet wurde, weiterhin mit ihrem Label Sony und ihrem ehemaligen Produzenten Dr. Luke zusammenzuarbeiten, war der Aufschrei groß. Weltstars wie Lady Gaga solidarisierten sich mit ihr, und auch in Deutschland verfolgte man den Fall mit Interesse und medial einigermaßen behutsam.

Als die Porno-Darstellerin Stoya via Twitter berichtete, dass ihr Ex-Freund sie während ihrer Beziehung vergewaltigte, hörte man ihr zu. Sie entfachte eine Debatte über sexuelle Gewalt in der Porno-Branche – und auch diese Diskussion reichte glücklicherweise bis nach Deutschland. Die WELT schrieb ein Porträt über Stoya, ein großes, ein respektvolles Porträt: ,,Sie liest Foucault, schreibt feministische Texte und hat einen weltberühmten Kollegen der Vergewaltigung bezichtigt: Stoya ist die neue Ikone der kritischen Intelligenz."

Keins der vielen Schmierblätter in Deutschland fand in den letzten Tagen ähnlich große Worte für Gina-Lisa Lohfink. Respekt und Solidarität – das sind Attribute, die viele deutsche Medien im Umgang mit Lohfinks Geschichte anscheinend unbedingt vermeiden möchten. Die Bildungsbürgernation-Schreibergarde weiß nicht viel anzufangen mit einer, die unter anderem durch GNTM, Big Brother, den Wiener Opernball bekannt wurde. Dabei führt Lohfink gerade stellvetretend einen wichtigen Kampf für viele – und erträgt stoisch Häme und Spott der Medien und Öffentlichkeit.

Die WELT, die Monate zuvor immerhin noch Stoya die Hand reichte, weiß heute über Gina-Lisa nur folgendes zu berichten:
Quote
    ,,Lohfink, der Name steht für Skandale, die meisten selbst inszeniert."

    ,,Die windige Geschichte von einem Sex-Video."

    ,,Hier eine Affäre mit einem bekannten Fußballer, dort ein Nackt-Shooting mit dem Playboy. Dazwischen Auftritte als DJane oder Jobs als Gesicht der Erotik-Messe Venus."

    ,,Das ist nichts Ungewöhnliches. Sie hat schon häufiger ähnliche Filme gedreht und im Internet vermarktet."

Zwischen all dem Victim-Blaming, dem Slut-Shaming, den ganzen Rape-Culture-Apologien, liest man dann Sätze wie diesen: ,,Aber in diesem Film wirkt sie wie ausgewechselt. Merkwürdig abwesend, nein, abwehrend. Sie liegt auf einer Couch, dreht den Kopf zur Seite und wiederholt immer dieselben Worte: ,,Hör auf!"

Eine Frau, die immer wieder dieselben Worte sagt: ,,Hör auf." Was will mir die WELT mit diesem Artikel sagen? Dass, wenn eine Frau mehrfach ,,Hör auf" sagt, es wichtig ist zu wissen dass sie ,,für Skandale, die meisten selbst inszeniert", steht? Dass, wenn eine Frau mehrfach ,,Hör auf" sagt, es wichtig ist zu wissen dass ihre Haare ,,wasserstoffblond" sind? Dass, wenn eine Frau mehrfach ,,Hör auf" sagt, man wissen sollte dass sie schon mal eine Affäre mit einem bekannten Fußballer hatte und im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auch eine Erotik-Messe promotet hat? Dass, wenn eine Frau ,,Hör auf" sagt, das ,,nichts Ungewöhnliches" ist, weil sie schon ,,häufiger ähnliche Filme gedreht und im Internet vermarktet hat"? Dass wegen all dieser Sachverhalte, wegen ihres Aussehens, ihres Lebens- und Kleidungsstils, ihrer beruflichen Tätigkeiten das ,,Nein" von Gina-Lisa Lohfink weniger wert ist? Das ,,Nein heißt nein" nur dann gilt, wenn... ja, wann eigentlich? Wenn eine Frau nicht wasserstoffblond gefärbte Haare hat? Wenn sie keine Erotik-Messen bewirbt?

Dabei reicht es, allein Lohfink zuzuhören: ,,Diese Videos zu sehen, ist der Albtraum", sagte sie vor ein paar Tagen. ,,Aber mir haben inzwischen so viele junge Mädels erzählt, dass ihnen auch schon solche Sachen passiert sind. Ich glaube, es hat schon Sinn, wenn ich das jetzt durchziehe. Nicht nur für mich, sondern für alle Frauen, denen nicht geglaubt wird."



Aus: "Gina-Lisa Lohfink: Wenn ein ,,Hör auf" nichts mehr wert ist" (6. Juni 2016)
Quelle: https://shehadistan.com/2016/06/06/gina-lisa-lohfink/ (https://shehadistan.com/2016/06/06/gina-lisa-lohfink/)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 12, 2016, 11:52:45 AM
Brock Allen Turner (born August 1, 1995) is an American convicted of sexual assault. He was a student and athlete at Stanford University who garnered international attention starting in early 2015 when he was arrested on five charges of rape. ...
https://en.wikipedia.org/wiki/Brock_Turner

,,Du kennst mich nicht, aber du warst in mir" Dobromila Walasek 7. Juni 2016 um 14:36 Uhr   
Der Fall Brock Turner ist derzeit in vielen US-Medien Thema Nummer eins. Was war passiert? Nach einer Verbindungsparty an der Elite-Universität Stanford im Januar 2015 vergewaltigte Turner eine Frau. Beide waren an dem Abend betrunken, die 22-Jährige, keine Studentin, war während der Gewalttat bewusstlos. Turner kam vor Gericht und wurde Anfang Juni dieses Jahres zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
Eine zu harte Strafe, findet Turners Vater. Schließlich seien es nur 20 minutes of action gewesen, nur 20 Minuten eines sexuellen Übergriffs – das schrieb er in einem Brief an den Richter. Die Stanford-Professorin Michele Dauber war daraufhin fassungslos. Sie postete einen Auszug des Briefes auf Twitter, wo die User bereits seit Tagen unter #BrockTurner über den Fall diskutierten. ... Brock Turner muss für nur sechs Monate ins Gefängnis, von denen er laut Guardian [http://www.theguardian.com/us-news/2016/jun/06/father-stanford-university-student-brock-turner-sexual-assault-statement] wohl nur drei wirklich absitzen muss. ...
http://blog.zeit.de/teilchen/2016/06/07/brock-turner-vergewaltigung-stanford-20-minuten/

QuoteE.Wald #1 

..."waren doch nur 20 Minuten"... ach ne, was für eine Argumentation.
...ja, natürlich habe ich meine Frau erschossen, aber das war ja nur ,,1 second of action", also quasi gar nichts. Das wäre ja voll ungerecht, wenn ich dafür ins Gefängnis müsste...


QuoteM.Punkt #2

Eine weitere Perfidität in diesem Fall ist ja auch die Begründung des Richters zur Haftstrafe – dem Armen würde man sonst Steine in den Weg legen, er ist schließlich ein begnadeter Schwimmer mit Ambitionen. Es ist einfach eine riesige Schweinerei, dass es zugelassen wird, das sozialer Status so einen Einfluss auf das Urteil haben kann. ...


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"Übergriffe auf Frauen Debatte über Sexverbrechen an Universitäten" Christiane Heil, Los Angeles (09.06.2016)
Das Urteil gegen einen Studenten der kalifornischen Stanford Universität, der eine 23 Jahre alte bewusstlose Frau nach einer Feier sexuell missbraucht hatte, hat in den Vereinigten Staaten die Debatte über Vergewaltigungen an Universitäten weiter befeuert. Nach Appellen von Dan Turner, dem Vater des verurteilten Brock Turner, den Studenten nicht für den Rest seines Lebens als Vergewaltiger abzustempeln, forderte unter anderen der Pastor John Pavlovitz ein Ende der traditionellen Schönfärberei sexueller Übergriffe auf dem Campus. ,,Brock ist in diesem Fall nicht das Opfer. Das Opfer ist das Opfer", ließ der Geistliche aus dem Bundesstaat North Carolina in einem offenen Brief wissen.
Trotz des Schuldspruchs wegen versuchter Vergewaltigung und sexueller Penetration mit einem Gegenstand hatte das Oberste Gericht des Bezirks Santa Clara den 20 Jahre alten Schwimmer der Hochschulmannschaft in der vergangenen Woche zu vergleichsweise milden sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Laut amerikanischem Justizministerium verbringen verurteilte Vergewaltiger in den Vereinigten Staaten durchschnittlich elf Jahre im Gefängnis. Nach dem Urteil hatten Hunderttausende Amerikaner bei der Petitions-Plattform ,,change.org" und auf der Website des Weißen Hauses den Rücktritt des Vorsitzenden Richters Aaron Persky verlangt. Der Jurist, der ebenfalls an der Stanford Universität studierte und auch das Lacrosse-Team der Hochschule trainierte, begründete das Urteil mit Turners übermäßigem Alkoholkonsum vor den Übergriffen.
Dan Turner, der Vater des Sexualstraftäters, hatte zuvor an den Richter appelliert, seinen Sohn nicht für ,,20minutes of action" mit Gefängnis büßen zu lassen, und damit der noch immer weitverbreiteten Ansicht beigepflichtet, es handele sich bei solchen Verbrechen um eine Art studentisches Männlichkeitsritual oder ein Kavaliersdelikt. Nach einer Studie des Justizministeriums in Washington wird mindestens jede vierte Studentin Opfer sexueller Übergriffe.
Während viele amerikanische Universitäten Missbrauch und Vergewaltigungen mit Rücksicht auf die eigene Reputation traditionell verschweigen, hatte die Universität von Stanford Brock Turners Tat im Januar 2015 umgehend angezeigt. ...
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/sexuelle-uebergriffe-an-amerikanischen-universitaeten-14278365.html

QuoteKavaliersdelikt?
Andreas Schenzle, 10.06.2016 12:33
Folgen  Die Frau war so übel zugerichtet, dass die Studenten, die sie gefunden haben, spontan weinen mussten. Blut überall. In der Scheide der Frau fand man Tannennadeln und Erde. Der Vergewaltiger wird vielleicht nach einem Monat wegen guter Führung entlassen. Das ist ein Skandal.


QuoteBemerkenswert wie über den Fall der Studentin,
Michael Müller   (Thiago1968) - 10.06.2016 08:48
Folgen  die monatelang aus Protest gegen ihre vorgegebene Vergewaltigung eine Matratze über den Campus schleppte und bei der massive Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit aufkamen nach dem der Fall überall auch in Deutschland breitgetreten wurde, medial hinweg gegangen wird. Stattdessen wird scheinbar jeder Fall einer Vergewaltigung an US-amerikanischen Universitäten, zum Anlass für einen Artikel genommen. Interessant wäre auch mal was zu lesen wie ein Mann verhindern kann, dass er nicht von einer Frau mit der er Verkehr hatte, Monate oder Jahre später angezeigt wird, ohne dass er schon nur durch die Anzeige massivste Nachteile erfährt, wie der Ex-Freund der Frau mit der Matratze.

QuoteIrgendwann muss es mit der Matratzen tragenden Frau auch mal gut sein
Folgen  Karla Hesse  (hessek) - 10.06.2016 14:51
Hier geht es aber nicht um eine Falschanzeige. Hier geht es um eine vergewaltigte Frau, an der man sich bewusstlos vergangen und Gegenstände in ihre Körperöffnungen eingeführt hat. Was meinen Sie, wie diese Frau jetzt durch das Leben gehen wird? Ehrlich gesagt, ist mein Mitgefühl mit ihr und jedem Menschen, dem sexueller Missbrauch widerfährt, größer, so wichtig ich den Schutz Unschuldiger finde und so sehr ich nachvollziehen kann, wie schlimm eine Falschanzeige ist.



QuoteAn alle, die jetzt relativieren
Jakob Fels  3  (Camenzind) - 09.06.2016 23:33
Folgen  und feministische Hysterie und "Hetze" beklagen: zeigen Sie zur Abwechslung mal etwas Empathie und stellen sich vor, es wäre Ihre eigene Tochter, die auf eine Eliteuni geht, an der es ein ganz normales "Männerritual" ist, sich ohne Einverständnis der Betroffenen am Körper einer Frau zu vergehen. Sind ja nur "20 minutes of action".

QuoteTja Herr Fels - und jetzt stellen Sie sich mal vor, Ihr SOHN würde zu Unrecht einer Straftat
Folgen  Mirco Hayen  13  (ebmile) - 10.06.2016 14:38
bezichtigt. Sein Ruf ruiniert, sein Job weg und 10 Jahre Gefängnis. Was sagen Sie dazu? Wie Herr Lyck sagt - wenn man das Thema in der Breite diskutieren will, muss man sich eben die Mühe machen, die Problemlagen auf BEIDEN Seiten zu sehen. Dieser "Stell Dir vor...Tochter"-Ansatz ist aber gänzlich einseitig, ebenso eine "uferlose" Definition von Belästigung, nur um auf hohe Zahlen zu kommen. Das hat dann auch nichts mit bagatellisieren zu tun, Frau Mertens, sondern ist schlichtweg (der Versuch?) einen halbwegs objektiven (!) Blick auf eine komplexe Diskussion zu werfen.


QuoteDanke, Herr Fels
Folgen  Cornelia Mertens  (cmert) - 10.06.2016 12:41
für ihren Beitrag. Wie die im Artikel beschriebene Vergewaltigung hier in manchen Leserbeiträgen bagatellisiert wird, ist wirklich unerträglich.



QuoteMit farbigen Amerikanern gehen die Gerichte nicht so schonend um
Karl Ries  (karl0066) - 09.06.2016 22:20
Folgen  Hätte ein farbiger Amerikaner diese brutale Vergewaltigung begangen, wäre er wohl für den größten Teil seines Lebens weggeschlossen worden, denn der Durchschnittswert von 11 Jahren kann anders überhaupt nicht zustande kommen. Sicher wird auch ein Weg gefunden, diesen Vergewaltiger wieder aus der Kartei für Sexualstraftäter zu löschen. Eigentlich hätte der Vater für diese ordinäre Einflussnahme auf den Richter ebenfalls gesiebte Luft atmen müssen. Was echte Moral betrifft, sind die Vereinigten Staaten sowieso das scheinheiligste Land auf Gottes Erdboden. Warum das so ist... das kann sich jeder selbst herleiten.


Quotedie Strafe könnte länger sein
Michael Zabawa  (verdienst) - 09.06.2016 22:14
Folgen  Selbstverschuldeter Alkoholkonsums entschuldigt doch wohl kaum einen Vergewaltigungsversuch. Jetzt kommt das "aber": aber wie lange muss eigentlich die Matratzen-Trägerin ins Gefängnis, die mit erwiesener Falschbeschuldigung das Leben ihres Opfers runiert hat? Wurde schon mal überhaupt jemand wegen erfundener Vergewaltigung in den USA belangt? Diese ganze Debatte hat doch schon ein "Geschmäckle".

QuoteVerzeihung, es handelt sich hier nicht um eine Debatte sondern um eine einwandfrei nachgewiesene
Folgen  Elisabeth Reinhardt  4  (celisa) - 10.06.2016 13:01
Vergewaltigung mit 2 Zeugen. Die Versuche einer Relativierung der Vergewaltigung einer bewusstlosen Frau hinter einem Müllcontainer und lächerlich geringen Bestrafung sind erschreckend.



Quote...mindestens jede vierte Studentin Opfer sexueller Übergriffe...
Sandra Haberger  1  (SandraH...) - 09.06.2016 20:50
Folgen  Eine Meisterstueck von Studie! Es wurden einige 100 Frageboegen an Studentinnen verschickt, um Anhaltspunkte um sexuelle Noetigung abzufragen. Es kamen nur eher wenige zurueck, naturgemaess diejenigen, die etwas anzukreuzen hatten. Diese wurden ausgewertet und wiederum auf die Gesamtheit hochgerechnet, so dass die Zahlen masslos ueberzeichnet sind. Saetestens wenn man nun liest, dass bei der Auswertung auch Dinge wie 'Haben Sie es am naechsten Tag schon mal bereut, mit einem Mann geschlafen zu haben?' als sexuelle Noeitgung gezaehlt wurden, leuchtet der Hintergrund ein, naemlich allem voran eine feministische Hetzjagd auf maennerdominierte Studentenverbindungen... Den geschilderten Fall vermag ich in diesem Zusammenhang nur schwer zu bewerten, aber offenbar waren beide derart betrunken, die junge Dame gar bewusstlos, so dass mir schon die Beweisfuehrung schleierhaft ist...

Quote@Frau Haberger:
Folgen  Karla Hesse  (hessek) - 10.06.2016 14:59
Ich helfe Ihnen auf die Sprünge: Einer bewusstlosen Frau wurden Gegenstände in den ihre Körperöffnungen eingeführt, es gab dafür Zeugen. Reicht das? In diesem Falle über "feministische Hetzjagd auf maennerdominierte Studentenverbindungen" zu sprechen macht mich fassungslos, besonders aus dem Mund einer Frau. Und ganz ehrlich: Wenn das zu einem Ende von fragwürdigen Initiationsriten von betrunkenen jungen Männern führt, dann wäre jede Frau, die an einer amerikanischen Uni studiert, sicher dankbar. Und nein, wenn jemand betrunken ist, rechtfertigt das gar nichts! Ja, betrunken macht man Dummquatsch. Aber der Alkohol allein lässt einen nicht denken, dass es doch irgendwie ganz lustig wäre, mal ne Frau zu missbrauchen. Oder machen Sie das so, wenn Sie betrunken sind?


QuoteDie Beweisführung war nicht schwierig
Folgen  Cornelia Mertens  (cmert) - 10.06.2016 03:15
die Frau war bewusstlos, der Typ noch nüchtern genug, um wegzurennen, als zwei vorbeikommen schwedischen Studenten, für die wohl sehr schnell klar war, was da passierte, ihn zur Rede stellen wollten.


QuoteMit einer bewusstlosen Person hat man keinen Sex!
Folgen  Alex Kaehny  (alex.ka...) - 09.06.2016 23:58
Ganz einfach


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"Rapist Brock Turner texted pals photos of victim's breasts" Xeni Jardin (12:36 pm Sat Jun 11, 2016)
Newly released court documents show that Brock Turner, the former Stanford student convicted of sexually assaulting an unconscious woman outside of a frat house, behaved in an "aggressive" and predatory way towards other women just one week before the attack. ...
http://boingboing.net/2016/06/11/rapist-brock-turner-texted-pal.html
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 15, 2016, 09:45:31 AM
"Der Einkommensunterschied ist noch viel größer" Henrike von Platen (14. Juni 2016)
Auf den Tag genau, am 14. Juni 1976, wurde das Familienrecht novelliert. Seither müssen Frauen nicht mehr ihre Ehemänner um Erlaubnis fragen, ob und wie viel sie arbeiten möchten. Seither dürfen sie frei und eigenverantwortlich über ihr Vermögen bestimmen und können ihre Arbeitsverträge ohne Unterschrift des Herrn Gemahl einfach selber kündigen.
Gesetze hinken der Realität meist hinterher: Die Novellierung von 1976 bildete gesellschaftliche Veränderungen ab, die sich in den Jahren zuvor Bahn gebrochen hatten. Doch wirklich normal war derlei noch lange nicht. Und ist es bis heute nicht: Erst jetzt wächst eine Generation von Frauen heran, für die Berufstätigkeit und ein eigenes Bankkonto – zumindest theoretisch – eine Selbstverständlichkeit ist; in der Praxis leider nur bis zur gläsernen Decke, dem ersten Kind oder beidem.
... Ob bereinigter oder unbereinigter Wert, ob 7 oder 21 Prozent, er ändert nichts an der dreckigen Realität: 77 Prozent aller Frauen zwischen 30 und 50 Jahren verdienen weniger als 1.500 Euro, und nur zehn Prozent haben ein eigenes Nettoeinkommen von mehr als 2.000 Euro. Nur 39 Prozent sind vollzeiterwerbstätig, 14 Prozent haben gar kein eigenes Einkommen, wie die Ergebnisse der aktuellen Studie Mitten im Leben. Wünsche und Lebenswirklichkeiten von Frauen zwischen 30 und 50 Jahren des Soziologen Carsten Wippermann zeigen.
http://www.zeit.de/karriere/2016-06/gleichberechtigung-lohnunterschied-maenner-frauen-jahrestag

http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Mitten-im-Leben-W_C3_BCnsche-und-Lebenswirklichkeiten-von-Frauen-zwischen-30-und-50-Jahren-Kurzfassung,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf


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"Brasilien: Sieben Männer wegen Gruppenvergewaltigung angeklagt" (18. Juni 2016)
Die Vergewaltigung einer 16-Jährigen durch mehrere Männer in einem brasilianischen Slum sorgte weltweit für Entsetzen. Jetzt startet der Prozess gegen die Verdächtigen.  ... Gewalt gegen Frauen ist in der brasilianischen Gesellschaft verankert: In Brasilien, das zweieinhalb Mal so viele Einwohner hat wie Deutschland, wurden laut dem Forum für Öffentliche Sicherheit (FBSP) etwa 48.000 Vergewaltigungen angezeigt. In Deutschland waren es etwa 7.000. Die Dunkelziffer ist sehr hoch; das FBSP schätzt, dass nur ein Drittel aller Fälle überhaupt zur Anzeige gebracht wird.  ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/brasilien-prozess-gruppenvergewaltigung-rio-de-janeiro

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"Jo Cox: Worüber niemand spricht" Birgit Gärtner (21.06.2016)
Die ermordete britische Parlamentarierin war Feministin; die Person, die ihr das Leben nahm, ein Mann. ... Britische Frauenorganisationen ordnen demzufolge den Mord an Cox ein in den Kontext "Gewalt gegen Frauen und Mädchen". Die Parlamentarierin sei die 57. Frau, die in diesem Jahr im United Kingdom (Großbritannien und Wales) von einem Mann getötet worden sei, heißt es auf der Webseite everydayvictimblaming. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48595/1.html

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"Sexuelle Gewalt: Stellung beziehen, Kampagnen starten - Fakten ignorieren" Twister (Bettina Hammer) (21.06.2016)
Der Fall Gina-Lisa Lohfink zeigt auf, was medial schief läuft. Gerade bei (vermeintlichen) Sexualstraftaten wird Recherche vernachlässigt. Die Politik instrumentalisiert fleißig mit. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48587/1.html


"Vorfilm: Gina-Lisa Lohfink" Thomas Fischer (21. Juni 2016)
Thomas Fischer ist Bundesrichter in Karlsruhe und schreibt für ZEIT und ZEIT ONLINE über Rechtsfragen. ...

Zum journalistischen Tiefpunkt der Woche erklären wir folgende Passage aus einem Bericht der Frauenzeitschrift Brigitte online zum "Fall Lohfink"...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/rechtspolitik-sexualstrafrecht-vergewaltigung-taeter-opfer-fischer-im-recht

QuoteFotobiene #5.14  —  vor 12 Stunden

Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Die Redaktion/ncg


QuoteHisFordship #9  —  vor 20 Stunden 28

Ich weiß nicht, woher Herr Fischer die Energie nimmt, sich in solcher Regelmäßigkeit an dem Thema Sexualrecht aufzureiben und mit den Nebelkerzen aufzuräumen - bin ihm aber zutiefst dankbar dafür.
Mir als junger, rücksichtsvoller und -leider- sexuell aktiver Mann wird bei der momentanen erkenntnisfreien Kampagnenpolitik Angst und Bange.


QuoteHfdvgf #10  —  vor 20 Stunden 13

Woher will der gute Herr Fischer das reale Ausmaßes sexueller Gewalt gegen Frauen beurteilen wenn häusliche Gewalt in vielen Kreisen weiterhin als private Sache angesehen wird und die angeblich nicht existenten Machtverhältnisse den Gang an die Öffentlichkeit bzw. ein Gericht verhindern. Nur wenn ein Nein im Gesetzestext als nein gilt wird die richtige Botschaft gesendet. Das Abtun des Filmes wie der gute Herr Fischer es tut ist eine gefährliche Botschaft an alle ,die Frauen nicht als mündige Menschen betrachten sondern offensichtlich als Freiwild oder persönlicher Besitz. Vielleicht würden aehnliche persönliche Erfahrungen wie die des Filmes Herrn Fischer die Augen oeffnen. Danke an den Justizminister dass er uns die Hoffnung auf Gerechtigkeit gibt. Es ist absolut notwendig dass die von ihm geplante Reform des Sexualstrafrecht (ein Nein ist ein Nein) verabschiedet wird.


QuoteFAR 3.0
#10.15  —  vor 3 Stunden

Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich und achten Sie auf einen respektvollen Umgangston. Danke, die Redaktion/jk


QuoteGMsecondbest #13  —  vor 19 Stunden 12

Ich bin begeistert. So viel zu lachen bei so viel Elend. Man kann nur den Kopf schütteln aber so geht es in vielen Bereichen. Interessen, Status-/Besitzstandswahrung, Berufssicherung, Ideologien etc. gehen vor Verstand, Fakten, Daten, Schriftkenntnis, Empirie etc. Wo ist die Aufklärung geblieben?


QuoteChetemti-biti #23  —  vor 19 Stunden 1

Die Vorwürfe gegen die Frauenqualitätspresse mögen ja zutreffend sein.

Aber in unserem Rechtssystem hat jeder Malefikant Anspruch auf Verteidigung und das Vorbringen von begründeten Zweifeln an seiner Schuld.

Könnte es nicht sein, daß der/die Journalist(in) in der Frauenzeitschrift im guten Glauben war, eine Kolumne zu schreiben und deshalb gnadenlos überziehen zu dürfen, Provokationen ohne oder mit schwacher Begründung hinwerfen zu dürfen, Ironie ohne Kursivschrift veröffentlichen zu dürfen und unseriösen Quellen blind vertrauen zu dürfen?

Mögen die Geschworenen das erwägen, bevor sie ihr Urteil fällen.


Quotemadmartigan #28  —  vor 19 Stunden 9

Auch die ZEIT hat sich im Fall der Frau Lohfink nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert; nach meiner Wahrnehmung gab es zahlreiche Artikel und Kommentare in denen die zuständige Richterin und die Staatsanwältin geschmäht wurden von der ZEIT und alle rechtsstaatlichen Prinzipien zugunsten der "guten Sache" mal eben über den Haufen geworfen wurden.

Der Blick hinüber zur Brigitte wäre also gar nicht nötig gewesen, tut der ZEIT aber natürlich weniger weh...


QuoteRinaco #37

Schön und gut mit dem Recht.
Nur frage ich mich nur schon langsam, ob die Rhetorik nicht eine Saat gießt, die sie besser nicht gießen sollte. Es applaudieren Genderskeptiker, was auch immer sie unter Gender verstehen, Anti-Feministen und Leute, die finden, dass es den Frauen bei uns eh schon viel zu gut geht.
Das kann sich der Kolumnist vielleicht nicht aussuchen, aber den Wind in den Segeln, schon beim Titel, geht auf ihn. Ein besonderes Danke für die Erwähnung der Lesben, die in der Diskussion bisher keine besondere Rolle gespielt haben. Aber nun es ist das Klischee, dass deren besonderes Hobby darin besteht, Männer zu hassen und sie notfalls über das Sexualstrafrecht endgültig unschädlich zu machen. Ich kenne nur kaum eine Lesbe, die so denkt oder sich überhaupt nur mit dem Thema auseinandersetzt und da ich selber eine bin, kenne ich schon ein paar.
Es gab in meinem persönlichen Umfeld interessanterweise nur zwei Fälle, wo Personen sich strafrechlich ungenügend geschützt gefühlt haben (ein Verfahren eingestellt, das andere Freispruch) und aus einer sexuellen Belästigung ein großes Thema gemacht haben. Beide waren Männer. Allgemein glaube ich, dass Männer deutlich empfindlicher reagieren, wenn sie von einem Mann unerwünscht angemacht werden als Frauen auf unerwünschte Anmachen reagieren. ... Aus meiner Erfahrung heraus, fühlen sich viele Männer schon von dem Gedanke männlicher Ausmerksamkeit sehr schnell angewidert. In einem Prozess ging es um einen spontanen, unerwünschten Kuss und ein Griff Richtung Beine in einer Zweiersituation. Das Opfer (selbst übrigens LGBT) wurde dadurch sehr erschüttert. Ein Freund von mir fühlte sich belästigt, weil ihm sein schwuler Mitbewohner mitgeteilt hat, wann er duschen geht. Einige Frauen, die ich kenne regen sich vielleicht mal kurz über männliche Anzüglichkeiten auf, einige betrachten es sehr locker, aber total krasse Reaktionen auf harmlose Anzüglichkeit habe ich eigentlich kaum erlebt, allenfalls wenn die Annäherungsversuche trotz offenkundiger Ablehnung weiter gehen. Ich gestehe, dass mein Umfeld aber nicht repräsentativ ist Fände es aber auf jeden Fall gut, wenn Mann-Mann Konstellationen mal mit eingebunden werden können, weil ich denke dass es Männern da leichter fällt, Empathie für den Belästigten zu entwickeln und wir mal von dieser Frauenlastigkeit der Debatte wegkommen.


Quotegeierwalli05 #37.17

Unter Antifeministen verstehe ich Männerrechtler. Und als Nichtfeministin bin ich keine Anitfeministin, sondern einfach nur Frau. Und ich möchte mir von niemandem mein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nehmen lassen, wurscht, ob Gender, Feminist, Antifeminist, Maskulist, afd, spd, csu, cdu, linke, ganz linke, grüne usw. Auch nicht von der Kirche.

Ja, die Frauenlastigkeit des Themas finde ich sogar belastend, vor allem finde ich diese ganze Instrumentalisierung und Opferdebatte unangebracht. Frauen grundsätzlich als Opfer zu sehen, lässt mich an Verkindlichung und Entmündigung denken. Sexualdelikte sind strafbar und das steht f mich ohnehin außer Debatte.
Was Übergriffe und Belästigungen betrifft, mag jeder andere Grenzen haben, dennoch weiß ich aus Erfahrung, dass Männer sehr wohl genau wissen, was Ihnen genehm ist und was nicht, also kann man dies auch Frauen zugestehen es selbst zu wissen, ohne großartige Kampagnen gegen die sexuelle Selbstbestimmtheit und Freiheit und mit Angstschürereien und Unwahrheiten was das aktuelle Strafbarkeit im Sexstrafrecht betrifft. Ich halte es für denkbar unsensibel und verantwortungslos mit dem Thema Sexualität falsche und kämpferische (Frauen)Politik zu betreiben.


QuoteRinaco #37.19

"Unter Antifeministen verstehe ich Männerrechtler."
Gut, soweit würde ich nicht gehen. Ich denke, dass Männerrechtler durchaus ein wichtiges Anliegen haben können und dass sich manches möglicherweise gut mit den Forderungen von (einigen) Feministen deckt. Zum Beispiel die Gleichberechtigung in Erziehung der Kind könnte z.B. so ein gemeinsames Thema sein. Ich glaube, man muss als MännerrechtlerIn nicht antifeministisch sein. Außerdem ist es natürlich (in meinen Augen) vollkommen legitiim in diesen Fragen gar keine Postion zu vertreten. Ich bin auch keine Feministin,
Nur, wenn man sich gegen Gender Mainstreeming, Feminismus, Masullinismus und die angebliche LGBT Ideologie positionosiert, sollte man schon wissen wovon man spricht... und das sehe ich bei den meisten, die das tun nicht gegeben.


QuoteCoMiMo #40 

Sehr geehrter Herr Fischer,
Man könnte Sie jetzt als den Sexisten darstellen, der Sie zu sein scheinen. Denn anscheinend reduzieren auch Sie Frauen nur auf ihr Äußeres.
"denn als Mensch mit dem Beruf "Vorzeigen-von-dicken-Silikonbrüsten"
Nach dem Satz haben Sie sich selbst demontiert und reihen sich ein in die Liste der Männer, die der Meinung sind, eine Frau, die immer so rumläuft hat doch selber Schuld und wollte es ja so.
Nein, wollte sie nicht! Frauen sind KEIN Objekt für Männer. Und wenn eine Frau nackt durch die Gegend läuft, hat der Mann seinen Schwanz in Griff zu haben.

Ich frage mich ehrlich gesagt, haben diese Ver... armen Jungs.. denn wenigstens eine Strafe bekommen, weil sie ohne Erlaubnis des Opfers das ganze gefilmt und dann auch noch auf eine Pornoseite gepackt haben? Oder gehört das heutzutage zum guten Ton eines Mannes alles zu filmen, sich dran hochzuwichsen und es anderen Männern als Wichsvorlage zur Verfügung zu stellen? ....


...

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 23, 2016, 04:10:56 PM
QuoteDie Kolumne "Fischer im Recht" von Thomas Fischer zur anstehenden Reform des Sexualstrafrechts entsetzt uns als Frauen, Menschen und Juristinnen.

Vor einigen Monaten hatte schon Renate Künast zu Fischers Positionen in der Debatte juristisch Stellung bezogen. Uns reicht es auch auf anderen Ebenen. 

Fischers Kolumne ist nicht nur eine Meinungskolumne; er schreibt als juristischer Experte. Und wie könnte man vergessen, welche Position er innehat: Immer wieder ruft Fischer in Erinnerung, dass er Richter am Bundesgerichtshof ist.   

Umso bedenklicher für diese staatsnahe Position: Er wählt einen Ton, der Frauen aufgrund ihres Aussehens und Verhaltens herabwürdigt und beleidigt. Wissenschaft und Fakten gegen "weibliche Hysterie". Dieses Muster ist altbekannt und absolut zynisch in einem Kontext, in dem es um Gewalt an Frauen geht. Fischer lenkt von den realen gesellschaftlichen Missständen durch juristische Wortklaubereien ab. 

Fischers Beitrag erinnert an eine Stammtischrunde. Ist sich ein Bundesrichter nicht einmal zu schade, sich darüber zu echauffieren, dass eine Frau, die er nur über ihre Brüste definieren kann, mehr verdient als er? So viel jedenfalls zu dem wissenschaftlichen Anspruch des Beitrages.

... Nur fünf bis zehn Prozent der tatsächlich strafbaren sexuellen Übergriffe werden angezeigt. Einer der Gründe für die geringe Anzeigebereitschaft ist das allgemeine Misstrauen, das einer Anzeige entgegengebracht und immer wieder durch den Fall "Kachelmann" belegt wird. Die Zahlen belegen allerdings etwas anderes als das, was oft behauptet wird: Der Anteil falscher Anzeigen liegt derzeit bei drei Prozent.

... Ausführungen wie die von Fischer spielen Männer und Frauen gegeneinander aus. Frauen sind unbekannte, feindliche Wesen. Die Menschen, die sich jeden Tag praktisch mit den Auswirkungen von rechtsfreien Räumen auseinandersetzen, wie etwa die Juristin Christina Clemm, diffamiert Fischer auf unkollegiale und niveaulose Art.

Was für ein Signal sendet er dadurch an alle Opfer von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt? Und zwar durch das Sprachrohr der Onlineredaktion einer der größten Wochenzeitungen Deutschlands?

Thomas Fischer ist Richter. Seine nicht enden wollenden Anführungszeichen stellen die Erfahrung sexualisierter Gewalt grundsätzlich infrage. Infrage zu stellen sind dadurch aber auch die Umsetzung der Grundsätze rechtlichen Gehörs und richterlicher Unparteilichkeit.

Gefragt ist Solidarität statt Hass.

...

QuoteS0T #3

Ich als Mann soll also kategorische Solidarität mit Frauen haben, werde aber im gleichen Atemzug kategorisch aufgrund meines Geschlechts als potenzieller Triebtäter und Schwerenöter behandelt.

Das stimmt irgendetwas nicht in der Argumentation.

Fakt ist doch, wer zu wenig Solidarität bekommt, ist der Mann. Frauen werden mittlerweile gefeiert und bevorzugt, weil sie eine Frau sind.


QuoteAquarelle #3.18

Das muss man nur hier im Forum beobachten. Männer fühlen sich permanent auf den Schlips getreten, weil die Mehrheit von sexuellen Straftätern männlich ist. Da wird dann nicht etwa gesagt, man schäme sich für seine Geschlechtsgenossen, weil es einem niemals einfiele soetwas zu tun, sondern es wird darauf hingewiesen, dass Frauen auch Täter sein können und daher per se keine Solidarisierung verdienen (natürlich gibt es die aber hier geht es nicht um ein 50/50 Verhältnis sondern um etwa ein Prozent).

Ich würde die Männer daher gerne dazu anhalten, mal darüber nachzudenken, wenn es denn die eigene Frau/Mutter/Tochter/Nichte beträfe, ob es dann nicht doch etwas anderes wäre.

... Bisschen mehr Empathie stünde einigen ganz gut zu Gesicht.


QuoteDas Gelbe vom Ei #10

Danke für diese Replik. Der äußerst polemische Beitrag von Herrn Fischer, in dem das Leid der Opfer in keiner Silbe anerkannt wurde, war - sorry für die Wortwahl - unter aller Sau. ...


Quotemenssana1 #12

Es ist auffällig, dass hier zwei Juristinnen nicht einmal den Versuch einer juristischen Argumentation machen. Das kann man Fischer jedenfalls nicht vorwerfen. Der eine rechtliche Hinweis, der hier erfolgt ist, kann selbst von einem juristischen Laien mindestens als Halbwahrheit entlarvt werden. Insgesamt ein Armutszeugnis.

"Außerdem bedeutet eine Falschanzeige noch lange nicht, dass eine Falschverurteilung folgt."

Diese Verharmlosung sagt ja wohl eigentlich auch alles. Auch ohne Verurteilung sind Ruf und weiterer beruflicher Werdegang doch ruiniert. Und es gibt bei weitem nicht nur das Beispiel Kachelmann. Das man nun als Mann, der noch nie jemandem etwas zu leide getan hat, pauschal dazu aufgefordert wird sich selbst "kritisch" zu hinterfragen. Ich werde mich nicht in Sippenhaft nehmen lassen, weil mein Geschlecht dem Zeitgeist zum Opfer gefallen ist.


QuoteLunaisabelle #16

Ich habe nun beide Artikel gelesen und so leid es mir tut und obwohl ich eine Frau bin, konnte ich Fischers Ausführungen besser folgen als diesen.
Sexuelle Gewalt soll strafbar sein, das ist klar. Aber ich gebe soweit Herrn Fischer recht, dass ein "Nein" durchaus in der Sexualität unterschiedliche Ausprägungen haben kann. Ich kann also durchaus im Rollenspiel "nein" sagen, es aber nicht so meinen. Aber vielleicht, später, wenn ich meinem Partner nicht mehr so gesonnen bin, dies gegen ihn verwenden. Wer will hier das Gegenteil beweisen. ...


Quote
frauhimmelblau #16.23

Mir geht es darum den Graubereich der Schutzbedürftigkeit darzustellen, denn diesen gibt es auch.
Und darum habe ich zu Ihrer Aussage geschrieben "es bringt nichts das eigene Verhalten als Norm für ein Gesetz heranzuziehen, denn es wird immer Abweichungen von dieser von einem als selbstverständlich empfundenen Norm geben". Das Gesetz berücksichtigt das sehr wohl in unterschiedlichen Paragraphen, die Leute hier, die gerne mal ihren eigenen Bauchnabel zum neuesten Leitparagraphen erklären wollen, klammern diverse Graubereiche jedoch vollkommen aus.

Aus diesem Grund finde ich es sehr gut, dass das "gesunde" und "normale" Empfinden von vielen Mitmenschen nicht in die Gesetze miteinfließt, die Welt und die Menschen selbst sind doch ein wenig komplexer und verdienen doch alle denselben gesetzlichen Schutz.


Quotetreehub #22

Schön von jemandem vom Fach eine moderate und konstruktive Meinung zu dem Thema zu hören. Herzlichen Dank für den Artikel!

Ich muss zugeben echt schockiert gewesen zu sein, als ich den ursprünglichen Artikel gelesen habe. Ich wusste noch nichts von Herrn Fischers journalistischen Eskapaden, habe nur gelesen dass er Bundesrichter ist und habe begonnen den Artikel zu lesen in der Erwartung eine fundierte und unparteiische Meinung zum Thema kennenzulernen. Vermutlich eine Annahme die bei jedem Thema zu dem sich Bundesrichter Fischer journalistisch äußert enttäuscht.

Was mich vor allem schockiert hat war die Vermutung dass Hormone das Denken eines Journalisten beeinflussen sollten ('Woraus sich das der Journalistin mit solcher Evidenz erschließt, dass die primitivsten Regeln ihres Berufs und die simpelsten Einsichten des Verstands bei ihr nicht mehr wirken, ist unbekannt. Ich fürchte: irgendwie aus den Hormonen'). Es gibt ja nicht viele Berufe wo ich ein aufgeklärtes Menschenbild für unerlässlich halte, aber Bundesrichter ist einer davon.

Schade, dass man ihn nicht frühverrenten kann. Dann könnte er sich ganz seinen 'Literarischen Ambitionen' hingeben. Oder eine boyband mit Sarrazin gründen.



Aus: "Sexualstrafrecht: Eine Vergewaltigung ist kein Hausfriedensbruch"
Gastbeitrag von Theresa Richarz und Franziska Brachthäuser (28. Juni 2016)
Er würdigt Frauen wegen ihres Aussehens herab und wischt ihre Gewalterfahrungen beiseite. Eine Replik auf die Kolumne "Fischer im Recht" von zwei Juristinnen.
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/sexualstrafrecht-thomas-fischer-bundesrichter-frauenbild-vergewaltigung/komplettansicht (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/sexualstrafrecht-thomas-fischer-bundesrichter-frauenbild-vergewaltigung/komplettansicht)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 23, 2016, 08:56:18 PM
Quote[...] [...] Frauen wie Gina-Lisa Lohfink, oder Ashley Youdan, die Ex-Freundin von David Garrett ... werden mit Begriffen belegt, wie "Ex-Party-Girl", "Ex-Porno-Sternchen" und nicht zu vergessen: "Luder". Ein Luder, das ist eine Frau, die viel feiert und viel Sex hat. Sie ist eben das, was andere als Schlampe bezeichnen würden. Luder klingt nur irgendwie verspielter, freundlicher. So berichtet die Bild-Zeitung des Öfteren von der "Luder-Liga", mit Titeln wie "Voller Körpereinsatz, wenig Talent, dafür viel Hinterlist – all das muss ein Luder bieten, um ganz vorne zu liegen". Bei diesem Lifestyle ist es doch kein Wunder, wenn dann so etwas passiert. Oder sogar: Haben Luder überhaupt Grenzen, die Männer überschreiten können?

"Luder" – steht in der Jägersprache für ein totes Tier, das als Lockmittel für Raubwild verwendet wird. Es ist die Verschriftlichung der visuellen Objektifizierung, ein sozial anerkanntes Wort, das unterschwellig klarmacht: Das ist eine Frau, die wir ungestraft verachten können. Frauen wie Lohfink werden in diesen patriarchalen Strukturen zu einem geeigneten Lockmittel für die Boulevardpresse – respektiert werden sie selten. Deutlich wird das besonders in der Art, wie darüber berichtet wird, wenn eine Frau einen Mann wegen Körperverletzung anzeigt, etwa im Fall von Garrett: "Die Vorwürfe des Garrett Luders" ist eine Schlagzeile der Bild, auch wenn noch niemand weiß, wer die Wahrheit sagt und wer nicht. Neutralität sieht anders aus.

Über Luder wird berichtet, zu Wort kommen lässt man sie jedoch selten. Sowohl für die vermutlichen als auch für die verurteilten Täter sieht es anders aus: So ist der angeklagte Garrett in der Bild mit folgendem Titel zu finden: "Ich kämpfe um meinen Ruf." Er wird angehört, ihm wird nicht misstraut. Und wenn ein Täter wie der Stanford-Vergewaltiger Turner eben nach anwaltlicher Beratung nicht selbst sprechen kann, so machen es die Medien für ihn: Er wird, nicht wie üblich mit dem polizeilichen Foto des Tattages abgebildet, sondern mit seinem Jahrbuchfoto, das ihn sympathisch lächelnd präsentiert und gleichzeitig seinen gesellschaftlichen Hintergrund vermittelt. In beiden Fällen kommen die Väter zu Wort: Garretts Vater hält es für ausgeschlossen, dass sein Sohn ein Gewalttäter ist, erfahren wir. Der Vater von Turner spricht ungeschickt von "20 minutes of action", also 20 Minuten Spaß, die seinem Sohn ungerechterweise das Leben ruinieren könnten. Die Boulevardpresse versteckt sich hinter der Aussage: Man berichte ja nur, was passiert.

Diese angeblich neutrale Berichterstattung bezeichnet die Klägerinnen als Luder und lässt die Täter sich selbst verteidigen. Die Täter müssen nicht mal selbst reden, um diese Sprechzeit zu bekommen. Das können auch ihre Angehörigen erledigen. Opfer wiederum werden, wenn sie doch selbst reden, in einem anderen Zusammenhang präsentiert. So hat ein Interview mit Lohfink eine andere Wirkung als eines mit Garrett, weil es mit "Das Luder packt aus" beworben wird. Ihre Mutter sagt in der Spalte daneben nicht aus, was Lohfink doch für ein fantastischer Mensch sei.

Luder haben eigentlich in der Boulevardpresse gar nicht zu sprechen, wenn ihre Worte ihre mediale Rolle dekonstruieren könnten und sie auf eine unbequeme Weise menschlich erscheinen ließen. Es würde die Narrative des Objekts zerstören, dessen Leben die Leser zur Ausschlachtung verbiegen können, wie sie wollen. Am Ende bleibt hängen: Luder wie Lohfink und Youdan können gar nicht missbraucht werden, denn sie sind eh schon kaputt. Sie haben sich längst selbst entwürdigt, zu Objekten gemacht. Und mit Objekten kann man machen, was man will. ...

QuoteFrl.Clarissa #34

"Neutralität sieht anders aus."

Diese Feststellung muss wohl leider für die gesamte, allgemein informierende Presse, von BILD bis ZEIT gelten. Vielleicht können Fachzeitschriften, die nur objektive Tatsachen berichten, falls die möglich ist, Neutralität für sich reklamieren. Das Kennzeichen der allgemeinen informierenden Presse, generell der Medien ist jedoch die Subjektivität, ob gewollt oder ungewollt.

Bei Themen der Sexualität kommt erschwerend noch, unser bis heute verklemmter Umgang mit der Sexualität hinzu. Dazu gehört auch, das mehr oder weniger von unseren tierischen Ursprüngen vererbte ausgeprägte Dominanzverhalten vieler Menschen, das man z. b. auch in sublimierter Form bei Menschen wie Hr. Thomas Fischer oder Fr. Alice Schwarzer zwischen den Zeilen erlesen kann.



QuotePipipapapobel #33

Luder ist doch kein Schimpfwort. Ich bin ein Luder, sowie meine Freundin.


QuoteKommentist #35

"Warum haben denn auf einmal diese biederen Feministinnen sich mit Lohfink, dem Sinnbild der objektifizierten Frau verbündet? Warum hören sie diesem Luder zu, glauben ihm gar?"

Meine Meinung: Weil sie diese Frauen nun als Opfer für ihre eigenen politischen Ziele instrumentalisieren können. Da wird dann aus dem "Luder, das an seinem Unglück selbst schuld ist" plötzlich auf magische Weise eine schutzbedürftige, unterdrückte Frau.


Quotedth #10

Ich finde solche Meinungsartikel, in denen Fälle als Beispiele herangezogen werden, über die auf Zeit-Online gar nicht umfassend berichtet wurde (wohl weil es eben eher Boulevard-Themen waren) immer fragwürdig. Ich muss dann erst einmal die Namen Googlen und auf irgend welchen Boulevard-Seitungen ein paar Schlagworte dazu zu finden, was das überhaupt für Fälle sind.

Boulevard-Medien gehen respektlos mit Menschen um, und zwar mit allen, und immer in der Weise, wie es die meiste Auflage entspricht. Das ist nicht schön, sagt aber auch nichts darüber aus was den "meisten Lesern bewusst" wird oder nicht. Die meisten Leser von Zeit-Online dürften keine Artikel lesen, wo es schon in der Überschrift um den "Sex-Mob" geht.

Auch wirft der Artikel völlig verschiedene Fälle zusammen, Lohfink, die von einem deutschen Gericht vielleicht auch nicht völlig grundlos wegen Falschverdächtigung beschuldigt wurde. Detailiert hat die Zeit sich dieses Themas nie angenommen. Von den Männern habe ich hier genau so wenig Statements gelesen wie von Lohfink.
Dann ein Staargeiger, der irgendwie eine gerichtliche Auseinandersetzung mit seiner Ex-Frau hat, wo es um was weiß ich genau geht. Einen veruteilten amerikanischen Vergewaltiger, von dem das Polizeifoto nicht veröffentlicht wurde. (Ja, regen sich in den USA Leute drüber auf, aber bei uns würde das Foto wohl eher grundsätzlich nicht veröffentlicht.) Also alles irgendwie wirr.

QuoteSuderwicker #10.1

Falls Sie die Klammer, die die verschiedenen Fälle zusammenführt, nämlich die unterschiedliche Behandlung der männlichen und weiblichen Rollen in der Berichterstattung, nicht sehen, liegt das nicht daran, dass der Artikel wirr wäre, das ist er nämlich nicht. Er zeigt einfach nur verschiedene Fälle eines Symptoms.
Ihre Begriffswahl "Meinungsartikel" interpretiere ich in der gleichen Richtung, wie manche Foristen fehlende Objektivität bemängeln, was als Vorwurf natürlich vollkommen fehl geht, da namentlich gezeichnete Artikel immer subjektiv und eine Meinung sind, über deren Berechtigung man dann streiten kann.



QuotevonZeitzuZeit #13

Diese Frauen finanzieren sich ein weitgehend arbeitsfreies Leben und einen "Promistatus" mit ihrem Luderimage. Es geht nicht darum, ob z.B. ein kurzes Röckchen tragen oder ähnliches, sondern darum, dass dieses Image ihr Kapital ist und gepflegt wird. Sie wollen ein Publikum, aber dem Publikum bieten sie nichts anderes - kein künstlerisches oder intellektuelles Angebot - als eben Gaffobjekt zu sein.

Ich bin sicher, bevor es ernst wurde freuten sie sich über "Taglines" wie "Party-Luder" und "Sex-Symbol", sicherte es sich doch einen Strom von Aufträgen und Gagen aus den entsprechenden "Formaten" im Unterschichten-TV.

Ausdrücklich: Das rechtfertigt KEINERLEI Übergriffigkeiten oder gar Vergewaltigungen.

Aber jetzt plötzlich so zu tun, als ob das alles nur die bösen Medien waren, oder gar zur Ikone des Feminismus hochgejubelt zu werden, sorry, aber das ist Heuchelei pur! Ganz besonders auch von den Feministen für die eine Gina-Lisa und ihr (öffentlicher) Umgang mit Männern vorher ganz sicher ein tiefrotes Tuch war, von Pornosternchen ganz zu schweigen.

Quote
Moritz.Grattke #13.1

...aber auch Pornosternchen sind Menschen und haben Respekt verdient. Immerhin verkaufen sie Leistungen, die auch genutzt werden. ...



QuoteGordonShumwayne #39

Zu erwähnen wäre, dass in den amerikanischen Filmen, die wir schon als Kinder gesehen haben, die Frau "Nein" sagt und sich wehrt, der Held sie trotzdem zu sich zieht und Küsst, und die Frau dann nachgibt und sie leidenschaftlich Sex haben und ein perfektes Paar werden.

QuoteFrl.Clarissa #39.1

Ja so stellen sich das Männer gerne vor. Die Frau als Sexualobjekt, das selbst nicht weiß, was gut für Sie ist.

Um sich diesen primitiven Chauvinismus zu vergegenwärtigen, empfehle ich allen von dieser Vorstellung auch heute noch faszinierten Männer: Stellen Sie sich diese Szene mit vertauschten Rollen vor, auch wenn Sie natürlich Ihrem Weltbild widerspricht. Dann werden Sie vielleicht verstehen, wie bizarr sich diese Vorstellung anfühlt.



Quote
Shinee #46

Ich hab den Eindruck, das Thema ist vermintes Gelände.
Egal wie man sich äußert, man wird zu 98% falsch liegen
bzw. macht sich leicht angreifbar. Ich hab das Wort "man"
verwendet, schon bin ich geliefert.

Das Thema "Sexismus" ist schon schwierig genug,
verbunden mit einer Vergewaltigung, bei es keine Zeugen gab,
ein absolutes Katastrophengebiet.



Aus: "Das Luder spricht" Penelope Kemekenidou (23. Juni 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-06/sexismus-vergewaltigung-luder-medien-sprache-boulevardpresse (http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-06/sexismus-vergewaltigung-luder-medien-sprache-boulevardpresse)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 27, 2016, 11:12:48 AM
Quote[...] Für die Glücklichen, die die mediale und Online-Schlammschlacht der letzten beiden Wochen nicht mitbekommen haben, hier eine kurze Zusammenfassung: Am 1. Juni 2012 kam es zu sexuellen Handlungen zwischen Gina-Lisa L., Pardis F. und Sebastian C. Am nächsten Tag boten die beiden Herren ihre Handyaufnahmen mit der Beschreibung ,,Vergewaltigungsvideo von Gina-Lisa!! Nagelneu" verschiedenen Redaktionen zum Kauf an. Lohfink erstattete Anzeige – zuerst, weil Pardis F. und Sebastian C. das Video inzwischen über Pornhub online gestellt hatten, und danach auch wegen möglicher Vergewaltigung, da sie sich nur bruchstückhaft an die Nacht erinnern konnte: Filmriss.

Doch obwohl sie in dem Video wiederholt ,,Hör auf" sagt, konnte die Staatsanwältin darin keine Vergewaltigung erkennen – mit der fantasievollen Begründung, dass sich das ,,Hör auf" ja ,,nur" auf bestimmte sexuelle Handlungen und nicht auf den Geschlechtsverkehr per se bezogen haben könne. Na und? Schließlich ist auch das Ausüben von ungewünschten sexuellen Handlungen ein Überschreiten von Grenzen.

Doch: Halt, stopp. Auch wenn sich ,,Hör auf" auf den gesamten Geschlechtsverkehr bezogen hätte, wäre das nach dem zurzeit geltenden § 177 keine Vergewaltigung. Denn danach muss sich ein Opfer tätlich wehren. ,,Nein"-Sagen reicht nicht aus. Die einzige Ausnahme ist, wenn ,,das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist", etwa nicht fliehen kann. Doch kann man in dem Video keine Drohungen hören, sondern nur ,,Hör auf". An dem Punkt kommen die K.O.-Tropfen ins Spiel, und es wird spekulativ: Gina-Lisa vermutet, ihr Filmriss könne an K.O.-Tropfen gelegen haben. Damit wäre der Straftatbestandteil einer Vergewaltigung erfüllt. Bloß lassen sich K.O.-Tropfen nur verhältnismäßig kurz im Blut nachweisen, zu kurz, um Lohfinks Annahme zu beweisen. Das muss ich nicht schön finden, aber das kann ich respektieren. Nicht respektieren kann ich allerdings, dass im Umkehrschluss daraufhin Gina-Lisa wegen Falschbeschuldigung angeklagt und zu 60 Tagessätzen à 400 Euro – also 24.000 Euro – verurteilt wurde!

Andere und kluge Journalist*innen haben die hämische Berichterstattung bereits ausführlich analysiert. ,,Die Welt" schoss den Vogel ab, indem sie es schaffte, in einem einzigen Artikel zu erklären, ,,Sie hat schon häufiger ähnliche Filme gedreht und im Internet vermarktet" – als wären freiwillige Sexfilme und Aufnahmen einer mutmaßlichen Vergewaltigung dasselbe –, nahezulegen, dass das Ganze ein Publicity Stunt sein könnte (,,Lohfink, der Name steht für Skandale, die meisten selbst inszeniert"), sowie nicht unerwähnt zu lassen, dass sie sich ,,die Brüste vergrößern" lassen hat, und sogar noch ihre Haarfarbe ins Spiel zu bringen (,,die wasserstoffblonde Hessin"). Auch sonst wurde Lohfink gerne so beschrieben, als wäre sie eine Aufblaspuppe, die sich danach unerklärlicherweise darüber beschwert, auch so behandelt zu werden. Herzlichen Glückwunsch, liebe ,,Welt"-Autorin, Sie liegen 42 Jahre hinter der Zeit zurück! Seit 1974 ist die (sexuelle) Vergangenheit einer Frau, die eine Vergewaltigung anzeigt, nicht mehr Gegenstand der gerichtlichen Verhandlung.

Besonders absurd sind die Vorwürfe, ,,das Busenwunder" (,,Promiflash") wolle mit ihrer Anzeige nur Aufmerksamkeit erheischen. Kein Problem, dann berichtet doch einfach nicht darüber. Dabei hatte ursprünglich gar nicht Gina-Lisa Lohfink die Polizei eingeschaltet, sondern die Redaktionen, denen das ,,Vergewaltigungsvideo" angeboten worden war, und die es – das muss lobend erwähnt werden – nicht gekauft hatten.

Nun habe ich es mir nicht angesehen, auch nicht zu Recherchezwecken, da sie explizit geäußert hat: Sie will nicht, dass sie jemand so sieht. Aber ich habe die Beschreibungen gelesen, nach denen sie darin ,,merkwürdig abwesend" wirkt. Der Verdacht, dass sie unter dem Einfluss irgendwelcher Substanzen gestanden hat, ist also nicht vollkommen aus der Luft gegriffen und diesen Verdacht äußerte sie. Mehr nicht.

Daraus kann nur eine Lüge konstruieren, wer in der Lage ist, Gedanken zu lesen. Außerdem geht es bei einer Anklage ja gar nicht darum, die Wahrheit zu sagen – was auch immer die Wahrheit ist –, sondern nach bestem Wissen und Gewissen auszusagen. Das ist eine wichtige Unterscheidung, weil davon unsere Rechtsstaatlichkeit abhängt, die unter anderem darauf basiert, dass wir, wenn wir das Gefühl haben, uns wird Unrecht zugefügt, dagegen klagen können – und zwar jede*r und ohne Angst, dass fehlende Beweise oder ein unvollständiges Wissen gegen uns verwendet werden. Wie in dem Fall Gina-Lisa Lohfink.

Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass sie mit ihrem Einspruch Erfolg haben wird. Wenn nicht, würde das einen Präzedenzfall kreieren, der unsere Demokratie infrage stellt. Nicht, weil einer Frau, die eine Vergewaltigung angezeigt hat, nicht geglaubt wurde, sondern weil das Risiko, dabei selbst verurteilt zu werden, so groß wäre, dass damit de facto der §177 StGB gegenstandslos würde. O-Ton Gina-Lisa Lohfink: ,,Wenn ich noch einmal vergewaltigt werde, gehe ich sicher nicht zur Polizei."

Für mich ist es ein wenig befremdlich, dass allerorten über Glauben oder Nicht-Glauben gesprochen wird, als wären wir in der Kirche. Genauso wie ich es – höflich ausgedrückt – überraschend finde, dass ein Gutachter anhand des Filmmaterials entschied, es bestünden keine Anzeichen für K.O.-Tropfen oder einen Filmriss. Doch ein Filmriss ist von außen gar nicht erkennbar. Eine Bekannte von mir hatte einmal auf einer Party einen Filmriss und fragte am nächsten Tag erschrocken, was sie während der Zeit angestellt habe. Wie sich herausstellte, hatte sie die Wohnung geputzt und alle Gläser gespült, ohne dass die anwesenden Gästen ihr irgendetwas anmerkten.

Auch das lächelnde Foto von Gina-Lisa am nächsten Morgen beweist lediglich, dass sie gelächelt hat. Weil sie ihren Peinigern vorspielen musste, dass alles in Ordnung sei, damit sie sie gehen ließen (Gina-Lisa), oder weil alles in Ordnung war (die Staatsanwältin), lässt sich daran weder beweisen noch widerlegen. Fotos sind kein Wahrheitsserum, sondern nur im Kontext verständlich. Bühne auf für das Video, anhand dessen die Nation seitdem orakelt, dass es eindeutig eine Vergewaltigung war, respektive eindeutig keine Vergewaltigung war. Und, wisst ihr was? Das ist nicht das erste Mal.

1999 schrieb der Fall Lisa Gier King gegen Mike Yahraus Geschichte, weil es damals ebenfalls (Super-8-)Aufnahmen des Geschehens gegeben hatte. Überhaupt hört sich die ganze Geschichte so an, als würden lediglich die Namen Lisa Gier gegen Gina-Lisa ausgetauscht: Lisa Gier King, die als erotische Tänzerin bei einer Feier der Bruderschaft Delta Chi an der University of Florida aufgetreten war, zeigte Mike Yahraus am nächsten Morgen an, sie vergewaltigt zu haben. Nach Sichtung des Filmmaterials ließ die Polizei die Klage gegen ihn jedoch fallen und ermittelte stattdessen gegen sie: wegen Falschaussage. Massive Proteste der National Organization of Women sorgten dafür, dass auch diese Anklage fallen gelassen wurde. Daraufhin entschied der Staatsanwalt, das Super-8-Material herauszugeben, damit die Öffentlichkeit sich selbst eine Meinung bilden könne. Was diese auch fleißig tat – und die Aufnahmen für 20 $ weiter verscherbelte.

Abgesehen von den rechtlichen Problemen – vor allem bezüglich des Persönlichkeitsschutzes – wurde dadurch nichts klarer. Noch 2001, als der Fall in dem Dokumentarfilm ,,Raw Deal. A Question of Consent" – mit Genehmigung Lisa Gier Kings und unter Verwendung des Originalmaterials und extensiver Interviews mit allen Beteiligten – aufgearbeitet wurde, blieben am Ende mehr Fragen als Antworten. ,,Wahrheit" wird über einen gesellschaftlichen Diskurs konstruiert, durch die Produktion von Bildern zusammen mit ihren möglichen Deutungen und durch die Akkumulation von Wissen und Gewissheiten. ,,Menschen glauben etwas in der Regel nicht erst, nachdem sie es gesehen haben, sie sehen es nur, wenn sie es bereits glauben – abhängig von ihrer vorherigen Lebenswelt und welche Medien sie konsumieren", erklärt der Filmhistoriker Frank Tomasulo in seinem 1996 erschienenen Essay  ,,I'll see it when I believe it". Deshalb tragen wir als Journalist*innen eine besondere Verantwortung, wenn wir Vergewaltigungsfälle vor dem Gericht der öffentlichen Meinung verhandeln.

Dazu gehört, den Blick von Gina-Lisas Busen zu lösen, ebenso wie zuzugeben, dass es viele Dinge gibt, die wir nicht wissen und auch nicht beurteilen können. Das ist eines der strukturellen Probleme von Vergewaltigungsprozessen. Dass das schwer auszuhalten ist, führt zu Vorverurteilungen – von vermeintlichen Opfern ebenso wie von vermeintlichen Tätern. Und es gibt ja tatsächlich Falschbeschuldigungen. Darüber, wie hoch deren Prozentsatz liegt, lässt sich streiten, nicht aber, dass sie für die Menschen, die fälschlicherweise einer Vergewaltigung beschuldigt werden, extrem traumatisierend sind. Außerdem führen in Deutschland Anzeigen wegen Falschbeschuldigungen noch seltener zu einer Verurteilung als Anzeigen wegen Vergewaltigungen.

In ausgleichender Ungerechtigkeit nun aber Gina-Lisa Lohfink der Falschbeschuldigung zu verurteilen, hilft niemandem. Ganz im Gegenteil stellt es die wenigen erfolgreichen Verurteilungen wegen Falschbeschuldigung infrage. This way madness lies.

Fakt ist doch, dass die beiden Herren umgehend versuchten, aus ihrem erschlichenen Video Geld zu machen. Das ist nicht die Handlung von Menschen, denen es um Einvernehmlichkeit und Respekt geht. Diese Handlung ist in Deutschland nicht Teil des Sexualstrafrechts, aber sie zeigt, dass Lohfinks Verdacht, auch ansonsten könnte über ihren Willen hinweggegangen worden sein, keineswegs aus der Luft gegriffen ist.

Ich kann nachvollziehen, dass nicht nachweisbar ist, ob die beiden oder irgendjemand Gina-Lisa mit Absicht etwas in ihren Wodka Red Bull getan hat, um sie daraufhin vergewaltigen und filmen zu können – und ein solcher Vorsatz in einem Gerichtsverfahren nachgewiesen werden muss –, und dass Gerichtsprozesse genauso wenig wie Vergewaltigungen so aussehen wie im Kino. Was ich jedoch nicht nachvollziehen kann, ist: Warum hat es einen Monat gedauert, bis die Wohnungen der mutmaßlichen Täter durchsucht und weiteres Videomaterial sichergestellt wurde? Wie kommt es, dass das Video ein Jahr lang online war und von mehr als einer Million Menschen gesehen wurde und immer noch – wenn auch in gekürzter Form – im Internet anschaubar ist?

Wie kann es angehen, dass Lohfink im Gerichtssaal von Zuschauer*innen als Hure beschimpft werden kann und die Personalien dieser Personen nicht einmal aufgenommen werden? (Was ja so schwierig nicht sein sollte, weil sie darüber hinaus den anwesenden Journalist*innen weiteres Videomaterial angeboten haben.) Aber vor allem: Wieso ist das überhaupt ein öffentlicher Prozess? Ich bin der Ansicht, wir sollten Vergewaltigungsfälle unter Ausschluss der Öffentlichkeit – mit Ausnahme von engen Freund*innen, die zur Unterstützung von Kläger*innen und Angeklagten mitkommen – verhandeln. Und möglichst wenig reißerisch darüber berichten. Denn offensichtlich sind nicht nur die Staatsanwältin, sondern auch wir als Öffentlichkeit nicht besonders gut darin, sensibel mit der unordentlichen Realität umzugehen.

Auch wenn Gina-Lisa Lohfink aussieht, als würde sie einen zum Frühstück verspeisen, wenn man ihr blöd kommt, ist es doch gerade das, was sie sympathisch macht. Ihr Spruch ,,Zack, die Bohne", mit dem sie als Teilnehmerin von ,,Germanys Next Topmodel" bekannt wurde, ist deutlich erfrischender als das sonst dort übliche: ,,Bin ich zu dick?" Gina-Lisa ist nicht nur kein typisches Opfer, sie ist überhaupt kein Opfer, sondern eine Person, der ein Unrecht angetan wurde und die das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl hat, sich dagegen zu wehren. ,,Was da mit mir gemacht wurde, ist unter aller Sau." Davon können wir viel lernen.

Ich liebe Gina-Lisa für Aussagen wie ,,Eher spende ich das Geld an bedürftige Menschen und gehe in den Knast" sowie dass sie eine Stiftung für Opfer sexueller Gewalt gegründet (mit kostenloser Erstberatung bei geschulten Sozialarbeiter*innen und Anwält*innen) und Justizminister Heiko Maas eingeladen hat, sich ihren Prozess anzusehen, um zu erfahren, was ,,in den deutschen Gerichtssälen vor sich geht". So macht man das.

Deshalb werden wir am 27. Juni sagen können: Von Gina-Lisa lernen, heißt siegen lernen.


Aus: "Weshalb Gina-Lisa Lohfink unsere Heldin ist" Dr. Mithu Melanie Sanyal (22. Juni 2016)
Tags: Feminismus, Frauen, Gewalt, Gina Lisa, Gina-Lisa Lohfink, Sexualstrafrecht, Vergewaltigung
Quelle: http://ze.tt/warum-gina-lisa-lohfink-unsere-heldin-ist/?utm_campaign=zonparkett&utm_medium=parkett&utm_source=zon (http://ze.tt/warum-gina-lisa-lohfink-unsere-heldin-ist/?utm_campaign=zonparkett&utm_medium=parkett&utm_source=zon)

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Quote[...] Die Aufregung um das angebliche Vergewaltigungsopfer Gina-Lisa Lohfink, der falsche Verdächtigung vorgeworfen wird, steht im Kontext einer fragwürdigen geplanten Reform des Sexualstrafrechts. ... Heute wird in Berlin der Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink fortgesetzt. Lohfink, Model und Fernseh-Persönlichkeit, hat gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt, der ihr zur Last legt, zwei ihrer Sexualpartner, die einen ,,Dreier" mit ihr gefilmt und ein Video verwendet haben, um sich wichtig zu machen, wissentlich falsch der Vergewaltigung beschuldigt zu haben. Zunächst einmal ging es Lohfink nur darum, ihr Persönlichkeitsrecht zu schützen und die Verwendung dieses Materials zu untersagen (Bundesdatenschutzgesetz).

Erst als die an Bild-Zeitungund andere Blätter und Sender unerlaubt geschickten Intimfotos von der Staatsanwaltschaft nicht beschlagnahmt und nicht aus dem Verkehr gezogen worden waren, änderten Frau Lohfink und ihr Anwalt ihre Strategie. Die nun selbst Angeschuldigte erstattete Strafanzeige gegen die beiden Männer und behauptete, mit K.-o.-Tropfen betäubt gewesen zu sein. Angesichts des mitgelieferten Schnitts aus den zahlreichen Videos widerspricht dies jeder Plausibilität, belegt also den Vorwurf der Falschanzeige.

Auf dem Ausschnitt ist zwar ,,Hört auf" zu hören, aber schaut man sich alle Videos – und nicht nur den einen Ausschnitt – an, dann erscheint es sehr wahrscheinlich, dass dieses ,,Nein" nicht gegen den Sex als solchen, auch nicht gegen einzelne Praktiken, sondern ausschließlich gegen das Filmen gerichtet war. Ein Gericht wird das alles klären.

... Die Kampagne ,,Nein heißt nein" erleichtert Falschbeschuldigungen. Gefordert wird unbestimmtes, subjektiv formuliertes Strafrecht. Der neue Vergehenstatbestand und die neu gefassten Verbrechenstatbestände sind Strafrecht auf Halde. Auf begrenzende Merkmale wie ,,Gewalt", ,,Drohung" oder das ,,Ausnutzen" einer schutzlosen Lage wird verzichtet. Es handelt sich nach dem Willen der Frauen-Netzwerke nicht mehr um eine Nötigung zu sexuellen Handlungen, sondern um die Bestrafung jeder unerwünschten Konfrontation mit fremder Sexualität.

Die Debatte wirft Fragen auf. Was sind sexuelle Handlungen? Angesichts des in diesem Konzept erheblich weiter als bisher gefassten Rechtsguts – nicht Schutz der sexuellen Selbstbestimmung in Zwangssituationen, sondern Schutz in einem umfassenden Sinne –müsste bereits jede Berührung gegen den Willen genügen. Die Schwelle der Erheblichkeit wird sehr früh erreicht.

Unklar ist auch, welche Anforderungen an die Beharrlichkeit der Willensbekundung zu stellen sind. Es genügt ja nicht ein ,,Nein", sondern das ,,Nein" muss auch noch zum Zeitpunkt der letzten sexuellen Handlung deutlich sein. Wie sollen das die Strafverfolgungsbehörden feststellen? Soll jeder aufgedrängte Körperbezug, jede einseitige Berührung bereits als strafwürdig definiert werden?

Der Sache nach normiert der geforderte Vergehenstatbestand eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit. Sollte der Entwurf Gesetz werden, wird jeder, der sich nicht vorsieht, als potentieller Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren einem ,,Opfer" gegenüber stehen, das nur zu sagen braucht, es habe den Kontakt so nicht gewollt. Es genügt, dass die Frau vor der Polizei ihren entgegenstehenden Willen bekundet und das Geschehen glaubhaft schildert. Es käme also häufig zu Aussage-gegen-Aussage-Verfahren. Vermutlich würden sie zur Regel. Vor Gericht müssten sich häufig ,,normale" Männer als ,,potentielle Täter" rechtfertigen, weil sie nicht sorgfältig gefragt hatten.

Frauen wären in der Rolle der beschuldigenden Zeuginnen, müssten sich aber damit abfinden, dass sie sich zugleich in einer strukturellen, ihre Identität prägenden ,,Opfer"-Rolle und damit in einem Zustand befänden, der ihren staatlichen Schutz zur dauerhaften Notwendigkeit erklärt. Strafrecht wäre konsequent umgeformt zu einem Instrument der symbolischen Bekräftigung einer für ,,richtig" gehaltenen sozialen Norm. Frauennetzwerke und auch Menschenrechts-Aktivistinnen bezeichnen dies als ,,feministische" Forderung.

Näher liegt es hingegen, ein solches Begehren ,,maternalistisch" zu nennen, in Anlehnung an das bislang abwertende Wort ,,paternalistisch". Nicht der Wunsch nach Freiheit (Emanzipation) steht im Mittelpunkt, sondern Schutz und Verbote, staatliche Regeln und staatliche Interventionen werden gefordert. Sie prägen das neue Menschenbild, das am Horizont bedrohlich aufscheint.

Kritische Kriminologie ist unerwünscht. Feminismus mutiert zum Maternalismus, einer staatlich finanzierten und ihrem Anspruch nach umfassenden Regulierung des sexuellen Verhaltens. Die eingangs genannten Frauennetzwerke verlangen nicht nur eine intensive, sondern auch eine extensive Kontrolle des sexuellen Verhaltens (der Männer) mit Freiheit entziehenden Mitteln des Strafrechts. Das ist ihr Ziel, denn nur dann ergibt die Forderung nach mehr und härterem Strafrecht Sinn. Der Emanzipation dient diese Forderung nicht.

...


Aus: ",,Nein heißt nein" und der Fall Lohfink" Analyse von Monika Frommel (27.06.2016)
Quelle: https://www.novo-argumente.com/artikel/nein_heisst_nein_und_der_fall_lohfink (https://www.novo-argumente.com/artikel/nein_heisst_nein_und_der_fall_lohfink)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 27, 2016, 11:15:17 PM
"Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink: Wenn der Gerichtssaal zur Bühne wird" Ansgar Siemens, Berlin (27.06.2016)
Es ist eine Debatte um Grundsatzfragen, die da läuft: Lässt die Justiz vergewaltigte Frauen im Zweifel allein? Macht sie sogar Opfer zu Tätern? Das sind kontroverse Fragen, die das Amtsgericht Tiergarten am Montag zur Bühne werden lassen. ...
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/gina-lisa-lohfink-wenn-der-gerichtssaal-zur-buehne-wird-a-1100098.html

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Quote[...] «Blick» veröffentlichte die vollen Namen und Porträt-Bilder der beiden mutmasslichen Beteiligten und fragte «Hat er sie geschändet?». Auch SVP-Kantonsrat Markus Hürlimann hatte sich wegen diesem und weiteren im «Blick» veröffentlichten Artikel beim Presserat beschwert.

Mit ihrem ersten Artikel zur sogenannten Zuger Sex-Affäre habe die Zeitung den Journalistenkodex in mehreren Punkten verletzt, heisst es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme des Presserats.

Da «Blick» offensichtlich davon ausgegangen sei, dass es möglicherweise zu einem Sexualdelikt gekommen sei, habe er mit der Identifizierung des mutmasslichen Opfers den Opferschutz verletzt.

Mit der späteren Einstellung des Verfahrens ist rechtskräftig festgestellt, dass kein Sexualdelikt vorliegt. Ein möglicher sexueller Kontakt gehört nach Auffassung des Presserats eindeutig in den Bereich der geschützten Intimsphäre. Ein «entgegengesetztes überwiegendes öffentliches Interesse besteht in der Regel nicht», schreibt der Presserat.

«Blick» hatte geltend gemacht, dass ein intimer Kontakt zwischen der damaligen Co-Präsidentin der Alternative/die Grünen und dem damaligen SVP-Kantonalpräsidenten eine Dimension habe, die den Vorgang über den privaten Bereich hinaushebe.

Dieser Argumentation folgte der Presserat jedoch nicht. Der «Blick» habe Privat- und Intimsphäre von Spiess-Hegglin verletzt. Auch dass sie sich später selbst in der Öffentlichkeit zu Wort meldete, lässt der Presserat nicht als Rechtfertigung gelten.


Aus: "«Blick» missachtet Opferschutz und verletzt Privatsphäre" (sda, 28.06.2016)
Quelle: https://www.bluewin.ch/de/news/inland/2016/6/28/presserat---blick--missachtet-opferschutz-und-verletzt-privatsph.html (https://www.bluewin.ch/de/news/inland/2016/6/28/presserat---blick--missachtet-opferschutz-und-verletzt-privatsph.html)

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"Interessiert euch!"  Katrin Rönicke, Ausgabe 2116 (22.06.2016)
Debatte Unter Feministinnen wird die Frage viel diskutiert, aber sie geht wirklich alle an: Wie lassen sich Rassismus und Sexismus zusammen bekämpfen? ... Der 3D-Test bietet einen guten Ansatzpunkt für so manche Ismen und ist ein Lackmustest für die Antwort auf die Frage, wie man denn nun konkret gegen Sexismus und Rassismus gleichermaßen kämpft. Denn die drei Ds finden sich bei rassistischen Ideen – und zumindestens die Doppelstandards, aber auch Delegitimierung und Dämonisierung können entlang sexistischer Haltungen auftreten. Stereotype über Mann und Frau, also doppelte Standards für ihre wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rollen in unserer Gesellschaft, sind der Dreh- und Angelpunkt westlicher Antisexismus-Arbeit. Sich gegen Rassismus und Sexismus zugleich einzusetzen setzt voraus, die eigenen Doppelstandards, die eigenen Ängste und Dämonen sowie die eigenen Delegitimierungsstrategien abzulegen, immer und konsequent.
Nur über den Sexismus der deutschen, weißen, mittelalten, heterosexuellen Männer reden zu wollen und sich die Ohren zuzuhalten, wenn die Sexismen der ,,Anderen" angesprochen werden, ist ein Doppelstandard. Die muslimischen Männer gehören zu Deutschland. Punkt. Das heißt aber auch: Wenn sie dazugehören, müssen sie es sich genauso gefallen lassen, wenn ihre Sexismen diskutiert und kritisiert werden. Erst recht dann, wenn wir aufgrund der weltweiten Flüchtlingsbewegungen davon ausgehen, dass sie mehr werden. Es ist und bleibt richtig, sie mit offenen Armen zu empfangen – wie Teile der Gesellschaft das tun. Das ist ein konkretes Eintreten gegen Rassismus: ihnen ihre Menschenrechte zuzugestehen, auf die Genfer Flüchtlingskonvention zu verweisen – uns gegen die zu wehren, die mit ihrem antimuslimischen Narrativ dafür sorgen wollen, dass die Schotten dicht gemacht werden. Nur weil ein Mensch nicht in Europa geboren wurde, nur weil er eine andere Hautfarbe hat oder einem anderen Glauben angehört, verlieren seine grundlegenden Rechte als Mensch nicht an Gültigkeit. Diese Menschen sind gleichwürdig (ein Wort, das der Familientherapeut Jesper Juul geprägt hat – und das mehr bedeutet, als nur die gleichen Rechte zuzugestehen, sondern auch die gleiche Menschlichkeit unterstellt). ...

https://www.freitag.de/autoren/katrin/interessiert-euch // http://blog.katrin-roenicke.net/

QuoteSägerei 27.06.2016 | 11:55

Rassismus beurteilt Menschen nach einer angenommenen genetischen Grundausstattung. Jeder Mensch hat eine genetische Grundausstattung, nur wissen wir nicht sonderlich viel darüber. Dies leistet dem Aberglauben vorschub.

Sexisten beurteilen Menschen nach einer ganz spezifischen genetischen Ausstattung, die recht gut bekannt, erforscht und im Alltag fast aller Menschen eine herausragende Rolle spielt.

Sowohl Sexisten als auch Rassisten stellen die Nützlichkeit eines Lebewesens in den Vordergrund. Holsteiner Kühe liefern viel Milch, vertragen aber kein heißes Klima. Neger können hart und lange arbeiten, vertragen aber kein kaltes Klima. Frauen gebären Kinder, sind aber im Kampf gegen Feinde nicht zu gebrauchen. Dieser Mann hat Anlagen zum Hochsprung, jener ist gut im Marathon. Diese Frau hat Anlagen zur Olympiaschwimmerin, jene hat ein gebärfreudiges Becken. Frauen können generell kein Mathe. Wenn diese Beurteilungsschemata jenseits ihrer trivialsten Bedeutung zum abergläubischen System ausarten, dann haben wir es mit einem Rassisten und/oder Sexisten zu tun.

In der vielbeschworenen "natürlichen Ordnung" (die ein Rassist natürlich viel besser kennt als die Wissenschaft) gibt es keinerlei Rassen. Dem Löwen ist die Farbe der Antilope wurst. Wenn ein giftgrünes Lebewesen ungenießbar ist, dann liegt das daran, dass diese Art generell nicht genießbar ist oder das Individuum noch nicht reif oder zu alt oder selbst was falsches gegessen hat. Es liegt eher selten daran, dass bestimmte Individuen einer giftgrünen Varietät qua genetischer Ausstattung ungenießbar wären. Grade die genetisch andersartige Varietät innerhalb einer Art ist oft die, die als sexuell Attraktiver empfunden wird. Wenn ich selber etwas stärker auf dunkelhäutige Frauen abfahre und/oder die auf mich, dann liegt das daran, dass die Fortpflanzung unter genetisch ähnlichen Individuen eher unvorteilhaft ist. Exotik verspricht einen erweiterten Genpool.

Aber genau aus den kleinen, subtilen Variationen innerhalb einer Art entspringt unsere wirsamste Kulturtechnik nähmlich die Zuchtwahl, mit der unsere Vorfahren Tier- und Pflanzenrassen erschufen. Das Kriterium ist der wirtschaftliche Nutzen unserer eigenen Art. Die natürliche Zuchtwahl der Darwinschen Evolution kennt nur ein einziges Kriterium: Das Leben an sich. Wenn es überlebt dann ist es gut. Durch die unnatürliche, zweckgebunde Zuchtwahl entstand erst das Konzept "Rasse". Dieses Konzept hat sich in unsere Bauernbregen fest eingebrannt.

Was nun die Rassisten, Sexisten und viele andere Esoteriker tun, ist die Darwinsche Evolutionslehre mit der bäuerlichen Zuchtwahl gedanklich zu vermengen, Nützlichkeitserwägungen zu Naturgesetzen umzudefinieren, genetische Merkmale mit erworbenen Eigenschaften zu verwechseln, alles lebendige einschließlich der eigenen Art ihrem eigenen (und _nur_ ihrem eigenen) ökonomischen Kalkül zu unterwerfen, Inzucht in Kauf zu nehmen weil die natürliche Zuchtwahl nur dem Leben an sich folgen würde. Dazu gehört unter vielem anderen auch der felsenfeste Irrglaube, dass Homosexualität eine Bedrohung darstellt. Wenn sich Dein eigener Zuchtbulle als schwul erweisen sollte, dann kann das tatsächlich eine wirtschaftliche Bedrohung darstellen weil Du ja zu einem bestimmten Zweck viel in dieses Tier investiert hast. Dein schwuler Sohn kann jedoch ein persönlicher 6er im Lotto sein falls Du nicht nur zu einem bestimmten Zweck in ihn investiert hast (falls doch, wäre er auch als Hetero eine Niete).

Die emanzipatorischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts richteten sich dagegen, von Klerikern, Kapitalisten, Politikern und sonstigen Lustmolchen als Nutzvieh missbraucht zu werden. Leider (aber durchaus nachvollziehbar) haben sie allesamt verloren. Die heutigen Rest-Strömungen sind viel zu vergeistigt, viel zu konstruktivistisch, um jemals wieder irgendwem gefährlich zu werden. "Genderism" ist eine alberne Farce.


...

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 29, 2016, 04:35:52 PM
"Fischer im Recht / Rechtspolitik: Zum letzten Mal: Nein heißt Nein" Eine Kolumne von Thomas Fischer (28. Juni 2016)
Quote[...] Die Sache ist zwar wirklich kompliziert, aber sie ist nicht von vornherein unverständlich (das ist ähnlich wie bei der Erbschaftsteuer). Um sie zu verstehen, muss man allerdings bereit sein, sich auf ein paar Differenzierungen (Unterscheidungen) und Grundsätze einzulassen und eine Stunde seine eigenen Vorurteile und Sachverhaltsvorstellungen beiseite zu lassen, denn  ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/rechtspolitik-sexualstrafrecht-nein-heisst-nein-fischer-im-recht


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 30, 2016, 10:36:10 AM
"Der Fall Gina-Lisa Lohfink und die geforderte Verschärfung des Sexualstrafrechts" Thomas Stadler (28.6.16)
Der Fall Gina-Lisa Lohfink, die angibt vergewaltigt worden zu sein und jetzt selbst wegen falscher Verdächtigung vor Gericht steht, erhitzt die Gemüter. Während sich Feministinnen mit Lohfink solidarisieren und vor dem Gerichtsgebäude demonstrieren, meinen andere, ebendiese Demontrantinnen seien Demagoginnen und würden den Rechtsstaat frontal angreifen. Dass die Debatte die üblichen juristischen Zirkel verlassen hat und mittlerweile auch auf der Straße geführt wird, ist zu begrüßen. ... Dem Gesetzgeber müsste es gelingen, eine Formulierung zu finden, die erkennbar nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen unter Strafe stellt, ohne gleichzeitig nichtstrafwürdiges Verhalten zu pönalisieren. Denn der bloße, nicht zum Ausdruck gebrachte Wille des Opfers kann alleine nicht ausreichend sein für eine Bestrafung. Der Gesetzgeber muss eine Tathandlung definieren, durch die sich der Täter über einen für ihn erkennbar entgegenstehenden Willen des Opfers hinwegsetzt. Das fehlende Einvernehmen des Opfers muss sich also in irgendeiner Form äußerlich sichtbar manifestieren, damit eine Missachtung des Opferwillens festgestellt werden kann. Aber auch dann wird es Fälle geben, die kritisch bleiben. Was ist, wenn es nach einem anfänglichen Nein durch Überredung doch noch zu einvernehmlichem Sex kommt? Wie genau sind die Anforderungen an die notwendige Willensbeugung zu definieren?
Der Gesetzgeber steht immer vor dem Problem, eine generell-abstrakte Formulierung finden zu müssen, die im Idealfall alle strafwürdigen Konstellationen erfasst. Nicht nur als Jurist sollte man wissen, dass das kein ganz triviales Unterfangen ist  ...
http://www.internet-law.de/2016/06/der-fall-gina-lisa-lohfink-und-die-geforderte-verschaerfung-des-sexualstrafrechts.html#comments

QuoteSöldert (30.06.2016)

Den Spiegel print Nr. 25, Seite 36, haben hoffentlich viele Menschen gelesen. Damit sind sicher einige Fragen beantwortet worden.
Die Zumutung des Gerichtes, bei Vorführung des Filmmaterials die Öffentlichkeit nicht auszuschließen, halte ich für einen Justizskandal!!

In Deutschland wird nach zahlreichen, jahrelangen Hochrechnungen und Schätzungen nur ein Bruchteil (im einstelligen Prozentsatz) aller Vergewaltigungen angezeigt. Das liegt daran, dass das Opfer die einzige Zeugin ist. Natürlich gibt es auch keine Filmaufnahmen, mit denen die Täter im Internet prahlen. Das hat es zuletzt im Ausland einmal gegeben, wo die Frauenrechte allenfalls am Rande vorkommen.

Ob ein Nein ausreicht, ob das Opfer sich körperlich wehrt und bei Strafanzeige Körperverletzungen nachweisen kann, ist vollständig unerheblich. Das Opfer kann sich auch selber verletzt haben, um die Straftat vorzutäuschen. Das Problem ist gerade die unterschwellige und oft genug auch offenbarte Meinung, Frauen machen sich einen Spaß daraus, Männer vor Gericht zu zerren. Dem widerspricht das schreckliche Geschehen, das Frauen dabei über sich ergehen lassen müssen. Von Zwangsuntersuchung bis Aussagen vor Polizei und Gericht, die nicht zimperlich mit dem Opfer umgehen. Öffentlichkeit und Presse geifert natürlich mit. Daher tendiert das Anzeigeverhalten der betroffenen Frauen gegen null. Vor allem, wenn sie danach feststellen müssen, dass es nur in einem ebenfalls einstelligen Prozentsatz zu einer Verurteilung der Täter kommt. Faktisch wird jeder Täter ohne entsprechende Vorstrafen freigesprochen, wenn er sich nicht ganz blöde anstellt.

Das Problem ist nicht zu lösen. Die Beweislagen sind in den meisten Fällen zu dürftig. Eine Gesetzesänderung ist reine Kosmetik.

... Erschütternd finde ich, dass in Deutschland zwar mittlerweile thematisiert wird, dass Frauen ein Trauma an Körper und Seele erleiden, wenn sie vergewaltigt werden, sie nochmal traumatisiert werden angesichts des gesamten Prozedere bei Strafanzeige, aber sich mit den eventuellen Infektionen (HIV usw.) und Schwangerschaftsabbrüchen alleine beschäftigen dürfen, jedenfalls, was staatliche Einrichtungen betrifft. Für die ist der ,,Fall" mit dem Urteil erledigt.

Vergewaltigung ist eines der übelsten Verbrechen, die es gibt. Dass die Täter von Frauen geboren wurden und dann Frauen so vernichten, ist eine Schande. Ein Schandfleck für das männliche Geschlecht.


QuoteFranzy (30.06.2016)

Als Ebner das besagte Video ohne Ausschluss der Öffentlichkeit ansehen will, springt Lohfinks Rechtsanwalt Christian Simonis erzürnt auf, zieht seine Robe aus und haut mit der Faust auf den Tisch. Lohfink bricht daraufhin in Tränen aus und ruft: ,,Die dürfen das alle sehen, dann sehen alle mal, wie es mir erging." Simonis rennt aus dem Saal.
http://www.berliner-zeitung.de/panorama/gina-lisa-lohfink-vor-gericht—dann-sehen-alle-mal–wie-es-mir-erging–24302982-seite3 (http://www.berliner-zeitung.de/panorama/gina-lisa-lohfink-vor-gericht%E2%80%94dann-sehen-alle-mal%E2%80%93wie-es-mir-erging%E2%80%9324302982-seite3)

Der nächste Eklat: Die Richterin will gegen ihre ursprünglich Auffassung die Öffentlichkeit bei den Video nicht ausschließen. Auf dem Laptop am Richtertisch und mit leisem Ton würde die Öffentlichkeit sowieso nichts mitbekommen.

Die Anwälte springen auf, protestieren. Gina: ,,Die Öffentlichkeit soll das ruhig sehen. Ich will das." Doch die Anwälte sind anderer Meinung, verlassen den Saal. Einer sagt: ,,Bei Ihnen hakt's wohl."

http://www.bz-berlin.de/berlin/prozess-gegen-gina-lisa-lohfink-erste-zeugen-sagen-aus (http://www.bz-berlin.de/berlin/prozess-gegen-gina-lisa-lohfink-erste-zeugen-sagen-aus)



Quoteklabauter (30.06.2016)

Das Video hat in der Verhandlung sehr wohl etwas verloren, weil es eines der zentralen Beweismittel ist und Gegenstand eines Urteils – egal ob Freispruch für GinaLisa oder Verurteilung . ...


...

QuoteBERLIN dpa | Gina-Lisa Lohfink ist bei der Fortsetzung ihres Prozesses in Tränen ausgebrochen. Als die Richterin am Montag ein Video zur Beweisaufnahme – den Laptopmonitor vom Publikum abgewandt – anschauen ließ, blieb das Model zunächst auf seinem Platz. Als ihr Anwalt sie dazu holte, begann sie zu weinen. ,,Es ist wirklich schlimm, was hier mit mir gemacht wird", sagte sie.

Richterin Antje Ebner rügte daraufhin den Anwalt: ,,Sehen Sie nicht, dass Ihre Mandantin emotional überfordert ist? Warum müssen Sie Ihre Mandantin so vorführen?"

Die Verhandlung wurde für zehn Minuten unterbrochen. Die frühere ,,Germany's next Topmodel"-Kandidatin muss sich vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen falscher Verdächtigung verantworten, weil sie zwei Männer der Vergewaltigung beschuldigt.

Am Montag soll auch einer der beiden von Lohfink beschuldigten Männer als Zeuge gehört werden. Der 32-jährige Ex-Manager Sebastian Castillo Pinto war lange nicht auffindbar und tauchte kurz vor der Verhandlung überraschend auf. Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen die beiden Männer hatten sich laut früherer Ermittlungen nicht bestätigt.


Aus: "Fortsetzung im Lohfink-Prozess: Tränen vor Gericht" (taz, 8. 8. 2016)
Quelle: https://www.taz.de/Fortsetzung-im-Lohfink-Prozess/!5329417/ (https://www.taz.de/Fortsetzung-im-Lohfink-Prozess/!5329417/)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 02, 2016, 01:03:15 PM
"Sexualstrafrecht: Das Schlafzimmer als gefährlicher Ort" Sabine Rückert (2. Juli 2016 DIE ZEIT Nr. 28/2016, 30)
Noch vor der Sommerpause soll eine unnötige und verhängnisvolle Verschärfung des Sexualstrafrechts durchgepeitscht werden  ... Der angestrebte "Paradigmenwechsel" besteht offensichtlich darin, bei Nötigung und Vergewaltigung die Wahrheitsfindung unüberprüfbar aus der Objektivität heraus und in die persönliche Deutungshoheit der Anzeigeerstatterin zu legen. Was leidenschaftliche Liebesnacht und was Vergewaltigung war, definiert die Frau am Tag danach. Die Folge: Bei den Sexualpartnern zieht das Misstrauen ein. Und die Sexualität an sich – also ein sonst schönes und erwünschtes Verhalten – wird durch derartige Kampagnen ins Zwielicht und in die Nähe des Verbrechens gerückt. Das Intime gerät in Verdacht, das Schlafzimmer wird zum gefährlichen Ort. Eine solche Verrechtlichung des Intimlebens ist beunruhigend. ...
Dass eine Frau auch von anderen als hehren Motiven durchdrungen sein könnte, davor verschließen all jene die Augen, die fordern, jeder Frau, die eine Vergewaltigung anzeigt, müsse immer und unter allen Umständen geglaubt werden – und das sind nicht wenige. Als hätte es die prominenten Fälle des unschuldig verurteilten Lehrers Horst Arnold (seine Falschbeschuldigerin wurde 2013 zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt) oder des Fernsehmoderators Jörg Kachelmann nie gegeben. Als gäbe es unter weiblichen Menschen keine Wichtigtuer oder psychisch Defekten. Zu welch grotesken Blüten solcher Glaube führt, zeigte sich schon 2008 im sächsischen Mittweida, wo die 18-jährige Rebecca K. der Polizei ein in ihre Hüfte geschnittenes blutverkrustetes Hakenkreuz vorwies und behauptete, eine Rotte Neonazis, vor der sie ein Kind habe bewahren wollen, hätte ihr das angetan. Umfängliche polizeiliche und gerichtsmedizinische Ermittlungen setzten ein und ergaben: Das Mädchen musste die Geschichte erfunden und sich die Wunde selbst zugefügt haben. Trotzdem entschloss sich das Berliner Bündnis für Demokratie und Toleranz, eine politische Initiative gegen rechte Gewalt, Rebecca K. den Ehrenpreis für Zivilcourage zu verleihen – unbeeindruckt von der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Chemnitz gegen die Frau wegen "Vortäuschung einer Straftat" ermittelte. Frau K.s Laudatorin, die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), sagte, es gehe allein um das "Lob der Zivilcourage". Kurze Zeit später wurde die Preisträgerin verurteilt.
... Auch andere Fallkonstellationen sind denkbar, in denen das "Nein heißt nein" den Frauen keine Vorteile bringen, sondern Probleme bereiten könnte. Der Vorsitzende des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, Rolf Raum, stellte kürzlich in einer Tagung Überlegungen an, was strafrechtlich auf eine zärtlichkeitsbedürftige Frau zukommen könnte, die ihren Mann durch sexuelle Avancen etwa beharrlich beim Fußballgucken stört. Fasse sie ihm dabei zum Beispiel gegen seinen erkennbaren Willen – und sein "Nein" überhörend – in den Schritt, könnte dies (nach Paragraf 177 Abs. 1: Sexueller Übergriff) künftig zu einer empfindlichen Strafe führen. ...
http://www.zeit.de/2016/28/sexualstrafrecht-verschaerfung-kritik/komplettansicht

QuoteJuliett Tango Two #2

"unnötige und verhängnisvolle Verschärfung des Sexualstrafrechts "
Die Silversternacht in Köln und ähnliche Ereignisse haben gezeigt, dass dringend eine Verschärfung des Sexualstrafrechts nötig ist.


QuoteGrails_Knight #2.4

Inwiefern?

Köln war ohnehin strafbar. Als Nötigung, als Raub und eventuell auch als Vergewaltigung.
Was Köln so beängstigens macht ist nicht die "Schutzlücke", sondern eine Art von Kriminalität, die in Deutschland bis dahin nicht oder fast nicht vorkam.
Eine überforderte Polizei zusammen mit einer feiernden Menge, die offenbar nicht darauf achtete oder achten wollte was um sie herum geschah.
Inwiefern eine "Nein heisst Nein" Regelung hier hilfreich gewesen wäre verschliesst sich mir (ausser vielleicht das man die Täter "auf zuruf" hätte verurteilen können, ohne Beweise, aber das wird auch ein neues gesetz nicht ändern können, es gelten Grundlegende Rechtsprinzipien.
Im übrigen wäre es sehr viel wichtiger, die kulturellen, gesellschaftlichen und sozialen Gründe zu erforschen, die Täter und Opfer hervorbringen. Es wäre viel wichtiger, eine offene Debatte zu führen als eine Hetzkampagne durchzupeitschen. Eine Srtraftat, die nicht stattfindet, ist immer besser als eine, die ein Urteil nach sich zieht.

Leider hat man sich mal wieder für den kampagnenstil entschieden, der nur die Frauen zu armen Opfern und Männer zu reissenden bestien stigmatisiert. Damit ist niemandem geholfen. Ein echter Fortschritt wäre, wenn Opfer offen mit ihrem erleben umgehen könnten, ernst genommen würden, und wenn man zumindest versuchen würde, zu verstehen, wie es zu solchen taten in solchen Ausmaße kommt.


Quote
Bill Tür #7

Die angedachten Änderungen können unter gewissen Umständen in Einzelfällen Betroffene unterstützen. Jedoch wird gleichzeitig das Miteinander vergiftet. Man muss sich stets vor Augen führen, dass es gemäß Verurteiltenstatistik jedes Jahr 99,996 Prozent der Männer schaffen, nicht gegen Paragraph 177 zu verstoßen.

In Zukunft lässt man die Bürotür lieber offen, nimmt den nächsten Fahrstuhl und verzichtet auf die Umarmung zur Begrüßung. Die feministische sexuelle Befreiung der zweiten Welle aus den 60er und 70er Jahren scheint damit mehr und mehr zu scheitern und einem viktorianischem Frauenbild zu weichen.


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"Sexueller Übergriff: Am besten schauen Sie einfach weg" Jana H. (30. Juni 2016)
Eine Frau wird in einem ICE Opfer sexueller Übergriffe durch betrunkene Fußballfans. Der Zugführer ruft Verstärkung. Wie viel Hilfe darf man von Polizisten erwarten? ....  Im Bordbistro herrscht Chaos. Hinter der Theke steht ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn und gibt Plastikbecher mit Bier aus. Hier sind so viele Männer, dass es kaum möglich ist, sich vorwärts zu bewegen. Ich gerate in Panik. Ich versuche, weiterzulaufen. Die Männer grölen, einer sieht mich und ruft: "Ich fick dich in den Arsch, Hure." Alle lachen. Ein anderer sagt: "Ich helf dir hier durch", dann kippt er mir sein Bier über Rock und Rucksack, weil er sein Glas nicht mehr gerade halten kann. Einer umfasst von hinten meine Hüften. Ich weiche zurück und brülle: "Können Sie mich bitte durchlassen, ohne mich anzufassen?"
Die Männer um die Theke versperren den schmalen Durchgang zum Sitzbereich des Restaurants. Niemand bewegt sich. Alle schauen mich an. Ich nehme meinen Mut zusammen und drängle mich an ihnen vorbei. Von allen Seiten spüre ich Hände auf meinem Körper. An meiner Taille, meinem Po, meinen Brüsten. Ein Gerangel, Bier kippt über meine Schultern. Einer ruft: "Nein heißt Nein!" Wieder lachen alle anderen. ...
http://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2016-06/sexueller-uebergriff-deutsche-bahn-polizei

QuoteIch Homunculus (03.07.2016)
Auch ich (30 jährige blonde Frau) bin mehrfach in ICE Zügen belästigt worden. Noch öfter bin ich jedoch sehr respektvoll und freundlich behandelt worden. Dennoch braucht es dringend eine Debatte und ein Bewusstsein darüber dass Züge eine ideale Plattform für übergriffiges Verhalten und "Machoismus" sind. Und das man hier darüber spricht ist ein sehr guter Anfang denn Sie, liebe Autorin sind längst nicht die einzige der es so ergeht!


Quoteno_more_BlackSites (03.07.2016)

Natürlich hätte die Polizei alle rausziehen können. Bei linken Demos ist es gang und gäbe wegen lächerlichen Aspekten wie vermeintlich zu langen Transparenten, "Vermummung" etc. gleich 1000 Leute einzukesseln, 8 Stunden lang festzuhalten und Pfefferspray in die gefangene Menge zu halten (s. Blockupy 2013).

Aber bei knapp 100 besoffenen Fußballfans soll es nicht möglich sein, die sicher aus dem Zug zu eskortieren und draußen erstmal eingekesselt warten zu lassen?

Und zum Thema, dann trifft es Unschuldige; Das ist der Polizei bei Kesselaktionen gegen Demonstranten auch sch***egal. Auch da werden oft mehrheitlich Leute eingekesselt, die nichts gemacht haben, selbst Leute, die rein zufällig dort waren, wie Touristen, werden mitgekesselt und stundenlang nicht rausgelassen. Das Motto ist da ganz klar: Mitgehangen, mitgefangen.

Btw., weil hier manche schreiben, dass die mögliche Kosten bei Demonstrationen ja auch nicht von den Organisatoren übernommen werden müssen, es also bei den Vereinen auch ungerecht wäre: Nein, das ist nicht der Fall. Demos sind vom GG geschützt. Die Organisatoren müssen sie veranstalten können, ohne Angst vor Kosten zu haben. Fußballspiele sind nicht vom GG geschützt und im Gegensatz zu Demos KOMMERZIELLE Veranstaltungen. Die Vereine machen auf Kosten des ÖPNV und der Fahrgäste richtig Reibach.

Ich habe ähnlich Situationen im ÖPNV in NRW auch schon erlebt. Allerdings ohne sexuelle Übergriffe, "nur" mit mehrfacher Anmache betrunkener Fußballfans.


Quotekarrie (03.07.2016)

ich finde es unerträglich solches zu lesen. ich kann mich absolut in die situation hineinfühlen und mir wird speiübel bei dem gefühl. angst, machtlosigkeit, hilflosigkeit und danach wird man noch als unglaubwürdig verkauft. das ist erniedrigend, zusätzlich zu dem physischen und psychischen eingriff in meine privatsspähre in der situation an sich. genau da reihen sich hier manche kommentare ein, die die autentizität in frage stellen. wenn ein mensch angst empfindet, muss man darauf rücksicht nehmen. das nennt sich einfühlungsvermögen. es ist ein opferbericht! natürlich schildert sie aus ihren augen was passiert ist. klar, ein umstehender würde vielleicht sagen, "stell dich nicht so an". und genau darum geht es. dieses runterreden legitimiert ein verhalten, dass für die opfer, ob frau oder mann, absolut demütigend ist. und für den/die täter grad mal ein "stell dich doch nicht so an". wenn mir in der stadt (und so ist es tatsächlich passiert) ein mann entgegenkommt, ich bin alleine als frau unterwegs, und mich fragt, ob ich nicht sex mit ihm haben möchte, dann ist das erniedrigend. und gehört bestraft. ich habe die polizei angerufen, die haben mich gefragt, ob ich beleidigt wurde oder angefasst. beides nein. also kann man nichts machen. soll das so laufen? in deutschland? in europa? im jahr 2016??? soll ich mit pfefferspray, messer, diktiergerät und videokamera durch die gegend laufen, weil mir sonst keiner hilft oder glaubt? ...


QuoteSaKemn (03.07.2016)

Die Autorin spricht mir mit jedem Wort aus der Seele! Ich habe mehrfach ähnlich aggressiv auftretende DEUTSCHE Männergruppen auf der Fahrt von Bremen nach Nürnberg - oder zurück - erlebt. Da sind die Fußballfans, Junggesellenabschiede, Betreibsausflüge, der Kegelverein, etc. und niemand wagt es einzuschreiten. Zugabteile sind offensichtlich rechtsfreier Raum. Immer, wenn es sich vermeiden läßt, fahre ich aus diesem Grund Auto.


QuoteAchim403 (02.07.2016)
Die Mitarbeiter der Polizei darf in sämtlichen Zügen ihres Bundeslandes umsonst mitfahren, um dort hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen. Ich war selber 20 Jahre Lokführer in allen Geschäftsbereichen und hatte mit betrunkener Klientel, egal ob Anzugträger oder Fan, zu tun. Bei Vorkommnissen dieser Art gab es eine Warnung,die in Form einer Durchsage mitgeteilt wurde. Ansonsten blieb der Zug stehen bis die Polizei eintraf und die Situation geregelt war, da sonst ein ordnungsgemäßer Eisenbahnbetrieb nicht durchführbar war.
Leider musste ich selber in der jetzigen Zeit solch ein Verhalten der Polizei miterleben. Das das Vertrauen immer weiter sinkt verwundert mich nicht. Ich gehe davon aus, dass die Polizisten Kommunikationsregeln kennen und Eskalationsstrategien beigebracht kriegen. Nun brauchen sie diese bloß noch umzusetzen. Duzen geht gar nicht.


QuoteThorigrarg (02.07.2016)

Es gibt eine ganz einfache Lösung: der Verzehr alkoholhaltiger Getränke gehört in öffentlichen Verkehrsmitteln grundsätzlich verboten und konsequent durchgesetzt, wie es zum Beispiel bei der Metronom-Gesellschaft in Norddeutschland gehandhabt wird.

Und alkoholisierte Fahrgäste, die ausfällig werden, gehören am nächsten Bahnhof ausgesetzt.

Mit dieser Vorgehensweise hätte man nicht nur als Frau Ruhe vor sexuellen Belästigungen, sondern auch als Mann könnte man bei solchen "Fußball-Großkampftagen" wieder in Ruhe mit der Bahn fahren, ohne sich a) Fremdschämen zu müssen oder b) einfach nur von so viel geballter Dummheit der Mitmenschen genervt zu werden.

Quoteak888 (02.07.2016)

Im amerikanischen Greyhound Fernbus werden alkoholisierte bzw Fahrgäste, die nur eine Bierdose offen zeigen mit Rauswurf und Anzeige bedacht.



QuoteiLucas_HD (01.07.2016)

Ich bin selbst in der aktiven Fanszene und kenne die Umstände dort. Gleich vorweg: Es ist mir egal ob ein Grapscher aus Deutschland, Marokko oder vom Mars kommt. Er MUSS herausgefiltert und vor Gericht gestellt werden. Aber wieso soll hierfür der Verein aufkommen/bestraft werden? Er hat kein Hausrecht im Zug und darf hier garnicht mit Ordnern eingreifen. Und warum sollen Vereine Polizeieinsätze finanzieren? Weil hier mehr Polizei benötigt wird? Die Linkspartei muss auch die Einsätze für ihre 1.Mai Demos oder Karnevalsvereine die für ihre Umzüge nicht bezahlen. Am Karnevalsumzug gibt es genauso viele besoffene Affen. Und warum soll die Polizei hier "in voller Montur" in den Wagon rein? Da sind zu viele Menschen drin, die mit diesem Vorfall nix zu tun haben. Ich war bei so einer Aktion der Polizei mal dabei. Jeder der es noch nicht war, kann darüber sehr froh sein Pfefferspray in einen vollen Wagon sprühen, weil EINER etwas beschädigt hat, ist unverhältnismäßig. Was nicht heißt, dass er nicht rausgeholt werden muss. Und warum will die Reporterin nicht die Täter identifizieren? Wenn die Polizei nicht in der Lage ist, mit ihrem Gewaltmonopol Opfer zu schützen, ist das nicht das Problem der Fans sondern der Politik. Zum Thema Sonderzüge für Fans: Das ist besser für alle! Aber erstens werden diese immer weiter von DB und co. zusammengestrichen und zweitens sollten diese auch nur von Fans benutzt werden (und nicht von Leuten mit Fahrrad trotz der Kennzeichnung Fußballsonderzug!)


QuoteKölsche Joong (01.07.2016)

Trauriges Ereignis, das einen nur wütend macht. Zum einem, dass was im Argen liegt mit der Strafverfolgung in unserem Staate und zum anderem das völlige Unrechtsbewusstsein bei vielen Männern, die meinen, in Gruppen und alkoholisierten Zustand sich alles erlauben zu dürfen. Von der teilnahmslosen und wegschauende Zivilgesellschaft will ich erst gar nicht reden. P.S. Von den sog. "Kölner Übergriffen" soll mir jetzt ab sofort keiner mehr um die Ecke kommen. Denn die sexuelle Gewalt in der anonymen Masse in der Öffentlichkeit ist in unseren Breitengraden nämlich nicht ethnisch begründbar, sondern zunächst einmal ausschließlich ein Verbrechen von und durch Menschen männlicher Herkunft!


QuoteJ-R vor (02.07.2016)

Die teilnahmslose Zivilgesellschaft ist in dem Zug in der Unterzahl, genauso, wie die Staatsmacht.
Ich habe eine ähnliche Situation in kleinem Maßstab mal verhindern können, als ein Fan mal in mein Gruppenabteil kam, nachdem eine zwar nicht alkoholisierte, aber für mich auch nicht komplett zurechnungsfähige Dame ihn durch Quengeln bezüglich der Lautstärke in seinem Abteil dazu ermutigt hatte. Als es dann mit Anfassen los ging, hat er sich auf mein "Geht's noch?!" dann mir zugewandt und wollte dringend wissen, ob das meine Freundin sei. Von den restlichen Leuten im Abteil kam keine Reaktion. Ein junger Mann meinte, er müsse, während er den Zug verließ, dem Herrn Fan noch sagen, er sei nicht so stark, wie er meine. Was für ein Würstchen. Die belästigte Dame hat sich dann irgendwann nett mit dem Fan unterhalten. So schlimm war dann nämlich alles doch nicht, vermutlich war sie am Anfang nur sauer, dass die Party ohne sie gefeiert wurde.

Manchmal denke ich, ich bin bei den Irren.
Ich schätze seitdem ab, wie zurechnungsfähig die Opfer sind, bevor es von mir eine präventive Einmischung gibt. Ansonsten gibt es bei denen nämlich auch keinen Lerneffekt ...


QuoteFrl.Clarissa (01.07.2016)

Schön hier so viel männliche Solidarität zur sexuellen Gewalt gegen Frauen zu lesen!

Bedacht werden sollte dabei aber, dass sexuelle Übergriffe, auch wenn sie "nur" verbal sind, eine grundsätzliche frauenverachtende Einstellung vieler, nicht aller! Männer gegenüber uns Frauen in UNSERER Gesellschaft zeigen.

So wie Kindermund Wahrheit kundtut, hat auch der Alkoholisierte keine Hemmungen, seine wahre Einstellung zu zeigen, die nicht nur bei Fußball-Proleten oft latent frauenverachtend ist. Das wird in Diskussionen hier gerne bestritten, oder es wird empfohlen, wir Frauen sollten uns doch bitte nicht so anstellen. "Ist doch nur Spaß". Tatsächlich?
Dann ein sehr dummer Spaß auf unsere Kosten die nachhaltiger sind, als viele Männer sich das vorstellen können.

Denn welcher Mann würde es wohl spaßig nehmen, wenn er von mehreren deutlich größer und stärkeren Männern, in bedrohlicher Form das Angebot bekäme, mal so richtig in seinen A.... ....... zu werden.
Solche "Angebote", man glaubt es nicht, sind nach Meinung mancher Männer hier nicht weiter schlimm, solange den verbalen Ankündigungen keine physische Tat folgt.

Das Verhalten der Fußballproleten gegen Jana H. und auch das Verhalten der Polizei, ist nur aus latenter Frauenverachtung möglich, die bei passender Gelegenheit zu verehrenden Taten führt. Man lese z. B. Schützenfast von Ferdinand von Schirach. [Schuld: Stories, Ferdinand von Schirach (Autor)] ...

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"Schutz vor Gewalt: Deutsche Bahn will Bodycams testen" Axel Kannenberg (heise online, 10.07.2016)
Die Gewalt gegen Bahnmitarbeiter nimmt zu. Der Konzern erwägt, seine Angestellten mit Minikameras an der Uniform auszustatten. Die Bodycams sollen potenzielle Angreifer abschrecken. ...
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schutz-vor-Gewalt-Deutsche-Bahn-will-Bodycams-testen-3262838.html

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 04, 2016, 02:08:54 PM
Quote[...] "Frauen suchen sich oft andere Stoffe als Männer", sagt Maren Ade, "psychologischere." ...
Aus: "Deutsches Kino: Warum will keiner tolle Filme sehen?" (4. Juli 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/film/2016-07/deutsches-kino-toni-erdmann-maren-ade-frauen-foerderung (http://www.zeit.de/kultur/film/2016-07/deutsches-kino-toni-erdmann-maren-ade-frauen-foerderung)

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Quote[...] Der Bundestag beschließt diese Woche ein neues Sexualstrafrecht. Im Mittelpunkt steht der Grundsatz "Nein heißt nein" - überraschend sieht das Gesetzespaket aber auch härtere Abschieberegeln vor.

... Zum besseren Verständnis lohnt ein Blick in den Kern der Reform. Vergewaltigungen und sexuelle Nötigung werden nach Paragraf 177 des Strafgesetzbuches geahndet. Dieser wird nun grundlegend erneuert.

In Zukunft macht sich jemand schon dann strafbar, wenn er "gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen" vollzieht. Bisher gilt das weitgehend nur für Taten, bei denen dem Opfer gedroht oder Gewalt angetan oder wenn dessen schutzlose Lage ausgenutzt wurde.

Verkürzt gesagt bedeutet das Prinzip "Nein heißt nein": Eine Frau muss nicht schreien oder sich körperlich wehren - sexuelle Handlungen gegen ihren Willen sind trotzdem Unrecht.

Bis zuletzt war unklar, ob das Prinzip "Nein heißt nein" auch ins Aufenthaltsgesetz überführt wird. Dort ist unter anderem geregelt, unter welchen Umständen Ausländer ausreisepflichtig sind.

Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen ist die Entscheidung gefallen. Der reformierte Paragraf 177 soll ausdrücklich auch im Aufenthaltsgesetz greifen und das darin enthaltene Ausweisungsrecht verschärfen.

"Der Grundsatz des 'Nein-heißt-nein' wird auch im Ausweisungsrecht implementiert", heißt es in dem gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen. Das bedeutet, dass das neue Sexualstrafrecht die Hürden für einzelne Abschiebungen senken kann.

Wie kommt es dazu? Schon jetzt wird die Straffälligkeit von Ausländern stärker gewichtet als früher. Dafür sorgte die Koalition, als sie im Januar die Ausweisung ausländischer Straftäter erleichterte. Das Gesetz war eine Reaktion auf die sexuellen Massenübergriffe auf Frauen in der Kölner Silvesternacht, an denen überwiegend Männer aus dem Maghreb beteiligt waren.

Seitdem kann jede Freiheits-, Jugend- oder Bewährungsstrafe dazu führen, dass ein Ausländer ohne Asylanspruch ausgewiesen wird. So gut wie sicher ist ein Abschiebebescheid, wenn die Strafe mindestens ein Jahr beträgt. Früher lag die Hürde bei zwei Jahren und mehr.

Das "Gesetz zur erleichterten Ausweisung ausländischer Straftäter" schließt verurteilte Straftaten im sexuellen Bereich eigentlich schon mit ein. Allerdings muss, neben anderen Delikten, auch eine sexuelle Straftat mit "Gewalt, Drohung, Gefahr für Leib und Leben oder List" verknüpft sein, damit sie als Ausweisungsgrund anerkannt wird.

Genau diese Einschränkung soll jetzt wegfallen. Eine Tat nach Paragraf 177 könne künftig "unabhängig von den bisherigen Tatmodalitäten zu einem Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung führen", heißt es in dem Papier.

... Unabhängig davon ist das Sexualstrafrecht seit Monaten in der Diskussion. Die Rechtsprofessorin Monika Frommel kritisiert im SPIEGEL, das Gesetz schaffe neue Rechtslücken. Fachpolitikerinnen von Union und SPD loben hingegen den "Paradigmenwechsel". Das Recht jeder Frau auf sexuelle Selbstbestimmung werde endlich "voll zur Geltung" gebracht.

... Der Antrag der Koalitionsfraktionen verschärft einen Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). "Nein heißt nein" war in Maas' Vorschlag zunächst nicht vorgesehen, der Minister zeigte sich aber offen für Ergänzungen. Eine Reform des Sexualstrafrechts hatte sein Haus schon lange vor den Kölner Silvester-Übergriffen angestoßen.

Zusammengefasst: Der Vergewaltigungsparagraf wird nach langem Streit erneuert, das Prinzip "Nein heißt nein" im Sexualstrafrecht verankert. Mit der Reform verbunden ist auch eine Änderung im Aufenthaltsrecht. Straffällig gewordene Ausländer können damit unter Umständen leichter abgeschoben werden als früher.


Aus: "Neues Sexualstrafrecht: "Nein heißt nein"-Prinzip soll Abschiebungen erleichtern" Annett Meiritz (05.07.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sexualstrafrecht-nein-heisst-nein-soll-abschiebungen-erleichtern-a-1101316.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sexualstrafrecht-nein-heisst-nein-soll-abschiebungen-erleichtern-a-1101316.html)

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Quote[...] Sie winden sich, die Experten und Expertinnen, die gegen eine Reform des Sexualstrafrechts sind. Es ist ihnen too much, die Sache mit der sexuellen Selbstbestimmung so ernst zu nehmen, dass Gesetze umgeschrieben werden müssten. Trotzdem wird am Donnerstag der Bundestag wahrscheinlich für die Reform stimmen. Es geht dabei um mehrere Änderungen, unter anderem um die Frage, wann etwas eine Vergewaltigung ist.

Die Kritikerinnen und Kritiker dieser Reform fahren so schauerliche Klischees von Männern, Frauen, Sex und Gewalt auf, dass es zwar bitter ist, das anzuhören, aber eine Untersuchung lohnt, zumal sie sich an entscheidenden Stellen widersprechen.

Einer der Kritiker ist Bundesrichter Thomas Fischer, der in seiner "Zeit Online"-Kolumne eine gewisse Freude daraus zu schöpfen scheint, anderen zu erklären, dass sie keine Ahnung von seinem Fachgebiet haben. So schön es ist, wenn jemand sein Wissen teilt, so tragisch ist es, wenn diese Kompetenz durch frauenfeindliche Polemik getrübt wird oder gar in ihr versinkt, was ihm leider ab und zu passiert.

Fischer, der schon 2015 empfahl, man solle "das Sexualstrafrecht endlich einmal in Ruhe lassen" (hat keiner drauf gehört) schreibt nun über eine Journalistin, die auf Brigitte.de etwas Falsches zum Fall Gina-Lisa Lohfink geschrieben hat, dass "die simpelsten Einsichten des Verstands bei ihr nicht mehr wirken", und er "fürchtet", das komme "irgendwie aus den Hormonen". Aus welchem Körperteil diese Vermutung bei ihm kommt, sollten mal Biologinnen klären.

Dass Expertise im Strafrecht nicht zwingend mit Expertise zu Frauen einhergeht, zeigt auch Fischers Exegese der Sehnsüchte und Ängste "der deutschen Frau": "Kaum trippelt man selbstbestimmt im kurzen schwarzen Spitzenkleidchen übers Parkett [...] - da starren frech schon wieder: Männer." Man kriegt richtig Bock, mit so jemandem mal zusammenzuarbeiten.

Anders als Fischer suggeriert, ist Vergewaltigung allerdings keine "Frauenfrage". Es werden erstens auch Jungs und Männer vergewaltigt und missbraucht (die meisten Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche sind männlich) und zweitens gehört zu jedem Fall, in dem eine Frau von einem Mann vergewaltigt wird, eben auch dieser Mann. Vergewaltigung als Frauenthema zu sehen, heißt Männer, die zu Opfern werden, zu verschweigen, und Männer, die zu Tätern werden, als unhinterfragbare Naturgewalt hinzustellen.



Am Fall Gina-Lisa Lohfink sind für Fischer, apropos Natur, vor allem die Brüste der Angeklagten interessant und die Einkünfte, die sie ihr - seines Erachtens - quasi im Alleingang verschaffen. Er erklärt beleidigt, dass ihr Einkommen "plausibel ist, denn als Mensch mit dem Beruf 'Vorzeigen-von-dicken-Silikonbrüsten' sollte man schon deutlich mehr verdienen als der Präsident eines Obersten Bundesgerichts." Große Worte für einen, dessen Beruf man als "Deuten von dicken Büchern" beschreiben könnte. Abgesehen davon, dass man Lohfink auch "Model, Schauspielerin, Sängerin" nennen könnte, wenn man den Respekt für Menschen nicht an der chemischen Zusammensetzung ihrer Oberweite festmachen würde.

Aber Fischer macht sich lieber lustig über die "kaum noch beherrschbare Welle von Sexualdelikten, die Deutschland bekanntlich überschwemmt". Ich weiß nicht, ob es eine zynischere Art gibt, Opfern von Sexualstraftaten so richtig auf die Fresse zu geben.

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Aus: " Sexualstrafrecht: Was heißt Nein?" Eine Kolumne von Margarete Stokowski (05.07.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/stokowski-zu-sexualstrafrecht-was-heisst-nein-a-1101339.html

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 06, 2016, 07:54:23 AM
Quote[...] Kim Kardashian hat vor Kurzem ein Ganzkörperselfie gepostet, auf dem sie nackt vor einem Badezimmerspiegel posiert. Die interessierte Öffentlichkeit teilte sich daraufhin grob in zwei Lager: Die einen warfen Kardashian vor, jungen Frauen zu vermitteln, sie bekämen nur dann Aufmerksamkeit, wenn sie nackt sind. Die anderen fassten das Bild als emanzipatorischen Akt auf: Das Selfie als Genre erlaube es Frauen, sich selbst so zu zeigen, wie sie gern gesehen und akzeptiert werden wollten, und das sei eine Freiheit, die Frauen noch nicht sehr lange hätten. ...
Aus: "Die Selfie-Dynastie" Felix Stephan (16. März 2016,)
http://www.zeit.de/kultur/kunst/2016-03/selfies-instagram-ausstellungen-schirn

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"Nur richtige Vergewaltigungen" Journelle (Samstag, 02. Juli 2016)
Zweifelsohne ist die Diskussion um Frau Lohfink, Vergewaltigung und Strafrecht mittlerweile so komplex, dass sie nur schwer zu überblicken ist. Ich versuche trotzdem kurz anhand dessen, was ich bislang hierzu gelesen habe, die Rahmendaten zusammenzufassen. ...
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Journal und verschlagwortet mit Lohfink, neinheißtnein, Sexuelle Gewalt
http://www.journelle.de/4900/nur-richtige-vergewaltigungen/

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"Wie hat der Gesetzgeber ,,nein heißt nein" umgesetzt?" (07.07.16)
In zahlreichen Pressemeldungen des heutigen Tages war zu lesen, dass der Bundestag einstimmig (!) eine Reform des Sexualstrafrechts beschlossen habe, durch das die Forderung ,,nein heißt nein" im Gesetz verankert wurde. Was der Gesetzgeber aber genau regelt, war nirgends zu lesen. Deshalb hier zunächst ein kurzer Überblick über den Worlaut. ...
http://www.internet-law.de/2016/07/wie-hat-der-gesetzgeber-nein-heisst-nein-umgesetzt.html

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"DIE ÜBERLEGENHEIT DES BLICKS - Eine transdisziplinäre Verortung des fotografischen Blicks zwischen Kolonialismus und Tourismus"
Aria Sebastian Wojciechowski (Studiengang: Medien-Kommunikation-Kultur, 2014)
http://www.whitecharity.de/wp-content/uploads/Wojciechowski.pdf

White Charity - Schwarzsein und Weißsein auf Spendenplakaten
Öffentlicher Raum wird in Deutschland immer stärker von Werbung eingenommen.Während in kommerzieller Werbung hauptsächlich modisch gekleidete weiße Menschen in ,,zivilisiertem" Umfeld dargestellt werden, sieht man auf Plakaten von ,,Hilfsorganisationen" meist Schwarze Menschen in ärmlichen, ländlichen Bedingungen. Die Schwarz-Weißen Darstellungen werden durch ständige Anwesenheit und Wiederholung unhinterfragt zur Realität der BetrachterInnen.
Die Repräsentationen Schwarzer und weißer Menschen werden in der Regel nicht von den Organisationen erfunden, sondern sind Resultate einer Geschichte von Stereotypisierungen und müssen deswegen auch im Lichte dieser Geschichte betrachtet werden. Trotzdem tragen die Organisationen Verantwortung für die Reproduktion der Bilder. ...

http://www.whitecharity.de/
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 17, 2016, 08:54:59 PM
"Schweden: Welche schwedischen Werte?" Liv Heidbüchel (17. Juli 2016)
Gleichberechtigung ist ein Grundpfeiler der schwedischen Gesellschaft. Doch nach sexuellen Übergriffen auf Festivals wird klar: Über Probleme wurde bisher geschwiegen. ... Ein willkommenes neues Phänomen sei dagegen, dass Mädchen und Frauen sich heute trauen, über sexuelle Gewalt zu sprechen, sagt Persson. Allerdings: "Viele Menschen drücken sich vor dem Einmischen", sagt sie. "Nur jeder Zehnte sagt überhaupt etwas. Außerdem ist die Toleranz gegenüber dem gewalttätigen Verhalten von Jungen und Männern sehr groß." Persson meint, dass sich vielmehr Männer in die Diskussion einmischen müssten. Die Übergriffe auf den Festivals könnten den Anlass liefern.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-07/schweden-festivals-sexuelle-uebergriffe-bravalla

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"Männergesellschaft Türkei: Auch das Patriarchat hat ein Verfallsdatum" Caroline Fetscher (18.07.2016)
Der Putsch ist gescheitert, das Patriarchat triumphiert. Aber die Emanzipation der längst globalisierten Türkei wird nicht aufzuhalten sein. ... Das Land ist noch immer ein von Männern völlig dominiertes Territorium. Im privaten wie im öffentlichen Raum haben sie das Sagen. Symbolisch dafür stehen die Teehäuser und Cafés, auch in von türkischen Migranten geprägten Stadtteilen Deutschlands, in denen man nie eine Frau sitzen sieht. Der Zugang wird ihnen nicht einmal durch Schilder verwehrt – es versteht sich von selber, dass Frauen diese Räume nicht betreten. Eben auch nicht die Räume der Macht. ... Doch die Säkularisierungsschübe der Vergangenheit, der nachwirkende Kemalismus sowie die rasante Geschwindigkeit, mit der im Zeitalter der Globalisierung die Informationsströme fließen, verändern die Lage – zumal in den Städten. In Ankara wie Istanbul gibt es gebildete Frauen, Geschäftsfrauen, Anwältinnen, Ärztinnen und Lehrerinnen. Seit Atatürks Revolution von oben, die 1924 begann, drangen Frauen von den Rändern her in viele Lebensbereiche vor. Seit 1930 durften sie zunächst bei Regionalwahlen ihre Stimme abgeben, ab 1934 auch bei den Nationalwahlen. Widerstand der traditionellen Milieus gab es von Beginn an. Bis heute kämpfen Feministinnen wie Nebahat Akkoc gegen Polygamie, Ehrenmorde, Analphabetismus und Diskriminierung der weiblichen Bevölkerung – mit einem Wort: gegen das Patriarchat. ...
http://www.tagesspiegel.de/kultur/maennergesellschaft-tuerkei-auch-das-patriarchat-hat-ein-verfallsdatum/13888580.html


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"Homosexualitäten und Literatur Das lange Warten auf homosexuelle Romanfiguren" Alain Claude Sulzer (16.07.2016)
Im Literarischen Colloquium Berlin läuft derzeit das Festival "Empfindlichkeiten - Homosexualitäten und Literatur". Mit dabei ist auch der Schweizer Autor Alain Claude Sulzer, der einen Blick in die schwule Literaturgeschichte wirft. ... Welche Freuden und Unannehmlichkeiten außereheliche Beziehungen mit sich brachten, konnten die Leserinnen und Leser bei Fontane, Flaubert, Tolstoi und Dutzenden von weiteren Autoren nachlesen. Indem sie es einer breiten Öffentlichkeit zuführte, beglaubigte und verallgemeinerte die Literatur, was die Leser ahnten, ersehnten oder bereits am eigenen Leib erfahren hatten. Bei den Schriftstellern stieß man meist auf mehr Verständnis als im Freundeskreis.
Gleich war es mit der erfüllten Liebe und dem unerfüllten Verlangen. Davon erzählten Emily Brontë oder Heinrich von Kleist; davon erzählte Goethe, erzählten alle in allen nur erdenklichen Abweichungen. Es ging dabei ganz selbstverständlich um die vielfältigen Spielarten der Liebe zwischen den Geschlechtern. Wer sich im 18. oder 19. Jahrhundert Hinweise auf die Liebe zwischen Männern erhoffte, wurde enttäuscht.
Noch E. M. Forster entschloss sich im 20. Jahrhundert, den Roman ,,Maurice" (1914), in dem die Liebe zwischen Männern unzweideutig im Mittelpunkt stand, nicht zu publizieren. Das geschah erst nach seinem Tod (1971). Seine Reputation aufs Spiel zu setzen, wäre sozialer Selbstmord gewesen. Forster schrieb Romane, die zwischen den Geschlechtern spielten. Als seine Geduld mit den normalen Menschen erschöpft war, wie er sagte, hörte er auf zu schreiben. ...
Wie müssen sich junge, homosexuell empfindende Männer und Frauen gefühlt haben, wenn sie feststellen mussten, dass ihr Begehren nicht einmal dort ein Forum hatte, wo scheinbar alles möglich schien, in der Literatur nämlich? Einer der Gründe, warum wir auf Vermutungen angewiesen sind, wenn wir etwas über homosexuelle Lebensentwürfe in historischer Zeit erfahren wollen, liegt nicht zuletzt in der Abwesenheit von Homosexualität in der literarischen Landschaft der Vergangenheit. Wenngleich es im 20. Jahrhundert frühe Versuche wie etwa André Gides ,,Corydon" (1924) oder Klaus Manns ,,Der fromme Tanz" (1925) gab, mussten Homosexuelle bis in die Sechziger auf selbstbewusste literarische Auftritte warten. ...
http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/homosexualitaeten-und-literatur-das-lange-warten-auf-homosexuelle-romanfiguren/13882562.html

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"Weibliche Breiviks gibt es nicht" Bettina Weber (24.07.2016)
Die Bilanz der letzten fünf Wochen ist erschütternd, und sie schlägt aufs Gemüt. Orlando, 12. Juni: Ein Mann ermordet 49 Menschen. Paris, 13. Juni: Ein Mann ermordet ein Polizisten-Ehepaar. Fislisbach, 14. Juni: Ein 17-jähriger Mann ermordet einen 18-Jährigen. Leeds, 16. Juni: Ein Mann ermordet eine Politikerin. Nizza, 14. Juli: Ein Mann ermordet 84 Menschen. Würzburg, 19. Juli: Ein Mann versucht, vier Menschen zu ermorden. München, 22. Juli: Ein Mann ermordet neun Menschen.
Die Liste ist nicht vollständig. Und sie endet mit Sicherheit nicht am 22. Juli. So unterschiedlich die Motive für die Morde sein mögen, so haben sie dennoch etwas gemeinsam: Die Ausführenden waren alle männlich. Genauso wie beim Massaker in Paris, den Anschlägen in Brüssel oder auf «Charlie Hebdo» und bei sämtlichen Amokläufen der jüngsten Vergangenheit. Weibliche Breiviks gibt es nicht.
Wir haben uns derart daran gewöhnt, dass es fast immer Männer sind, die töten – es scheint kaum erwähnenswert. Hätten die Täter ein anderes, augenfällig gemeinsames Merkmal, man würde längst darüber reden. Nach Ursachen forschen und Prävention betreiben. Das männliche Geschlecht reicht dafür offenbar nicht. Man nimmt es hin. Ist halt so. Obschon die Taten, die so viel Leid brachten, einen gemeinsamen Ursprung haben, über den es sich nachzudenken lohnte: eine falsch verstandene, kranke und altertümliche Männlichkeit. ...
Der Amokläufer rächt sich für sein Gefühl des Scheiterns an allen, die ihm gerade über den Weg laufen. Mit der Waffe in der Hand ist er nicht mehr klein und verloren, er verbreitet damit Angst und Schrecken und ist endlich wer. Man respektiert ihn, so, wie einem Mann Respekt gebührt: Man fürchtet ihn. Er glaubt, damit sein Selbstbewusstsein ins männliche Lot zu rücken. Lieber geht er als Killer in die Geschichte ein denn als ein Niemand. Die Welt soll seinen Namen kennen.
Die Pervertierung dieser Idee ist der IS. Dessen Mitglieder zelebrieren die archaischste Form der Männlichkeit überhaupt; sie posieren mit schwarzen, furchteinflössenden Henkermasken und immer mit Waffen. Sie erniedrigen, versklaven, foltern, töten. Sie verstehen Männlichkeit als absoluten und naturgegebenen Anspruch auf Dominanz und Herrschertum, fordern von allen anderen Gehorsam und Unterwerfung.
Diese Männer sind stehen geblieben, während die Welt um sie herum sich verändert hat. Sie reagieren trotzig und nach dem uralten Muster der Gewalt, wenn sie auf Ablehnung stossen oder sich machtlos fühlen. In ihrer blinden Wut machen sie alle anderen für ihre Lage verantwortlich und gern auch den Feminismus, der das Maskuline entwertet haben soll.
Dabei könnten sie doch just diesen als Befreiung verstehen. Er erlaubt ihnen, endlich nicht mehr diese verkrampfte Stärke an den Tag legen zu müssen, die nicht nur unmenschlich ist, sondern ihnen ohnehin nie jemand wirklich abkaufte. ...
http://www.sonntagszeitung.ch/read/sz_24_07_2016/fokus/Weibliche-Breiviks-gibt-es-nicht-69517
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 28, 2016, 02:16:58 PM
"Feminismus: Körperbeschimpfung als Kampfmittel" Catherine Newmark (27. Juli 2016)
Frauen, die sich öffentlich äußern, schlägt viel Hass entgegen. Doch warum wird gerade jetzt das Klischee der hässlichen Emanze wiederbelebt? ... Natürlich kann man darin eine kulturhistorisch wohletablierte Tradition der männlichen Objektivierung von Frauen sehen, ihrer Reduzierung auf Sexualität und damit auf ein Hingeordnetsein zum Mann, mittels derer versucht wird, allzu meinungsstarke Frauen "auf ihren Platz zu verweisen", wie es die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach gestern im Deutschlandradio Kultur sachkundig erläuterte.
... Das Gespräch, das die beiden WOZ-Journalisten Daniel Ryser und Carlos Hanimann daraufhin mit ihm geführt haben, ist vor allem deshalb so faszinierend, weil sich die beiden ganz schlicht und vor allem interessiert mit Herrn Zürcher unterhalten und versuchen, ihn zu verstehen. Großartig etwa der Passus, wo sie nach der genauen Bedeutung von "drübergehen" nachfragen: "Sie verstehen das Wort nicht?" "Was meinen Sie damit?" "Sex." "Freiwillig?" "Schon freiwillig, ja."
Gerade weil die beiden Journalisten sich des vorschnellen empörten Urteils weitgehend enthalten, sich mithin nicht schon von Anfang an auf der anderen Seite des Kulturkampfgrabens im herablassenden moralischen Überlegenheitsgestus verschanzen, erfährt man in der sachlichen und unpolemischen Unterhaltung sehr viel darüber, wie Herr Zürcher die Welt sieht. ...
http://www.zeit.de/kultur/2016-07/feminismus-rechtspopulismus-beleidigung/komplettansicht


Nr. 27/2016 vom 07.07.2016 - Interview: Daniel Ryser und Carlos Hanimann
Der Hass im Netz - «Wenn ein Schiff mit Migranten im Mittelmeer versinkt, dann finde ich das eine gute Nachricht.»
Onlinepostings von SVP-Politiker Andreas Glarner haben eine Debatte über frauenfeindliche Kommentare und fremdenfeindliche Botschaften ausgelöst, die die Grenzen des Erträglichen überschreiten. Was sind das für Menschen, die ihre Verachtung im Netz absondern? Ein Treffen mit einem Hassredner. ...
https://www.woz.ch/-6f26


Quotevaldai #18 (28.07.2016)

Nachdem ich gerade einen Artikel kommentiert habe, in dem eine Frau (Claudia Roth) eine andere Frau (Sarah Wagenknecht) aufs Übelste diffamiert hat...
lese ich jetzt diesen Artikel hier ;)

Menschen diffamieren andere Menschen, Menschen beleidigen andere Menschen,
Männer machen dies mit Männern, Frauen machen dies mit Frauen, Frauen machen dies mit Männern und Männern machen dies (ja ;)) auch mit Frauen.

So what ?

Dieses Gejammere von Frauen nervt.....sie selbst sind kein Deut' besser oder
schlechter, wenn es um das Zusammenleben mit anderen Menschen, wenn es
um Respekt und Achtung vor anderen Menschen geht !

Frauen, die sich IMMER per se in der Opferrolle sehen, die empfinde ich persönlich
eher als ausgesprochen manipulativ.

http://www.zeit.de/kultur/2016-07/feminismus-rechtspopulismus-beleidigung?cid=7991661#cid-7991661

Quotebénichousaraute #19 (28.07.2016)

Ich gebe meine ungefragte Meinung oft und gerne bei youtube ab, dem wohl härtesten und ungerechtesten Forum der Welt. Ich werde beleidigt, denigriert, diskriminiert, als fett, hässlich und dumm bezeichnet, und das, obwohl niemand mein Geschlecht erraten können dürfte, weder am Foto, am Nick, noch am Kommentar. Aber gut, ich versuche mich auch nicht im genderfreien Schreiben. Ich streite mich seitenlang, aus Spaß an der Freud, mit Trollen. Wahrscheinlich trolle ich manchmal auch selber. Und jetzt der Hammer: es ist mir egal, was mir da an Debilität, Verzweiflung und gelegentlich auch Hass entgegenschreit! Ich teile Kritik aus und stecke sie auch mal ein. Manchmal nehm ich was zurück oder entschuldige mich sogar, manchmal bestehe ich auf meinen Standpunkt und alle Andersdenkenden sind blöd. Aber vor allem bleibe ich souverän. Ich jammere nicht rum, dass andere meine Meinung nicht respektieren "bloß weil ich ein Mädchen bin". Ich zähle mich nicht zu den Feministinnen, denn das ewige selbstmitleidige Geseier verletzt meinen Stolz. Ich bin kein Opfer, ich bin die Lieblingstochter des angry old white man!

http://www.zeit.de/kultur/2016-07/feminismus-rechtspopulismus-beleidigung?cid=7991760#cid-7991760

Quotevaldai #19.4  (28.07.2016)

Es ist die Persönlichkeit, die den Unterschied macht.
Und das ganz unabhängig vom Geschlecht....

es gibt tapfere Männer, tapfere Frauen...
feige Männer, feige Frauen.

Fokussieren wir uns lieber auf die INDIVIDUELLEN Persönlichkeiten
als auch auf das jeweilige Geschlecht.

http://www.zeit.de/kultur/2016-07/feminismus-rechtspopulismus-beleidigung?cid=7993981#cid-7993981

QuoteChlorhuhn #29  (27.07.2016)

Lustigerweise findet sich just heute an prominenter Stelle bei ZEIT ONLINE ein Text von Maxim Biller, in dem es heißt, dass linke 68er-Männer "hässliche Hippiefreundinnen" haben und beim Sex an Petra Kelly denken. Das seltsame, empirisch leicht zu widerlegende Empfinden konservativer und rechter Männer, irgendwie geiler zu sein als der Rest, scheint also kein Unterschichten-Phänomen zu sein.

http://www.zeit.de/kultur/2016-07/feminismus-rechtspopulismus-beleidigung?cid=7992148#cid-7992148

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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 22, 2016, 06:08:31 PM
"Gina-Lisa Lohfink: Ein Fall, bei dem alle verlieren" Ein Kommentar von Stefanie Lohaus (22.08.2016)
Die Anthropologin kommt zu dem Schluss, dass Gesellschaften umso weniger Vergewaltigungen aufweisen, je egalitärer sie sind und je respektvoller die Menschen allgemein miteinander umgehen. Solange wir also in Vergewaltigungsprozessen nicht respektvoll mit Menschen umgehen, sollten wir darüber nachdenken, diese unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen.  ...
http://www.zeit.de/kultur/2016-08/gina-lisa-lohfink-vergewaltigung-gericht-urteil

QuoteTech Sergeant Chen #8

" Der Prozess zeigt, wie respektlos wir mit Menschen umgehen, wenn es um den Vorwurf der Vergewaltigung geht."

Der Prozess zeigt, wie respektlos Leitmedien und PolitikerInnen mit Menschen umgehen, wenn es um den Vorwurf der Vergewaltigung geht, was sich der gemeine Buerger denkt, ist mir nicht bekannt, von Atze S. mal abgesehen...


Quote
qualia #11

Der Fall Lohfink ist (ähnlich wie damals bei Kachelmann) zu einem Stellvertreterprozess für ganze gesellschaftliche Gruppen geworden, die sich polar gegenüber stehen. Um den eigentlichen Sachverhalt geht es da nicht. Für die einen ist es Sinnbild dafür, wie Frauen nach einer Vergewaltigung nicht geglaubt wird und sie zum Täter gemacht wird, für die anderen ist es ein Beispiel dafür, wie aus Rache oder Geltungssucht unschuldigen Männern der Rest ihres Lebens versaut wird.

Ich habe mir tatsächlich mal die Videos zu diesem Fall angetan, die im Netz kursieren. Das sind Ausschnitte, die mehrdeutige Interpretationen zulassen. Ich hege jedoch den Verdacht, dass das ganze mediale Theater allen drei Beteiligten mehr Schaden zufügt als die Sache an sich - ähnlich wie im Artikel zum Fall Polanski beschrieben.

Insbesondere der letzte Abschnitt des Artikels ist hervorhebenswert: Je gleichberechtigter und respektvoller der Umgang in der Gesellschaft, desto weniger Vergewaltigungen.


QuoteMcBudaTea #12

Das Problem ist ein ganz anderes: Sehr viele (soweit ich gesehen habe, in diesem Fall vorwiegend weibliche) Journalisten haben diesen Fall benutzt, um Politik zu machen. Und das mit Erfolg. Dieser Fall wurde als Beispiel für eine "Schutzlücke" angeführt, obwohl es ein mehr als fragwürdiger Fall war. Wenn das Problem da ist, warum ist es nicht möglich, einen eindeutigen Beispiel zu verwenden? ...


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"Urteil: Gina-Lisa Lohfink wegen falscher Verdächtigung verurteilt" (22. August 2016)
Vor dem Amtsgericht Berlin ist der Prozess gegen das Model Gina-Lisa Lohfink zu Ende gegangen. Sie hatte zwei Männer beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. ...
http://www.zeit.de/kultur/2016-08/urteil-gina-lisa-lohfink-falschaussage-vergewaltigung

QuoteBertman #46

Dass so viele KämpferInnen für einen besseren Schutz vor sexueller Gewalt ausgerechnet im Fall Lohfink Partei für das angebliche Vergewaltigungsopfer ergriffen haben ist verwunderlich und bedauerlich. In meinen Augen hat diese in Teilen völlig unreflektierte Parteinahme, die von der strafrechtlichen Bewertung des Sachverhaltes völlig losgelöst zu sein scheint, dem berechtigten Anliegen einer Verbesserung des Schutzes vor sexueller Gewalt und einer sachlichen Diskussion darüber schwer geschadet.
Und sollte, was zu befürchten ist, Frau Lohfink als selbsternanntes Vergewaltigungs- und Justizopfer nun durch diverse Trash-TV-Formate tingeln, wird der fortgesetzte, öffentliche Streit über ihren Fall den tatsächlichen Opfern sexueller Gewalt das Leben eher schwerer machen.


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"Das Aussehen ist egal - und andere Lehren aus dem Fall Gina-Lisa Lohfink"
Alexander und Bettina Hammer 24.09.2016
... Was [ ] oft stattfand war [ ] eine Neuauflage des "Schlampen"-Denkens, das sich gerade bei weiblichen Opfern oft zeigt. Dieses Denken ist im Wesentlichen eine Version des "wer sich so anzieht ..."-Denkens, das einhergeht mit einem "die hat es nicht anders verdient". Gerade bei den weiblichen Opfern wird dies oft von männlichen Kommentaren dazu genutzt, Vergewaltigungen als quasi natürliche Folge von einem aufreizenden Verhalten bzw. Aussehen auf weiblicher Seite anzusehen.
Der männliche Teil wird dann mit einem natürlichen Drang nach Sexualität, ohne Möglichkeit, diesen unentgeltlich mit entsprechendem Partner ausleben zu können, als hilfloser Triebtäter dargestellt, der nicht anders kann. Eine Denkweise, die fatal daran erinnert, wie manche Menschen Vergewaltigungen begründen, wenn sie meinen, sie hätten nicht anders handeln können und seien geradezu "eingeladen" worden.
Es ist egal, ob jemand platinblond und mit "Schmollmund", engem Kleid und weitem Ausschnitt zu sehen ist, ob er "rassig rothaarig" ist, ob er sich die Lippen oder was auch immer hat aufspritzen lassen, ob sein Po "knackig" ist, die Augen verführerisch oder die Sprache sexy - all dies ist keine Begründung dafür, ihn oder sie zu vergewaltigen. Gerade auch kosmetische Operationen werden gerne als eine Einladung zum Sex interpretiert, doch selbst wenn sie darauf ausgerichtet sind, auch von möglichen (Wirtschafts)Partnern wahrgenommen und begehrt zu werden, so berechtigt dies niemanden, den anderen zu vergewaltigen oder führt dazu, dass der andere "nicht anders kann". Die Verantwortung liegt beim Täter.
... Gerade im Fall Frau Lohfink bemühten sich die Medien auch, immer wieder Frau Lohfinks Berufstätigkeit möglichst blumig zu umschreiben oder gleich eine Namensnennung durch das Erscheinungsbild zu ersetzen. "Die Blondine", das "Doppel D-Sternchen", das "Partygirl"... die Liste der diversen Bezeichnungen ist lang und trägt im Endeffekt zur Frage der Vergewaltigung nichts bei. So wie das Aussehen, das Verhalten und das Geschlecht keine Rolle spielen, so spielt auch der Beruf keine Rolle.
Dies ist gerade auch in Bezug auf Prostituierte wichtig, bei denen lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass sie per se nicht vergewaltigt werden können. Dabei wurden, wenn man die juristischen Termini zu Rate ziehen will, Prostituierte als Verkäufer ihres Körpers angesehen, wobei sie eher Vermieter sind, die aber auch potentielle Mieter ablehnen können und natürlich in ihrem Privatleben nicht als Vermieter auftreten. Dies ist absichtlich so sachlich formuliert um die emotionale Ebene außen vor zu lassen.
Prostituierte, die eigenständig als solche arbeiten, suchen sich ihre Art und Weise der Prostitution genauso aus wie ihre Kunden, ihr Körper wird nur innerhalb bestimmter Regeln zur Verfügung gestellt, für eine bestimmte Zeit. Egal ob Stangen- oder Tischtänzer, Prostituierte, Stripper, Nacktputzer... keine der mit nacktem Körper, sexueller "Anmache" oder gar Geschlechtsverkehr zu tun habenden Erwerbstätigkeiten haben zur Folge, dass der Körper des Menschen jedem jederzeit und unter allen Umständen als Sexualobjekt zur Verfügung steht und gar das Einverständnis des Menschen selbst unwichtig ist, wenn es um sexuelle Aktivitäten geht.
Es ist insofern für die Beurteilung ob eine Vergewaltigung stattgefunden hat und ob wider besseren Wissens eine Anschuldigung erhoben wurde, völlig unerheblich, welchem Beruf jemand nachgeht und es muss daher auch nicht, zudem oft noch in herablassender Weise, kommentiert werden.
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49413/1.html

QuoteGotan, 24.09.2016 11:18

Was soll uns die Plattitüdensammlung im Artikel sagen?

Der Artikel walzt da lang und breit Allgemeinplätze aus, z.B. dass Aussehen keine Vergewaltigung rechtfertigt. Nur wurde das so ja nicht dargestellt, bzw. höchstens von ein paar Deppen so kommentiert, das ist also eher eine Strohmanndiskussion.

Zusammen mit anderen Merkmalen, wie z.B. dem Verhalten, spielt das Aussehen aber schon eine Rolle bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit, so ein Auftreten passt eben nicht zu der Schilderung des Gemütszustandes eines sexuell unerfahrenen Mauerblümchens.

Und gerade ihre Glaubwürdigkeit hat Gina durch ihre eigenen Aussagen nachhaltig selbst beschädigt, darauf geht der Artikel aber mit keiner Silbe ein. Es mag ja sein, dass sich die Autoren das für den nächsten Teil aufheben wollen, die Frage ist aber, wozu dieser Teil dann dienen soll.

Für diese Ansammlung von Selbstverständlichkeiten hätte ein knapper Satz gereicht:

"Jeder hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung (sofern die nicht Rechte anderer verletzt), daran ändern auch Aussehen und Beruf nichts."

In der Berichterstattung über den Fall wurde das auch nicht in Frage gestellt, jedenfalls nicht in den Artikeln die ich dazu gelesen habe, und wenn Bettina und Alexander wirklich so oft Artikel lasen in denen Vergewaltigung mit dem Aussehen gerechtfertigt wurde sollten sie sich vielleicht mal mit ihrem eigenen Medienkonsum auseinandersetzen.

Und nebenbei ist der Beruf Lohfinks nicht Prostituierte, sondern Model. Konkret verkörpert und verkauft sie dabei einen bestimmten Lifestyle, d.h. ihr "Ruf" als "Partygirl" ist Teil ihres Auftretens und wird von ihr vermarktet. Nirgendwo habe ich gelesen, dass es in Ordnung sei Gina zu vergewaltigen weil sie ein "Partygirl" sei.


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"Lachen, (Un)wissen und das Wählen der Seiten" Alexander und Bettina Hammer (25.09.2016)
Lehren aus dem Fall Gina-Lisa Lohfink - Teil 2
Die Frage, auf welcher Seite jemand steht, ist in den letzten Jahren zu einer reflexhaft stattfindenden Gesinnungsprüfung geworden. Hier ist zu bemerken, dass mit der Seitenwahl oft auch eine Art "ganz oder gar nicht" einhergeht; wer eine Seite wählt, der hat deren Dogmen mit blindem Gehorsam zu befolgen. Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren zur Glaubensfrage. Wer gegen Frau Lohfink argumentierte oder neutral agierte, musste schnell befürchten, in die Ecke des Vergewaltigungsapologeten gestellt, als emotionaler Krüppel angesehen zu werden. Dabei wurde die emotionale Seite des Verfahrens in den Vordergrund gestellt und gerne betont. Es zählten insofern immer weniger die Fakten, die sich erst nach und nach auch zu einem möglichst umfassenden Ganzen verdichteten, es kam darauf an, sich in Frau Lohfink einzufühlen, mit ihr zu fühlen, mit Frauen, denen sexueller Gewalt angetan wird, zu fühlen und ein Zeichen zu setzen oder sich zu solidarisieren.
Dieser vereinfachten Sicht der Dinge, die letztendlich den Faktfragmenten folgt und Neues nur noch in die bisher bereits angefertigte Ansichtsschablone presst, wird und wurde befeuert von den sich im Netz bildenden Solidaritätsgruppen, die im Fall Frau Lohfink u.a. als #teamginalisa agierten. Hier gelang es sogar, den Fall zu einem Beleg dafür, dass eine "nein heißt nein"-Regelung notwendig sei, umzufunktionieren, obgleich er hierfür nicht taugte. Ein solches Agieren ist aber nicht nur der eigenen Weiterbildung wenig zuträglich, es fördert auch die Grabenbildung innerhalb der Gesellschaft, wenn vorschnell aus einer Ansicht ein Weltbild wird und andere Menschen entsprechend eingeordnet werden. Die Diversität der Meinungen, die durch Diskurs und Debatte fernab von Beleidigungen und Fäkalsprache allen die Möglichkeit gibt, die eigene Ansicht stetig zu reflektieren, wird so ignoriert, vielmehr gilt es, nur noch jenes wahrzunehmen, dass sich ins eigene Weltbild integrieren lässt. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49414/1.html

Quotelavrov, 25.09.2016 22:30

Vergewaltigung der Medien und der Justiz

Da treffen sich drei Attention whores, filmen sich beim Rudelbumsen, beschnippeln den Film für eine breite Öffentlichkeit, ziehen sich gegenseitig vor Gericht und liefern der Presse genug Stoff, um das sensationsgeile Publikum zu befriedigen.

Ich frage mich ernsthaft, ob hierbei nicht der Journalismus zur H*re der niederen Instinkte wird. Die Heuchelei der politische Korrektheit und Betroffenheit kann doch niemand ernsthaft übersehen.

Das ist wie bei einem schweren Autounfall: alle finde es angeblich schrecklich, doch gaffen sie.

Ignorieren! Ignorieren! Ignorieren! Das ist die einzige Sprache, die solche gebotoxten Versager und die Boulevardblättchen verstehen.

Auch, wenn hier der Ansatz einer gesellschatlichen Diskussion zu einem ernsten Thema auf Grundlage dieses Vorfalls generiert werden soll: es ist falsch, diesem konstruierten Vorfall und den Provokateuren dadurch eine weitere Bühne zu bieten. Insbesondere auf TP, das ein gewisses Niveau aufrecht erhalten sollte während der gesamte "Journalismus der westlichen Welt" täglich immer weiter in Propaganda und Banalität versinkt.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 05, 2016, 11:06:52 AM
"Von Vergewaltigungen und Fortpflanzungsmissbrauch" Alexander und Bettina Hammer (04.09.2016)
Wann wird aus einvernehmlichem Sex eine Vergewaltigung? - Eine Frage, die auch beim Fortpflanzungsmissbrauch eine zentrale Rolle spielt ... Im Fall Gina Lisa L. war eine der vielen Fragen: Worauf bezieht sich ihr Nein? Auf dem in der ersten Anzeige als einvernehmlich bezeichneten Geschlechtsverkehr? Auf das Handyvideo, das ggf. ganz oder teilweise gegen ihren Willen angefertigt wurde? Oder wird, wenn gegen ihren Willen der Geschlechtsverkehr gefilmt wird, ab diesem Moment der Geschlechtsverkehr automatisch zur Vergewaltigung weil die Zustimmung zum Geschlechtsverkehr nur unter der Prämisse stattfand, dass nicht weitergefilmt bzw. der Film gelöscht werden würde?
Fragen, die bei der Definition, wann eine Vergewaltigung vorliegt, nicht trivial sind. Gerade die letzte der Fragen scheint für viele einfach zu beantworten: Sex ohne Filmen ist erlaubt, Sex mit Filmen nicht, somit liegt eine Vergewaltigung vor. Doch so simpel wie es scheint ist es nicht. Dies wird deutlich, wenn die Bedingung "kein Filmen" durch eine andere ersetzt wird. Hierbei ist wichtig, dass eine solche Bedingung auch eine Eigenschaft einer der beiden Sexualpartner oder eine bestimmte Praktik sowie die Art und Weise, wie der Geschlechtsverkehr vollzogen wird, sein könnte. Wenn sich zwei Menschen treffen, um miteinander Analsex zu praktizieren, dies nicht funktioniert und stattdessen Vaginalsex praktiziert wird - ist dies ggf. Vergewaltigung weil hierzu keine Absprache bestand? Was ist, wenn der gemeinsame Akt unter der Prämisse stattfindet, dass der Partner z.B. kein Vorbestrafter ist und sich später herausstellt, dass er vorbestraft ist? ...
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49263/1.html

QuotePragmatiker, 04.09.2016 02:36

the right to retroactively withdraw consent

Irgendwie erinnert mich das Ganze auch zimelich stark hieran:
https://maybemaimed.com/2013/11/05/you-can-take-it-back-consent-as-a-felt-sense/

Die Autorin vertritt ernsthaft die Auffassung, wir bräuchten ein neues Verständnis von Einvernehmlichkeit, welches das Recht beinhaltet, die Zustimmung zu sexuellen Handlungen retrospektiv zurückzuziehen.


Quotemind.dispersal, 04.09.2016 16:21

"Vertragsbruch"

Das Rechtsverständnis scheint sich bezüglich des Geschlechtsverkehrs mehr und mehr auf Basis eines geschlossenen Vertrages zu nähern, der rückwirkend für ungültig erklärt werden kann, sobald Vertragsbedingungen sich als nicht gegeben heraus stellen.

Man sieht förmlich den Pfau vor Gericht sitzen, wie er argumentiert: "Ich habe selbst nie behauptet, die subjektive Imposanz meines Gefieders habe irgendetwas mit meiner Spermienaktivität zu tun!"...


QuoteCaptain Data, 04.09.2016 14:09

Anwaltgeschädigte Gesellschaft

Machen wir's kurz: die Kernfrage, um die es sich dreht, ist die Rechtssicherheit des Geschlechtsverkehrs. Oder, alternativ: wieviel Rechtsunsicherheit verträgt der Rechtstaat? Oder: wie rechtstaatlich ist der Rechtstaat noch?

Inzwischen sind wir an einem Punkt angelangt, in der praktisch alle Lebensbereiche juristisch bewertet werden. Vielleicht ist das ja der Gang der Dinge, dass jede Gesellschaft irgendwann den Weg des "gesunden Menschenverstandes" verlässt, und alles in irgendwelche Regeln und Normen pressen will. Die ganze Debatte rund um den intimen Akt zwischen zwei Menschen erscheint mehr und mehr als ABM für Juristen: der Gleichberechtigung dient es nicht, der Gleichstellung dient es nicht, nicht einmal dem Feminismus dient die Debatte, auch wenn es erst einmal anders ausschaut.

Dass es vor allen Dingen um Juristen-ABM geht, sieht man bei den zahlreichen Fällen, die sich allein um das Thema drehen. Die Rechtssicherheit ist überhaupt nicht gegeben, wie z.B. der Lohfink-Fall offenbart: es genügt einfach die Behauptung einer Vergewaltigung, um die Justiz zu beschäftigen. Der eigentliche Fall ist abgehakt, aber natürlich darf Frau Lohfink in Berufung gehen, so will es der Rechtstaat. Und natürlich werden die Anwälte solange nachbohren, bis sich der Sachverhalt umkehrt und die beiden Männer verurteilt werden - die ihrerseits ebenfalls das Recht haben, in Berufung zu gehen. So kann man wundervoll "juristisches Pingpong" spielen und einer stattlichen Anzahl Anwälten das Einkommen sichern.
Bedenkt man, dass der Ausgangspunkt ein einvernehmlicher Geschlechtsverkehr mit drei Personen war, ist die Justiz gut beschäftigt damit, die Details auseinanderzunehmen und ordentlich an dem Fall zu verdienen. Hier wird viel Lärm um praktisch gar nichts gemacht. Wobei, so ganz stimmt das nicht, eines ist nämlich durchaus rausgekommen: die Lohfink ist wieder im Gespräch. Normalerweise hätte die Öffentlichkeit sie längst vergessen, wäre sie nicht diesen Weg gegangen. Und offenbar sind solche Vergewaltigungsfälle eine gut laufende Möglichkeit, zumindest für einige Wochen immer wieder mit Schlagzeilen in den Gazetten zu erscheinen, wenn es schon mit der eigentlichen Karriere nicht so recht klappen will. Die RTL-Resterampe ist halt äußerst undankbar.

Der Rechtstaat fordert, dass ein Verurtteilter das Recht auf Revision hat. Interessanterweise wird genau auf diesem Wege der Rechtstaat ausgehöhlt. Da es ein sehr langer und sehr steiniger Weg bis zu einem rechtskräftigen Urteil sein kann, gewinnt in der Regel die Partei, welche den finanziell längeren Atem hat. Denn: Anwälte arbeiten nunmal nicht umsonst. Und je länger sich die Kette an Urteilen und Revisionen zieht, desto mehr Geld kann daran auch verdient werden; kein Wunder, dass praktisch kein Urteil mehr in erster Instanz endgültig ist. Das trifft nur den Kleinen, der nicht die Mittel hat, um in Revision zu gehen. Damit korellieren finanzielle Mächtigkeit und Rechtssprechung in einem Maße, wie es in einem Rechtstaat eigentlich nicht zulässig ist.

Eine logische Folge daraus: es gibt keine Rechtssicherheit. Jeder kann von jedermann wegen jeder Sache angeklagt werden - und die Mühlen der Justiz sind überaus dankbar. Kein Nachbarschaftsstreit müsste auf juristischer Ebene ausgetragen werden, wenn es nicht so einfach wäre, Anwälte zu finden, die sich nur zu gern mit überhohen Hecken und herunterfallenden Äpfeln beschäftigen würden. Je weniger Lebensbereiche rechtssicher sind, desto mehr Anwälte können mit der Feststellung des Rechts beauftragt werden. Mit dem Thema "Geschlechtsverkehr" ist eine Thematik eröffnet worden, welches zahllosen Anwälten ein gutes Einkommen bescheren wird. Es ist maximal unangenehm für die Betroffenen, es stellt einen wirksamen Hebel dar, jemanden gesellschaftlich unmöglich zu machen. Der "Fallout" eines solchen Falles ist also extrem - und somit der Zwang, mittels Anwalt diesen Vorwurf wieder loszuwerden, maximal.

Schöne neue Anwalt-Gesellschaft.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.09.2016 14:10).

QuoteKnut der Große, 04.09.2016 15:54

Re: Anwaltgeschädigte Gesellschaft

Normenklarheit erhöht Rechtssicherheit.
Dazu passt jedoch nicht unsere Gesetzmäßigkeit nach dem Grundsatzprinzip, in der Ausnahmen die Normenklarheit aushöhlen.
50% Irrtum (wenn es so ist) weist jedoch auf ein grundsätzliches Problem in den ersten Instanzen der Judikative hin.
Hier ermangelt es sich offenbar schon an der notwendigen Qualität (Fachwissen) der richterlichen Gewalt.
Im Falle von Normenklarheit (auch) im Sexualstrafrecht bin ich persönlich für klare Gesetzgebungen, welche sich auf objetkive Sachverhalte beschränken, und Vergewaltigungen nicht etwa durch subjektive "Fakten" ins Lächerliche geführt oder verhöhnt werden können.



QuoteTwistie2015, Bettina Hammer, 04.09.2016 15:43

Re: Anwaltgeschädigte Gesellschaft

Captain Data schrieb am 04.09.2016 14:09:

    Dass es vor allen Dingen um Juristen-ABM geht, sieht man bei den zahlreichen Fällen, die sich allein um das Thema drehen. Die Rechtssicherheit ist überhaupt nicht gegeben, wie z.B. der Lohfink-Fall offenbart: es genügt einfach die Behauptung einer Vergewaltigung, um die Justiz zu beschäftigen.

aber das ist ja nicht nur in Bezug auf Vergewaltigung so, sondern allgemein. Und wie sollte es sonst funktionieren? Wenn du zur Polizei gehst und sagst "mir wurde jetzt xy gestohlen", wie sollte man vorgehen?
Und wenn z.B. nun ein Video zu finden ist, auf dem der von dir beschuldigte Mensch in deine Tasche langt, wie sollte weitergeange werden?

Was wäre deine alternative Lösung zu dem Thema, das ja nicht nur sexuelle Straftaten betrifft, sondern jede Straftat ohne Zeugen und eindeutige Beweise?


QuoteCaptain Data, 04.09.2016 17:15

Re: Anwaltgeschädigte Gesellschaft

Twistie2015 schrieb am 04.09.2016 15:43:

    Captain Data schrieb am 04.09.2016 14:09:

        Dass es vor allen Dingen um Juristen-ABM geht, sieht man bei den zahlreichen Fällen, die sich allein um das Thema drehen. Die Rechtssicherheit ist überhaupt nicht gegeben, wie z.B. der Lohfink-Fall offenbart: es genügt einfach die Behauptung einer Vergewaltigung, um die Justiz zu beschäftigen.

    aber das ist ja nicht nur in Bezug auf Vergewaltigung so, sondern allgemein. Und wie sollte es sonst funktionieren? Wenn du zur Polizei gehst und sagst "mir wurde jetzt xy gestohlen", wie sollte man vorgehen?
    Und wenn z.B. nun ein Video zu finden ist, auf dem der von dir beschuldigte Mensch in deine Tasche langt, wie sollte weitergeange werden?

    Was wäre deine alternative Lösung zu dem Thema, das ja nicht nur sexuelle Straftaten betrifft, sondern jede Straftat ohne Zeugen und eindeutige Beweise?


Das Thema ist grundsätzlich schwierig. Der Hund liegt insbesondere bei Vergewaltigungen begraben, wenn Täter und Opfer bekannt sind. In aller Regel genügt der Vorwurf der Vergewaltigung, dem Täter schon vor jeder Veurteilung empfindlichen Schaden zuzufügen - auch dann, wenn gar keine Vergewaltigung vorliegt, sondern allein der Vorwurf. Damit steht meiner Meinung nach die Forderung im Raum, in solchen Fällen besonders Vorsicht walten zu lassen, auch, um den Schaden durch eine Vorverurteilung zu minimieren. Strafen darf also nicht der wütende Mob, sondern allein der zuständige Richter.
Aus dem Grund wäre es ein absolutes Anliegen, Vergewaltigungsfälle / Kindesmissbrauch usw. grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu bearbeiten und Opfer wie Täter vor allzu neugierigen Blicken zu schützen. Auch dann, wenn es sich um Personen öffentlichen Interesses handelt, sollte deren Persönlichkeitsrecht geachtet werden. Das hat mE nach nichts mit Täterschutz zu tun, sondern ist schlichtweg Aufgabe des Rechtstaates!

Überleg' mal, wie wäre wohl der Kachelmann-Fall ausgegangen, wenn die Öffentlichkeit erst nach Urteilssprechung die ganzen Details gekannt hätte? Hätte Frau Schwarzer dann voreilig Urteil fällen können? Auch die Lohfink-Affäre wäre sicherlich um einige bissige und äußerst feindselige Kommentare ärmer, wenn das alles nicht in der Presse breitgetreten worden wäre. Am Ende hat nur - und nur - der zuständige Richter das Urteil zu sprechen, keinesfalls aber die Öffentlichkeit, keinesfalls der wütende Mob, keinesfalls Verwandte und Bekannte des Betroffenen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.09.2016 17:18).


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 06, 2016, 10:01:26 AM
"Das Comeback der Klasse" Brigitte Theißl (4. September 2016)
"Heutzutage ist es in Mode, über Race und Gender zu sprechen, Klasse ist hingegen ein unpopuläres Thema", schreibt die feministische Autorin bell hooks in ihrem 2000 erschienen Buch "Where We Stand. Class Matters", in dem sie auch die Geschichte ihrer eigenen ArbeiterInnenfamilie erzählt. Ihr Befund, der sich vornehmlich auf die USA bezog, wurde auch von deutschsprachigen AutorInnen geteilt. Trotz Wirtschaftskrise und einer Schere zwischen Arm und Reich, die in den Industriestaaten immer weiter aufgeht, schien die Klassenanalyse in feministischen Bewegungen kaum noch eine Rolle zu spielen.
... Die Auseinandersetzung mit Klasse verunsichert, schreibt bell hooks – auch feministische Aktivistinnen. "Klasse ist eine unsichtbare Kategorie", sagt Clara Rosa, was letztendlich eine Solidarisierung erschwere. Die Unterschiede zwischen Frauen, die auf ein Erbe und die Unterstützung ihrer Familie zählen können, und jenen, denen solche Sicherheitsnetze fehlen, beschäftigten feministische und Lesbengruppen schon vor Jahrzehnten. In der politischen Praxis entstanden Ideen wie jene eines anonymen Umverteilungskontos. Das Bewusstsein für entsprechende Machtverhältnisse innerhalb einer Gruppe sei dennoch auch im queer-feministischen Umfeld nach wie vor wenig vorhanden, kritisiert Clara Rosa. Auf entsprechende Hinweise folge häufig betroffenes Schweigen aus der Angst heraus, etwas Diskriminierendes zu sagen. "Christliche Mechanismen" nennt das die Bloggerin.
Auch Assimina Gouma sieht viele offene Fragen in Hinblick auf eine feministische Klassenanalyse. In einer zunehmend komplexer werdenden Gesellschaft müssten Konzepte laufend auf ihre Realitätstauglichkeit überprüft und neue Allianzen geschmiedet werden. Wie können sich eine nichtmigrantische prekäre Universitätslektorin und eine migrantische Pflegerin ohne Sozialversicherung solidarisieren? "Das sind jetzt mal Fragen aus der eurozentrischen Perspektive. Und die reichen daher nicht aus, wenn wir auch die Ausbeutung im globalen Süden mitdenken wollen", sagt Gouma. ...
http://derstandard.at/2000043628491/Das-Comeback-der-Klasse

QuoteLoukanikos

Interessant, dass der Klassismus so wenig Aufmerksamkeit erreicht. Dabei zeigt gerade der Klassismus sehr deutlich auf, worum es im Kapitalismus geht:

Menschen werden aufgrund von beliebigen Zuschreibungen abgewertet und ihrer Menschlichkeit beraubt und zwar mit dem Ziel, die sozioökonomischen Verhältnise im Kapitalismus und die damit einhergehenden ungleichen Machtverhältnisse aufrecht zu erhalten. Auch im Rassismus und Sexismus sind primär die Angehörigen der Arbeiterklasse als Opfer von Diskriminierung betroffen. Aber der Unterschied ist: Durch Rassismus und Sexismus kann man bequem von den sozioökonomischen Ungerechtigkeiten und von den strukturellen Ursachen ablenken und stattdessen die Schuld für allle Probleme auf Sündenböcke schieben. Der Klassismus gibt jedoch gewisse Hinweise darauf, wo die realen Konfliktlinien im Kapitalismus verlaufen, nämlich zwischen Arbeit und Kapital.


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Kritik
Der Freier - Warum Männer zu Prostituierten gehen, und was sie über diese denken.
Von Huschke Mau, Ausgabe 34/2016 | 09.09.2016
Neulich wurde ich gefragt, woran man einen Freier erkennt, und da musste ich zugeben: wenn er nicht gerade im Puff vor Dir steht und mit einem Hunni wedelt, gar nicht. Nein, auch ich erkenne Freier in der freien Wildbahn nicht, auch nach 10 Jahren Prostitution nicht. Das liegt daran, dass es, wie man so häufig hört, wirklich ,,ganz normale Männer" sind, was jetzt und hier aber nicht als Beruhigung gemeint ist.  ...
http://kritischeperspektive.com/kp/2016-34-der-freier/

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Quote[...] In einem der teuersten Scheidungskriege der britischen Rechtsgeschichte - womöglich sogar der kostspieligsten überhaupt - muss ein ehemaliger Öl- und Gas-Händler 453 Millionen Pfund (umgerechnet rund 537 Millionen Euro) an seine Ex-Frau zahlen.

Das entspricht 41,5 Prozent des vom Gericht angenommenen Vermögens des 61-jährigen Mannes. Der Londoner High Court entschied am Donnerstag, dass die Summe für die 44-jährige Frau angesichts des bisherigen Lebensstils gerechtfertigt sei. Das Gericht nannte bei der Bekanntgabe des Urteils nicht die Namen der früheren Eheleute.

Der aus dem Kaukasus stammende Mann hatte ein Vermögen im russischen Energiesektor gemacht. Anteile an einer von ihm gegründeten Firma verkaufte er 2012 für 1,37 Milliarden Dollar. Die Ehefrau argumentierte vor Gericht, dass das Vermögen während der langjährigen Ehe aufgebaut worden sei.

Russische Medien gehen davon aus, dass es sich bei dem Milliardär um den Oligarchen Farchad Achmedow handelt, einen Geschäftsmann mit Wurzeln in Aserbaidschan. Seine Daten decken sich zumindest mit den Angaben des Gerichts: Achmedow ist 61 Jahre alt, zuletzt schätzte das Magazin "Forbes"sein Vermögen auf 1,3 Milliarden Dollar.

Bislang lag die höchste Abfindungssumme einer in London verhandelten Scheidung bei 337 Millionen Pfund. Soviel wurde 2014 der Ex-Frau von Chris Hohn zugesprochen, einem Investmentbanker.

beb/Reuters


Aus: "Ex-Frau bekommt 537 Millionen Euro" (11.05.2017)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/scheidung-ex-frau-bekommt-537-millionen-euro-von-russischem-oligarchen-a-1147271.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/scheidung-ex-frau-bekommt-537-millionen-euro-von-russischem-oligarchen-a-1147271.html)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 29, 2016, 09:04:28 AM
Quote[...] Kachelmann hat nun Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von rund 7100 Euro plus Zinsen für Kosten, die ihm im Zusammenhang mit seiner Untersuchungshaft entstanden. In der Untersuchungshaft hatte er Sachverständige beauftragt, um sich gegen die Vorwürfe der Journalistin Claudia D. zu wehren. Ursprünglich wollte Kachelmann laut Gericht rund 13.400 Euro, später reduzierte er die Klagesumme.

In einem ersten Verfahren hatte das Landgericht Frankfurt Ende 2013 die Klage abgewiesen. Während das Gericht damals nicht feststellen konnte, dass die frühere Geliebte wissentlich falsch die Vergewaltigungsvorwürfe erhoben hatte, sah das Oberlandesgericht dies anders. Nach einem vom OLG eingeholten rechtsmedizinischen Gutachten hatte sich die Frau die bei ihr festgestellten Verletzungen selbst zugefügt.

Wie das OLG mitteilte, spreche das Verletzungsbild in der Gesamtschau und unter Berücksichtigung der Schilderungen der Frau für eine Selbstbeibringung. Bedeutsam sei außerdem, dass die Schilderungen der Frau zur angeblichen Vergewaltigung nicht mit den Verletzungen in Übereinstimmung zu bringen seien. Außerdem hätten die Aussagen der Frau für sich genommen erhebliche Plausibilitätsdefizite.

Das Gericht stellte außerdem einen direkten Vorsatz bei der ehemaligen Geliebten fest. Es sei ihr darum gegangen, dass Kachelmann festgenommen werden sollte. Schließlich sieht das OLG es als widerlegt und ausgeschlossen an, dass die Frau durch eine "Autosuggestion" nur glaubte, vergewaltigt worden zu sein. Die entsprechende Annahme des Landgerichts sei nicht nur spekulativ, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch widerlegt.

Kachelmann sagte, er habe mit dem Urteil sein "Vertrauen in die deutsche Justiz zurückbekommen". "Ich bin sehr dankbar für dieses Urteil", sagte der Wettermoderator nach der Entscheidung im Schadenersatzprozess am Mittwoch in Frankfurt. Es stehe nun zweifelsfrei fest, dass er "Opfer eines Verbrechens" geworden sei, Opfer falscher Beschuldigungen. Nach dem Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung in Mannheim seien Restzweifel geblieben. "Die Restzweifel wollte ich weghaben - und das ist jetzt weg." Falschbeschuldigungen dürften nicht straffrei bleiben. Eine erfundene Vergewaltigung sei ,,eine Verhöhnung von echten Vergewaltigungsopfern" und untergrabe deren Glaubwürdigkeit.

Die Ex-Geliebte sieht sich als Opfer eines "Justizskandals". Ihr vorzuwerfen, sie habe die Vergewaltigung nur erfunden, sei "ein katastrophales Fehlurteil" eines "rein männlich besetzen Senats", sagte sie nach der Urteilsbegründung. Das Gericht wolle ein Exempel statuieren: "Man will uns Frauen stumm schalten." Die Richter beschimpfte sie mit den Worten "Ihr armseligen, feigen Frauenverächter". (AFP/dpa)

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Quotepfauenauge7 28.09.2016, 19:02 Uhr
Alice Schwarzer übernehmen Sie!

Frau Schwarzer sollte sich jetzt endlich mal aufraffen und Jörg Kachelmann öffentlich um Verzeihung bitten. Ihre skandalösen Auftritte, mit denen sie in zig Talkshows und sonstigen Medienbeiträgen spekulative Beschuldigungen als Tatsachen ausgab, haben gewiss eine Menge zur Vernichtung von Kachelmanns wirtschaftlicher Existenz beigetragen. Oder sollten sich Feministinnen nicht bei Männern entschuldigen "dürfen"?


QuoteAldo 28.09.2016, 18:37 Uhr
Sexuell belästigten oder vergewaltigten Frauen ist dringend davon abzuraten, Täter anzuzeigen. Da es naturgemäß so gut wie nie Zeugen gibt, kann eine Vergewaltigung praktisch nie nachgewiesen, jedoch leicht der Spießumgedreht und eine Anklage wegen Falschbeschuldigung erhoben werden. Das Beispiel Kachelmann wird Schule machen.


QuoteLasciaLaspina 28.09.2016, 15:18 Uhr
Das neue Gutachten besagt "Vieles spricht dafür, dass dei Verletzungen selbst beigebracht wurden". Von zweifelsfrei kann nicht die Rede sein - genau wie nach dem Hauptverfahren anhand von X sich widersprechenden Gutachten und nach tagelangem Video-aufgezeichenetem Verhör der Klägerin NICHTS ZWEIFELSFREI war. So steht im damaligen Urteil. Im Zweifel für den Angeklagten. So ist es geblieben.


Quoterita75 28.09.2016, 12:33 Uhr
Nach dem Lohfink-Fall nun ein weiteres Signal an Frauen, Vergewaltigungen nur dann anzuzeigen, wenn man hieb- und stichfestes Beweismaterial vorzuliegen hat (am besten ein notariell beglaubigtes Geständnis).


QuoteStolzwieBolle 28.09.2016, 12:55 Uhr
Antwort auf den Beitrag von rita75 28.09.2016, 12:33 Uhr
Sie haben, "rita75"...

...den Artikel gelesen und verstanden?

    Ein vom 18. OLG-Senat bestellter Rechtsmediziner hatte in einem Gutachten erklärt, dass viel dafür spreche, dass sich die Radiomoderatorin selbst die Verletzungen beigebracht habe. ...


QuoteFocusTurnier 28.09.2016, 13:44 Uhr

Antwort auf den Beitrag von rita75 28.09.2016, 12:33 Uhr

Anzeigen können Sie alles - Sie müssen es aber beweisen können.  Was ist an diesem rechtsstaatlichen Merkmal so schlimm?


Quotejoboese 28.09.2016, 13:52 Uhr
Antwort auf den Beitrag von rita75 28.09.2016, 12:33 Uhr
Nun, vielleicht eher ein Signal, nur dann jemanden anzuzeigen wenn auch wirklich was passiert ist? Sexualdelikte vor Gericht zu beweisen kann schwierig sein, aber die Alternative könnte ja nur sein 'Bei Sexualdelikten ist der Beschuldigte automatisch und ohne weiteres Verfahren schuldig zu sprechen'. Und das ginge ja gar nicht. Ja, es erfordert Courage und Mut sowas anzuzeigen, und ja, es passieren Fehler. Aber letztlich kann ein Gericht nur versuchen den Dingen auf den Grund zu gehen. Und meistens stimmt das Urteil.


Quoterita75 28.09.2016, 14:02 Uhr
Antwort auf den Beitrag von FocusTurnier 28.09.2016, 13:44 Uhr

    (...) Was ist an diesem rechtsstaatlichen Merkmal so schlimm?

Dass diese schlimme Straftat so schwer beweisbar ist (eigentlich fast nur durch Zeugen, welche anwesend waren). Im Zweifel findet sich immer ein Gutachter, für den "viel dafür spricht", dass die Verletzungen nicht vom Beschuldigten stammen. Falls nicht sowieso auf "Einvernehmlichkeit" plädiert wird.


Quotesonofnyx 28.09.2016, 15:25 Uhr

Antwort auf den Beitrag von rita75 28.09.2016, 14:02 Uhr

Und was hätten Sie stattdessen gerne? Beweislastumkehr zu Ungunsten der Beschuldigten? Gute Nacht, Rechtsstaat! Sicherlich ist es ein Problem, dass solche Sexualdelikte gerade aus Mangel von Zeugen nur schwer beweisbar sind. Im Zweifel gegen Beschuldigte zu entscheiden, wäre allerdings katastrophal, da auf diese Weise Tür und Tor für falsche Anschuldigungen aus Rache o.ä. geöffnet werden würde. Aus gutem Grund muss Schuld bewiesen werden und nicht Unschuld.

Im Fall Kachelmann wurde mehrfach durch Gutachter schlüssig dargelegt, dass die angeblichen Verletzungen am Hals selbst zugefügt wurden. Damit entstehen massive Zweifel am Rest der Vorwürfe und der Glaubwürdigkeit der Klägerin. Es gab keine weiteren hinreichenden Belege für die Anschuldigungen insofern war der Freispruch unumgänglich. Darüber hinaus hat die Klägerin nachweislich (!) im Falle der Verletzungen gelogen und falsche Anschuldigungen erhoben. Das ist nun einmal strafbar.

Was hätten Sie denn lieber? Dass Beschuldigte gleich inhaftiert werden, bis die Unschuld bewiesen wird? Gilt das dann nur für männliche Beschuldigte oder ist das geschlechtsunabhängig? Bei der Beweislastumkehr könnte also jeder Sie einfach einer Vergewaltigung beschuldigen und schon würden Sie inhaftiert werden. Beweisen Sie dann mal etwas, das nicht statt gefunden hat. Das könnte reichlich kompliziert werden. Sollten Sie aber nun der Meinung sein, dass ein solches Prinzip nur gegenüber männlichen Beschuldigten anzuwenden sei, nun, dann entlarvten Sie sich selbst.


QuoteBrotkrume 28.09.2016, 16:36 Uhr

Antwort auf den Beitrag von rita75 28.09.2016, 12:33 Uhr

Liebe Rita, ich schreibe hier als eine von sexueller Gewalt Betroffenen. Als solche weiß ich wie es ist, wenn der Täter ungeschoren davon kommt, weil die Beweise für eine Verurteilung nicht reichen. Ich weiß es nicht in der Theorie! Ich weiß es in der Praxis. Mit jeder Faser meines Körpers und mit jeder Ecke meiner Seele. Aber dennoch oder gerade deshalb bin ich genauso mit jeder Zelle meines Verstandes des Auffassung, dass sich Gerechtigkeit nicht dadurch herstellen lässt, dass man, dass der Rechtsstaat Unrecht tut! Keine Vergewaltigung, kein aus Mangel an Beweisen nicht verurteilter Täter rechtfertigt, dass man einen Unschuldigen verurteilt! Das muss unzweifelhaft klar sein.

Ich habe ein sehr großes Problem mit den Feministinnen (ich weiß nicht, ob Sie dazu gehören), die der Meinung sind, dass man Frauen immer glauben muss / kann. Ich habe ein Problem mit solchen, die der Auffassung sind, dass Männer derartige Schweine sind, dass es nicht schadet, ein, zwei, drei Unschuldige einzubunkern, um... ja warum eigentlich? Und ich habe auch ein Problem damit, dass einige meinen, dass eine Falschbeschuldigung etwas ist, dass man verzeihen kann, schließlich sind Männer Schweine, so falsch wird das ja wohl nicht sein.

Im Fall Kachelmann habe ich mich sehr lange zurückgehalten mit einer Meinung. Selbst nach dem Urteil im Strafprozess. Im Zweifel für den Angeklagten hieß für mich: Man konnte ihn nicht als Vergewaltiger bezeichnen, man konnte aber auch nicht sicher sein, dass sie unschuldig ist!

Dieses Urteil hier sagt aber sehr eindeutig und plausibel, dass es um eine Falschbeschuldigung geht. Da wird nicht wischiwaschi argumentiert, das Urteil wird mehrschichtig begründet.

Sie müssten sehr plausible Gegenargumente haben, wenn Sie nach einem solchen Urteil etwas anderes meinen. Das haben Sie offenbar nicht.

Dann lassen Sie sich sagen: Ich fühle mich als Betroffene von Frauen wie Ihnen missbraucht, wenn Sie auf meiner Erfahrung ideologisches Süppchen kochen wollen.


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Aus: "Gericht: Ex-Geliebte hat Vergewaltigung durch Kachelmann erfunden" (28.09.2016)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/schadenersatz-fuer-wettermoderator-gericht-ex-geliebte-hat-vergewaltigung-durch-kachelmann-erfunden/14612354.html (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/schadenersatz-fuer-wettermoderator-gericht-ex-geliebte-hat-vergewaltigung-durch-kachelmann-erfunden/14612354.html)

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Quote[...] Rund die Hälfte der Amerikaner finden es in Ordnung, dass man die Rechte von Schwulen und Lesben aus Gewissens- und Glaubensgründen einschränken darf, geht aus einer am Mittwoch in Washington vorgestellten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts ,,Pew Research Center" hervor.

Danach verlangten 48 Prozent der Befragten, Hochzeitsdienstleister sollten gleichgeschlechtliche Paare aus religiösen Gründen abweisen dürfen. 77 Prozent der weißen Evangelikalen sowie 43 Prozent der Katholiken teilten diese Auffassung. Befragt wurden den Angaben zufolge 4.538 US-Amerikaner.

Die gleichgeschlechtliche Ehe ist in den USA seit Juli 2015 legal. In mehreren Bundesstaaten dürfen Geschäfte homosexuelle Kunden ,,aus religiöser Überzeugung" abweisen. Umstritten ist in den USA zudem, ob Arbeitgeber aus religiösen Gründen bei der Krankenversicherung Empfängnisverhütungsmittel ausschließen dürfen. Familienplanung ist laut dem Versicherungsgesetz ,,Obamacare" fester Bestandteil der Krankenversicherungen.

Regierung und Gerichte befassen sich gegenwärtig mit Beschwerden katholischer Einrichtungen, der Gesetzgeber dürfe sie nicht zwingen, gegen ihren Glauben zu verstoßen. Bei der Erhebung des Pew-Instituts sagten 67 Prozent, alle Arbeitgeber müssten die Familienplanung mit einschließen.

Bei der Umfrage erklärten zudem 44 Prozent, Abtreibung sei ,,moralisch falsch". Diese Ansicht vertraten 76 Prozent der weißen Evangelikalen, 51 Prozent der Katholiken und 23 Prozent der US-Amerikaner ohne religiöse Bindung. 35 Prozent der US-Amerikaner seien der Ansicht, ,,homosexuelles Verhalten" sei ,,moralisch falsch". (epd)


Aus: "Hälfte der US-Bürger für eingeschränkte Rechte Homosexueller" (28.09.2016)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/umfrage-zur-religionsfreiheit-haelfte-der-us-buerger-fuer-eingeschraenkte-rechte-homosexueller/14613790.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/umfrage-zur-religionsfreiheit-haelfte-der-us-buerger-fuer-eingeschraenkte-rechte-homosexueller/14613790.html)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 07, 2016, 08:42:38 AM
DIE  DARSTELLUNG DER FRAU  BEI  JOSEPH ROTH - Isabel Cristina Chaves Seia Russo dos Santos (2009)
Die vorliegende Untersuchung stellt sich die Aufgabe, die Darstellung der fiktiven Frau bei Joseph Roth herauszuarbeiten und gleichzeitig das herkömmliche Bild des Autors als misogynen Schriftsteller zu revidieren. Bisweilen werden die Frauenfiguren in Roths Werk fast ausnahmslos negativ gewertet, was dem Autor das Prädikat des Frauenverachters eingebracht hat. Diese Auffassung ist besonders suspekt wenn man bedenkt, dass zu Roths Frauendarstellung so gut wie keine Studien vorliegen. Dieses Manko  nimmt  sich  die  vorliegende  Arbeit  zur  Aufgabe.  Eine Untersuchung  der Porträtisierung der Frau verspricht, neues Licht auf die Arbeit des Autors zu werfen und sein schriftstellerisches Anliegen in einer differenzierten Weise zu beleuchten. ...
http://uir.unisa.ac.za/bitstream/handle/10500/3307/thesis_dos_santos.pdf (273 Seiten)


Melancholie, Eros, Musse: Das Frauenbild in Nietzsches Philosophie Broschiert – 1999
von Barbara Smitmans-Vajda (Autor), 190 Seiten, Verlag: Königshausen u. Neumann (1999)
Sprache: Deutsch - ISBN-10: 3826017048, ISBN-13: 978-3826017049

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"Jörg Kachelmann: Rache ist süß" Daniel Müller (7. Oktober 2016)
Der Fall Kachelmann hat die Nation entzweit. Auf der einen Seite stehen jene, die jeden zweiten Mann für einen Vergewaltiger halten, die anderen sehen in vielen Frauen rachsüchtige Furien, die Männer bewusst falsch einer Vergewaltigung bezichtigen. Die einen zitieren Studien, denen zufolge mindestens jede siebte Frau in Deutschland vergewaltigt wird. Die anderen führen Untersuchungen an, denen zufolge jede zweite Vergewaltigungsanzeige auf einer falschen Beschuldigung beruht. Ein Glaubenskrieg – Opfer auf der einen, Täter auf der anderen Seite. Dabei gibt es beides. Wer sich im Fall Kachelmann allein die Fakten ansieht, der kann nur zu dem Schluss kommen: Hier ist ein Mensch systematisch und öffentlich vernichtet worden. Und dieser Mensch ist nicht auf einem "juristischen Feldzug". Er will eine Lüge aus der Welt schaffen. Und sein Recht bekommen. ... Kachelmann führt diesen Kampf seit mehr als fünf Jahren, vor Gericht, in seinem Buch Recht und Gerechtigkeit, auf Twitter. Mit dem Burda-Verlag, gegen dessen Magazine Bunte und Focus er geklagt hatte, einigte er sich 2015 auf Schadensersatz, es sollen einige Hunderttausend Euro gewesen sein. Der Axel-Springer-Verlag muss ihm nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln mehr als 500.000 Euro Schmerzensgeld zahlen – wegen vieler, zum Teil schwerwiegender Persönlichkeitsverletzungen in Bild, Bild am Sonntag und auf bild.de. Das ist viel Geld, und doch ist es für Kachelmann nur eine kleine Genugtuung. Er sagt: "Diese Sache hat mein Leben materiell und beruflich komplett zerstört. Es ist nichts mehr da, ich musste von unter null wieder anfangen. Und Frau Dinkel läuft frei herum." ...
Das Oberlandesgericht, das Kachelmanns Berufung zuließ, hat das Urteil des Landgerichts abgeändert, da dieses "den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt" habe. Zur Klärung wurde der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin in Frankfurt am Main einbestellt, Marcel Verhoff. Dieser erklärte, dass alle Verletzungen bei Claudia Dinkel zwar "durch fremde Hand oder Unfallgeschehen entstanden sein" könnten, aber "deutlich mehr (...) für Selbstbeibringungen" spreche. Dieser Einschätzung schloss sich das Gericht an.
In einem Zivilverfahren gelten andere Regeln als in einem Strafprozess. Die Beweislast liegt beim Kläger. Jörg Kachelmann ist es gelungen, die nötigen Beweise beizubringen. Damit ist die Sache für ihn erledigt. Für Claudia Dinkel jedoch könnte es jetzt erst richtig losgehen. Das Gericht hat Straftaten festgestellt, uneidliche Falschaussagen und schwere Freiheitsberaubung – sogenannte Offizialdelikte. Die Falschaussage ist verjährt, bei der schweren Freiheitsberaubung prüft die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht. ...
http://www.zeit.de/2016/42/joerg-kachelmann-urteil-claudia-dinkel-klage/komplettansicht

QuoteZ8 #33

Wer hat dem doch eigentlich inhaltlich guten Artikel diese maximal saudämliche Überschrift verpasst?


Quotedabec #61

... Nicht seriöse Berichterstattung war (allein) das Ziel der Medien, sondern allein die Frage: Wie kann man Auflagen steigern. ... über Monate ein tolles Geschäftsmodell der Auflagensteigerung. ... die Auflagen haben sich (betriebswirtschaftlich) ... ,,gerechnet". ...


QuoteNicolas L. #64.1

"Ehrlich gesagt bin ich ziemlich fassungslos über soviel kriminelle Energie der Täterin "

Eigentlich nicht. Man muss immer mit solchen Fällen rechnen - Psychopathen, Borderliner, Menschen mit sonstigen Persönlichkeitsstörungen oder ganz schlicht und einfach nur welche, die einfach nur von Rachegelüsten geplagt werden ... wird es immer geben ... Der eigentliche Skandal ist hier (und noch mehr im Fall Horst Arnold) nicht die Falschbeschuldigerin, sondern dass der Staat sich zum willentlichen Handlanger solcher Personen hat machen lassen (vermutlich aus einer Mischung aus Überzeugung und vorauseilendem Gehorsam gegenüber einer feministischen Lobby) anstatt die zu Unrecht Beschuldigten vor diesen zu schützen.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 10, 2016, 08:06:50 PM
"Prostitution: Die Lifestyle-Escorts" Luisa Jacobs (10. Oktober 2016)
Wohlhabende und emanzipierte Frauen verkaufen ihren Körper online. Wie neue Escort-Apps und -Websites versuchen, aus Prostitution einen Lifestyle zu machen. ... Annabelle spricht über ihre Zeit als Sugarbabe wie über ein Hobby, das in einer bestimmten Phase ihres Lebens einfach gut gepasst hat. Dass sich bezahlte Treffen so leicht und unbeschwert wie ein Hobby anfühlen, darauf spekulieren auch andere Anbieter.  ... Mit den schmutzigen Bedingungen der Prostitution haben ihre Verabredungen scheinbar nichts zu tun. Für die Frauen ist Prostitution nur noch eine weitere App auf dem Smartphone, deren Icon zwischen Facebook und Instagram auf dem Homescreen liegt. Ohlala und die spielerischen Datingwebsites, auf denen Annabelle sich früher die Zeit vertrieb, verändern den Markt für Prostitution – sie machen es leichter, probeweise und vergleichsweise anonym den eigenen Körper für Geld anzubieten. Ob aus Interesse an der Begegnung oder aus Interesse am schnellen Geld. Sie wollen aus dem knallharten Geschäft ein verruchtes Hobby machen.
Wenn Menschen also freiwillig entscheiden, gegen Geld mit anderen Menschen zu schlafen, ist dann eigentlich alles in Ordnung? Die emanzipierten Escorts wünschen sich das. Doch Olympia hält ihre Leidenschaft geheim und Annabelle ihre Kunden mit einer falschen E-Mail-Adresse auf Distanz. Eine Tatsache lässt sich auch trotz des Lifestyle-Anstrichs nicht verdecken. Prostitution bleibt eine Dienstleistung, die vor allem in eine Richtung angeboten wird: Die Frau bietet ihren Körper, der Mann bezahlt. ...

http://www.zeit.de/campus/2016-10/prostitution-escort-service-lifestyle-studenten

QuoteVorschau #10

Läuft heute eigentlich wirklich alles, was Frau so treibt, unter emanzipiert?


QuoteDeutschesEdelschwein #41

Ich verurteile so etwas nicht und ich will es nicht verbieten. Nur warum wird das Prinzip Sex gegen Geld so verniedlicht? Warum diese Rechtvertigungsstrategien? Ich finde es verlogen. Warum stehen diese Frauen nicht selbstbewusst dazu, dass Sie Prostituierte sind? Stattdessen erfinden Sie neue Wörter für ein und die selbe Sache. Nur weil man tätowiert und gebildet ist, ändert sich doch nichts an der Sache.
Wenn ich neben dem Studium noch als Koch arbeiten gehe, bin ich auch nicht dazu gezwungen, trotzdem lasse ich mir natürlich auf der Arbeit Dinge gefallen die ich mir beim gemütlichen kochen für Freunde nicht gefallen lassen würde. Ich kriege nur 12 Euro die Stunde ich kann mir nicht vorstellen, dass dies anders ist wenn einer Frau 250 Euro in Aussicht gestellt werden.


QuoteAlraun #47

Diese Edelnutten sind die, für die Rotgrün ihr Zuhälterschutzgesetz gemacht hat. Man muss auch diesen Damen ihre Lebenlügen nicht so unbedarft abkaufen, wie das Tanja Gönner tut. Unter der Oberfläche, die Tanja Gönner nicht mal ankratzen wollte, gibt es eine Menge Dreck, sagt die Lebenserfahrung. Aber darauf kommt es gar nicht an. Wieviel mögen diese aus einer Pornophantasie entlaufenen "Hobbyhuren" ausmachen?
1 %? Der Rest sieht so aus, wie es Huschke Mau beschreibt:

Prostitution: "Alle Freier sind Täter" (18. Mai 2016)
Nach einer Kindheit voller Missbrauch und Gewalt beginnt Huschke Mau, sich zu prostituieren. Der Ausstieg nach zehn Jahren im Milieu war schwierig. Heute sagt sie: Freiwillige Prostitution ist ein Mythos.
http://www.sueddeutsche.de/leben/prostitution-alle-freier-sind-taeter-1.2989558 (http://www.sueddeutsche.de/leben/prostitution-alle-freier-sind-taeter-1.2989558)


QuoteMambrin #16

Wenn ich so manche Kommentare lese, denke ich, ich wäre plötzlich wieder in den 60ern aufgewacht.
"Eine Frau die sowas macht, muss doch psychisch gestört sein"
"Das führt alles bloß in die Abhängigkeit"
"Wenn die das freiwillig machen, warum nehmen sie dann Geld?"

Gute Güte! Wenn ich den Stories die während des Studiums so kursierten glaube, dann hat es so manche (und selbtverständlich auch so mancher!) ziemlich wild getrieben. Man kann sich natürlich in der Kneipe aufreißen lassen, oder selber aufreißen.
Man kann aber auch Geld dafür nehmen. Na und?

Hier wird schon wieder Personen, die keiner der Kommentatoren auch nur flüchtig kennt, allerlei Bullshit unterstellt, weil das im eignene Weltbild halt so ist. Nehmt mal das Brett vom Kopf weg!


QuoteFamily Guy #16.1

Danke.


...


"Pole Dance: Der Streit um die Stange" Stefanie Sippel (10. Oktober 2016)
Früher war der Tanz an der Stange eine Sache für schummrige Stripclubs. Mittlerweile ist Pole Dance ein Sport. Ein Sport, um den eine Feminismusdebatte entbrannt ist. ... der körperbetonte Sport hat es immer noch nicht leicht. Noch immer hängt ihm das Rotlichtimage nach. Seit Jahren wird deshalb über Pole Dance debattiert. Manche sagen, Pole Dance sei Empowerment. Die Frauen nutzten ihren Körper für sich selbst und gewönnen durch das Tanzen Stärke und Selbstbewusstsein. Auch einige aus der feministischen Bewegung sehen das so.
Die Guardian-Journalistin Gay Alcorn sieht das anders. Sie assoziiert mit Pole Dance die Sexualisierung der Frau und stellte schon 2010 die Frage: Was ist mit dem Feminismus passiert? Sie behauptet, dass es mit dem Sexismus schon so weit gekommen sei, dass wir ihn gar nicht mehr bemerken. Nun müssten sich Frauen schon freiwillig ausziehen, sich dem Rollenbild fügen und dabei auch noch denken, sie würden etwas Gutes für sich selbst tun. Einige Feministinnen sehen die Bewegung daher von Pole Dance bedroht. Auch ein Artikel in der Emma 2012 förderte noch einmal alle Vorurteile, die es über Pole Dance gibt, zutage: Mädels, die bekleidet mit kurzen Hotpants für Männer tanzen, Pole Dancerinnen, die vor ihrem Auftritt koksen, bald werden kleine Mädchen statt zum Schwimmkurs zum Pole Dance gehen. Erst im vergangenen Monat plädierte eine Autorin der kanadischen Website feministcurrent.com dafür, Pole Dance endlich abzuschaffen.
Die Tänzerinnen fragt anscheinend niemand. "Die Debatte ist unverständlich. Wer den Sport probiert hat, würde darüber nicht streiten", sagt Nadine Rebel, die ein eigenes Pole-Dance-Studio in Augsburg betreibt. ...
http://www.zeit.de/sport/2016-10/pole-dance-feminismus-debatte/komplettansicht

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"Trafficking of Nigerian women to Europe is reaching "crisis" levels" Beata Stur (Published 12:42 September 29, 2016)
As reported by Nigeria's Daily Post online, the women and girls had been lured to Europe by false promises of employment. But they were forced into prostitution. ... Speaking to reporters, a police spokesperson in Ibiza said: "The network captured very young victims among the lower classes of the major Nigerian cities, deceiving them with false job offers in Spain." - "Once in our country, they were forced into prostitution in marathon days, being beaten if they did not earn the money demanded by the gang."... Salvatore Vella, the deputy chief prosecutor in Agrigento, Sicily, who led the first significant investigation of Nigerian trafficking rings in Italy in 2014, said that the reception centres are increasingly being used as pick-up points by those intending to exploit Nigerian women.
The Nigerian women are given a phone number when they leave Nigeria, which they use to inform a contact in Italy that they have arrived.
"The mobsters just come to the camp and pick [women] up," he says. "As easy as going to a grocery store." ...
https://www.neweurope.eu/article/trafficking-nigerian-women-europe-reaching-crisis-levels/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 12, 2016, 11:36:29 AM
Quote[...] In dem aufgezeichneten Gespräch zwischen Trump und dem Moderator Billy Bush gibt es diese Stelle:

Trump: "Just kiss. I don't even wait. And when you're a star they let you do it. You can do anything."

Bush: "Whatever you want."

Trump: "Grab them by the pussy."

[Bush lacht]

Trump: "You can do anything."

Allein in dem kurzen Satz "When you're a star, they let you do it" steckt viel mehr Wahrheit, als man aus Trumps Mund je erwartet hätte.

... Es hilft ihm wenig, dass Trump jetzt betont, das Video sei über zehn Jahre alt und nur "locker room talk", woraufhin sich haufenweise Sportler gezwungen sahen zu erklären, dass sie in ihren Umkleidekabinen gar nicht so eine Scheiße reden. Da hatten bereits Zehntausende Frauen ihre Geschichten ähnlicher Übergriffe geteilt: Geschichten von Ärzten, Lehrern, Stiefvätern, Vorgesetzten, die sie unerlaubt anfassten oder sich an ihnen rieben.

Beim Thema Sex höre der Spaß für die Konservativen auf, hieß es in einem Kommentar auf "Zeit Online". Nur war das Thema in dem Video gar nicht Sex, obwohl Trump darin Sätze sagt wie "Ich habe versucht, sie zu vögeln". Ähnlich wie bei den meisten Vorfällen, die von Medien als "Sexskandal" bezeichnet werden, geht es hier nicht um Sex, sondern um Macht, weil ein Mensch sich von einem anderen etwas nimmt, was er eigentlich nur im einvernehmlichen Austausch kriegen sollte. ...

Quotemathmag 11.10.2016, 15:57
6. Wozu das Gespräch uminterpretieren, wenn die Aussagen über Trump doch auch so stimmen?

Sie schaden dem eigenen Anliegen wenn Sie so etwas eindeutiges wie "Wenn Du ein Star bist, lassen sie dich machen", erstmal uminterpretieren müssen, um darauf dann aufzubauen:
>Er sagt: "Wenn du ein Star bist" - sprich: wenn du Macht hast - "lassen sie dich machen" - sprich: kommst du damit durch.<
Nein, er sagt "lassen sie dich machen" und meint offensichtlich die Frauen. Nicht jede, sondern im Allgemeinen. Mag Ihnen, Frau Stokowski, nicht schmecken. Aber einmal Augen auf bei irgendwelchen "Celebrity Events" und sei es der Wiener Opernball oder einst Berlusconi oder...:
Zu den Mächtigen finden sich dann auch häufig die "Weibchen", die genau darauf abfahren und denen es das wert ist. Blöd, oder?


Quotechramb80 11.10.2016, 15:58
8. Rolling Stone...

Ach seufz, was werden wohl viele Stars über (ihre) Groupies erzählen? Genau das selbe wie Trump auch. Geld macht Sexy, Macht macht Sexy. So als ob Mick Jagger anfängt Geschichten zu erzählen über die wilden Zeiten der Stones. ...



QuoteEaronnEaronn 11.10.2016, 16:05
14. Was schief läuft

Nun, eines kann man sicher sagen: solche Typen sind verängstigte kleine Würmer.
Wirklich selbstbewusste Männer müssen andere gegen ihren Willen betatschen, noch haben sie solche "schaut alle her was ich für ein Supermacho bin"-Sprüche nötig.
Aber leider äußern sich in vielen Foren Teilnehmer - mit männlichen oder neutralen Nicks - immer noch verständig, meinen "alle Frauen" (ihr wisst schon: diese geklonte Gruppe von Lebewesen, die alle gleich denken und fühlen) würden das doch wollen, oder so was wäre ja gar nicht so schlimm. Oder sie sind offen bewundernd ob solcher "Stärke". Eine "Stärke" sehr ähnlich der, die jemand zeigt, der kleine Kinder tritt.

Was man(n) da machen kann?
Bitte äußert euch entsprechend.
Es ist super, wie viele sich zur Zeit angewidert zeigen oder offen sagen, dass sie solches Gerede nicht nötig haben.
Das sendet nicht nur ein Signal an Frauen (oder begrapschte Männer), sondern auch an alle Männer rundrum: Trump ist die schwache Ausnahme, keine starke Regel.
Als Frau: wehrt euch. Macht sie lächerlich, haut ihnen eine runter (wenn möglich) (1), sagt ganz laut "Warum greifen Sie mir an meine X, Sie Ferkel?"
(1) Keine Gewalt? Wann darf ich mich denn gewaltsam wehren? Wenn der Kerl schon in mir steckt? Wer sexuell missbraucht, muss damit endlich ein Risiko eingehen.


QuoteSingulus2 Gestern, 16:13
17. Diamonds are a Girls best Friend....

... Es gibt Abermillionen Frauen,die sich von Männern ein luxuriöses Leben finanzieren lassen ohne an diesen Männern interessiert
zu sein. Daß viele Millionen Frauen nicht so denken, bestreitet auch niemand ...


QuotecanUCme 11.10.2016, 16:25

24. Ja, stimmt, .....

... Menschen in echten oder vermeintlichen Abhängigkeitsverhältnissen lassen sich von Mächtigen bzw. Einflussreichen jede Menge gefallen. In Jobs, in der Politik im Showbusiness. Trump dokumentiert mit der Art seiner Aussage, dass er diese Art der Machtausübung kennt und irgendwie ganz ok findet, er entlarvt sich also als Machtmensch.
Nur, das wussten wir doch vor dieser Videoveröffentlichung schon. Wie Millionen anderer (Chefs, VIPs, Generäle, Machthaber, ..) nimmt er Einfluß auf andere Menschen und erwartet, dass diese in seinem Sinne gehorchen, oder sich Übergriffe gefallen lassen, weil seine Macht und sein Einfluss ihnen ansonsten das Leben zur Hölle machen können. Das Prinzip ist ubiquitär. Nur wenn es der Gesellschaft einmal so drastisch ausgesprochen vor Augen gehalten wird, ist plötzlich der große Aufschrei da. Es sind natürlich immer zwei beteiligt: Der Machtausübende und derjenige, der es mit sich machen lässt. Es gibt sehr viele Frauen, die sich auch von Vorgesetzten oder sonstwie Privilegierten nicht an die Wäsche gehen lassen. Und es gibt viele, die so etwas in Kauf nehmen um anderweitige Vorteile zu erlangen, sich also prostituieren.
Die ganze Welt dreht sich nur um Schwanz, Muschi, Geld und Macht. Alles andere sind rühmliche Ausnahmen.


...

http://www.spiegel.de/forum/kultur/trumps-sexismus-wer-lacht-gibt-macht-thread-522845-1.html (http://www.spiegel.de/forum/kultur/trumps-sexismus-wer-lacht-gibt-macht-thread-522845-1.html)



Aus: " Trumps Sexismus: Wer lacht, gibt Macht " Eine Kolumne von Margarete Stokowski (Dienstag, 11.10.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/donald-trumps-sexismus-kolumne-von-margarete-stokowski-a-1116088.html (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/donald-trumps-sexismus-kolumne-von-margarete-stokowski-a-1116088.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 18, 2016, 10:28:48 AM
"Migranten im autonomen Wohnzimmer" Peter Nowak (17.10.2016)
Schwierigkeiten von Linken mit dem Sexismus von Migranten ... Die Auseinandersetzungen wurden oft sehr oberflächlich als Auseinandersetzungen zwischen Punks und mittelständisch sozialisierten Autonomen dargestellt Oft ging es dabei auch um unterschiedliche Vorstellungen von Sexismus Dabei standen auf beiden Seiten auch Frauen. In der als Punks beschrieben Gruppe gab es vor allem bei den Frauen aber auch bei einigen Männern durchaus Kritik am Sexismus in den eigenen Reihen. Doch der Umgang damit unterschied sich vom Herangehen der mittelständisch sozialisierten Autonomen. So sagte eine Punk-Frau, dass sie, wenn sie mit sexistischen Begriffen belegt wird, genau diese Begriffe gegen den Mann anwendet und danach sei für sie die Sache erledigt.
Wenn also schon in der subkulturell geprägten Szene kein gemeinsamer Sexismusbegriff existiert, so gilt das erst recht für die Gesellschaft in Deutschland insgesamt. So dürften Praktiken, die vom Conne-Plenum benannt wurden, auch in vielen Clubs und Kneipen in Deutschland Konsens sein. So gesehen würden die Migranten dort nicht besonders auffallen. Doch dort sind sie aber oft nicht willkommen, weil sie Migranten sind. Also bleibt ihnen dann nur die Freizeitgestaltung in den wenigen autonomen Wohnzimmern der Republik - und dann gibt es die Probleme, die das Conne jetzt beschreibt. ...
Natürlich ist es richtig, dass man sexistische, homophobe und antisemitische Einstellungen überall kritisieren muss, unabhängig von der Herkunft. Bereits in den frühen 1990er Jahren, als Migranten vor rassistischen Übergriffen aus Ostdeutschland nach Berlin flüchteten und gemeinsam mit Unterstützern an der Technischen Universität einige Räume besetzten, gab es eine Debatte über mackerhaftes und sexistisches Verhalten einiger Männer.
Doch muss man den Vorsatz, die Menschen ernst zu nehmen und zu fordern, in einen Ton umsetzen, der so unangenehm deutsch klingt? "Fakt ist und bleibt, dass sexistische Übergriffe, mackerhaftes Auftreten, antisemitisches, rassistisches und anderweitig diskriminierendes Verhalten im Conne Island nicht geduldet werden und jede Person, die sich nicht an unsere Regeln hält, des Eiskellers verwiesen wird - ungeachtet seiner/ihrer Herkunft." Da wird zwischen mackerhaften Verhalten und einem sexistischen Übergriff kein Unterschied mehr gemacht.
Es gibt die mehrheitlich von in Deutschland sozialisierten Menschen, die die Regeln setzen, und die Migranten, die diese Regeln eben zu akzeptieren haben oder fliegen, nicht gleich aus Deutschland, aber immerhin aus dem Conne Island. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49716/2.html

QuoteIsidorus, 17.10.2016 10:06

Muahaha

Den Linken zuzusehen, wie sie sich argumentativ winden wie ein glitschiger Aal, nachdem sie einige "Migrantenerfahrungen" gemacht haben, hat schon einen erheblichen Unterhaltungswert. ...


QuoteWooster, 17.10.2016 12:29

Weglassen, was nicht ins eigene Weltbild passt?

Wieso unterschlägt der Autor hier die tatsächlichen Beschreibungen der widerlichen Taten, die im Schreiben der Einrichtung aufgelistet sind? Sogar die lokalen bürgerlichen Blätter berichten deutlich(er).


Quoterobbypeer, 17.10.2016 18:11

Nowak und andere Dogmaten haben offensichtlich nie Realität erlebt

Wer aus dem warmen Wohnzimmer heraus dogmatische Standpunkte vertritt, ohne sich je wirklich mit der Realität auseinandergesetzt zu haben, dessen Aussagen sollte keinerlei Gewicht zugestanden werden.

Das generelle Problem sind pseudolinke Trolle, die genau so gut rechts oder sonstwas sein könnten, aber eins gemeinsam haben: Wichtigtuerei, sadistischer Dogmatismus und Zerstörung der Gemeinschaft durch selbstmöderische Realitätsverleugnung.

Oft geht es sogar in Wahrheit darum, die jeweilige Gemeinschaft von innen zu zerstören: aus gekränkter Eitelkeit, Eifersucht, Neid, Sadismus oder Kompensation anderer Probleme. ...


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"Die Stunde der Sexistinnen" Selma Mahlknecht (18.10.2016)
Nein, das im Titel ist kein Binnen-I. Ihr seid nicht mitgemeint, Männer. Dieser Text richtet sich ausschließlich gegen Sexistinnen. Und ist trotzdem feministisch ... Feminismus ist nämlich nicht der Kampf von Frauen gegen Männer. Sondern häufig genug der Kampf gegen andere Frauen. Heute mehr denn je.  ... Das alles interessiert euch nicht, und wahrscheinlich lebt ihr tatsächlich ganz angenehm in eurem DIY-shabby-chic-Kokon, in den ihr euch eingesponnen habt. Fürs Gemüt gibt es rührselige Hunde- und Katzenvideos, für den Geist ein paar Paolo-Coelho-Sprüche, und den Rest erledigen Mandala-Malbücher für Erwachsene. Und natürlich sind das ganz gemeine Klischees, die auf niemanden zutreffen, und natürlich regt ihr euch auf, wenn eine wie ich euch zu nahe tritt. Ihr wollt mich in die Schranken weisen, weil ihr nämlich ganz anders seid und euch keiner in eine Schublade sperren kann, weil ihr nämlich viel mehr drauf habt als die olle Hausmütterchen-Nummer. Aber wenn das stimmt, dann seid ihr das, was ihr nie sein wolltet, ob es euch gefällt oder nicht. Dann seid auch ihr verkappte Feministinnen, die sich gegen Fremdzuschreibungen wehren. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49723/1.html

QuoteIsidorus, 18.10.2016 16:09

Kindergartensexismus
Wer so richtig ungeschminkten Sexismus erleben will, soll mal einem männlichen Kindergärtner bei der Arbeit zusehen, was der auszustehen hat!
Der hat schon einen guten Tag, wenn er am Feierabend nicht im Knast sitzt.
Im Vergleich dazu ist dieser angebliche "Sexismus" durch blöde Sprüche, der im Artikel angeprangert wird, ein völlig randständiges Luxusproblem.


QuoteSelbstherrschaft, 18.10.2016 17:06

... mitnichten geht es originär um die Geschlechter oder Geschlechterrollen. Kollege Paschulke sprach es zuvor schon kurz an, es geht um das Menschenverständnis.

Es geht um nichts weniger als - Erkenne ich mich im Menschen gegenüber?

Wer im Anderen keinen Menschen wie sich sieht, sondern einen Geringeren, der gesteht dem Gegenüber auch nicht die Rechte zu, die er wie selbstverständlich für sich einfordert.
Es ist schlicht eine Frage des Bewußtseinszustandes, ob man als Mensch mit Menschen verkehrt oder eben als Höherer mit Minderen umspringt.

Und erst daraus, aus diesem Fehlbewußtsein kann dann, als eine von vielen möglichen Deformationen, auch eine geschlechtsbezogene Auf-/Abwertung oder auch Chauvinismus und und und entspringen.
Ursprung ist aber die aus mangelnder Selbstreflektion entspringende Verirrung, es gäbe ein willkürlich setzbares menschliches Über-/Unterordnungsverhältnis.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.10.2016 17:07).


QuoteTwistie2015, Bettina Hammer, 18.10.2016 17:38

Re: Es geht nicht um Gedankenlesen, pauschale Zustimmung, sondern um Achtung!

... einfach gesagt:
" 'festering turd of a human being' that 'intimidated multiple young Asian women' by waving his hand in their faces on a Melbourne tram"
kann bei manchen als typisches Beispiel für sexistische Männer dienen, es kann aber eben auch anders sein.

http://www.dailymail.co.uk/news/article-3830176/Man-Melbourne-tram-labelled-lowlife-creep-autistic-loves-giving-strangers-high-fives.html

das ist das "über Menschen reden", was zu deinem Punkt hinzukommt - erst wird eine Person als typisches Beispiel für Gruppe X genommen, dann wird sie letztendlich nicht mehr selbst angesprochen, sondern es wird über sie gesprochen, dann wird sie zum Beispiel für Gruppe X und deren Verhalten und das, was wirklich passiert ist oder wer die Person ist, ist nur noch Nebensache.

Das halte ich übrigens persönlich für entmenschlichend, der Mensch ist ja nicht mehr die Einzelperson, sondern sein Verhalten dient nur dazu, die eigene Agenda weiterzuführen und andere aufzustacheln bzw. andere anzufeinden und sich selbst im Glanz des eigenen Wohlverhaltens zu sonnen.
Selbst wenn man nur einen bekannten Autisten per Social Media (passenderweise SM) anprangert.



Quotevan Grunz, 18.10.2016 20:01

Unmenschentum

Es ist der Kriegsrhetorik immanent, vermeintlich niedere Menschen als Unmenschen zu deklassifizieren, damit man den eigenen moralischen Maßstab nicht mehr ansetzen muß. Sonst müßte man erkennen, daß der Spruch: "Was Du nicht willst, das man Dir tu', das füg' auch keinem and'ren zu" eine essentielle Bedeutung hat.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 16, 2016, 12:19:42 PM
Quote[...] die Mehrheit der weißen Frauen, 53 Prozent (gegenüber nur 43 Prozent für Clinton), haben für Trump gestimmt. Das ist kaum begreiflich.



Aus: "Keine Solidarität" Juliane Löffler (11.11.2016)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/juloeffl/trump-that-dick (https://www.freitag.de/autoren/juloeffl/trump-that-dick)


QuoteAchtermann 11.11.2016 | 13:49

Denn die Mehrheit der weißen Frauen, 53 Prozent (gegenüber nur 43 Prozent für Clinton), haben für Trump gestimmt. Das ist kaum begreiflich. Wieso wählen Frauen gegen sich selbst?

Das ist eine Frage der Wertigkeit. Wenn die eigene wirtschaftliche Frage nicht gelöst ist, stehen andere Themen im Vordergrund: Arbeitsplatz, Familieneinkommen, Schul- und Ausbildung der Kinder. Die amerikanische Mittelschicht wird dünner, die Einkommen sinken. Wenn jemand verspricht, einheimische Arbeitsplätze zu schaffen, gegen illegale Migranten vorzugehen, Importe mit Zöllen zu belegen, um einige Beispiele zu nennen, können die Fragen, die mit Gleichberechtigung zu tun haben, in den Hintergrund treten, wenn die Hoffnung keimt, jemand kümmert sich um die soziale Frage, jemand nimmt mich und meinesgleichen ernst. Wenn Hillary Clinton vielfach für einen Vortrag mehrere 100.000 Dollar kassiert und sinngemäß meint, wenn die zahlen, dann nehm ich Kohle, steckt darin mindestens so viel Arroganz wie sie Trump von den deutschen Medien vorgeworfen wird. Ich denke, Clinton verkörpert nicht das weibliche Rollenbild, das sich die durchschnittsweiße Amerikanerin vorstellt. Diese Frauen kommen gar nicht auf die vielleicht wegen der doch eher in akademischen Diskursen behandelten Fragen der Misogynie darauf, gegen sich selbst gewählt zu haben. Man sollte womöglich mit diesen schon vielfach gelesenen Zuschreibungen, die US-Amerikaner/innen seien zu dumm zu wählen, zurückhaltender sein.


Quotelaubfrosch 11.11.2016 | 14:07

ein großer teil frauen sieht sich als mutter und ehefrau, als mensch dessen einzige pflicht darin besteht mutter/eltern zu sein, und die sind in diesem sinne einem fundamentalen christlich/jüdisch/islamischen weltbild sogar sehr nahe ...
und so akzeptieren die auch einen dominanten pussiegrabscher als präsidenten ...
den wünschen sie sich sogar. je mehr dominant dieses alphapräsidentier ist, um so mehr können sich diese weibchen in ihre unterwürfig beschützte rolle fügen/fühlen ... es gibt einen großen anteil von frauen, der sich in einem patriarchalischen weltbild sher wohl fühlt. und dieser teil wählt trump und/oder erdogan ... frauen sind diesbezüglich nicht besser als männer ... eher schlimmer willfährig unterwürfig


QuoteMaria Franic 11.11.2016 | 15:50

... Die Amerikaner - Männer wie Frauen - haben mit ihrer Wahl Washington den Stinkefinger gezeigt. Wie wütend muss ein Volk sein, wenn es einen derben Antipolitiker wie Trump wählt und die erfahrene Hillary Clinton in Rente schickt? Hillary Clinton ist nun mal Establishment. Trump hat Veränderungen versprochen. Das wollte wohl die Mehrheit der Wähler. Was sie offensichtlich nicht wollten, war ein "weiter so" mit einem Politprofi wie zum Beispiel Hillary Clinton. ... Es war also kein Kampf der Geschlechter.


QuoteAchtermann 11.11.2016 | 16:59
@Andreas Urstadt

Bildung produziert Bias und noch mehr Bildung produziert noch mehr Bias. Dass Bildung immer Ideologie bedeutet ist längst seit der Anthropologin Mary Douglas bekann. Jede emprische Forschung hat das Ergebnis, dass Bildung Biasprobleme eben nicht lösen, sondern verschlimmern.

Das ist auch eine Erklärung für die Haltung der deutschen Presse, die nicht merkte, dass Trump neben seiner Art des Auftretens eben doch die Anliegen derjenigen traf, die Opfer der "Bildungsbürger" sind, die sich mit ihrem Bauchnabel beschäftigen, weil sie meistens eine für sich akzeptable sozial auskömmliche Daseinsvorsorge treffen konnten. In diesen Kreisen und ihren medialen Resonanzkörpern vom Buch bis zum TV werden dann Fragen zentral, ob man schon vegan ißt, Vegetarier bleibt oder doch lieber mal ein Stück Biofleisch verkostet.


Quote
Lethe 11.11.2016 | 20:43

Es würde mich verwundern, wenn auch nur bei einem Viertel einer Wählerschaft Kriterien wie Gender- und Rollengerechtigkeit, Antirassismus oder humane Gesinnung bei der Entscheidung für oder gegen Kandidaten auch nur andeutungsweise eine Rolle spielen sollten. Das sind zwar Lieblingsthemen vieler Linker, aber kaum von allgemeinerem Interesse, wie sich bei dieser Wahl gezeigt hat. Die Linken adressieren schlicht die falschen Themen. Erst kommt die Sicherung der Lebensgrundlagen, dann kommen Luxusprobleme. Das gilt nicht nur für Nationen, sondern auch für soziale Schichten aka Klassen. Von flammenden Appellen werden die Kinder nicht satt und die Miete nicht bezahlt. ...


Quoteseriousguy47 11.11.2016 | 21:43

"Gender, das war eines der größten Themen im Wahlkampf."

Ganz offensichtlich nicht. Es war wohl eher das Phänomen "Veggie Day" auf feministisch.

In plain language: Es ist vielleicht an der Zeit, darüber nachzudenken, ob die Mehrheit der neoliberal verarschten Menschen eventuell andere Probleme hat als ein wohlbestalltes und abgehobenes Öko-Bürgertum. ...


QuoteReinhold Schramm 12.11.2016 | 06:20

... Es stellt sich auch noch heute die Frage: Warum haben die ostdeutschen Frauen ihren (vorgeblichen) Status in und mit der DDR über Bord geworfen? Waren die Konsum-Interessen, nicht nur der ostdeutschen Männer, auch der ostdeutschen Frauen größer als die (zunehmende?) soziale Gleichstellung im Alltagsleben?



QuoteRobinson 12.11.2016 | 10:31

... Was nützt mir die Gleichberechtigung, wenn die ganze Familie arbeitslos ist und die Kinder keine Zukunft haben?


Quotederglaubeandassystem 12.11.2016 | 16:10

Schon die Adresszeile im Freitag, übersetzt "Trump dieser Schwanz" [https://www.freitag.de/autoren/juloeffl/trump-that-dick] lässt eine emotional aufgeladene Haltung in Bezug auf Trump erkennen. Er rüpelt und pöbelt, dann pöbelt man eben zurück.

Bei allem Poltern und Pöbeln gegen Trump wird die Frage völlig vergessen, was denn eigentlich für Clinton gesprochen hat. Auch aus Gender-Perspektive. Was hat denn Hillary Clinton in ihrer Zeit als First Lady oder Außenministerin getan, um die Rechte von Frauen weltweit zu stärken, obwohl ihr dieses Amt problemlos die Möglichkeit dazu gegeben hätte?

Nein, statt Frauen zu schützen, hat Clinton lieber dafür gesorgt, dass in Libyen hunderttausende Menschen sterben, und jene, die noch leben, zu großen Teilen einem barbarischen Sharia-Regime unterworfen werden. Überhaupt hat Clinton dem Feminismus keinen Dienst erwiesen. Sie ist im Prinzip ein Alpha-Männchen, genau so skrupellos, moralisch verkommen und korrupt, wie es die ganze breite "Elite" in Washington ist. Ein Phänomen, das man häufig bei Frauen in Machtpositionen findet. Gleichzeitig hat sie vermutlich aus purer Kalkuliertheit und purem Machtwillen ihre eigene Würde zugunsten ihrer politischen Karriere abegschrieben, indem sie ihren Mann eben mal machen liess, während der sie wie Dreck behandelt hat. Lächeln und darüber wegsehen, man will es ja noch zu etwas bringen.

Frau Löffler attribuiert das starke Abschneiden von Trump bei weißen Frauen mit einem Bildungsmangel. Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Ich unterstelle der Frau Löffler eine Unfähigkeit oder zumindest Unwilligkeit zur Perspektivenübernahme, denn wie viele andere Kommentatoren hier bereits hingewiesen haben, sind für viele (weiße) Frauen durchaus auch andere Punkte entscheidend, und für ihren persönlichen Alltag vielleicht auch mehr von Belang.

Es zeigt sich hier, wie ein gegenseitiges Verständnis unmöglich wird, wenn man sich nur in seiner eigenen, selbst konstruierten Wirklichkeit befindet. Ein Standpunkt, von dem Frau Löffler unmöglich abweichen kann, während die vielen Wählerinnen von Trump sicherlich die Vorwürfe und Gründe für die Unmöglichkeit der Wahl Trumps als Frau seitens des Artikels hier überhaupt nicht nachvollziehen können bzw. diese Gründe in ihrer eigenen Prioritätenabfolge soweit unten stehen, dass sie bestenfalls mitz einem Achselzucken beantwortet werden.

Die dämlichen Wähler

ist hier wieder der Reflex. Doch für viele Amerikaner und auch für viele Europäer und andere Menschen auf der Welt ist Hillary Clinton eben nicht das kleinere Übel, und das aus handfesteren Gründen als irgendwelchen großkotzigen Interviews aus dem Jahre 1992.



Quote
THX1138 12.11.2016 | 17:16

... Ich versuche mich kurz zu fassen: Mit der Wahl Trumps sind zwei völlig gegensätzliche, soziale Milieus mit lautem Krach zusammen gestossen: Hier die wohl genährten, akademischen Gewinner der gegenwärtigen Entwicklungen samt ihrer Allmacht über den gesamten, öffentlichen Raum (Medien, Kultur, Wirtschaft und Politik) - und dort die Deklassierten, Vergessenen und Verlorenen.

"Drei Tage nach der Wahl soll also klar sein, wer wirklich die Verantwortung dafür trägt, dass Donald Trump der nächste Präsident der USA wird: Arrogante liberale Intellektuelle und links-ökologische Akademiker, die in ihrer hermetischen Filter-Bubblepausenlos über die Rechte schwarzer Transsexueller debattieren und dabei die Sorgen der weißen Arbeiterklasse aus dem Blick verloren haben. Mehr noch: Eben jenes Milieu offenbare sich als zutiefst heuchlerisch, weil es in Sonntagsreden zwar gerne Differenz und Toleranz predige, gegenüber dem white trash tatsächlich aber nur Verachtung hege."

Richtig, genau so ist es: Die ZEIT hat es auf den Punkt gebracht! ... http://www.zeit.de/kultur/2016-11/donald-trump-usa-praesident-liberale-linke-kritik (http://www.zeit.de/kultur/2016-11/donald-trump-usa-praesident-liberale-linke-kritik)



Quote
Gunnar Jeschke 13.11.2016 | 20:50

Laut Nachwahlbefragung wollten 38% der Wähler vor allem Veränderung. Sie sind unzufrieden damit, wie es gerade läuft. Das scheinen die Wahlkampfstrategen der Demokraten bei aller Wähleranalyse übersehen zu haben. In dieser Richtung hat Hillary Clinton nicht das Geringste angeboten. Es war eigentlich kein Hexenwerk, zu erkennen, dass "Weiter wie bisher" kein sehr attraktives Angebot ist. Die haben wohl einfach geglaubt, dass es gegen so einen wie Trump trotzdem reicht. Das ist dann gründlich schief gegangen.



Quote
gweberbv 13.11.2016 | 22:27

Die Kandidatin Clinton stellte 12 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub in Aussicht. Das wird es unter dem Präsident Trump nun wohl nicht geben.



Quotebalsamico 14.11.2016 | 09:06

Weiße Frauen haben mehrheitlich Trump gewählt.

Ich fürchte, es ist noch schlimmer: nämlich so, dass viele Frauen gewählt haben, was ihnen von ihren Männern souffliert wurde. Es werden jedenfalls nicht die selbstbewusstesten Frauen gewesen sein, die für Trump gestimmt haben. Und die schlimmste Botschaft dieses Wahlganges ist: Wenn du eine Wahl gewinnen willst, mußt du an die niedrigsten Instinkte appellieren und holzen "wie die Sau." Und wenn du selbst eine Sau bist: umso besser. Was für ein Zivilisationsbruch! ...



QuoteGunnar Jeschke 13.11.2016 | 15:56

Die Grundthese des Artikels ist ein schönes Beispiel für Scott Adams Erklärungen zur kognitiven Dissonanz. Man fragt sich, wie sein kann, was nicht sein darf. Die einfachste Erklärung wäre, dass die eigenen Grundannahmen falsch waren, aber das tut halt zu weh.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 16, 2016, 01:25:24 PM
QuotePeter Rehberg - Der Autor ist Affiliated Fellow am ICI in Berlin, wo er die Arbeiten zu dem Buchprojekt ,,Hipster Porn: Queere Männlichkeiten, affektive Sexualitäten und Neue Medien" abschließt.

Wie queer ist der Hipster? - Er gibt sich postphallisch. Doch die Inszenierung seiner Männlichkeit ist nur scheinbar zurückhaltend: Sein Bart steht für ,,natürliche" Maskulinität. Seit den 2000ern ist popkulturell ein Männertypus in Erscheinung getreten, der seine Maskulinität nicht mehr plakativ in Szene setzen muss: der Hipster. Eine lässige Figur, deren eklektischer Stil sich auf den ersten Blick zu keinem Bild machtvoller Männlichkeit fügt. Der Hipster erscheint ebenso hybrid wie transnational, er bevölkert die Cafés in Brooklyn oder Berlin-Neukölln.
Das Repertoire seiner Stile und Gesten verdankt sich verschiedenen Archiven der Jugendkultur nach 1945. Der Hipster ist eine Neuauflage einer Männerfigur – Frauen kommen im Hipster-Diskurs kaum vor –, die der Schriftsteller Norman Mailer Ende der 1950er Jahre als White Negro beschrieben hatte. Weiße Jungs mit Collegeabschluss tun so, als seien sie schwarze Outcasts. Wie die Beat-Poeten. Dabei geht es zunächst um eine Aneignung schwarzer Sexualität durch Weiße. Äußerlich reklamierte der Hipster zugleich auch seine Nähe zum White Trash – der US-amerikanischen Unterschicht. Mit seinen erkennbaren Zeichen, Trucker-Cap, Flanellhemd und Unterarm-Tattoos betreibt er somit eine Art von ethnischem und sozialem Crossdressing. ... Der Hipster präsentiert eine weniger aufdringliche Maskulinität. Er zeigt sich ermüdet von den Gesten aggressiver Männlichkeit. Mit seiner coolen Nachlässigkeit scheint er bereit, sein Mannsein neu zu verhandeln. Mit seinem Verweis auf verschiedene Maskulinitätskulturen – den Unterschichtsmann, den Schwarzen – bietet der Hipster eine Form der männlichen Maskerade an. Diese zitathaften Aneignungen arbeiten einem Habitus zu, der sein Gender nicht ausnahmslos bekräftigt. Seine Performance lässt sich so als postphallisch entziffern. ... Einerseits wird mit der unaufdringlichen Lässigkeit des Hipsters zwar die Geschlossenheit des Prinzips Maskulinität aufgebrochen. Gleichzeitig etabliert sich der Wert des Hipsters aber über eine Vorstellung von Natürlichkeit: Die Coolness des Hipsters funktioniert nur, solange die Nerd-Brille vom Bart gerahmt bleibt. ...
Unter dem Vorwand einer hippen Postphallizität kommt eine ,,natürliche Männlichkeit" ungehindert zum Zuge. Die Performanz von Gender kann noch so postphallisch sein, so ließe sich sagen, solange sie gleichzeitig als ,,Natürlichkeit" abgesichert ist, bleiben diese Inszenierungen risikolos. Steht die Natürlichkeit von Sex selbst nicht zur Disposition, können Maskulinitätsexperimente mit großer Gelassenheit hingenommen werden. Ja, gerade diese Gelassenheit arbeitet dann der ,,Natürlichkeit" des männlichen Geschlechts weiterhin zu.
Ein großer Teil popkultureller Männerbilder, die seit den 2000ern im Umlauf sind, funktioniert auf diese Weise. ... Die Idee von Männlichkeit bleibt hier nicht nur intakt, sie wird gefeiert. Wir haben es hier mit einem Butch-Turn zu tun, einem symbolpolitischen Backlash. Genderpolitisch ist der Hipster eine konservative Figur. ... Der Bart – den ja nicht nur die Hipster, sondern auch die Fantasy-Helden von ,,Game of Thrones" und ,,Vikings" stolz tragen – wäre also eine der letzten Waffen, Männlichkeit zu behaupten, innerhalb einer Kultur, die seine Geschlechtsinszenierungen ansonsten immer weniger überzeugend findet.

Quotewil 16.11.2016, 02:31

mir stellt sich angesichts dieser überdrehten soziologen-wortorgie eigentlich nur die eine frage: wer braucht sie wirklich? männer, die sich mit haaren ihr gesicht zuwachsen lassen, es dadurch unkenntlich machen und irgendwie alle gleich, nachpubertär und unendlich unsexy-langweilig aussehen?


Quoteanamoli 16.11.2016, 10:46

Da hat sich aber einer im Gender-Sex-Dschungel verlaufen. Hipster ist mittlerweile Mainstrem, also eine Mode, die zwar die Attraktivität steigern soll, aber auf Grundlage des Trendy-Herdentriebs. Selbstreflektorisch hinsichtlich der geschlechtlichen Identität ist da nicht viel. Es wird einfach nur abgekupfert, was da nach Bohème riechen könnte; Also völlig normale Hochstapelei.


Quoteroi 16.11.2016, 10:38

Was genau soll "schwarze Sexualität" sein?
Erwarten diese bärtigen Hipster eigentlich das Frauen sich die Beine rassieren? Würde mich mal rassieren, äh...interessieren meinte ich...


QuoteZuckerstreuer 16.11.2016, 06:02

könnte mir jemand erklären was schwarze Sexualität ist und wodurch sie sich von weißer Sexualität unterscheidet.


QuoteAlfred Sauer 15.11.2016, 22:47

Das ist jetzt Satire oder? Könnte von Monty Python stammen. "Nehmen wir an, das ihr euch darauf einigt das Loretta keine Babys bekommen kann, woran niemand schuld ist, nicht mal die Römer! Aber das er das absolute Recht hat Babys zu bekommen."


Quotesart 15.11.2016, 22:29

Diesen Ansatz bzgl. der Hipster finde ich durchaus interessant.
Dass die sich dabei tatsächlich was denken, habe ich bislang noch nie in Betracht bezogen.


QuoteJaeh 16.11.2016, 00:10

@sart Die Analyse besagt nicht, dass der "Hipster" sich dieses alles denkt. Das ist sogar eher unwahrscheinlich. Denn dies wird habituell in der Praxis schlicht vollzogen und wird in dem Text reflexiv eingeholt und entfaltet. Lebenweltliches agieren ist viel zu "dicht" um es kognitiv immer eins zu eins zu begleiten. Hipster ist also keine Strategie, kein intendiertes Rollenverhalten, sondern im Sinne des Textes quasi live vollzogen, unmittelbar entspringend einer großstädtisch-postmodernen Diskursivität, die dann diesen Still erstmal einfach cool, angesagt, nachahmendwert macht. Wer dies derart reflexiv nachvollzieht wird dann eher ablassen von solch einem Verhalten, da es nicht mehr als authentisch unmittelbar erlebbar ist.


QuoteMichl Mond
15.11.2016, 22:01

Nachdem ich genervt nach 75% des Textes aufgehört habe zu lesen, wie queer ist er jetzt, der Hipster?

Quotesupergeil
15.11.2016, 22:14

@Michl Mond Musste dich bei Hipster-Studies einschreiben....




Aus: "Gender als Lifestyle - Wie queer ist der Hipster?" Peter Rehberg (15. 11. 2016)
Quelle: https://www.taz.de/Gender-als-Lifestyle/!5353672/ (https://www.taz.de/Gender-als-Lifestyle/!5353672/)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 27, 2016, 01:07:41 PM
"Lateinamerika: Zehntausende demonstrieren gegen Gewalt gegen Frauen" (27. November 2016)
Eine Serie brutaler Morde an Frauen erschüttert Lateinamerika. In Argentinien forderten Zehntausende ein Ende der Gewalt und besseren Schutz vor sexuellen Übergriffen. ... Lateinamerika ist derzeit durch eine Reihe besonders grausamer Morde aufgeschreckt: In Chile wurde eine Zehnjährige mit einer Plastiktüte erstickt, in Mexiko eine 22-Jährige erdrosselt, und in Argentinien setzte eine Gruppe Männer eine 16-Jährige unter Drogen, vergewaltigte und quälte sie derart brutal, dass ihr Herz versagte.
Den Aktivistinnen geht es aber nicht nur darum, gegen solche Morde zu protestieren, sondern auch gegen eine Kultur, in der Frauen grundsätzlich weniger zählen als Männer.
Laut einer aktuellen Umfrage wurden 97 Prozent der argentinischen Frauen schon einmal in ihrem Leben sexuell belästigt, 79 Prozent waren demnach schon Opfer von Grapschern – vor allem in Bussen und Bahnen. Nach Angaben der UN-Sonderberichterstatterin Dubravka Šimonović sind Argentiniens Frauen und Mädchen Belästigungen meist hilflos ausgeliefert, da es keinerlei Maßnahmen zu ihrem Schutz gibt.  ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-11/lateinamerika-demonstration-gewalt-frauen-argentinien
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 17, 2016, 02:01:22 PM
"Stadt Kiel: Schweigemarsch gegen Gewalt – und für die getötete Delali Assigbley" (Donnerstag, 15.12.2016)
Im Jahr 2015 wurden 331 Frauen in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet und auch die Statistik bei häuslicher Gewalt spricht für sich – deutschlandweit hat jede vierte Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren häusliche Gewalt erlebt, wie das Hilfetelefon berichtet. Nach der bundesweiten Kriminalstatistik wurden 2015 knapp 130.000 Personen Opfer von Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigungen, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking, davon waren 82 Prozent Frauen. Von ihnen lebten 49 Prozent zum Tatzeitpunkt mit dem Täter in einem Haushalt. Die Dunkelziffer dürfte dabei deutlich höher sein.
http://www.focus.de/regional/kiel/stadt-kiel-14-dezember-2016-sw_id_6357659.html

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"Umstrittenes Gesetz: Russland lockert Strafen für häusliche Gewalt" (07.02.2017)
Der erste Schlag wird nur noch mit einer Geldstrafe geahndet. Russland hat ein neues Gesetz verabschiedet, das in bestimmten Fällen häuslicher Gewalt eine Strafminderung vorsieht. ... Präsident Wladimir Putin hat ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet, wonach die Strafen gemindert werden, wenn es sich um das erste Vergehen handelt und keine schwere Verletzung entsteht. Ein solches Vergehen wird nun als Fehlverhalten gewertet, welches mit einer Geldstrafe geahndet wird. Zuvor wurde dies noch als Körperverletzung eingestuft und mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft. Konservative Befürworter des neuen Gesetzes hatten argumentiert, dass Eltern nicht dafür bestraft werden dürften, ihre Kinder zu maßregeln. Der Staat müsse sich aus privaten Angelegenheiten heraushalten. Kritiker befürchten jedoch, dass es mit dem neuen Gesetz noch schwerer wird, Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Außerdem werde sich das bereits weitverbreitete Problem der häuslichen Gewalt gegen Frauen verschlimmern, da Hilfe für die Opfer rechtlich schwerer werde. Staatlichen russischen Statistiken zufolge gab es im Jahr 2015 knapp 50.000 Vergehen, bei denen Gewalt in der Familie eine Rolle spielte. Bei knapp 36.000 davon richtete sich die Gewalt gegen eine Frau. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte im Januar behauptet, es sei wichtig, den Unterschied zwischen echter Gewalt und "den verschiedenen Erscheinungsformen von Familienbeziehungen" zu erkennen. ...
http://www.spiegel.de/politik/ausland/russland-lockert-strafen-fuer-haeusliche-gewalt-a-1133593.html

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"Proteste in Argentinien: Oben ohne gegen Oben-ohne-Verbot" (08.02.2017)
In Buenos Aires haben Hunderte Frauen gegen ein Verbot demonstriert, sich in der Öffentlichkeit mit freiem Oberkörper zu zeigen. Hintergrund ist ein umstrittenes Gesetz aus Zeiten der Militärdiktatur. ... "Souveränität über unsere Körper", war auf Transparenten bei den Protesten in der Hauptstadt Buenos Aires zu lesen. Auch in Cordoba, Mar del Plata und Rosario demonstrierten Frauen für ihre Rechte - zum Teil barbusig. "Wir werden nicht um Erlaubnis bitten", stand auf dem Bauch einer Frau.
Hintergrund der Proteste ist ein Vorfall aus dem Januar: Vor knapp zwei Wochen hatten Polizisten drei Touristinnen an einem Strand daran gehindert, sich mit freien Oberkörpern zu sonnen. Die Polizisten beriefen sich auf ein Gesetz zur Wahrung des öffentlichen Anstands aus den Zeiten der Militärdiktatur. Ein Video von dem Vorfall wurde im Internet veröffentlicht und sorgte für Empörung. Ein Richter stellte das Verfahren gegen die Frauen ein. Zwei Abgeordnete strengen nun eine Änderung des umstrittenen Gesetzes an. ...
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/argentinien-frauen-protestieren-gegen-oben-ohne-verbot-a-1133606.html

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 20, 2017, 10:28:14 AM
""Kinderbekommen ist kein privates Ereignis"" Interview: Brigitte Theißl (16. Februar 2017)
STANDARD: In Polen wollte die rechtskonservative PiS-Regierung ein Abtreibungsverbot umsetzen, Einschränkungen werden auch in anderen europäischen Staaten diskutiert, die Trump-Regierung inszeniert sich als "Pro-Life-Regierung". Erleben wir einen Backlash bei den reproduktiven Rechten?
Franziska Schutzbach: Diese politischen Entwicklungen führen besonders deutlich vor Augen, dass der weibliche Körper ein politischer Kampfplatz ist. Das war er schon immer, aber in den aktuellen rechtspopulistischen Diskursen wird das noch deutlicher sichtbar. Es geht wieder um eine direkte Einflussnahme, darum, Frauen vorzuschreiben, was sie zu tun oder zu unterlassen haben – all das vor dem Hintergrund eines konservativen, patriarchalen Familienideals. ...
http://derstandard.at/2000052657650/Soziologin-Kinderbekommen-ist-kein-privates-Ereignis

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Kommentar von Simone Schmollack: Offener Brief an Thomas Fischer: "Er packt noch eins drauf"
Das Interview mit dem Richter Thomas Fischer über sein Frauenbild läuft gut. Danach fangen die Probleme an. Nun also: ein Brief.
Sie kennen doch sicher das niederdeutsche Volkslied von den beiden Königskindern, die ,,beisammen nicht kommen" konnten und am Ende beide tot sind? Dieses Lied habe ich zurzeit im Ohr, wenn ich an Sie denke. Nicht, weil darin ausgerechnet ein Fischer den ertrunkenen Königssohn aus dem Wasser holen soll. Sondern weil auch wir beide, die wir zwar keine Königskinder sind, einfach nicht ,,beisammen kommen". ...
https://www.taz.de/!5390030/


"Fischer, Frauen und die taz: Thomas Fischer zur Geschichte eines gescheiterten Interviews" (21.03.2017)
Die taz veröffentlichte in ihrer vergangenen Wochenendausgabe einen offenen Brief an den BGH-Richter und Zeit-Online-Kolumnisten Thomas Fischer. Darin erzählt die taz-Autorin Simone Schmollack, wie sie ein Interview mit Fischer über sein Frauenbild führte, das anschließend aber nicht veröffentlicht wurde. Angeblich, weil Fischer die Autorisierung verweigerte. Für MEEDIA hat Thomas Fischer seine Sicht auf den Vorgang aufgeschrieben. ...
http://meedia.de/2017/03/21/fischer-frauen-und-die-taz-thomas-fischer-zur-geschichte-eines-gescheiterten-interviews/

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"Vergewaltigungen: Ich und mein Täter" Francesco Giammarco (15.04.2017)
Thordis Elva hat ein Buch mit dem Mann geschrieben, der sie vergewaltigt hat - und bricht so mit der eingeübten Rollenverteilung von Täter und Opfer. ... Weder haben Elva und Stranger ein Handbuch für den Umgang mit Vergewaltigungen geschrieben, noch sprechen sie sich für Straffreiheit in Fällen sexueller Gewalt aus. Die öffentliche Dämonisierung von Tätern hält Männer aber sicherlich davon ab, sich mit Vergewaltigungen und ihren Gründen auseinanderzusetzen. Weil kein Mann von sich glaubt, ein Monster zu sein. Monster sind immer die anderen. ...
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/throdis-elva-hat-ein-buch-mit-tom-stranger-geschrieben-dem-mann-der-sie-vergewaltigt-hat-a-1142805.html

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"Ernüchternde Antworten So sieht sich der arabische Mann" Lena Bopp, Beirut  (04.05.2017)
Erstmals untersucht eine Studie der Vereinten Nationen das Selbstbild arabischer Männer. Die Ergebnisse sind ernüchternd, vor allem mit Blick auf die Rechte der Frauen. Doch ziehen die Autoren auch optimistische Schlüsse. ...
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/befragung-wie-sieht-sich-der-arabische-mann-14998492.html
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 10, 2017, 03:16:59 PM
"Manchmal tut ein Shitstorm gut" Claudia (03. Mai 2017)
Nämlich dann, wenn er einen gewissen Mindestanstand in der Auseinandersetzung mit politischen Gegnern verteidigt ... Der Autor und Correctiv-Gründer Davin Schavren reagierte darauf mit einer wenig überzeugenden Rechfertigung: ,,Der Skandal ist also nicht, dass eine AfD-Kandidatin als Prostituierte gearbeitet hat. Der Skandal ist, dass sie dies vor ihrer Partei vor der Wahl der Landtagskandidaten verschwiegen hat." ... Eine seltsame Idee, dass jemand auf einer Parteiversammlung von derlei Aktivitäten berichten solle! Ist es denn bei männlichen Politikern üblich, dass sie ihre Erfahrungen mit käuflichem Sex berichten, bevor sie gewählt werden?
http://www.claudia-klinger.de/digidiary/2017/05/03/manchmal-tut-ein-shitstorm-gut/

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"Camille Paglias Beitrag zum Geschlechterkampf: ,,Die Masken der Sexualität": Die Gartenlaube der Wollust" Silvia Bovenschen (26. Februar 1993)
Paglia prätendiert nichts Geringeres als eine Art Welterklärungsförmel: Die Erschließung der Welt aus einem Grund – einem Natur-Grund. Das kategoriale Gerüst, das diese simple Formel tragen soll, ist roh gezimmert aus einer scheckigen Secondhand-Begrifflichkeit: ein wenig Darwinismus, ein pubertärer Schlagwort-Nietzscheanismus, probate einseitig verengte Aspekte der Freudschen Theorie und – wo es halt besser paßt – der Archetypenlehre C. G. Jungs, ein bißchen Spengler und die versammelte Misogynie. Paglia greift tief in die Mottenkiste der alten Geschlechterontologien: Die uranfängliche Natur, von der sie im ersten Satz spricht, ist der Nähr- und Giftschleim, aus dem alles kam und der immer wieder alles zu verschlingen droht. Und diese Natur ist essentiell weiblich.
Zur Beschreibung dieser natürlichen Weiblichkeit und weiblichen Naturhaftigkeit bedient sich Paglia einer eruptiven Rhetorik, die sie zuweilen in einen semantischen Ekeltaumel treibt: So sieht sie in der ,,Venus von Willendorf", der sie die Merkmale ,,blind, sprachlos, hirnlos, fallsüchtig, schmutzig, schlampig, brünstig" zuschreibt, das ,,Paradigma des weiblichen Geschlechts"; in ihr sei früh schon veranschaulicht, daß ,,die Frau die Gefangene ihres wogenden, feuchten Körpers" sei, in ,,einem miasmischen Sumpf stecke, daß ,,ein chthonischer Pesthauch" über ihr liege, daß sie einer ,,verseuchten Wolke", einer ,,ozeanischen Dünung", einem ,,fauligen Morast" gleiche, einzig brauchbar für ,,das rohe Fortpflanzungsgeschäft", für die Hervorbringung eines ,,gutartigen Tumors": eines Fötus.
Diese verbale Redundanz soll glauben machen, daß der Mann gar nicht anders kann, als danach zu trachten, aus dem dionysischen Chaos, diesem ganzen unappetitlichen Gewabbel in ,,das apollinische Reich der Reinheit, Klarheit und Sichtbarkeit" zu entkommen. ...
http://www.zeit.de/1993/09/die-gartenlaube-der-wollust/komplettansicht

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"Frauentag: Guerilla-Projektionen gegen AfD und Trump" John F. Nebel (08 Mrz 2017)
Aktivistinnen eines bislang unbekannten "Team Vulvarella" haben in der Nacht zum Internationalen Frauentag die Parteizentrale der AfD und die Botschaft der USA in Berlin mit Guerilla-Projektionen bespielt. Sie wenden sich damit "gegen den Abbau gesellschaftlicher und politischer Rechte von Frauen*", wie es in einer Mitteilung der Gruppe heißt, die uns zugesandt wurde.
Die AfD in Deutschland vertrete konservative und reaktionäre Frauenbilder und fordere ,,umfangreiche Maßnahmen zur Hebung der Geburtenrate". Der Kampf gegen Gleichstellung sei fester Bestandteil ihrer Politik. Diese überholte, unzeitgemäße Ideologie widerspreche Freiheit und Selbstbestimmung der Frau.
Gleichzeitig sei die salonfähig gewordene Frauenfeindlichkeit der aktuellen US-Regierung und des Präsidenten, ein nicht zu tolerierender Affront gegen die Gleichheit der Geschlechter und die Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung.
Hier das Metronaut zugespielte Bekennerinnenschreiben in voller Länge:
Wir, das Team Vulvarella, ein Kollektiv feministischer Aktivistinnen, beleuchteten zum internationalen Frauenkampftag die Parteizentrale der AfD, sowie die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Um Mitternacht, pünktlich zum Weltfrauentag am 8.3.2017, wurde der Slogan ,,Keep Your Agenda Out Of My Vagina" zunächst auf die Parteizentrale der AfD, und dann auf die US Botschaft projiziert. Wir möchten zum Weltfrauentag eine klare Botschaft für das Recht auf reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen weltweit senden. ...
https://www.metronaut.de/2017/03/frauentag-guerilla-projektionen-gegen-afd-und-trump/

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/weltfrauentag-feministinnen-projizieren-nackte-frau-auf-us-botschaft-und-afd-zentrale-26159526

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 07, 2017, 10:04:39 AM
"Roboter: Dingsbums – Sex mit der Maschine" Thomas Beschorner (6. Juni 2017)
Es geht um Robotersex. Unlängst wurden auf einer Sexmesse in London neue Generationen von Sexrobotern vorgestellt. Die Gummipuppe – ein passives aufgeblasenes Stück Plastik – war gestern. Die modernen Sexroboter sind aktiv und responsiv. Sie reden und interagieren mit ihren Besitzern, sie fragen nach deren Wünschen und sagen, was ihnen selbst gefällt. Die meisten Leser werden wohl auch diese weiterentwickelten Modelle nicht besonders erotisierend finden. Aber die Entwicklung schreitet voran; Technik und Physis der künstlichen Sexpartner werden sich auch künftig noch verbessern.
Für die Hersteller steckt darin ein großes Geschäft. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in wenigen Jahren Geräte zur Verfügung stehen werden, die ein physisches Erlebnis von Sex vermitteln, das dem Sex zwischen Menschen in nichts nachsteht. Man kann diese Entwicklung nüchtern als eine Auswirkung der weiter voranschreitende Technologisierung sehen, die immer auch Auswirkungen auf Teile der Sexindustrie gehabt hat, so wie umgekehrt diese technische Entwicklungen oft befördert hat. Was soll daran schlimm sein? Es gibt Vibratoren, Gummipuppen, Penispumpen, Apps, Internetportale und was noch alles. Es sind technische Hilfsmittel zur Befriedigung sexuellen Verlangens, so wie Sexroboter auch.
Der Unterschied zwischen Sexrobotern und klassischem Sexspielzeug ist jedoch nicht gradueller, sondern grundsätzlicher Natur. Künftige Generationen von Sexrobotern werden eine deutlich stärkere physische Ähnlichkeit zu menschlichen Sexpartnern aufweisen. Und durch ihre Fähigkeiten zu Simulation von Kommunikation ähnelt auch der Umgang mit ihnen immer mehr zwischenmenschlicher Interaktion. Ähnlich verhält es sich mit den Entwicklungen von Virtual-Reality-Sex. Es soll sich echt anfühlen, natürlich primär für den Mann: 85 Prozent der (weiblichen wie männlichen) Sexroboter werden von Männern bestellt.
Aktuell können Standardvarianten von Sexrobotern für etwa 10.000 US-Dollar erstanden werden. Individualisierte Modelle gibt es für den circa 10-fachen Preis. Diese können dann ganz den eigenen Wünschen nachempfunden sein und auch realen Vorbildern ähneln: dem Ex-Partner zum Beispiel, oder sogar der eigenen Mutter oder dem Vater. Was sind die Konsequenzen für unser Liebesleben? In der bislang kaum entwickelten akademischen Diskussion gibt es Befürworter wie Kritiker von Robotersex. Die Befürworter argumentieren beispielsweise, dass perfektionierter Robotersex Prostitution (und damit die Ausbeutung von Millionen von Frauen) überflüssig machen könnte. In Barcelona gibt es bereits den weltweit ersten Roboterpuff. Auch könnte womöglich pädosexuelles Verhalten und damit der Missbrauch von Kindern eingedämmt werden. Das erhoffen sich zumindest die Befürworter.
Kritiker hingegen sehen im Sex mit Robotern eine "Verrohung der Sitten", die negative Wirkungen auch auf die zwischenmenschliche Sexualität haben kann. Wer seinen Roboter vergewaltigt, könnte sich daran gewöhnen und irgendwann sexuelle Gewalt auch gegen Menschen ausüben, argumentieren sie. Pädosexuelles Verhalten würde hierdurch nicht reduziert, sondern inspiriert. Feministinnen und Feministen erheben den Vorwurf, Frauen könnten noch stärker als Sexobjekte gesehen werden.   
Empirische Studien zu den Auswirkungen von Robotersex auf die menschlichen Beziehungen gibt es noch nicht. ...
Die ethischen Fragen aber reichen noch weiter. Im vergangenen Jahr lief die Science-Fiction-Serie Westworld auf dem Sender HBO. Basierend auf dem gleichnamigen Roman und späteren Film von Michael Crichton aus dem Jahr 1973 handelt sie von einem Freizeitpark in einem Westen, in dem es sehr wild zugeht. Die Protagonisten sind Roboter, aber kaum vom Menschen unterscheidbar. Die Besucher des Parks sind Menschen, und sie können sich ganz nach Belieben mit den Robotern amüsieren. In Westworld sind Schießereien und Hinrichtungen, Sex, Vergewaltigungen und grausame Quälereien an der Tagesordnung. Genau das macht die Attraktivität des Freizeitparks unter den zahlenden Gästen aus.
Doch einige der Parkbesucher zeigen Empathie für die künstlichen Wesen – und einige Roboter entwickeln etwas, das einem Bewusstsein ähnelt. ...
http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-06/sex-roboter-gummipuppe-messe/komplettansicht

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"Vertraglich geregelter Sex: Das Leben ist nun einmal krass" Slavoj Žižek (25.3.2017)
Der letzte kommerzielle Schrei in den USA ist das sogenannte «Affirmative Consent Kit», das online vom «Affirmative Consent Project» für zwei Dollar vertrieben wird: eine kleine Tasche mit einem Kondom, einem Stift, einigen Minzetabletten und einem einfachen Vertrag. Letzterer hält fest, dass beide Parteien darin übereinkommen, einvernehmlichen Sex zu haben.
... Und hier wimmelt es plötzlich von Problemen: Was, wenn eine Frau es leidenschaftlich will, aber zu beschämt ist, es offen auszusprechen? Was, wenn Zwang für beide Partner zum erotischen Spiel gehört? Und selbst wenn der Vertrag unterschrieben ist, auf welche sexuelle Praxis bezieht sich dann dieses «Ja»? Müsste der Vertrag also, recht bedacht, nicht alle möglichen Details aufführen, so dass die grundsätzliche Zustimmung spezifiziert wird: ein «Ja» zu vaginalem, aber nicht zu analem Geschlechtsverkehr, ein «Ja» zur Fellatio, aber nicht zum Schlucken des Spermas.
Man kann sich leicht vorstellen, dass bürokratische Verhandlungen über den Sex jedes sexuelle Begehren im Keim ersticken. Oder die erotische Energie greift gleich auf die Verhandlung selbst über: Das Aushandeln wäre dann bloss ein Vorspiel des eigentlichen sexuellen Aktes, der dann aber natürlich völlig anders als geplant verläuft. Kurzum, Sex bleibt ambivalent, gefährlich und lässt sich nicht einhegen. Bleibt die Frage: Warum wird es dann überhaupt versucht?
Die «Nur Ja meint Ja»-Regel in Bezug auf Sex ist ein exemplarischer Fall für jenes narzisstische Verständnis von Subjektivität, das heute vorherrscht. Das Subjekt wird als ein verletzliches Wesen dargestellt, das des Schutzes in Form komplexer Regeln bedarf, als jemand, der vor allen möglichen Störungen gewarnt werden muss, die ihn heimsuchen könnten.
Dies begann schon früh, wenn auch damals noch weitgehend unbemerkt. Gleich nach seiner Veröffentlichung 1982 wurde Steven Spielbergs Film «E. T.» über einen niedlichen Ausserirdischen in Schweden, Norwegen und Dänemark verboten: Die unvorteilhafte Darstellung von Erwachsenen wurde als gefährlich für die Beziehung zwischen Kindern und ihren Eltern betrachtet.
Aus heutiger Perspektive erweist sich dieses Verbot als frühes Zeichen der politisch korrekten Besessenheit, Individuen vor jeder Erfahrung zu schützen, die sie irgendwie als verletzend empfinden könnten. Die Tendenz, nicht nur die Wirklichkeit, sondern auch die Fiktion zu zensieren, ist längst pandemisch geworden. Prominentestes Beispiel stellt die Aufforderung des Beirats für multikulturelle Angelegenheiten der Columbia University (MAAC) dar, Werke des klassischen Literaturkanons mit Trigger-Warnungen zu versehen. ...
https://www.nzz.ch/feuilleton/sex-verbote-das-leben-ist-nun-einmal-krass-ld.153338
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 07, 2017, 01:26:52 PM
"Correctiv macht Privatleben von AfD-Frau zum ,,Sexskandal"" Stefan Niggemeier (3. Mai 2017)
Eine Kandidatin der AfD für den nordrhein-westfälischen Landtag hat vor ein paar Jahren offenbar etwas Geld mit Sex verdient. Vielleicht war es nur ein ,,Taschengeld", vielleicht eine angenehme Verdoppelung ihres Einkommens. Vielleicht war es weniger finanziell als erotisch motiviert: durch eine Art Fetisch, sich wie eine Prostituierte zu verhalten.
Man weiß es nicht genau, aber man muss es auch nicht genau wissen: Es ist ihre Privatsache.
Das Recherchebüro Correctiv hat sie gestern öffentlich gemacht und sprach von einem ,,Sexskandal". Der Ruhr-Ableger von Correctiv pries den Text auf Twitter als exklusive Enthüllung an: ,,Spitzenfrau der Rechtspopulisten vermietete ihren Körper übers Internet", hieß es, und: ,,Rechtspopulisten gehen mit Teilzeitprostituierten in die heiße Phase des Wahlkampfes". ...
http://uebermedien.de/15068/correctiv-macht-privatleben-von-afd-frau-zum-sexskandal/

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"Zu Correctiv" (Sonntag, 14. Mai 2017)
Aus beruflichen Gründen habe ich den ein oder anderen Einblick in Szenen, die manche vielleicht als kinky oder hübschlerisch bezeichnen würden - tatsächlich fällt mir auch manchmal auf, dass es enorme Ähnlichkeiten zwischen Journalismus, Kulturbetrieb und anderen Formen käuflicher Annäherung gibt. Journalisten, Autoren, Callgirls, Poletänzerinnen - wir alle spielen mit den Gefühlen und Erwartungshaltungen von Menschen, und wer das System einmal durchschaut hat, erkennt die Grundprinzipien auch in anderen Bereichen wieder. Die Gleichzeitigkeit von Nähe und Distanz, das Gefühl, in gewisser Weise zum Objekt gemacht zu werden und gleichzeitig Subjekt zu sein, die Entgrenzung in begrenzten Systemen, die Widersprüchlichkeit von Fremde und Intimität - damit arbeiten wir. Das füllt uns mehr oder weniger das Konto.  ...
Ich habe Schwierigkeiten, einen Unterschied zwische "Revenge Porn" und dem zu sehen, was Correctiv getan hat. Und ich bin froh um die Reaktionen, die das zurückgewiesen haben. Die Freiräume für nicht den angeblichen Normen entsprechende Verhaltensweisen sind ein Grund, dieses Netz unbedingt zu erhalten. Es wird für jeden, auch für den Liberalsten, Sexualpraktiken geben, die zwar legal sind, aber die er für sich auf gar keinen Fall haben will. So ist das eben. Nur wenn der Freiraum dieser anderen garantiert wird, kann er für alle garantiert werden. Zerstört man das, weil es um die AfD geht, wird der nächste es für gerechtfertigt halten, weil ihm eine andere Einstellung nicht passt - wir sind da ganz schnell wieder auf dem Weg zum Schmutz- und Schundgesetz, undemokratisch reaktiviert durch Skandalschmierfinken und ihre Shitstormabsichten. ...
https://rebellmarkt.blogger.de/stories/2642787/

Quotetrippmadam, Montag, 15. Mai 2017, 19:00
Wann hat das eigentlich (wieder) angefangen, dass Sexualität (und damit auch oder erst recht Sexarbeit) erpressbar macht?
Ich finde ja eher die Mitgliedschaft in der AfD unmoralisch. Aber mit dem Familienbild der Rechten einerseits und der Moralinsäure der Linken andererseits schließt sich ein Kreis, der mir nicht behagt.

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"Manchmal tut ein Shitstorm gut" Claudia (03. Mai 2017)
Nämlich dann, wenn er einen gewissen Mindestanstand in der Auseinandersetzung mit politischen Gegnern verteidigt.
Als ich auf Rivva.de heute über den neuesten Artikel des von mir unterstützten ,,gemeinnützigen Recherchezentrums" Correctiv stolperte, traute ich meinen Augen kaum. In übelster Bildzeitungsmanier wird da ein ,,Sexskandal" zelebriert, der das vergangene Sexleben einer in NRW kandidierenden AFD-Politikerin als Teilzeit-Prostituierte enhüllt. Mit wollüstigen Details: Sie hat doch tatsächlich Erfahrungen in ,,Swingerclubs, SM und Fetischszene" gemacht! Sowas Böses aber auch! Das Ganze auch noch bebildert mit ausgegrabenen Details aus einem lange gelöschten Profil – einfach unterirdisch! ...
http://www.claudia-klinger.de/digidiary/2017/05/03/manchmal-tut-ein-shitstorm-gut/
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 28, 2017, 03:26:53 PM
"Warum mein 15-Jähriges Ich auch für Erdogans Präsidialsystem gestimmt hätte" Deana Mrkaja (7. Mai 2017)
Deana verbrachte den Großteil ihrer Kindheit im Garten ihrer Großeltern in Sarajevo. Sie findet es schade, dass ihr Nachname nicht auf "ić" endet. Das Studium der Politikwissenschaft in Berlin und Paris dauerte länger als geplant - weil ihr Theorien zu theoretisch sind und sie lieber praktisch tagträumt. Als Journalistin arbeitete sie für die taz, das ZDF, Welt der Wunder, FOCUS Online und baute zudem die Berliner Regionalseite von FOCUS Online auf. Ihr Herzblut steckte sie in das Zetra Project und die Aufarbeitung der jugoslawischen Friedensbewegung.  ...
Das ist die Geschichte eines jungen Mädchens jugoslawischer Einwanderer, das in Deutschland aufwuchs. In Eislingen – einer gutbürgerlichen Kleinstadt zwischen Ulm und Stuttgart. Es ist die Geschichte einer gelungenen Integration, die an vielen Stellen hätte scheitern können. Das Mädchen bin ich.
Es waren wenige deutsche Wörter, die ich kannte, bevor ich in den Kindergarten kam. Sie beschränkten sich weitestgehend auf: "Duldung", "Aufenthalt" und "Ausländerbehörde". Wobei mir Letzteres beim Aussprechen Probleme bereitete. Am liebsten mochte ich "Duldung". Das sagte meine Mutter ständig mit ihrer dunklen Stimme und dem jugoslawischen Akzent, indem sie das "u" immer sehr lang zog. Sie hatte eine "Duldung". Ich begriff früh, dass ihre "Duldung" nicht so gut war wie der "Aufenthalt" meines Vaters. Das eine bedeutete Arbeit, das andere Schwarzarbeit. Mit meinen Deutschkenntnissen kam ich also im Kindergarten nicht sonderlich weit. Ein paar tränenreiche Wochen später sang ich meinen Eltern jedoch bereits "Sonne, liebe Sonne, komm ein bisschen runter!" vor. Der erste Schritt in Richtung Integration war somit getan. Dachte ich. ...
http://www.salonkolumnisten.com/warum-fuer-erdogan/

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"Prostituiertenschutzgesetz ist in Kraft - Jetzt sprechen die Sexarbeiterinnen" Simone Schmollack (5. 7. 2017)
Aufhören, ins Ausland gehen oder illegal weitermachen? Prostituierte entwickeln neue Strategien. Das Gesetz lässt Platz für Interpretation.  Auf Nachfrage bei der Berliner Senatsgesundheitsverwaltung, die für die Umsetzung des Gesetzes in der Hauptstadt zuständig ist, wird rasch klar, dass das an vielen Punkten schwierig werden könnte. Gangbangpartys sind so ein Punkt. Sprecher Christoph Lang gibt zu bedenken, dass eine Prostituierte behaupten könne, sie mache das freiwillig und gerne. Er sagt: ,,Dann ist der Verstoß gegen die sexuelle Selbstbestimmung natürlich kaum nachweisbar."
In anderen Paragrafen ist das Gesetz eindeutiger. So müssen sich Prostituierte künftig anmelden. Dann erhalten sie eine Anmeldebestätigung, in der Szene ,,Hurenpass" genannt. Fabienne Freymadl, die als Lady Velvet Steel in einem Dominastudio in Berlin ihre Dienste anbietet, fragt sich, was das soll: ,,Geht es um mehr Schutz von Sexarbeitenden? Oder eher um Kontrolle und den Zugriff des Staats auf eine stark stigmatisierte Branche?"
Freymadl muss sich demnächst anmelden, sonst kann sie als Sexarbeiterin nur illegal weitermachen. Aber das wäre in ihrem Fall unmöglich. Lady Velvet Steel ist ein Promi in der Szene, sie hat eine Website, Männer buchen sie online oder telefonisch. Die Behörden wissen das. Am 1. Juli will sich Fabienne Freymadl alias Lady Velvet Steel aber noch nicht anmelden. Sie kann es auch nicht. Sie sagt: ,,Es ist in manchen Bundesländern noch nicht klar, welche Behörde zuständig ist." Sie rechnet damit, dass die Ordnungsämter diese Dienste übernehmen müssen.
Sie rechnet auch damit, dass viele ihrer KollegInnen den Job aufgeben werden. ,,Manche Frauen sind als Sexarbeitende nicht geoutet", sagt sie. Deren Familien, die Nachbarn, Freunde wissen nichts vom Job, mit dem ,,Hurenpass" könnte der auffliegen. ,,Die Behörden sind untereinander vernetzt", sagt sie, ,,da gibt es immer jemanden, der sich verquatscht." Deshalb hat Hamburgs bekannteste Domina, Undine de Rivière, ihr Studio aufgegeben. ,,Ich weiß nicht, ob sich meine Kolleginnen anmelden", sagt sie, ,,ich will das aber auch nicht kontrollieren." Sie macht fortan als Soloselbstständige weiter.
In der Sexbranche wird ­geschätzt, dass sich nur ein ­Drittel der Prostituierten anmelden. Andere würden ihre Dienste verschleiern als Massage, Personal Training, so was. Wie früher, als Prostitution in Deutschland verboten war. Manche würden illegal arbeiten. Laut Schätzungen soll es zwischen 400.000 und 1.000.000 Sexarbeitende in Deutschland geben und täglich 1,2 Millionen Freier. Den Jahresumsatz der Branche beziffert das Statistische Bundesamt auf 14,6 Millionen Euro. ...
https://www.taz.de/Prostituiertenschutzgesetz-ist-in-Kraft/!5422382/



"Sexismus: Google entlässt Mitarbeiter wegen sexistischem Text" (8. August 2017)
Ein Google-Entwickler hat die Dominanz der Männer in der Tech-Branche mit biologischen Unterschieden erklärt. Das hat ihn einem Bericht zufolge seinen Job gekostet. ... James Damore hatte in einem Schreiben den geringen Anteil von Frauen in der Technologiebranche mit angeblich biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern erklärt. ...  Googles Chef Sundar Pichai unterbrach wegen des Textes seinen Urlaub. In einer E-Mail an die Mitarbeiter schrieb er, dass Teile davon gegen interne Verhaltensregeln verstoßen und mit der Verbreitung schädlicher Stereotype über Geschlechter eine Grenze überschritten hätten. Zu behaupten, ein Teil der Belegschaft habe Merkmale, die sie biologisch weniger fähig für die Arbeit bei Google machten, sei "beleidigend und nicht okay". Gleiches gelte, wenn Mitarbeiter zweifelten, ob sie ihre Ansichten am Arbeitsplatz frei äußern könnten. 
http://www.zeit.de/digital/2017-08/sexismus-google-entwickler-antifeminismus-kuendigung


"Tödlicher Machismo" Marta Platía (Ausgabe 29/2017)
,,Wenn von Seiten der Macht die Gewalt gegen Frauen befürwortet oder auch nicht geächtet wird; wenn man einen Präsidenten wie Trump oder (Mauricio) Macri hat, der öffentlich erklärt: ,Alle Frauen mögen, dass man ihnen sagt, was sie für einen schönen Arsch haben', kann man nicht erwarten, dass die Angriffe weniger werden oder gar aufhören." Das sagte die Aktivistin Pate Palero vom Netzwerk Argentinischer Journalistinnen für eine nicht-sexistische Kommunikation. Seit Jahren schlägt Palero wegen der bei Meldungen über geschlechterspezifische Verbrechen verwendeten Terminologie Alarm. Bis vor weniger als einem Jahrzehnt sprach man in den Polizeinachrichten noch von ,,Verbrechen aus Leidenschaft". Allein bereits aufgrund einer solchen Schlagzeile verstand sich die Einordnung des Geschehens von selbst: Der ,,typische Fall" des eifersüchtigen Mannes, der seine Frau, die er als sein Eigentum betrachtete, ,,in einem Anfall von Wahnsinn" tötete. ...
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/toedliches-testosteron

"Kolumne ,,Mithulogie": Mein Unterleib gehört mir?" Mithu Sanyal (17. 9. 2017)
Hebammen und Sexarbeiterinnen leiden unter neuen Gesetzen. Auch im Bundestagswahlkampf spielen ihre Rechte keine Rolle. ... Es ist eine dieser Fragen, die sich nach Verschwörungstheorie anhören: Warum sind die beiden Berufe, die in den letzten Jahren am meisten gefährdet wurden: Hebamme* und Sexarbeiter*in? Multiple Choice: Um wie viel Prozent hat sich die Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen seit 1981 erhöht? A) 10 Prozent B) 100 Prozent C) 1.000 Prozent D) 10.000 Prozent - Alle falsch, es sind über 20.000 Prozent.
... in Dresden, wo die Sperrgebietsverordnung vorsieht, dass Sexarbeit im Umkreis von 200 Metern Luftlinie von Einrichtungen für Kinder verboten ist, sprich: in der Nähe von Kindergärten, Schulen, Tagesmüttern, Jugendfreizeitstätten aber interessanterweise auch Altenheimen, Kirchen, freikirchlichen Hinterhofgemeinden und – mein persönlicher Favorit – Friedhöfen. Schließlich könnten die Toten sonst auf schlüpfrige Gedanken kommen.Darüber kann man schmunzeln – allerdings nur, wenn man kein*e Sexarbeiter*in ist. So postete eine Bekannte: ,,Gestern erlebte ich, wie die Leiterin eines anderen Studios in Tränen ausbrach, weil – sie war bisher ,,sauber" außerhalb des Sperrgebiets – sich kürzlich eine Tagesmutti mit 3 Babys ein paar Straßen weiter niedergelassen hat." - Sex oder Babys ist die falsche Frage. Denn sexuelle und reproduktive Rechte bedeuten, die Möglichkeit zu habe, seine eigenen Entscheidungen zu treffen, aber vor allem, Entscheidungsmöglichkeiten zu haben. ...
http://www.taz.de/Kolumne-Mithulogie/!5448823/


"Gewalt gegen Frauen in Mexiko: Mord an Studentin löst Proteste aus" (18. 9. 2017)
SãO PAULO epd | In Mexiko haben Tausende Menschen gegen Gewalt an Frauen protestiert. Sie forderten am Sonntag vor dem Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft in Mexiko-Stadt Aufklärung des Mordes an Mara Fernanda Castilla, wie die Tageszeitung ,,La Jornada" berichtete. Die Ermordung der Jugendlichen aus dem Bundesstaat Puebla hat Mexiko erschüttert. Die Demonstranten skandierten ,,Wir wollen leben!" und machten den Staat für unzureichende Strafverfolgung verantwortlich. ...
Täglich werden in Mexiko Frauen ermordet. Kaum eine Tat wird aufgeklärt. Am Sonntag gingen Tausende Menschen dagegen auf die Straße.
Die Gewalt an Frauen hat in Mexiko einen neuen Rekord erreicht: Pro Tag werden durchschnittlich sieben Frauen in Mexiko ermordet oder ,,verschwinden". Mehr als 112.000 Frauen werden offiziellen Statistiken zufolge vergewaltigt. Die Dunkelziffer liegt aber weitaus höher. Laut dem Nationalen Fraueninstitut werden mehr als 80 Prozent der Fälle verschwiegen und nicht zur Anzeige gebracht. Ohnehin wird in den seltensten Fällen ermittelt oder der Täter zur Anklage gebracht.
http://www.taz.de/Gewalt-gegen-Frauen-in-Mexiko/!5448908/

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QuoteLaurie Penny:  Die Alt-Right-Bewegung ist besessen von der Eugenik und von der Panik davor, auszusterben. Wenn weiße Frauen Babys mit Men of Color haben, oder sich gegen Kinder entscheiden, halten die Rechten das für ,,White Genocide". Es ist wirklich entsetzlich. ... Ich habe noch nie eine faschistische Bewegung entdeckt, die nicht vehement gegen Abtreibungsrecht oder die Unabhängigkeit von Frauen ist. Interessanterweise stammt das zum größten Teil aus sexueller Frustration. Der ,,Islamische Staat" funktioniert genauso: Junge Männer, die das Gefühl haben, ihnen stehe mehr Sex zu, radikalisieren sich schneller. ... Ich habe noch keine Person kennengelernt, die glaubt, dass sie genauso häufig Sex hat wie sie eigentlich will, und es genauso läuft, wie sie es sich wünscht. Aber offenbar sind es nur Männer, die das für ein politisches Problem halten. Und die denken, einen Anspruch darauf zu haben, sich das zu nehmen. Ich habe mich seit ein paar Wochen nicht flachlegen lassen, habe aber kein Bedürfnis, aus diesem Grund zu einer Faschistin zu werden. Ich gehe einfach nach Hause, schaue mir ,,BoJack Horseman" an und masturbiere, so wie es normale Menschen halt tun.


Aus: ",,Warum sollte ich mich bremsen?""
Das Interview führte Sibel Schick (20. 9. 2017)
Quelle: https://www.taz.de/Laurie-Penny-ueber-Kaempfe-unter-Linken/!5445597/ (https://www.taz.de/Laurie-Penny-ueber-Kaempfe-unter-Linken/!5445597/)

https://de.wikipedia.org/wiki/Laurie_Penny (https://de.wikipedia.org/wiki/Laurie_Penny)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 12, 2017, 10:35:39 AM
"Haarige Beine: Model mit Vergewaltigung bedroht" (9. Oktober 2017)
Welche Ausmaße Hass im Netz gegenüber Menschen, die Normen in Frage stellen, annehmen kann, zeigen die Reaktionen auf einen Spot von Sportartikelhersteller Adidas. Darin ist die schwedische Künstlerin Arvida Byström mit unrasierten, dunkel behaarten Beinen zu sehen. Sie spricht im Video über Weiblichkeit, dass jeder Mensch feminin sein könnte. Und dass es in unserer Gesellschaft davor große Angst herrsche. Auf Instagram beschreibt sie nun, dass sie seit der Veröffentlichung des Videos auf Youtube eine Vielzahl böser Kommentare als Reaktion bekommen habe, darunter Drohungen, sie zu vergewaltigen.
Die 26-jährige Byström ist Fotografin und Model und bekannt dafür, Körpernormen und die Sexulaisierung des weiblichen Körpers in Frage zu stellen. Anfang des Jahres veröffentlichte sie gemeinsam mit Molly Soda das Buch "Pics or It Didn't Happen: Images banned from Instagram" – darin werden 270 Bilder gezeigt, die von Instagram entfernt wurden, weil sie angeblich die Community-Richtlinien verletzt hätten. Darunter jenes der Künstlerin Rupi Kaur, die 2015 ein Bild von sich auf Instagram hochgeladen hatte, das sie in einer mit Menstruationsblut befleckten Jogginghose zeigte. Das Bild wurde von Instagram entfernt und – nachdem sie es nochmals gepostet hatte – wiederum gelöscht.
https://derstandard.at/2000065605817/Haarige-Beine-Model-mit-Vergewaltigung-bedroht

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Bluediver, 9. Oktober 2017, 20:09:20
Ein Wunder, dass unsere Gesellschaft immer noch funktioniert und nicht längst in Chaos und Wahnsinn versunken ist.
Erschreckend, dass schon behaarte Beine bei manchen Leuten solche Aggressionen erzeugen. Wie sieht das erst bei echten Problemen aus?


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Mort52, vor 9 Stunden
Ich mag sie. Win Win Win Situation.

Werbung für sie, für Adidas und Rollenbilder und Klischees aufgebrochen.
Wobei die Nachricht, dass Frauen nicht nur Haare am Kopf wachsen, so manchem sein Weltbild zerstört zu haben scheint.
Also auch von pädagogischem Wert, das Filmchen.


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Anton Jesus Poster, vor 19 Stunden
Stillos und ungepflegt zu sein war immer schon ein Ausdruck feministischer Selbstbestimmung


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Black Mary, vor 14 Stunden
(Natürliche) Behaarung muss weder stillos, noch ungepflegt sein. Sie offenbaren gravierende intellektuelle Defizite.


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Ronald Tekener, vor einem Tag
Irgendwie finde ich es seltsam, dass jemand, der behaarte Beine als abstoßend empfindet, diese Person dann auch noch vergewaltigen will.


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flatline, vor einem Tag
Schon ein wenig witzig, unsere Gesellschaft. Männer schauen aus wie Wookies und schimpfen auf Frauen die sich auch nicht rasieren. Scherz bei Seite. Die Gesellschaftlichen zwänge denen man sich freiwillig unterwirft. Ich finde Frauen mit haarigen Beinen voll Okay. Generell sind Körperhaare nicht ekelhaft wenn man sich regelmäßig wäscht. Und ja ich kenn diese Diskussionen im Freundeskreis. Die meisten mögens Rasiert und Glatt. (Frau & Mann). Ich werde dann auch immer sehr komisch angeschaut wenn ich sage das ich keine Probleme mit Frauen habe die unrasiert sind. Die blicken mich an ob ich ein Wilder bin XD.


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Frijid Pink, vor einem Tag
ich find haare an den beinen und sonstwo sehr erotisch...


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Gehirnamputierter NC-Flüchtling, vor einem Tag
sie kann ruhig machen was sie will. Es bleibt trotzdem ekelig


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Black Mary, vor 14 Stunden
Der Psychotherapeut Ihres Vertrauens hilft Ihnen!


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Gredl, vor 20 Stunden
Habe diese Sportler von einem Plakat vor einigen Jahren, alle ganz haarlos auf der Brust, eklig gefunden.


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athos, vor 15 Stunden
empfinde ich beides so.
Mir gefallen männer mit haaren am körper und frauen ohne oder mit wenig.


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cogitatum, vor einem Tag
was ist an Natürlichkeit ekelig?


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Steverino, vor einem Tag
Nur ein Bein rasieren reicht eigentlich.


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ildiko1905, vor 2 Tagen
Ich finde rasierte Beine unappetitlich. Passt für ein Baby oder Kleinkind aber doch nicht für eine erwachsene Frau.


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Mercalli Sieberg, vor 2 Tagen
Während die Moslems die Frauen unterdrücken sind Frauen des Westens freilich von jedem Zwang befreit.


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Mercalli Sieberg, vor 2 Tagen
Willkommen im Jahr 2017


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Dampf Hans, vor 2 Tagen
Wieder mal im Glauben, für die total gute Sache und Feminsmus und so einzutreten, betreibt der Standard Werbung für Adidias. Dass der Journalismus in seinem Eifer dümmer ist, als die Werbeindustrie, ist beschämend.


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No1ino, vor 2 Tagen
Achsel- und Schambehaarung ist schon längst back. Es reicht, wenn ein paar Hollywood-Stars sich nicht mehr rasieren und die Schönheitsideale drehen sich um 180 Grad.


Quotenutzer modernster theologie, vor 3 Tagen
Als meine Mama 1990 in NYC war hat sie immer die Frauen mit den Beinhaaren nach dem Weg gefragt. Das waren nämlich die Deutschen und die hätten immer einen Stadtplan dabei...


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 19, 2017, 04:12:56 PM
ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 631 / 17.10.2017
Klassenkampf ist Identitätspolitik - Diskussion Die Journalistin Laurie Penny über Feminismus, Antikapitalismus, den Aufstieg der Rechten und Liebesbeziehungen
Jetzt schreibst du im Vorwort, dass toxische Männlichkeit die Welt zerstöre. Ist die feministische Bewegung durch Menschen wie Donald Trump oder auch Organisationen wie die AfD in Deutschland um Jahrzehnte zurückgeworfen worden? Immerhin müssen wir nun wieder ganz von vorne anfangen und Männern erklären, dass es eben nicht okay ist, Frauen an ihre »pussy« zu fassen.
Laurie Penny: Das glaube ich nicht. Wir müssen zwar wieder von vorne anfangen und erklären, dass es nicht okay ist, Frauen sexuell zu belästigen. Aber ich glaube nicht, dass die ganze feministische Bewegung zurückgeworfen wurde, sondern nun Frauen im Allgemeinen wieder stärker verachtet werden. Es gibt eine heftige Gegenbewegung gegen den Feminismus, gegen die Freiheitsbewegung von People of Colour und queeren Menschen. Überall auf der Welt werden Feministinnen immer aktiver, und immer mehr Leute schließen sich der Bewegung an, weil sie sehen, dass wir auf dem Weg in eine Krise sind. Und das ist keine Krise des Feminismus, sondern eine Krise für alle Frauen. ...
Beke Schulmann: Ist die Linke mit schuld an diesem neuen Erstarken der Rechten? Gelingt es der Linken nicht, Arbeiterinnen und Arbeiter anzusprechen? Fehlen da die Ideen?
Laurie Penny: Nein! Wir haben darauf geachtet, auch Politik für die Arbeiterklasse zu machen. Das war immer Teil der linken Bewegung. Wenn Leute sagen, dass wir nicht genug auf die Arbeiterklasse geachtet haben, dann meinen sie damit, dass wir nicht genug auf die weiße Arbeiterklasse geachtet haben. Die Idee, dass die weiße Arbeiterklasse und vor allem die männlichen weißen Arbeiter von People of Colour und Frauen, die die Mehrheit der globalen Arbeiterklasse ausmachen, getrennt behandelt werden könnten oder sollten, ist gefährlich. Wo waren denn die Leute, die nach den Bedürfnissen der schwarzen Arbeiterklasse in den USA gefragt haben? Nirgends! Eine solche Identitätspolitik, die sagt, dass die Belange der weißen Arbeiterklasse vorne angestellt werden sollten, ist gefährlich, und dafür sollte man nicht der Linken die Schuld geben.
https://www.akweb.de/ak_s/ak631/22.htm

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"Laura Meritt im Interview "Rein, Raus, Spritz ist Blödsinn"" (21.10.2017)
In den achtziger Jahren startete Alice Schwarzer die PorNo-Kampagne, die in Deutschland ein Gesetz gegen Pornografie erwirken wollte. Steht PorYes im Widerspruch dazu?
Laura Méritt: Wir sehen uns eigentlich in einer Schwesternschaft. Mit der Analyse der PorNo-Kampagne stimmen wir überein. Zum Beispiel, dass 95 Prozent des Mainstream-Pornos diskriminierend sind. Sexismus und Rassismus ist alltäglich. Wir widersprechen aber bei der Lösung dieses Problems und setzen uns für andere Bilder ein, wir wollen über den Porno Sexualität verändern. Wir fragen nach: Wer bestimmt denn, wie das auszusehen hat? Für die Antwort darauf wollen wir Anregungen geben, wie das positiv gestaltet werden könnte. ... Ich wünsche mir, dass der Mainstream eine größere Vielfalt bringt und nicht mehr diese Kategorien hat wie "Mann", "Frau", "behaart", "rasiert" und so weiter. Faire Arbeitsbedingungen in der Pornoindustrie sollten zum Standard werden. Und das mehr über Sexualität geredet wird: Was wir wollen und was wir nicht wollen. In der Sexspielzeugindustrie hat sich sehr viel in so schneller Zeit geändert im Bezug auf weibliche Bedürfnisse. Ich bin da sehr positiv gestimmt. Der Bildersturm hat gerade erst begonnen! ...
http://www.tagesspiegel.de/kultur/laura-meritt-im-interview-rein-raus-spritz-ist-bloedsinn/20484652.html

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"Gießener Ärztin vor Gericht: "Der Skandal ist, dass so was strafbar ist"" Interview: Dagny Lüdemann (24. November 2017)
Eine Ärztin informiert auf ihrer Website über Abtreibungen und wird angeklagt, weil das nach § 219a Werbung ist. "Sie wird wohl verurteilt", sagt Juristin Ulrike Lembke.
Aktuell:  Die Frauenärztin Kristina Hänel wurde vom Landgericht Gießen am Freitagmorgen zu einer Geldstrafe von insgesamt 6.000 Euro verurteilt. Mittlerweile werden in der Politik Stimmen laut, die eine Abschaffung oder Änderung des Paragrafen 219a fordern.
ZEIT ONLINE: Die Aufregung ist riesig. Dieser Prozess erregt die Gemüter, bevor er angefangen hat. Vor dem Amtsgericht Gießen ist die Ärztin Kristina Hänel angeklagt, weil sie auf ihrer Website Informationen zum Schwangerschaftsabbruch anbietet. Da sie öffentlich auftritt und sich gegen die Anklage wehrt, nennen auch wir ihren Namen. Wieso könnte das, was sie tut, verboten sein?
Ulrike Lembke: Nach Paragraf 219a unseres Strafgesetzbuches macht sich strafbar, wer "Werbung" für einen Schwangerschaftsabbruch macht. Allerdings hat der Paragraf einen absurd weiten Anwendungsbereich.
ZEIT ONLINE: Was heißt das genau?
Lembke: Mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft wird, wer "öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (...) eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs (...) anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt". Das Ganze muss "seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise" geschehen, um strafbar zu sein.
...
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-11/giessener-aerztin-kristina-haenel-abtreibung-prozess-schwangerschaftsabbruch-anklage

Quote
youth_attack
#10

Tja. Das ist die Zwickmühle der westlich-aufgeklärten Welt. Wie weit soll man gehen?

Das "Werbeverbot" klingt für mich komplett absurd. Erst Recht, wenn es wie hier um eine ärztliche Information geht. Nur logisch also, dass man den Paragraphen streicht, oder anpasst. Das ist man den Frauen schuldig.

Andererseits gibt es Bevölkerungsteile, die niemals abtreiben würden, bei denen Kinderkriegen oberste Menschenpflicht ist.

Diese Diskrepanz ist es, welches unsere Gesellschaft in den kommenden Jahren extrem zersetzen wird. Auf der einen Seite die immer offenere, immer queerere, immer buntere westliche Welt. Auf der anderen erzkonservative Gläubige. (Nicht nur zugewandert!)


Quote
Paul Ericsson
#13

Das wird jetzt geklärt und fallen. Das Gesetz ist antiquiert und unzeitgemäß. Die Information so offen und transparent abzubilden,sollte eher belohnt,statt bestraft werden. Gesetze haben selten Ewigkeitswert und dieses ist sonderlich absurd.


Quotethefaceman
#14

Abtreibung ist ein Verbrechen an dem Menschen, der abgetrieben wird.


QuotePetraK.
#31

Schön, dass dieser unsinnige Paragraph thematisiert wird, denn er gehört auf den Müllhaufen der Geschichte entsorgt.


QuoteDagny Lüdemann
#33

Was ist Werbung im Sinne dieses Paragrafen?

Viele von Ihnen scheinen, wie die Kommentare zeigen, bei Werbung an sowas zu denken wie im Fernsehen oder auf Plakaten mit Slogans: ,,Du kannst dir ein Leben mit Kind nicht vorstellen? Kein Problem. Hier bekommst du Hilfe. Wir machen Schwangerschaftsabbrüche, günstig anonym und unkompliziert."
Aber: Um sowas geht es in diesem Fall überhaupt nicht. Und sowas gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Die Ärztin hat lediglich auf Ihrer Website darauf hingewiesen, dass die Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Und in einer Broschüre die Rechtslage, die Art der Durchführung, Nebenwirkungen und die Kosten erklärt.
Wann und wie Ärzte in Deutschland für medizinische Dienstleistungen werden und auf diese hinweisen dürfen / teils auch müssen / ist sehr streng geregelt, wie die Interviewpartnerin erklärt. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn der §219a entfallen würde.
Kein Arzt in Deutschland fordert oder ruft Frauen dazu auf, ihr ungeborenes Kind nicht zu bekommen.
Juristisch reicht ein purer Hinweis auf das Angebot Schwangerschaftsabbrüchen aber, um nach §219a verurteilt zu werden. Sagen Juristen.
Warten wir ab, wie das Gericht entscheidet.


QuotePetraK.
#33.1

Die deutsche Gerichtsbarkeit kann hoffentlich zwischen Werbung und neutraler Information unterscheiden. Ich frage mich, wie solche unsinnigen Paragraphen die Neuzeit unentdeckt überstehen konnten.


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"Schwangerschaftsabbruch: Ärztin verurteilt wegen Website mit Abtreibungsinformationen" (24. November 2017)
Die Gießener Ärztin Kristina Hänel muss 6.000 Euro Strafe zahlen. Sie hatte Informationen über Abtreibungen bereitgestellt, das ist gesetzlich verboten.
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-11/schwangerschaftsabbruch-aerztin-giessen-werbung-amtsgericht-urteil

QuoteGnixel
#5

Sicherlich im Sinne des Gesetzes entschieden.
Allerdings eines Gesetzes, das m.E. für die Tonne ist, da es in seinem Geiste immernoch tief in den 30ern und 40ern verwurzelt ist.
Daher wünsche ich der Dame in der nächsten Instanz und ggf. vor dem Verfassungsgericht viel Glück.


Quotekonne
#5.2

Schade dass männer nicht auch Kinder kriegen können und sich mit der Frage der Abtreibung richtig auseinandersetzen könnten. Der Standpunkt in der Gesellschaft in diesem Thema würde sich sicherlich sehr ändern.


Quote
AnsgarRagentor
#8

Aufbin die nächste Instanz. Ich wünsche Frau Dr. Hänel viel Erfolg im Kampf gegen dieses unsinnige und frauenfeindliche Gesetz.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 05, 2017, 11:30:41 AM
Quote[...] Der höchste Führer der Mullahs im Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hat in einer Fatwa den Frauen des Landes verboten, "in der Öffentlichkeit und vor Fremden" mit dem Fahrrad zu fahren. Denn das liefe der Keuschheit der Frauen zuwider und zöge Männer an.

Man möchte sich fragen, welch kranke sexuelle Fantasien der alte Mann mit Bart hat. Was geht es ihn an, ob und wo Frauen mit dem Fahrrad herumfahren. Wenn ihn das erregt, hat er ein Problem – und nicht die Iranerinnen.

Das sehen diese genauso. Ein Video, das zwei Iranerinnen zeigt, die aus Protest gegen diese unsinnige Fatwa beim Fahrradfahrer zeigt, wurde bei Facebook fast 200.000 mal gelikt. In dem Video erklärt eine der Frauen: "Meine Mutter und ich sind aus Teheran. Radfahren ist Teil unseres Lebens. Wir haben gehört, dass Khameinis Fatwa Frauen das Fahrradfahren verbietet. Wir haben sofort zwei Räder gemietet um zu zeigen, dass wir nicht aufgeben. Es ist unser Grundrecht und wir werden es nicht aufgeben."

Die Kampagne der Frauen wurde den sozialen Netzwerken fortgeführt. Unter dem Hashtag #IranWomenLoveCycling werden zum Beispiel bei Instagram Fotos gepostet, die Frauen beim Radfahren zeigen.

Auslöser für das Radfahrverbot war, dass sich auch Frauen einer Radfahrerkampagne anschließen wollten, die von iranischen UmweltschutzaktivistInnen organisiert wurde. Die Kampagne unter dem Motto "Dienstags ohne Fahrzeug" ruft IranerInnen in mehreren Städten auf, ihre Autos für einen Tag stehen zu lassen.

Übrigens: Die aktuelle Fatwa widerspricht anderen: Viele islamische Gelehrte erlauben Radfahren mit der Begründung, dass Frauen in den Anfängen des Islam vor rund 1400 Jahren schließlich auch auf Kamelen reiten durften.

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Tobias Stel. am 1. Dezember 2017 - 4:33

Irre! Einfach irre! Immer wieder einfach irre!


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Roland Weber am 30. November 2017 - 15:02

Wird's beim Moped oder Motorrad anders? Wie steht es mit Reiten - im Damensattel?
Da sind subtile Kenntnisse gefordert!
Ich fand es schon immer überzeugend, wenn Männer spreizbeinig auf ihren Gäulen dahergaloppierten und mitleidig auf beine-einseitig reitende Damen herabblickten. Damit wurde schließlich überzeugend bewiesen, dass Männer Frauen eben immer überlegen sind!


Quote

David Z am 1. Dezember 2017 - 8:08

"Übrigens: Die aktuelle Fatwa widerspricht anderen: Viele islamische Gelehrte erlauben Radfahren mit der Begründung, dass Frauen in den Anfängen des Islam vor rund 1400 Jahren schließlich auch auf Kamelen reiten
durften."

Diese Begrūndung ist genau so bescheuert, bleibt sie doch gefangen in der Unvernunft, frūhmittelalterliche Sachverhalten aus Koran/Sunna zum Masstab machen zu wollen.



Aus: "Iran: Ayatollah verbietet Frauen das Radfahren" Jan Weber (30. Nov 2017)
Quelle: https://hpd.de/artikel/ayatollah-verbietet-frau-radfahren-15039 (https://hpd.de/artikel/ayatollah-verbietet-frau-radfahren-15039)

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"Häusliche Gewalt: Alarmierende Fakten" Birgit Gärtner (09. Dezember 2017)
Gewalt im häuslichen Rahmen nahm in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu. In der Mehrheit sind die Opfer weiblich und die Tatverdächtigen männlich, jeweils etwa 30% davon ohne deutschen Pass
Jährlich zum 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, veröffentlicht das Bundeskriminalamt (BKA) in Absprache mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unter dem Titel "Partnerschaftsgewalt" einen Auszug aus der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). So auch in diesem Jahr. ...
https://www.heise.de/tp/features/Haeusliche-Gewalt-Alarmierende-Fakten-3914701.html


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"Femizide sind auch bei uns Fakt" Vera Deleja-Hotko (Ausgabe 49/2017)
In Deutschland wurden im Jahr 2016 laut der Statistik des Bundeskriminalamtes 357 Frauen von aktuellen oder ehemaligen Partnern getötet. Die Taten werden unter dem Begriff ,,Partnergewalt" zusammengefasst. Jedes Opfer vertraute dem Täter. Ehemänner, Lebensgefährten und Verflossene nutzten dies aus. 11.882 Frauen wurden in Deutschland 2016 gefährliche Körperverletzungen zugefügt. Und darunter fallen nur diejenigen, die die Tat zur Anzeige brachten. Wie viele dieser Frauen nur knapp dem Tode entkommen sind, zeigt die Statistik nicht.
Es sind ähnlich viele Vorfälle wie in Italien. Doch in Deutschland verharmlosen Medien, Politik und Gesellschaft das Phänomen, als ob Mackertum und toxische Männlichkeit nur bei Nicht-Deutschen existieren würden. Aber Frauenfeindlichkeit hat nichts mit der Staatsbürgerschaft zu tun.
Das versucht die Bewegung #KeineMehr zu thematisieren. Ihr Titel orientiert sich an der 2015 in Argentinien gegründeten ,,Ni una menos"-Bewegung. Sie organisierte eine Demo am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen.
Die Floskeln, mit denen Täter die Gewalt an Frauen kleinreden, gleichen sich: ,,Ich habe überreagiert." ,,Normalerweise mache ich so was nicht." ,,So aggressiv war ich vorher noch nie."
Auch der Mann, dem statt der Hand der Hammer ausgerutscht ist, wird meist als Einzelfall verbucht. Doch genau das ist er nicht. #KeineMehr fordert eine detaillierte Dokumentation der Gewalt, um diese endlich als strukturelles Problem sichtbar zu machen, präventive Aufklärungsarbeit leisten zu können und Gesetze dahingehend zu schärfen – etwa durch die Adaption von Frauenfeindlichkeit in § 46 des Strafgesetzbuchs, um das Strafmaß zu erhöhen. ...
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/femizide-sind-auch-bei-uns-fakt

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 12, 2017, 08:23:07 AM
 ,,Es ist ein Spiel mit Identitäten" Inna Barinberg | Ausgabe 12/2017
Interview Salomé Balthus leitet die Escort-Agentur Hetaera und ist dort selbst als Sexarbeiterin tätig
Für das Interview schlägt Salomé Balthus ein Café am Paul-Lincke-Ufer in Berlin-Kreuzberg vor. Mittags sei dort wenig los, dann habe man seine Ruhe. Sie will über die Themen Escort und Sexarbeit sprechen. Und über ihre Agentur Hetæra, die sich durch ein solidarisches und kollektiv verwaltetes Konzept auszeichnet. ...
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/es-ist-ein-spiel-mit-identitaeten

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Sophia Rosenberg | Community

Nur um euch einen kleinen Einblick zu geben: Durch die höher angesiedelten Preise hat man es mit solventeren, aber auch ebenso anspruchsvolleren Kunden zu tun (unabhängig vom Job). Dementsprechend muss man sich den optischen und intellektuellen Ansprüchen der Kundschaft anpassen und ist dadurch nicht mehr in einer untergeordneten Position gegenüber dem jeweiligen Kunden.

Besonders in der Prostitution sind die Unterschiede zwischen Straßen- & Bordellarbeit und der von Magda so schön betitelten S-Klasse enorm groß. Während die günstigen Damen sich mit ungepflegten, teils gewalttätigen und allgemein unangenehmen Menschen herumärgern müssen, filtern die hochpreisigen Damen die Spreu vom Weizen. Es mag zwar umstritten sein, doch meiner Meinung nach geht es hierbei nicht mehr nur um Sex. Man besucht gemeinsam Kulturveranstaltungen oder geht ins Restaurant - manchmal reist man auch mit einem Kunden zu den schönsten Orten der Welt.

Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen unterscheiden sich derart drastisch, dass eure Stigmatisierung vom Beruf der Prostituierten nicht einmal im Ansatz als zutreffend bezeichnet werden kann.

Für jemanden der nie damit in Berührung kam, scheint es eine gar unmögliche Vorstellung zu sein, einen solchen Beruf mit Freude auszuüben. Doch wir werden von unseren Gästen ausgeführt. Wir werden gut behandelt, gar auf Händen getragen und beschenkt. Wir fühlen uns von unseren Kunden wertgeschätzt, respektiert und angemessen vergütet. Erlebt ihr in eurem Job etwas, dass dieser Schilderung auch nur Nahe kommt?

Der Artikel kam zum richtigen Thema zur richtigen Zeit. Der Beruf der Prostituierten wird von Meinungsmacher-Medien als nie enden wollender Alptraum beschrieben, dabei arbeiten an die 50% der Prostituierten auf selbstbestimmter Basis. Es gibt nicht nur uns "hochnäsigen S-Klasse Prostituierten". Es gibt auch x-Tausend "normale Escorts" für 200€ die Stunde. Es gibt Dominas, Callboys, Independent Escorts, Damen in Edel-Bordellen, Hausfrauen mit Extraverdienst, frivole Paare mit Drang zum bezahlen Swinger-Erlebnis, und, und, und... Und ALLE wählen ihre Preise und ihr Umfeld selbst aus.

Durch das damalige Gesetz der Legalisierung der Prostitution sollten Missstände wie Zuhälterei und Zwangsprostution ausgemärzt werden, was natürlich nicht geklappt hat. Daher hat uns Vater Staat nun ein "kleines" Add-On-Gesetz verpasst und dieser Artikel soll nicht nur die freundliche Arbeitsatmosphäre der Damen bei High Class Agenturen wie Hetaera widerspiegeln, sondern die breite Masse mit der Wahrheit konfrontieren: Prostitution ist nicht gleich Prostitution. Pauschalisierungen sind total daneben (bis auf in diesem Satz)! ;-)

Liebe Salomé, weiter so! Und ein dickes Kompliment an eurer Geschäftmodell.

Grüße aus Frankfurt.


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Magda | Community

... Mir fiel bei der Lektüre folgender Spruch ein: Verziert die Peitschen nicht mit Veilchen.

Als erstes werden mal ordentlich Hierarchien aufgemacht. Man kann es auch gleich Preisklassen nennen. ...


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G.A. | Community


Keine Ahnung warum der Freitag ein wenig Licht in diese exklusive Branche brachte. Vielleicht um zu zeigen, dass auch im horizontalen Gewerbe Hierarchien existieren, wie wir sie anderswo auch schon kennen und sie wie normale Bedienstete ihre Rechte haben wollen.

Aber in den Kommentaren spüre ich eine Menge kleinbürgerlichen Mief.

Ich sehe keinen Unterschied in einem kleinen Angestellten, der sich gesundheitlich kaputtmacht und seine Familie zerstört, weil er für eine bessere Stellung im Unternehmen mehr arbeitet als für ihn und seine Nächsten gut ist und einer Escort-Dienstleistung. – Es ist sind doch bloß andere Körperteile die beansprucht werden.

Daraus gleich Klassenkampf abzuleiten ist ungefähr das Gleiche, wie den Wunsch des erwähnten Angestellten nach einem besseren Leben mit Verrat an der Arbeiterklasse gleichzusetzen.


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Richard Zietz | Community

Mal wieder ein schlagendes Beispiel dafür, dass die Emanzipation nach Freitag-Art ein Upperclass-Problem ist. Die Mondpreise, welche die Agentur für die angebotenen Dienstleistungen veranschlagt, kommen von vornherein nur für diejenigen in Betracht, die in der neoliberalen Fresskette ganz oben stehen. Sicher gibt es das und muß es das geben – ähnlich wie sündhaft teure Designermode oder andere Luxusgegenstände. So lange die Umverteilungsmaschinerie von unten nach oben läuft, ist das alles nicht mehr als folgerichtig – inklusive dem künstlich aufgebauten exklusiven Ambiente sowie den sonstigen Attributen der Markenpflege, welche um diese Form Dienstleistung herumgebaut sind.

Frage nur: Warum muß der Freitag dieses Geschäftsmodell propagieren? Eigentlich kann sich doch jedes Kind an den fünf Fingern abzählen, dass dieses Modell Emanzipation nicht einmal in zartesten Ansätzen für eine breitere Anzahl von Frauen in Betracht kommt. Schon allein wegen Angebot und Nachfrage. Wenn es nur 50.000 Frauen gibt, die an die aristokratische Pracht Hand anlegen wollen, sinken die Preise und der Graf respektive der Vorstandsvorsitzende sehen sich nach was neuem Exklusivem um. ...


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Reinhold | Community
@ Richard Zietz

Das trifft doch für relativ viele Bereiche der heutigen Linken zu. Hier ist es halt die Beschäftigung mit einem kleinen Teil Des "Marktes", der schön, freiwillig und teuer ist. ...


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"Escort: Weil sie es kann, weil sie es will" Caroline Rosales (11. Dezember 2017)
Feministin und Callgirl – wie geht das zusammen? Hanna Lakomy nennt sich Salomé Balthus und führt eine Escortvermittlung. Ich als ihre Freundin habe damit ein Problem.
http://www.zeit.de/kultur/2017-12/escort-agentur-feminismus-sexarbeit-10nach8/komplettansicht

Quotekemal_acaröz
#1

+++ Hanna bewegt sich für meine Moral in einem Bereich, wo für viele der Spaß aufhört. Wo ich Frauen, insbesondere meine Freundinnen, vor Männern schützen möchte. +++

Selbstbestimmung der Frau (in dem Fall Hanna) hört also für Feministinnen dann auf, wenns nicht mehr zur eigenen Ideologie passt.
Offensichtlich wurde sie ja von niemandem dazu gezwungen, Sexarbeit zu machen, die Entscheidung ist ganz freiwillig. Aber bestimmt ist sie ein Opfer des bösen Patriarchats und merkt es einfach nur nicht. Das Opfer-Täter-Schema ist essentiell für den Feminismus, sonst bricht alles zusammen wie ein Kartenhaus
Wenn sich Verklemmtheit und Ideologie zusammenfinden, dann kommt sowas heraus.


Quotekeats
#1.4

Andersrum wird ein Schuh draus. Das Narrativ von selbstbewussten Escorts erlaubt Kunden sich was vorzumachen. Aber ein Mädchen am Strassenstrich macht es nicht für 20,-- weil es Spass macht. Sondern aus Not, die von Kunden ausgenutzt wird.


QuoteUncritical_Threshold
#1.6

"Selbstbestimmung der Frau (in dem Fall Hanna) hört also für Feministinnen dann auf, wenns nicht mehr zur eigenen Ideologie passt."

Lesen sie den Artikel doch mal. Die Autorin ist da nämlich durchaus selbstkritisch und ihre Aussagen passen gar nicht zu ihrem Kommentar, hier zum Beispiel:

"Und genau das ist für mich der springende Punkt: Denn ihre Kritiker haben mit Hannas Beruf dasselbe Problem, das ich mit ihr als Freundin habe – nämlich ein emotionales. Sie verstehen nicht, dass man diesen Beruf trotz höchsten Bildungsgrads und ohne soziale Not vollkommen freiwillig ausüben kann. Sie begreifen nicht, dass man noch dazu erhobenen Hauptes darüber öffentlich debattieren kann. Und ja, ich gebe zu, es ist ein Gewöhnungsprozess. Zu verstehen, dass es die freie Wahl einer Feministin sein kann, als Callgirl zu arbeiten."



Quotekemal_acaröz
#1.7

+++ Aber ein Mädchen am Strassenstrich macht es nicht für 20,-- weil es Spass macht. Sondern aus Not, die von Kunden ausgenutzt wird. +++

So gesehen ist jeder als Billig-Subunternehmer am Bau (gerade viele Osteuropäer) arbeitende das gleiche Opfer. Extrem harte Arbeit, beschissene Bezahlung, oft vorzeitige Berufsunfähigkeit wg. körperlichen Verschleiss.
Geht auch nur, weil er ein Mann ist. (in dem Bereich sind so gut wie keine Frauen zu finden)


QuoteStummlfumml
#7

Der Artikel zeigt warum viele Formen des Feminismus und viele Feministen nichts mit gesellschaftlichem Liberalismus zu tun haben. Es geht ihnen nicht darum, dass erwachsene Menschen ihr Leben frei gestalten können sollen, sondern es ist der Versuch der Bevormundung nach den eigenen Vorstellungen einer "richtigen" Lebensführung.


QuoteMeerschwimmer
#25

Sex sells.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 14, 2017, 08:06:08 AM
" ... Dem Authentischen gebührt ein Platz am Tisch der Wahrheitssuche – auch wenn sich selbiger unter der Last von Wutwort, Vorurteilshammer und Intelligenzaskese biegt. Nun denn: "Das ganze Leben ist eine sexuelle Belästigung", sagt Nina Proll bei Pro & Contra, um auch als Sexualforscherin anwesende Damen aufzuklären: "Für einen Mann ist es keine Belästigung, wenn ich ihn im Bademantel zum Oralsex zwinge." Stille.
... Wirklich niemand widersprach zwar Heinisch-Hosek, die eine Gesellschaft ersehnte, in der einander mit "Respekt, Würde und Anstand begegnet" würde. Eine subjektive Definition der drei Werte wurde – vielleicht auch zum Glück – dann von niemandem erbeten. (Ljubiša Tošić, 7.11.2017)

Mr.Marmeladinger, 8. November 2017, 09:44:42
... Mein Vater hat mir in der Pubertät mal einen Tipp gegeben: stell dir vor das Mädchen wäre deine Tochter - wie würdest du wollen, dass sie behandelt wird?
https://derstandard.at/2000067359806/Pro-und-Contra-ueber-Belaestigung-Im-Bademantel-zum-Oralsex#posting-1025623545

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"Industriemechanikerin: Als einzige Frau in der Werkstatt" (13. Dezember 2017)
Wenn meine Kollegen mir Handypornos zeigten, Frauen als "Schlitzpisser" bezeichneten und Witze über sie machten, lachte ich mit – um dazuzugehören. Dann reichte es mir.
http://www.zeit.de/arbeit/2017-12/industriemechanikerin-werkstatt-beruf-gleichberechtigung/komplettansicht
"Mein kläglicher Versuch, in einer Männerdomäne Fuß zu fassen"
https://editionf.com/Was-Frauen-in-Maennerdomaenen-erleben


",,Linke müssen erkennen, dass sie sich selbst ins Abseits gestellt haben"" (12.12.2017)
[Arlie Hochschild zog vom ,,progressiven" Berkeley ins erzkonservative Louisiana. Ihr Buch ,,Fremd in ihrem Land" dokumentiert eine gespaltene Gesellschaft und plädiert für eine Erneuerung der Linken.] ... Ich entwickelte in meiner Arbeit als Soziologin den Begriff der ,,Deep Story" (zu Deutsch etwa ,,tiefe Erzählung"). Wir alle haben eine solche Erzählung, egal ob wir uns links, rechts oder in der Mitte des politischen Spektrums verorten. Was ist eine Deep Story? Es ist schlicht und einfach eine Darstellung, wie sich das Leben für jemanden anfühlt. Fakten und moralische Urteile haben hier nichts zu suchen, es geht um das subjektive Empfinden. Ich sprach mit insgesamt 60 Menschen, 40 davon waren überzeugte Tea-Party-Anhänger. Ich entwarf für sie eine Deep Story und fragte jeden einzelnen: ,,Stimmt das so?" Manche baten mich, etwas zu ändern, damit es stimmte, aber die meisten meinten bloß: ,,Ja." ... Die Ehre dieser Menschen ist angeschlagen. Ihre Arbeit erfüllt sie nicht mehr mit Stolz, weil sie nicht mehr das ist, was sie einmal war. Daher suchten sie Stolz in ihrer Heimat: ,,Ich bin stolz darauf, ein Südstaatler zu sein." Durch das Internet wurde ihnen jedoch zunehmend bewusst, wie sie von anderen gesehen werden. Ihr Herkunftsort ist also auch kein Grund mehr, stolz zu sein. ,,Dann sind wir eben stolz darauf, Christen zu sein." In einer immer säkularen Welt wird Religiosität jedoch mit falschen Ansichten über die Evolution und anderen schlechten Sachen verbunden. Manche denken sich wohl: ,,Naja, wenigstens bin ich weiß", aber das ist rassistisch und daher inakzeptabel. Also der Gedanke: ,,Wenigstens bin ich ein Mann." Aber auch das wird stigmatisiert. Das sind die Regeln, die heute bestimmen, was man fühlen darf. Vielleicht könnten Werte die Grundlage der persönlichen Ehre bilden? Doch auch das geht nicht. Viele traditionelle Werte stehen im Konflikt mit nationalen Gesetzen, die Abtreibung ist heute legal, und auch die gleichgeschlechtliche Ehe. Die Menschen fühlen sich also aus verschiedenen Gründen marginalisiert, es gibt keinen einzelnen, bestimmenden Faktor. Als Ergebnis zeichnet sich jedoch eine Krise der Ehre ab. Daher ist ,,US-Amerikaner sein" plötzlich ungemein wichtig geworden. Der neue Nationalismus füllt ein Vakuum des Stolzes. ...
https://www.ruhrbarone.de/linke-muessen-erkennen-dass-sie-sich-selbst-ins-abseits-gestellt-haben/149955

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#MeToo ist ein Hashtag, das ab Oktober 2017 im Zuge des Weinstein-Skandals Verbreitung in den sozialen Netzwerken erfuhr, um Erfahrungen mit unangemessenem Verhalten – sexuelle Belästigung und Gewalt, aber nicht darauf beschränkt – zu teilen.
Das Hashtag geht auf die soziale Aktivistin Tarana Burke zurück und wurde durch die Schauspielerin Alyssa Milano populär, die Frauen ermutigte, es in ihren Tweets über eigens erlebte Erfahrungen zu verwenden, um auf die Weitläufigkeit sexueller Belästigung und sexueller Übergriffe aufmerksam zu machen. Seitdem haben mehrere Millionen Frauen dieses Hashtag verwendet, darunter viele Berühmtheiten. ...
Kategorien: Gewalt gegen Frauen Internet-Phänomen Diskriminierung Feminismus Sexismus Sexualkriminalität Ereignis 2017 Wort des Jahres
https://de.wikipedia.org/wiki/MeToo


"Statt #MeToo: Für mehr Unverschämtheit zwischen Frauen und Männern" Thomas Pany (09. Januar 2018)
[Ein] Debattenbeitrag ist heute in Le Monde erschienen. Unter den hundert Frauen, die ihn unterzeichnet haben, wird die Schauspielerin Catherine Deneuve wohl den größten Bekanntheitsgrad in Deutschland haben. Von den anderen Unterzeichnerinnen ist möglicherweise die ein oder andere Schriftstellerin Interessierten hierzulande bekannt, wie z.B. Catherine Millet.
Auch eine deutsche Unterzeichnerin findet sich unter den Hundert: die Schauspielerin und Schriftstellerin Ingrid Caven. Eine frühere Pornodarstellerin, Brigitte Lahaie, ist dabei, die Chefin des recht eigensinnigen Magazins Le Causeur, Elisabeth Lévy ("Immer für Ärger gut"), und Peggy Sastre, eine Feministin, die über einiges Irritationspotential verfügt.
Die hundert Unterzeichnerinnen sind ein ungewöhnliches Kollektiv, die auch schon mit der Überschrift ihres Diskussionsbeitrags die Erwartung schüren, dass sie anderes als das Gewohnte sagen wollen. Um es auf ein kurzes, scharfes Kondensat zu bringen: Die Frauen treten für mehr Unverschämtheit in den Verhältnissen zwischen Männern und Frauen ein und weisen den "Männerhass" in bestimmten Teilen des Feminismus zurück. Sie attackieren einen Puritanismus, der sich dort eingenistet habe und Frauen wieder einmal eine Opferrolle zuweise.
"Wir verteidigen die Freiheit, aufdringlich zu sein, weil dies unabdingbar mit der sexuellen Freiheit verbunden ist", steht als Maxime in der Überschrift. Es ist eine zentrale Grundaussage, die im Text dann näher erläutert wird: Als Frauen erkennen wir uns in dem Feminismus nicht wieder, der über die Anprangerung des Machtmissbrauchs hinaus, das Gesicht eines Hasses der Männer und der Sexualität annimmt. Wir denken, dass die Freiheit, "nein" zu einem sexuellen Angebot zu sagen, nicht funktioniert ohne die Freiheit, jemandem lästig zu fallen. Wir betrachten die Sache so: Man muss wissen, wie man auf diese Freiheit, jemandem lästig zu fallen, antwortet oder reagiert, ohne dass man sich in die Rolle einer Beute oder eines Opfers verpuppt.   collectif de 100 femmes
Ganz offensichtlich geht es um Feinheiten, nicht um rohe Gewalt, aber doch um Unverschämtes und schließlich um ein Rollenverständnis. Die Schrift der Frauen geht mit dem ersten Satz unmissverständlich auf Abstand zur sexuellen Gewalt: "Die Vergewaltigung ist ein Verbrechen". Aber dem folgt unmittelbar anschließend im nächsten Satz eine Unterscheidung, die ihrer Meinung nach offensichtlich in der Debatte gesetzt werden muss: "Aber die Anmache oder das Anbaggern (i.O. la drague), das insistiert oder ungeschickt ist, ist kein Delikt wie auch die Galanterie keine machistische Aggression ist."
Viel hängt an den Begriffen, aber all zu viel Gewicht muss man ihnen auch nicht bemessen. Über die "Galanterie" ließe sich von Kulturkundigen vieles anführen und ich bin mir natürlich nicht sicher, ob weiter oben der Schlüsselbegriff "importuner" mit "aufdringlich sein" tatsächlich am besten widergegeben ist. Das Internetwörterbuch Leo hilft mit "jemandem lästig fallen", "zur Last fallen", aber auch "traktieren", "behelligen" oder nur "auf den Wecker gehen".
Worauf es ankommt, ist der Unterschied zur aggressiven sexuellen Belästigung, welche die Person, die bedrängt wird, in eine ganz andere Bedrängnis bringt als der "Aufdringliche". Der Debattenbeitrag der 100 Frauen impliziert, dass man sich dieser Unterschiede bewusst ist. Mit Worten auf dem Papier oder in einem Gesetzestext mag das nicht immer eindeutig zu klären sein, in der Situation selbst ist der Unterschied für jemanden, der ein Gespür für sein Gegenüber hat, sehr wohl deutlich.
Die feministische Debatte, so kritisiert das Kollektiv der 100 Frauen, führe zumindest in Teilen in die falsche Richtung, weil sie zu viel bestimmen will und mit Schuldzuweisungen arbeitet, die Frauen treffen, die mit bestimmten Rollenzuweisungen nicht einverstanden sind.
Die Affäre Weinstein habe sehr Wichtiges an den Tag gebracht, weil damit der Öffentlichkeit bewusst wurde, welcher sexuellen Gewalt Frauen in einem beruflichen Umfeld ausgesetzt sind, wo Männer ihre Macht missbrauchen. Diese Debatte sei notwendig gewesen, aber die damit verbundene "Befreiung der Worte" verkehre sich jetzt in sein Gegenteil.
Es gebe nämlich jetzt Anweisungen, was man sagen darf und worüber man schweigen solle. Wer sich nicht daran halte, werde gleich als Verräterin oder Komplizin betrachtet, Denunzierung und Schuldeinflüsterungen seien Gebot der Debatte, die sich als zutiefst puritanisch erweise und Frauen erneut an den "Status ewiger Opfer kette": "Kleine Sachen, die dem Zugriff dämonischer Phallokraten unterworfen sind".
Es sei ein wahres Jagdfieber ausgebrochen, das den Frauen nicht helfe. Es schicke die "Schweine zum Schlachthaus", aber es helfe den Frauen nicht dabei, autonom zu sein. Stattdessen werde den Interessen der Feinde der sexuellen Freiheit geholfen, den religiösen Extremisten, den schlimmsten Reaktionären und solchen, die meinen, in einer hochfahrenden Anschauung einer viktorianischen Moral und des substantiell Guten, dass Frauen Wesen seien wie keine anderen: "à part", "Kinder mit Erwachsenengesichtern, die fordern, dass sie beschützt werden".
Nicht zu übersehen ist, dass hier talentierte Polemikerinnen am Werk sind, die ihre Sache, die für mehr Frechheit und Unverschämtheit und die Geistesgegenwart der Frauen plädiert, gut vertreten. Ob ihre Aggressivität gegen die Korrektheit gut verstanden wird, wird man sehen. Jedenfalls setzte es schnell Kritik, wonach sich das Kollektiv "entsolidarisiert".
Anzumerken ist, dass es eine gute Portion Mut gebraucht hatte, Männer, die ihre Position ausnutzten, um sich sexuelle Dienste zu erpressen oder herbei zu korrumpieren, anzuzeigen.
https://www.heise.de/tp/features/Statt-MeToo-Fuer-mehr-Unverschaemtheit-zwischen-Frauen-und-Maennern-3937514.html?seite=all

"Nach #MeToo: Catherine Deneuve und andere fordern "Freiheit zu belästigen"" (APA, 9.1.2017)
Paris – In der Diskussion um sexuelle Übergriffe haben die französische Schauspielerin Catherine Deneuve und andere Prominente eine "Freiheit zu belästigen" eingefordert. Die aktuelle "Denunziations-Kampagne" gegen Männer spiele nur Moralaposteln und religiösen Extremisten in die Hände, heißt es in einem von rund 100 Frauen unterschriebenen offenen Brief, der in der Zeitung "Le Monde" am Mittwoch erscheint.
"Vergewaltigung ist ein Verbrechen", heißt es in dem Text. "Aber eine beharrliche oder ungeschickte Anmache ist nicht strafbar." Heute würden Männer "zur Kündigung gezwungen, deren einziges Vergehen es ist, ein Knie berührt oder einen Kuss erhascht zu haben". Die "Freiheit zu belästigen" sei "unerlässlich für die sexuelle Freiheit".
... In Frankreich sorgen die Vorwürfe gegen den ehemaligen Film- und Fernsehmogul Harvey Weinstein in den USA für große Aufmerksamkeit. Unter dem Hashtag #balancetonporc (Verpfeif' das Schwein) berichteten im Kurzbotschaftendienst Twitter tausende Frauen über Belästigung oder Missbrauch – ähnlich wie in den USA unter dem Schlagwort #MeToo (Ich auch).
https://derstandard.at/2000071793539/Catherine-Deneuve-und-andere-werben-fuer-Freiheit-zu-belaestigen

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 11, 2018, 11:50:38 AM
"#MeToo-Debatte in Frankreich - Frau Deneuve sagt ,,Pas comme ça""
Catherine Deneuve und 110 weitere Französinnen wenden sich öffentlich gegen die #MeToo-Debatte. Sie ernten Kritik von Feministinnen. ... Unfassbar und inakzeptabel finden eine solche ,,Banalisierung der sexuellen Gewalt" dreißig bekannte Vertreterinnen der französischen Frauenbewegung in ihrer Antwort. Ihre Replik ist besonders scharf, weil sie den Verfasserinnen des Briefs in Le Monde vorwerfen, mit ihrer Haltung sexuelle Aggressionen nicht nur zu dulden, sondern auch noch im Namen einer sexuellen Freiheit zu verherrlichen: ,,Die Schweine und ihre Verbündeten haben allen Grund zur Sorge. Ihre alte Welt ist am Zusammenbrechen." Aber vielleicht hätten Deneuve und die anderen einfach nicht begriffen, ,,was jetzt passiert". Wie schon im Fall des (mehrerer Vergewaltigungen beschuldigten) Filmregisseurs Roman Polanski sei ihre Nachsicht völlig fehl am Platz. ,,Mit ihrem Text wollen sie den bleiernen Deckel, den wir zu heben begonnen haben, wieder schließen. Doch das wird ihnen nicht gelingen", meinen die Feministinnen, die überzeugt sind, dass seit Weinstein auch in Frankreich eine grundlegende Änderung der Mentalitäten im Gange sei.
,,Das ist ein Text, der es rechtfertigt, Frauen zu belästigen und Feministinnen zu beleidigen", meint dazu heute die Feministin Caroline De Haas. Die ehemalige Ministerin für Frauenrechte, Laurence Rossignol, kritisiert eine ihrer Meinung nach ,,eigenartige Angst (gewisser Frauen), ohne den Blick und die Lust der Männer nicht existieren zu können. Das geht so weit, dass an sich intelligente Frauen solche Eseleien verfassen."
Die frühere sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal hat auf Twitter geschrieben: ,,Schade, dass unsere große Catherine Deneuve sich an einem derart konsternierenden Text beteiligt."
Deneuve ist in Frankreich bekannt dafür, dass sie sich immer wieder für die Rechte der Frauen und andere fortschrittliche Anliegen öffentlich engagiert. Dass sie nun aber einen offenen Brief mitunterzeichnet, der nach Ansicht zahlreicher Feministinnen der Verteidigung der Frauen gegen sexuelle Gewalt in den Rücken fällt, hat viele überrascht oder enttäuscht. Die Frauenrechtsorganisation Osez le féminisme ruft in diesem Zusammenhang in Erinnerung, dass in Frankreich ,,eine von sechs Frauen im Verlauf ihres Lebens attackiert oder vergewaltigt wird".
Das würde bestimmt auch Catherine Deneuve nicht infrage stellen. Ihr Anliegen, die sexuelle Freiheit gegen reaktionäre Bestrebungen zu verteidigen, die alles Intime unter dem Mantel des moralisch Korrekten pauschal und öffentlich anprangern, erscheint legitim. Doch der Text, den sie mitunterzeichnet hat, zielt an diesem Zweck vorbei.
Nicht alles aber ist ,,Eselei" darin. Man versteht zum Teil ihre Motivation, wenn die Mitunterzeichnerin Sophie de Menthon, die Sprecherin des Unternehmerinnenklubs Ethic, sagt, sie wolle nicht, dass es so weit komme, dass in Firmen Männer bei Gesprächen mit Kolleginnen oder Besucherinnen aus Angst vor möglichen Verdächtigungen die Bürotüre offen lassen müssten. Die Debatte, wie weit die Anprangerung der mutmaßlichen ,,Schweine" gehen soll oder wo im Gegenteil eine sexuell freizügige Lebensart infrage gestellt wird, hat mit dieser Polemik in Form eines Schlagabtauschs in Le Monde wohl erst begonnen. ...
https://www.taz.de/MeToo-Debatte-in-Frankreich/!5474061/

Quotee1000 11.01.2018, 07:38

Die deutsche Sprache hat durchaus ein Äquivalent zu "draguer" : "anbaggern", mit derselben Ambivalenz : man will immer nur von den oder der richtigen angebaggert werden (und dann sagt man "flirt")...

Ich habe gestern den Artikel im Original gelesen und fand ihn sehr ausgewogen.
Insbesondere wird dort der unterschwellige Puritanismus mancher Tendenzen von #Mee-to kritisiert, was ich sehr interessant fand. Leider wurde dies vom Autor des Artikels hier unterschlagen.

Es wird auch in keinster Weise ein "gewisses Verständnis für die Grapscher [...] zum Ausdruck gebracht", sondern die Opfer-Rolle kritisiert.

Schade, dass der Autor die Dummheit von Segolène Royal vergisst oder ignoriert ;-)


Quoterero 10.01.2018, 23:54

Sie müssen aber zugeben, dass frau in Frankreich Feminismus und weibliches Selbstbewusstsein unter Umständen deutlich anders versteht als in Deutschland oder dem angloamerikanischen Raum.

    Rolf B.
    11.01.2018, 00:09

    @rero Ich befürchte, dass man/frau sich das bei uns nicht vorstellen kann.


QuoteJörg Engelhardt 10.01.2018, 22:53

Die Frauen, die in den Pariser Vorortzügen aufs ärgste täglich belästig werden haben nicht die Chance, wie Catherine Deneuve im Taxi oder mit Uber durch Paris zu fahren. Hier spielt nicht nur die Arroganz der feministischen Bourgeoisie de la Rive Gauche eine Rolle, sondern auch die völlige Unwissenheit darüber, wie es den Frauen aus dem Volke geht, denn Cathérine Dorlèac ist auch in ihren zarten Jugendjahren nie über den boulevard périphérique hinausgekommen. Elle me donne des boutons.


QuoteKhaled Chaabouté 11.01.2018, 07:13

@Jörg Engelhardt Wer von den täglichen argen Belästigungen in den Pariser Vorortzügen anfängt (Schon mal im Ruhrgebiet, z.B. zwischen Duisburg und Gelsenkirchen in der Regionalbahn unterwegs gewesen?) kann auch gleich den Bogen zur Kölner Silvesternacht ziehen, argumentiert ergo islamophob.

... und wer über Menschen ablästert, die nie über die Péripherique hinausgekommen sind, sollte vielleicht erst einmal seine eigene inzestöse Bubble im gentrifizierten Szene-Trendkiez verlassen.


QuoteWolf Haberer 10.01.2018, 23:50

.... Jeanne Moreau .... was hätte sie wohl zu all dem gesagt?

QuoteFrau Kirschgrün 10.01.2018, 20:41

Die Frauen, die Angst davor haben, "nie wieder von einem Mann angeschaut zu werden oder mit ihnen zu flirten", kann ich beruhigen, denn Männer lassen sich ja nicht einmal von Gesetzen davon abhalten, Frauen sogar zu belästigen/zu vergewaltigen.

Frau Deneuve, das war eine große Enttäuschung für mich, dass Sie sich vor den Frauen verachtenden Karren spannen lassen.
#Metoo war, ist und bleibt wichtig, denn es dürfte jeder und sogar jedem klar sein, dass wir in einer patriarchalen Gesellschaft leben, in der es nicht gerade oberstes Ziel der Männer ist, Frauen auf Augenhöhe zu behandeln oder auch nur zu respektieren.

Frau Deneuve dürfte auch über einen so hohen natürlichen Abstands-Effekt verfügen (wer traut sich eine Grand Dame wie Frau Deneuve schon mies anzubaggern), dass sie die falsche Frau sein dürfte, den Männern in zweifelhafter Weise zur Seite zu springen.

Und: Metoo.


QuoteKalle Verban 10.01.2018, 21:18

@Frau Kirschgrün Als Cis-Mann ärgere ich mich zunehmend darüber, einer Verallgemeinerung zum Opfer zu fallen, die leider auch im Zuge der #metoo-Debatte allzu häufig Anwendung findet: Zitat "...in der es nicht gerade oberstes Ziel der Männer ist, Frauen auf Augenhöhe zu behandeln oder auch nur zu respektieren."

Ich stimme zu, dass wir in unserer Gesellschaft noch immer patriarchale Strukturen haben, die dringend eines Wandels bedürfen - zum Beipsiel auch durch die #metoo-Debatte oder ähnliche Diskurse.
Aber auch im Rahmen dieser Auseinandersetzung halte ich es für unabdinglich, die Täter (bei sexualisierter Gewalt) oder die Vordenker und Bewahrer patriarchaler Gedanken zu benennen! Die Trennung vollzieht sich hier eben nicht am biologischen Geschlecht (Frauen = Opfer, Männer = Täter und Bewahrer des Patriachats).

Es gibt nicht wenige Männer, die die Gleichberechtigung aller Geschlechter längst verinnerlicht haben und es gibt ebenso Frauen, die durch Äußerungen und Handlungen patriarchale Strukturen unterstützen.


...

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"Pro und Contra zu Catherine Deneuve - #metoo? Non, merci!" Patricia Hecht, Jahrgang 1979 (11.1.2018)
Die französische Schauspielerin sieht die Kultur des Flirts durch die feministische Debatte bedroht. Hat sie einen Punkt? ... Die Unterzeichnerinnen gerieren sich als Hüterinnen des Patriarchats. Aber das hat ihre Unterstützung gar nicht nötig, es wehrt sich schon ganz gut selbst. Der Begriff von ,,Freiheit" ist bizarr verdreht: Nur das ,,lästig werden" rette die sexuelle Freiheit, nur das Stillschweigen und Hinhalten der Frauen also die offene Gesellschaft. Noch mal kurz zurück zum Urschleim: Bei #MeToo geht es weder um Sex noch ums Flirten, sondern um Sexismus, sexuelle Gewalt und den Missbrauch von Macht. Freiheit wäre an dieser Stelle, wenn sexuelle Gewalt und Machtmissbrauch so geächtet wären, dass wir #MeToo nicht bräuchten. ...
https://www.taz.de/Pro-und-Contra-zu-Catherine-Deneuve/!5476450/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 11, 2018, 02:45:23 PM
Quote[...] Erfüllender Sex ist nur möglich auf Augenhöhe und ohne Ungerechtigkeiten drumherum. Das sollte jedem einleuchten.


Aus: "Untervögelt oder unterbelichtet?" Gastbeitrag (3. Dezember 2017)
Quelle: https://diestoerenfriedas.de/untervoegelt-oder-unterbelichtet/

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Quote[...] Der inflationäre Gebrauch von Wörtern tut ihren Bedeutungen selten gut. "Depression" und "Rassismus" sind zwei gute Beispiele dafür, die Liste ist erweiterbar. "Vergewaltigung" ist auf dem besten Weg, zu einem Buzzword zu verkommen – dank #metoo und aktuell dem New Yorker Artikel "Cat Person".

"Machst du noch dieses Feminismus Ding?", fragte mich mein Onkel letztens am Telefon. Ich druckste ein bisschen herum und sagte dann: "Ne, irgendwie nicht." "Ist was passiert?", wollte er wissen und über diese Frage dachte ich noch nach, als ich mir heute morgen die Zähne putzte.

Ja. Es ist etwas passiert. Es begann mit der #metoo Debatte. Erst freute ich mich. Schon vor Monaten stellte ich mir vor, was passieren würde, wenn alle, die sexuelle Gewalt erlebt hatten, das auf ihren Profil teilen, was für ein eindrucksvoller Beweis geschlechtlicher Unterdrückung und der diametralen Gewalt zwischen Männern und Frauen es wäre, das auf diese Weise sichtbar zu machen.

Dann kam #metoo und ich fühlte: gar nichts. Ich las auf Twitter und da regte sich nichts. Reiche, wohlhabende Frauen mit großer Zuhörerschaft schrieben über ihre Erlebnisse mit mächtigen, weißen Männern. Mächtige Wellen von Solidarität und Mitgefühl wogten durch die sozialen Netzwerke. Der Reihe nach bekannten sich unter meinen Kontakten auf Facebook, Twitter und sonst wo Frauen dazu, Opfer sexueller Gewalt geworden zu sein. Oder, warte mal – war es nicht doch anders? Ja, viele berichteten wirklich von sexueller Gewalt und ich kann nur erahnen, wie viel Mut sie das gekostet hat. Dann fragte ich mich – warum machst du das nicht auch? Ich konnte nicht. Ich sprach mit anderen und es stellte sich heraus, dass es ihnen ähnlich ging. In den geposteten Beiträgen ging es nämlich zu großen Teilen um unerwünschte Berührungen, sexuelle Belästigung, psychische Gewalt, es ging aber auch oft um Sexismus und gescheiterte Beziehungen und One Night Stands. Als ginge ein Virus um, schrieb eine nach der anderen von ihrem persönlichen #metoo Erlebnis und alle bekundeten einander fleißig Anteilnahme. "Mein Freund war immer gemein zu mir. #metoo". "Er nannte mich Schlampe beim Sex. #metoo". Betroffene sexueller Gewalt zu sein, wurde in den letzten Wochen und Monaten trendy, en vogue und chic. Alle versicherten einander, dass die jeweils andere ihre "Heldin" sei und hoben sich wechselseitig auf ein Podest.

Wer nicht schrieb, wer nicht laut wurde, das waren die, die es nicht können. Nicht können, weil es ihnen schaden würde, weil sie noch in der Beziehung mit dem Täter stecken, Kinder mit ihm haben, weil sie ihren Job verlieren würden oder schlimmer noch: Weil niemand mehr je etwas anderes in ihnen sehen würde, als eine, die vergewaltigt wurde, einen Scherbenhaufen. Da besteht nämlich ein Unterschied. Sexuelle Belästigung ist grenzüberschreitend – und lästig. Sie ist permanenter Ausdruck dessen, dass wir Frauen nicht gleichberechtigt sind, sondern vor allem Objekte. Das anzuprangern, ist richtig. Es Vergewaltigung zu nennen, nicht. Denn das relativiert den Schmerz, den all die Frauen aushalten müssen, die wirklich vergewaltigt wurden. Ja, ich schreibe das. Wirklich. Wirklich im Sinne von: überwältigt, hilflos, gezwungen. Wer dir an das Knie fasst, zwingt dir seine Nähe auf. Das ist etwas ganz anderes, als sich unter Gewalt IN DEINEN Körper zu zwingen. Vergewaltigung bedeutet, dass der Täter dein Leben bedroht, dich schwer verletzt, jede deiner Grenzen mit purer Gewalt einreißt, um sich deines Körpers auf brutalste Weise zu bedienen und damit rechnen kann, davon zu kommen. Die Integretität deines Körpers, deiner Persönlichkeit wird aufgehoben, zurück bleibt ein Scherbenhaufen. Sexuelle Belästigung ist nicht gleich Vergewaltigung. Das zu relativieren, heißt, die Opfer sexueller Gewalt zu verhöhnen, zu relativieren, was sie erlitten haben. "Das haben wir doch alle schon erlebt, warum stellst du dich so an?", heißt es dann. Wenn alle Begriffe, die wir haben, um sexuelle Gewalt  zu erklären, bereits für ungewollte Berührungen draufgehen, wie sollen wir sie dann noch steigern? Was bleibt dann für die echten Opfer, welche Begriffe können sie dann noch benutzen, um klar zu machen, warum sie ein Scherbenhaufen sind?

Der Gipfel des neuen Vergewaltigungstrend ist der New Yorker Artikel "Cat Person", in dem eine junge Frau von ihrer misslungenen Interaktion mit einem älteren Mann erzählt. Der Typ ist alt, dick und ignorant. Sie initiiert den Sex mit ihm, doch als er loslegt, ist es ganz furchtbar. Sie tut nichts, lässt sich nach eigenen Beschreibungen herumschleudern wie eine Puppe. Dann geht sie, er ist gekränkt und nennt sie später Hure. Was für ein Arschloch! Ja, ist er. Er ist ein Sexist und misogyn. Aber er ist kein Vergewaltiger! Was sie beschreibt ist keine Vergewaltigung, es ist schlechter Sex. Über den muss sie sich nicht wundern – sie hätte diese Interaktion ja selbst gestalten und steuern oder beenden können. Hat sie nicht. Warum? Weil sie ihn nicht verletzen wollte oder den Erwartungen entsprechen. Weil sie es nicht besser wusste. Es ist schlimm, dass sie so denkt. Es zeigt, wie wir Frauen in unsere Unterdrückung hineinsozialisiert werden. Es ist aber keine Vergewaltigung und es ist auch nicht die Schuld des Mannes, mit dem sie interagiert hat. Menschen begegnen sich und manchmal fühlt der eine was, was der andere nicht fühlt, manchmal schläft man trotzdem oder gerade deswegen miteinander und so richtig gut fühlt man sich danach nicht. Warum das so ist, welche Ideen da in unseren Köpfen spuken und warum wir nicht vorher erkennen, dass wir auf den Typ nicht können, das muss man sich in der Tat anschauen. Aber nicht unter der Überschrift "Vergewaltigung". Die gehört denen, die in die Sprachlosigkeit und Unsichtbarkeit verdrängt werden – ja, auch von euch, wenn ihr Vergewaltigung inflationär einsetzt. Das Wort nutzt sich ab, es verliert die Heftigkeit seiner Aussage und dahinter verschwinden auch die Taten.

Vor knapp einem Jahr haben wir gemeinsam darum gekämpft, dass die Sprache über sexuelle Gewalt nicht verharmlost werden darf. Opfer muss Opfer heißen dürfen, Täter als solche benannt werden. Und nun, noch nicht einmal 12 Monate später, wird "Vergewaltigung" zum populärsten Buzzword unter Feministinnen. Total beliebig. "Der Typ hat mich angerempelt. Vergewaltigung!" – "Der Bus ist weg – Vergewaltigung!" –  dieses ständige Behaupten, alle möglichen Situationen seien Vergewaltigung, die es per Definition nicht sind, ist ein Schlag in das Gesicht all jener, die wirklich mal in der Situation waren, eine Vergewaltigung ertragen zu müssen. Es ist eine unerträgliche Verharmlosung und es spielt dem Patriarchat direkt in die Karten: Wenn alles Vergewaltigung ist, dann ist gar nichts mehr Vergewaltigung, dann muss man die, die beispielsweise eine anzeigen, nicht mehr ernst nehmen. Diese Unschärfe ist ein Ausdruck unfassbarer Ignoranz gegenüber den Betroffenen und zeugt davon, dass sich der Feminismus eben auch in seiner eigenen Bubble bewegt. Wer zum Club dazu gehört, muss was vorweisen. Da ist das Label "vergewaltigt" super schick, hipsteresk fast. Gibt es schon T-Shirts mit #metoo? Taschen? Oder müssen wir jetzt in den folgenden Wochen lauter "Cat Person" follow ups lesen, in denen Frauen darüber berichten, dass Sex manchmal richtig mies ist und Männer Bäuche haben. Bärte auch. Diese Ungeheuer! Diese Tiere! Damit wird alles zunichte gemacht, was in langen Debatten und Analyse erkämpft worden ist, was bleibt sind Hashtags und Überschriften und eine sich ständig ihrer selbst vergewissernden Community, die nichts, aber auch gar nichts mehr dafür tut, dass sich an den Umständen etwas ändert. Der Grund liegt nahe: Wer braucht schon Feminismus, wenn sie ihn nicht als Label, sondern als Aufgabe auffasst? "Es gibt keinen Anspruch auf Sex" ist so ein Credo unserer Bewegung. Das bedeutet auch, es gibt keinen Anspruch auf guten Sex. Auch nicht für uns Frauen. So zu tun, als sei deshalb jeder Mann ein Vergewaltiger und jeder Sex, der unseren Erwartungen nicht entspricht, Vergewaltigung, bestätigt auf absurde Weise die Zerrbilder, die Antifeministen über Feministinnen verbreiten. Bitte, hört damit auf!

Kategorie Feminismus

Schlagwörter #catperson, #metoo, Cat Person, sexuelle Gewalt, vergewaltigung

QuoteYvonne
14. Dezember 2017

Ja, sehe ich auch so.
Nur, ....die Übergänge sind halt manchmal fliessend, was es oft so schwierig macht mit der Definition. Sowohl für Frauen, Männer sowieso und auch Richter. Aber ohne diese Unterscheidung in miesen (halb-ungewollten) Sex und Vergewaltigung (inkl. Todesangst) wird tatsächlich alles verwässert, was zur Bagatellisierung aller wirklichen Vergewaltigungen führt.


Quoteabgenervt
18. Dezember 2017

Ich verstehe den Zorn, der entsteht, wenn das verwechselt wird. Ich wurde vergewaltigt – ganz legal übrigens. Und es hat mich auch schon oft wütend gemacht, wenn...

Aber das hat sich – auch durch mein Erleben – ein bisschen geändert. Zwei Erlebnisse waren dafür ausschlaggebend.
Eines, was ich selbst erlebt habe, eines, was einer anderen Frau widerfahren ist.

Beides waren keine Vergewaltigungen. Es waren sexuelle Grenzüberschreitungen, die massiv waren.

Die, die mich betroffen hat, hat mich mehr getroffen und verletzt als die Vergewaltigung. Sie hat in mir etwas anderes zerstört als das, was die Vergewaltigung zerstört hat. Irgendwie war ich auf die mehr vorbereitet, so gruselig das auch klingen mag.

Das andere war das Erlebnis einer anderen Frau, über das ich anfangs eher müde lächelte, weil ich dachte, dass ich wirklich viele Frauen kenne, die deutlich Schlimmeres erlebt haben.

Aber das, was sie erzählte, war so perfide, so grausam auf den zweiten Blick, dass ich mich wegen meines "müden Lächelns" plötzlich schämte und dachte, dass ich wohl aufgrund dessen, was mir selbst oder auch anderen mir nahen Frauen widerfahren ist, unnahbar und hart geworden bin für Leid, das weniger krass aussah. Aber nicht zwangsläufig auch war. Das wollte ich nicht...

Damit will ich keine Vergewaltigung kleinreden, nichts liegt mir ferner. Ich kenne viele Frauen, die das verständlicherweise nicht verkraften konnten. Selbst hatte ich das große Glück, an eine tolle Therapeutin zu gelangen. Manches wird nie mehr heile, aber wenn man sehr, sehr viel Glück hat und Unterstützung erhält, findet man Möglichkeiten, damit umzugehen. Irgendwie. Und das wünsche ich jeder Frau – viel, viel Glück und Unterstützung.


QuoteOh Falada
18. Dezember 2017

Ich finde den Artikel schwierig. Natürlich ist es nicht gut, alles durcheinander zu werfen. Aber auch ich habe schon beides erlebt: Vergewaltigung und das, was hier – in meinen Augen – etwas euphemistisch als schlechter Sex bezeichnet wird, als ebenso junge Frau wie die in Cat Person, mit eben der Angst und eben der Unfähigkeit, mich zu wehren. Die Übergänge sind so fließend, letztlich freue ich mich eher darüber, dass so viele Frauen den Mut finden, sich zu äußern. Der Aktion und mir nimmt es nichts, wenn manches schwerer wiegt als anderes. – Mir scheint, wir müssen dringend einmal über die Definition von schlechtem Sex reden und die Grenzen zu Missachtung, Übergriffigkeit, Machtausübung etc.


QuoteCharybdis
28. Dezember 2017

Es kommt halt sehr darauf an warum der Sex schlecht ist. Wenn die Partner/innen es einfach nicht schaffen einander ihre Bedürfnisse zu kommunizieren ist es zwar momentan dumm gelaufen, aber das kann man ja lernen. Wenn die Ursache für den schlechten Sex die ist, dass der Mann das Huren-Madonnen-Syndrom im Kopf hat, und die Frauen dafür hasst, dass sie ihn sexuell erregen, ist es nicht mehr so harmlos. Weil da kann dann die Grenze zur sexualisierten Gewalt fliessend sein.


QuoteSarah Kim
3. Januar 2018

Es ist verletzend dass in dem Artikel Schadens-Kategorien errichtet werden, in dem das Leid und die Problematik nicht unter Todesangst vergewaltigter Frauen in Frage gestellt wird. Es wird in Frage gestellt, eigentlich angeprangert. Sehr überlegt und reflektiert werden verschiedene Verbrechen in Kotext zueinander gesetzt – es ist ein Verbrechen dass Mädchen und Frauen nicht darin erzogen werden und wurden Verantwortung für den eigenen Körper zu übernehmen im positivstem Sinne- sexuelle Selbstbestimmung!- (Sozialisation), dass macht es aber nicht besser. Ich finde auch grade in den Kommentaren wird deutlich dass ein Dialog mit dieser Einstellung eröffnet wird, den die Queer community schon bitterlich ausfechten: Kategorisieren, Schutzräume entwerfen, Grenzen ziehen – nicht um eine Besserung für Diskriminierte herbei zu führen, sondern um ein Vorrecht auf Anerkennung heraus zuarbeiteten, das am Ende nichts, aber auch Garnichts hervor bringt. Ich glaube ich kann die Beweggründe der Autorin verstehen – für mich spiegelt sich in dem Artikel ein persönliches Erleben wieder, was keine angemessene Resonanz bekommt oder bekam. – Schlechter Sex, ist maximal langweilig, aber wenn Ängste entstehen, Hilflosigkeit, Missbrauch oder Vergewaltigung passiert, dann ist es kein schlechter Sex sondern erlebte Gewalt.


...


Aus: "Hört auf, Vergewaltigung mit schlechtem Sex gleichzusetzen!" Mira Sigel (14. Dezember 2017)
Quelle: https://diestoerenfriedas.de/hoert-auf-vergewaltigung-mit-schlechtem-sex-gleichzusetzen/

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 15, 2018, 10:01:23 AM
"Gegenwind für "MeToo"-Kritikerinnen um Deneuve" (12.01.2018)
Die feministische Aktivistin Caroline de Haas hat gemeinsam mit 30 weiteren Frauen kritisch auf den offenen Brief in ,,Le Monde" reagiert, in dem die Filmdiva Catherine Deneuve und hundert weitere Französinnen das Recht der Männer auf Aufdringlichkeit verteidigten. Die Gegenreaktion auf die Kritik an den ,,MeToo"-Kampagnen infolge des Weinstein-Skandals fällt prompt und heftig aus – auch Politikerinnen äußerten sich. In der französischen Filmwelt hingegen herrscht weiter großes Schweigen.
,,Wenn die Gleichheit vorankommt, und sei es nur einen halben Millimeter, dann warnen gute Seelen gleich davor, dass es zum Exzess kommen könnte," heißt es in dem auf ,,Franceinfo" veröffentlichten Gegentext. Die Autorinnen bedauern, dass Deneuve und Co. sexuelle Gewalt banalisieren und wieder einen ,,bleiernen Schleier" über die sexualisierte Gewalt legen, den die Weinstein-Affäre gerade erst gelüftet habe.
... Die ehemalige Frauenministerin Laurence Rossignol von den Sozialisten nennt den offenen Brief eine ,,Ohrfeige für alle Frauen, die sexuelle Übergriffe melden". Zustimmung erhalten Deneuve und die anderen Unterzeichnerinnen hingegen von der konservativen Europaabgeordneten und ehemaligen Familienministerin Nadine Morano. Sie könne die Erklärung nur unterschreiben, sagt sie, Hashtags wie ,,MeToo" hält sie als ,, Aufruf zur Denunzierung in den sozialen Netzwerken" für skandalös.
http://www.tagesspiegel.de/kultur/sexismus-debatte-gegenwind-fuer-metoo-kritikerinnen-um-deneuve/20838056.html

"Catherine Deneuve entschuldigt sich bei Opfern sexueller Gewalt" (15.01.2018)
Filmstar Catherine Deneuve (74) hat sich nach ihrer umstrittenen Kritik an Folgen der #MeToo-Debatte bei den Opfern sexueller Gewalt persönlich entschuldigt. In einem am Sonntagabend erschienenen Beitrag der Zeitung ,,Liberation" wandte sie sich direkt an die Opfer und versuchte, einen kritischen Text aus der Vorwoche zu relativieren: ,,Ich grüße alle Opfer dieser verabscheuungswürdigen Taten, die sich durch den Artikel in ,,Le Monde" beleidigt fühlen, ihnen und ihnen allein biete ich meine Entschuldigung an." Sie hielt allerdings an dem ursprünglichen Beitrag fest, der ihrer Ansicht nach ,,nicht enthält, dass Belästigung gut ist, sonst hätte ich den Text nicht unterschrieben".
http://www.tagesspiegel.de/kultur/metoo-debatte-catherine-deneuve-entschuldigt-sich-bei-opfern-sexueller-gewalt/20846722.html

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Quote[...] Wer bei Prostituierten davon spricht, dass sie ,,ihren Körper verkauften", aber genau die gleichen, dort genau so zutreffenden Worte vermeidet, wenn es um andere, meist männliche Arbeiter (wie etwa Bauhelfer, Lagerarbeiter, Paketboten, Gebäudereiniger, Bergleute oder Fernfahrer) geht, belegt im Spiegel dieses seines Sprechens, dass sein Blick auf die Arbeit von seiner anachronistisch-moralistischen Sicht der Sexualität getrübt ist. Die ,,politische Analyse" eines so sprechenden Menschen ist nichts weiter als eine Larve der restriktionsbereiten Prüderie; das nur zum Schein politisch formulierte Programm besteht in einer weiteren Verschiebung der zwangsneurotischen Sexualunterdrückung bei gleichzeitigem Aufrechterhalt aller anderen Strukturen der Unfreiheit und kapitalistischen Knechtschaft des größten Teiles der Menschen.



Aus: "Im Spiegelbild des angeprangerten Körperverkaufes" Dunkle Gedanken by Nachtwaechter (3. Februar 2018)
Quelle: https://tamagothi.wordpress.com/2018/02/03/im-spiegelbild-des-angeprangerten-koerperverkaufes/
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 15, 2018, 02:10:28 PM
Slavoj Zizek sieht in der NZZ Parallelen zwischen einigen Ausprägungen des Feminismus und islamischen Fundamentalisten: Beide betrachten den Mann als Herren der Schöpfung, wie Zizek am Beispiel Monica Lewinsky, die laut eigener Zeugenaussage aus den Neunzigern das sexuelle Verhältnis zu Bill Clinton selbst initiierte, ihm später jedoch "Machtmissbrauch" vorwarf, nachzuweisen versucht: "Wenn sie behauptet, dass er es als älterer, erfahrener Mann hätte 'besser wissen' müssen und ihre Avancen hätte zurückweisen sollen - bleibt da nicht etwas Scheinheiliges in der selbst zugewiesenen Rolle eines Opfers? Muslimische Fundamentalisten argumentieren genau gleich, nur mit vertauschten Rollen: Einen Mann, der eine Frau misshandelt hat, trifft keine Schuld, weil er insgeheim von dieser verführt wurde."
https://www.perlentaucher.de/9punkt/2018-03-09.html

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Quote[...] Lubitsch-Heldinnen sind, Jahrzehnte vor der Women's-Liberation-Bewegung, komplett emanzipiert. ,,Die weibliche sexuelle Befreiung ist mehr als der Rückzug vom zum Objekt für Männer Gemachtwerden", definiert Žižek. ,,Es ist das Recht, sich aktiv selbst zum Objekt zu machen, damit zu spielen und sich jederzeit davon wieder zurückzuziehen – selbst wenn das vorher gegebenen ,Signalen' widersprechen sollte."

Der Aufstieg der politischen Korrektheit und der Anstieg von Gewalt seien zwei Seiten derselben Münze, denn: Die Grundlage der Korrektheit sei die Reduzierung von Sexualität auf gegenseitiges Einverständnis per Vertrag. ,,Die einzige Form einer sexuellen Beziehung, welche die Korrektheitskriterien vollständig erfüllt", giftet Žižek, ,,wäre ein Kontrakt wie zwischen den Partnern einer sadomasochistischen Beziehung". In solchen Formen konsensualer Sklaverei führe sich die Vertragsfreiheit ad absurdum: ,,Die Teilnahme am Sklavenhandel wird zur ultimativen Behauptung von Freiheit."

Lubitsch wäre ob eines solchen Zustands des Zwischenmenschlichen entsetzt gewesen, der strikten Verrechtlichung wegen, nicht wegen der Abweichung von der bürgerlichen Moral. Zum Beispiel gibt es bei ihm nicht die übliche Hollywoodwahl, dass man nur entweder Liebe oder Sex haben kann. Und für den Sex braucht es nicht nur keine Heiratsurkunde, selbst lieben müssen sich die Sexhabenden nicht, wie 1932 in ,,Ärger im Paradies". Ein Jahr später, in ,,Serenade zu dritt", stellt Lubitsch die herrschende Moral vollends auf den Kopf: Die Künstlerin Gilda lebt in einer stabilen Ménage-à-trois mit George und Thomas, versucht es dann mit einem gefährlichen Experiment, mit Monogamie – und kehrt reuevoll ins Dreiernest zurück.

Zum Schluss imaginiert Žižek eine leicht veränderte Szene aus Lubitschs ,,Der Himmel kann warten", wo ein Lebemann in die Hölle kommt und vom Teufel verhört wird. Der Lebemann gesteht viele kleine Sünden, doch der Teufel bedauert, das reiche nicht für eine Aufnahme bei ihm, er solle sich im Himmel bewerben.

,,Stellen wir uns eine Szene vor, in der Lubitsch von einem bolschewistischen Kommissar verhört wird, wie Greta Garbo in ,Ninotschka', der entscheiden muss, ob Lubitsch in den Gulag kommt." Weil er wisse, wie das ablaufe, spinnt Žižek die Geschichte weiter, gestehe Lubitsch eine Menge kleinbürgerlicher Sünden, bis der Kommissar abwinke und ihm einen Posten in der Hierarchie der kommunistischen Partei zuweise.

Und nun, als Schlussgag, zieht Žižek eine Parallele zwischen Lubitsch und Lenin. Letzterer habe bekanntlich Stalin als seinen Nachfolger zu verhindern versucht; der sei zu grob, eine Schwäche, die ihn als Generalsekretär untauglich mache.

Dieses Wertlegen auf Höflichkeit, Schicklichkeit und Humor sei ein Wesensmerkmal des Lubitsch-Touches – und des untergegangenen konservativen Bürgertums. Vulgäre Wortwahl sei heute ein fast ausschließliches Vorrecht der radikalen Rechten, ,,und die Linke findet sich in der sie überraschenden Position eines Verteidigers anständiger öffentlicher Manieren wieder." Wenigstens dieses hätte Lubitsch am Heute gefallen.


Aus: "Was Ernst Lubitsch von #MeToo halten würde" Hanns-Georg Rodek (29.01.2018)
Quelle: https://www.welt.de/kultur/kino/article172938257/Deutsche-Regielegende-Was-Ernst-Lubitsch-von-MeToo-halten-wuerde.html (https://www.welt.de/kultur/kino/article172938257/Deutsche-Regielegende-Was-Ernst-Lubitsch-von-MeToo-halten-wuerde.html)

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Quote[...] Die amerikanische Philosophin und Gender-Theoretikerin Judith Butler wirkte jüngst an einer Konferenz in São Paulo mit. Darin ging es um die Krise der Demokratie, nicht um Gender. Dennoch versammelte sich eine Menge konservativer Zeitgenossen ausserhalb des Veranstaltungsorts. Sie zündeten ein Bild Butlers an und brüllten: «Verbrennt die Hexe!» Die Szene versinnbildlicht aufs Trefflichste, dass sexuelle Unterschiede heutzutage auf zwei gegensätzliche Weisen politisch aufgeladen werden: Es gibt den militanten Einsatz für die Verflüssigung der Geschlechteridentität, und es gibt den neokonservativen Gegenstoss.

Der Kapitalismus entfaltet seine ganze Wucht. Die berühmte Beschreibung der kapitalistischen Dynamik im «Kommunistischen Manifest» sollte darum um das Sexuelle ergänzt werden. Auch in diesem Bereich wird die «Einseitigkeit und Beschränktheit mehr und mehr» aufgegeben, auch hier verhält es sich so, dass «alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige entweiht wird». Der gute alte Standard männlicher Dominanz wird durch die Ausbreitung wechselnder sexueller Identitäten und Orientierungen bedroht.

Dabei ist das Abfeiern von «Minderheiten» und «Benachteiligten» längst zur vorherrschenden Mehrheitsposition geworden: Selbst die Anhänger der Alt-Right-Bewegung, die sich über den Terror linksliberaler Political Correctness beschweren, stellen sich mittlerweile als Beschützer einer bedrohten Minderheit dar. Das übersehen die progressiven Kulturtheoretiker, die das Patriarchat kritisieren, ohne dessen Funktionieren zu begreifen.

Den Todesstoss könnten dem bis heute anhaltenden Patriarchat nun die Frauen versetzen, jene Frauen, die massiv in die Öffentlichkeit drängen. Sie berichten unter #MeToo offen von ihren Erfahrungen mit sexueller Gewalt von Männern. Was hier geschieht, ist womöglich ein Epochenwandel, ein grosses Erwachen, ein neues Kapitel in der Geschichte des menschlichen Zusammenlebens.

Was sich dabei herauskristallisiert, ist etwas, das wir, zumindest unterschwellig, all die Zeit über wussten. Wir wollten es nur nicht offen aussprechen: Es gibt Hunderte Arten, Frauen sexuell auszunutzen. Frauen bringen jetzt die dunkle Kehrseite unserer öffentlichen Behauptungen von Gleichheit und gegenseitigem Respekt ans Tageslicht. Dadurch sehen wir uns plötzlich mit der Einsicht konfrontiert, wie heuchlerisch und einseitig unsere in Mode gekommene Kritik an der Unterdrückung der Frauen in muslimischen Ländern war und ist: Nun müssen wir uns der eigenen Realität von Unterdrückung und Ausbeutung stellen.

Sollten wir also tatsächlich in einer Umwälzungsphase sein, wie ich glaube, wird der Prozess auch diesmal nicht ohne zahlreiche Ungerechtigkeiten und Ironie vonstattengehen. Doch sollte uns all dies nicht vom Wesentlichen ablenken. Fragen wir uns, worauf all dies hinauslaufen wird, was wir gewinnen und verlieren werden.

Erstens: Sexualität, Macht und Gewalt sind viel stärker miteinander verflochten, als wir es uns in unserer Schonzivilisation einzugestehen pflegen. Zweitens scheint mir wichtig, dass die anhaltende Explosion nicht auf die Reichen und Schönen beschränkt bleibt, sondern im Alltagsleben gewöhnlicher unsichtbarer Menschen ankommt. Und schliesslich sollte dieses Erwachen mit den politischen und ökonomischen Kämpfen verbunden werden – es darf nicht wieder von den Mächtigen und Reichen angeeignet werden, nach dem Motto: Wir geloben Besserung, aber lasst uns weiterwursteln wie bisher. Denken wir bei dieser Gelegenheit nur daran, wie viele der entlarvten Sexisten die Leute zu besänftigen suchten, indem sie versicherten, sich therapieren zu lassen. Ihr Handeln war jedoch kein Fall von privater Pathologie, sondern Ausdruck der vorherrschenden patriarchalischen Ideologie und Machtstrukturen.

Auch wenn die Aktionen nicht orchestriert waren, so war ihr Zusammenfallen vielleicht doch kein Zufall: Ziemlich genau zur selben Zeit, als Harvey Weinsteins Skandal ins Rollen kam, wurden die «Paradise Papers» veröffentlicht. Waren die Angriffe auf die männlichen Ausbeuter nicht zugleich eine Attacke auf die Protagonisten des globalen Finanzkapitalismus, die bis vor kurzem glaubten, sich in ihren eigenen Distrikten unbehelligt von Gesetzen bewegen zu können?

Auch von den Reichen und Mächtigen wird plötzlich verlangt, dass sie sich an die Gesetze halten; und das ist insofern ein subversiver Akt, als sich das System dies eigentlich gar nicht leisten kann. Denn Steueroasen und andere Formen der illegitimen (wenn auch nicht zwangsläufig illegalen) Finanzaktivitäten sind ein tief verwurzelter Teil des globalen Finanzkapitalismus.

Geht es nun den Reichen und Wohltätigen an den Kragen? Der erste Schritt in diese Richtung bestünde darin, zu fragen, warum niemand fordert, dass man sich die Lieder von U2 und Bono (dem grossen Humanitären, der immer nach Afrika springt, um dort den Armen zu helfen) oder Shakira nicht mehr anhört. Schliesslich haben sie sich um ihre Steuern gedrückt und damit den Staat um grosse Summen gebracht, die ihm zustehen. Stattdessen wird die Karriere des amerikanisch-mexikanischen Stand-up-Comedians Louis C. K. ruiniert, weil er ein paar Frauen seinen Penis gezeigt hat. Mich erinnert das an Brechts Satz: «Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?» Im grossen Stil Geld zu unterschlagen, ist zwar nicht in Ordnung, aber keine Katastrophe; wer aber seinen Penis zur Schau stellt, wird sofort verstossen.

Das neue Erwachen darf nicht zu einem weiteren dieser Fälle werden, deren politische Berechtigung sich daraus speist, dass sich nur Opfer zu Wort melden. Dann wird sich an den bestehenden Verhältnissen garantiert nichts ändern. Der Opferkult steht in der Tat im Dienste des Status quo, weil er Verantwortung delegiert. Wie setzt sich das Subjekt auf der Höhe der Zeit in Szene? Der freie Mensch empfindet sich einerseits als völlig verantwortlich für sein Schicksal, andererseits gründet er die Legitimation des Sprechens auf den Opferstatus, der fernab seiner Kontrolle liegt. Jeder Kontakt zu anderen Menschen wird als potenzielle Bedrohung empfunden: Wenn das Gegenüber raucht oder mir einen lüsternen Blick zuwirft, so habe ich allen Grund, mich allein dadurch verletzt zu fühlen und Wiedergutmachung zu beanspruchen.

Die Logik der Viktimisierung ist universell geworden und reicht weit über die bekannten Fälle von sexueller oder rassistischer Belästigung hinaus. Man braucht sich nur die wachsende Industrie der Sammelklagen ins Gedächtnis zu rufen, von den Prozessen um die Tabakindustrie in den USA über die finanziellen Ansprüche von Holocaust-Opfern und Zwangsarbeitern in Deutschland bis hin zu der Vorstellung, dass die Vereinigten Staaten den Afroamerikanern Hunderte Milliarden Dollar als Entschädigung für die Sklaverei bezahlen sollten. Die Vorstellung eines Subjekts, das bloss ein Opfer der Umstände ist, schliesst eine extrem narzisstische Perspektive ein, aus der jede Begegnung mit der Welt wie eine mögliche Bedrohung für den wackligen inneren Frieden erscheint.

Somit ist es nicht das Gegenteil, sondern eher die Kehrseite des freien Individuums: Die Selbstbehauptung des egozentrischen Subjekts verschwimmt paradoxerweise mit der Wahrnehmung seiner selbst als eines Objekts. Und dabei ist klar – mit solchen Egozentrikern, die stets die anderen anrufen, ist keine Revolution zu machen. Sie sind der Garant dafür, dass sich am Status quo nichts ändert, Empörung hin oder her.

Kürzlich übernachtete ich in einem Hotel in Skopje. Meine Begleitung fragte, ob das Rauchen in unserem Zimmer gestattet sei. Die Antwort, die ihr vom Personal an der Rezeption gegeben wurde, war köstlich: «Selbstverständlich nicht, das ist von Gesetzes wegen verboten. Aber es gibt Aschenbecher auf ihrem Zimmer, also sollte das kein Problem sein.» Als wir das Zimmer betraten, stand tatsächlich auf dem Tisch ein gläserner Aschenbecher. Auf seinen Boden war ein Zeichen mit einer durchgestrichenen Zigarette gepinselt. Dies war also nicht das übliche Spielchen, das man in toleranten Hotels kennt, wo einem diskret zugeflüstert wird, dass Rauchen eigentlich verboten sei, aber wenn man vorsichtig agiere und am offenen Fenster stehe . . . Der Widerspruch zwischen Verbot und Bewilligung wurde offen angenommen und dadurch aufgehoben. Die Botschaft lautete also: «Es ist verboten, und ich zeige dir, wie es trotzdem geht.»

Dieses Beispiel macht sichtbar, wie das Erwachen schnell in einen neuen Schlummer umschlägt: Die Ideologie der persönlichen Freiheit wird mühelos mit der Logik der Opferrolle versöhnt, die Revolution wird zu einer Zementierung des Status quo. Wer darauf hereinfällt, verzichtet auf echte Emanzipation. Darum – seien wir wachsam! Nur so lässt sich vermeiden, dass die gegenwärtigen gesellschaftlichen Kämpfe nur weitere Akte in einer Serie der Niederlagen sein werden – statt dass sie an der herrschenden Unterdrückung wirklich etwas ändern.


Aus: "Werden die Paradise Papers und die Aufdeckung der sexuellen Übergriffe wirklich unsere Gesellschaft verändern?" Slavoj Žižek (28.11.2017)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/das-grosse-erwachen-ld.1332888 (https://www.nzz.ch/feuilleton/das-grosse-erwachen-ld.1332888)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on April 05, 2018, 11:43:36 AM
Quote[...] Von den teilnehmenden Frauen gaben 85 Prozent an, regelmäßig mindestens einmal pro Woche zu Hause zu putzen. Bei den Männern waren es 46 Prozent. ...


Aus: "Putzmittel könnten so gefährlich sein wie Rauchen" (4. April 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000077310196/Putzmittel-koennten-so-gefaehrlich-sein-wie-Rauchen (https://derstandard.at/2000077310196/Putzmittel-koennten-so-gefaehrlich-sein-wie-Rauchen)

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"Festival ,,Digital Feminism" in Dresden - Intimität in Zeiten des Internets" Marlen Hobrack (20. 3. 2018)
Twerking, Adorno und Tinder: Ein Festival verhandelt wie Webcams und Virtual-Reality-Brillen sich zwischen Körper schieben und sie doch verbinden.
,,Und, habt ihr auch alle euren Adorno gelesen?", ruft die junge Frau auf dem Dresdner Albertplatz ihren drei Freundinnen zu. Die Frauen tragen ihr kinnlanges Haar mit reichlich Gel zu strengen Bobs frisiert, den Nackenansatz ausrasiert, damit das Haar eng am Kopf anliegt. Eine scrollt durch ihren Instagram-Feed, schaut sich das Video einer twerkenden Tänzerin findet.
Die Frauen sind auf dem Weg zum Festival ,,Digital Feminism" im Festspielhaus Hellerau. Einem Ort, an dem durch Tänzerinnen wie Mary Wigman nicht nur vor etwa hundert Jahren der moderne Ausdruckstanz begründet wurde – sondern an dem von Anfang an auch Geschlechtergrenzen gesprengt wurden. Und nun, im März 2018, wird auf dem Weg dorthin getwerkt, womöglich in Vorbereitung auf den ,,Twerkshop" von Kulturvotzen TV (nun, sie heißen wirklich so). Denn die junge Frau ist vom Betrachten zum Tanzen übergegangen.
Was hat nun Twerking, bei dem Becken und Po rhythmisch schwingen und hüpfen, mit Digitalem Feminismus zu tun? Und was mit Adorno? ...
https://www.taz.de/!5489596/

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"Sexismus: Wann Flüchtlingspornos boomen" Mohamed Amjahid (15. Mai 2018)
Recherchen von ZEIT ONLINE zeigen, dass das Phänomen der "Flüchtlingspornografie" seit 2015 in Deutschland und in vielen anderen europäischen Gesellschaften virulent geworden ist. Die Nachfrage an pornografischen Filmen, bei denen geflüchtete Frauen beim Sex gezeigt werden, steigt. Große Plattformen für Pornografie im Internet registrieren eine steigende Nachfrage, vor allem in Hochzeiten des politischen Streits.
Nutzer können auf Seiten wie Pornhub, xHamster und RedTube mit Begriffen nach Pornos suchen. Immer mehr User tippen seit 2015 das Wort "Refugee" in die Suchleiste ein und stoßen danach auf Videos, in denen geflüchtete Frauen oder Pornodarstellerinnen, die Flüchtlinge spielen, erniedrigt werden.
ZEIT ONLINE hat Datensätze zum Konsum dieses speziellen, pornografischen Genres erhalten und sie mit Statistikexperten und Sexualwissenschaftlern analysiert.  ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-05/sexismus-refugeeporn-fluechtlinge-pornografie-deutschland-analyse/komplettansicht

Quotegaaanz ruhig #2.5

Träume gelten ja als psychologische Kur für das Hirn, ich denke so ähnlich verhält es sich mit sexuellen Fantasien. Wie im berühmten Beispiel des Firmenmanagers, der sich in seiner Freizeit von einer Domina den Hintern versohlen lässt - als Ausgleich. ...


QuoteMephisto601 #2.13

Ich finde den Artikel ja noch recht interessant bis ich auf die Seite 3 des Artikels kam.
Zitat Zeit online : In Zeiten, in denen sich viele Talkshows Obergrenzen für Flüchtlinge oder einer vermeintlichen Islamisierung widmen, in denen Straßenzüge mit AfD-Plakaten gesäumt sind oder während in Kanzlerduellen vor allem um Migranten gestritten wird, finden laut den Datensätzen von xHamster die meisten Suchanfragen statt. Zitatende.

Ich versteh es also Richtig das xhamster die meisten Suchanfragen zu Refugee porn mit Exotisierung und Unterwerfung der Frau hat, während die AFD Wahlplakate aufhängt oder irgendjemand eine Obergrenze fordert?!

Zitat Zeit online : Geschlechtsverkehr sei immer ein Machtspiel von Dominanz und Hingabe, erklärt der Sexologe. "Es kann durchaus sein, dass Neonazis hier ihre sexuellen Phantasien ausleben", sagt Jakob Pastötter
Zitatende.

Wer die Seite 4 liest erkennt schnell das es sich um keinerlei Fakten sondern Mutmaßungen handelt. Die Signalwörter und Satzbauteile wie "deutet darauf hin, gehen davon aus, könnte sein ... sind bloß Annahmen eines "Professors" die weder bestätigt noch widerlegt sind.

Für mich klingt das sehr nach Mutmaßungen und Annahmen. Interssant auch das hier "weiße Männer und Neonazis" in den Vordergrund gestellt werden. Was wäre wenn die meisten Konsumenten tatsächlich "Zuwanderer aus dem Muslimischen Kulturkreis wären die in den genannten Pornoseiten nach Exotisierung und Unterwerfung der Frau suchen ?"


Quote
Hackenmann #3

Ok, und jetzt den selben Artikel zum Thema interracial, big black cock mit weißer Frau.


QuoteKunsthaus #17

Ich habe den Artikel gelesen. Ich kann aber daraus kein Resumee ziehen. Was soll uns der Artikel sagen? Das Sex "immer" ein "Machtspiel" und eine "Unterwerfung" sein soll wie der Sexologe das kundtut? Irgendwie ist das an mir vorbeigegangen. Oder das sich Rechtsradikale an Flüchtlingen sexuell in virtueller Weise abarbeiten? Das entzieht sich auch irgendwie meiner Vorstellung.


Quotealex2311 #25

"Die sexuelle Sehnsucht nach "den Anderen" ziehe sich durch alle Milieus der Gesellschaft." Und scheinbar durch alle Geschlechter. Darum suchen Männer wohl häufig z.B. nach "japanese" und Frauen nach "big black dick"
https://www.esquire.com/lifestyle/sex/news/a52061/most-popular-porn-searches/


QuoteKrokodilSeemann #28

Ganz wichtig: Das die Frauen das Kopftuch anbehalten. Es gibt auch Pornos mit Amerikanischen Soldaten die sich im Nahenosten Frauen von Einheimischen kaufen. Und andersrum: Araber oder Afrikaner und eine Weiße möglichst blonde Frau. Was uns das sagt weiß ich auch nicht. Der geheime Wunsch nach Völkerverständigung?  ...


Quoteuga-baba #40

Es gibt auch Refugee-Pornos mit männlichen "Flüchtlingen", die weiße Frauen vögeln. Und schon sehr lang gibt es massenweise Pornos, in denen afrikanisschtämmige ("schwarze") Gigolos weiße Ehefrauen vögeln, und der Ehemann filmt das Ganze, oder holt sich beim Zusehen einen herunter.

Das sind Phantasien (bei den afrikanischen Männern beispielsweise mit der Penisgröße in Verbindung, und weniger mit der Herkunft der Männer), die nicht auf den Umgang im Alltag übertragen werden können. Der Beweis dafür sind Sado-Maso-Spielchen, die auch gar nichts mit dem Alltag zu tun haben. Selbstewusste Männer und Frauen lassen sich fesseln und missbrauchen. Es sind sexuelle Phantasien, die im Alltag kulturell gebannt sind, und im sehr Privaten ausgelebt werden.


Quotepolarapfel #46

Ist Pornografie nicht immer das Spielen mit Machtfantasien? Egal, wer das Subjekt dieser Fantasie ist?


QuoteMadame Trippel-X #61

Die Erklärungen des Artikels sind ziemlich oberflächlich. Prinzipiell sind zwei Arten von "Flüchtlings-Pornos" zu unterscheiden: arabische Frau und ein beliebiger Mann, sowie das im Artikel nicht genannte deutsche Frau mit einem oder mehreren Flüchtlingen. Primär dürfte bei den Pornos mit arabischen Frauen das Verletzen der Ehre ("der Unschuld") interessant sein und die damit einhergehende gespielte Unbedarftheit, es ist also nur eine Unterform der Virgin-/Deflorations- bzw. naives Blondchen-Pornos. Deutsche Frau mit Flüchtling ist ebenfalls eine Unterform, und zwar von BBC ("Big Black Cock") und Cuckold (Fremdgehen), bei dem von der Idee her das Wilde und die großen anatomischen Vorzüge im Vordergrund stehen. Typischerweise unterwirft sich hier die Frau, weil der fremde Mann so groß und stark ist im Gegensatz zu ihrem Partner.

Ich kann die eindimensionalen Erklärungen ("das sind bestimmt alles Nazis") nicht nachvollziehen, dazu ist die Psychologie der Sexualität zu komplex, das sind ganz andere Denkprozesse.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 17, 2018, 11:49:39 AM
QuoteJetzt kann man sagen, Idioten gibt es immer, am besten ignorieren. Aber es sind ja eben nicht nur Worte. Sondern es gibt sie ja schon: die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. Die Hasstiraden im Internet haben längst gruppendynamische Prozesse ausgelöst. Die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten ist gestiegen. So kann es nicht weitergehen."
     
    ,,Die Hasschreiber müssen kapieren, dass diese Gesellschaft das nicht toleriert. Wenn man also nicht der Meinung ist, dass
    alle Flüchtlinge Schmarotzer sind, die verjagt, verbrannt oder vergast werden sollten, dann sollte man das ganz deutlich kundtun, dagegen halten, Mund aufmachen, Haltung zeigen, öffentlich an den Pranger stellen. Einige sehr verdienstvolle Blogs tun das schon, aber es sind noch zu wenige."
     
    http://ze.tt/tagesthemen-kommentatorin-anja-reschke-haltung-gegen-hass/ (http://ze.tt/tagesthemen-kommentatorin-anja-reschke-haltung-gegen-hass/)


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Quote[....] Sie haben beide 2015 den Umgang mit der Flüchtlingskrise kritisiert, über Pegida und AfD aufgeklärt. Danach brach ein Shitstorm los, Sie wurden im Netz als ,,Eselfickerin", ,,Systemschlampe" und ,,Affenfotze" beschimpft.

Reschke: Ich weiß noch, wie wir uns im Januar des vorherigen Jahres beim Fernsehpreis getroffen haben. Ich war überhaupt nicht in Stimmung, auf so eine Veranstaltung zu gehen. Alles war gerade übel, es schwappte nach der Silvesternacht in Köln wieder eine Wutwelle durchs Land – und dann traf ich Dunja in der Hotellobby. ,,Ach, mir geht's auch nicht gut." Allein diese Worte, dieser Blick, das war total tröstend, nicht allein mit meiner Stimmung zu sein.

Fühlten Sie sich von anderen im Stich gelassen?

Reschke: Die Redaktion hat mich sehr unterstützt. Aber ich hatte plötzlich Angst: um die Familie, die Zukunft, um dieses Land. Das klingt so pathetisch. Mensch, wir haben es doch gut, haben so viel geschafft, warum zerstören wir das mutwillig?

Hayali: Diese Gefühlsebene kann nur jemand teilen, der einmal in der gleichen Situation war. Auch als Frau!

Reschke: Das hat mich fast noch mehr erschüttert. Dass es Fremdenhass und Rassismus gibt, das ist bekannt. Nur dachte ich, dass wir bei der Emanzipation weiter wären. Dass man versucht, mir als Frau den Mund zu verbieten, meine Stimme aus der Öffentlichkeit zu holen und mich als Frau zu erniedrigen, das fand ich schockierend. Kriegst du auch diese Fotos geschickt?

Hayali: Mit riesigen Schwänzen?

Reschke: Ja, Bildmontagen aus Pornos. Da ist mein Kopf auf die Frau montiert, dahinter steht ein schwarzer Mann mit einem Riesengemächt.

Hayali: Bei mir ist es etwas weniger geworden, nachdem mein Anwalt einen Schreiberling auf 250 000 Euro verklagt hat, wenn er es noch mal tun sollte. Seitdem sind die Leute vorsichtiger, aber subtiler in ihren Drohungen geworden.

Woher kommt der Hass gegen Frauen?

Reschke: Schauen Sie sich doch an, wer in Zukunft die meisten Privilegien abgeben muss: weiße Männer. Diese frauenfeindlichen Reaktionen kommen mir als letztes Aufbäumen vor. Unsere Frauen, unser Land, unsere Grenzen – das sind Vokabeln wie aus einem Heldenepos.

Hayali: In den sozialen Netzwerken greifen einen tatsächlich mehrheitlich Männer an. Aber als ich auf der AfD-Demo in Erfurt war ...

... Sie haben sich mit Mikrofon und Kamera an den Rand gestellt und wurden angefeindet ...

Hayali: ... da fand ich die hasserfüllten Blicke der Frauen krasser als die der Männer. Weil ich die anders spürte. Dauernd wird dir zugeraunt: Wir finden raus, wo du wohnst, und vergewaltigen dich – und die Frauen stehen schweigend neben diesen Männern und unternehmen nichts.

Shitstorm

    Der Begriff findet sich erstmals 1948: in Norman Mailers Roman ,,Die Nackten und die Toten". In deutschen Medien taucht er 2006 auf, als John Irving im ,,Spiegel" über die SS-Vergangenheit von Günter Grass schrieb. Seitdem ist der Shitstorm laut Duden ein ,,Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der mit Beleidigungen einhergeht".

Frauen hassen anders?

Reschke: Die schreiben keine Vergewaltigungsfantasien. In den Mails von einigen Männern habe ich das Gefühl, das ist die Fantasie des Absenders.

Ab wann wird das gefährlich?

Reschke: Am meisten bedrückt mich dieses Halbversteckte. ,,Frau Reschke, ich bin überhaupt kein Rassist, aber was wollen diese ganzen Neger hier, die wollen sich doch nur mit der deutschen Rasse vermischen." Es schreiben viele, denen es gut geht. Ärzte, Anwälte, Betriebswirte, mit 55 frühverrentet, die ihr kleines Häuschen haben, das schildern sie mir ja alles in den Mails – und dann kommen sie mit solchen Sprüchen.

Hayali: Ich habe einmal jemandem geantwortet, der sich unter seinem echten Namen gemeldet hatte: ,,Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Tochter, die bekäme solch eine Mail, was würden Sie ihr als Vater raten?" Der hat zurückgeschrieben, was wirklich selten passiert, wie leid es ihm täte, dass er sich in einen Wahn hineingesteigert hätte. Daraus ist ein kleiner Briefwechsel entstanden. Das ist einer von 100, der die Größe hat, seinen Fehler zuzugeben. Mir geht es nicht ums Recht haben oder Recht bekommen, sondern um die Art und Weise des Dialogs, wie Kritik formuliert wird.

Reschke: Mein Tiefpunkt kam nach der Jauch-Sendung ...

... im Oktober 2015 stritten Sie mit dem AfD-Politiker Björn Höcke in der Talkshow über Flüchtlinge ...

Reschke: ... die Reaktionen waren so schlimm, dass ich mich gefragt habe: Wohin würde ich denn fliehen, wenn die Stimmung in diesem Land kippt?

Zu welchem Schluss sind Sie gekommen?

Reschke: Das war ganz schön schwierig. In Frankreich gibt es Le Pen, der ganze Osten kommt politisch nicht infrage, England nicht wegen der Brexit-Bewegung, in Amerika bahnte sich Trump an. Kanada? Ich wollte in Europa bleiben.

Hayali: Ich hätte nie für möglich gehalten, mich ernsthaft mit dieser Frage auseinandersetzen zu müssen. Das erinnerte mich an die frühen 90er Jahre, als es die ersten Anschläge auf Asylbewerberheime gab. Eine meiner besten Freunde hat zu mir gesagt: ,,Wenn es hart auf hart kommt, verstecke ich dich bei mir im Keller." Wir haben damals darüber gelächelt. Heute fühlt es sich realer, als mir lieb ist. Vielleicht würde ich irgendwo ans Meer gehen. Und warum das alles? Weil wir unseren Job machen und manche die Wahrheit nicht vertragen. Wir berichten, wir ordnen ein, wir kritisieren, und ja, wir sind eben auch Überbringer schlechter Nachrichten. Dadurch wird man selbst zur Zielscheibe. Das wirft kein gutes Licht auf unser Land.

... Über das Thema Flüchtlingskrise zerstreiten sich ganze Familien.

Hayali: Das schreiben mir zumindest immer wieder Zuschauer. Der schlimmste Brief, den ich bekommen habe, war von einem jungen Mädchen, das in einer Beziehung mit einem Mann war, der auf Pegida-Demonstrationen rannte und dort seine Fremdenfeindlichkeit ausgelebt hat, während sie gleichzeitig in Flüchtlingsheimen half. Sobald dieses Thema zu Hause aufkam, haben die sich nur gestritten. Was soll man da sagen?

... Melden Sie die beleidigenden Kommentare bei Facebook?

Hayali: Ha ha, guter Witz!

Reschke: Bei Panorama moderieren Redakteure die Kommentare. Alles, was Volksverhetzung ist, bekommen die Leser gar nicht zu sehen.

Dafür melden Sie diese der Polizei?

Reschke: Wenn Morddrohungen kamen, haben wir sie weitergeleitet.

Wie können Sie da abends den Kopf frei bekommen?

Reschke: Ich möchte solche Geschichten nicht öffentlich machen, damit ich Leute nicht auf die Idee bringe, wie sie mich treffen können.

Hayali: Das verstehe ich. Auch um die Familie zu schützen. Nur so viel: Wir sind Menschen, die solche Dinge nicht einfach in der Schublade im Büro lassen können.

Reschke: Eigentlich leben wir in einer spannenden, anstrengenden, jedenfalls nicht unpolitischen Zeit. Man könnte der AfD zugutehalten, dass sie Menschen zur Wahl gebracht hat, die jahrelang nicht gewählt haben. Ob einem das gefällt oder nicht.

Hayali: Und jene Menschen, denen diese Ansichten nicht gefallen, unternehmen etwas dagegen. Menschen sind parteiverdrossen, aber nicht politikverdrossen. ...

QuotePat7 25.01.2017, 17:18 Uhr
Ich finde viele Kommentare gehen hier am Thema vorbei. Egal wo jemand politisch steht, oder den Wahrheitsgehalt der von den Damen moderierten Sendungen anzweifelt, die hier geschilderten verbalen Angriffe gehen überhaupt nicht. Was müssen das für erbärmliche Würstchen sein, die einer Frau mit Vergewaltigung drohen, weil sie offen und öffentlich ihre Meinung vertritt? Und noch erbärmlicher finde ich, sind die Frauen die so was hören ohne sich zu äußern. Sie gehen auf die Straße um deutsche Frauen vor den "wollüstigen" Muslimen zu "retten" und weisen den Kerl neben sich, vielleicht sogar Mann, Sohn oder Bruder nicht zu recht wenn er eine Frau sexuell bedroht. Was für Heuchler.

Ich bin eine Frau und ich fand das schlimm wie sich einige Journalistinnen über die Opfer der Kölner Silvesternacht geäußert haben oder wie lange es gedauert hat, das sich die Öffentlichen der Tragweite der Übergriffe bewusst waren.
Auch stimme ich oft nicht mit der Meinung der beiden Damen überein.

Vergewaltigungsandrohungen, Morddrohungen oder sogar verbale Angriffe auf Familienangehörige haben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Oft wird dabei auch die rote Linie zur Straftat überschritten. Da gibt es absolut nichts zu relativieren oder zu verharmlosen. Jeder der wirklich für Demokratie und Meinungsfreiheit ist, sollte solche menschenverachtende Auswüchse verurteilen und vor allem selbst unterlassen.


Quotebikeraper 09.08.2017, 15:25 Uhr
Zwei tolle Damen mit mehr "Eier" als die meisten Männer. Respekt!


Quotewilhelm 26.01.2017, 08:56 Uhr

Erbärmlich

Wer wenig bis nichts weiß, wer wenig bis nichts kann, der holt sich sein Selbstwertgefühl in der Anonymität der digitalen Welt durch Gebrüll und Gewaltandrohungen. Wer mit Frauen in der analogen Welt nicht klar kommt, der versucht das auf eben diese Weise zu kompensieren.


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Aus: "Dunja Hayali und Anja Reschke im Interview Die Wutprobe" Sonja Álvarez Christian Vooren Ulf Lippitz (22.01.2017)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sonntag/dunja-hayali-und-anja-reschke-im-interview-sie-zensieren-nackte-brueste-aber-keine-hakenkreuze/19282264-3.html (https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sonntag/dunja-hayali-und-anja-reschke-im-interview-sie-zensieren-nackte-brueste-aber-keine-hakenkreuze/19282264-3.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 23, 2018, 10:14:10 AM
"Die fantastische Hure" Maria Hasan
Sexarbeit Bestimmte Formen der Repräsentation verfestigen das Stigma, dem die Arbeiter_innen ausgesetzt sind
ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 638 / 15.5.2018
Sexarbeiter_innen haben unterschiedliche Lebensrealitäten; das einzige, was alle eint, ist das mit ihren Jobs verbundene Stigma. Das Hurenstigma bezieht sich vor allem auf die Sexualität von Frauen und ist eine Form des Slut Shaming. »Dieses Stigma erfahren Sexarbeiter_innen in unterschiedlichem Maße und auf unterschiedliche Art und Weise, aber es trifft sie alle. Das Besondere an dieser gesellschaftlichen Benachteiligung ist, dass sie zum einen degradierend und ausgrenzend ist und zum anderen eine Opferposition festschreibt«, schreibt P.G. Macioti. »Das Hurenstigma ist immer im Kontext mit anderen Machtverhältnissen zu betrachten. Die Beziehung ist kausal und wechselseitig. Ohne Sexismus, Heteronormativität oder Rassismus gäbe es kein Hurenstigma.« Diese Diskriminierungsformen bestimmen auch die Positionen der Arbeiter_innen in der Hierarchie. ...
https://www.akweb.de/ak_s/ak638/41.htm

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 23, 2018, 10:25:28 AM
Quote[...] Stockholm/Wien – Das schwedische Parlament soll nach einer Debatte am Dienstag heute, Mittwoch, dem, seit Monaten europaweit für Aufsehen sorgenden, strengeren Sexualstrafrecht zustimmen. Das sogenannte Einwilligungsgesetz sieht dabei im Unterschied zur bisherigen Gesetzgebung vor, künftig jede sexuelle Handlung strafbar zu machen, die nicht im aktiven gegenseitigen Einverständnis geschieht – unabhängig davon, ob oder wie das Opfer seinen Widerstand zum Ausdruck gebracht hat. Es gehe vor allem darum, Passivität nicht länger als "stilles Einverständnis" interpretieren zu können. Die Beweislast werde dadurch jedoch nicht umgekehrt, sondern liege weiter beim Kläger, betonte das Justizministerium bereits Mitte Dezember. Das neue Gesetz soll ab Anfang Juli gelten und die Prozentzahl der Anklagen nach Vergewaltigungsanzeigen erhöhen.

Knapp 90 Prozent aller Anzeigen laufen bisher ins Leere. Neben der "weniger groben Vergewaltigung" sollen mit der Gesetzesnovelle künftig auch "unachtsame Vergewaltigung" und "unachtsamer sexueller Übergriff" als neue Strafbestände eingeführt werden. Zudem soll die Mindeststrafdauer bei schweren Vergewaltigungsfällen, beispielsweise bei Kindern, erhöht werden. "Sex sollte stets einvernehmlich sein. Ansonsten ist er illegal", bekräftigte Ministerpräsident Stefan Löfven den Vorstoß der rot-grünen Regierung. Die Gesetzesverschärfungen sollten einerseits mögliche Sexualstraftäter abschrecken, vor allem aber auch einen rücksichtsvolleren Umgang der Sexpartner miteinander erwirken. (APA; red, 23.5.2018)




Aus: "Sex nur noch nach aktiver Zustimmung in Schweden" (23. Mai 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000080190081/Sex-nur-noch-nach-aktiver-Zustimmung-in-Schweden (https://derstandard.at/2000080190081/Sex-nur-noch-nach-aktiver-Zustimmung-in-Schweden)

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"Schwangerschaftsabbruch: Irlands Premier lobt "stille Revolution"" (26. Mai 2018)
Umfragen deuten darauf hin, dass der Zusatz zum Schwangerschaftsabbruch abgeschafft wird. Noch läuft die Auszählung, doch Irlands Premier Varadkar feiert schon das "Ja".
Mehr als drei Millionen Bürgerinnen und Bürger hatten am Freitag darüber abgestimmt, ob der achte Zusatzartikel aus der Verfassung gestrichen werden soll. Dieser untersagt Schwangerschaftsabbrüche selbst bei Vergewaltigung, Inzest oder einer Missbildung des Fötus. Bei einer Abtreibung drohen Frauen bis zu 14 Jahre Haft. Es gibt nur eine Ausnahme: Seit 2013 ist es erlaubt, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Ersten Umfragen zufolge zeichnet sich eine deutliche Mehrheit für die Liberalisierung der Gesetze aus. Aktuell ist die Hälfte der 40 Wahlkreise ausgezählt. Ein offizielles Ergebnis wird im Laufe des Tages erwartet. Die irische Regierung spricht aber schon von einem Erfolg des Referendums.  ... Die Bürgerinnen und Bürger waren dazu aufgerufen, über eine Änderung des Gesetzes abzustimmen. Weil eine Briefwahl nicht möglich war, sollen Berichten zufolge Zehntausende im Ausland lebende Irinnen und Iren für das Referendum in ihre Heimat gereist sein.
Der UN-Menschenrechtsausschuss hatte das Abtreibungsverbot 2016 als Verstoß gegen internationale Menschenrechtsvereinbarungen kritisiert und die irische Regierung aufgefordert, es zu überarbeiten.
In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig, unter bestimmten Bedingungen aber straffrei. Ein Abbruch kann innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen vorgenommen werden, in Ausnahmefällen auch bis zur 22. Woche. Voraussetzung ist, dass die Schwangere sich vor dem Eingriff beraten lässt und dem Arzt einen entsprechenden Nachweis vorlegt. 
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/schwangerschaftsabbruch-referendum-irland-abtreibung-mehrheit-lockerung-gesetz

Quotejohn1606 #5

Willkommen Irland im 21 Jahrhundert. Endlich mal ein schritt für Frauenrechte die ich willkommen halte.


QuoteReffes #9

Das Votum war eindeutig: 67% zu 32% bei 64 % Wahlbeteidigung. Die einzige gesellschaftliche Gruppe, die nicht mehrheitlich dafür gestimmt hat waren die über 65 Jährigen. Selbst in zahlreichen als konservativ religiös geltenden Gemeinden gab es eine Mehrheit.

Irland hat entschieden. Und sich dabei nicht von der versuchten Wahlbeeinflussung aus den USA beeindrucken lassen.


QuoteSerp2 #12

Wenn man bedenkt dass 1995 das Referendum das Scheidung legalisierte nur hauchdünn gewann dann ist die Entwicklung bemerkenswert.
Bis 1980 waren in Irland Verhütungsmittel jeglicher Art verboten. Das kann man sich kaum vorstellen. Kondome waren illegal in Irland bis vor 38 Jahren .


QuoteReffes #12.1

In Deutschland durfte man bis 1997 legal seine Ehefrau vergewaltigen. Homosexualität war bis 1994 illegal. Wir sind nicht so fortschrittlich wie wir denken.


Quotejstawl #12.3

Fast. Vergewaltigung in der Ehe galt schon zuvor als sexuelle Nötigung. Ganz legal war es nicht, hat aber natürlich die Tragweite des Vergehens nicht mal im Ansatz abgebildet.
Und das Schlimme ist, dass Politiker wie Blüm, Merz und auch unser jetziger Innenminister Seehofer damals dagegen gestimmt haben.


Quote
norbertZ #20

67,3% für JA bei 37 von 40 ausgezählten Wahlkreisen. In keinem einzigen haben die Befürworter der alten Regelung eine Mehrheit erhalten: https://www.irishtimes.com/news/politics/abortion-referendum/results (https://www.irishtimes.com/news/politics/abortion-referendum/results)

Es sieht so aus, als ob massive Wahlbeeinflussungen, wie es sie auch vor dem Brexit und der letzten US Wahl gab, in einer funktionierenden Zivilgesellschaft nicht viel ausrichten können. Die vielen Skandale der Kirche, aber auch viele Vorfälle - insbesondere der Fall der Inderin - haben die irische Gesellschaft anscheinend so sensibilisiert, dass sie sich PRO Menschenrechte entschieden haben. Dass dieses Referendum aber letztendlich nur zustande kam, weil zwei irische Frauen bis vor das UN Menschenrechtskommitee zogen, und dort mit ihren Klagen gegen die Irische Republik erfolgreich waren, zeigt aber auch, welche immensen Widerstände hier zu überwinden waren.



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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 26, 2018, 07:20:55 PM
"Warum es feminine Lesben so schwer haben in der Frauenwelt" (2018)
Hohe Schuhe, Lippenstift und Kleider vertragen sich nicht mit dem gängigen Klischee der maskulin erscheinenden Lesbe. Doch es gibt sie, die feminine lesbische Frau. Ein Appell für die stärkere Sichtbarkeit dieser Frauen. ... Das eigentliche Dilemma der Femme Invisibility besteht nicht darin, dass sich eine lesbische Frau feminin zeigen möchte, sondern vielmehr darin, dass noch immer bestimmte Stereotype und Auffassungen von äußerlichen Attributen in den Köpfen der Leute herumschwirren. Diese verleiten sie dazu, eine Frau mit kurzen Haaren oder mit einem androgynen Erscheinen eher als eine Lesbe einzuordnen als eine Frau mit langen Haaren und weiblicheren Rundungen. Bei dem Wort Lesbe kommt oft automatisch die Vorstellung einer burschikosen Frau mit Kurzhaarschnitt und Holzfällerhemd auf. Eine Butch. Das genaue Gegenteil einer Femme. Äußerlich sind die beiden grundverschieden, aber eines haben sie gemeinsam: Sowohl Butch als auch Femme steht auf Frauen. ...
https://ze.tt/warum-es-feminine-lesben-so-schwer-haben-in-der-frauenwelt/

QuoteDschiesis Kraist
Dieses Thema ist sehr viel komplexer und vielschichtiger, als es die gute ,,feminine" Lesbe hier darstellt - und so manche Gedanken scheint sie sich noch nicht aus ihrer - momentan ziemlich verdattert anmutenden - Ich-Perspektive gemacht zu haben. Was mich am meisten befremdet, ist, dass sie nur zwei simple weibliche Klischees bemüht: das heteronormative der geschminkten und zurechtgemachten Frau und ihr lesbisches Gegenteil, verkörpert in der ,,Butch" (auch als ,,kesser Vater" beschrieben). Platter und eindimensionaler geht es wohl kaum oder? Lesben sind genauso bunt, vielfältig und divers in ihren Erscheinungsbildern wie der Rest der Gesellschaft. Sie haben sich als Frauen lediglich emanzipatorisch von der zwanghaften Erwartungshaltung der männerdominierten Gesellschaft abgekoppelt, sich in ganz spezieller Weise herausputzen und schmücken zu müssen! Sich in enge, figurbetonte Klamotten zwängen zu müssen, die möglichst diesem grauslichen 90-45-90-Ideal entsprechen, dazu grell wie Marilyn Monroe gemakeupt und auf zehenbrecherischen Highheels herumstaksend. Lesben sehen eigentlich wie wirkliche Frauen aus, die nämlich Männern nicht mehr gefallen wollen und gefallen müssen - somit ganz natürlich, entspannt, authentisch. Das passt natürlich der Mehrheitsgesellschaft überhaupt nicht, die Frauen seit Jahrtausenden dazu verpflichtet, eine hübsche, drollige, putzige und attraktive Dekoration für Männer zu sein - prallbrüstig, wespentaillig, schmollmundig, rundarschig.
Ich kenne superhübsche Lesben, die dennoch nicht wie gefallsüchtige Püppchen daherkommen. Und Barbara Hendricks, die ehemalige Umweltministerin, war für mich ein wunderschönes Beispiel einer souveränen, attraktiven und glaubwürdigen Frau - unverstellt und dennoch liebenswürdig, verletzlich und echt.
Die arme Autorin fühlt sich nirgends heimisch - Identitätskrise vielleicht? Das Leben ist nun mal ein Prozess der Selbstfindung und Selbstreflektion will trainiert sein. Das wird schon!

...

Quote[...] "Warum sind die Rechten so hip im Netz?", fragte die Autorin Ingrid Brodnig Anfang Mai auf der re:publica, jener Berliner Konferenz, auf der seit 2007 die digitale Gesellschaft seziert wird. Rechtspopulismus, Hasskampagnen und der Kampf dagegen waren nicht erst in diesem Jahr zentrale Themen der re:publica. Dass die Erwartungen an das Internet vor zwei Jahrzehnten noch ganz andere waren, demonstrierte Brodnig anhand eines 1997 veröffentlichten Werbespots des US-amerikanischen Providers MCI: "There is no race, there are no genders, there is no age", heißt es darin. Das Internet, gedacht als Möglichkeitsraum, der frei von Diskriminierungen ist, die einer pluralen und gleichberechtigten Gesellschaft entgegenstehen – eine Utopie, die angesichts aktueller Debatten um Troll-Farmen und Rache-Pornos wie aus der Zeit gefallen wirkt. Selbst feministische Theoretikerinnen wie Sadie Plant und Donna Haraway ließen sich in den 1990er-Jahren vom Technikoptimismus inspirieren und entwarfen eine von Cyborgs bevölkerte Post-Gender-Welt.

In einem 2016 publizierten Aufsatz formulieren die feministischen Medienwissenschafterinnen Sarah Banet-Weiser and Kate M. Miltner eine These, die als klarer Bruch zum frühen Cyberfeminismus gelesen werden kann: "Wir befinden uns in einer neuen Ära der Gender Wars, einer Ära, die von Gewalt gegen Frauen in Onlineräumen in einem alarmierenden Ausmaß geprägt ist." Hass im Netz, der auch im deutschsprachigen Raum mittlerweile nicht nur Gegenstand wissenschaftlicher und aktivistischer, sondern auch politischer Debatten ist, trifft Frauen ganz besonders. Wie eine breitangelegte US-amerikanische Studie 2016 zeigte, sind sie mit einer weitaus größeren Bandbreite an Hass und folgenreicheren Onlineattacken konfrontiert: Stalking, Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, Drohungen gegen die Kinder, sexualisierte Gewalt wie Revenge Porn. "Diese Art der vergeschlechtlichten Diskriminierung hat ernsthafte Folgen für den Status von Frauen im Netz", sagt Julia Fleischhack, die aktuell an der Georg-August-Universität Göttingen in Sachen Praktiken und Vorstellungen von digitaler Gerechtigkeit forscht, im Gespräch mit dem STANDARD. Frauen üben vermehrt Selbstzensur, ziehen sich zurück – und würden so letztendlich aus dem Netz verdrängt.

Besonders gefährdet sind Personen, die sich online feministisch äußern: Journalistinnen ebenso wie Genderforscherinnen oder politische Aktivistinnen. 2014 führte "Gamergate" vor Augen, welches Ausmaß Hetzkampagnen gegen einzelne Frauen annehmen können: Was mit einem verleumderischen Posting des Expartners von Spieleentwicklerin Zoë Quinn begann, mündete in eine monatelange Hasskampagne gegen Quinn und zahlreiche Kolleginnen, die von rechten Medien weiter befeuert wurde. Eine Plattform, die dabei eine wesentliche Rolle spielte, nennt sich 4chan. Auf dem 2003 gegründeten Imageboard, das durch Anonymität und lasche Kontrolle geprägt ist, verabredeten sich User mitunter zu den Gamergate-Attacken. 4chan ist nicht nur Wiege populärer Memes und Phänomene wie dem "Caturday", sondern auch Brutstätte menschenfeindlicher Ideen: Rassistische, frauenfeindliche und homofeindliche Sprache durchzieht viele der Diskussionen, auf einzelnen Subboards mischen sich Fotos zerstückelter Leichen mit pornografischen Inhalten und faschistischen Symbolen. Ins Zentrum der Medienöffentlichkeit rückte 4chan zuletzt, als Alek M. im April bei einer Amokfahrt in Toronto zehn Menschen tötete. Der Täter soll sich der "Incel"-Bewegung ("involuntary celibates", unfreiwillig Enthaltsame) zugehörig gefühlt haben, einer Gruppe, die ihren Frauenhass mit sexueller Zurückweisung begründet und sich aufseiten wie 4chan oder Reddit trifft – wo im vergangenen Jahr ein entsprechender Subreddit mit rund 40.000 Nutzern gesperrt wurde. In solchen anarchischen Ecken des Internets florieren frauenfeindliche Gruppierungen wie radikale Pick-up-Artists oder "MGTOW": Men Going Their Own Way stützen sich auf maskulinistische Vorstellungen wie jene, in der die Unterdrückung von Männern in vermeintlich vom Feminismus beherrschten westlichen Gesellschaften postuliert wird, lehnen Beziehungen mit Frauen aber grundsätzlich ab: Nur so gelinge es, sich dem System zu entziehen und zu männlicher Stärke zurückzufinden.

In der maskulinistischen Onlineszene finden sich aktuell auch alte Bekannte: Pick-up-Artist Roosh V, der vor wenigen Jahren mit seinem "Gedankenexperiment", Vergewaltigung zu legalisieren, weltweit für Aufsehen sorgte, berät auf seinem Youtube-Kanal verzweifelte Anrufer mit "Frauen-Problemen". "In meiner Idealen Welt wäre eine Frau nach der Hochzeit mein Eigentum so wie mein Auto oder mein Haus", erklärt Roosh in seinem neuesten Video. Die in all ihren Ausprägungen schwer zu fassende "Manosphere" – die sich etwa auch mit VertreterInnen der Alt-Right-Bewegung überschneidet – scheint klar von einer demografischen Gruppe dominiert zu sein: weiße Mittelschichtsmänner. "Hassgruppen sind generell von Männern dominiert – ob offline oder online. Gerade weiße Mittelschichtsmänner erleben politische, ökonomische und kulturelle Umbrüche häufig als Verlust, sie sehen sich neue Hürden gestellt, ihnen bleiben Dinge verwehrt, auf die sie ein Anrecht zu haben glauben", sagt Tristan Bridges, Professor für Soziologie an der University of California, Santa Barbara. Ihre Wut würden diese Männer wiederum in erster Linie gegen Minderheiten und Frauen richten. Auch wenn Frauenhass und Antifeminismus schon lang vor dem Internet ihre Verbreitung fanden – der Anonymität im Netz kommt ein Verstärkungseffekt zu. "Sozialpsychologische Studien haben gezeigt, dass Anonymität unser schlimmstes Verhalten offenbaren kann. In Hassforen findet sich also auch die denkbar abscheulichste Sprache", sagt Bridges. Wie das in der Praxis aussieht, offenbart ein schneller Blick auf 4chan. "Abtreibung sollte die Zustimmung von Mann und Frau erfordern. Würde eine Frau mein Baby umbringen, würde ich ihr den Kopf mit einer Schaufel vom Rumpf schlagen", schreibt dort ein Nutzer in einer Diskussion über Schwangerschaftsabbruch.

Hass im Netz nimmt indes nicht nur quantitativ zu – er stellt auch qualitativ ein immer größeres Problem dar. "Heutzutage geht frau nicht online. Mensch ist ständig online und Menschen definieren sich so viel stärker mit ihrem Onlineauftritt", sagt Leonie Tanczer, die am University College London über Internet und Geschlecht forscht. Der Dualismus offline und online wird in fünf bis zehn Jahren gar verschwinden, meint Tanczer. Politische und rechtliche Regulierung hinken dieser rasanten technischen Entwicklung jedoch hinterher. Auch wenn Hate Speech im Netz längst Thema EU-weiter Kampagnen und zahlreicher Parlamentsdebatten ist – der Kampf gegen den Hass stehe immer noch am Anfang, meint die Sozialwissenschafterin Julia Fleischhack: Neben umfassenden Bildungsmaßnahmen brauchte es "viel mehr Erste-Hilfe-Einrichtungen, professionelle Unterstützung und AnsprechpartnerInnen für Betroffene, die gezielten Hasskampagnen ausgesetzt sind". Aber auch Technologiefirmen stünden in der Verantwortung, ihre Plattformen sicherer, fairer und gerechter zu machen, betont Fleischhack. Dass die Verantwortung für den Umgang mit den Attacken noch immer viel zu häufig auf betroffenen Einzelpersonen laste, ist auch Tanczer überzeugt. "Vielleicht müssen wir vermehrt darauf zurückgreifen, einen 'kollektiven, digitalen Mut' zu kreieren, wo wir uns unterstützen, eingreifen und gezielt illegales oder kriminelles Verhalten an- und aufzeigen", sagt Tanczer. Selbst wenn die Netzutopien von einst längst verblasst sind, einen grundlegenden Technikoptimismus lässt sich Tanczer nicht nehmen: "Ich glaube weiterhin daran, dass das Internet Möglichkeiten bietet, Räume und Technologien zu schaffen, die Frauen helfen und vielleicht zur Besserung von Ungleichheiten beitragen können." (Brigitte Theißl, 27.5.2018)



Aus: "Warum es neue Strategien gegen den Frauenhass im Netz braucht" (27. Mai 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000080412686/Warum-es-neue-Strategien-gegen-den-Frauenhass-im-Netz-braucht (https://derstandard.at/2000080412686/Warum-es-neue-Strategien-gegen-den-Frauenhass-im-Netz-braucht)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 31, 2018, 07:49:48 AM
"Feminismus: Sexarbeit und Prostitution sind nicht dasselbe"  Antje Schrupp (30. Mai 2018)
Die Beweggründe der Frauen sind entscheidend - Bei der Unterscheidung zwischen Sexarbeit und Prostitution geht es nämlich nicht allein um konkrete Handlungen, sondern sie stellt die Beziehungsstrukturen und Beweggründe der beteiligten Frauen ins Zentrum: Sind diese Frauen handelnde Subjekte, die, wenn auch möglicherweise angesichts schwieriger Rahmenbedingungen, eine informierte Entscheidung treffen? Oder sind sie in sexistische Beziehungen und Verhältnisse verstrickt, aus denen sie keinen Ausweg finden? Diese Frage ist natürlich nicht nur in Bezug auf Frauen zu stellen, sondern auch bei männlichen Sexarbeitern und Prostituierten. Und sie kann ruhig auch bei anderen Themen als Sexarbeit/Prostitution gestellt werden. ... Wenn die Prämisse der weiblichen Freiheit im Zentrum steht, könnte der Konflikt um "Sexarbeit" versus "Prostitution" fruchtbar und interessant sein und nicht lähmend.
https://www.zeit.de/kultur/2018-05/feminismus-prostitution-sexarbeit-unterscheidung-streit/komplettansicht

Quotetheustuba #10

Einfach mal so. Ein guter Artikel, regt zum Nachdenken an,. Pauschalisiert nicht. Angenehme Differenziertheit. Danke.


Quote
SaidAlHouty_at_gmx.de #10.1

Ja. Aber, dass es immer Jahrzehnten bedarf, bevor solche Fragen überhaupt identifiziert und präzise formuliert sind, ist absolut erschreckend.


Quote
haschmi123 #45

Ein guter Artikel. Genau diese Differenzierung tut Not!- Die Unterscheidung von selbst- und fremdbestimmt ist allerdings oft nicht leicht. Jeder der in sozial Strukturen eingebunden ist, ist ein Stück weit fremdbestimmt (Stichworte bulgarische Familie ). Die Loyalität zur Familie oder einer Gruppe ist dann Teil des Selbst. Wieviel Raum man ihr gibt entscheidet jedes Individuum anders.


QuoteHannah L. #46

Der Begriff der Sexarbeit ist eine Erfindung der Lobby für Prostitution!
Der (einmal mehr) deutsche Sonderweg eines von den Grünen initiierten Gesetzes,
so schlecht, daß es, wie Hartz IV, bereits "nachgebessert" werden mußte..., mal sehn, wie oft noch...,

... Stuttgarts "Oberbordellmeister" äußerte einmal auf die Frage in einer Talkshow, wie er es fände, wenn eins seiner Kinder dieser Tätigkeit nachgehen würde: Es würde mir das Herz brechen.
Fragen wir doch mal die Befürworter, wie sie die Frage beantworten würden, wenns um ihre eigenen Kinder, Jungs wie Mädchen, gehen würde!
All die Juristinnen in ihren guten Stuben, die all das so exotisch finden..., wie wärs, wenn die eigene Tochter...!?


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 05, 2018, 09:32:23 AM
Quote[...] Von der SPD-Nachwuchsorganisation stammte [] der Antrag auf staatliche Förderung von feministischen Pornos, der am Sonnabend auf dem SPD-Parteitag beschlossen wurde. Künftig sollen demnach solche pornografischen Inhalte auch über die Mediatheken von ARD und ZDF verfügbar sein.

,,Brauchen wir das?", fragt hingegen Katrin Vogel, Gleichstellungsbeauftragte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Sie hält die Politisierung des Themas für unangebracht.

Grüne und Linke wollten sich auf Anfrage noch nicht zu dem Thema äußern.

...

QuoteZimbo 07:46 Uhr

Unisextoiletten und Feministenpornos...da sage noch einer wir hätten keine Leitkultur!


Quotevigilate_bln 07:19 Uhr

    beschließt die SPD eine Filmförderung für feministische Pornofilme

Gehört dies zur Richtlinienkompetenz?


QuoteKorrekturfahne 04.06.2018, 21:05 Uhr

    Hier darf auch mal was schiefgehen, vor allem aber geht es gleichberechtigt zwischen den Geschlechtern zu, niemand wird herabwürdigend behandelt, ist in programmatischen Schriften zum feministischen Porno zu lesen...
    Künftig sollen demnach solche pornografischen Inhalte auch über die Mediatheken von ARD und ZDF verfügbar sein.


Endlich.
Staatliche Förderung für feministische Pornos. Längst überfällig und mal was anderes als immer nur das langweilige Gedöns von innerer Sicherheit, Wohnungsbau, Wirtschaft, Staatsfinanzen und Bildung.

... Am 14. Juni ist nächste Kultusministerkonferenz.
Eine gute Gelegenheit, dieses Anliegen von großer gesundheits- und gleichstellungspolitischer Relevanz für ganz Deutschland in die breite Bundespolitik zu tragen.

Schwierig vielleicht, weil der aktuelle Vorsitzende Holter zwar nominell Mitglied der Linkspartei ist, aber Ossi, alt, weiß und ein multiprivilegierter Mann.


QuoteXV71 04.06.2018, 20:31 Uhr

    Berliner SPD will feministische Pornos fördern

Endlich ist die Berliner SPD wieder wählbar. ...


Quotewpev 04.06.2018, 20:27 Uhr
Oh ja und unbedingt viele Pornos auf Steuerzahlerkosten herstellen. Nur nicht bedenken, und nicht davon ablenken lassen, das hier Schaden für Familien und junge Menschen entstehen kann. Dreck, Schund und Irrsinn müssen triumphieren ... danke SPD ...


Quoteschoeneberger 04.06.2018, 22:28 Uhr
Die meisten zugeknöpften Kommentator*innen hier werden es nicht glauben, aber feministische Pornos sind tatsächlich dazu da, wozu auch andere Pornos da sind: Sexueller Lustgewinn. Wenn man sich eben Sexualität nicht anders vorstellen kann als in einer Konstellation, in der nur die eine Seite Spaß oft auf Kosten der anderen hat und wenig im gegenseitigen Einverständnis geschieht, dann kann man sich auch nicht hineinfühlen in den Umstand, dass Sex auf Augenhöhe, egal ob Blümchensex oder BDSM, einfach viel besser und lustvoller ist, als alles andere. Es ist doch schon bemerkenswert, welches Bild von Sexualität man haben muss, wenn vorausgesetzt wird 'gleichrangig? Respektvoll? Kann ja nur lustlos und ungeil sein' - Sie müssen diese Filme nicht schauen, keiner muss es, aber ich es ist meiner Meinung nach voll OK, Steuergelder für die Förderung dieser Pornofilmsparte auszugeben. Denn Pornos gibt es so oder so, Jugendliche schauen sie in immer früheren Alter. Verhindern mit Verboten lässt sich das so gut wie gar nicht im heutigen digitalen Zeitalter, denn sie sind überall verfügbar. Aber dann ist es doch eine Überlegung und auch ein Handeln wert, ob wir mit unserer Knete das Angebot des Pornofilmmarktes so zu verändern versuchen, dass das Angebot ein besseres und respektvolleres Geschlechterbild vermittelt. Nehmen Sie die Situation zwölfjähige Jungs schauen sich auf dem Schulhof Pornos mit richtig frauenherabwürdigen Dialogen an. Mit welchem Bild von Sexualität wachsen diese Jungs auf? Wollen wir das? Nein. Ich glaube mit der Förderung feministischer Pornos wird ein guter Weg eingeschlagen.


Quotecoyote 04.06.2018, 20:24 Uhr

    Berliner SPD will feministische Pornos fördern

Das hätte ich eher von den Grünen erwartet. ...


...


Aus: "Berliner SPD will feministische Pornos fördern" Milena Reinecke (04.06.201)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/landesparteitag-der-spd-berliner-spd-will-feministische-pornos-foerdern/22642192.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/landesparteitag-der-spd-berliner-spd-will-feministische-pornos-foerdern/22642192.html)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 05, 2018, 09:38:06 AM
Quote[...]  ... Der Kampf um erzählerische Hoheit bedeutet nichts anderes als das Ringen um Identität und Würde. ...


Aus: "Über die Schmerzgrenze" Rüdiger Schaper (04.06.2018)
Schwuler Sex, Ehre und Klassenkampf: Thomas Ostermeier bringt Édouard Louis' ,,Im Herzen der Gewalt" auf die Schaubühne.
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/im-herzen-der-gewalt-von-thomas-ostermeier-ueber-die-schmerzgrenze/22641540.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/im-herzen-der-gewalt-von-thomas-ostermeier-ueber-die-schmerzgrenze/22641540.html)

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Quote[...] Der Oberste Gerichtshof der USA hat einem Bäcker Recht gegeben, der einem schwulen Paar aus religiösen Gründen keine Hochzeitstorte backen wollte. Der Supreme Court argumentierte in der am Montag veröffentlichten Entscheidung, dass eine aus Protest von dem Paar angerufene Kommission im US-Bundesstaat Colorado die Rechte des Bäckers in Bezug auf seinen Glauben verletzt habe. Richter Anthony Kennedy machte in seiner Stellungnahme aber deutlich, dass er in der Entscheidung keinen Präzedenzfall sieht.

Der Konditor Jack Phillips aus Colorado hatte sich 2012 geweigert, dem Paar Charlie Craig und Dave Mullins eine Hochzeitstorte zu backen. Er berief sich dabei auf seinen christlichen Glauben. Die beiden legten daraufhin bei der Bürgerrechtskommission von Colorado Beschwerde ein.

Die Gesetze des Bundesstaates verbieten es Firmen, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren. Die Kommission entschied, dass Phillips genau dies getan habe. Zwei Gerichte kamen zu demselben Schluss. Der Bäcker legte daraufhin Berufung beim Supreme Court ein.

Das Oberste Gericht argumentierte nun wiederum, die Bürgerrechtskommission habe den Glauben des Mannes nicht hinreichend berücksichtigt. Das Gremium habe sich der religiösen Überzeugung des Mannes gegenüber feindselig verhalten, heißt es in der Stellungnahme von Kennedy.

Der Richter nahm dabei Bezug auf Äußerungen von Mitgliedern der Kommission, die Phillips' Glauben seiner Meinung nach verunglimpft hätten. Diese hätten suggeriert, dass religiöse Überzeugungen in Colorados Geschäftswelt nicht uneingeschränkt willkommen seien.

Kennedy erklärte aber auch, dass es in ähnlich gelagerten Fällen zu einer anderen Entscheidung kommen könnte. Es bedürfe einer tiefergehenden Bewertung in den Gerichten, schrieb er. Dabei müsse sowohl berücksichtigt werden, dass religiöse Überzeugungen nicht unangemessen missachtet werden dürften, wie auch die Tatsache, dass homosexuelle Menschen nicht gedemütigt werden dürften, wenn sie bestimmte Dienstleistungen auf dem freien Markt in Anspruch nehmen wollten.

In den USA gibt es noch eine Reihe weiterer Fälle, in denen Geschäfte homosexuellen Paaren Leistungen verweigert hatten - darunter Floristen, Fotografen und Bäcker. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes fiel sieben zu zwei aus. Die beiden liberalen Richterinnen Ruth Bader Ginsburg und Sonia Sotomayor stimmten dagegen.


Aus: "US-Bäcker darf Schwulen Hochzeitstorte verweigern" (04.06.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/oberster-gerichtshof-us-baecker-darf-schwulen-hochzeitstorte-verweigern/22642668.html (https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/oberster-gerichtshof-us-baecker-darf-schwulen-hochzeitstorte-verweigern/22642668.html)

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" Escort-Service: "Ich mache mir Sorgen um dich" "
Anna: Viele lästerten, wie tief ich gesunken sei. Das kümmerte mich nicht. Die haben keine Ahnung von meinem Job. Nur wegen der Kohle würde ich das nie machen. Ich will eine Nutte sein. Sex ist mir wichtig, und ich schlafe gern mit Fremden, auch älteren Männern. Meine Kunden suche ich mir selbst aus. Wenn ich etwas nicht will, sage ich Nein. Und ich treffe die Männer nur in teuren Hotels, wo sie mir wie auf dem Silbertablett serviert werden.
Lena: Anna rechtfertigt ihren Job damit, dass ältere Männer ihr Fetisch sind. Das kann ich nur schwer nachvollziehen. Bei jeder Arbeit gibt es Dinge, die man nicht so gern tut, die aber von einem erwartet werden. Ich mache mir Sorgen, dass sie sich in Situationen begibt, in denen sie sich nicht mehr wohlfühlt, ihre Arbeit aber trotzdem machen muss.
https://www.zeit.de/campus/2018/04/escort-service-sexarbeit-studium-geld-sorgen

QuoteBalthasar y Gracian #2

Als Ehefrau sich aushalten lassen...wäre das theoretisch und praktisch nicht auch Prostitution?!


Quoten4se #2.4

Frauen suchen schon seit jeher jemanden der die Kinder ernähren kann. Das ist Evulutionär verankert. Aber deswegen prostituieren die sich doch nicht gleich alle.


QuoteÖmbelbi #2.5

Ich als Frau, die Sex ne ziemlich gute Sache findet ( und das ist ne Untertreibung) finde den gedanken abstoßend mit jemandem Sex zu haben, den ich nicht will, denn beim Sex habe ich den Partner nämlich in mir, der ist auf mir, ich rieche ihn intensiv usw.. Ich brauche keine Liebe, ich muss den auch nicht ewig kennen, aber ich muss ihn wollen. Dass Frau sich bei ner teuren Agentur die Kunden aussuchen kann, glaube ich keine Sekunde. Da kommt ein sehr solventer Kunde daher, bestellt ein Mädchen, die es für das Geld macht, um dann zu riskieren, ein "nein danke, bist nicht mein Typ" zu bekommen?! Das macht sie keine zweimal, dann ist sie raus aus der Kartei. Aber dass sie ihre Kunden glauben macht, "du gefällst mir sonst hätte ich ja nein gesagt" ist wohl im Preis inklusive.


Quoteerstkundigmachen #2.16

Seit Frauen nicht mehr auf die Zustimmung ihrer Ehemänner für eine Arbeitsaufnahme benötigen sind sie überwiegend berufstätig, davor wurden sie durch unsägliche Gesetze bevormundet.


QuoteKybernetik #4

Ich finde an der Geschichte schön, dass obwohl die Freundinnen so unterschiedlich sind und Lena die Beweggründe von Anna nicht nachvollziehen kann, sie trotzdem in der Freundschaft geblieben sind und sich damit arrangieren können.

Es könnte sein, dass es manch andere Freundschaften nicht ausgehalten hätten.


Quoten4se #6

" Meine Kunden suche ich mir selbst aus. Wenn ich etwas nicht will, sage ich Nein. Und ich treffe die Männer nur in teuren Hotels, wo sie mir wie auf dem Silbertablett serviert werden. "

Ich glaube eher Sie wird da den Männern auf dem Silbertablett serviert. An Lena's stelle würde ich ja schnell die Kurve kratzen... befreundet mit einer Nutte. Wie tief kann man sinken?


QuoteAristippos von Kyrene #6.2

"befreundet mit einer Nutte. Wie tief kann man sinken?"

Sie widern mich an.


QuoteHeimdahl #8

Einfach mal sich vorstellen, es wäre die eigene 19jährige Tochter. Die harten Close-Ups vor dem inneren Auge nicht vergessen.
Job wie jeder andere, macht nichts mit der Seele, besser als auf dem Bau - is klar.


Quotekingrollo #8.2

Wenn die Tochter heiratet, hat sie auch Geschlechtverkehr. Stellen Sie auch das dann auch intensiv vor?


QuoteAristippos von Kyrene #8.3

Die Sexualität der eigenen Kinder oder Eltern ist immer ein peinliches Thema. Außerdem wäre es für viele Eltern eine Familienschande, wenn ihre Tochter sich prostituiert. So wie es für viele Eltern immer noch ein Alptraum wäre, einen schwulen Sohn zu haben.

Die Gefühle von Eltern sind daher kein Argument dafür, dass niemand mit dieser Arbeit gut klarkommen kann.


QuoteAnna2081995 #8.5

Für mich ist die Sexualität der Eltern und Tochter kein peinliches Thema.


QuoteKybernetik #14

Ich dachte, dass Feminismus für die Rechte der Frau einsteht, aber das scheint nicht überall angekommen zu sein.
Warum darf eine erwachsene, emanzipierte, freie Frau nicht selbst entscheiden, mit wem Sie Sex haben möchte und ob Sie es ohne oder mit Geld tut?
Es scheint so, dass immer noch einige der Gattung Mensch einer Frau nicht zutrauen, dass sie dies ganz alleine entscheiden kann. Sie glauben immer noch, dass man Frauen bevormunden muss.
Einem Mann würde das nicht passieren, der dürfte mit wem auch immer Sex haben und frei entscheiden, ob er dafür Geld haben möchte oder nicht. Eine Frau wird von einigen immer noch als das Objekt Opfer gesehen. Das eine Frau sich aus diesem Status heraus befreit hat und sich nicht als Opfer sieht, sondern als freie selbstwählende Frau, können sich immer noch einige nicht vorstellen.

Frau muss immer noch "beschützt" werden, so scheint es.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 14, 2018, 09:22:04 AM
Quote[...] Lautstark zogen die fünf Angeklagten durch das Kriminalgericht Moabit. Sie erwarteten das Urteil nach wochenlangem Prozess. Sie nahmen es locker. Keiner von ihnen saß bislang im Zusammenhang mit dem Prozess in Haft. Obwohl es um sexuelle Nötigung einer 14-Jährigen und um Vergewaltigung einer 16-Jährigen ging. Zumindest für zwei der Männer aber soll es nun aus Sicht des Landgerichts ins Gefängnis gehen: Zwei Jahre Jugendstrafe ohne Bewährung ergingen am Mittwoch gegen einen 17-Jährigen, drei Jahre und drei Monate Haft erhielt ein 26-Jähriger. Drei weitere Männer wurden freigesprochen.

Die Mädchen wurden laut Anklage in eine "Liebesfalle" gelockt. Hassan T. (Name geändert) sei 15 Jahre alt gewesen, als er im Sommer 2015 über Facebook eine 14-Jährige kennenlernte. Der Junge mit arabischen Wurzeln sei ihr Typ gewesen, sagte die Schülerin später im Prozess. Einvernehmlich kam es beim ersten Treffen zu Sex.

Doch nur Tage später habe Hassan T. "das Mädchen genötigt, sexuelle Handlungen auszuüben", hieß es am Mittwoch im Urteil. Sein Druckmittel seien intime Bilder gewesen, die er beim freiwilligen Sex aufgenommen hatte. Er habe sie zu weiteren Treffen genötigt und gedroht: "Wenn du es nicht tust, musst du damit rechnen, dass die Sachen gepostet werden." Mit drei Kumpels sei T. zu weiteren Begegnungen aufgekreuzt. Es sei zu Sex auch mit den anderen gekommen. Ob diese Kenntnis von dem Druckmittel hatten, sei offen geblieben, begründete das Gericht die Freisprüche. Vieles sei im Vagen geblieben.

Bei Hassan T. sei "Geringschätzung gegenüber Frauen tief verankert", sagte der Vorsitzende Richter. Er scheine sie als "Objekt" zu betrachten. In einem zweiten Fall wurde er der Beihilfe zur Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und Herstellung jungendpornografischer Schriften schuldig gesprochen. Ein Jahr nach dem Geschehen mit der 14-Jährigen hatte er eine 16-Jährige übers Internet in seinen Bann gelockt.

"Es geschah nach gleichem Strickmuster", so das Gericht. Als die Schülerin in einer Wohnung T. treffen wollte, war dort mit dem Angeklagten Wael I. ein weiterer Mann. Sie hätten die 16-Jährige bei einem Spiel betrunken gemacht. Während der 26-jährige I. das Mädchen vergewaltigte, habe T. den Übergriff mit dem Handy gefilmt. 22 Videos sollen es gewesen sein.

"Sie machte von Anfang an klar, dass sie keine sexuellen Handlungen möchte", so das Gericht. Das sei auf den Aufnahmen deutlich zu erkennen. Sie habe sich trotz ihrer Alkoholisierung gewehrt und T. gefragt, warum er ihr das antue. "Sie wurde ausgelacht." Im Prozess sagte I., aus seiner Sicht sei der Sex einvernehmlich gewesen.

Der Staatsanwalt hatte über die jungen Angeklagten gesagt, ihr Benehmen im Prozess lasse erahnen, "wie sie sich verhalten, wenn sie sich in einer Machtposition befinden". Verachtung und Egoismus seien zu erkennen. Er hatte für T. dreieinhalb Jahre Haft gefordert und fünf Jahre gegen I. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quotezeynep2 13.06.2018, 19:31 Uhr
Das Gericht hat sehr vernünftig reagiert.
Die Mädchen verdienen unsere ganze Hochachtung, dass sie die Kraft hatten, anzuzeigen und vor Gericht auszusagen.
Wenn man die Vorfälle der "Grooming Sex Gangs" aus England kennt, die die Methode Liebesfalle - Erpessung - Drogen ebenfalls benutzen, um Mädchen in die Prostitution zwingen zu können, dann gruselt es einen. ...


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Aus: "Strafprozess in Berlin Landgericht verhängt Haft für zwei Vergewaltiger" Kerstin Gehrke (13.06.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/strafprozess-in-berlin-landgericht-verhaengt-haft-fuer-zwei-vergewaltiger/22682390.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/strafprozess-in-berlin-landgericht-verhaengt-haft-fuer-zwei-vergewaltiger/22682390.html)

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"Tat im Weserbergland Mann will sich und Ex-Frau verbrennen – Schwere Verletzungen" (20.06.2018)
Rinteln (dpa). Ein Mann im Weserbergland hat am Mittwochmorgen versucht, sich und seine frühere Ehefrau zu verbrennen.
Dabei erlitt der Mann schwerste Brandverletzungen und musste mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden, wie ein Polizeisprecher in Stadthagen sagte.
Der Mann war gewaltsam in die Wohnung seiner Ex-Frau in der Ortschaft Schaumburg in Rinteln, nahe Porta Westfalica, eingedrungen, hatte sich und die Frau auf dem Balkon mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und dann angezündet.
Während er selbst schwerste Verletzungen erlitten habe, sei es dem Mann nicht gelungen, die Frau in Brand zu setzen, sagte der Sprecher. Die Ermittler gehen von einer Beziehungstat aus. Weitere Einzelheiten wollte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen.
http://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Minden-Luebbecke/Porta-Westfalica/3353675-Tat-im-Weserbergland-Mann-will-sich-und-Ex-Frau-verbrennen-Schwere-Verletzungen
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 25, 2018, 05:14:34 PM
"Käthe Schirmacher: Ein Leben ohne Kompromisse" Doris Griesser (21. Juni 2018)
Käthe Schirmacher war radikale Feministin und völkische Politikerin mit dem dazugehörigen Rassismus und Antisemitismus - Sie war eine Frau, die man entweder bewunderte oder zutiefst verabscheute. Der gemäßigte Raum dazwischen war nicht die Welt der Käthe Schirmacher, und damit zwang sie auch ihre Zeitgenossen zu eindeutigen Positionierungen. Als radikale Frauenrechtlerin und später dann völkische Politikerin war die 1865 in Danzig geborene Journalistin, Schriftstellerin und Vortragsreisende so etwas wie ein früher "Medienstar". ...
https://derstandard.at/2000081858681-1192182008549/Kaethe-Schirmacher-Ein-Leben-ohne-Kompromisse

Quote
Lose_Gedanken

,,Sie sprach, wie 1940 der "Stürmer", von einem "vernegerten Frankreich" und half somit den Boden bereiten für die von Hitler und Goebbels gestartete Hasskampagne gegen Frankreichs Kolonialtruppen, die im Mai und Juni 1940 Massaker an schwarzen Gefangenen inspirierte und "legitimierte".[7] Sie sah den Wiederaufstieg Deutschlands an die Reinhaltung und ,Aufnordung' der Rasse gebunden. "

https://schirmacherproject.univie.ac.at/die-vielen-biographien-der-kaethe-schirmacher/statements/raffael-scheck/


Quote
ReadMyLips

Warum sollten Frauenrecht und Nationalismus ein Widerspruch sein?


Quote
chillmal

Vielleicht können sie sich diese frage selber beantworten - frauenrechte und menschenrechte sind unteilbar und unabhängig von geburtsort, abstammung und staatsangehörigkeit, oder? sind deutsche frauen mehr wert als somalische und wie messen sie den unterschied?


QuoteSchreck

Weil Völkisches Denken auf Reproduktion eben dieses Volkes basiert. Damit ist notwendigerweise die Rolle von Frauen genau vorgegeben - sie sind dazu da völkisch wünschenswerten Nachwuchs in die Welt zu setzen. Alles was sie davon ablenkt/abbringt muss verhindert werden, also jede Form der Betätigung, Selbstverwirklichung etc.
Es ist ein interessantes Paradoxon, dass genau diese völkische Bewegung immer wieder Frauen hervor bringt, die dem nicht entsprechen. Sie sind aber keinesfalls die Regel, sondern dürfen nur existieren, weil für die große Mehrheit ausnahmslos der Reproduktionsgedanke gilt.

Bei völkischer Ideologie geht es genau darum, deswegen immer diese Angst vor dem "Volkstod" oder die Angst vor der "Überfremdung" (die ja immer auch ein Vorwurf an die einheimischen Frauen ist, dass sie nicht genug Kinder bekommen). Deswegen gibt die AfD auch vor, dass es 3 Kinder pro deutscher Frau braucht usw usf.



...

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Quote[...] Laut Statistischem Bundesamt gibt es in Deutschland 2,6 Millionen Alleinerziehende. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass jede zweite alleinerziehende Mutter keinen Unterhalt für die Kinder bekommt. Alleinerziehende tragen ein großes Armutsrisiko. Insgesamt sei jede fünfte Familie betroffen, meist sind es Frauen. ...


Aus: "Zusätzlich 300.000 Kinder erhalten Unterhaltsvorschuss" (17. Juli 2018)
Quelle:  https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2018-07/unterhaltsvorschuss-kinder-staatliche-leistungen-anspruch-bericht (https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2018-07/unterhaltsvorschuss-kinder-staatliche-leistungen-anspruch-bericht)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 21, 2018, 03:08:15 PM
"Fall Sigi Maurer: Endlich wehrt sich mal eine" Eine Kolumne von Margarete Stokowski  (17.07.2018)
Eine Ex-Abgeordnete in Österreich erhält sexistische Facebook-Nachrichten. Die veröffentlicht sie samt Absender. Nun muss sie sich dafür vor Gericht verantworten. Dabei hat sie alles richtig gemacht. ... Ich kenne keine einzige Frau, die in der Öffentlichkeit steht und noch keine beleidigenden oder bedrohenden Nachrichten bekommen hat, inklusive Fantasien darüber, was sexuell mit ihr anzustellen wäre, wenn der Verfasser sie eines Tages treffen würde. Es ist eine Pest, dass diese Nachrichten für viele Frauen zum Alltag gehören. Man kann sie ignorieren, man kann sie beantworten, man kann versuchen, sie zur Anzeige zu bringen, man kann Kunst daraus machen oder öffentlich darüber sprechen, aber loswerden kann man sie kaum. Und manchmal geht der Ärger erst dann richtig los, wenn man sich wehrt. ...
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fall-sigi-maurer-in-oesterreich-endlich-wehrt-sich-mal-eine-a-1218827.html

"Ex-Politikerin in Österreich Per Facebook belästigt, dann verklagt" Hasnain Kazim, Wien (16.07.2018)
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/oesterreich-empfaengerin-sexistischer-hassnachrichten-wird-verklagt-a-1218362.html

https://twitter.com/sigi_maurer/status/1001728003402031109 (https://twitter.com/sigi_maurer/status/1001728003402031109)


"Sigi Maurer: Belästigt und bestraft" Hasan Gökkaya (9. Oktober 2018)
Die Österreicherin Sigi Maurer erhielt obszöne Nachrichten und machte diese in sozialen Netzwerken publik. Nun ist sie wegen übler Nachrede verurteilt worden. ... Die ehemalige österreichische Grünen-Politikerin Sigi Maurer ist wegen übler Nachrede verurteilt worden. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Maurer fühlte sich nach obszönen Nachrichten sexuell belästigt. Sie habe sich nicht anders zu wehren gewusst, als das in sozialen Netzwerken publik zu machen. Doch der Mann, den Maurer beschuldigt, streitet alles ab und verklagte die Frau. Ein Richter in Wien hat ihm nun Recht gegeben und die 33-Jährige schuldig gesprochen. Laut der österreichischen Zeitung Der Standard sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung, er sei zwar überzeugt, dass der Kläger lüge. Dennoch sei es Maurer nicht gelungen, zu beweisen, dass sämtliche Postings von ihm stammten. Sie hätte vor der Veröffentlichung eine Stellungnahme einholen müssen. "Was Ihnen angetan wurde, und dass das nicht strafbar ist, steht auf einem anderem Blatt", zitiert der Kurier den Richter.
Maurer muss demnach nun eine Geldstrafe von 3.000 Euro bezahlen, dem Bierladenbesitzer 4.000 Euro Entschädigung leisten und die Kosten des Verfahrens ersetzen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Ex-Politikerin sieht sich als Opfer. Sie hatte eine Nachricht auf Facebook erhalten, gesendet vom offiziellen Konto eines Craftbeer-Lokals. "Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbeigegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt, als wolltest du ihn essen", soll darin stehen. Danach sei es noch obszöner geworden, berichtet unter anderem der Kurier. Der Ladenbesitzer, den Maurer für den Absender hält, sagt, er habe die Nachricht weder geschrieben noch abgeschickt. Möglicherweise habe ein unbekannter Mann sie geschrieben, der alleine im Laden gewesen sei.
Weiter heißt es in der Zeitung, dass der Ladenbesitzer angegeben habe, als Reaktion auf das Posting von Maurer beschimpft und bedroht worden zu sein.
Maurer will gegen das Urteil in Berufung gehen. Auf Twitter kündigte sie an, zur Not auch vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen. Maurer habe keine andere Möglichkeit gehabt, sich zu wehren. "Ich werde nicht klein beigeben, wir werden in Berufung gehen und das Geld dafür aufstellen. Es ist völlig eindeutig, dass er es gewesen sein muss", zitiert sie der Kurier.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/gerichtsurteil-sigrid-maurer-craftbeer-belaestigung-rufschaedigung

QuoteMiasto #10

Interessanter Fall. In dubio pro reo gilt natürlich auch dann, wenn es es einem emotional unplausibel erscheint. Menschen ohne handfeste Beweise öffentlich vorzuführen, birgt auch ein Risiko, dass man sich selbst schuldig macht. Am Ende lässt sich das nicht juristisch lösen. Wir sind darauf angewiesen, dass wir anständig miteinander umgehen. Auch wenn es banal klingt.


Quote
michaelrenner #13

So sind sie, die Sexisten und Chauvinisten [1]: Verweisen auf ihren Schwarz, werden faktisch mit der Hand in der Kasse erwischt, haben aber nicht die Eier in der Hose dazu zu stehen.

Frau Maurer wünsche ich viel Erfolg bei der Revision und einen Richter der ihr glaubt *und* den Händler verurteilt!

[1] https://www.zeit.de/2018/41/antifeminismus-usa-pick-up-artists-proud-boys-incel-maskulinisten (https://www.zeit.de/2018/41/antifeminismus-usa-pick-up-artists-proud-boys-incel-maskulinisten)


Quote
Cromagnon #15

>Sie habe sich nicht anders zu wehren gewusst, als das in sozialen Netzwerken publik zu machen. Doch der Mann, den Maurer beschuldigt, streitet alles ab und verklagte die Frau.<

Wie wäre es denn rechtlich, wenn Frau Maurer geschrieben hätte: ... von einer Person, die DIESES Konto benutzt hat ... ?


Quotematokla_auf_ZON #15.1

"Wie wäre es denn rechtlich, wenn Frau Maurer geschrieben hätte: ... von einer Person, die DIESES Konto benutzt hat ... ?"

Wäre nach meinem Rechtsverständnis keine üble Nachrede gewesen, da durch Frau Maurer leicht beweisbar.


QuoteHansifritz #16

Verstehe ich nicht, war doch sein Account. Da ist er Verantwortlich, eigentlich müsste er beweisen, daß er es nicht war.


QuoteBratan187 #31

Social-Media Account erstellen und jeden beleidigen. Wenn man angezeigt wird einfachen sagen: "Der Hund wars". Und schon ist man aus dem schneider. Geil!


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"Incel-Bewegung: Diese Netzcommunity findet, dass Frauen eine Bedrohung sind" Konstantin Nowotny (20. Juli 2018)
Die Incel-Bewegung treibt ein mörderischer Hass auf Frauen an. Wieso führt Sexlosigkeit bei manchen Männern zum Hass? Und wo steht die Szene in Deutschland? ... Worum geht es? ,,The Red Pill" ist ein Kanal der Forengemeinschaft Reddit, die sich lose der sogenannten Männerrechtsbewegung zuordnen lässt. Das böse System, die angebliche Scheinwelt, ist für die Männer dort unter anderem der Feminismus. Ihrer Meinung nach sei dieser nur dazu da, Männern ihr Recht auf Sex mit Frauen zu verwehren. Die schmerzvolle Einsicht, die rote Kapsel, lautet: Die meisten Frauen sind oberflächlich, stehen auf Alphamännchen, und wer das nicht ist, wird für immer sexlos bleiben. Feministische Erzählungen sind die Märchen, die Männer vor dieser Einsicht bewahren sollen. In Wahrheit haben die meisten Frauen die Kontrolle – immer.
Die sexuell Aktiven, das sind die Feindbilder der Incels. Immer wieder schildern sie auch über ,,The Red Pill" hinaus, in Foren wie incels.me, ihren Frust über die eigene, wahrgenommene Unattraktivität und das vermeintlich ausweglose, sexlose Dasein. Einige berichten von Selbstmordgedanken, da sie ihrer als unzureichend wahrgenommenen Attraktivität nicht entfliehen können. Dann sprechen sie von der ,,black pill".
Wenn die Aussichtslosigkeit so tief sitzt wie bei der ,,black pill", können Incels zu Mördern werden. Im Jahr 2014 tötete der Student Elliot Rodger im kalifornischen Santa Barbara sechs Menschen und anschließend sich selbst. Zuvor hinterließ er ein Video-Statement und ein Manifest, in dem er seine Mordakte als Racheakt für jahrelange sexuelle Zurückweisung von Frauen beschreibt. Innerhalb der Incel-Szene wird er zuweilen als Held gefeiert. Erst dieses Jahr starben durch einen weiteren, ähnlichen Anschlag zehn Menschen im kanadischen Toronto. Der Mörder hinterließ zuvor auf seiner Facebookseite ein Statement, in welchem er den Beginn der Incel-Rebellion einläutete und sich positiv über Elliot Rodger äußerte.
Die Szenen eint, dass sie Frauen als Objekte sehen, die Sex zur Verfügung stellen, als wäre es eine natürliche Ressource. Während Incels sich damit abfinden, dass sie die ihrer Meinung nach lebensnotwendige Zuneigung unrechtmäßig nie bekommen werden, sind sich Pick-Up-Artists einig, dass es dafür nur die richtige Methode braucht. Auch sie gehen davon aus, dass Bewegungen wie der Feminismus eine Bedrohung sind, die das Recht auf Sex für Männer einschränken wollen.
Frauenhass gab und gibt es schon immer. Schon der Amokläufer Anders Breivik schrieb in seinem Manifest über die Bedrohung des Feminismus. Die Nähe zu rechtsextremen, fanatischen Bewegungen ist oft nicht zufällig. Was diese Männer ängstigt, ist der Verlust ihrer Macht. Gleichberechtigte Frauen, die über ihren Körper selbst bestimmen, sind für sie eine Katastrophe. Um diesen Machtverlust auszugleichen, greifen sie im Zweifelsfall zur Waffe. Dann sind sie wieder die starken Alphamännchen, die über Frauenkörper richten können. ...
https://ze.tt/diese-netzcommunity-findet-dass-frauen-eine-bedrohung-sind-incel-bewegung/

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Quote[...] Die Folgen dieser toxischen Männlichkeit können verheerend sein: Statt sich Hilfe zu suchen, tendieren Männer deutlich häufiger als Frauen dazu, auf Frust oder Ausweglosigkeit mit Gewalt und Selbstschädigung zu reagieren. Über 70 Prozent der Alkoholabhängigen in Österreich sind männlich. Männer begehen fast viermal häufiger Suizid als Frauen. Sie richten die Gewalt aber nicht nur gegen sich selbst, wie die Kriminalitätsstatistik zeigt: Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben begehen Männer zehnmal häufiger als Frauen, jene gegen sexuelle Integrität und Selbstbestimmung fast 60-mal häufiger als Frauen.Auch Terrorismus und Amokläufe sind stark männlich dominiert. Einer Statistik von "Mother Jones" zufolge, in der alle Schusswaffenattentate in den USA mit mehr als vier Toten seit 1982 analysiert wurden, bilden die größte Tätergruppe: weiße Männer. Insgesamt wurden nur drei der insgesamt 101 Vorfälle von Frauen (mit-)verübt.
Dabei geht es oft um Frustration, Unzufriedenheit, sogenanntes "male entitlement": Die Täter sehen sich im Recht, etwas zu erhalten, was ihnen aber ihrer Ansicht nach verwehrt wird. Dabei kann es sich um Erfolg im Job handeln – der "Amokfahrer von Münster" etwa hatte offenbar seinen beruflichen Niedergang nicht verkraftet. Oder auch die vermeintlich "verwehrte" Aufmerksamkeit von Frauen, die etwa der Amokfahrer von Toronto im April oder der Schütze von Isla Vista 2014 beklagten.
Die Opfer der männlich dominierten Gewalt sind überdurchschnittlich oft Frauen: Laut der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie waren 2017 österreichweit 83 Prozent der gemeldeten Opfer häuslicher Gewalt weiblich – während die Gewalt in 88 Prozent der Fälle von Männern ausging. Seit 2012 wurden insgesamt 122 Frauen von Männern und sieben Männer von Frauen innerhalb eines Nahe- oder Beziehungsverhältnisses getötet. Dieses Jahr waren es bereits 16 Frauenmorde. Im Mai ermordeten zwei Männer ihre Ex-Partnerinnen in Wien. Erst am Montag hat ein Mann in der Obersteiermark seine Ex-Freundin mit Benzin übergossen und versucht, sie anzuzünden.
Was bedingt diese Geschlechterdifferenz? Christian Scambor vom Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark sieht einen Zusammenhang mit gesellschaftlichen Normen und Rollenbildern – und damit, wie Jugendliche sozialisiert werden, "welche Werte und Verhaltensweise verstärkt oder abgewertet werden". Bereits im Kindes- und Jugendalter finde man(n) "keine geschlechtsneutrale Welt" vor, sie sei "mit vielen toxischen Bildern ausgestattet", erklärt der Psychologe, der unter anderem in der Gewaltarbeit tätig ist. Vorstellungen wie jene des "gewalttätigen, zornigen Mannes, der rot sieht" seien nicht angeboren, sondern würden "von unserer Kultur" vorgeschlagen und weitergegeben werden.
Auch Männerforscher Christoph May kritisiert die vorherrschenden Idole – neben jenen in Film und Literatur auch emotional distanzierte Elternteile. "Wir erleben Väter, die kaum Interesse für die Erziehungsarbeit aufbringen", und Söhne, die nach wie vor dazu erzogen würden, ihre Gefühle zu unterdrücken. "Von positiven, emotional integren Männerfiguren sind wir weit entfernt", beklagt May. Auch für Gerichtsgutachterin Roßmanith braucht es "gesunde Identifikationsfiguren", die sich nicht hinter "männlichen" Fassaden verstecken. Aus ihrer Arbeit erzählt sie: "Die größten Schläger auf der Straße sind, wenn man sie untersucht, hilflose Däumlinge. Dahinter steckten 'Kindsmänner', die wie in der Sandkiste agieren, wenn Kinder anderen eine Schaufel auf die Birne hauen. Ich verniedliche, aber im Grunde geht es bei Gewalttaten um solche Konflikte."


Aus: "Geschlechterrollen - Toxische Männlichkeit: Das gefährliche Schweigen der Männer" Noura Maan, Sandra Nigischer (22. Juli 2018)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/2000083736242/toxische-maennlichkeit-das-gefaehrliche-schweigen-der-maenner (https://www.derstandard.de/story/2000083736242/toxische-maennlichkeit-das-gefaehrliche-schweigen-der-maenner)
Title: Re: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 24, 2018, 05:14:35 PM
"Oxana Schatschko Femen-Gründerin ist tot" (24.07.2018)
Sie war eine der Gründerinnen der Frauenrechtsgruppe Femen: Oxana Schatschko ist im Alter von 31 Jahren tot aufgefunden worden. Femen-Mitbegründerin Oxana Schatschko ist tot. Sie wurde in ihrer Wohnung in Paris tot aufgefunden. Das teilte die Frauenrechtsgruppe auf ihrem offiziellen Blog mit.
"Wir trauern zusammen mit ihren Verwandten und Freunden", heißt es in dem Statement, dass mit "RIP Oxana Schatschko" überschrieben ist.
Femen wurde 2008 in der Ukraine gegründet, Schatschko gehörte zu den bekanntesten Aktivistinnen. Die Frauenrechtsorganisation erregte immer wieder mit Oben-ohne-Aktionen unter anderem gegen Sextourismus, Homophobie und religiöse Einrichtungen Aufsehen.
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/oksana-shachko-femen-gruenderin-ist-tot-a-1219992.html

"Femen-Mitgründerin Oxana Schatschko tot in Paris aufgefunden" (24.07.18)
Verschiedene Medien berichten, dass sich die Russin das Leben genommen habe. Es soll bereits ihr dritter Suizid-Versuch gewesen sein. ...
https://www.berliner-zeitung.de/politik/femen-mitgruenderin-oxana-schatschko-tot-in-paris-aufgefunden-31007760

https://femen.org/rip-oksana-shachko/

Oksana Schatschko (ukrainisch Оксана Шачко, geboren am 31. Januar 1987 in Chmelnyzkyj, Ukrainische SSR; gestorben am 23. Juli 2018 in Paris, Frankreich)
https://de.wikipedia.org/wiki/Oksana_Schatschko

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"Schreiben über Sex und Macht: Über die Schuld, eine Frau zu sein" Katharina Schipkowski (24.07.2018)
Seit Ende vergangenen Jahres gibt es einen Begriff für Menschen, die zwar nicht vergewaltigen, mit denen man aber trotzdem nicht komplett freiwillig schläft: "Cat Person". Die gleichnamige Kurzgeschichte von Kristen Roupenian, die im Dezember im "New Yorker" erschien, ging viral: Zwei Menschen treffen sich zufällig, verabreden ein Date, chatten viel, bauen Erwartungen auf. Das Date geht schief. Sie haben trotzdem Sex, aber der ist alles andere als gut, vor allem für die Frau. Sie steht den lieb- und lustlosen Porno-Style-Sex dennoch durch, weil ihr ein Ausweg zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich scheint.
Der Text ist eine der meistgeklickten fiktiven Geschichten des vergangenen Jahres. Die Autorin hat offenbar ein dringendes Bedürfnis getroffen - über missglückten Sex und enttäuschte Erwartungen zu reden und vor allem über Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen, die sich in solchen Situationen kristallisieren. ...
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/sagte-sie-kritik-zu-dem-buch-ueber-sex-macht-und-die-metoo-debatte-a-1216583.html

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 25, 2018, 11:34:23 AM
Quote[....] Mansur Seddiqzai unterrichtet an einem Gymnasium in Dortmund. Für ZEIT ONLINE schreibt er vor allem über seine Erfahrungen als Lehrer für Islamischen Religionsunterricht. Diesmal berichtet er zur Abwechslung von einer eigenen Erfahrung: der Geburt seiner Tochter.

... Meine Tochter wurde kurz nach Silvester geboren, damit wurde sie das lokale Neujahrskind. Die Lokalzeitung zeigte ein Bild von ihr und meiner erschöpften Frau, darunter ein paar Worte zu der Kleinen. Der Artikel erschien auch online. Keine 24 Stunden später wünschte sich eine Person hinter dem Pseudonym Gnadenlose Ausrottung "Rattengift für ihre Parasitenbrut". Ein anderer namens Kammerjäger ergänzte: "Die Nachgeburt haben wir gesehen – aber wo ist jetzt das Baby?". Ein Dritter mutmaßte, ob das Kopftuch der Kleinen wohl im Uterus hängen geblieben sei. Das Kopftuch meiner Frau und unsere Namen hatten sie wohl getriggert. Wir erstatteten Anzeige bei der Polizei, die den Staatsschutz aktivierte und gegen die Babyhasser ermittelte. Die Server, auf denen die Foren operierten, waren aber im Ausland und deutsches Recht endet offenbar an nationalen Grenzen. Der Staat wollte, konnte uns aber nicht schützen. In welche Welt wurde meine Tochter da geboren?

Im Krankenhaus verbrachte meine Frau zwanzig Stunden in den Wehen, und ich spielte sämtliche Schreckensszenarien eines werdenden Vaters durch. Meine Freude über das neue Leben lag nah an der Angst vor dem Tod von Frau und Kind. Als ich die Kleine endlich in den Armen hielt, war alles vergessen. Ich hatte Tränen in den Augen. Die Ärztin registrierte meinen Gefühlsausbruch, legte ihre Hand auf meine Schulter und sagte: "Das nächste Mal wird es bestimmt ein Junge." Wie bitte?, antwortete ich. Sie entschuldigte sich und schob nach, dass sie leider viele Väter erlebe, die bei der Geburt ihrer Mädchen enttäuscht wären und deswegen weinten. Selbst im schönsten Moment meines Lebens musste mir jemand in Erinnerung rufen, dass ich in den Augen vieler immer noch der primitive Orientale bin, der Mädchen hasst. 

Leider war ihr Vorurteil nicht völlig abwegig. Denn Kränkungen und Sticheleien kamen auch von anderer Seite. Mein Vater zeigte sich zur Geburt unserer Tochter außergewöhnlich großzügig. Er schenkte uns 500 Euro, beließ es jedoch nicht bei der schönen Geste. "Wenn es ein Junge gewesen wäre, hätte ich dir doppelt so viel gegeben!", sagte er. Andere Familienmitglieder fragten scherzhaft, ob ich mir nicht einen Sohn gewünscht hätte. Vor allem den Tanten, die sich mit ihren Söhnen schmücken, schien diese Frage wichtig. Jedes Mal betonte ich dann, dass ich glücklich über eine Tochter sei. Sie nickten, fragten beim nächsten Zusammentreffen aber wieder nach. Gerade in privaten Momenten erlebe ich diese uralte Frauenfeindlichkeit.

Söhne sind in vielen muslimischen Familien ein begehrtes soziales Kapital, Mädchen hingegen nicht. Die Beschneidung ist ein Familienfest, bei dem der Penis völlig frei von Scham im Zentrum steht. Beginnt ein Mädchen zu menstruieren, geschieht das Gegenteil. Ihre körperliche Veränderung wird zum Geheimnis zwischen Mutter und Tochter, ohne Fest und Geschenke. Der Körper des Mädchens tritt in den Hintergrund, er wird als schützenswert erklärt und somit unsichtbar. Der männliche Körper hingegen wird zelebriert. Auch in diese Ungerechtigkeit wurde meine Tochter geboren. Meine Frau und ich werden daran nichts ändern können, so sehr wir uns einen Mentalitätswandel wünschen. Wir bringen unserer Tochter aber bei, dass sie kein mangelhaftes Wesen ist, und dass sie sich vor nichts und niemandem verstecken muss.

Die Angriffe im Internet hörten nicht auf. Die Zeitung löschte zwar alle Beleidigungen und Todeswünsche, rechtsextreme Foren hatten das Foto aber längst aufgegriffen. Sie hetzten gegen die Geburt einer weiteren "Fremden" und sprachen vom "Geburtendschihad". Der Gedankengang vieler Verschwörungstheoretiker: Der wilde Moslem kann zwar angeblich nichts, aber er soll erstaunlich gut Kinder zeugen. Der gute Deutsche hingegen sei so zivilisiert, dass er nicht mal mehr das Primitivste hinkriegt, nämlich sich zu vermehren. Am Ende soll aber die deutsche Frau für den Niedergang der Nation verantwortlich sein, weil sie lieber studiert, arbeitet und frei ist, als das Volk durch eine große, blond-blauäugige Kinderschar am Leben zu erhalten. Die Flüchtlinge wurden dann in den Augen der Verschwörungstheretiker von Angela Merkel persönlich als Katalysator für diese Entwicklung ins Land gelassen. Irgendwann soll dann der Tag X kommen und die Bundesrepublik mutiert zum Bundeskalifat.

Interessanterweise sind rechte Verschwörungstheoretiker, latente Rassisten, Islamisten, aber auch viele konservative Muslime sich in einem Punkt sehr nahe: ihrer Geringschätzung gegenüber Frauen. Wie man es dreht: Immer soll die Frau schuld sein an Missständen in der Gesellschaft, egal ob Angela Merkel, die deutsche Mutterschaftsverweigerin oder die gebärfreudige Muslimin. Die Internetkommentare gegen meine Frau waren auch wesentlich feindseliger als diejenigen gegen mich. Je präsenter Frauen sind, desto größer der Abwehrreflex – von allen Seiten.

Am Ende half uns nicht die Polizei, sondern die Rechtsabteilung einer Zeitung. Sie erwirkte bei Google, dass alle Links mit dem Namen unserer Tochter zu rechten Seiten gelöscht wurden. Wir lernten einen weiteren Trick: Schneller als eine Anzeige wegen Aufrufs zur Gewalt geht es, wenn die Zeitung die Urheberrechte an unseren Bildern geltend macht. Das klappte tatsächlich, auch wenn nicht alle Inhalte gelöscht wurden.

Inzwischen ist meine Tochter vier Jahre alt. Sie liebt Superhelden und Prinzessinnen, und sie verteidigt sich lautstark, sobald ihr eine Ungerechtigkeit widerfährt – egal ob gefühlt oder tatsächlich. In ihrer Welt muss man nicht betonen, dass Mädchen vieles "auch" können. Der Glaube, dass die Geschlechter ungleich viel wert sind, ist nur anerzogen. Man kann ihn aberziehen. Manchmal verfalle ich aber in alte Muster und erkläre ihr, dass Mädchen alles schaffen können, "genauso wie Jungs". Dann schaut sie mich mit ihrem altklugen Blick an, stemmt die kleine Hand in die Hüfte und erwidert entnervt: "Das weiß ich doch, Baba!" Das ist doch eine gute Grundlage für die Kämpfe, die noch auf sie warten.




Aus: "Rassismus: Baba werden" Mansur Seddiqzai (24. Juli 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-07/rassismus-muslim-tochter-islamfeindlichkeit-frauenfeindlichkeit

Quoteacta est fabula #8

... Eigentlich brauchen wir mehr solcher Alltagsgeschichten, die kulturelle und religiöse Unterschiede erklären, und aufzeigen welche konkreten Reaktionen diese hervorrufen.
Dass Nationalkonservative hier wie in islamischen Ländern ein Problem mit selbstbestimmten Frauen haben, ist traurige Wahrheit.


Quotenachtschwester #8.2

Anonyme, rassistische Hetzer, die sich wünschen ein Neugeborenes mit Rattengift umzubrinen, als Nationalkonservative zu verharmlosen, ist noch viel trauriger!


Quotetitanicus #14

>>Interessanterweise sind rechte Verschwörungstheoretiker, latente Rassisten, Islamisten, aber auch viele konservative Muslime sich in einem Punkt sehr nahe: ihrer Geringschätzung gegenüber Frauen.<<

Die Ähnlichkeiten sind zwar bekannt, dennoch ist es sinnvoll, immer wieder darauf hinzuweisen. Denn nicht nur mit der islamischen Zuwanderung, sondern auch mit dem Erstarken des europäischen Rechtsextremismus droht erneut ein Rückfall in das ungehemmte Patriarchat. Misogynie macht einen Kernpunkt der rechtsextremen ,,Weltanschauung" aus. Gleichstellung gilt als Reizwort, weshalb die Forderung danach von rechtsextremer Seite sofort mit ,,Tschända-Wahnsinn" beantwortet wird.

Die Unterwerfung der Frau gilt in rechtsextremen Kreisen als Bestandteil einer ,,natürlichen" Hierarchie. Der Soldat und Krieger steht über der Hausfrau und Gebärerin. Die Frau dient in erster Linie als Wellness-Oase für den erschöpft vom Schlachtfeld heimkehrenden Kriegshelden. Der Rechtsextremismus propagiert schließlich nicht nur eine Rangordnung der Ethnien (früher ,,Rassen"), sondern auch der Geschlechter.


QuoteMastershark #17

Danke für diesen Beitrag, der so viele Widersprüchlichkeiten aufzeigt, die in einer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft eigentlich gar nicht vorkommen dürften. Soziale Medien, die als Plattform für Hasstiraden herhalten müssen, werden von Menschen, die man sich im normalen Leben gar nicht vorstellen kann, benutzt, um schlimmste Äusserungen in die Öffentlichkeit zu bringen, mehr noch sie dienen auch als Plattform für rudelhafte Agitation aus der Anonymitt heraus. Man mag darüber hinwegsehen, um nicht zu verzweifeln, besser wäre aber, wenn diese Hass-Schreiber sich ihrer Taten bewusst würden und wenn endlich Instrumente verfügbar würden, um so etwas juristisch zu belangen.
Ich habe mich über diesen Beitrag sehr gefreut, hoffe, dass er einigen Zeitgenossen einmal die Augen für unsere vorurteilsbeladene Art zu denken öffnet. Ich wünsche dem stolzen Vater und seiner Tochter alles Gute und viel Glück für die Zukunft, in der Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegnen und im gegenseitigen Respekt miteinander umgehen.


Quotewonderb0lt #28

Cooler Typ. Hoffe seine kleine wird mal Astronautin. Oder Bundeskanzlerin. Oder Superheldin :)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 28, 2018, 06:18:42 PM
Quote[...] Weibliche Brustwarzen sind auf Instagram immer noch tabu.  ... Bis heute finden Kreative weltweit immer neue Ansätze, um die sexualisierenden und tabuisierenden Instagram-Richtlinien zu thematisieren. Fast vier Millionen Bilder finden sich unter dem Hashtag #freethenipple auf Instagram. Die künstlerische Umsetzung erstreckt sich mittlerweile über eine enorme Bandbreite. Fast könnte man sagen, dass sich aus dem Protest heraus eine eigene Kunstform entwickelt hat.

Kollektive wie das Nipple Magazin, gegründet von fünf Frauen aus Barcelona, bündeln in ihrem Feed zahlreiche Fotos zu dem Thema, vor Kurzem ging sogar die erste ,,Nipple Exhibition" als Insta-Story online. Ihre Mission: ,,Wir möchten, dass zukünftige Generationen in einer Welt aufwachsen können, in der zwischen weiblichen und männlichen Brustwarzen keine Unterschiede gemacht werden." Im Feed finden sich Bilder mit Brustaufsätzen, von Fischen bedeckte Brüste, glitzernde Brüste oder bemalte Nippel, Illustrationen, GIFs und Galerien, von Künstler*innen weltweit. Auch wenn echte weibliche Brustwarzen auf Instagram natürlich noch erstrebenswerter wären ....


Aus: "So protestieren Kreative weltweit gegen das Nippelverbot auf Instagram" Milena Zwerenz (27. Juli 2018)
Quelle: https://ze.tt/so-protestieren-kreative-weltweit-gegen-das-nippelverbot-auf-instagram-freethenipple-zensur/ (https://ze.tt/so-protestieren-kreative-weltweit-gegen-das-nippelverbot-auf-instagram-freethenipple-zensur/)

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Quote[...] Wie eine aktuelle, vom Streamingdienst Deezer in Auftrag gegebene großflächige Studie belegt, hört der Mensch zudem ungefähr mit 30 Jahren auf, neue Musik zu hören. Das mag mit den Lebensumständen, etwa der Gründung einer Familie, zu tun haben. Allerdings ist es ebenso möglich, dass dies aus einer gewissen Bequemlichkeit heraus geschieht und auf dem dumpfen Gefühl beruht, alles schon erlebt zu haben.
... Die diversen Spielarten von Metal sorgen neben Schlager und Volksmusik für Kontinuität auf dem Markt. ... Seit Mitte der 1980er-Jahre existiert in diesem Zusammenhang also Metal als wertkonservative beziehungsweise fundamentalistische Angelegenheit. Betrachtenswert hier auch der dem Ethos des Handwerkertums entliehene Begriff des "True Metal", der die Jünger auf Kurs halten soll. Geprägt von der definitiv nicht von Einflüssen der Moderne und jüngeren zivilisatorischen Errungenschaften beschädigten US-Band Manowar ("Death to false metal!") setzt man auf die guten alten Zeiten und angesichts aktueller Bedrohungen im Leben auf den sicheren Rückzug in "safe spaces" für Männer, wie sie heute Gott sei Dank nicht mehr als Standardausführung gebaut werden. ... Man wird sich davon etwa auch in Wien bei den britischen Heavy-Metal-Veteranen Judas Priest oder deren Vorprogramm, den deutschen True-Metallern Accept überzeugen können: Wahrer Metal bedeutet nicht nur Handwerk mit goldenem Boden. Er bedeutet auch: Stillstand ist besser als Veränderung.  ...

QuoteMark Syl

und es stimmt überhaupt nicht. gerade metal ist derartig vielschichtig und entwickelt sich permanent weiter. hier wird derartig viel experimentiert, es gibt unzählige genres, die einfach herausragend innovative bands rausbringen... selten so einen schmafu gelesen. mit dieser superlächerlichen arroganz


Quote
Titeuf

Um die 30 entscheidet sich halt, ob man Musikliebhaber ist, oder nur einen Soundtrack zum Leben(sgefühl) brauchte. In ersterem Fall hört man nie auf neugierig zu sein und genießt diesen speziellen Kick, wenn sich im Inneren ein Schalter umlegt und sich einem (wieder) eine ganz neue Musikwelt öffnet. In zweiterem Fall geht's halt vorrangig um Erinnerungen und darum sich wieder wie in der Jugend zu fühlen.


Quotetnt

Solange es Metal gibt, braucht der Mensch nix anderes...
Was soll denn auch die Alternative sein? ...


Quote
Heísenberg

Manowars
Selbstinszenierung als Unikat und Verfechter der "wahren" Metalmusik ist eigentlich ziemlich clever. Sie kokettiert mit der genuinen Vielfalt an Subgenres innerhalb des Metal-Spektrums und treibt das kulturelle Selbstverständnis der Szene als soziogene Entität, die sich in individualistischer Abgrenzung zum Mainstream versteht, in satirischer Überhöhung auf seine Spitze. Eine bewusst kantige und geschickte Provokation, die bei ihren Anhängern eine beinahe schon sektenartige Verehrung entstehen lässt, gleichermaßen aber all jene abstößt, die den artifiziellen Selbstkult der Band als übertriebene Selbstgefälligkeit und Präpotenz missverstehen.


Quote
Stephen Morrissey

Alles über einen kamm geschoren, ein echter schachinger! ...


Quote
Prof.Dr.Tyler Durden

Wieso? - Ältere Herren im Leopardentanga sind doch voll True Metal ;). Fighting the World


Quote
Happy Monday

Ich glaube, Metal mögen hierzulande so viele, weil es irgendwie ein Rückzugsort für weiße Männer ist: da fordert niemand Gender-Quoten, da beschwert sich niemand über fehlende Diversität. Ganz wie früher ;)


Quote
barsimga

pff... Manowarfans und ihr TrueMetal-Geschwurbel ist mir ja das liebste. Manowar ist ja eigentlich Schlager mit verzerrten Gitarren:
Einfache Strukturen
Lieder zum Mitsingen
Quasi nur ein Thema: brüderliche Liebe
eine Prise Sexismus

...und sich selbst als Hüter des wahren Metals aufspielen


Quote
Der große General

Manowar hat deutlich mehr mit Richard Wagner und klassischer Musik gemein, als mit irgendwelchen Schlagern. Siehe "Gods of War".


Quote
Eine Prise Skepsis

Manowar als Vorreiter des Metals zu bezeichnen ist halt auch bisserl suspekt. Die haben ihre Nische gefunden und reiten ihr Gimmick bis in den Abgrund. Wer deren Geschwafel zu 100% ernst nimmt, dem ist nicht zu helfen. Aufs Konzert bin ich trotzdem gern gegangen, weils einfach ein geiles Erlebnis war. Und ich geh wieder hin. ...
   

Quote
af04404d-581b-468c-a140-3f56ac3a350a

Das mit der leicht konservativen Ausrichtung der Metaller stimmt sicher. Wenn heute einer mit einem Master of Puppets T-Shirt herumläuft ist das schon fast ein Bekenntnis zu klassischer Musik. ...


Quote
Hosenträgerträger

Witztig... Ich packe grad für Wacken.


Quote
fandessportsingrossemstile

Jede Musikrichtung sollte seine Berechtigung haben
Aber Metal ist schon mächtig geil


...


Aus: "Wie "True Metal" für Kontinuität auf dem Musikmarkt sorgt" Christian Schachinger (28. Juli 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000084269896/Wie-True-Metal-fuerKontinuitaet-auf-dem-Musikmarkt-sorgt (https://derstandard.at/2000084269896/Wie-True-Metal-fuerKontinuitaet-auf-dem-Musikmarkt-sorgt)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 31, 2018, 12:49:28 PM
Quote[...] Paris – Ein Video sorgt in Frankreich für eine neue Debatte über Gewalt gegen Frauen. Auf dem Facebook-Post einer jungen Frau ist ein Passant zu sehen, der sie ohrfeigt. Die 22 Jahre alte Studentin hatte zuvor nach eigenen Angaben auf die sexuelle Belästigung des Mannes auf offener Straße im 19. Stadtbezirk von Paris reagiert. In ihrer Facebook-Veröffentlichung berichtet die Frau, dass sie auf die "anzüglichen Bemerkungen" vor einem Lokal mit der Bemerkung "ta gueule" (etwa: "Halt's Maul") reagiert habe. Die von einer Überwachungskamera aufgenommenen Bilder zeigen, wie der Mann daraufhin hinter ihr herläuft und sie dann heftig ohrfeigt. Die junge Frau habe Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft ermittle, berichtete der Radionachrichtensender Franceinfo. Die Bilder stammen von der Videoüberwachung des Lokals, wie die Frau berichtete.

Die französische Gleichstellungsstaatssekretärin Marlene Schiappa reagierte empört auf den Vorfall. Sie sei aber leider nicht überrascht, sagte sie der Zeitung "Le Parisien". Schiappa versprach eine "angemessene politische Antwort". Auch die #MeToo-Debatte hatte in Frankreich bereits hohe Wellen geschlagen. Im Kampf gegen sexuelle Gewalt und Sexismus brachte das französische Parlament eine Gesetzesverschärfung auf den Weg. Damit sollen künftig auch sexistische Belästigungen auf der Straße bestraft werden. Das Gesetz schafft dazu die Möglichkeit einer Geldstrafe von mindestens 90 Euro für "sexistische Beleidigung". (APA, 30.7.2018)


Aus: "Video sorgt in Frankreich für neue Debatte über Gewalt gegen Frauen" (30. Juli 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000084417591/Video-sorgt-in-Frankreich-fuer-neue-Debatte-ueber-Gewalt-gegen (https://derstandard.at/2000084417591/Video-sorgt-in-Frankreich-fuer-neue-Debatte-ueber-Gewalt-gegen)

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"Sexarbeit: "Meine Mutter war mein erster Zuhälter"" Eine Reportage von Theresa Krinninger, Teplice  (7. August 2018)
Lastwagen nehmen nun die Autobahn: Was ist aus dem Straßenstrich an der E55 im deutsch-tschechischen Grenzgebiet geworden? Prostitution ist weiterhin ein gutes Geschäft. ... "Viele Freier kommen nach Tschechien, um ihre perversen Fantasien unverhohlen auszuleben", sagt Sander. Zwei ehemalige Prostituierte, die ausgestiegen sind und in einem Frauenhaus in Deutschland leben, erzählen, welche Fantasien gemeint sind: Sex mit Minderjährigen, Sex mit stillenden Müttern oder mit Schwangeren. 
Dazu zählt auch Gewalt. Fast alle Prostituierten, die die Streetworker kennengelernt haben, berichten wie Lucia von Missbrauch durch Freier. ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-08/sexarbeit-tschechien-deutsche-grenze-freier-vergewaltigung/komplettansicht

QuoteErahsMuhs #3

Angeblich hatten schon 88 % der deutschen Männer Sex mit einer Prostituierten.

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/peinlich-aber-erfolgreich-und-keiner-wills-gewesen-sein-1.1782896-6 (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/peinlich-aber-erfolgreich-und-keiner-wills-gewesen-sein-1.1782896-6)

Unglaublich, kann ich als Mann auch irgendwie kaum glauben. 47 Prozent bezahlen sogar monatlich. Insbesondere nach solchen Artikeln wird einem da ganz übel. Demnach bezieht er sich nämlich eigentlich nicht nur auf einsame LKW-Fahrer.


Quote
Hupert #3.24

"Angeblich hatten schon 88 % der deutschen Männer Sex mit einer Prostituierten. "

Okay... dann zitieren mal weiter aus dem verlinkten Artikel:

"Wer es heute wagt, sich in dieser heiklen Angelegenheit in seinem Bekanntenkreis umzuhören, weiß: Da bezahlt natürlich keiner für Sex. Was nicht sein kann, glaubt man einer Studie, die die Frauenzeitschrift Brigitte vor einiger Zeit in Auftrag gegeben hat."

Diese Umfrage der Brigitte würde ich mir gern mal näher ansehen. Für glaubhaft halte ich sie nicht.


Quote
Hupert #3.25

Hier noch eine andere "Umfrage"

Eine Umfrage des Magazins "Playboy" hat ergeben, dass 24 Prozent aller deutschen Männer mindestens einmal im Leben für Sex bezahlen. 1000 Teilnehmer beantworteten die Fragen und offenbarten auch, in welchem Teil Deutschlands die meisten Männer für Sex zahlen. (Montag, 12.01.2015)
https://www.focus.de/panorama/welt/laut-neuer-playboy-umfrage-jeder-vierte-zahlt-fuer-sex_id_4398001.html

Aber ich frage mich echt wo da gefragt wurde. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.


QuoteLesezeit2018 #22

Das sind Einblicke in menschliche Abgründe mitten in Europa! Die Mehrheit der Freier möchte GV ohne Kondom für 5 Euro? ... Wissen die Ehefrauen bzw. Partnerinnen darüber Bescheid? Unverantwortlich und einfach nur dumm! Das Verhalten unterscheidet sich nicht im geringsten von instinkgesteuertem Verhalten bei Tieren!


QuoteLuis Tränker #22.2

Wissen die Ehefrauen bzw. Partnerinnen darüber Bescheid?

Was für eine naive Frage. Wissen sie denn Bescheid, wenn der Mann es mit Kondom und fǘr 100, 150. 200 Euro macht?


Quotenocheinefrau #27

Was zur Hölle ist eigentlich mit all diesen Männern los, die diesen Frauen das Leben ruinieren? Woher kommen diese ganzen kranken Typen? Wie erbärmlich sind die drauf?


Quote
Eddie_Sakamura #31.2

["Dort kaufen sie billige Zigaretten, Sprit und Sex."

Dabei sind die Deutschen, die vom Osten über die Grenze nach Tschechien fahren, dort sich mit paar Euro wie Gott in Frankfreich fühlen, den Kofferraum mit Billigbier und Benzin volllanden, noch das kleinste Problem. Die Emanzipation der Frau in Deutschland, was extrem begrüßenswert ist, hat leider aber auch negative Seiten, nämlich das deutsche Männer sich im Osten Europas das holen, was sie in Deutschland nicht mehr bekommen. Der Mangel an jungen Frauen in (Ost-) Deutschland führte dazu, dass die hormongesteuerten ostdeutschen Männer ihre Lust an unschuldige junge tschechischen Mädchen befriedigen, in dem sie ihre jungen Körper ausbeuten.

Tschechien hat seit Jahrzehnten, seit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung gewaltige Probleme mit kriminellen Ausländern, hauptsächlich ausländische Sex- und Gewalttouristen, genau genommen mit deutschen Sextouristen und Pädophilen, die die tschechischen Gesetze brechen. Sie verlangen Sex ohne Gummi, was in Deutschland strafbar ist und suchen gezielt minderjährige Mädchen auf, um mit ihnen kranke Sexfantasien auszuleben. Aber auch die gewöhnlichen Familienväter handeln mindestens unmoralisch, weil sie die finanzielle Situation der Ärmsten dort ausbeuten und das Leid damit verschlimmern.

Unangenehme Wahrheiten, die endlich ausgesprochen gehören und nicht mehr totgeschwiegen werden dürfen. MUT zur Wahrheit.]

Diese Artikel müsste man eigentlich auf allen rechten Plattformen bringen, um den Ammenmärchen vom deutschen Saubermann einen Riegel vorzuschieben. Sonst wird dort gerne der umtriebene muslimische Triebtäter propagiert.


...


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 10, 2018, 05:00:09 PM
Quote[...] Schlief ein Junge mit einem Mädchen, verwandelte er sich in einen Helden und sie wurde zur Schlampe. Ihr Wert ging auf den Jungen über. Und Wert konnten wir gut gebrauchen, denn wir steckten offenbar in dem, was der Sozialpsychologe Rolf Pohl "Männlichkeitsdilemma" nennt: Jungs sollen selbstsicher und unabhängig sein, das starke Geschlecht. Gleichzeitig sind sie nicht nur erst einmal rundum abhängig von einer Mutter, sondern später auch von der Gunst der Mädchen, um die ihre tiefsten Wünsche kreisen und an denen die Bestätigung ihrer Männlichkeit hängt. Entsprechend hechelten viele von uns mit wachsender Bedürftigkeit den Mädchen hinterher, taten aber so, als sei das alles nur Schnickschnack. ... Dass in diesen weitverbreiteten Haltungen etwas tief Gestörtes lag, spürte ich mehr, als dass ich es dachte. Ein weiteres Dilemma verwirrte mich zusätzlich: Einerseits lag ein romantischer Schleier über dem Sex. Allein die Liebe machte den Geschlechtsakt menschenwürdig, und Liebe bedeutete nicht oberflächliches Verknalltsein, sondern Verantwortung – auch für möglicherweise entstehende Kinder. Diese in der katholischen Sexuallehre ausbuchstabierte Sichtweise las ich aus Worten und schwer greifbaren Haltungen meiner Mutter und anderer einflussreicher Personen heraus. Und es zeitigte Wirkung: Noch als Student, "verliebte" ich mich, wenn ich eine Frau einfach nur sehr attraktiv fand.

Frauen galten als dazu befähigt, Sex und Liebe zu verbinden, während Männer als dauerbrünftige Sexmonster betrachtet wurden. Männer wollten Sex und mussten deshalb lernen zu lieben. Frauen wollten Liebe und mussten deshalb lernen, auch Sex zu mögen. So weit, so old school. Andererseits lag der Geist der sexuellen Revolution in der Luft: Freier Sex macht freie Menschen. Niemand wollte ein verklemmter Spießer sein. Nur wer sich "locker machte" und sein wahres orgasmisches Potenzial auslebte, konnte seinen Körperpanzer aufbrechen und den inneren Fascho besiegen. Ich stand als Teenager also vor der Wahl, ein Triebtäter auf dem Weg ins Höllenfeuer oder ein Nazi zu werden. Mein männliches Geschlecht schien mich für beides zu prädestinieren. Ob es um Provinz-Revoluzzer ging oder um Kinder missbrauchende Geistliche – in einem herrschte Einigkeit: Die Sexualität des Mannes war das Hauptproblem. Entweder war sie zu aggressiv-verklemmt oder zu triebhaft-animalisch. Mit uns Typen stimmte etwas von Grund auf nicht. Um es vorweg zu nehmen: Die Pornografie zeigte mir keinen Ausweg.

Den ersten Pornofilm fand ich als 13-Jähriger durch Zufall auf der Videocassette des fünf Jahre älteren Nachbarsjungen. Ich sah den Film zunächst einmal allein und fand mich in einem Knäuel widersprüchlicher Empfindungen wieder, an denen ich bis heute hin und wieder herumnestele. Dann ging ich daran, den Film auf eine zweite Cassette zu kopieren. Auf dem Schulhof hatte ich schon mit indizierten Horrorfilmen wie Tanz der Teufel und Zombies im Kaufhaus für Furore gesorgt. Jetzt setzte ich noch einen drauf. Bald flogen mir weitere Filme zu, die ich meist mit anderen Jungen zusammen ansah. Ich fand diese Runden zwar ausgesprochen peinlich, machte aber trotzdem mit oder lud sogar zu ihnen ein. Mannwerden schien generell etwas damit zu tun zu haben, möglichst Dinge zu tun, die man eigentlich zunächst nicht tun wollte: saufen, rauchen, kloppen, cool sein, sich selbst und anderen wehtun.

Gleich in meinem ersten Pornofilm sagte die Frau, es tue ihr weh. Der Mann machte weiter. Ein anderer kam herein und fragte gelangweilt, ob er gleich auch mal dürfe. Dabei fragte er nicht die Frau, sondern den anderen Mann. Die Einstellungen wechselten zwischen Penetrationen in minutenlangen Nahaufnahmen und Totalen, in denen erst der eine, dann der andere Mann die Frau von hinten nahm. Dazu gab es herablassende Kommentare. Hin und wieder schlugen die Männer der Frau mit der flachen Hand auf eine Pobacke, als wollten sie ein Pferd antreiben. Das alles erschien mir voller Häme, als ob Sex vor allem die Schadenfreude von Männern befriedigte. Ich fand es fies, wie die Frauen in den Pornos behandelt wurden, aber es erregte mich auch. Und als ich zum ersten Mal Sex hatte, überprüfte ich immer wieder, ob es bei uns auch so aussah wie in den Nahaufnahmen.

Diese Filme brachten etwas an die Oberfläche, was schon vorher in mir virulent gewesen war: eine Verquickung von Grausamkeit und Geilheit. Schon als Grundschüler hatte ich manchmal von Frauen an Marterpfählen fantasiert. Natürlich wollte ich ihnen helfen, sie taten mir leid, wehrlose Opfer, die sie waren. Erst später fiel mir auf, dass ich die Rettungsfantasien ziemlich lange hinauszögerte, um vorher an mir herumzuspielen.

Pornofilme sind Übergriffe, vor allem gegenüber Kindern und Jugendlichen, die noch nicht wissen, was auf sie zukommt. Ich fühlte mich beim Sehen des ersten Pornofilms als Voyeur und Täter. Gleichzeitig wurde etwas mit mir gemacht. Die Darstellungen übertraten meine Grenzen: Ohne Scham hielten Menschen ihre erregten Geschlechtsteile in die Kamera. Privates wurde öffentlich. Wildfremde Menschen zogen mich hinein in ihr scheinbar Intimstes. In ihrer Welt wurde Sex omnipräsent, beliebig, unpersönlich, geil und leer.

Begehren (heiße Frau betritt den Raum) und Erfüllung (kniet sich hin und bläst) fallen im klassischen Pornofilm oft in eins. Das ist besonders attraktiv für Männer, die vom Werben um Frauen und der komplexen Kommunikation echten Liebesspiels frustriert sind. Der Konsum von Pornos ist eine schnelle Abkürzung zum Männlichkeitsgefühl, senkt aber die Frustrationstoleranz zusätzlich: alles, sofort, auf Knopfdruck, ohne emotionale Verpflichtung, Hingabe und eigene Verwundbarkeit. Echter Sex erscheint dadurch bald noch komplizierter und unbefriedigender. Pornografie wird als Ersatz wichtiger. Man braucht sie, weil man sich klein fühlt und fühlt sich klein, weil man sie braucht. Ein erstklassiges Geschäftsmodell: Es nutzt das Suchtpotenzial seiner Kunden so konsequent wie McDonald's seine leeren Trostkalorien und ist legaler als die meisten Drogen.

Aber worin genau besteht der Suchtfaktor? Warum gucken Männer überhaupt Pornos und befriedigen sich nicht einfach anhand eigener Fantasien? Weil das, was sie fantasieren, ja im Film echt stattfindet. Man ist dabei und doch außen vor. Man kann von der alles gewährenden Frau träumen und sie sich gleichzeitig vom Leib halten. Die Frau tut alles, was man will, wird zum Objekt, über das man verfügt wie über den eigenen Körper. Gleichzeitig kann sie einen nicht verlassen oder abwerten, weil sie selbst abgewertet ist.

Vielleicht ist das nur meine ganz persönliche Meise. Aber der Austausch mit anderen lehrt mich: Für viele Männer liegt der verborgene Reiz der klassischen Pornografie in der Sehnsucht nach einer bestimmten Art von Mutter und in der Angst genau vor dieser: die verschmelzende, narzisstisch missbrauchende Mutter. Als Verstärker des Reizes dient Demütigung. Es gilt als selbstverständlich, dass Männer Frauen erniedrigen, um sich selbst mächtiger zu fühlen. "Männerfantasie" heißt das dann manchmal, und man fragt nicht weiter nach.

Als jugendlicher Pornogucker verstand ich die Erniedrigung der Frau bereits darin, dass man sie nackt vorführte, denn dadurch verlor sie ja gemäß des Schlampenstigmas an Wert. Ich wollte auch als 13-Jähriger nicht kaltschnäuzig und egoistisch sein und Menschen zur eigenen Befriedigung benutzen. Gleichzeitig – und die Filme brachten es ans Licht – wollte ich genau das. Ich onanierte während bestimmter Szenen und hatte anschließend Mitleid mit den Frauen, weil ich sie zu Sexobjekten degradiert hatte. Dass die Charaktere der Männer auch nicht gerade tief gezeichnet waren, beschäftigte mich weniger. Mit ihnen hatte ich kein Mitleid, obwohl sie im Film ebenfalls reine Funktionsfiguren sind.

Auch wenn es nur eine Inszenierung war: Warum spielten die Frauen bei so etwas mit? Ihre Erniedrigung, die weltweit angeschaut werden konnte, war doch real. Ich verstand erst später: Demütigen und Gedemütigtwerden sind zwei Seiten derselben Medaille, die aus Verletzungen des Selbstwertgefühls und einer rituellen Wiederinszenierung als Geschlechtsakt geschmiedet wird. Pornos sind ein – oft geschmacklos inszenierter – Tanz um unsere tiefsten Wunden. Sicherlich, es gibt Pornos, die ganz anders sind – heute redet alle Welt von Erika Lust und Fair-Trade-Bio-Pornos mit garantiert glücklichen Darstellern. Manche schwören ja auch auf alkoholfreies Bier und vegane Würste. Aber viele gucken weniger freundliche Pornos nicht, obwohl sie so ein ungutes Gefühl zurücklassen, sondern gerade deswegen.

Ich hatte Glück. Ich wurde nicht pornosüchtig. Aber meine Fantasien wurden eindeutig durch die Filme mitgeprägt, die ich als Jugendlicher gesehen hatte. Spätere Erlebnisse konnten diese Prägung nicht völlig überschreiben. Bis heute stelle ich mir Fragen: Kann man noch aufwachsen, ohne dass Pornografie das eigene Begehren prägt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Pornografiekonsum und sexueller Gewalt? Bevor jemand "Quatsch" oder "aber sicher" ruft: Die wissenschaftliche Debatte dazu ist komplex, differenziert und womöglich auch für eindeutige Pornogegner und Pornobefürworterinnen noch ergiebig. Eine andere Frage: Haben etliche männliche Kommentatoren auf die #MeToo-Debatte so defensiv reagiert, weil sie fürchteten, ihre Fantasien würden an den Pranger gestellt? Müssen sich heute alle Männer für ihre sexuellen Wünsche schämen? Sollten wir darüber reden? Mit wem? Wie? Sehen wir innere Konflikte mehr als Bedrohung denn als Katalysatoren, die unsere Kreativität befeuern? Sind wir frei, wenn wir andere und uns selbst erniedrigen müssen? Unter uns, Jungs, die sexuelle Revolution hat gerade erst begonnen.

QuoteMaggieSimpson83 #6

Man mag es unglaublich finden, aber (das sage ich als Frau) auch Frauen schauen sich Pornos an! Als Mädchen und auch als Erwachsene. Und die Palette ist ziemlich breit: es gibt ganz schlechte und gute Pornos. Es stimmt auch nicht, dass in allen Pornos Frauen gedemütigt werden. Manchmal ist es auch umgekehrt. Es gibt genug SM-Pornos, in denen Männer geschlagen werden usw. Und es gibt auch Pornos ganz ohne Männer. Mir scheint es, als ob der Autor die katholische Morale nie überwunden hätte. ...


QuoteMDenner #12

Mich wundert die Rückständigkeit der Kinderzeit des Autors etwas. Ich bin einige Jahre älter, aber so verklemmt und verdreht ging es da nicht mehr zu.

Und ich glaube, dass unsere (männliche?) Sexualität mindestens 2 Seiten hat: die eher liebevolle in der Liebesbeziehung, und die eher rauhe, schmutzige, die in Pornos und zur schnellen Befriedigung vorkommt. ...


Quotejjkoeln #12.1

Zusätzlich mag ich auch Saures.

Die Verklemmtheit, mit der den Phantasien - eigenen und anderen - begegnet wird, erschüttert. Es ist immer ein Aushandeln zwischen den Menschen (die Zahl ist nicht aufw begrenzt), was erregt und gut ist. Wie oben schon gesagt, alles was Safe, Sane and Consensual ist, ist gut. Dann dürfen auch Schläge und Erniedrigung dabei sein, eben weil hier Schlüssel und Schloss passen und es freiwillig ist.

Erotik und Sex sind eben mehr als nur Vanille, auch wenn Vanilleeis durchaus gut schmecken kann.



QuoteTrampelschlange #17

Ein offenes Gespräch über die sexuellen Fantasien kann Wunder bewirken


QuoteDer Quotenwagnerianer #17.1

Es gab in den 70ern da mal zwei Bücher über die sexuellen Phantasien der beiden Geschlechter wo in Interviews Material gesammelt worden war.
Da waren schon Sachen dabei wo ich ganz schön große Augen gemacht habe im Buch über die der Frauen.


QuoteAlbrich21 #19

Meine SM-Phantasien habe ich seit meinem 10 Lebensjahr.
Die Auspeitsch-Szene im "Tiger von Eschnapur" hat es mir sehr angetan.
Mit 10 zwar nicht im Rahmen von Masturbation oder Sex (das kam später) aber in einer Art vorüubertärer Erregung stellte ich mir die Szene immer wieder vor.

Mein Fetisch auf bestimmte Textilien rührte auch aus dieser Zeit (würde jetzt alles zu weit führen)
Pornos, die ich mir aufgrund von Gewaltszenen oder glänzender Blusen/Unterwäsche aussuche kamen da erst weit später.
Dies als Hinweis, dass nicht Pornos einen Menschen sado-masochistisch oder gar schwul machen.


Quote
ganz ruuuhig #22

"Unter uns, Jungs, die sexuelle Revolution hat gerade erst begonnen. "

Virtuelle Realität auch, die wird die Sexualität revolutionieren.


Quote4711-42-4 #25

Ich habe das Gefühl der Autor wurde nicht von Pornofilmen geschädigt, sondern von seinen Eltern. ...


Quotecredentials22 #28

Super Artikel! Erinnert mich an das Buch: Why men hate women, das von einem englischen Psychotherapeuten geschrieben wurde, der ueber diese Dinge auch klug nachdachte. Ein Zeichen der Intelligenz.


QuoteMeilenwald #33

Dabei ist der Trend in der Porno-Industrie, vor allem im asiatischen Raum in letzter Zeit extrem in Richtung Cuckold (Netorare) gewechselt. Die Ironie dabei ist, dass die Frauen nach wie vor schlecht behandelt werden aber hinzu kommt der nette Protagonist (Proxy), der ebenfalls zerbricht. Die Meinungen von Psychologen und Soziologen zu diesem Trend wäre sicher interessant.



Quotewerweissesbesser #33.2

Na ja, in der US Pornoindustrie wird das Thema Cuckold links feministisch vermittelt: die weisse Frau, bisher unterdrückt von ihrem weissen Mann, verbündet sich mit ihrem schwarzen Lover , der auch als "the bull" bezeichnet wird. Und erniedrigt ihren weissen Mann indem sie ihm direkt vorführt, was der Lover alles drauf hat. In krassen Szenen , für die BDSM Fans die unbedingt leiden wollen, wird der erniedrigte weisse Mann genötigt Sexualpartner des schwarzen Lovers zu werden, wird also genauso unterdrückt, wie er vorher seine Frau unterdrückt hat. Da ist eine politische Botschaft enthalten, wer hätte das gedacht ? Im allgemeinen gibt es auch BDSM Pornos in denen Männer von Frauen gequält werden. In all den Jahrzehnten, von den ersten Printwerken dieses Genres bis heute , wo man ungefiltert über google jede sexuelle Absurdidät aufrufen kann, Jugend und Datenschutz völlig unwirksam sind, zeigte mir Porno nur , das auf dem Gebiet der Sexualität sich Mann und Frau nichts schenken. Wie auf allen anderen Gebieten tuen sich Menschen an was nur denkbar ist. Aber so ist das, selbst diese #metoo-Sache, positiv im Ansatz, hat doch wieder mehr Hass erzeugt.


QuotePolykanos #34

Ich habe nie den Wunsch gehabt und es auch nie als erregend empfunden, Frauen zu demütigen. Ich habe Mädchen, die Sex hatten oder Frauen, die mit vielen Männern Sex hatten oder haben, nie als Schlampen empfunden oder bezeichnet - und schon gar nicht hatte ich jemals die Vorstellung eine vergewaltigte Frau sei entehrt, beschmutzt oder nichts mehr wert.

Als ich noch ein junger Mann war, glaubte ich an die Einheit von Liebe und Sex - und mußte mich dafür von so mancher Frau auslachen lassen, die mir vorhielt, ich könne Liebe und Sex nicht trennen - ich konnte schon, aber ich wollte nicht!

...


QuoteZauberpferd #34.9

"Ich finde es ermüdend, wie Männer immer wieder in die gleiche Klischee-Schublade gesteckt werden"

Das haben Sie doch mit dem Satz davor auch mit Frauen gemacht, nur dass Sie da von Ihrer Lebenserfahrung sprechen. Irgendwas in Ihnen zieht solche Frauen an, was aber nicht heißt, dass alle so sind. Ich kenne sehr viele, die Machos zum Kotzen finden und niemals einen anfassen würden, weil sie nämlich genau auf solche Männer wie Sie stehen und auch mit einem solchen zusammen sind.


Quote
GanzImGlück #38

Mein Rat: Weniger theoretisieren, mehr poppen. Und dabei mit dem Partner kommunizieren, um herauszufinden, wie die ganze Sache noch besser wird.


Quotekarambo lage #45

genialer artikel. frustrierende kommentare.
autor selbstreflektiert, undogmatisch, schmerzhaft ehrlich, an der sache interessiert.
kommentatoren wissen schon alles und schlucken alles seit der geburt und so wird es auch bis zum ende bleiben + alle anderen sollten es gefälligst genauso machen.



Quotekemal_acaröz #53

+++ Frauen galten als dazu befähigt, Sex und Liebe zu verbinden, während Männer als dauerbrünftige Sexmonster betrachtet wurden. Männer wollten Sex und mussten deshalb lernen zu lieben. +++

Keine Ahnung wie der Autor sozialisiert wurde. Aber das liest doch mehr wie sein eigener Horizont. Und er sollte es tunlichst nicht verallgemeinern.
Spätestens wenn man als männlicher Jugendlicher das erste Mal richtig "verknallt" ist mit allem drum und dran, Rosarot obendrauf, dann merkt man aus meiner Erfahrung sehr wohl, dass man auch als Mann Liebe ziemlich "gut kann" (und ich meine Liebe, nicht Sex) - inklusive Herzklopfen und die Angebetete auf einem Podest im Herzen tragen.
Offensichtlich hat der Autor solche Erfahrung nicht gemacht. Anders kann ich mir die recht klischeehaften Ausführungen (Männer = nur Sexmonster) nicht erklären.


Quotegültiger Benutzername #56

War'n das noch Zeiten , als die drei Seiten Damenunterwäsche im Quelle-Katalog ausreichten um in Wallung zu kommen !


Quote7Daisy #62

Vielen Dank, Herr Neft, für Ihren mutigen Artikel und Ihr Angebot zum Reden an die Männer.
Uh, wie roh gleich alle reagieren.
Ja, es ist was im Argen, vielleicht sind ja deshalb alles so mies drauf?
Pornografie macht die Sinnlichkeit und die Sexualität kaputt.
Gut erklärt von Naomi Wolf in "Vagina".
Ein Satz in dem Buch hat mir besonders gefallen:
Sexualität und Sinnlichkeit lernt ein Kind zum Beispiel, wenn es morgens mit nackten Füssen durch taunasses Gras läuft.


QuoteKeinBlattvorsHirn #73

Die Probleme des Autors haben wenig mit Pornos und viel mit seiner katholischen Erziehung zu tun. ...


QuoteMittagsfrau #94

Ich denke, der Autor spricht, auch jenseits vom Pornokonsum, ein grundsätzliches Problem an: Dass Frauen und ihre Sexualität oft noch als "Beute gesehen" werden und Frauen, die "leicht zu haben" wären (also einfach selbst Sex wollen) als "Schlampen". Ich erinnere mich auch noch an ein paar Jungen in der Klasse, die immer in die Umkleide der Mädchen zu kommen versuchten und dann damit rumprahlten, sie hätten von der oder der "die Titten gesehen" und dann dafür bewundert wurden, während es für die Mädchchen erstens peinlich und zweitens auch "entwertend" war, dass sie nackt gesehen wurden.


QuoteSandjup #94.1

Das Wort/Werturteil "Schlampe" äußern vor allem Frauen über ihre Konkurrenz.


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Aus: "Grausame Geilheit" Anselm Neft (25. März 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2018-03/pornografie-aufklaerung-sexualitaet-frauen-erniedrigung/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2018-03/pornografie-aufklaerung-sexualitaet-frauen-erniedrigung/komplettansicht)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 15, 2018, 09:51:06 AM
Quote[...] Nach Polizeiangaben von Montag liefen die beiden, 35 und 36 Jahre alt, kurz nach 18 Uhr Hand in Hand aus dem U-Bahnhof Möckernbrücke, als sie von dem Unbekannten zunächst homophob beleidigt worden seien. Anschließend habe der Mann beide geschlagen, bevor er in den Park am Gleisdreieck flüchtete. Das Paar trug leichte Verletzungen davon; eine medizinische Behandlung lehnte es ab.  Die Frauen beschrieben den Tatverdächtigen als Nordafrikaner.


Aus: "Berlin-Kreuzberg: Frauen homofeindlich beleidigt und geschlagen" (13.08.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/berlin-kreuzberg-frauen-homofeindlich-beleidigt-und-geschlagen/22906020.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/berlin-kreuzberg-frauen-homofeindlich-beleidigt-und-geschlagen/22906020.html)

QuotePat7 13.08.2018, 11:39 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Kapitel 13.08.2018, 11:28 Uhr
Kennen Sie einen Kriminellen, der eine Tat begangen und dann auf die Polizei gewartet hat?

Hier geht es nicht um normale Kriminalität zum Zwecke des sich Bereicherns. Dessen Wesen ist nun mal die Anonymität und funktioniert nur auf die Weise.

Hier hat jemand ein Statement abgeliefert weil er welchen Hass auch immer auf Frauen hat die Händchen halten. Sich erst toll finden weil man es denen mal gezeigt hat aber nicht bereit sein zu seinen Ansichten zu stehen. Das ist Feigheit. Die selbe Feigheit wie im  Netz wenn andere wegen der politischen Meinung oder ihrer Lebensweise anonym bedroht, beleidigt und beschimpft werden oder man Bürgerbüros von Parteien mit Farbe und Parolen beschmiert oder Wahlkampstände angreift und dann abhaut.


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"Asia Argento: Weinstein-Anklägerin soll Minderjährigen sexuell genötigt haben" (20. August 2018)
Asia Argento war eine der ersten Frauen, die Harvey Weinstein der Vergewaltigung beschuldigten. Sie soll Schweigegeld wegen eines sexuellen Übergriffs bezahlt haben. ... Bennett zufolge erfolgte der sexuelle Übergriff 2013 in einem Hotel in Kalifornien. Argento war damals 37 Jahre alt, Bennett war zwei Monate zuvor 17 geworden. Das gesetzliche Mindestalter für einvernehmlichen Sex liegt in Kalifornien bei 18 Jahren. Die Zeitung versuchte nach eigenen Angaben wiederholt vergeblich, eine Stellungnahme von Argento oder ihren Vertretern zu bekommen. ...
https://www.zeit.de/kultur/film/2018-08/asia-argento-harvey-weinstein-jimmy-bennett-metoo-minderjaehriger-schweigegeld

Asia Aria Maria Vittoria Rossa Argento (* 20. September 1975 in Rom) ist eine italienische Schauspielerin, Regisseurin, Filmproduzentin, Drehbuchautorin, Schriftstellerin, Sängerin und Model.
https://de.wikipedia.org/wiki/Asia_Argento

Quoteaddy9878 #13

Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche. ;-)


QuoteBetrand #13.1

Passt fast immer.


Quote
homer_in_the_bushes #18

Wind gesät. Sturm bekommen.


QuoteRunning #21

Wer Macht hat, kommt irgendwann in die Versuchung, sie auch für sich auszunutzen. Es gibt genügend, die widerstehen. Aber es gibt auch genügend, die nicht widerstehen können.


QuoteR. Reagan #27

Es ist wirklich egal, ob schwulenhassender Reaktionär, religiöser Moralprediger oder Radikalfeministin, am Ende werden sie immer als Häuchler und selbstgerechte Lügner enttarnt...


QuoteChampagne Socialist #32

Angriff ist die beste Verteidigung. Jeder Mensch macht Fehler, weshalb man nie aus einzelnen Tätern große Tätergruppen kreieren sollte. Alte "weiße" Männer haben viel verbockt, doch auch nicht-"weiße", nicht-männliche Personen nutzen Machtpositionen rücksichtslos und egoistisch aus.


QuoteDohlenmann #35

Diese Enthüllung diskreditiert meiner Meinung nach nicht das Hauptanliegen von #metoo oder die Anklage gegen Weinstein, weil es dort eben tatsächlich noch viele andere Zeugen gibt. Es sollte aber als eine Mahnung verstanden werden, wie man sich bei solchen Vorwürfen positioniert, wenn sie einen selbst treffen können.


QuoteWir sind von Futur umzingelt. #38

Eine Nachricht, die einem bodenlosen Fass den Boden ausschlägt ...


QuoteVorschau #39

und es war Sommer...


Quotehakufu #39.1

Wer kennt noch das schöne Lied. Heute würde man wohl kaum noch wagen, so einen Text zu veröffentlichen............


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"#MeToo: Asia Argento weist Missbrauchsvorwürfe zurück" (21. August 2018)
Sie sei schockiert über den Artikel, laut dem sie einen minderjährigen Kollegen missbraucht haben soll, sagte #MeToo-Aktivistin Asia Argento. Sie sprach von "Verfolgung". ... "Ich dementiere und weise den Inhalt des von der New York Times veröffentlichten Artikels zurück, der in den internationalen Medien zirkuliert", sagte Argento. Sie sei "zutiefst schockiert" über die "absolut falschen" Nachrichten und sprach von "Verfolgung". Sie habe nie irgendeine Form einer sexuellen Beziehung mit Bennett gehabt.  ...
https://www.zeit.de/kultur/film/2018-08/metoo-asia-argento-missbrauch-vorwurf

Quoteplanespot #2

Die Frau bezahlt 380tausend, weil sie sie dem Täter helfen wollte?
Schöner wurde noch nie die Zahlung einer Erpressungsforderung begründet.


Quote
Paul Ericsson #2.1

Der Unterschied ist, Argento hat den jungen Mann damals nicht gezwungen.
Er profitiert hingegen vom Gesetz das ihn in die Lage bringt das Geld zu fordern.

Argento´s einziges "Verbrechen" liegt darin, Sex mit einem 17 Jährigen gehabt zu haben.
Kleiner Unterschied zu Weinstein, nicht wahr?


QuoteWeg mit den Grenzen #12.1

Klarer Fall von Schmutzige-Wäsche-Waschen.


QuoteManfred der Erste #17

Das war mir klar, aus Erfolglosigkeit Kapital schlagen. Eine Frau wie Argento hat es sicher nicht nötig einen kleinen Bubi zu verführen!
Vor allem kann man es nicht glauben, selbst wenn es so wäre das ein Typ der Rock Musik macht und Schauspielert nichts von der Welt mitbekommt und sich traumatisiert gibt. Ich glaube eher die Gegner der MeToo Bewegung schlagen zurück, mit solchen Geschichten die auf einen Schlag die ganze Bewegung treffen soll.


Quote
Goodwood1995 #23

Tja jetzt erlebt Frau Asia Argento am eigenen Leib wie es ist Schuldig by Hashtag zu sein. Der Pranger war das Metoo des Mittelalters.


QuoteDer Korrektor #23.1

Das ist Falsch. Im Fall Argento geht es eventuell um sexuelle Nötigung, eventuell um Verführung Minderjähriger. Im Fall Weinstein geht es um systematischen Machtmißbrauch, vielfache Vergewaltigung und die Besetzungscouch ganz allgemein.

Auf der einen Seite steht die juristische Aufarbeitung, auf der anderen die Gemeinschaft der Betroffenen und auf einer weiteren Seite die gesellschaftliche Aufarbeitung. Alles davon hat seine Berechtigung.

Die Schadenfreude ist unangebracht. [... die juristische Aufarbeitung ist nur ein Teil. MeToo bedeutet: Mir ist auch so eine Scheiße passiert. Und es war notwendig, dass die Menschen sehen, wie allgegenwärtig diese Scheiße ist. Das würde Frau Argento im Falle ihrer Schuld natürlich nicht freisprechen. Aber es ändert nichts an der Gültigkeit der Empörung. ]


Quoterunnner #31

Daher habe das Paar entschieden, "mitfühlend auf Bennetts Forderung nach Hilfe zu reagieren und ihm Hilfe zu geben". Hätte Weinstein nicht besser formulieren können. Die Frau spricht sich um Kopf und Kragen. Nach den Statements ist sie durch.


Quoterunnner #32

Keinerlei Reue von Machtmissbrauch. Sehr maskulin formuliert. Wenn Opfer zu Tätern werden.


Quotegeranie24 #38

Eine ziemlich bigotte Gesellschaft, in der sowohl sexuelle Handlungen als auch die Strafbarkeit sexueller Handlungen genutzt werden um Geld zu "verdienen ".



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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 22, 2018, 08:09:50 AM
"Missbrauchsvorwurf gegen Asia Argento Gewalt und Gegengewalt" Christian Buß  (Dienstag, 21.08.2018)
Ihre Filme handeln von Trauma und Missbrauch - schon früh gestand Asia Argento aber auch ein, selbst am Set schuldig geworden zu sein. Über eine Künstlerin, für die Sexualität immer Zerstörung heißt. Es war ein Gespräch, das vom Rock'n'Roll zum Sex führte. Und vom Sex zur Schuld. Bei einem Interview im Jahr 2014 erzählte mir Asia Argento, wie sie in ihren Teenagerjahren durch den queeren Psychobilly der legendären Band The Cramps ein Ventil für die eigene Sexualität gefunden hatte. Wie ihre Sexualität dann schon als Jugendliche von Regisseuren ausgebeutet wurde und wie schließlich sie selbst schuldig an ihren Darstellern und ihrem Team wurde, als sie einen Film über Gewalt und Missbrauch drehte.
Das Gespräch dauerte lange, Argento rauchte Kette, dann so abrupt wie deutlich die Selbstanklage: "Am Set war ich eine Tyrannin (...) Ich bin an so vielen Leuten schuldig geworden, es brauchte zehn Jahre, bis ich über einen weiteren Film als Regisseurin nachdenken konnte."
Der Film, über den sie sprach, war "The Heart is Deceitful above All Things" aus dem Jahr 2004, Argento spielte darin auch die Hauptrolle, eine strippende, ständig begrapschte Mutter, die ihren kleinen Sohn an Männer weiterreicht, damit diese sich an ihm vergehen können. Ein Missbrauchsopfer, das den Missbrauch organisiert. Der Film war ein Gewaltakt, auch für das Publikum, das hier keine Moral an die Hand bekam.
Argento damals bei unserer Begegnung weiter: "Die Rolle ergriff Besitz von mir, auch wenn ich gar nicht vor der Kamera stand. Zuerst konnte ich das noch auseinanderhalten, quasi als gespaltene Persönlichkeit agieren. Aber dann gewann das Böse Oberhand, und ich verhielt mich zu allen Mitarbeitern wie die Mutter im Film, ich nutzte sie aus, schob sie herum, schrie sie an. Ich war eine Diktatorin."
... Mit acht stand Argento, Tochter des berühmten, kultisch verehrten Horrorregisseurs Dario Argento, das erste Mal vor der Kamera. In ihren Teenagerjahren spielte sie immer wieder sexualisierte Rollen. Sie war noch keine 18, da wirkte sie zum ersten Mal in einem Film ihres Vaters mit: Die von ihr verkörperte Titelheldin in "Aura" muss mit ansehen, wie ihr gesamtes persönliches Umfeld ermordet wird. Ein perfider, reflektierter Thriller über männliche Macht und weibliches Ausgeliefertsein.
... Will man sich Argento nähern, ist es wichtig, sich auch noch einmal zu vergegenwärtigen, dass Argentos Aufstieg als Schauspielerin in Italien der Neunzigerjahre parallel zum Aufstieg des Medienmoguls Silvio Berlusconi erfolgte. Berlusconi schuf durch seine TV-Sender eine ganz neue Fernsehwirklichkeit, die auf die Gesellschaft zurückstrahlte. Bei der kürzlich auch in Deutschland gelaufenen Politserie "1993" ist das noch einmal sehr deutlich zu sehen: Es ging um aggressiv ausgestellte Sexualität, aggressiv ausgestellten Wohlstand, aggressiv ausgestellte Macht. ...
Die sexuellen Übergriffe Harvey Weinsteins auf sie selbst hat Argento also schon lange vor ihren Beiträgen zur #MeToo-Debatte thematisiert. 1997 soll sie der Filmproduzent, der auch "B. Monkey" finanzierte, zum Oralsex gezwungen haben, anschließend hatten sie nach Argentos Aussagen mehrmals einvernehmlich Sex. 2017 trat sie als eine der glühendsten Anklägerinnen gegen Weinstein an.
Ist Argentos Glaubhaftigkeit durch die jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfe erschüttert?
Mit jedem Filmbild, mit jeder Äußerung hat die Schauspielerin, Regisseurin und Aktivistin deutlich gemacht, dass sie Teil eines Kreislaufs der Gewalt ist. Opfer können Täter und Täterinnen sein. Die Verbrechen, die ihnen angetan werden, werden dadurch nicht relativiert - und die eigenen natürlich nicht legitimiert. In ihrem Film "The Heart is Deceitful above All Things" hatte Argento gerade genau davon erzählen wollen. ...
http://www.spiegel.de/kultur/kino/asia-argento-die-metoo-anklaegerin-und-der-kreislauf-der-gewalt-a-1224057.html

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Quote[...] Die italienische Schauspielerin Asia Argento hat den Vorwurf zurückgewiesen, sie habe vor fünf Jahren Sex mit einem minderjährigen Schauspieler gehabt. Sie weise die in einem Artikel der "New York Times" erhobenen Vorwürfe vehement zurück, erklärte Argento am Dienstag über ihren Agenten. "Ich bin zutiefst schockiert und verletzt eine Geschichte zu lesen, die absolut falsch ist." Sie habe "niemals irgendeine sexuelle Beziehung" zu dem Schauspieler und Musiker Jimmy Bennett gehabt.

Asia Argento ist eine führende Stimme der #MeToo-Kampagne. Sie war eine der ersten Schauspielerinnen, die dem Hollywood-Produzenten Weinstein Vergewaltigung vorwarfen. Die "New York Times" hatte am Sonntag berichtet, Argento habe Bennett nach einem Vorfall in einem Hotel in Los Angeles 380.000 Dollar (333.000 Euro) gezahlt. Bennett zufolge erfolgte der sexuelle Übergriff 2013. Argento war damals 37 Jahre alt, Bennett war zwei Monate zuvor 17 geworden. Das gesetzliche Mindestalter für einvernehmlichen Sex liegt in Kalifornien bei 18 Jahren.

Argento betonte am Dienstag, sie sei Bennett "über mehrere Jahre ausschließlich freundschaftlich verbunden" gewesen. Diese Freundschaft sei zu Ende gegangen, als Bennett plötzlich "eine maßlose Geldforderung" an sie gestellt habe, nachdem sie selbst dem einstigen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein Vergewaltigung vorgeworfen hatte und daraufhin in den Schlagzeilen war.

Argento dementierte die Zahlung an Bennett nicht, betonte aber, damit habe sie ihm helfen wollen. Ihr Lebensgefährte - der inzwischen verstorbene Fernsehkoch Anthony Bourdain - habe sich Sorgen um einen möglichen Rufschaden gemacht, den Bennett verursachen könnte. Daher habe das Paar entschieden, "mitfühlend auf Bennetts Forderung nach Hilfe zu reagieren und ihm Hilfe zu geben". Bourdain persönlich habe Bennett finanziell unterstützt - "unter der Bedingung, dass wir keine weiteren Einmischungen in unser Leben erleiden müssen". Bourdain starb im Juni während Dreharbeiten in Frankreich, laut Polizei beging er Suizid. (AFP)


Aus: "Metoo-Aktivistin Asia Argento dementiert sexuelle Beziehung zu Jugendlichem" (22.08.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/metoo-aktivistin-asia-argento-dementiert-sexuelle-beziehung-zu-jugendlichem/22937984.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/metoo-aktivistin-asia-argento-dementiert-sexuelle-beziehung-zu-jugendlichem/22937984.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 22, 2018, 01:25:51 PM
"Vorwurf der sexuellen Belästigung: Übergriffe vom Überwacher" (21. 8. 2018)
Schleswig-Holsteins Verfassungsschutz-Präsident Büddefeld ist beurlaubt. Mitarbeiterinnen werfen ihm sexuelle Belästigung vor.... Der Fall sei deshalb relevant, weil ,,Personen in sensiblen Bereichen wie Polizei oder eben hier Verfassungsschutz nicht erpressbar werden dürfen", sagt Burkhard Peters. Der Landtagsabgeordnete der Grünen ist Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Details aus einer Sitzung dieses Ausschusses, bei dem es um den Fall Büddefeld ging, nannte Peters nicht, gab nur eine allgemeine Einschätzung ab: ,,In Organisationen wie Polizei, Militär und anderen, in denen die Führungsspitzen noch stark von Männern dominiert sind, ist es für untergebene Frauen schwer, sich aufzulehnen." Daher sei es nicht ungewöhnlich, wenn es lange dauert, bis Belästigungen bekannt werden. Hinzu komme, dass sexuelle Belästigung erst seit 2016 als Straftat gelte. ...
https://www.taz.de/Vorwurf-der-sexuellen-Belaestigung/!5525923/

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Quote[...] Der argentinische Senat enttäuschte kürzlich Millionen Frauen, die auf die Entkriminalisierung von Abtreibungen gehofft hatten. In nur wenigen Ländern oder Regionen Lateinamerikas ist der freiwillige Schwangerschaftsabbruch legal und kostenfrei, etwa in Uruguay, Kolumbien, Puerto Rico, Guyana, Kuba und Mexiko-Stadt. Obwohl es in Argentinien nun eine Niederlage gab, ist die Umkehr dieser Entscheidung nur eine Frage der Zeit, da das End­ergebnis mit 38 Stimmen gegen und 31 für die Legalisierung der Abtreibung denkbar knapp ausfiel.

Es wird erwartet, dass die Regierung Macri dem Parlament in nächster Zeit einen Gesetzesentwurf zusendet, um die Gefängnisstrafe für illegale Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Im Kontext des hochpolitischen Diskurses, der die argentinische Gesellschaft prägte, wurde die Abtreibungsfrage auch in Brasilien diskutiert – und brachte die Macht des konservativen Lagers zum Vorschein. Die linke Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL) reichte zusammen mit einer Nichtregierungsorganisation einen Antrag beim Verfassungsgericht ein. Der Antrag fordert die Entkriminalisierung des freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs bis zur 12. Schwangerschaftswoche, was viele arme und schwarze Frauen, die besonders unter der Strenge des Gesetzesvollzuges leiden, entlasten würde.

Im Zuge der Sitzung wurden 60 ExpertInnen der unterschiedlichsten Disziplinen angehört, darunter Debora Diniz, Anthropologin und Aktivistin für Frauenrechte. Aufgrund der Drohungen von rechtsextremen Gruppen und Abtreibungsgegnern musste sie das Land verlassen. Als sie zurückkehrte, um bei der öffentlichen Anhörung auszusagen, wurde Diniz mit Todesdrohungen konfrontiert. Derzeit steht sie unter Polizeischutz und muss womöglich erneut ins Ausland fliehen.

Der Fall Diniz ist keine Ausnahme. Der seit fünf Monaten nicht aufgeklärte Mord an der schwarzen Stadträtin, Feministin und Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco, die ebenfalls der PSOL-Partei angehörte, und ihrem Mitarbeiter Anderson Gomes zeigt, dass konservative und rechtsex­treme Kräfte ihren Wirkungsbereich in Brasilien ausdehnen konnten.

Seit den Junidemonstrationen 2013, als Tausende in Brasilien auf die Straße gingen, um gegen das etablierte politische System und die fehlende Infrastruktur in den Städten zu protestieren, hat die staatliche Repression rapide zugenommen. Während der Proteste gab es eine Vielzahl von Verhaftungen. Im August 2013 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zu kriminellen Organisationen. Es soll eigentlich Menschen bestrafen, die sich versammeln, um Verbrechen zu begehen, diente aber in der Praxis dazu, politische Proteste zu kriminalisieren.

Zum Ende der Amtszeit der Regierung von Dilma Rousseff kam ein Antiterrorgesetz hinzu. In einem Land, das noch nie einen Terroranschlag erlitt, ist dieses neue Gesetz zu einem weiteren Instrument der Unterdrückung sozialer Bewegungen geworden.

Im Jahr 2016 wurde das Land von einer erneuten autoritären Welle überrollt, die in einem parlamentarischen Putsch gipfelte. Antidemokratische Kräfte nutzten Lücken in der brasilianischen Verfassung, um die demokratisch gewählte Präsidentin zu stürzen. In den letzten zwei Jahren führte die Regierung Michel Temers – die weithin als illegitim angesehen wird – Sparprogramme ein, darunter eine Obergrenze für Sozialausgaben für die nächsten 20 Jahre sowie die komplette Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse.

Auf die soziale Unzufriedenheit wurde mit Maßnahmen zur öffentlichen Sicherheit reagiert, die rhetorisch ein Minimum an sozialem Konsens anstreben, aber in Wirklichkeit den repressiven Staat stärken. Unter dem Vorwand der Bekämpfung des Drogenhandels in Rio wurde den Streitkräften die Kontrolle über die Polizei erteilt. Diese Militäreinheiten verfügen über Ausnahmegenehmigungen zum Schutz der Soldaten, die in Slums vordringen und ,,Verdächtige" töten. Jüngsten Erhebungen zufolge wurde seit Beginn der Militär­intervention bei Zusammenstößen mit der Polizei alle sechs Stunden eine Person umgebracht.

Die Kriminalisierung der Armut geht einher mit der Unterdrückung des politischen Aktivismus: 23 Jugendliche, die an den Protesten von 2013 teilnahmen, wurden kürzlich unter dem Vorwurf des organisierten Verbrechens mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft. Ihr eigentliches ,,Verbrechen" bestand jedoch nur darin, auf der Straße zu demonstrieren.

Der staatliche Autoritarismus und die Zunahme rechtsradikaler Gruppen haben ihre Stimme in einem Präsidentschaftskandidaten gefunden: Jair Bolsonaro. Der ehemalige Hauptmann ist homophob und sexistisch, ein offener Verteidiger der Folter, Gegner von Inklusions- und Einwanderungspolitik und ein Befürworter der Todesstrafe, des uneingeschränkten Waffenverkaufs und der Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters.

Nach aktuellen Prognosen für die Präsidentschaftswahlen im Oktober dieses Jahres kommt Bolsonaro auf fast 18 Prozent der Stimmen und belegt damit, je nach Umfrage, den ersten oder zweiten Platz in der Wählergunst.

Durch die Zunahme staatlicher Gewalt hat sich der Spielraum für kritische Äußerungen und gesellschaftliche Veränderungen drastisch verkleinert. Das rechtsextreme Lager hingegen konnte seinen Einfluss deutlich steigern. Die Abtreibungsfrage veranschaulicht das sehr gut.

Vor dem Hintergrund des Regierungsstreichs und der Unterdrückungsmaßnahmen konnte die brasilianische Debatte das Niveau der Massenmobilisierung in Argentinien nicht erreichen. Trotzdem werden hierzulande sogar Todesdrohungen benutzt, um die erstarkende Frauenbewegung zu blockieren. In Brasilien erleben wir nicht nur einen gesellschaftlichen Rückschritt, sondern eine Tragödie, die sich lange angekündigt hat.


Aus: "Debatte Autoritarismus in Brasilien: Tragödie mit Ansage" Kommentar von Guilherme Leite Goncalves (27. 8. 2018)
Quelle: https://www.taz.de/Debatte-Autoritarismus-in-Brasilien/!5527983/ (https://www.taz.de/Debatte-Autoritarismus-in-Brasilien/!5527983/)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 29, 2018, 03:18:00 PM
"Der Fall Avital Ronell: Wurde eine feministische Startheoretikerin zur Täterin?" Klaus Taschwer (29. August 2018)
Avital Ronell kam einem Doktoranden allzu nahe, führende Intellektuelle von Judith Butler bis Slavoj Žižek setzten sich dennoch für sie sein. ... Ronell stritt die Vorwürfe nur zum Teil ab: Zu physischer Belästigung sei es nie gekommen. Die zahllosen zitierten Belege für verbale Übergriffe und Belästigungen hingegen tut sie – mit Griff in die dekonstruktivistische Trickkiste – als "schwul kodierte" Sprachspiele ab, die sich nun einmal durch eine schwülstig-kitschige Ausdrucksweise auszeichnen würden. Die Denkerin erhielt zudem einflussreiche Unterstützung – und diese peinliche Solidaritätsaktion machte den komplizierten Fall erst richtig publik. Nachdem in intellektuellen Zirkeln ruchbar wurde, dass die NYU ein Verfahren gegen Ronell eingeleitet hatte, unterzeichneten im Mai dieses Jahres 51 höchst prominente Philosophen und Intellektuelle (u. a. Feminismusikone Judith Butler, Radikaldenker Slavoj Žižek oder Postkolonialismuspionierin Gayatri Spivak) einen Brief an die Universitätsleitung. Darin gestanden sie zwar ein, die Anschuldigungen im Detail nicht zu kennen. Doch sie forderten für Ronell eine milde Behandlung, weil sie eine Frau, Feministin und eine großartige Denkerin sei. Man stelle sich so eine Argumentation im Fall von Harvey Weinstein vor! (Dass die 51 Intellektuellen glaubten, dass ihre Lobbying-Aktion vertraulich bleiben würde, macht sie nicht besser. Immerhin hat sich Judith Butler mittlerweile von einigen der darin angeführten Argumente distanziert.) ... Sexueller Missbrauch im universitären Bereich ist nicht neu. Schon 1977 hat die "New York Times" über eine Massenklage gegen Professoren in Yale berichtet. Beflügelt von der #MeToo-Bewegung (aber zum Teil auch schon deutlich vorher) haben manche, vor allem US-amerikanische Universitäten mittlerweile neue Verhaltenskodizes formuliert und Untersuchungen angesetzt – mit zum Teil schockierenden Ergebnissen. Im März wurde in Cambridge eine Studie präsentiert, in der 70 Prozent der weiblichen Studenten angaben, sexuell belästigt worden zu sein.
Das Öffentlichmachen fällt heute leichter. Indes sind die Konsequenzen unabsehbar. Die mutmaßlichen Täter wechseln meist in ein Sabbatical und kehren wieder. So auch jener WU-Professor, dem 2015 sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Die meisten Vorfälle finden in diffusen Situationen statt, sagt Mechthild Koreuber, Frauenbeauftragte der FU Berlin. Sie plädiert dafür, mit gendersensibler Didaktik mehr Bewusstsein für unrechtmäßiges Handeln zu schaffen. ...
https://derstandard.at/2000086235305/Der-Fall-Avital-Ronell-Wurde-eine-feministische-Startheoretikerin-zur-Taeterin


Quotechanging the conversation

zur Ergänzung: von Zizek gibts eine ausführlichere Begründung.

"So why did I sign the letter? For a very simple reason: I DO know the details of the accusations against her, and I find them utterly ridiculous. "

https://thephilosophicalsalon.com/why-did-i-sign-the-letter-in-support-of-avital-ronell/

Sachverhalte lassen sich nicht anhand von Gruppenzugehörigkeiten beurteilen, 'details do matter'.  ...


Quote
katzendemokrat

Ins Feuer mit ihr! #metwo #metoo #meow #mimimi


QuoteMartin Auer

Ich kann's mir jetzt nicht verkneifen: #SheToo
Aber im Ernst: Es gibt ohne Zweifel weniger mächtige Frauen als mächtige Männer. Aber dass manche mächtige Frauen mit ihrer Macht auch nicht anders umgehen als manche mächtige Männer - muss uns das wundern? Das Problem ist die Macht über Menschen.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 04, 2018, 08:03:56 AM
"Autorin über Mütter und Sex: ,,Die MILF ist ein Markt"" Interview: Mareice Kaiser (20. 5. 2018)
Katja Grach über ihr Buch ,,Die MILF-Mädchenrechnung" und die Frage, wie aus der ,,Mom I'd like to fuck" ein Subjekt werden kann. ...
Die Mutter galt sehr lange als asexuelles Wesen. Heilige und Hure standen sich gegenüber, die Mutter war die Heilige. Medial hat sich das in den vergangenen zwanzig Jahren geändert. Die Zuschreibungen für Frauen in Bezug auf ihre Attraktivität hat es schon immer gegeben. Aber es ist auffällig, dass diese mittlerweile sehr viel stärker in Bezug auf Mütter verhandelt werden. Die MILF vereint die Assoziationen von Heiliger und Hure. ...
http://www.taz.de/!5502889/ (http://www.taz.de/!5502889/)

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"#SheToo: Frauen sind auch Täter" Marietta Steinhart (5. September 2018)
Die jüngsten Belästigungsvorwürfe in den USA richten sich gegen Frauen. Das stellt die #MeToo-Bewegung vor eine notwendige Herausforderung. ... Die italienische Schauspielerin Asia Argento, die von Anfang an zu den Hauptakteurinnen der #MeToo-Bewegung gehörte und eine der ersten und lautesten Anklägerinnen von Harvey Weinstein war, wird verdächtigt, sich an einem zwanzig Jahre jüngeren, minderjährigen Schutzbefohlenen sexuell vergangen zu haben. Während es kritische Stimmen gibt, die der selbst erklärten Feministin Heuchelei vorwerfen, gibt es auch Menschen, die den Vorwurf für unwahrscheinlich halten. "Jeder 17-Jährige träumt davon, 'belästigt' zu werden. Zu behaupten, dass es in solchen Dingen keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt, ist lächerlich", steht etwa in einem Kommentar zum entsprechenden Artikel in der New York Times. Weiter heißt es: "Vielleicht habe ich altmodische Ansichten, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau, besonders eine Frau, die so attraktiv ist wie Asia Argento, einen siebzehnjährigen Jungen missbraucht."
Stereotype sowohl von weiblicher Unschuld als auch von männlicher Schuld haben zu doppelten Standards geführt. ... So auch im Fall der kalifornischen Abgeordneten Cristina García. Sie gehörte zu jenen, die früh das Stillschweigen brachen und nach eigenen Aussagen von Kollegen wiederholt an Po und Brüsten begrapscht worden war. Das Time Magazine kürte sie zur Person des Jahres. Kurz darauf wurde García von einem Parlamentskollegen und einem Lobbyisten beschuldigt, unerwünschte Annäherungsversuche gemacht zu haben.
Oder die an der New York University lehrende, lesbische Professorin Avital Ronell. Sie soll ihren homosexuellen Doktoranden Nimrod Reitman über den gesamten Zeitraum seines Promotionsstudiums sexuell und emotional belästigt haben. ... Die 66-jährige Ronell, Professorin für deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft, wies die Vorwürfe zurück. Die Beziehung "zwischen zwei Erwachsenen, einem schwulen Mann und einer schwulen Frau, die ein israelisches Erbe teilen" sei einvernehmlich gewesen, aber ein NYU-Untersuchungsausschuss befand die Akademikerin für schuldig, ihren Doktoranden des Rechts auf freies Lernen beraubt zu haben. ... Nein, dies ist nicht das Ende von #MeToo. Im Gegenteil. Schließlich war es die #MeToo-Bewegung, die es männlichen Anklägern erst ermöglichte, ernst genommen zu werden – weil dem Opfer der Logik des neuen Diskurses zufolge immer zu glauben ist. Es spricht nichts dagegen, dass eine Frau sowohl Täter als auch Opfer sein kann. Das steht aber noch lange nicht im Widerspruch zu einer Welt, die für Männer gebaut wurde. ...
https://www.zeit.de/kultur/2018-09/shetoo-metoo-asia-argento-harvey-weinstein-belaestigung/komplettansicht

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Quote[...]  Knapp jede dritte Frau zwischen 30 und 34 hat laut Statistischem Bundesamt einen Hochschulabschluss. Damit haben sie die Akademiker überholt.

Junge Menschen in Deutschland erreichen tendenziell einen höheren Bildungsabschluss als die Generation ihrer Eltern. Das zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus 2017, den das Statistische Bundesamt in Wiesbaden veröffentlicht hat. Demnach verfügen 29 Prozent der 30- bis 34-Jährigen über einen Abschluss an einer Hochschule. Bei den heute 60- bis 64-Jährigen liegt der Anteil bei 19 Prozent.

Dass die junge Generation aufgeholt hat, zeigt sich vor allem bei Frauen: Über eine Generation hinweg hat sich der Anteil der Akademikerinnen laut der Erhebung verdoppelt. Bei Frauen im Alter von 30 bis 34 verfügten 30 Prozent über einen Hochschulabschluss; bei den 60- bis 64-Jährigen waren es nur 15 Prozent. Zum Vergleich: Bei Männern in der gleichen Altersgruppe sind es 27 Prozent, bei der älteren Generation 22 Prozent. Damit gibt es in Deutschland heute mehr junge Akademikerinnen als Akademiker. 

Den Mikrozensus gibt es seit 1957. Laut Statistischem Bundesamt stellt er Daten zur Struktur der Bevölkerung und deren wirtschaftlichen und sozialen Lage bereit. 


Aus: "Hochschulstatistik: Doppelt so viele Akademikerinnen wie vor einer Generation" (6. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2018-09/hochschulstatistik-frauen-hochschulabschluss-bildung (https://www.zeit.de/arbeit/2018-09/hochschulstatistik-frauen-hochschulabschluss-bildung)

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Quote[....] Sie sind die Könige des Kitsches, schufen Ikonen für den schwulen Mainstream und verschrieben sich schon lange vor Instagram der makellosen Schönheit ...

Gilles: Andy Warhol hatte mit seiner Lebensweise einen sehr großen Einfluss auf uns. Er war einer der Ersten, die ihre Homosexualität nicht verstecken wollten. Ganz im Gegenteil, er integrierte sie in seine Arbeit, drehte provokante Filme und stellte Kunst in einem ganz neuen Licht dar. Warhol umgab sich mit seinem eigenen Clan. Wir fotografierten ihn für das Magazin "Façade" – das war der Anfang unserer Karriere und unserer gemeinsamen Arbeit. Für das Magazin porträtierten wir später auch Mick Jagger und Iggy Pop. Pierre: ... auch James Bidgoods Arbeiten und sein Film "Pink Narcissus" beeinflussten uns.

STANDARD: Dessen Arbeit steht wie Ihre für eine schwule Ästhetik. Gibt es die?

Gilles: Es gibt eine homosexuelle Sensibilität.

Pierre: Wir bekommen oft Briefe von jungen Menschen, die sich für unsere Arbeit bedanken und uns schreiben, wie viel sie ihnen bedeutet und dass sie ihnen Mut macht, zu ihrer Homosexualität zu stehen. Das freut uns. Unsere Bilder spiegeln wider, was wir um uns herum wahrnehmen und wie unsere Sicht der Dinge ist. Egal ob das unterschiedliche ethnische Gruppen sind, Homosexuelle, Heilige, Matrosen oder Comicfiguren. Jeder einzelne Mensch ist eine Ikone, etwas Außerordentliches, ein Star. Eine unserer letzten Arbeiten sind zwei Väter und ihr Sohn – das entspricht unserer Sicht auf das Thema "Ehe und Familie". STANDARD: Ihr Stil wurde zur Mainstream-Stimme für schwule Kultur. Pierre: Wir haben uns ja auch nicht versteckt. Und unsere Arbeiten sind nun einmal die Arbeiten eines schwulen Paares. Eine große Ausstellung, die wir 1986 hatten, hat sicher dazu beigetragen. Und dass unsere Arbeiten in Museen auf der ganzen Welt gezeigt werden. Gilles: In den Siebzigerjahren mussten wir revoltieren. Nacktfotos und vor allem Nacktfotos von Männern waren eine Befreiung. Man hatte viele Möglichkeiten, sich selbst und seine Arbeit darzustellen, alles war sehr neu und sehr verboten. Heute gibt es über das Internet unendlich viele Möglichkeiten, sich all dieser Dinge zu bedienen. Auf der anderen Seite gibt es eine seltsame Art der Kontrolle innerhalb dieses "freien" Systems, das heute existiert.

...

Aus: "Nacktfotos von Männern waren eine Befreiung"" Interview Cordula Reyer (12. September 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000077032555/Pierre-et-Gilles-Nacktfotos-von-Maennern-waren-eine-Befreiung
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 24, 2018, 10:57:42 AM
Quote[...] Im Jahr 2016 gab es in Deutschland ungefähr 12.000 angezeigt Fälle von sexuellem Missbrauch – die Dunkelziffer ist Studien zufolge jedoch weitaus höher. Es gibt viele Gründe dafür, warum Betroffene das Erlebte niemandem mitteilen und auch nicht zur Polizei gehen. Psychischer Druck durch die Täter*innen oder die Scham, als Opfer dazustehen sind nur zwei davon. Wie Zahlen der Bundesregierung zeigen, sind die Täter*innen in der Hälfte aller Fälle aus dem näheren sozialen Umfeld, also Nachbar*innen, Sporttrainer*innen, Onkel oder Tanten. Weitere 25 Prozent sind direkte Familienangehörige.

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Aus: "#WhyIDidntReport: Frauen erzählen, warum sie Missbrauch nicht anzeigten" Manuel Bogner (2018)
Quelle: https://ze.tt/whyididntreport-frauen-erzaehlen-warum-sie-missbrauch-nicht-anzeigten/ (https://ze.tt/whyididntreport-frauen-erzaehlen-warum-sie-missbrauch-nicht-anzeigten/)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 26, 2018, 10:27:50 AM
QuoteTerry Gilliam: ... Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain. Die beste Comedy basiert auf Ehrlichkeit und Wahrheit, politische Korrektheit tut es zu oft nicht. ... Einmal wurde mir ein Vertrag vorgelegt, der eine sehr weit gefasste "Moralklausel" enthielt: Sie sollte mich dazu verpflichten, nichts zu sagen oder zu tun, was irgendjemanden beleidigen könnte. Es hatte nichts mit kreativen Fragen zu tun; es ging nur darum, dass die Produktionsfirma per Vertrag sicherstellen wollte, dass ich "politisch korrekt" bleibe.

Haben Sie unterschrieben?

Gilliam: Natürlich nicht! Zumindest nicht die Fassung, die mir und meinen Mitarbeitern gezeigt wurde. Im Grunde hatte diese gesagt: Wenn Sie mit uns arbeiten, stimmen Sie zu, Ihre Meinungsfreiheit auf die Dinge zu beschränken, die dem Mainstream genehm sind und weder als kontrovers noch beleidigend aufgefasst werden könnten. Wenn Sie kontroverse Dinge sagen, die die Befindlichkeiten von anderen verletzen könnten, dürfen wir Sie feuern. Es handelt sich dabei um eine sehr erfolgreiche Firma, die sehr erfolgreiche Shows fürs Fernsehen produziert, doch sie hat sich von der öffentlichen Meinung einschüchtern lassen in der Frage, welche Ansichten in der heutigen Welt akzeptabel sind. Ich nehme an, dass es Leute gibt, die dort arbeiten wollen und dieses Statement unterschrieben haben. Das macht mir Angst.

ZEIT ONLNE: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie von anderen beleidigt werden?

Gilliam: Wissen Sie, ich bin die ganze Zeit beleidigt. Wegen dem, wie sich Leute verhalten, wegen dem, was sie sagen ... Aber was soll ich tun? Entweder ich starte eine Organisation, um das zu bekämpfen – oder ich drehe einen Film oder schreibe etwas Witziges. Manchmal sage ich etwas, das kein anderer sagt, um die Debatte zu eröffnen. Unsere Gesellschaft ist zu sehr von Gruppendenken geprägt: Jeder will sich nur mit Leuten umgeben, die so denken wie er selbst.

ZEIT ONLNE: Sie finden, dass man die gesellschaftliche Polarisierung nur durchbrechen kann, wenn man ab und zu etwas Provokantes sagt?

Gilliam: Das denke ich. Natürlich wird man angegriffen werden, wenn man sich nach vorne wagt. Aber so ist das halt. Während der #MeToo-Debatte habe ich gesagt, dass einige Frauen davon profitiert haben, mit Harvey Weinstein auf sein Hotelzimmer gegangen zu sein. Das habe ich nicht getan, um seine Opfer zu beleidigen, sondern weil es stimmte. Viele fanden meine Aussagen jedoch widerlich. Gleichzeitig habe ich auf Facebook sehr viele positive Kommentare von Frauen bekommen, die auch fanden, dass #MeToo zu weit gegangen ist und viel zu rachsüchtig bei kleinen Vergehen war. Eine Schauspielerin hat mir in einer Email geschrieben, dass sie die Dinge so sieht wie ich. Sie selbst war mit Weinstein in einem Hotelzimmer gewesen, hatte sich im Gegensatz zu anderen aber wieder herausgequatscht. Ich habe ihr gesagt: Du musst das laut sagen! Ich als Mann kann das nicht tun. Aber sie hatte Angst, dass sie dann auch angegriffen wird.


Aus: ""Die Menschen werden immer dünnhäutiger"" Interview: Khuê Phạm (25. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/film/2018-09/terry-gilliam-interview-comedian-satire-politische-korrektheit (https://www.zeit.de/kultur/film/2018-09/terry-gilliam-interview-comedian-satire-politische-korrektheit)


Quote
Islay #5

Ich befürchte, Terry Gilliam beschreibt eine Welt, die Leuten wie dem interviewenden Journalisten inzwischen total fremd und merkwürdig vorkommt: Provokant sein, politische Korrektheit in den Wind schlagen, Querdenken, gegen den Strom schwimmen, nicht immer mit Angtschweiß auf der Stirn nach Rechts schielen ...


QuoteDr. J #11

Monty Phyton haben in das Leben des Brian auf satirische Weise Zustände beschrieben, die noch heute eine Region prägen (Seid ihr die judäische Volksfront? Nein, wir sind die Volksfront von Judäa!). Zudem haben sie mit Eric Idle als Loretta quasi die heutige Genderdebatte vorweggenommen. Man sollte Menschen, die so vorausschauend waren, ernster nehmen.


QuoteMiasto #12

Wie erfrischend.

Wir tragen ja schon alle die "Zensur-Schere" im Kopf. Bloß nicht anecken. Es könnte sich ja jemand diskriminiert fühlen. Zum Glück habe ich gerade eine geschlechtsneutrale Formulierung gewählt. Ufff. Nochmal Glück gehabt.


Quoteconwa #12.1

Man muss aber auch nicht jeden Windhauch der Kritik als Faulen-Eier-Furz empfinden. Auch die, die "Neger" sagen, sind verdammt dünnhäutig geworden.


QuoteFür-den-Erhalt-des-echten-Asylrechts #16

Die Political Correctness ist ein Gewissens-Substitut.
Im Gegensatz zum Gewissen ist die PC aber von außen veränderbar und genau das ist das ganz große Problem, meiner Meinung nach!
Ich leiste mir weiterhin den Luxus einer eigenen Meinung und eines eigenen Gewissens.


QuoteVernünftiger Kommentarschreiber #16.1

Polanski sagte etwa (sinngemäß): der einzige Sinn vom PC ist die Hoffnung, sich Ärger mit den Minderheiten vom Leib zu halten.


Quotewoherwohinwarum #19

Schönes Interview. Satire, dass es auf ZON steht.


QuoteSchreckhafte Tapete #19.1

Hehe, sehr gut! :)


QuoteKantsKind #23

Heute darf man noch nicht mal mehr Jehova sagen....


Quote
Miniwahr #27

Was, frage ich euch, haben weiße Männer je für uns getan?


QuoteKantsKind #27.1

den Aquädukt?


QuoteAdam Kowalski #30

Man stelle sich nur vor, heute würde jemand einen Film drehen, in dem Burgen mit Kühen beschossen oder Kaninchen von heiligen Handgranaten in die Luft gejagt werden.


John Cleese - Political Correctness Can Lead to an Orwellian Nightmare
(Gervasio Chiazzo, Am 31.01.2016 veröffentlicht):
https://youtu.be/ukisoucFIk4 (https://youtu.be/ukisoucFIk4)

Quoteraflix #39

Beschwert sich über political correctness und jammert gleichzeitig, er würde als weißer Mann für alles verantwortlich gemacht. Wer ist hier dünnhäutig?


QuoteNightrider #39.2

Sie haben die Ironie nicht verstanden. Eben das beklagt er.


QuoteBetta-Splendens #42

"Das Leben des Brian" ist vielleicht der beste politische Film ever. Zu meiner Studentenzeit wurden die Zitate daraus bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit verwendet. Setz dich, nimm dir nen Keks.

Die politischen Diskussionen in der Widerstandsgruppe sind zeitlos und funktionieren heute noch genauso.

Inklusive der Szene in der Stan erklärt künftig Loretta zu sein und Babys bekommen zu wollen. Die Steinigungszene, die Volksfront von Judäa versus judäische Volksfront versus populäre Front -> Spalter Szene ect. ect.

Das ist alles zeitlos...


Quotemrami #42.1

Ich lese viel Zeitung und denke, dass "Das Leben des Brian" die meistzitierte Quelle nach den offiziellen Klassikern wie Adorno und Habermas ist - nach wie vor. Gerade wieder sehr beliebt: "er hat Jehova gesagt".


Quote
Shenia #46

"Sie selbst war mit Weinstein in einem Hotelzimmer gewesen, hatte sich im Gegensatz zu anderen aber wieder herausgequatscht."

Nicht jede Frau, die mit Weistein in einem Hotelzimmer war konnte sie sich herausquatschen. Deswegen fühlen manche vergewaltigte und/oder genötigte Frauen nicht ernst genommen. Und das ist schlimm, weil Gewalt ist immer Gewalt, egal ob sie in einem Hotelzimmer passiert oder irgendwo in Bosnien, wo Frauen systematisch vergewaltigt wurden. Das sollte man nicht bagatellisieren.

Bei den Männern habe ich oft Solidarität vermisst bei der Kampf der Frauen gegen Gewalt. Obwohl diesen Männern kein Gewalt angetan wurde, gab es ein Aufschrei wegen der Männer-Bashing. Arme Männer! Oder ging es bei #MeToo nicht um die Gewalt die den Männern angetan wurde, die haben es einfach verwechselt?


Quotegrüne Insel #47

Der Mann spricht mir aus der Seele , ich kann dem Inhalt des Interviews auch als Frau nur zustimmen. Und ja , man kann es auch mit der political correctness übertreiben , im Grunde erschwert sie die Debatte bzw. Auseinandersetzung zwischen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Standpunkten. ...


QuoteG300Marker #49

Bleibe ich in meinem kulturkreis und beschäftige mich mit der gesellschaft um mich rum oder nehme ich andere gesellschaften in weiter ferne aufs korn?
Beim letzteren könnte man "jud süss" mit farbe und backgroudgelächter aufarbeiten und es als satire verkaufen.
Sind uns grenzen gesetzt?


QuotePaul Freiburger #49.2

Terry Gilliam hat den Unterschied doch klar gemacht: "Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain."


QuoteBastet88 #49.3

Dneken Sie doch mal an Lubitsch "Sein oder Nichtsein" oder an den "Großen Dikator". Meinetwegen auch an "Frühling für Hitler".
Vor vielen Jahren kam im Anschluss der Ausstrahlung des Lubitsch-Films eine Dokumentation mit Diskussion. Lachen über Hilter- darf das sein? Leider wurde dies nie mehr ausgestrahlt.


Quotecnlzeitonline #54

"Die Menschen werden immer dünnhäutiger"

...leider wahr.


Quotemagnalogger #54.1

Das empfinde ich als eine Mikro-Agression.

Im Ernst: Die Zeiten werden immer autoritärer , dem PC-Imperativ ist bedingungslos zu folgen. ...


QuoteDohlenmann #56

Ich muss Terry Gilliam zustimmen. Er mit seinen Punkten einfach recht. Besonders wichtig finde ich zwei Dinge:

1)
Tatsächlich sollte man von PC sprechen, selbst wenn es ein Begriff der Rechten ist. Es ändert ja nichts daran, dass die Beschreibungen einfach in manchen Teilen zutrifft - die Dosis macht es freilich. Der Unterschied zu den rechten Wirrköpfen oder Hetzern ist, dass diese PC als Kampfbegriff gebrauchen und wirklich hinter ALLEM, was gegen sie argumentiert, PC wittert.
Die PC, um der es Leuten wie Gilliam geht ist wiederum diejenige, die aus Angst vor dem offenen Kurs alles zensiert und alles angreift, was nicht einer ganz vagen Linie des Sagbaren entspricht, die viele Verfechter nicht einmal selbst definieren können.

2)
Linke und Mitte-Leute sollten tatsächlich mehr Humor lernen. Wenn man dort etwas selbstironischer auftreten könnte, wäre man weniger verkrampft und würde auch mehr Leute ansprechen. Heutzutage - und das großteilig zurecht - will man sich nicht andauernd belehren lassen. Wir leben ja freilich auch nicht in einer so schlimmen Zeit (wirklich nicht). Durch ständiges Schuld-einreden kriegt man niemanden ernsthaft überzeugt.


Quotepatrick rozina #58

...

"Die Siechen, ich hab's schon immer gewusst, die Siechen."
"Gepriesen sei die Winterindustrie."
"Jeder nur ein Kreuz,..."
"Ist Weibsvolk anwesend?"
"Rübennase!"


QuoteZeitabzuhauen #63

Terry, ich hab dich lieb. Echt. Dieser Mann hat mir mit TIME BANDITS, BRAZIL, 12 MONKEYS und anderen noch viel schrägeren Filmen früh die Augen geöffnet, wo diese bekloppte Menschheit mal hingehen könnte. Und siehe da: Hier sind wir jetzt!


Quote
Levi Krongold #65

Aus der Seele gesprochen!
Wir leben offenbar in einer Zeit der masochistischen Selbstzensur und devoter, eilfertiger Unterordnung. Das könnte kein autoritärer Staat besser hinbekommen. ...


QuoteVic Dorn #65.1

Hat schon jemand Brahms 'Zigeunerlieder' umgetextet? Oder gibt's dafuer in Deutschland bereits ein Auffuehrungsverbot? ...


QuotePeter Wimsey #65.2

Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn "Cindy und Bert", zwei Stars aus Dieter Thomas Hecks 'Hitparade' meiner Kindheit, heute auftreten würden. Ihr bekannter Schlager hieße wahrscheinlich "Aber, am Abend, da spielt der Angehörige einer nicht sesshaften Minderheit" ...


Quote0tttt0 #68

Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf]Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf


Quote0tttt0 #68.1

Soll das ein Witz sein Herr Adler?


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 01, 2018, 12:33:09 PM
Quote[...] Anders als bislang von ihr behauptet hatte die #MeToo-Aktivistin Asia Argento doch Sex mit dem US-Schauspieler Jimmy Bennett, der Missbrauchsvorwürfe gegen die Italienerin erhoben hat. Allerdings deutete die Filmregisseurin und Schauspielerin im Interview des italienischen Senders La 7 am Sonntagabend an, der zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährige Bennett habe sie überrumpelt. Inzwischen empfinde sie neben Wut vor allem Mitleid mit Bennett, den sie als ,,verlorene Seele" bezeichnete.

... Die ,,New York Times" berichtete Ende August, Argento habe Bennett 2013 in einem kalifornischen Hotel missbraucht, als er 17 und sie 37 Jahre alt war. Sexuelle Handlungen mit Unter-18-Jährigen sind in dem US-Bundesstaat strafbar. Nach dem Vorfall habe sich Argento mit Bennett außergerichtlich auf die Zahlung von umgerechnet 330.000 Euro geeinigt, um die Missbrauchsvorwürfe auszuräumen. Argento bestätigte der Zeitung zwar, dass Geld an Bennett floss, bestritt aber zugleich jegliche sexuelle Beziehung zu dem 20 Jahre jüngeren Schauspieler und sprach von ,,Verfolgung".

In der Sonntagssendung ,,Non è l'Arena" räumte sie nun ein, der ,,New York Times" in einer ersten Reaktion auf den Bericht noch etwas anderes erzählt zu haben, um ,,keine schlüpfrigen Details ausbreiten" zu müssen. Tatsächlich habe sie damals einem Treffen mit Bennett zugestimmt, um ihm bei den Vorbereitungen für eine Probe zu helfen. ,,Er ist dann regelrecht auf mich gesprungen", sagte Argento dem italienischen Sender. Sie sei ,,erstarrt".

Nach eigenen Worten war ihr damals nicht klar, dass der Jungschauspieler erst 17 Jahre alt war. Immerhin habe sie ihn da zum ersten Mal seit zehn Jahren gesehen. Bennett hatte 2004 in dem Film ,,The Heart Is Deceitful Above All Things" Argentos Sohn gespielt.

...


Aus: "#MeToo-Aktivistin Argento räumt Sex mit Teenager ein" (01.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/asia-argento-metoo-aktivistin-argento-raeumt-sex-mit-teenager-ein/23133454.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/asia-argento-metoo-aktivistin-argento-raeumt-sex-mit-teenager-ein/23133454.html)

Quoteberlinerbuehnenbesucher 11:11 Uhr
Ich erinnere mich noch gut daran, daß vor gar nicht so langer Zeit die kalifornische Academy ein verfilmtes Drehbuch prämierte, in dem ein minderjähriger und ein volljähriger Mensch miteinander einvernehmlich Sexualität ausübten. Das waren sogar zwei Männer ! "Call me by your name". Der Skandal blieb aus ...


Quotesiggi2016 10:39 Uhr

... Das Problem ist das sogenannte Schutzalter, nicht Frau Argento. Missbrauch einer attraktiven Frau eines 17-jährigen? Wie lächerlich ist das denn?
Schade, dass ich das nicht war.


QuoteWestpreussen 10:43 Uhr
Antwort auf den Beitrag von siggi2016 10:39 Uhr
@siggi2016

"Schade, dass ich das nicht war."

Seufz.


Quotesiggi2016 11:27 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Westpreussen 10:43 Uhr
Tja, so ist das.

Das gesetzliche Schutzalter ist auf der ganzen Welt unterschiedlich. In manchen liegt es bei 13 Jahren, was definitv zu niedrig ist, bei manchen bei 20 oder es erlaubt heterosexuelle Handlungen erst in der Ehe.
In Idaho gelten alle sexuellen Handlungen, die Männer mit weiblichen Partnern unter 18 Jahren haben, als Vergewaltigung. Andersrum gibt es das nicht.

... Starre Altersregelungen sind ein Anachronismus, kriminalisieren Menschen und sind im Kampf gegen sexualisierten Missbrauch kontraproduktiv.

Eine maltesische Regelung, bis 12 Jahren ist es generell Vergewaltigung, ab 12 bis 18 Jahren kann es legal sein,  "..sofern die minderjährige Person nach Einschätzung des Gerichts als sexuell erwachsen anzusehen ist.", kommt der Realität schon näher.

Es darf nicht (nur) ums Alter gehen, sondern um Abhängigkleiten und Ausbeutung, um Selbstbestimmung.


Quotefritz 10:04 Uhr
Sex mit einem 17-jährigen ist nur nach dem Recht der USA, das keine Allgemeingültigkeit hat, Missbrauch,
Bei uns hatten ca. 60 Prozent aller 17-jährigen Jungen bereits Sex.
Da wir ja so gerne überall unsere Maßstäbe anlegen, können wir das auch in diesem Fall tun, statt uns über etwas zu empören, was hierzulande völlig legal ist.


QuoteZweiglein 07:58 Uhr
Wie war das noch mit dem Splitter im Auge des Nächsten, und dem Balken, den man im eigenen Auge nicht wahrnimmt? Es wird noch vieler Recherchen bedürfen, denn es ist ein Tabu in unserer so aufgeklärten Zeit, daß auch Frauen Täter sein können! Für Jungs sehr viel schambesetzter, einen Mißbrauch zu thematisieren -  die Rollenmuster sind verinnerlicht und sitzen tief!


QuoteBierliner 07:19 Uhr
Möchte da jemand Kasse machen oder wurde er wirklich missbraucht?


Quotemacthepirat 08:58 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Bierliner 07:19 Uhr
Nach californischem Recht wäre es mißbrauch, auch wenn die Initiative von ihm ausgegangen sein sollte. Und natürlich will er damit Kasse machen. Fällt schlicht unter den Oberbegriff Erpressung. Interessant ist das die Vorwürfe offenbar erhoben wurden nach dem sie die Zahlungen eingestellt hat.
Was da wirklich passiert ist wissen nur die beiden.


...

Quote[...] Der wegen Vergewaltigung angeklagte Ex-Filmproduzent Harvey Weinstein hat in seinem bevorstehenden Strafprozess einen Teilerfolg errungen. Die Staatsanwaltschaft ließ einen der sechs Anklagepunkte gegen den 66-Jährigen fallen. Dabei geht es um Vorwürfe der früheren Schauspielerin Lucia Evans. Die Klage auf Grundlage der Vorwürfe von zwei weiteren Frauen hat aber weiterhin Bestand. "Kurz gesagt fahren wir mit voller Kraft voraus", sagte Staatsanwältin Joan Illuzzi während der Gerichtsanhörung.

Evans hatte Weinstein in einem Beitrag des New Yorkers vor einem Jahr beschuldigt, sie 2004 bei einem Arbeitstreffen in seinem Büro zum Oralsex gezwungen zu haben. Nun tauchte eine schriftliche Stellungnahme von Evans auf, die darauf hindeutet, dass der Sex der beiden einvernehmlich stattfand. Der New York Post zufolge hatte Evans' früherer Arbeitgeber das Dokument auf einem Firmencomputer gefunden und an die Staatsanwaltschaft gegeben.

Die Klage steht damit auf einer wackligeren Basis als zuvor. Der Schritt sage aber nichts über Weinsteins Schuld oder Unschuld aus, teilte Evans' Anwältin Carrie Goldberg mit. Der Staatsanwaltschaft warf sie vor, den Fall schlecht zu handhaben.

... Weinstein erschien im Gericht erneut im dunklen Anzug. Der 66-Jährige ist derzeit gegen Kaution auf freiem Fuß. Die nächste Anhörung ist für den 20. Dezember angesetzt. Einen Termin für einen möglichen Prozessbeginn gibt es noch nicht. Weinstein hat auf nicht schuldig plädiert. Bei einer Verurteilung droht ihm im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe.


Aus: "Staatsanwaltschaft lässt Anklagepunkt gegen Harvey Weinstein fallen" (12. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/harvey-weinstein-staatsanwaltschaft-anklagepunkt-lucia-evans (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/harvey-weinstein-staatsanwaltschaft-anklagepunkt-lucia-evans)

Quoterecht und gerechtigkeit #2

Interessant wäre zu wissen, was hier genau mit "einvernehmlich" gemeint ist.


Quotemeinereiner01 #2.4

Die Frage ist doch wohl ob die Frauen sich für den Erhalt von Filmrollen prostituiert haben oder ob Weinstein den Sex eingefordert hat mit der Drohung, dass sie nur so die Filmrolle kriegen.
Wenn das geklärt ist, dann kommt die Frage ist denn die Erpressung, dass man (Frau) besagte Rolle in dem Film nur übers Bett bekommt eine Drohung mit einem Übel das geeignet ist den Straftatbestannd der Erpressung zu erfüllen. Dieser fordert ein "empfindliches Übel". Wenn ich der Kassiererin bei Rewe mit Entlassung drohe falls sie nicht mit mir ins Bett geht ist das mit Sicherheit ein empfindliches Übel - aber wie sieht das aus wenn ich einer millionenschweren Schauspielerin damit drohe ich würde ihre Traumrolle mit jemand anderem besetzen ? Ob das ein empfindliches Übel ist richtet sich sicherlich danach ob man glaubt die entsprechende Person hätte ein Anrecht auf die Rolle

All das ändert natürlich nichts daran, das es ecklig ist von Untergebenen sexuelle Handlungen einzufordern und in jedem Falle auch eine strafrechliche Ahnung stattfinden muss.


QuoteGlobalTraveler #2.5

"Interessant wäre zu wissen, was hier genau mit "einvernehmlich" gemeint ist."

Es könnte auch bedeutet haben, sich einem materiellen Druck durch Weinstein gebeugt zu haben, und "einvernehmlich" die Opferprämie gezahlt zu haben.
Sollte Evans jedoch vorher einen abweichenden Tatvorwurf erhoben haben, hat das Gericht Grund, diese Klägerin für zweifelhaft zu erklären.
Das ist leider das Problem bei dieser Debatte. Es geraten handfeste Vergewaltigungen und Gewalt in einen Topf mit Formen der Prostititution bis hin zu unangemessenen Tätscheleien.


QuoteFranz Xy #13

Ich finde Personen, die mit solchen Anschuldigungen falsch um sich werfen, sind das Letzte.
Die machen den realen Vergewaltigungsopfern mehr Probleme als alle Chauvinisten zusammen.


QuotePatrick P. #15

Sollte das so weiter gehen und wenig juristisch Bestand haben: Kommt dann von allen Betroffenen in Hollywood und Medien das große #medochnicht und #mesorry? Oder wird so getan als wäre nichts gewesen? ...


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 07, 2018, 07:45:04 PM
Alle 24 Stunden versucht in Deutschland ein Mann, seine Frau zu töten. Jeden dritten Tag gelingt es einem. 149 Frauen wurden im Jahr 2017 von ihrem Partner umgebracht. Die Frauen werden erstochen, mit einem Strick erwürgt, schwanger in den Fluss geworfen, totgeprügelt. (ZEIT) 01:11 - 7. Okt. 2018
Männer töten aus Eifersucht. Sie fühlen sich gekränkt, weil ihre Freundin oder Frau fremdgegangen ist, weil sie sich trennen will oder sich schon getrennt hat. In der Forschung heißen die Fälle deshalb »Trennungstötungen«.
Die große Mehrheit der Täter, über 70 Prozent, hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Doch das Muster der Taten ähnelt dem, was man im Allgemeinen als Ehrenmord bezeichnet. Aber gibt es auch so etwas wie einen deutschen Ehrenmord?
https://twitter.com/a_sator/status/1048848391344668672 (https://twitter.com/a_sator/status/1048848391344668672)

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Quote[...] Bei Ehrenmorden ist der Aufschrei groß. Tötet ein Deutscher aus Eifersucht seine Frau, interessiert das kaum jemanden – und die Strafen fallen milder aus.


Aus: "Beziehungstaten: Weil du mir gehörst" Elisabeth Raether (3. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/41/beziehungstaten-ehrenmorde-frauenmorde-maennergewalt-familie (https://www.zeit.de/2018/41/beziehungstaten-ehrenmorde-frauenmorde-maennergewalt-familie)

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Quote[...] Die Frage, ob Sex gegen Geld aus feministischer Sicht in Ordnung ist, spaltet die Frauenbewegung seit jeher. In patriarchalen Verhältnissen, monieren die einen, sei eine selbstbestimmte Sexarbeit nicht möglich. Prostituierte seien die Opfer, Zuhälter die Täter, und wünschenswert vor allem eine Abschaffung des Systems Prostitution.

Der Hurenbewegung wiederum geht es vor allem darum, die Branche zu entkriminalisieren, um die Bedingungen zu verbessern, unter denen Sexdienstleisterinnen arbeiten. Die gesellschaftliche Stigmatisierung müsse abgebaut werden, fordern sie, und Sexarbeit anderen Gewerben gleichgestellt.

... ,,Man muss zwischen Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung unterscheiden", sagt Undine de Rivière. Zwar sei der Job für viele nicht der Traumjob – was ihn aber vor allem schwierig mache, seien die Umstände: die rechtliche Situation, das gesellschaftliche Stigma. Deshalb, fordert de Rivière, müsse Sexarbeit als Freiberuf anerkannt werden.

Dabei versage derzeit die Frauenbewegung, kritisiert Antje Schrupp: ,,Wir schaffen es nicht, darüber zu sprechen und zu gemeinsamen Positionen zu kommen, sondern haben uns in zwei Lager verbarrikadiert, die sich bekämpfen. Deshalb lassen wir uns von Leuten über den Tisch ziehen, denen es nicht darum geht, den Frauen zu helfen, sondern die eine repressive Ordnungspolitik wollen."

...


Aus: "Podcast zur Frauenbewegung ab 1968: ,,Sex ist ein Luxusgut"" Patricia Hecht (12. 9. 2018)
Quelle: https://www.taz.de/Podcast-zur-Frauenbewegung-ab-1968/!5531782/ (https://www.taz.de/Podcast-zur-Frauenbewegung-ab-1968/!5531782/)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on October 16, 2018, 09:24:47 PM
Quote[...] Anders als bei der Vorgängerapp können bei Ohlala nur Männer Kunden und Frauen Dienstleistende sein. Die Erfahrung bei Peppr war, dass "kaum Frauen für Dates zahlen". Über die Nutzerzahlen von Ohlala will Pia Poppenreiter nichts sagen, nur so viel: "Täglich werden Dates im niedrigen vierstelligen Bereich ausgemacht."
Das ist ein winziger Bruchteil einer Branche, deren Umsatz das statistische Bundesamt auf 14,6 Milliarden Euro schätzt. Dennoch ist Ohlala eines der vielen Beispielen dafür, wie das Internet, soziale Netzwerke und Smartphones die Sexarbeit verändern. "In Deutschland hat sich Prostitutionswerbung von Printanzeigen zu großen Teilen auf Onlineplattformen verlagert" ...

... eine britische Studie von 2018 fand heraus, dass das Internet Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern mehr Kontrolle über ihre Arbeit gibt. Gleichzeitig würden aber auch die Gefahren der digitalen Belästigung und Erpressung steigen. Für die Studie haben Forscher der Universitäten Leicester und Strathclyde 624 Sexarbeiter befragt, die das Internet in ihrer Arbeit oder zur Kundenakquise genutzt hatten. Vier Fünftel der Befragten sagten, dass das Internet ihre Arbeitsbedingungen verbessert habe. Fünf Prozent gaben an, im vergangenen Jahr körperliche Übergriffe erlebt zu haben – entschieden weniger als in anderen Umfragen mit Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern.

Die Forscher begründeten Letzteres damit, dass das Internet Sexarbeiterinnen erlaube, die Kunden besser zu selektieren – und Kolleginnen und Kollegen vor gefährlichen Freiern zu warnen. Auf speziellen Plattformen können Sexarbeiter zum Beispiel die Handynummer eines potenziellen Kunden eingeben – und so herausfinden, ob andere Prostituierte diesen schon gemeldet haben. Dafür gab aber auch über ein Drittel der befragten Sexarbeiter an, belästigende Anrufe und Nachrichten zu bekommen – darunter auch Drohungen, sie als Prostituierte zu outen oder private Informationen, wie zum Beispiel deren Adresse, online zu veröffentlichen.

Denn auch wenn Prostituierte ihre Kunden durch das Internet besser einschätzen können: Das Risiko, enttarnt und erpresst zu werden, bleibt zum großen Teil bei den Sexdienstleistenden. Um Kunden zu bekommen, sind Prostituierte darauf angewiesen, Fotos auf Internetplattformen hochzuladen. Die Profile der Kunden bleiben meistens bildlos. Bei Ohlala bekommen Männer die Frauenprofile zwar erst dann zu sehen, wenn eine Frau sie gelikt oder kontaktiert hat. Trotzdem: Um überhaupt mitmachen zu können, muss jede Frau drei Fotos hochladen. Für Männer gibt es diese Pflicht nicht.

Ebenfalls sind Prostituierte viel eher von Bewertungen abhängig als deren Kunden. Auf Plattformen wie Kaufmich bleiben die Erfahrungsberichte zwar einigermaßen zivil – schließlich haben die Freier ebenfalls ein Interesse daran, eine gute Bewertung zu bekommen – und ein grober Umgangston kann gemeldet werden. In einigen Freierforen, in denen Kunden sich über Prostituierte austauschen, bleiben sie aber oft unzensiert. Die Frauen werden dort wie Objekte bewertet, schlimmstenfalls frauenverachtend und in obszöner Sprache. Die Verfasser bleiben anonym – beziehen sich aber auf reale Frauen, die man oft anhand Onlinespitznamen, intimer Details oder ihrer Arbeitsstätte identifizieren kann.

Indem man Sexdienstleistungen über Onlineplattformen vermitteln lassen kann wie Essenskuriere oder Putzhilfen – wird auch Sexarbeit Teil der Gig-Economy. Und damit kommt die Frage auf, die auch Deliveroo und Uber austarieren müssen: Wie viel Verantwortung trägt die Plattform, wenn etwas schiefgeht? "Wir bieten die Rahmenbedingungen für bezahlte Dates an. Was da passiert, ist nicht unsere Sache", sagt Pia Poppenreiter von Ohlala. Klar könnten unangenehme Erfahrungen vorkommen: "Aber das trifft auch auf Tinder zu." Eine Begegnung, die über Ohlala zustande kommt, sei sicherer, als einen Fremden in einer Bar aufzureißen: Schließlich müssten Nutzer vorher ihre Telefonnummer und ihre E-Mail-Adresse bestätigen. "Wenn drei Frauen melden, dass der User auffällig wurde, sperren wir ihn. Das Gleiche gilt umgekehrt", sagt sie. Dass der User sich in der nächsten Minute mit einer neuen E-Mail-Adresse und SIM-Karte anmelden kann – geschenkt.

Bei Ohlala müssen zwar alle Benutzer bestätigen, dass sie über 18 sind – überprüft wird es nicht. Einige männliche Benutzer geben in ihren Profilen an, ausschließlich Sex ohne Kondom zu suchen. Dabei ist "Verkehr ohne" anzubieten gesetzlich verboten. Freier, die darauf bestehen, riskieren nach dem Prostitutionsschutzgesetz, das seit 2017 gilt, ein Bußgeld von 50.000 Euro. Doch offenbar hoffen einige Benutzer, diese Auflage in einem Portal, in dem die Grenze zwischen Date und Prostitution verschwimmt, umgehen zu können. Und die Betreiber hindern sie nicht daran – und warnen auch die Frauen, die sich bei Ohlala "auf Männer bewerben", nicht, dass Sexarbeiterinnen verpflichtet sind, sich bei einer Behörde anzumelden – und eine Bescheinigung bei sich zu führen, die diese Anmeldung bestätigt.

Dass Sexarbeit nach dem Deliveroo-Prinzip zunehmend über Plattformen wie Ohlala vermittelt wird, bedeutet, dass Prostituierte sich immer mehr um ihre Sicherheit, die Einhaltung der Gesetze – und die eigene Vermarktung kümmern müssen. Für Frauen wie Josefa Nereus, die eine eigene Homepage und einen YouTube-Kanal führen, mag dieses Konzept aufgehen: Sie ist gebildet, mit dem Internet aufgewachsen und weiß als gelernte Mediengestalterin, wie man sich online präsentiert. Aber den Straßenstrich, den Poppenreiter effizienter machen wollte, werden die technischen Neuerungen nicht erreichen.

Die Medienpsychologin Nicola Döring spricht in diesem Zusammenhang vom "Matthäus-Prinzip": Wer hat, dem wird gegeben. Das Internet verbessere zwar die Arbeitsbedingungen von gebildeten Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen, die sich gut im Internet vermarkten können. "Für unterprivilegierte Prostituierte in Deutschland, denen technischer Onlinezugang, Kenntnisse der deutschen Sprache und/oder ausreichende Medienkompetenz fehlen, führt das Internet aber zunächst kaum zum Empowerment", schreibt sie.

"Auf dem Straßenstrich kommt die Digitalisierung nicht an", sagt auch Josefa Nereus. "Die, die durch alle Raster gefallen sind, schaffen es auch nicht, Werbung im Netz zu machen." Insgesamt habe sie zwar das Gefühl, dass das mittlere und höhere Preissegment von der Digitalisierung profitiere – und die Arbeit durch das Internet sicherer geworden sei. "Aber ich muss gestehen: Die düsteren Ecken des Internets kenne ich nicht. Ich weiß nicht, was im Darknet abgeht."


Aus: "Wie Facebook für Escorts und Freier" Wlada Kolosowa (16. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2018-10/sexarbeit-app-ohlala-dating-prostitution-online/komplettansicht (https://www.zeit.de/arbeit/2018-10/sexarbeit-app-ohlala-dating-prostitution-online/komplettansicht)

QuoteMariella Santibanez #4

>>Anders als bei der Vorgängerapp können bei Ohlala nur Männer Kunden und Frauen Dienstleistende sein.<<

Was sagt das über Mann und Frau aus?

Heftig.


Quote
c0mm0n sense #6

Bringt mehr für die Anschaffenden als jedes Verbot.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 14, 2018, 01:17:41 PM
Quote[...] Ich gucke Pornos, seit ich elf oder zwölf Jahre alt war. Lange dachte ich – oder redete mir ein –, die starken Schuldgefühle, die ich dabei empfand, rührten vor allem daher, dass ich die Altersschranke wegklickte, obwohl ich längst nicht volljährig war. Auch die Attraktivität der Sache schob ich zumindest in Teilen darauf. Doch es hörte natürlich nicht auf, als ich 18 geworden war. Legal ist es zwar längst, dass ich mir das angucke – aber ist es auch in Ordnung?

Die erste Hausarbeit im Studium habe ich über feministische Sichtweisen auf Pornografie geschrieben. Dieser Versuch, das Schuldgefühl zu rationalisieren, wurde zwar gut benotet, meine Beschäftigung mit dem Thema nahm damit allerdings kein Ende. Alle paar Monate ändere ich meine politische Meinung zu der Angelegenheit. Entweder: Ist doch okay, wenn alles einvernehmlich ist. Oder: Es gibt keine Freiheit im Patriarchat, alles andere ist Selbstbetrug. Inzwischen tendiere ich langfristig zu letzterer Position.

Allein, meinem Konsum hat das keinen Abbruch getan. Inzwischen habe ich gelernt, was ich will: Frauenkörper, Penisform, Setting, Stellungen, Praktiken. Sogar einige Namen von Darstellerinnen, die mir besonders gefallen, weiß ich inzwischen. Ich fühle mich zwar nicht mehr ekelig und schmutzig danach, aber Zweifel bleiben. Wie sehr prägten Pornos meine Fantasien, mein Frauenbild, kurz: meine Sexualität? Dabei entsteht ein unschöner Verdacht: Ist meine Lust frauenverachtend? Anders als die Verwendung des N-Wortes kann man so etwas ja nicht einfach ablegen. Also was tun?

Im Prinzip gucken alle Männer Pornos, auch viele Frauen. Dass in einem bürgerlichen Umfeld nicht dazu angeregt wird, über den Konsum von Pornografie und somit auch über seine Fantasien zu sprechen, mag ja normal sein. Aber warum kann in einem linken Umfeld kaum jemand darüber sprechen? Man geht dann womöglich zu feministischen Pornofilmfestivals, die alles besser machen wollen. Aber Hand aufs Herz: Wer steht wirklich auf diese Filme? Ich vermute, sehr wenige.

Diese Fragen mögen offensichtlich klingen. Aber sie haben eben keine offensichtlichen Antworten. Es ist schier unmöglich, Studien zum Verhältnis von Pornografie, Lust und Sexualität durchzuführen, da keine Kontrollgruppen zusammengestellt werden können. Wäre es sinnvoll, in einer Art kollektiv-therapeutischem Induktionsvorgang zu versuchen, Antworten zu entwickeln? Bin ich der Einzige hier, der sich solche Fragen stellt?



Aus: "Keine Freiheit im Patriarchat" Leander Badura (14.11.2018)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/keine-freiheit-im-patriarchat (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/keine-freiheit-im-patriarchat)

Quote
denkzone8

ein outing das heute so brenzlig ist
wie früher das eingeständnis der selbst-befriedigung/-befleckung.
rohe, echte geil-heit ist: nicht gesellschafts-fähig,
auch wenn sie kommerziell ausgebeutet wird.

ist ein politiker denkbar, der öffentlich macht: "ich bin ein gewohnheits-mäßiger bordell-gänger.
und das ist auch gut so." ?

warum aber ist im partiarchat/der männer-herrschaft die offen-gestellte männliche geil-heit verpönt/tabuisiert?
wie in spitzen-küchen die verwendung von brüh-würfeln?
der makel liegt in der (kampf-losen) kapitulation, dem zugeständnis der un-beantworteten bedürftigkeit.
zu signalisieren: ich bin unten, ich bin auf milde gaben angewiesen: ist nicht manns-genug im patriarchat.

oda?


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 17, 2018, 01:21:06 AM
Quote[...] Die Polizei hat 2017 wesentlich mehr Fälle von häuslicher Gewalt registriert als im Jahr zuvor. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf die Kriminalstatistische Auswertung des Bundeskriminalamts zur Gewalt in Partnerschaften. Demnach wurden im vergangenen Jahr 138.893 Menschen in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner misshandelt, gestalkt, bedroht oder gar getötet. Darunter waren 113.965 Frauen, was 82 Prozent entspricht.

Die Zahlen sind dem Bericht zufolge deutlich höher als noch im Jahr 2016, als 133.080 Personen als Opfer von partnerschaftlicher Gewalt registriert wurden. Das liegt laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) insbesondere daran, dass neue Kategorien in die Statistik aufgenommen wurden: "Zum Beispiel Freiheitsberaubung, Zwangsprostitution und Zuhälterei." Rechne man die heraus, sei der Anteil nahezu stabil.

Die Zahlen wird Giffey den Angaben zufolge am Dienstag offiziell vorstellen. Vorab sagte die Ministerin dem Magazin: "Das Problem geht durch alle gesellschaftlichen Schichten und alle ethnischen Hintergründe." So habe der Anteil deutscher Staatsangehöriger unter den Tatverdächtigen bei knapp 68 Prozent gelegen. Die Einzelberichterstattung zeichne da häufig ein anderes Bild, sagte Giffey: "Wenn man die Zeitung liest, hat man manchmal das Gefühl, nur Flüchtlinge und Migranten verprügeln und töten ihre Frauen, weil diese Fälle immer ganz groß dargestellt werden."

Giffey verwies in dem Bericht auch auf die hohe Zahl von Todesfällen: 147 Frauen seien 2017 von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden, im Schnitt starb jeden zweiten bis dritten Tag eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners. "Das ist in einem modernen Land wie Deutschland eine unvorstellbare Größenordnung", sagte die Familienministerin.



Aus: "Mehr registrierte Fälle von Gewalt in Partnerschaften" (16. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2018-11/haeusliche-gewalt-partnerschaft-deutschland-auswertung-bundeskriminalamt (https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2018-11/haeusliche-gewalt-partnerschaft-deutschland-auswertung-bundeskriminalamt)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 17, 2018, 01:39:28 AM
Quote[...] Es trifft Schauspielerinnen und Politikerinnen, Reporterinnen und Sängerinnen. "Du dumme Schlampe", "Hure", "hässlich und nichts wert", "Widerliches Weib", "Du wirst nie genug sein" – all diese Beschimpfungen haben Lena Meyer-Landrut erreicht. Die Sängerin hatte die Nase voll. Sie schrieb all das mit schwarzem Stift auf einen Spiegel und fotografierte sich darin mit Blitzlicht. Mit dem Selfie erreichte die ESC-Gewinnerin von 2010 innerhalb eines Tages rund 150.000 Likes, Tausende antworteten ihr.

"Der Hass im Netz betrifft alle Geschlechter, aber er nimmt bei Frauen eine andere Facette an", sagt Ingrid Brodnig. Die Journalistin hat ein Buch darüber geschrieben, was Menschen einander im Internet antun. "Wenn Frauen online beleidigt werden, dann geht es sehr schnell um das Körperliche, dann wird es erniedrigend, das Aussehen wird herabgewertet, man wird als Schlampe bezeichnet." Schnell kommen auch Bedrohungen dazu, bei Frauen meist mit Vergewaltigung. "Da geht es um eine Entwertung als Mensch an sich", sagt Brodnig.

Die Liste der Frauen, die über Erfahrungen damit sprechen, ist lang. Die Moderatorinnen Anja Reschke (NDR) und Dunja Hayali (ZDF) machen das seit Jahren öffentlich. Im Sommer ergoss sich so viel Hetze über Fußballexpertin Claudia Neumann, dass das ZDF Strafanzeige stellte.

"Es lag nicht an ihren Worten, sondern daran, dass ich begann, sie zu glauben", schrieb im August die US-Schauspielerin Kelly Marie Tran ("Star Wars: Die letzten Jedi") in in der New York Times. Seit ihrer Rolle in der Kult-Kinoreihe war die 29-Jährige monatelang online gemobbt worden. Irgendwann löschte Tran den gesamten Inhalt ihres Instagram-Kontos, weil sie die hässlichen Kommentare über ihr Geschlecht und ihr Aussehen nicht mehr ertrug. Der Account mit rund 238.000 Followern ist bis heute leer.

Die auf Twitter aktive Linken-Politikerin Julia Schramm sammelte eingehende Hassnachrichten – "leg dir mal ein paar titten zu, du nutte" und schlimmeres – in einem eigens eingerichteten Blog und veröffentlichte sie Anfang des Jahres als Buch. "Ich glaube, dass die meisten Männer, die solche Sachen schreiben, dass die auch gar nicht wissen, was das anrichtet", sagte sie Deutschlandfunk Kultur.

"Es ist weniger beklemmend, brutal im Internet zu sein, weil ich den anderen nicht sehe, weil ich nicht ansehen muss, was ich auslöse und weil der andere mich nicht sieht", erklärt Autorin Brodnig.
Dazu kommt laut dem Marburger Sozialpsychologen Ulrich Wagner "brutaler Sexismus", der sich zu der brutalen Sprache gesellt. "Die negativen Stereotype, die über Frauen existieren, lassen sich an dieser Stelle einfach viel leichter ausnutzen", sagt er.

Vor dem Aufkommen des Internets seien solche Gemeinheiten höchstens per anonymem Brief möglich gewesen, sagt der Psychologe. "Das hatte ja bei weitem nicht den Thrill, wenn man da erst zum Briefkasten gehen muss und sich dann vorstellt, in zwei Tagen kommt der Brief an. Das ist ja nicht so unmittelbar", erklärt er die Zunahme an Hass.

Die Verfasser handelten aus verschiedenen Motiven. "Dahinter kann so etwas wie Sexismus stehen, dahinter kann aber auch extreme Wut stehen", sagt Wagner. Auch Brodnig sieht verschiedene Typen von Beleidigern. "Manche wollen Aggressionen abladen, manche erfreuen sich daran, andere zu erniedrigen." Trolle etwa seien nur dafür im Internet unterwegs, um sich am Leid anderer zu ergötzen.

Meyer-Landrut habe mit ihrem Spiegel-Selfie genau richtig reagiert, sagt Expertin Brodnig. Indem sie die Beleidigungen auf den Spiegel schreibe, zeige sie das Problem, ohne den Beschimpfenden selbst eine Bühne zu bieten. "Sie entwendet ihre Worte, um es zu thematisieren."

Solche Erlebnisse anzusprechen, sei wichtig. "Auch wenn jemand total berühmt ist, nagt das an einem. Niemand ist so hart, dass das komplett spurlos an einem vorübergeht", sagt Brodnig. "Das Schlimmste ist, wenn Opfer sowas in sich hineinfressen, wenn sie das nicht teilen." Extreme Beschimpfungen solle man anzeigen.

Sorge bereitet der Autorin ein anderer Effekt: Studien etwa der Organisation Amnesty International zufolge trauten sich viele Frauen nach solchen Wellen von Hass nicht mehr, ihre Meinung kundzutun. "Da besteht die Gefahr, dass Frauen aus der öffentlichen Debatte verdrängt werden, weil sie ein anderes, brutaleres Internet erleben."

Lena Meyer-Landrut jedenfalls meldete sich am Tag nach ihrem Spiegel-Selfie erneut zu Wort. Neben einem Foto ihres Gesichts, über dem "Growth through Resistance" (Wachstum durch Widerstand) steht, rief sie dazu auf, sich auf Positives und Liebe zu konzentrieren.


Aus: ""Du dumme Schlampe": Wenn Hass im Netz auf Frauen trifft " Christina Peters, dpa (15.11.2018)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Du-dumme-Schlampe-Wenn-Hass-im-Netz-auf-Frauen-trifft-4222306.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Du-dumme-Schlampe-Wenn-Hass-im-Netz-auf-Frauen-trifft-4222306.html)

Quote

    bananensaft, 15.11.2018 16:15

Mehrere Tausend Jahre Zivilisation und Kultur und das kommt dabei raus. Es ist nicht zu fassen und mir völlig unbegreiflich.

Unabhängig davon, ob ich jemanden mag oder nicht käme ich nicht auf die Idee jemanden so derartig anzugehen und nieder zu machen.

Traurig


Quotedstaubsauger, 15.11.2018 16:52

Re: Mehrere Tausend Jahre

Zugegebenermaßen bestand ein relativ großer Teil dieser paar tausend Jahre darin, dass die Menschen auch relativ un-nett zueinander waren.


Quote

    ???888, 15.11.2018 21:17

Auseinanderdriften der Gesellschaft.

Während das Proletariat immer primitiver und enthemmter wird, wird die Elite immer empfindlicher und dünnhäutiger. Die einen paaren sich in aller Öffentlichkeit - die anderen bestehen darauf, daß Bilder von Nackten aus den Museen entfernt werden. Es scheint, als gäbe es immer weniger normale Menschen und immer mehr Extremisten - in der einen wie in der anderen Richtung.


Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 20, 2018, 09:07:36 AM
Quote[...] Erste Zahlen hatte der "Spiegel" am Wochenende gemeldet: Demnach wurde 2017 im Schnitt alle zwei bis drei Tage eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Lebensgefährten getötet - insgesamt 147 Frauen starben durch ihren Partner oder Ex-Partner.

Laut der Kriminalstatistischen Auswertung des Bundeskriminalamts zur Partnerschaftsgewalt wurden im vergangenen Jahr 138.893 Menschen in Deutschland von ihrem Partner oder Expartner misshandelt, gestalkt oder bedroht. Darunter waren Medienberichten zufolge 113.965 Frauen, also 82 Prozent.

Im Jahr 2016 seien rund 109.000 Frauen Opfer von partnerschaftlicher Gewalt geworden. Die Steigerung im vergangenen Jahr erkläre sich vor allem dadurch, dass neue Kategorien in die Statistik aufgenommen worden seien, sagte Giffey: "Zum Beispiel Freiheitsberaubung, Zwangsprostitution und Zuhälterei." Giffey sagte jedoch zugleich, es sei davon auszugehen, dass nur 20 Prozent der Betroffenen Hilfe suchten. Die Dunkelziffer sei enorm.

Die Ministerin entgegnete Behauptungen, dass die Zuwanderung ein entscheidender Faktor bei den partnerschaftlichen Gewalt sei. "Das Problem geht durch alle gesellschaftlichen Schichten", so Giffey. Der überwiegende Teil der Täter sei "bio-deutsch" - laut Statistik knapp 68 Prozent.

... Bittere Aktualität zum Thema: In einer Wohnung in Jena wurden vier Tote gefunden - wohl ein Beziehungsdrama. Die vier Toten waren nach einem mutmaßlichen Beziehungsdrama am Montagnachmittag in einer Wohnung gefunden worden. Nach Angaben eines Staatsanwalts in Gera hat ein 38-Jähriger eine 25 Jahre alte Frau, mit der er zuvor zusammengelebt hatte, sowie deren neuen Lebensgefährten, ein drei Wochen altes Baby und schließlich sich selbst getötet. Als Tatwaffe wird ein Messer vermutet.

,,Es war sehr blutig", sagte der Staatsanwalt am Montagabend der Deutschen Presse-Agentur. Die Leichen lagen nach Angaben des Ermittlers in einer Wohnung im obersten Geschoss eines fünfgeschossigen Wohnhauses im Jenaer Stadtteil Winzerla. Der mutmaßliche Täter soll nach der Trennung von der Frau und seinem Auszug aus der Wohnung zurückgekommen sein. ... Alle Beteiligten sind Deutsche. Das Alter des zweiten Mannes war vorerst unbekannt. Auch ob sich die Tat bereits am Sonntag oder am Montag ereignete, konnten die Ermittler einstweilen nicht sagen. Am Dienstag wollen die Ermittler die Öffentlichkeit am Dienstag über den Fall informieren. (KNA, dpa)



Aus: "Häusliche Gewalt: Giffey will Frauenhäuser ausbauen" (20.11.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/haeusliche-gewalt-giffey-will-frauenhaeuser-ausbauen/23656550.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/haeusliche-gewalt-giffey-will-frauenhaeuser-ausbauen/23656550.html)

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Quote[...] Fast 140.000 Frauen und Männer sind im vergangenen Jahr von ihrem Partner oder Ex-Partner misshandelt, gestalkt oder bedroht worden. Das hat eine Erhebung des Bundeskriminalamts zur Partnerschaftsgewalt ergeben. 82 Prozent der Betroffenen, also knapp 114.000, sind Frauen.

Im Jahr davor seien es etwas weniger gewesen: 2016 sind 109.000 Frauen Opfer partnerschaftlicher Gewalt geworden. Die Steigerung im vergangenen Jahr erkläre sich vor allem dadurch, dass neue Kategorien in die Statistik aufgenommen worden seien, sagte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) – etwa Freiheitsberaubung, Zwangsprostitution und Zuhälterei.

Im vergangenen Jahr wurden einem Medienbericht zufolge 147 Frauen von ihrem aktuellen oder früheren Lebensgefährten getötet. Im Schnitt stirbt demnach alle zwei bis drei Tage eine Frau infolge einer Beziehungstat.

... Giffey sagte außerdem, es sei davon auszugehen, dass nur 20 Prozent der Betroffenen Hilfe suchten. Die Dunkelziffer sei enorm. Sie widersprach Behauptungen, die Zuwanderung sei ein entscheidender Faktor bei der partnerschaftlichen Gewalt: "Das Problem geht durch alle gesellschaftlichen Schichten." Der überwiegende Teil der Täter sei "biodeutsch" – laut Statistik knapp 68 Prozent.


Aus: "BKA zählt 140.000 Opfer partnerschaftlicher Gewalt" (20. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2018-11/franziska-giffey-bundesfrauenministerin-spd-frauenhaeuser-ausbau-haeusliche-gewalt-lebensgefaehrten (https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2018-11/franziska-giffey-bundesfrauenministerin-spd-frauenhaeuser-ausbau-haeusliche-gewalt-lebensgefaehrten)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on November 20, 2018, 09:33:46 AM
Quote[...] Most workers suffer some unfair conditions in the workplace and would not, as a rule, do their jobs for free. This is not to say that this state of affairs is good, or that we should accept it because it is normal, but nor is it useful to pretend that work is generally wonderful. Some workers are lucky enough to have good pay, meaningful work, and autonomy, but most of us feel the sharp edge of exploitation in some way.

We begin with this because, as sex workers ourselves who advocate for the decriminalization of sex work, we have noted a significant problem with the terms of the public debate: in the struggle over whether sex work should be legal, both sides usually start with the assumption that work is fundamentally good; they differ only on whether sex work is good work. Both sides position work in general as something that the worker should find fulfilling, non-exploitative, and enjoyable. Deviation from this supposed norm is treated as evidence that something cannot be work. "It's not work, it's exploitation" is a refrain you hear again and again. One feminist policymaker in Sweden told a reporter, "Don't say sex work, it's far too awful to be work." Awfulness and work are positioned as antithetical: if prostitution is awful, it cannot be work. We find it more productive, however, to start from a different place: it is not reasonable to assume that any kind of work—including sex work—is generally good. Outsiders often think that selling sex must be a horrible job, and many sex workers would agree. However, these sex workers may locate the problem not in sex but in work.

Anti-prostitution feminists and even policymakers often ask sex workers whether we would have sex with our clients if we were not being paid. Work is thus re-inscribed as something so personally fulfilling you would pursue it for free. Indeed, this understanding is in some ways embedded in much anti-prostitution advocacy through the prevalence of unpaid internships in such organizations. Equality Now, a multimillion-dollar anti-prostitution organization, instructs applicants that their internships will be unpaid (adding that "we are unable to arrange housing or visas"). Ruhama advertises numerous volunteer roles that could easily be paid jobs. In 2013 Turn Off the Red Light, an Irish anti-prostitution NGO consortium, advertised for an intern who would not be paid the minimum wage. The result of these unpaid and underpaid internships is that the women who are most able to build careers in the women's sector—campaigning and setting policy agendas around prostitution—are women who can afford to do unpaid full-time work in New York and London. In this context, it is hardly a surprise that the anti-prostitution movement as a whole has a somewhat abstracted view of the relationship between work and money.

Anti-prostitution feminists frequently lack sophisticated or self-aware in their critiques. One prominent UK feminist joked, "Ever thought about having multiple penises shoved up you as a career? . . . The longer you do it the more your earning potential decreases, but they say there's a fetish for everything!" The joke is that sex workers "mistakenly" think that what they do is work, even when that work can be sexist and ageist. Of course, if being subject to sexist and ageist discrimination at work excluded someone from the category of worker, most older women workers would be excluded: the gender pay gap increases with age. If the only "real" worker is one who suffers no workplace oppression or exploitation, then all organizing for workers' rights becomes superfluous.

To the list of failed would-be allies, one can also add most government representatives. Some time ago, we joined a small group of sex workers in a meeting with a Scottish government minister who claimed to wish to understand why we had entered prostitution. A single mother with several children explained that she got into sex work to support her family; another woman said that, as an undocumented migrant, sex work was one of the few jobs available to her; a third explained that when she came out as trans and started her transition, she lost her mainstream job. A man talked about the homophobia he had experienced in other workplaces. The minister was not impressed. She observed that we all seemed to have started selling sex in order to get money, in a tone suggesting not only that she was incredulous, but that selling sex in order to earn an income seemed terribly mercenary to her.

People sell sex to get money. This simple fact is often missed, forgotten, or overlooked. To many it seems inconceivable that people could do something considered so strange and terrible for the same mundane, relatable reasons that govern everybody else's everyday lives. Sometimes the centrality of money is more deliberately hidden because to do so serves a political purpose. If a right-wing politician downplays the extent to which sex work is about generating a decent income and instead emphasizes the extent to which it is driven by a "criminal underworld," he can sidestep awkward questions about the connections between prostitution, poverty, and government policy—and align anti-prostitution measures with populist "tough-on-crime" approaches. For example, Texas has some of the most extensive laws in the United States when it comes to criminalizing pimps, traffickers, and criminal gangs—but the state legislature has repeatedly failed to fund services for sex trafficking victims, let alone fund programs that would meaningfully address poverty and failures in the child-welfare system.

Pathologizing sex workers as unable to make "good" decisions, rather than seeing them as people largely motivated by familiar, mundane needs, can lead to disastrous consequences. In 2013 a Swedish family court ruled that a young mother named Jasmine did not know what was best for herself; the court saw her sex work not as a flexible job that gave her a livable income whilst caring full-time for her children, but as a form of self-harm. The judge ruled that, as she was engaged in self-harm, she was unable to care for her children, and disregarded her warnings that her ex-partner was violent. Her ex was awarded child custody. When she met him in order to see the children, he stabbed her to death. Dismissing Jasmine's prosaic, material reasons for doing sex work was key to the state's fatally inadequate response to her needs. The belief that sex workers are not making—and cannot make—good decisions leads us not to a feminist utopia, but to coercive, punitive modes of "reform."

Downplaying the practical and economic dimensions of prostitution also does some ideological heavy lifting for anti-prostitution feminists. For example, Catherine MacKinnon writes, "If there were no buyers, there would be no sellers, namely traffickers." MacKinnon's conflation of "people who sell sex" with "traffickers" erases the fact that people who sell sex might be driven by economic need—a need which will not be solved by attempting to eradicate prostitution through criminal law. After all, if we forget for a second that people go to the streets because they need money, we need not grapple with what will replace the income they lose—or what the implications will be for their safety when they desperately try to recoup that income.

Remove money from the conversation and sex workers seem bizarre or broken. The sex worker, it is stated or implied, is not capable of understanding her own best interests and is instead acting out her childhood trauma. Anti-prostitution campaigner Kat Banyard, for example, argues that assuming a history of childhood sexual violence among sex workers "makes sense" because "common consequences of childhood sexual abuse include difficulty asserting boundaries." Sex-working survivors have pushed back on this attempt to pathologize their lives. As Lori Adorable writes, "It's not because of some kind of permanent 'damage' or trauma-reenactment compulsion. It's because CSA [childhood sexual abuse] survivors often lack family support." In other words, people who have fled an abusive family home have a compelling need to avoid returning to it and may sell sex as a strategy to avoid such a return. This is a material need, not a pathology.

"Economic necessity is the main imperative for women becoming involved in prostitution," according to UK Home Office researchers. Academic Julia Laite writes, "Several late-nineteenth-century studies found that up to half of the women selling sex in Britain had been domestic servants, and that many had hated it so much they had willingly left service." Laite quotes a 1920s sex worker asking an arresting police officer, "What will you give me if I do give this up? A job in a laundry at two pounds a week—when I can make twenty easily?" Writing in the 1980s, sex worker Nickie Roberts echoes these perspectives:

Working in crummy factories for disgusting pay was the most degrading and exploitative work I ever did in my life. . . . I think there should be another word for the kind of work working class people do; something to differentiate it from the work middle class people do; the ones who have careers. All I can think of is drudgery. It's rotten and hopeless; not even half a life. It's immoral. Yet as I say, it's expected of working class women that they deny themselves everything. . . . Why should I have to put up with a middle class feminist asking me why I didn't 'do anything—scrub toilets, even?' than become a stripper? What's so liberating about cleaning up other people's shit?

Through the lens of economic need, people's reasons for engaging in sex work reappear not as aberrant or abject, but as a rational survival strategy in an often shitty world.

Women are especially prone to face economic abjection, in the face of which prostitution may seem more like a reasonable option. Race and disability are also key factors in sex-work demographics. Pluma Sumaq writes that, for many people of color, "prostitution is not what you do when you hit rock bottom. Prostitution is what you do to stay afloat, to swim rather than sink, to defy rather than disappear." An anonymous Māori mother writes: "My body isn't capable of working a 40-hour week, nor allowing me to become qualified at something that pays well. I'm disabled from working, and I'm part of a society that doesn't take care of people like me."

LGBTQ people are also overrepresented in sex work. Discrimination, rejection, and abuse—both at home and in wider communities—increase their precarity and vulnerability, leaving prostitution as one of the remaining viable routes out of destitution. Trans women in particular often find that formal employment is out of reach. Increased school drop-out rates, lack of family support, and lack of access to adequate health care (including the means to finance gender-affirming treatment) leave them exposed to poverty, illness, and homelessness.

Criminal law cannot really prevent anyone from selling sex. Criminalization can and does make it more dangerous to do so, but there is little the state can do to physically curtail a person's capacity to sell or trade sex. Thus, prostitution is an abiding strategy for survival for those who have nothing. There are almost no prerequisites for heading out to the streets and waiting for a client. Survival sex work may be dangerous and frightening—but for people whose other options are worse (starvation, homelessness, drug withdrawal), it is there as a last resort: the "safety net" onto which almost any destitute person can fall. This explains the indomitable resilience of sex work.

For some anti-prostitution campaigners, concerns about the sex industry stand in place of a wider critique of capitalism. "Why is the left in favour of the free market only when it is women's bodies being bought and sold?" asks Julie Bindel. This question either misunderstands or misrepresents the argument: what the left actually favors is labor rights, to redress the balance of power between employers and workers. In a capitalist society, when you criminalize something, capitalism still happens in that market. When we are asked, in a capitalist society, to choose between criminalizing or decriminalizing commercial sex, we are not offered an option for the "free market" to not govern the proceedings. In fact, capitalism is in many ways at its most intense in criminalized markets. With commercial sex criminalized, there can be no workers' rights, whereas with commercial sex decriminalized, people who sell sex can access labor law and other kinds of protection afforded on legal job sites.

To say that prostitution is work is not to say that it is good work. But neither are most of the jobs available to people who fall on sex work. People who sell or trade sex are amongst the world's least powerful people, the people forced to do the worst jobs. But that is precisely why anti-prostitution campaigners should take seriously the fact that sex work is a way people get the resources they need. Instead, this is airily dismissed—losing a bad job, we are told, is no big deal. Losing jobs is how we achieve social change, we are told. Anti-prostitution feminist Meghan Murphy writes: "I suppose we shouldn't try to stop the oil industry because people will lose jobs? It isn't suuuper progressive . . . to defend harmful practices lest people lose jobs." Those who make these arguments imagine "changing society" through taking something away. But people with relatively little are right to be fearful when their means of survival is taken away. British miners in the 1980s did not strike on the basis that mining was the most wonderful job—they were simply correct in their belief that, once mining was taken from them, Margaret Thatcher's government would abandon their communities to desperate poverty. Likewise, few sex workers would object if you sought to abolish the sex industry by ensuring that they got the resources they need without having to sell sex.

The aim in decriminalizing sex work is therefore not, as it is often misconstrued, to advocate for something like a "right" for men to pay for sex. In fact, as the Wages for Housework movement articulated in the 1970s, naming something as work is a crucial first step in refusing to do it—on your own terms. Marxist-feminist theorist Silvia Federici wrote in 1975: "to demand wages for housework does not mean to say that if we are paid we will continue to do it. It means precisely the opposite. To say that we want money for housework is the first step towards refusing to do it, because the demand for a wage makes our work visible, which is the most indispensable condition to begin to struggle against it." Naming work as work has been a key feminist strategy beyond Wages for Housework: from sociologist Arlie Hochschild's term "emotional labor," to journalist Susan Maushart's term "wifework," to Sophie Lewis's theorizing around surrogacy and "gestational labor," naming otherwise invisible or "natural" structures of gendered labor is central to beginning to think about how to resist or reorder such work.

Just because a job is bad does not mean it is not a "real job." When sex workers assert that sex work is work, we are saying that we need rights. We are not saying that work is good or fun, or even harmless, nor that it has fundamental value. Likewise, situating what we do within a workers'-rights framework does not constitute an unconditional endorsement of work itself. It is not an endorsement of capitalism or of a bigger, more profitable sex industry. "People think the point of our organization [the National Organization for the Emancipation of Women in a State of Prostitution] is [to] expand prostitution in Bolivia," says activist Yuly Perez. "In fact, we want the opposite. Our ideal world is one free of the economic desperation that forces women into this business."

It is not the task of sex workers to apologize for what prostitution is. Sex workers should not have to defend the sex industry to argue that we deserve the ability to earn a living without punishment. People should not have to demonstrate that their work has intrinsic value to society to deserve safety at work. Moving toward a better society—one in which more people's work does have wider value, one in which resources are shared on the basis of need—cannot come about through criminalization. Nor can it come about through treating marginalized people's material needs and survival strategies as trivial. Sex workers ask to be credited with the capacity to struggle with work—even hate it—and still be considered workers. You don't have to like your job to want to keep it.



Aus: "Sex Is Not the Problem with Sex Work" Juno Mac, Molly Smith (October 30, 2018)
Quelle: https://bostonreview.net/gender-sexuality/juno-mac-molly-smith-sex-not-problem-sex-work (https://bostonreview.net/gender-sexuality/juno-mac-molly-smith-sex-not-problem-sex-work)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 04, 2018, 02:30:10 PM
Quote[...] Am 2. November gegen halb sechs Uhr abends betrat Scott Beierle ein Yoga-Studio in Tallahassee, Florida. Der 40-Jährige gab sich als Kunde des Studios aus, marschierte in einen der Trainingsräume und zog dort eine Pistole aus seiner Tasche. Ohne Vorwarnung begann er auf die KursteilnehmerInnen zu schießen, zwei Frauen tötete er an Ort und Stelle, vier weitere Menschen verletzte er schwer. Hätten sich Einzelne dem Attentäter nicht entgegengestellt – ein Student griff zu einem Staubsauger und einem Besen und schlug auf ihn ein –, hätte Beierle wohl noch mehr Menschen ermordet. Attentate wie dieses passieren nahezu täglich in den USA, die TäterInnen sind fast ausschließlich Männer. Im Fall von Scott Beierle berichteten US-Medien von Videos, die er 2014 auf Youtube veröffentlicht hatte. Darin verbreitete er rassistische, homofeindliche und frauenfeindliche Ideen, immer wieder beschwerte er sich über Zurückweisung durch Frauen. In einem der Videos fiel der Name Elliot Rodger. Beierle verglich sein jüngeres Ich mit jenem Massenmörder, der 2014 im kalifornischen Isla Vista sechs Menschen getötet und weitere 13 verletzt hatte. Sein Motiv legte Rodger in einem 141 Seiten umfassenden "Manifest" dar: Er wollte Rache üben an Frauen, die ihm, dem "perfekten Gentleman", sein Leben lang Sex vorenthalten hätten, der 22-Jährige fantasierte von Konzentrationslagern, in denen er Frauen genüsslich beim Sterben zusehen wolle. Wie auch Scott Beierle tötete er sich selbst, bevor ihn die Polizei überwältigen konnte.

In Teilen der Incel-Community wird Rodger bis heute als Held gefeiert – im Netz kursieren Bilder, auf denen er mit Heiligenschein zu sehen ist. Elliot Rodger, Schutzpatron der Incels. "Incel" steht für "involuntary celibate", also unfreiwillig Enthaltsame, die darunter leiden, keinen Sex, keine Liebesbeziehung zu haben. In ihrer radikalen Ausformung sind es Hetero-Männer, die der Selbsthass und ein unbändiger Hass auf Frauen antreiben und die sich eine Welt aus obskuren Theorien zusammengezimmert haben, erklärt Debbie Ging. Die irische Kommunikationswissenschafterin forscht zu Männerrechtsbewegungen und Hass im Netz und hat auch die Geschlechterbilder der Incels untersucht. Es ist ein Online-Phänomen, dessen Entstehung Ging in den USA und Kanada verortet, das sich mittlerweile aber über den gesamten englischsprachigen Raum und darüber hinaus verbreitet habe. "Incels stützen sich auf halbgare Theorien aus der Evolutionspsychologie. Frauen würden immer nach oben heiraten und deshalb 'Alpha-Männer' bevorzugen, mit 'Beta-Männern' ließen sie sich nur ein, um ihre Rechnungen zu bezahlen", sagt Ging im STANDARD-Interview. Was einen Alpha-Mann definiert, machen Incels unter anderem genetisch fest: Sogenannte Chads sind muskulös und weisen besonders männliche Gesichtszüge auf – und würden im Gegensatz zu "Normies" von Frauen als Sexualpartner begehrt. Das Gegenüber der Chads nennt sich Stacey, sie ist Objekt der männlichen Begierde und wird als langhaarige, blonde Frau mit "natürlichen Kurven" und knappem Outfit imaginiert, der alle Wünsche erfüllt würden. Da in dieser Theorie 20 Prozent der Männer 80 Prozent des Sex zukommen würden, wird "erzwungene Monogamie" als ein Ausweg gesehen.

Reddit verbannte im vergangenen Jahr eine Community mit rund 40.000 Mitgliedern, in der Incels Vergewaltigungsfantasien austauschten und Frauen nur noch als "Femoide" bezeichneten. Schließt ein Forum, finden sich die Incels anderenorts zusammen. Der Frauenhass verbindet sie mit anderen Gruppen der "Manosphere": antifeministischen Maskulinisten, die den vermeintlichen Verlust der weißen männlichen Vorherrschaft beklagen. "Incels machen unter anderem körperliche Unzulänglichkeiten für ihre sexuellen Misserfolge verantwortlich – niemals ihre misogynen Haltungen Frauen gegenüber", sagt Kommunikationswissenschafterin Ging. Als Incel gab sich im April dieses Jahres ein weiterer Attentäter zu erkennen: Der 25-jährige Alek Minassian fuhr in Toronto mit einem Lieferwagen in eine Menschenmasse, er tötete zehn Menschen und verletzte weitere 16 – überwiegend Frauen. "The Incel Rebellion has already begun! We will overthrow all the Chads and Stacys!", postete er zuvor auf Facebook. Ein Polizeibeamter konnte Minassian wenige Minuten nach der Amokfahrt überwältigen, laut Angaben seines Anwalts wird der Prozess gegen ihn in zehn bis 15 Monaten beginnen. Auch Alek Minassian wird in der radikalen Incel-Szene gefeiert, weiß Andreas Hechler. Hechler ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Bildungsreferent beim Berliner Institut Dissens tätig und hat sich auf Jungenarbeit, Antifeminismus und die extreme Rechte spezialisiert. "Minassian wird dafür verehrt, dass er das Anliegen der Incels einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht hat", sagt Hechler. Weltweit berichteten Medien im Frühjahr über die Amokfahrt und die hasserfüllte und gewaltverherrlichende Welt der Incels. Der radikale Kern sei aber nur eine Subszene innerhalb der Incels, betont der Pädagoge.

Geprägt wurde der Begriff von einer kanadischen Studentin, die in den 1990er-Jahren "Alana's Involuntary Celibacy Project" ins Leben rief, eine einfache Website und eine Mailingliste betrieb. Schüchterne Menschen, queere Personen und Heteros, Frustrierte und Optimisten fanden dort zusammen, Alana verlor das Interesse und übergab die Seite an eine andere Person. Erst Jahre später erfuhr sie per Zufall von der Radikalisierung der Incels, wie sie in Interviews erzählte. Sich in Foren auszutauschen, sich gegenseitig zu unterstützen – eigentlich eine gute Sache, meint Andreas Hechler. In Deutschland existiert etwa der "Absolute Beginner Treff", ein Forum für "Menschen, die unfreiwillig keine oder nur geringe Beziehungserfahrungen machen konnten", es wird von einem ModeratorInnen-Team verwaltet und gestaltet sich entsprechend harmlos. Gefährlich wird es dort, wo Menschen andere für ihren Frust verantwortlich machen und in einem geschlossenen, unmoderierten Raum aufeinandertreffen. "In solchen Foren unterstützen sich heterosexuelle Männer gegenseitig in ihrer misogynen Weltsicht, das kann zu einer raschen Radikalisierung führen", sagt Hechler.

Auch wenn es im deutschsprachigen Raum bisher keine Attentate gab, die von selbstdeklarierten Incels begangen wurden – ähnliche Muster und Motive finden sich auch hier. So tötete der 17-jährige Tim Kretschmer 2009 in Winnenden 15 Menschen, elf der zwölf Opfer in seiner Schule waren Mädchen und Frauen. Auch Femiziden und Tötungsversuchen in Beziehungen geht oft Zurückweisung in Form einer Trennung voraus. Ein Umstand, der sich als Auftrag an PädagogInnen insbesondere in der Jungenarbeit interpretieren lässt. "Jungen müssen von klein auf lernen, mit Frustration umzugehen. Und wir müssen die Botschaft vermitteln: Es gibt kein Recht auf Sex mit irgendwem", sagt Hechler. Empathiefähigkeit, Kommunikation, lernen, in Beziehung zu sich und den anderen zu treten – Inhalte, die auf jeden Lehrplan gehörten. Politik und Wissenschaft würden bisher allerdings unzureichend auf das Phänomen reagieren, meint Hechler. Ein Monitoring spezifischer Hassformen im Netz, die sich gegen Frauen richten, fehlt, Präventionsarbeit gestaltet sich in Deutschland wie Österreich äußerst lückenhaft. "Männer, die meinen, einen Anspruch auf Sex zu haben, und wütend werden, wenn sie ihn nicht bekommen, sind nichts Neues. Sie haben jetzt nur eine Pseudophilosophie gefunden, an der sie sich festhalten können", sagt Kommunikationswissenschafterin Debbie Ging. "Wenn wir Frauenhass, Antifeminismus und patriarchale Strukturen nicht umfassend bekämpfen, wird das Phänomen auch nicht verschwinden." (Brigitte Theißl, 2.12.2018)


Aus: ""Incels": Recht auf Sex als radikale Ideologie" Brigitte Theißl (2. Dezember 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000092615853/Incels-Recht-auf-Sex-als-radikale-Ideologie (https://derstandard.at/2000092615853/Incels-Recht-auf-Sex-als-radikale-Ideologie)

Quote
Pyg Malia, 2. Dezember 2018, 20:14:54

Ich kenne verdammt viele Männer, die weder "muskulös" sind, keine "besonders männlichen Gesichtszüge" und auch kein großes Bankkonto aufweisen, und trotzdem bei attraktiven Mädels ankommen.
An dem wird's also nicht scheitern, eher an etwas anderem wie diverse psychosoziale Störungen (Narzissmus, Minderwertigkeitskomplex,...), Antriebslosigkeit, ausgeprägte Selbstbezüglichkeit, kindliche Traumata, Unfähigkeit, sich auszudrücken und mitzuteilen, fehlender Optimismus und negative Weltsicht, Gaming-Junkie, Dauer-Kiffer usw. usw.


Quote
Miezekatz1

Ich finde es erschreckend, dass es hier ernsthaft hingestellt wird als wären Frauen irgendwie gemein, weil sie sich weigern, mit Männern ins Bett zu gehen, von denen sie nichts wollen und als wären Incels arme untervögelte Männer, die überhaupt nichts dafür können, ihrem unbändigen Hass online freien Lauf zu lassen.


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Lovecrafts Katze

Du bist nicht mein Typ hab ich als Frau auch schon sehr oft im Leben gehört.
Das ist normal, dass man nicht jedem auf diese Art und Weise gefällt.


Quote
Gerald Unbekannt

Es ist verständlich, dass Männer die eine Beziehung haben wollen und ständig von Frauen abgewiesen werden Frauen hassen. Meiner Meinung nach sind diese Männer auch dazu berechtigt Frauen zu hassen.
Gedanken sind frei. Es ist jedoch verboten jemanden anderen zu töten, zu verletzen, oder zu beleidigen. Das ist allgemein bekannt. Wer einen anderen tötet, verletzt, oder beleidigt ist zu bestrafen. Gleichgültig ob er diese Tat begangen hat weil er Frauen hasst oder aus einem anderen Motiv. Den meisten Menschen ist das klar und sie verhalten sich gesetzeskonform, obwohl sie z.B. Frauen hassen. Für die Anderen wurde das Strafrecht geschaffen.


Quote
Lovecrafts Katze

Du meine Güte. Was bin ich als Frau doch oft mit den Männern meiner Wahl eingefahren.
Ich weiß gar nicht wie oft. "Nein das kann ich mir nicht vorstellen." "Du bist nicht mein Typ." etc.
Aber deswegen hab ich nicht den Rest der XY Truppe verdammt. ^^


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Abiona

Japp... Ich hab mir auch ewig anhoeren koennen, dass ich doch keine richtige Frau sei, nur als beste Freundin tauge, etc. Irgendwie bin ich da trotzdem nicht ausgerastet oder zur Maennerhasserin geworden. Woran der Unterschied wohl liegen mag?


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Brainfart

Früher gab's in jedem Dorf einen oder mehrere Trottel. Vollkommen harmlos und die Gemeinschaft hat sich mehr oder weniger solidarisch darum gekümmert.

Im globalen digitalen Dorf kann sich heute jeder Trottel mit seinesgleichen verbinden, solidarisieren und sein verschrobenes Weltbild anonym pflegen, leben und weiteentwickeln. Das ist nicht mehr harmlos.


Quote
MUT

Der Ausdruck "Incels" ist für mich neu. Mit einem "Recht auf Sex" kann ich überhaupt nichts anfangen.
Dass VIELE Frauen VIELE Männer abgehängt haben, ist eine Tatsache. Es mangelt bei vielen Männern einfach an gutem Benehmen, Bildung, Körperpflege und sozialer Kompetenz.


Quote
flieger1961

TäterInnen sind ausschliesslich Männer...

I like that! :-))


Quote
Papst Turban III

... Manieren und gepflegtes Auftreten sollten logisch sein, wenn man auf der Suche ist (und nicht nur dann), das gilt für beide Seiten. Dann muss noch der Charakter passen, das ist mit Abstand das schwierigste Kriterium.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on December 08, 2018, 01:44:17 PM
Quote[...] Ob Frau oder Mann - die Pornopower hinterlässt ihnen einen gigantischen seelischen Scherbenhaufen und die hypersexualisierte Moderne nichts als nackte Leere.


Aus: "Die Pornografisierung als globale Waffe" Wolf Reiser (08. Dezember 2018)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Die-Pornografisierung-als-globale-Waffe-4239828.html (https://www.heise.de/tp/features/Die-Pornografisierung-als-globale-Waffe-4239828.html)

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Christina Dongowski
@TiniDo
Für Männer ist das Abtreibungsrecht übrigens schon ewig extrem liberal. Auch aktuell: Schwangere verlassen, Baby verlassen, Kind verlassen, Unterhaltspflicht ignorieren (geht sanktionslos recht einfach). Und du bist das Blag los.
https://twitter.com/TiniDo/status/1073868538744631296

TheRealGemaux
@TheGemaux
Antwort an @TiniDo
Das sind keine Männer, sondern Männchen. Echte Männer/Kerle übernehmen Verantwortung.
Würd gern den Passus ,,Arschloch" dann vor der Verallgemeinerung haben.

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Quote[...] Psychotherapeut und Freundschaftsforscher Dr. Wolfgang Krüger: ... Bei Männern [ist die Selbstmordrate] , wenn ihre Partnerinnen sich trennen, sieben Mal so hoch wie die bei Frauen. ...


Aus: "Gehen lassen oder kämpfen? Wenn enge Freunde einem plötzlich fremd werden" Isabell Wohlfarth (21.12.18)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/familie/gehen-lassen-oder-kaempfen--wenn-enge-freunde-einem-ploetzlich-fremd-werden-26883262 (https://www.berliner-zeitung.de/familie/gehen-lassen-oder-kaempfen--wenn-enge-freunde-einem-ploetzlich-fremd-werden-26883262)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 16, 2019, 07:43:10 PM
QuoteClaudiaZettel
@ClaudiaZettel
Gillette weist in einem Spot auf Sexismus hin und wird von rechts geshitstormt. Es ist alles wie immer

Gillette erntet rechten Shitstorm für ,,Angriff auf die Männlichkeit"
Gillette wird von rechten Medien und sogenannten Vertretern von Männerrechten hart für eine neue Kampagne attackiert.

https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775 (https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775)


https://twitter.com/ClaudiaZettel/status/1085232394087645184 (https://twitter.com/ClaudiaZettel/status/1085232394087645184)

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Quote[...] Der Rasiererhersteller Gillette hat eine neue Kampagne gestartet, mit der Sexismus im Alltag und ein falsches Verständnis von Männlichkeit angesprochen wird. Der klassische Gillette-Slogan ,,The best a man can get" (das Beste, was ein Mann bekommen kann) wird dafür in ,,the best men can be" (das beste was Männer sein können) umgewandelt.

In dem Video ist zu sehen, wie Sexismus im Büro zum Alltag gehört und über mehrere Jahrzehnte hinweg in Filmen und TV-Serien verharmlost und zur Lachnummer gemacht wurde. Mobbing und #MeToo wird ebenso angesprochen, wie die stereotypische Aussage, die bei unartigen Buben oftmals zu hören ist: ,,Jungs sind nun mal Jungs." In dem Video wird aufgefordert mehr als dieses Klischee zu sein und aktiv gegen Sexismus, Mobbing und dieses veraltete Bild von Männlichkeit vorzugehen.

Die Reaktion auf die Kampagne fällt erwartungsgemäß heftig aus. Auf YouTube hat das Video über 300.000 Dislikes, bei nur 60.000 Likes. In den sozialen Medien verkünden viele User nie wieder Gillette-Produkte kaufen zu wollen – meist in Kombination mit diversen Beleidigungen und Parolen, die man auch von sogenannten Verfechtern für Männerrechte immer wieder hört.

Das rechtspopulistische Magazin The New American wirft Gillette vor, viele falsche Annahmen zu reflektieren. Die Männer seien das wildere Geschlecht, weshalb sie gefährlicher aber auch dynamischer seien. Auch Prominente schließen sich dem Shitstorm gegen Gillette an. Der Schauspieler James Woods wirft Gillette vor, auf den ,,Männer sind schrecklich"-Zug aufgesprungen zu sein.

Andere versuchen die Kampagne herunterzuspielen. So fragt etwa ein User, wie sich wohl die Männer fühlen würden, die die Strände der Normandie gestürmt haben, um die Welt vom puren Bösen zu befreien, wenn sie das Video sehen. Viele sprechen auch von einem ,,globalen Angriff auf die Männlichkeit" und dass Gillette alle Männer zu potenzielle Vergewaltigern erklärt.


Aus: "Gillette erntet rechten Shitstorm für ,,Angriff auf die Männlichkeit"" (15.01.2019)
Quelle: https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775 (https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775)

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We Believe: The Best Men Can Be | Gillette (Short Film)
Bullying. Harassment. Is this the best a man can get? It's only by challenging ourselves to do more, that we can get closer to our best. To say the right thing, to act the right way. We are taking action at http://www.thebestmencanbe.org. Join us.
https://youtu.be/koPmuEyP3a0 (https://youtu.be/koPmuEyP3a0)

194.257 Kommentare (Stand: 16.01.2019)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 20, 2019, 05:05:00 PM
Quote[...] Alle schauen Pornos. Okay, nicht alle, aber viele. Obwohl die meisten Pornos immer noch von Männern gesehen werden, gibt es gerade unter jüngeren Frauen immer mehr, die auch welche konsumieren. Laut einer Studie, die Porn Hub 2018 veröffentlichte, zählt die Seite in Deutschland mittlerweile 24 Prozent Nutzerinnen, drei Prozent mehr als noch im letzten Jahr.

Die meisten Männer, die ich kenne, finden Frauen, die über Pornos reden, irgendwie "cool". Frauen, die keine Pornos schauen beziehungsweise nicht darüber reden wollen, werden zur gleichen Zeit noch und immer wieder als verklemmte Alte abgestempelt, die insgeheim keine Lust auf Sex haben. In offener Solidaritätsbekundung zu allen Frauen, die keine Pornos schauen oder nicht darüber reden wollen, rede ich jetzt über Pornos. Weil in unserem Verhältnis zu ihnen etwas ausgetragen wird, das uns alle angeht.

Und ja, es wird jetzt explizit. Weil das die Sprache dieser Bilder ist, denen die meisten von uns sich regelmäßig aussetzen. Und ja, es wird auch pornografisch. Nicht zuletzt, weil es eine Frau ist, die spricht. Wenn Philip Roth in Portnoys Beschwerden auf 20 Seiten über sein Masturbationsfrühlingserwachen schreibt, ist das lustig oder radikal. Wenn ich es tue, mache ich mich darin zum Objekt der Fantasien des Lesers. Sich dem zu entziehen, ist unmöglich: Ins Klinisch-Distanzierte zu verfallen, wäre genauso eine Anpassung an diese Erwartung, wie in die Vollen zu gehen. Die Sprache, in der wir uns selbst neu schreiben können, muss erst noch erfunden werden. Vorerst ist es diese.

Ich sehe Pornos ungefähr seit dem Zeitpunkt, als meine Eltern mir mit zwölf einen Computer mit DSL-Anschluss ins Zimmer gestellt haben. Seitdem bewegen sich meine Präferenzen innerhalb einer relativ engen Bandbreite aus heterosexuellem Hardcore. Einer meiner Lieblingspornos ist der, in dem Rocco Siffredi eine Frau an den Haaren in eine Toilettenschüssel drückt, nachdem er sie sechs Minuten lang von hinten gevögelt hat, um anschließend in ihr mit Mascara verschmiertes Gesicht zu kommen. Ich kann nicht sagen, dass ich mich dafür schäme, dass mich diese Szenen anmachen. Vielleicht finde ich es sogar selber ein bisschen cool. Trotzdem stellt sich jedes Mal, nachdem ich gekommen bin, ein dumpf-widerliches Gefühl ein, das mich dazu bringt, sofort panisch alle Tabs zu schließen.

Vielleicht, weil es tatsächlich eine ziemlich offensichtliche Diskrepanz zu dem gibt, was ich mir abseits meiner Befriedigungsaktivitäten sonst gerne so anschaue. Jedenfalls nicht Frauen, die von orangegebrannten Stiernacken mit Schaum vorm Mund in Grund und Boden gerammelt werden. Ich frage mich also, was diese Filme, die ich mir seit 15 Jahren mindestens zweimal die Woche reinziehe, mit mir tun, warum ich mir gerade die reinziehe, ob es anderen Frauen auch so geht, und was unsere Beziehung zu diesen Bildern über das aussagt, was küchenpsychologische Editorials, Hohepriester und Gynäkologen seit 4.000 vor Christus versuchen zu begreifen: weiblichen Sex.

Ich entscheide mich für eine kleine Feldstudie – und starte mit Selbstbeobachtung. Das Setting versuche ich, möglichst originalgetreu zu reinszenieren: Vorhänge zu, aufs Bett, Kissen hinterm Rücken, Laptop neben mich, Hände frei. Die Pornos, die ich mir anschaue, gehören zu den beliebtesten klassischen Formaten weltweit. Die erwähnten Rocco-Siffredi-Sachen, Casting Couch, POV, also Point-of-View-Shot-Filme, bei denen der Mann eine GoPro auf dem Kopf hat oder selber die Kamera führt. Und die, in denen ein Mann fickt und ein anderer die Kamera hält.

Ergebnis der vorläufigen Analyse: Die Pornos, die ich sehe, haben alle etwas gemeinsam. Der männliche Blick, der in der feministischen Theorie und auch abseits davon mittlerweile berühmt-berüchtigte "Male Gaze", wird durchexerziert von vorne bis hinten. Die Kamera, das Set und der Darsteller gehen bei allen Filmen meiner Auswahl eine Komplizenschaft miteinander ein. Die Frau kommt von außen dazu, in den Casting-Couch-Sequenzen etwa als vermeintliche Amateurin, die als einzige im Raum nicht weiß, wie heftig es gleich zur Sache gehen wird, während sie noch harmlose Fragen nach ihrem Boyfriend und ihren Haustieren beantwortet. Sie ist das Ding, auf das sich die Aufmerksamkeit und die Action in der Folge richtet.

Durch die den Bildern eingeschriebene Perspektive, durch das besagte Blick- beziehungsweise Ficktriumvirat, wird man als Zuschauerin automatisch Teil dieser Komplizenschaft. Bei den POV-Filmen, die die Frau in gewisser Weise aus Ego-Shooter-Perspektive vorführen, passiert das sogar noch deutlicher.

Ich drücke auf Pause und rufe ein paar heterosexuelle Männer an. Ich will wissen, wie die das sehen, was genau sie daran anmacht, schließlich sind sie ja das Hauptzielpublikum. Ergebnis der Umfrage: Für die meisten Männer, mit denen ich gesprochen habe, ist es ziemlich eindimensional. Heruntergebrochen: Sie wollen halt die Darstellerin im Bild so ficken, wie der Mann sie da gerade fickt. Er ist ihr Stellvertreter.

Ich frage mich, was das für mich als Frau bedeutet, die die gleichen Filme sieht. Wer fickt denn hier für mich?

Die weibliche Darstellerin jedenfalls nicht. Ich stelle mir zu keinem Zeitpunkt vor, so gevögelt zu werden wie die Frau in den Bildern. Das wäre zwar der logische Folgeschluss, ist aber überhaupt nicht so. Es muss um irgendetwas anderes gehen. Doch auch der männliche Darsteller ist für mich absolut uninteressant. Wie groß sein Penis ist, ob der Mann schwabblige Oberarme oder schiefe Zähne hat, durchtrainiert, alt, jung, rasiert oder haarig ist, total egal. Er muss nur wollen, das ist irgendwie das Wichtigste, stelle ich fest. Man muss dem Kerl ansehen, dass er ganz schrecklich große Lust auf die Frau hat, so sehr, dass er gar nicht anders kann, als über sie herzufallen. Je härter er dann an ihr herumzerrt, desto sichtbarer wird das, inklusive der Übersteuerungen, wie zum Beispiel bei der Toilettenschüsselsache. 

Das passiert in meiner Wahrnehmung aber eher im Hintergrund. Ich schaue fast die ganze Zeit die Frau an. Ihren Körper, ihre Nacktheit, ihre Entblößung, ihre Scham. Der Moment, in dem etwas vermeintlich Echtes bei ihr durchbricht, macht mich viel mehr an als der Typ, seine Physiognomie oder sein Gesichtsausdruck, den man ohnehin fast nie sieht. Die Frau ist also auch für mich in jedem Fall viel mehr Objekt, sogar und gerade in den Momenten, in denen die Sichtbarkeit von Schmerz, Hingabe und Ausgeliefertsein die Performance sprengt. Sie wird für mich in dieser Konstellation, auch durch die Logik des Bildaufbaus und des Plots, auf eine verschobene Art zum Anderen, auf das ich schaue. Daran ist irgendetwas ziemlich schizophren, zumal ich im echten Leben eher nicht auf Frauen stehe.

Ich frage mich, ob mein Erleben sich mit dem anderer Frauen deckt. Ich mache also weiter mit der Masturbationstelefonie und rufe hintereinander neunzehn Frauen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft und Lebenssituation an, die ich kenne und von denen ich weiß, dass sie hin und wieder oder regelmäßig Pornos sehen. Ich hänge bis nachts um vier an der Strippe, am Ende habe ich eineinhalb Schachteln Zigaretten geraucht und eine Reihe notgedrungener Herrengedecke intus. Das Ergebnis ist für mich ziemlich überwältigend: Ihr Zugriff ist in einigen Punkten komplett anders als meiner. Im Gegensatz zu den Männern, bei denen im Großen und Ganzen Übereinstimmung herrschte, hat hier jede einzelne einen radikal eigenen Modus, mit den Bildern umzugehen.

Während mir eine Frau erzählt, dass sie die echten Menschen gar nicht richtig sehen will und deshalb immer nur zu den Close-Ups der Geschlechtsteile spult, erzählt mir eine andere, dass sie das Gefühl habe, das Ganze aus einer Art auktorialen Perspektive zu sehen, "wie Gott oder so". Die nächste sagt, sie möge es vor allem, zuzusehen, wie die Darstellerin "durchhält", sie sehe sich deshalb vor allem die Gesichter der Frauen an, wie sie sich zu schwitzigen Grimassen verziehen. Eine andere machen vor allem die Momente "überraschender Nacktheit" von Frauenkörpern an, in denen sie etwas Humoristisches liest. Die meisten sagen, dass sie die Blowjobszenen überspringen. Die homosexuellen Frauen, die ich befrage, schauen zum Teil heterosexuelle Pornos, mit der Begründung, es ginge ja vor allem um die Frau als begehrtes Objekt, logisch. Die Schwänze sind da eher im Weg, die Lesbenpornos aber oft zu kuschelig.

Einige der heterosexuellen Frauen schauen Schwulenpornos, aber eher aus Neugier. Für die meisten steht die Frau oder das, was mit ihr passiert, im Vordergrund. Der Mann im Bild interessiert sie eigentlich nicht die Bohne, und wenn, dann nur als Begehren und Richtung, also mehr oder weniger Schwanz gewordener Zyklop, der die Lust gegenüber der Frau verkörpert, was sich spätestens im Cumshot manifestiert, dem Samenerguss meist ins Gesicht oder auf die Brüste der Darstellerin also. Keine der Frauen konnte angeben, sich mit ihr identifizieren beziehungsweise sich eins zu eins vorzustellen, sie würde von dem Typen da so gefickt wie die Frau in dem Bild.

Ich stelle fest, dass fast alle Frauen Schwierigkeiten damit haben, das in Worte zu fassen, was sie an den Bildern anmacht. In einigen Aspekten stimmen aber fast alle überein. Keine der Frauen, ich inklusive, schaut experimentellen oder explizit feministischen Porno, dem es vor allem darum geht, die männlich orientierte Perspektive hinter sich zu lassen so etwas wie eine weibliche Subjektivität, also einen "Female Gaze" zu etablieren. Wie ich, mögen sie das Rohe, Unpolierte, das Zulassen von Unbeholfenheit, die komplexeren Narrative und die persönliche Verbindung, die zu den Protagonistinnen aufgebaut wird. Wenn sie es als Kunst oder Kino anschauen würden, fänden sie die Bilder großartig. Nur anmachen tut es sie irgendwie nicht. Um zu masturbieren, gucken alle, mit denen ich gesprochen habe, klassischen Mainstreamporno.

Als ich fertig bin, muss ich erst einmal durchatmen. Ziemliches Kuddelmudel das alles. Klar ist allein, dass der Pornokonsum den Frauen viel mehr Imaginationskraft abverlangt als den Männern. Aber wenn uns das hier offensichtlich so viel Arbeit und perspektivische Verrenkungen abverlangt, warum funktionieren für mich und die Frauen meiner Minifeldstudie dann die anderen Filme nicht, die mit vollem Recht und aus gutem Grund versuchen, uns Frauen stärker als schauendes Subjekt anzulegen? Allein die Tatsache, dass es gar nicht so einfach ist, an diese Filme heranzukommen, dass es immer irgendwas kostet und man die Kreditkartendaten nicht da hat, wenn man schon wirklich krass horny ist und nur zehn Minuten Zeit mit dem Smartphone auf der Unitoilette hat, kann es ja nicht sein.

Es scheint, als würden wir das Instrumentarium des althergebrachten "Male Gaze" im Porno irgendwie brauchen, um unser eigenes Begehren zu aktivieren. Im Versuch, dem eine weibliche Subjektivität entgegenzusetzen, scheitert der betreffende experimentelle und feministische Porno zumindest als Gebrauchsprodukt.

Doch warum bleibt der "Female Gaze" beim Pornokonsum auf eine so völlig vertrackte Art eine Leerstelle? Eine mögliche Antwort ist ebenso einfach wie niederschmetternd: Weil er es bis heute nicht nur dort ist, sondern weit über unseren Schmuddelfilmhorizont hinaus.

Gerade weil es in Pornos um das Triggern unserer kruden Spleens und tiefsten Begierden geht, kann man sie und unseren Umgang mit ihnen nur vor dem Hintergrund unserer restlichen Lebenswelt denken und verstehen. Ob in der Literatur, der Kunst oder in jüngerer Zeit auch im Film und in der Werbung: Seit Hunderten von Jahren werden Frauen vor allem als das Andere gezeichnet, das Ding, das beglotzt, gewollt, angehimmelt, verachtet, gejagt, geliebt wird. Das im Gegensatz dazu schauende, sprechende Ich der Millionen Erzählungen, in denen die Bilder und Fantasien unserer Gesellschaften wurzeln, war vom Gilgamesch-Epos über die Odyssee bis hin zu Jean Jaques Rosseau, dem Marquis de Sade und Henry Miller in erster Linie ein männliches. Männer schauen die Welt an. Wir werden von der Welt angeschaut. Die Flut so weit zurückreichender kulturschaffender Mechanismen lässt sich nicht durch ein paar Jahrzehnte der strauchelnden, wenn auch lauten, radikalen und unvermeidbaren und natürlich begrüßenswerten Versuche der Umwertung einfach auflösen. Wir stehen immer noch am Anfang.

Blick und Begehren sind unauflösbar miteinander verstrickt. Und wie verspult die Blickbeziehungen in Bezug auf das weibliche Begehren bis heute sind, wird absurderweise gerade an den Stellen sichtbar, wo in Massenmedien weibliche Unabhängigkeit zelebriert wird. In einem Werbefilm von Chanel klammert sich Keira Knightley im Seidenlaken an einen Flakon. Danach wirft sie sich in einen hautengen beigefarbenen Anzug und rattert auf dem Motorrad zu einem Fotoset, an dem ein Drei-Tagebart-Schönling, der in dem Plot die gleiche Rolle einnimmt wie der Darsteller im Porno, ihr mit mysteriös-verzaubertem Blick die Tür öffnet. Sie schleppt ihn dann ab, bevor sie abhaut und ihm noch einen finalen Medusen-Tease-Blick zuwirft. Dann der Abspann – COCO MADEMOISELLE is here again, beautiful, independent and mischievous. Hätten weder Mister Rehauge oder irgendein anderer Typ um sie herum Interesse an Keira, ginge das ganze Konzept nicht mehr auf. Das, was hier verkauft wird, ist ein kleines Fläschchen nach Patschuli duftendes Gewolltwerden. Fast schon zynisch, dass im Hintergrund der Eröffnungsszene Joss Stones Version von It's a Man's World dudelt.

Was in diesem Fall auf die Spitze getrieben wird, passiert nicht nur in platten Werbeclips. Als Maneater schreit Nelly Furtado nicht umsonst Everybody look at me, me in den schwitzigen Club wildgewordener Glatzköpfe in Muskelshirts. In der ersten Szene von Sophia Coppolas Lost in Translation sieht man fünf Minuten lang ausschließlich Scarlett Johanssons Hintern, Bella aus Twilight will von Edward so unbedingt begehrt werden, dass sie sich von ihm sogar totbeißen lassen würde und selbst Hermine Granger erlebt ihren ersten tatsächlichen Moment to shine erst, als sie in ein Ballkleid gesteckt wird, weswegen Ron Weasley fast die Augen herausfallen. In all diesen Momenten, die uns auf der Leinwand und im echten Leben Gänsehaut über den Rücken jagen, kommen wir nicht als "Ich", sondern als das "Andere" vor. Es sind nicht nur Männer, die uns als Objekte denken; wir selbst tun es, seit Jahrhunderten.

Einen Female Gaze als einfachen Umkehrschluss zum Male Gaze kann es deshalb nicht geben. Denn in der Logik der meisten Bilder und Erzählungen die wir kennen, war er immer ein auf uns selbst gerichteter. Der Porno schreibt diese Geschichte nur auf besonders zugespitzte Weise fort. Auf YouPorn gibt es Versuche eines sogenannten Female POV, bei denen Frauen mit GoPros ausgestattet sind, wobei die Kamera jeweils so auf sie draufgeschraubt wurde, dass sie von oben gefilmt werden und man bei den Blowjobszenen Nase, Zunge und Brüste der Frau sieht. Dass Frauen wirklich so sehen, kommt natürlich einer anatomischen Unmöglichkeit gleich, es sei denn, die Frau in dem Film ist ein Brontosaurier. In einer anderen Szene sieht man zehn Minuten Cunnilingus aus der weiblichen Perspektive, bevor die Frau auf einmal doch von hinten gevögelt wird, während die Kamera geradewegs weiterhin auf den Mann gerichtet ist, was auch nicht so richtig plausibel ist, es sei denn, sie kann ihren Kopf drehen wie die Frau mit der Hexenfrisur aus Scary Movie.

Schon unmittelbar nach meiner Mitternachtstelefoniererei musste ich an einen Essay denken, den ich vor einiger Zeit gelesen habe. Koschka Linkerhand schreibt darin in Rückbezug auf Simone de Beauvoir und Barbara Sichtermann, dass Frauen Objekte setzen müssen, um sich selbst als Subjekt denken und fühlen zu können. Vielleicht lässt sich diese These, in einer etwas abdriftigen Umkehrung, auch auf die Frage nach der Pornografie übertragen: Um sich als Zuschauerin zu dem Mangel weiblicher Subjektivität im heterosexuellen Hardcoreporno verhalten zu können, muss man ein paar imaginäre Ausweichbewegungen vollführen. Entweder man eignet sich die angelegte männliche Perspektive an, was eine gewisse Paradoxie in sich trägt, oder man schafft eine Vielzahl anderer Manöver, um irgendeine Form der Subjektivität herzustellen, den Sex als Ereignis denken etwa, auf Partikelkörper zoomen oder wackelnde Fettrollen anstarren.

Ein Schluss, der sich aufdrängt, grenzt an Skurrilität: Die Aneignung des männlichen Blicks, wenn wir Hardcorepornos schauen, kann auf eine abwegige Art als Ermächtigung gedacht werden. Nie sind wir so sehr schauendes, begehrendes Subjekt wie dann, wenn wir uns reinfahren, wie andere Frauen entblößt und durchgebumst werden. Weil wir darin Objekte setzen, zu denen wir uns verorten können. Etwas daran ist ganz offensichtlich ziemlich korrupt. Die Subjektivität, die wir uns da aneignen, ist nur geliehen. Aber offensichtlich ist es die einzige, zu der wir uns wirklich verhalten können.

Mittlerweile ist es Morgen geworden. Draußen rumort ein Müllwagen, ein ganz normaler Tag bricht an. Ich klappe noch mal den Laptop auf und klicke mich durch die Tabs und meine Notizen. Den luftleeren Raum zwischen diesen Gedanken und meinem Alltag kann ich in solchen Momenten fast körperlich spüren. Gleich werde ich aufstehen, mich schminken, mir ein paar Tropfen Coco Mademoiselle aufsprühen und zum Frühstücken gehen, mir nur einen schwarzen Kaffee und einen Obstsalat bestellen, weil ich mich vor nichts mehr fürchte, als davor, ich könnte einen fetten Arsch bekommen. Weil es mich oft glücklich macht, wie es ist. Weil es sich anfühlt wie in der Werbung, wenn ich die Augen aufschlage und sehe, wie der Typ auf der anderen Seite des Café-Tischs nervös mit den Lippen zuckt. Dann fängt es an zu rauschen und zu kribbeln und ein Lied geht an in meinem Kopf. Hoffentlich nicht Nelly Furtado.

Nicht alles an dieser Rolle, die das Angeglotztwerden weiter etabliert, muss unauflösbar und schrecklich sein. Obwohl vieles daran in Wechselbeziehung zu Umständen steht, die uns leiden lassen, Beschämung, Unterdrückung und Ungleichbehandlung. Ich lebe und spiele mit ihr, so gut ich eben kann. Eines ist aber klar: Ob und wie wir angesehen werden, liegt nicht in unserer Verantwortung. Egal, ob wir mit wehender Reizwäsche die Straße herunterrennen oder uns für ausgeleierte Jogginghosen entscheiden – unser Körper steht immer zur Debatte. Trotzdem und gerade deshalb müssen wir anfangen, darüber zu sprechen, welche Rolle wir selbst in diesem Dazwischen der Blicke spielen. Worin wir aufgehen können, wo wir ausgeliefert sind, wo wir schauen, wo wir mitspielen, wo wir handeln, wo wir widerspenstig sein wollen. Für uns, nicht für die anderen. Wir müssen es laut tun, ohne Angst, ohne Scham und mit Mut zum Scheitern. Weil sich nur daraus ein Sprechen über den weiblichen Blick denken lässt. Und weil wir die Deutungshoheit darüber, ob und wie wir sehen und gesehen werden, sonst den Männern überlassen.

Und auch wenn es ultimativ verschwurbelt und an vielen Stellen aussichtslos wirkt: Alleine die Tatsache, wie kreativ Frauen in ihrer Imagination werden, wenn sie sich zu Pornografie verhalten, zeigt, welch unglaublicher Reichtum darin liegen kann. Vielleicht gibt es sogar eine Möglichkeit, diesen Raum irgendwie und irgendwann für uns produktiv zu machen, wenn wir darüber nachdenken, wie wir in Zukunft leben und lieben wollen. Aber dafür müssen wir begreifen, dass es auch unser eigenes Begehren ist, das wir als Schauplatz dieses Konflikts denken müssen.


Aus: "Pornofilme: Der weibliche Blick" Anna Gien (18. Januar 2019, 20:20 Uhr)
Quelle: https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2019-01/pornofilme-frauen-konsum-anstieg-fantasie/komplettansicht (https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2019-01/pornofilme-frauen-konsum-anstieg-fantasie/komplettansicht)

https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2019-01/pornofilme-frauen-konsum-anstieg-fantasie/komplettansicht#comments (https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2019-01/pornofilme-frauen-konsum-anstieg-fantasie/komplettansicht#comments)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 23, 2019, 12:39:30 PM
Quote[...] Spotify und AppleMusic bieten wöchentlich Playlisten mit den "Top Feminist Songs" an, worunter sowohl Mainstreammusikerinnen wie Taylor Swift und Katy Perry als auch einige tatsächlich politisch engagierte Sängerinnen wie Macy Gray und Janelle Monáe gelistet sind. Prominente, die sich öffentlich als Feministinnen identifizieren, werden als fortschrittliche Künstlerinnen gefeiert. Das Bild der verpönten, männerhassenden Emanze ist durch eine starke, selbstbewusste und coole Frau ersetzt worden, die ihre politische Einstellung mittels hübscher Werbeartikel und Memes stolz der Welt mitteilt.

... Ist Feminismus zu einer Performance reduziert worden? Jessa Crispin, die Autorin von Warum ich keine Feministin bin, warnt davor, dass der Feminismus seine politischen Ziele aus den Augen verloren habe und Gefahr laufe, sich selbst zu entleeren.

Es stimmt, dass sich gerade die Onlinediskussionen viel häufiger mit abstrakten Forderungen nach Gleichheit, Konsens oder Selbstbestimmung beschäftigen als mit konkreten Programmpunkten wie finanzieller Gleichstellung, reproduktiver Selbstbestimmung, staatlich subventionierter Kinderbetreuung oder geschlechtergerechter Sprache. Im Gegenteil zu früher erscheint der heutige Popfeminismus unpolitisch, konform, polemisch und vor allem massentauglich.

... [andererseits ist] Feminismus [ ] aus der politischen und theoretischen Sphäre herausgetreten und hat ein neues Gewand angelegt: Er macht plötzlich Spaß und er macht die Frauen stolz, ist vom Kopf in die Bauchgegend gerutscht. Obwohl sich nur die wenigsten mit den historischen und soziokulturellen Strukturen des Patriarchats auseinandersetzen wollen, spüren doch mehr Amerikanerinnen denn je den Frust, nicht gleichberechtigt an der Gestaltung des gesellschaftlichen und privaten Lebens beteiligt zu sein. Und selbst wenn Kritikerinnen wie Jessa Crispin zu Recht besorgt sind um die Banalität und Kommerzialisierung der aktuellen popfeministischen Debatte, so können sie den Erfolg dieses Mainstreamfeminismus unmöglich leugnen: Frauen haben sich ein neues Selbstverständnis erkämpft, das in der nächsten Generation wachsen kann.

... In unterschiedlichem Maße leiden alle Frauen an den gleichen Erfahrungen von Sexismus und Benachteiligung. Neu ist nur, dass sie diesen Kampf nicht mehr wie früher im Privaten, jede für sich, sondern öffentlich als Kollektiv angehen können. Feministin zu werden, ist eine Entwicklung, und die Songs von Beyoncé, der TED-Talk von Adichie oder die Tweets von Emma Watson haben womöglich bei Millionen von Frauen und Mädchen, Männern und Jungs den ersten Schritt in die richtige Richtung ausgelöst.

...


Aus: "Frauenbewegung: Tausche Butler gegen Beyoncé" Laura Dshamilja Weber (22. Januar 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2019-01/frauenbewegung-pop-mainstream-feminismus-usa-beyonce-judith-butler/seite-2 (https://www.zeit.de/kultur/2019-01/frauenbewegung-pop-mainstream-feminismus-usa-beyonce-judith-butler/seite-2)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on January 29, 2019, 09:37:46 AM
Quote[...] Auf Instagram sind insbesondere die Frauen erfolgreich, die einem normierten Schönheitsideal entsprechen. Das zeigen die Studienergebnisse des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk. Das IZI untersuchte unter anderem 300 Posts von erfolgreichen Influencerinnen auf wiederkehrende Muster hin. "Sie sind dünn, langhaarig und beschäftigen sich hauptsächlich mit den Themen Mode, Ernährung und Beauty", heißt es. Weibliche Selbstinszenierung finde nur in einem sehr begrenzten Korridor statt.

Diese stereotypen Darstellungen sind den Studien nach nicht allein persönlichen Interessen geschuldet. Die befragten YouTuberinnen hätten von Hürden gesprochen, die es erschwerten, aus dem Thema Schönheit auszubrechen und sich neue Genres wie Comedy oder Politik zu erschließen. "Eine starke eigene Meinung schmälert deinen finanziellen Wert, weil sich dann bestimmte Firmen nicht mehr mit dir zeigen wollen", sagt eine YouTuberin.

Junge Frauen berichteten den Studien nach auch von engen Zuschauererwartungen und damit verbunden kritischen, mitunter bösartigen Kommentaren, sobald sie den normierten Erwartungen widersprächen.

Die Ergebnisse hätten übergreifend gezeigt, dass Jugendliche Influencerinnen und Influencer als Vorbilder betrachten und deren Posen und Aussehen nachahmen. Auf YouTube legen die Nutzerinnen und Nutzer demnach großen Wert auf Authentizität, bei Instagram soll das Bild "natürlich und spontan" wirken – auch wenn die geposteten Fotos aufwendig und zeitintensiv inszeniert wurden.

"Man braucht ein perfektes Bild, und dafür braucht man manchmal 20 Anläufe", wird eine Instagram-Nutzerin zitiert. Das sei nervig. "Weil es einfach nicht schön ist, wenn man dann so lange geschminkt sein muss, weil man einfach nur mal 20 Bilder machen möchte."

Insbesondere Mädchen, die Influencerinnen folgen, bearbeiteten ihre eigenen Bilder stärker als jene, die keinen Influencerinnen folgen, heißt es. Sie empfänden ihr natürliches Aussehen zunehmend als unzureichend.

"Die Studienergebnisse haben uns vor eine Reihe von Fragen gestellt, auf die wir als Feministinnen zunächst keine Antwort haben", sagte Elisabeth Furtwängler. "Warum sind die erfolgreichen Akteurinnen und Akteure in den neuen sozialen Medien ausgerechnet die mit den rückwärtsgewandt erscheinenden Geschlechterrollen ....


Aus: "Geschlechterdarstellung in sozialen Medien: Nähen, Kochen, Schminken" Sarah Lena Grahn (28. Januar 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-01/geschlechterdarstellung-soziale-medien-frauen-studie (https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-01/geschlechterdarstellung-soziale-medien-frauen-studie)

Quote
LastExitForTheLost #1.14

"Vielleicht kochen, schminken und nähen Frauen gern..."

Die Feministinnen die ich so kenne würden jetzt sagen das diese Frauen zu solch erbärmlichem Verhalten "erzogen" werden und man ihnen dadurch den Zugang zu Glück und Zufriedenheit verwehrt. Ich persönlich glaube diese Zeiten sind lange vorbei, Frau/Mädchen kann heutzutage machen sie will. Und die meisten wollen Klamotten, Schminken etc.. Ich finde das in höchstem Maße amüsant.


Quote
parasolguy #2

"Eine starke eigene Meinung schmälert deinen finanziellen Wert, weil sich dann bestimmte Firmen nicht mehr mit dir zeigen wollen"

Das ist doch so ziemlich auch das Credo der Gesamtgesellschaft. Unter jungen Leuten gilt "bloß keine eigene Meinung, es könnte der Chef / Abteilungsleiter / ein anderer potenzieller Arbeitgeber herausbekommen und dann habe ich Nachteile".

Lieber sagt man dann immer wieder, man stehe in der politischen Mitte und haut Nullphrasen und Worthülsen raus wie unsere Königin Angela. Die stärkste politische äusserung, die ich von anderen bei uns in der Firma mal erlebte war "uns geht es doch gut in Deutschland" oder "Niemand muss hier arm sein".

Mitte-Extremismus eben.


Quote
CheekyCornflakes #2.4

Ja, die Gesamtaussage und -Darstellung der Studie/ des Artikels ist total falsch und zeugt von einem tiefen Unverständnis über Erfolg in sozialen Medien und deren Funktion und Funktionsweise generell. Nicht die sogenannten Influencer/innen (ich finde den Begriff diffamierend) wählen aus, was erfolgreich ist, die Nutzer selbst gestalten gnadenlos das "Programm". Mein Instagram-Profil hat zumindest so viele Follower, das ich gelegentlich auch mal etwas kostenlos bekomme oder gar zu Events eingeladen werde, am Ende bleibt aber niemals so viel über, das davon irgendwer leben könnte. Darauf veröffentliche ich hauptsächlich OOTDs [Die Bedeutung der einzelnen Buchstaben ist dabei ,,offer of the day" oder ,,outfit of the day", was übersetzt in etwa ,,Angebot des Tages" oder eben ,,Outfit des Tages" bedeutet. Ins Deutsche übertragen könnten wir OOTD auch einfach als ,,Tagesangebot" oder ,,Tagesoutfit" übersetzen.] und OOTNs [Outfit Of The Night] - das bekommt Likes. Meine am wenigsten kommentierten und gelikten Fotos sind die zur Bundestagswahl 2017. Dabei hätte ich damals in den Kommentaren auch gern über Politik gesprochen. Weil ich auf die paar Euro von Instagram nicht mal im Ansatz angewiesen bin, hätte ich mich mit "starken Meinungen" (Zitat Artikel) nicht zurückgehalten. Der Punkt ist, es interessiert niemanden von meinen Followerinnen. Der Missstand ist also wenn schon der, das geliefert wird, was nachgefragt wird. Nebenbei: Ob irgendwer, irgendetwas kauft, weil ich es "getestet" habe, bezweifle ich sehr stark. Es ist viel mehr meine Beobachtung, das sich in den sozialen Medien eine Bestätigungskultur etabliert und die eigene Blase selbst gebaut und befeuert wird. Das kann man wunderbar an sich selbst beobachten, welche Outfits man sucht und welche man kauft.


QuoteAllesKeinProblem #14

Ganze Generationen gehen an diesen bullshit mit den influencern verloren. Man merkt an sowas immer wieder wie unfassbar gewöhnlich und wenig ehrgeizig die große Maße der Menschen ist. Selbst unter sogenannten Akademikern findet man ständig Menschen die null Interesse an Kultur haben und mit RTL und co. ausreichend versorgt sind und mit großer Lust sexuelle Stereotype reproduzieren als wäre das Leben eine Show von Mario Barth in Dauerschleife.

Warum sollte dann irgendwas anderes herauskommen als junge Frauen die sich mit Beauty beschäftigen als Lebensinhalt? Jeglicher Versuch dort dagegen zu halten, ist jenseits der privaten Umgebung prinzipiell zum Scheitern verurteilt weil unsere Gesellschaft sich selbst rund um die Uhr zudröhnt mit der Forderung nach schlanken, freundlich lächelnden und vorzugsweise möglichst nackten Frauen.

Das ist ein Kreislauf der sich ständig selbst reproduziert. Dieses uralte Konzept wird sich nicht auflösen nur weil wir rein vernunftgeleitet merken, dass das nicht gut und nicht fair ist. Da gehen noch ein paar hundert Jahre ins Land und selbst dann wird das nur was wenn es ausreichend Leute gibt die ihre weiblichen Kinder ernst nehmen.


QuoteCicada3310 #15


Lasst doch jeden so leben wie er oder sie es möchte, die einen Konservativ und die anderen beben Progressiv. Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden, wenn wir nach diesem Motto handeln würden, hätten wir viel weniger Probleme in unserer Gesellschaft!


QuoteCarlLeonhardGeuler #20

"Sie habe das Gefühl, dass hier das Frauenbild der Fünfzigerjahre gefördert werde. "

Bei youtube wird gerade garkein Bild gefördert und trotzdem setzt sich das alte "Bilde" durch. Vielleicht haben Männer und Frauen ja doch "Geschlechter spezifische Neigungen"


QuoteWaggeldaggel #20.5

Wenn Michael Buble oder Helene Fischer eigentlich lieber Metal machen würden, interessierte die Plattenfirma dies einen Schnurz, weil dies Schlagersänger sind, die Schlagerfanbedürfnisse erfüllen sollen. Mehr nicht. Das wird bei Influencerinnen kaum anders sein. Steht auch im Text: Die Zuschauererwartungen sind sehr eng.


QuoteJunger liberal-konservativer Katholik #21

Viele Frauen leben nach "veralteten" Rollenbildern, weil es ihnen so gefällt. Was ist daran schlimm? Ich (liberal) verstehe das nicht. [Wenn Frauen sich in ihrer Lebensweise freiwillig von den 50ern inspirieren lassen, dann ist das in Ordnung. So ist das eben in einer offenen Gesellschaft.]


QuoteW.Schaefer #21.1

Das geht den Feministinnen gegen die Dogmatik.


QuoteJames H. #28

Es ist auf YouTube alles noch schlimmer als hier beschrieben. Die Hunde bellen und die Katzen miauen dort und zwar ohne Ausnahme genauso wie in den 1950 er Jahren.


QuoteDohlenmann #32


Ich finde diese Ergebnisse nicht überraschend. Sie treiben Feministinnen schon seit einiger Zeit um, denn auch ältere akademische Arbeiten haben das so ermittelt.

Die Begründung? Nun, orientiert man sich am Durchschnitt, dann sind diese Stereotype eben beliebt in der Breite. Natürlich wird das auch auf YouTube oder andernorts widergespiegelt. Solche "klassischen" Rollenbilder sind beliebt - auch bei Männern bzw. für Männer! Und natürlich spielt hier auch das wirtschaftliche Werbeinteresse eine Rolle, das, getreu dem Matthäus-Effekt, die bereits beliebten belohnt. ...


QuoteParviflorum #36


"Junge Frauen berichteten den Studien nach auch von engen Zuschauererwartungen und damit verbunden kritischen, mitunter bösartigen Kommentaren, sobald sie den normierten Erwartungen widersprächen."

Der Artikel erweckt den Eindruck als wären manipulierende Interessen am Werk, die junge Frauen davon abhalten würden, sie selbst zu sein. Als wäre da eine geheime Macht, welche die Emanzipation von Frauen bekämpfen würde.


Quotemaxpolymer #50

Anscheinend verhelfen den jungen Damen gerade diese Posen zu besonders vielen Likes und Dates. Das ist schlicht geschäftstüchtig, nicht mehr und nicht weniger.


Quotesonstwer #64

Meine Güte, der übliche Shitstorm der "konservativen" Männlichkeit mal wieder hier. Ich würde allerdings die ideologische Erziehung der Produkt- und Konsumlemminge durch Influencer, Youtube, Instagram etc. nicht alleine auf Frauen beschränken. Es gibt auch genügend apolitische, männliche Jugendliche die sich nur noch darüber definieren, welchen Schrott sie konsumieren. Behagliche Unmündigkeit in der schönen neuen Welt des angeblichen Individualismus.


QuoteKüstenvogel #73

Die Strudie wirft die Frage auf, ob Feminismus ein Minderheitenkonzept unter Frauen ist. Wenn dem so wäre, wie ist das dann aber in Einklang zu bringen mit der anhaltenden Forderung nach der Gleichstellung in allen möglichen Dingen, Berufen und Positionen. Ist auch das nur eine Forderung einer Minderheit? Das ist hier keine Stellungnahme gegen Feminismus und Gleichstellung, ganz im Gegenteil. Es wäre gut, wenn mehr Frauen starke Positionen besetzten und Anspruch auf Gleichstellung erheben würden. Aber nach so einer Studie lässt sich schon die Frage stellen, wer stellt die Mehrheit? Die feministische Seite oder ein Frauenbild in den Köpfen junger Frauen, das im Grunde genommen bis in den Biedermeier zurück reicht? Die Wertfrage der komerziellen Vermarktung mag als Verstärker für die einseitige Entwicklung der Kanäle in den Sozialen Netzwerken dienen, aber sie stand nicht am Anfang des Influencertums. Dort zeigten junge Frauen und Männer das, was ihnen wichtig war. - Leider sehr rückwärtsgewandt.


QuoteRabe374 #78

Es scheint für manche unerträglich zu sein, dass Frauen offenbar doch einer gewissen klassischen Themenwahl zugeneigt sind, wenn sie sich selber dafür entscheiden können.
Und natürlich ist es die böse Unterdrückung durch die männlich dominierte Welt, die das auslöst. Frau könnte ja unproblematisch selbstbewusste, emanzipierte Themen verfolgen. Tun sie aber nicht.
Warum gibt es denn diese Massen an Frauenzeitschriften mit den üblichen, seit Jahrzehnten unveränderten Themen? Weil sich die Frauen bei der eigenen Freizeitgestaltung immer noch dem die wahre Natur der Frau unterdrückenden Geschlechterdiktat beugen? ....


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 04, 2019, 10:04:59 AM
Quote[...] Wahrscheinlich war dieser Mensch ein Mann, denn Männer bringen sich in Deutschland rund dreimal so häufig selbst um. Dafür wählen sie in der Regel harte, man möchte fast sagen "männliche" Methoden: sich erschießen, sofern eine Waffe verfügbar ist, sich erhängen, von der Brücke oder dem Hochhaus stürzen - oder eben vor einen Zug.

Es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen den Methoden und der Suizidrate. Frauen versuchen nämlich öfter als Männer, ihr Leben zu beenden. Sie wählen dafür aber eher "unmännliche" Methoden wie eine Überdosis Tabletten oder das Aufschneiden der Pulsschlagadern. Die Wahrscheinlichkeit, diese Versuche zu überleben, ist viel höher.

... Da psychisches Leiden weniger greifbar ist und gerade viele Männer nicht lernen, über ihre Gefühle oder psychischen Probleme zu reden - weil sie beim ersten Versuch gleich ausgelacht oder auf andere Weise nicht ernst genommen werden -, muss es sich nach dieser Logik bei Belastungserscheinungen um Einbildungen handeln.

Eine andere Formulierung ist das berühmte Zitat: "Was mich nicht umbringt, macht mich stärker." Ursprünglich stammt es aus Friedrich Nietzsches "Götterdämmerung", also von dem Philosophen, der mit 55. Jahren - wahrscheinlich an den Spätfolgen der Syphilis - erbost im Irrenhaus starb. Auch die Hitlerjugend bediente sich dieses Spruchs in ihren Zentren.

Wenn wir das nächste Mal wieder wegen eines "Unfalls mit Personenschaden" auf einen Zug warten, also sich wahrscheinlich ein Mann in Verzweiflung das Leben genommen hat, dann denken wir vielleicht daran: Dass es oft besser ist, über Gefühle oder psychische Probleme zu reden, als dies alles schlicht als "Psycho-Geschwafel" zu diffamieren.

...


Aus: "Warum man Burn-out nicht als Modeerscheinung abtun sollte" Stephan Schleim (02. Februar 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Warum-man-Burn-out-nicht-als-Modeerscheinung-abtun-sollte-4296103.html?seite=all (https://www.heise.de/tp/features/Warum-man-Burn-out-nicht-als-Modeerscheinung-abtun-sollte-4296103.html?seite=all)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 05, 2019, 11:28:15 AM
Quote[...] Kurt Weill und Bertolt Brecht, das war das Welterfolgs-Team der ,,Dreigroschenoper", das 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ins Exil flüchtete – und sich in Paris zu einem letzten gemeinsamen Theaterprojekt traf. Weill hatte einen Auftrag der Truppe ,,Les Ballets 1933" unter Leitung des Choreografen George Balanchine erhalten und wollte ein ,,ballet chanté" komponieren, ein Ballett mit Gesang. Nachdem Jean Cocteau abgesagt hatte, kam Brecht als Textdichter ins Spiel. Die Uraufführung der ,,Sieben Todsünden" fand am 17. Juni 1933 im Pariser Théâtre des Champs-Elysées statt.

... Vor Faulheit, Habgier oder Wollust muss sie sich hüten, das sind ihre kleinbürgerlichen Sünden, aber das sind, andererseits, die Tugenden der anderen in der patriarchalischen Gesellschaft, die es sich leisten können. Nette Parabel auf die strukturelle Gewalt, sagt sich Anna-Sophie Mahler in Stuttgart und zeigt das auch kunstvoll abgeklärt. Doch dann kommt im Schauspielhaus Peaches auf die Bühne, die Sängerin und Top-Performerin der feministischen und queeren Szene, und dreht den Spieß um, zieht eine Electroclash-Show ab, bei der, mit Verlaub, selbst Brecht den Schwanz eingezogen hätte. ,,Fuck the pain away", empfiehlt sie den Geschlechtsgenossinnen. ... Das Magazin ,,Rolling Stone" beschrieb das Debütalbum der Kanadierin, ,,The Teaches of Peaches", als ,,surreal lustig und versaut", und so darf man sich das auch vorstellen. Sie ist kein Opfer, schon gar keine Frauenfigur in einem epischen Theater, sondern eine furios singende, also selbstbestimmt handelnde Punk-Ikone, die keine Sünden kennt, sondern sie auslebt: ,,Seven Heavenly Sins" heißt der zweite Teil dieses Abends der Staatstheater. Zorn, Stolz, Wollust, jetzt aber wirklich und ,,himmlisch" provokant. Auch das ist Dialektik, nur nicht von Brecht. Tolle Dramaturgie. ...

... Dann aber tritt Josephine Köhler aus der Rolle und stellt klar: ,,Ich spreche als Proletarierin der Weiblichkeit." Und Peaches, vielbrüstig behängt im Trash-Outfit bis hüllenlos, lebt das alles aus – auch im Riesenkondom. Eine Riesenparty, Anfeuerungsrufe. ...


Aus: "Sex und Beats mit Peaches in Stuttgart" Jürgen Kanold (04.02.2019)
Quelle: https://www.swp.de/unterhaltung/kultur/sex-und-beats-mit-peaches-in-stuttgart-29394879.html (https://www.swp.de/unterhaltung/kultur/sex-und-beats-mit-peaches-in-stuttgart-29394879.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 13, 2019, 11:20:36 AM
Quote[...] Eine Gruppe von mehr als 35 französischen Männern, darunter namhafte Journalisten, PR-Berater und Werbetreibende, haben sich in der Facebook-Gruppe La Ligue du LOL organisiert und sind über mehrere Jahre hinweg gezielt Frauen in sozialen Netzwerken, hauptsächlich per Twitter, verbal angegangen, um sie zu mobben. Das berichtet die französische Zeitung La Libération.

Mehrere Frauen schilderten in dem Bericht, wie sie von den hauptsächlich wohl Pariser Männern attackiert und sexuell belästigt wurden. Neben Beleidigungen erhielten die Frauen, meist feministische Autorinnen, Journalistinnen und YouTuberinnen, pornographische Fotomontagen und bewegte GIFs, in die ihre Köpfe montiert waren.

Viele der Frauen seien ständigen Attacken ausgesetzt gewesen und fürchteten bei jedem Post in sozialen Medien, für ihre Meinungsäußerungen angegangen zu werden. Für einige war der psychische Druck so hoch, dass sie die sozialen Medien verließen und sich entschieden hätten, für bestimmte Medien nicht mehr zu schreiben, wie die betroffene französische Journalistin Lucile Bellan ihre persönliche Situation in einem Artikel bei Slate beschreibt.

Die Beauty-Bloggerin Capucine Piot war nach ihren Schilderungen bereits als angehende Journalistin gezielten Anfeindungen der Ligue du LOL ausgesetzt, nachdem die Gruppe die junge Frau als Ziel ausgemacht hatte. Demnach machten sich Mitglieder der Gruppe über sie lustig, über Jahre hinweg abfällige Bemerkungen über Piots Äußeres und stellten Sammlungen ihrer Tweets zusammen, um ihre Aussagen immer wieder hervorzuholen. Offensichtlich verfolgte die Gruppe dabei das Ziel, die Arbeit Piots zu untergraben. Nach eigenem Bekunden bat Piot die Mitglieder der Ligue du LOL darum aufzuhören. Sie erklärten jedoch, dass es witzig sei. Piot, die aufgrund der ständigen Angriffe von Selbsthass und selbstzerstörerischen Gedanken getrieben war, benötigte mehrere Jahre, um sich zu erholen.

Die Facebook-Gruppe La Ligue du LOL wurde bereits 2009 vom Pariser Journalisten Vincent Glad ins Leben gerufen. Die Gruppe habe er zunächst gegründet, um Spaß zu haben, aber niemanden zu belästigen, schrieb Glad am Sonntag in einer Stellungnahme auf Twitter und entschuldigte sich. "Ich habe nicht gesehen, dass wir mit unseren Witzen die ersten feministischen Worte zum Schweigen gebracht hatten, als sie 2011 und 2012 in den Netzwerken auftauchten." Er habe ein "Monster" erschaffen und mit der Zeit die Kontrolle verloren. "Trolle" hätten dann die Oberhand gewonnen. Die Auswirkungen und Folgen des Cybermobbings seien ihm erst jetzt bewusst geworden. Warum Glad die Facebook-Gruppe dann nicht bereits frühzeitig geschlossen hat, ließ er allerdings offen. Mittlerweile ist die Facebook-Gruppe nicht mehr auffindbar.

Anscheinend kommen Glads Einsicht und öffentlichen Eingeständnisse nicht ganz freiwillig, denn einige Medien haben mittlerweile die Zusammenarbeit mit Glad und weiteren identifizierten Mitglieder der Ligue du LOL beendet. Derzeit kursiert bei Twitter eine vermutlich unvollständige Liste mit etwa 35 Männern, die der Gruppe angehört haben sollen. Teilweise sind darauf auch deren Arbeitgeber verzeichnet.

Glad selbst war bei einer linksliberalen Zeitung beschäftigt, die sich von ihm und einem weiteren Kollegen nach Bekanntwerden der Vorwürfe getrennt hat. Auch Glads Kollege war Mitglied der Ligue du LOL und entschuldigte sich über Twitter: "Bei den Personen, die sich seit elf Jahren von einer oder mehreren meiner Statements hier oder anderswo angesprochen gefühlt haben, sage ich, dass es mir leidtut. Es war dumm und wird nicht wieder passieren."

Zu halbherzig finden viele Unterstützer der gemobbten Frauen und die Opfer selbst diese Entschuldigungen. Sie glauben den Beteuerungen von Glad und anderen Mitgliedern von Ligue du LOL nicht und sehen die öffentlichen Entschuldigungen nur als Versuch an, wieder einen Job zu bekommen und ihre Karriere fortzusetzen. Einige Twitter-Nutzer sind die Konsequenzen zu gering und fordern harte Strafen für das jahrelange Cybermobbing der Männer.

Die Gründe für das gezielte Mobbing von Frauen durch Mitglieder der Ligue du LOL bleibt bisher weitgehend im Dunkeln. Es gibt aber Parallelen zu ähnlichen Entwicklungen wie beispielsweise der Incel-Bewegung, die vor etwa zehn Jahren aufgekommen ist. Incel steht für "involuntary celibate", unfreiwillig enthaltsam. Anhänger dieser Bewegung sind sexuell frustrierte Männer, die ihren Frauenhass im Netz freien Lauf lassen und auch vor physischer Gewalt nicht zurückschrecken, wie zuletzt ein Bericht der Süddeutschen Zeitung zeigte.

Incels werfen Frauen, die sie "Stacys" nennen, vor, ihren Körper als Machtinstrument einzusetzen, indem sie ihn den Incels vorenthalten. Incels organisieren und tauschen sich unter anderem in Internet-Foren aus. (olb)


Aus: "Facebook-Gruppe La Ligue du LOL: Frauenhasser verabredeten sich zum Cybermobbing" Oliver Bünte (12.02.2019)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-Gruppe-La-Ligue-du-LOL-Frauenhasser-verabredeten-sich-zum-Cybermobbing-4305293.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-Gruppe-La-Ligue-du-LOL-Frauenhasser-verabredeten-sich-zum-Cybermobbing-4305293.html)

Quote

    Pussy Galore, 12.02.2019 13:25

Ich bin immer wieder ehrlich verblüfft, wie viele erschreckend abseitige Hohlbirnen es doch gibt.

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 14, 2019, 12:28:23 PM
"Ich habe eine gewalttätige Beziehung überlebt" N. N. (13. Februar 2019)
Der Mann, der Gewalt ausübt, ist kein augenscheinliches Monster, schreibt die Autorin – ohne Namen, denn sie möchte nicht mehr als Opfer gesehen werden. ...
https://derstandard.at/2000097974304/Ich-habe-eine-gewalttaetige-Beziehung-ueberlebt

Quote
durattaville

Danke. Ich bin auch in so eine Familie großgewachsen. Wir haben mit meine Mama mit-gelitten, und die Stunden bevor Papa nach Hause kommt, schon mit der Angst am Uhr geschaut. Wir haben uns gefragt mit welchen Stimmung er gerade nach Haus kommt? Liebe oder Wut? Man könnte es nicht vorhersagen. Man hat sich in der Wohnung versteckt, man wollte verschwinden, ihn nicht treffen, und dann ist Der mit uns gekuschelt und uns geküsst. Wir haben ihn so geliebt! Nun, wenn man es am wenigstens erwartet hat, hat sich seine Stimmung geändert und die Hölle hat begonnen. Am schlimmsten habe ich die Schwankungen zwischen Hass und Liebe gefunden. So sind wir schüchternd und still geworden um keinen Wutanfall zu verursachen. Die Narben trägt man lebenslang.


Quote
Herr Vorsicht

1. Danke an die Autorin, ich finde, sie hat in gebotener Kürze sehr gut beschrieben, wieso es so schwer ist, sich von einem gewalttätigem Mann, noch dazu dem Vater der gemeinsamen Kinder, zu trennen.
2. Danke für den Aufruf, genauer hinzusehen, sich doch einzumischen, wenn man zu neigt, weg zu sehen, weil man ja "nichts genaues nicht weiss", sondern nur ahnt und vermutet. .
3. An alle Männer, die sich durch so einen Artikel schon wieder feministisch unterdrückt fühlen und darstellen wollen, dass die Männer ja viel ärmer sind: bitte holt euch professionelle Hilfe.
4. Ich bin ein Mann.


QuoteFrei_Denker

Kraft

...wünsche der Autorin viel Kraft. Als Mann, aber auch Kind einer Gewaltbeziehung möchte ich der Frauenwelt allerdings noch ein paar Tipps mitgeben:
Verabschiedet euch vom Gedanken, dass ihr nur mit Mann vollständig seid.
Verabschiedet euch vom Gedanken nur durch einen anderen Menschen zur Glückseeligkeit zu gelangen.
Sucht euch keinen "Beschützer"!
Und: Bevor ihr Beziehungen eingeht - baut euch ein Leben auf: sucht euch eine Wohnung, Job, macht Ausbildung und werdet zu selbstständigen Wesen - es gibt keine "Fortpflanzungspflicht"!


Quote

Kaugummi Cowboy

Jede Eigenschaft eines Menschen kann verschiedene Ausprägungen haben und je nach Situation positiv oder negativ wirken bzw. als anziehend oder abstoßend wahrgenommen werden.
Die "männliche Stärke", die "gesunde Aggression" im Job mag zu Erfolg führen und sexy sein. Als ungezügelte Kraft, die sich gegen den Willen der Frau richtet, ist sie eine hässliche Fratze mit zerstörerischer Wirkung.

Ich halte es für sinnvoll, sich über beide Seiten der Medaille bewusst zu werden, glaube aber, dass ein abstraktes Wissen kaum eine Chance hat gegen eine "instinktive Anziehung". Patriarchale Haltungen müssen ja auch nicht zu Gewalt führen, tun es aber zu häufig. Daher: Mut zur Transparenz, zum frühzeitigen Hinterfragen ...


Quote
Tomeee

ich hab zwar nur eine Teenage-Tochter
teile aber Ihre Meinung zu 100%, wobei ich glaube wir Väter haben da eine entscheidende Rolle, nämlich das vorzuleben was wir für unsere Töchter wünschen. Mann kann nicht die Mutter/Gattin wie eine Haushaltsgehilfin behandeln und erwarten dass eigene Tochter ein gesundes Verständnis für Männer/Partnerwahl entwickelt. Über Gewalt, egal psychisch oder physisch gar nicht zu reden. Klar kann immer was schief gehen, aber wenn man in für die Entwicklung entscheidendem Alter falsche Rollenbilder vermittelt, tut man eine ganz schlimme Sache und braucht man sich später nicht wundern.


Quote
DieAndereMeinung

gleichzeitig wärs genauso wichtig wenn väter von söhnen das auch so vorleben ...


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on February 17, 2019, 02:35:47 PM
"Shooting am Pool und Koks in der Badewanne – Eva teilt online ihr Leben als Sexarbeiterin" Mark Heywinkel (2019)
,,Eva spricht über Dinge, die auch wir angeblich freigeistigen, liberalen, jungen Menschen noch tabuisieren", sagt Hellenthal. ,,Allein wie sie über ihren Körper und ihre sexuellen Vorlieben spricht, bis hin zum Offenlegen von patriarchalen Strukturen, in denen sie lebt. Das Faszinierende ist, dass sie darüber in der gleichen Nonchalance spricht wie über das Müsli am Morgen." ...
Searching Eva folgt der Protagonistin zu ihrer Familie nach Italien, ins Bett mit Klienten, in die Badewanne mit Freundinnen, zu Partyabenden mit Koks und Heroin. Dazwischen ploppen Nachrichten von Follower*innen auf: Mögen Männer es, dass du so dünn bist? Du bist die postmoderne Jeanne d'Arc. Bist du nur auf der Suche nach Liebe? Du bist so cool und interessant, wie in einem Indiefilm. Wie kannst du dich als Feministin bezeichnen, wenn du für Geld mit Männern schläfst?
Antworten von Collé gibt es in Searching Eva selten. Stattdessen ist die Protagonistin immer wieder in stylischen Porträts zu sehen: Nackt in der Badewanne, nach dem Sex, beim Knutschen mit Freundinnen, im Bikini am Strand, mit Wunderkerze in einer von Neonlicht bestrahlten Wohnung. Über diese Bilder liest sie in Voiceovers aus ihrem Blog Einträge wie diesen vor: ,,In mehreren Fällen in den letzten Jahren hatten Männer, die Frauen vergewaltigt haben, Videos davon online geteilt, ohne Konsequenzen zu fürchten. Und dann fragen mich die Leute ,Warum kommst du nicht zurück nach Italien?'."
Mit ihrem Lebensstil und ihrer Offenheit führt Eva Collé dem Publikum patriarchale Konventionen und Machtstrukturen vor Augen. Dabei geht ihr Blick Richtung Kamera, Richtung Publikum, als wolle sie fragen: Was denkt ihr darüber und über mich in dieser chaotischen Welt? Ein Urteil zu fällen, ist unmöglich, weil Collé so vieles darstellt. Und genau das ist es, was die Sexarbeiterin/Model/Künstlerin/Nomadin will und Searching Eva gelungen einfängt: ,,Eva eröffnet eine Utopie davon, wie man sich von einer fixen Identität lösen kann", sagt Pia Hellenthal. ,,Wenn du alles und nichts bist, kann man dich in keine Schublade mehr stecken. Und das löst gewisse Machtstrukturen auf." ...
https://ze.tt/diese-sexarbeiterin-teilt-online-ihr-ganzes-leben-und-ihre-community-bewundert-und-hasst-sie-dafuer-berlinale-doku-instagram/

https://www.instagram.com/warvariations/

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Quote[...] Ausgerechnet auf Instagram, das als Medium oberflächlicher Selbstdarstellung gilt, werden Bücher mit besonders viel Sorgfalt und Einfallsreichtum inszeniert. Bei sogenannten Bookstagrammern übernimmt das Buchcover die Rolle des Gesichts im Selfie. Übrigens verfügt das Buch über ein eigenes Bildgenre, das Shelfie nämlich ("Shelfie" ist ein Kofferwort aus "Shelf" für Bücherregal und "Selfie") Ist das Buch dabei lediglich Staffage, oder gelingt im Medium Instagram auch ernstzunehmende Buchkritik? Welchen Mehrwert bietet der Produser dem Follower, wenn er Bücher zeigt? ... Bei den Inszenierungsvarianten lässt sich eine gewisse Geschlechterdisparität ausmachen. Während in der ersten Kategorie des informierenden Bookstagrammers Frauen und Männer ungefähr paritätisch vertreten sind, erscheint die Inszenierung der Behaglichkeit der Lesesituation als Frauenphänomen. Jedenfalls sieht man keine haarigen Männerbeine in Kuschelsocken, vor denen ein aufgeschlagenes Buch liegt. Überraschend ist das nicht, folgt es doch einer Geschlechterlogik, die die Frau mit der Sphäre des Häuslichen verknüpft. Das künstlerische Bookstagram wiederum ist bei Frauen wie Männern gleichermaßen beliebt.


Aus: "#bookstagram - Social Media Februar von Marlen Hobrack" (11.2.2019)
Quelle: http://www.pop-zeitschrift.de/2019/02/11/social-media-februarvon-marlen-hobrack11-02-2019/ (http://www.pop-zeitschrift.de/2019/02/11/social-media-februarvon-marlen-hobrack11-02-2019/)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 05, 2019, 10:27:35 AM
Quote[...] Lisz Hirn - Die 1984 geborene Autorin studierte Philosophie und Gesang in Graz, Paris, Wien und Kathmandu. Sie arbeitet in der Jugend- und Erwachsenenbildung, etwa am Lehrgang "Philosophische Praxis" der Universität Wien, und ist Obfrau des Vereins für praxisnahe Philosophie.

... Die Idee der "guten Mutti" hat hierzulande eine lange und ambivalente Geschichte. Sie beginnt mit einem Konzept, das seit Anfang des 19. Jahrhunderts alle Beziehungen zwischen Individuen prägte: die romantische Liebe. Seit die Familie als Keimzelle der Gesellschaft entdeckt und die Liebe zwischen Mutter und Kind "heilig" ist, hat sich die Rolle der Frau als Mutter wesentlich verändert. Das Muttersein wurde von der simplen biologischen Funktion zu einer normativen Idee, die alle anderen Rollen der Frau überlagerte.

Als Adolf Hitler in den 1930er-Jahren das "Mutterkreuz" für den verdienten "Dienst am Deutschen Volk" einführte, säte er auf bereits ideologisch fruchtbarem Boden. Das nationalsozialistische Frauenbild orientierte sich an der Ideologie der deutschnationalen oder alldeutschen Biedermänner, die über den "Emanzipationskoller der entarteten Weiber" schimpften und die "Entmutterung der Frauen" anprangerten. Diese "Berufung zur Mutter" als prägendes Frauenbild hat in Deutschland und Österreich bis heute überdauert. Auch die neuen deutschnationalen Biedermänner sprechen heute wieder von "geburtenorientierter Politik".

2013 schrieben sie in einem vom jetzigen FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer herausgegebenen Buch von einem "natürlichen Brutpflegetrieb" des weiblichen Geschlechts: "Der vom Thron des Familienoberhaupts gestoßene Mann sehnt sich unverändert nach einer Partnerin, die, trotz hipper Den-Mädels-gehört-die-Welt-Journale, in häuslichen Kategorien zu denken imstande ist, deren Brutpflegetrieb auferlegte Selbstverwirklichungsambitionen überragt." Im Klartext bedeutet das: Eine Frau, die Mutter ist, soll sich weitgehend in den häuslichen Bereich zurückziehen, eigene Ambitionen aufgeben und sich vorrangig auf ihre Mutterpflichten konzentrieren. Doch nicht jede Frau macht das mit.

Dass sich Geschlechterrollen nicht so entwickeln müssen, zeigen vergleichende Recherchen mit anderen Ländern, wie beispielsweise Frankreich. Elisabeth Badinter argumentiert mit akribischer Schärfe in Die Mutterliebe, dass die Rolle der "Vollzeitmutter" nicht in der Natur der Sache liegt, sondern eine historisch gewachsene Institution ist, an der in Ländern wie Österreich und Deutschland unter zwei Prämissen auffällig stark festgehalten wird: Erstens geht das Wohl des Kindes über alles und zweitens kann dieses Kindeswohl nur durch eine 24-Stunden-Mutter-Kind-Beziehung garantiert werden. Während eine französische Maman ihre Rolle als Frau pflegen darf, wird ihr deutsch-österreichisches Pendant auf ihre Rolle als Mutter reduziert, die die Aufgabe des unabhängigen, selbstbestimmten Lebens der Mutter zum Wohl des Kindes einfordert. Die folkloristische Behauptung, dass die Mutter unersetzlich für das Kind und deshalb unabkömmlich sei, schlägt sich, wie im vorigen Kapitel ausgeführt, nicht nur in der fehlenden externen Kinderbetreuung und dem fehlenden partnerschaftlichen Ethos nieder. Tatsächlich macht kaum ein junges Elternpaar halbe-halbe. Es gibt den Versuch auf, bevor er überhaupt begonnen wurde.

Badinter hat gut belegt, dass Mutterschaft die Ungleichheit in der Paarbeziehung enorm verschärft. Egal ob mit oder ohne Trauschein lastet der Großteil der Hausarbeit auf den Schultern der Frauen. Die ungleiche Verteilung häuslicher Pflichten hat sich seit den 1950er-Jahren kaum verändert – vor allem nicht in den Köpfen der Menschen. Zwar hat "die Revolution der Sitten die Männer und Frauen mit der besten Ausbildung einander angenähert, während sie gleichzeitig diese Frauen von ihren weniger gut ausgebildeten Schwestern entfernt hat." Die sehr gut ausgebildeten Frauen verzichten eher für ihre Karriere auf Kinder, während den anderen mangels adäquater Angebote wenig überbleibt, als sich im Haushalt zu engagieren. Wer aufgrund schlechterer Qualifikationen oder Ausgangsbedingungen keinen Job findet, der finanziell genug abwirft, bleibt eher zu Hause. Das ist durch Zahlen gut belegbar. So ist die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau hierzulande nicht vom Migrationshintergrund, sondern in besonderem Maß vom Bildungsniveau abhängig. In Österreich bekommen in der Landwirtschaft tätige Frauen durchschnittlich 2,5 Kinder und türkisch-stämmige Frauen durchschnittlich 2,4 Kinder. Es wäre allerdings falsch, daraus zu schließen, dass wir das "langsame Aussterben der Österreicher" dadurch verhindern könnten, wenn wir mehr Städterinnen von den Vorteilen des Landlebens überzeugen, da sie dann liebend gerne Kinder bekommen würden.

Spätestens nach dem medial breit rezipierten Aufschrei unter dem Hashtag #RegrettingMotherhood sickert diese Botschaft auch in das Bewusstsein der Konservativen. Diese reagieren mit Abwehr: Jede Frau, die sich nicht in das "Natürlichste auf der Welt" fügt, ist keine "richtige" Frau. Eine "richtige" Frau ist für ihre Kinder immer verfügbar, übernimmt das Gros der Erziehungs- und Hausarbeit und stellt die Bedürfnisse der Familie über die eigenen. Nebenbei verdient sie ein Taschengeld dazu, ist gut ausgebildet, schlank und sexuell attraktiv. Wie stark dieses Ideal als Bringschuld gegenüber einer Gesellschaft gesehen wird, deren Leistungsanspruch an die heutigen Frauen kaum Grenzen kennt, konnte man an den abwertenden Kommentaren gegenüber Politikerinnen wie Elisabeth Köstinger sehen, die ob ihrer Figur beschimpft wurde. Selbst die Biederfrauen sind von diesem Leistungsdruck nicht ausgenommen, sie schlagen mit noch mehr Funktionalität zurück und dem Image der glücklichen und erfüllten Mutter.

Lisz Hirn: Geht's noch! Warum die konservative Wende für Frauen gefährlich ist. Molden Verlag, Wien/Graz 2019; 144 S.


Aus: "Rückkehr der Biederfrauen" Lisz Hirn (4. März 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/2019/10/feminismus-gleichstellung-konservatismus-tradition-biederfrauen (https://www.zeit.de/2019/10/feminismus-gleichstellung-konservatismus-tradition-biederfrauen)

QuoteUlrike Metz #8

Frauen werden wie eine wirtschaftliche Ressource behandelt, die je nach Bedarf mal in Kriegszeiten Männer in Fabriken ersetzen, nach dem Krieg Trümmer abtragen und körperlich und seelisch verwundete Männer versorgen und zwischen Kriegen für Haushalt, Kinder und die Pflege der älteren Generation zuständig sein sollen. Was, wenn Frauen anderen Gesetzen folgen und intuitiv wissen, dass die Welt nicht unter zu wenig Kindern leidet, sondern eine neue Ideologie für die digitale Zukunft braucht?


QuoteMaria_29 #21

Ich verstehe irgendwie nicht wieso es immer nur um ,,die Männer" oder ,,die Frauen" geht...
Meiner Meinung nach gibt es halt auf beiden Seiten solche und solche Typen.

Es gibt die Frauen, die gerne arbeiten, selbständig sind und einfach keine Kinder möchten. Denen merkt man es auch an, und ich glaub ihnen aufs Wort wenn Sie sagen: sie möchten keine Kinder, sondern lieber frei sein und einfach alles ihre Entscheidungen frei treffen können.

Auf der anderen Seite gibt es auch die Frauen, die schon immer den Wunsch nach Kindern hatten und dann in ihrer Arbeit der Kindererziehung auch voll aufgehen...
Die mehr oder weniger gern Ihren Haushalt erledigen...zumindest für eine Zeit, bis die Kinder wieder aus dem Haus sind.

Genauso gibt es Männer, die schauen ihre eigenen Kinder genervt an, sind unfähig sich längere Zeig vernünftig mit Ihnen zu beschäftigen, geschweige denn mal einen oder mehrere Tage den Haushalt zu schmeissen ohne komplett im Chaos zu versinken.

Und dann gibts auch solche, die einen wunderbaren Draht zu ihren Kindern haben, gerne auch Arbeiten im Haushalt übernehmen, Ihre Frau unterstützen und verstehen...

Ich verstehe dieses Schubladendenken in Geschlechter einfach nicht.
Meiner Meinung nach sind alles Charaktere und man tut am Besten daran, sich das ergänzende Gegenstück zu suchen, wie es am Besten zu seiner eigenen Vorstellung von Leben passt.
Man kann doch nicht jeden in eine Rolle zwingen, wie man meint dass ,,Mann" oder ,,Frau" sein muss...


Quotethe one #42

Warum müssen sich konservative Lebensmodelle, die das Bild der Frau als Mutter ins Zentrum rücken und andere Lebensmodelle, nach denen Frauen die Rolle einer Mutter und die der arbeitenden dem Mann gleichgestellte Person vereint oder sogar die Mutterrolle zurücktritt, ausschließen?

Ein jeder mag so leben, wie es ihm beliebt. Wenn die Mehrheit moderner Frauen gerne Beruf und Karriere für das Hausfrauen-Dasein zurückstellt, dies aber anders als Frauen in den 1950er Jahren (und davor) aus freier Selbstüberzeugung macht, dann ist das ebenso emanzipiert wie andere Lebensformen. Ich empfehle den in dieser Hinsicht sehr sehenswerten Film "Mona Lisas Lächeln", der exakt diese Problematik aufgreift.


QuoteGerne_unterwegs #43

Im Artikel wird deutlich, dass es historische Entwicklungen gibt z. B. die Erläuterungen zur romantischen Liebe, die Propaganda der Nazizeit und natürlich auch die Frauenbewegungen. Der "Zeitgeist" hat also nicht nur Einfluss auf die Länge der Röcke.

Seltsamerweise wird heutzutage sehr häufig davon ausgegangen, dass alle Individuen frei, unabhängig und emanzipiert ihre Entscheidungen treffen. Die These dazu lautet: Es gibt keinen Zeitgeist mehr, keine historischen und kulturellen Einflüsse.

Wer glaubt so etwas wirklich?


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 05, 2019, 03:33:25 PM
QuoteFeindbild Klimaschützerin
Veröffentlicht am 22. Februar 2019 von E&F   

Der rechte Hass auf Klimaaktivist*innen zwischen Sexismus, Heimatideologie und Gewissenserleichterung

Vortrag und Diskussion mit Ricarda Lang

Donnerstag, 21. März 2019, 19.30 Uhr, Stuttgart

Rosis Pinte, Schwabstr. 193 (Am Hölderlinplatz, Stuttgart West)

In den letzten Monaten hat sich in rechten Kreisen, vom rechtskonservativen Feuilleton bis zu rechtsextremen Gruppen, ein neues Lieblingsfeindbild etabliert: die Klimaschützerin.
Die Referentin Ricarda Lang war im letzten Jahr massiven Angriffen von Rechten  ausgesetzt, nachdem sie gefordert hatte, dass Menschen, die durch den Klimawandel ihre Lebensgrundlage verlieren, die Staatsbürgerschaft in europäischen Staaten bekommen sollen. Und bekannte Gesichter rund um die Bewegung #FridaysForFuture wie Greta Thunberg oder Luisa Neubauer werden für individuelle  Konsumentscheidungen beleidigt und zu den Vorreiterinnen einer kosmopolitischen Elite gemacht, die es sich zum Ziel gesetzt habe, den Bürger*innen unter dem Vorwand des Klimaschutzes die Freiheit zu nehmen. Dabei ist es kein Zufall, dass die Hetze vor allem Frauen trifft. Der Vortrag dreht sich um die Frage, wie sich der Hass auf Klimaschützerinnen im Kontext eines rechten Frauenbilds und einer völkischen Ideologie von Umweltschutz als Heimatschutz entwickelt. Außerdem soll er verdeutlichen, inwieweit das Feindbild Klimaschützerin als Projektion des eigenen Unbehagens mit der andauernden Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlage funktioniert, und so der Gewissenserleichterung in einer Gesellschaft dient, in der der Erhalt dieser Lebensgrundlage oft nur noch an Hand von Maßstäben des individuellen Konsums verhandelt wird. Darauf aufbauend wollen wir darüber diskutieren, welches Potenzial sich aus der Reflektion auf diese Angriffe für eine linke Klimapolitik ergibt, die beim Klimaschutz über die moralische Bewertung von Einzelentscheidungen und damit auch die vorgegebenen Regeln des kapitalistischen Systems hinaus denkt.

Ricarda Lang ist 25 Jahre alt und studiert Rechtswissenschaften mit dem Schwerpunkt auf Rechtsphilosophie und Rechtsgeschichte in Berlin. Außerdem ist sie Bundessprecherin der Grünen Jugend und arbeitet dabei vor allem zu den Themen Feminismus, Antifaschismus, Klimaschutz und klimabedingte Migration und Flucht.




Aus: "Feindbild Klimaschützerin" (Veröffentlicht am 22. Februar 2019 von E&F)
Quelle: http://emafrie.de/feindbild-klimaschuetzerin/ (http://emafrie.de/feindbild-klimaschuetzerin/)

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"Kommentar: Ein Rape-Game auf Steam sollte niemanden mehr überraschen" Daniel Herbig (07.03.2019)
Ein Vergewaltigungsspiel auf der größten PC-Plattform: erschreckend, aber kaum verwunderlich, meint Daniel Herbig.
"Rape Day" ist ein Spiel, zu dem man eigentlich gar nichts sagen möchte. Dank seiner Niedertracht – und vielleicht auch durch ein bisschen Zufall – hat es das Vergewaltigungsspiel gerade zu internationaler Medienaufmerksamkeit gebracht. Der Aufschrei trifft nicht nur den Entwickler, sondern auch den Anbieter Steam. ... Das Unternehmen hält sich gerne den Schutzschild der Meinungsfreiheit vor, um das Versagen beim Ausmisten zu rechtfertigen: "Wir sollten nicht entscheiden, welche Inhalte Spieler kaufen können und welche nicht. Wir sollten auch nicht entscheiden, welche Inhalte Entwickler erstellen dürfen", lautet seit dem vergangenen Sommer die offizielle Maxime. Steam ist für alle da, sagt uns das. Zumindest solange sie die 86 Euro zahlen.
Klar, die Moderation von kontroversen Inhalten ist eine extrem undankbare Aufgabe. Youtube, Facebook und Twitter werden laufend dafür kritisiert, Inhalte zu streng, zu lasch, oder einfach falsch zu kuratieren – aber wenigstens stellen sie sich ihrer Verantwortung! Auch andere Betreiber von Spiele-Plattformen kriegen das hin: Sony, EA, Microsoft, Epic und andere prüfen Games, bevor sie in den Stores zugelassen werden. Nur Valve hat es praktisch aufgegeben. So kommt es eben, dass man auf Steam ein Spiel findet, in dem Vergewaltigungen als zentrales Feature angepriesen werden. Schön wär's, wenn man sich darüber noch wundern könnte. (dahe)
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Kommentar-Ein-Rape-Game-auf-Steam-sollte-niemanden-mehr-ueberraschen-4327907.html

QuoteBlueLaser, 07.03.2019 11:19

Zum ersten mal seit langem weiß ich nicht wie ich zu einem Thema stehen soll

Zuerst dachte ich auch "Was, ein Vergewaltigungs-Spiel? Und das in unserer heutigen Zeit? Ja spinnen die denn?".

Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto bigotter finde ich meinen ersten Eindruck. Als begeisterter Ego-Shooter-Spieler seit der Zeit von Wolfenstein 3D, sollte ich das doch eher harmlos finden, wenn ich bedenke wie viele zigtausend virtuelle Menschen ich schon abgeballert habe ohne jemals dabei auch nur mit einer Wimper zu zucken.

Jahrelang kämpfen wir Gamer dafür, den Menschen klarzumachen, das unsere Passion keine Gewaltbereitschaft fördert und wir keine Mörder sind. Aber plötzlich empören wir uns, weil einige nicht mehr nur virtuell töten sondern auch virtuell vergewaltigen?

Es ist ein wirklich schwieriges Thema, und ich weiß im Moment tatsächlich nicht so genau, wie ich zu diesem Game stehen soll. Ja, ich finde es widerwärtig. Aber ist das, was ich seit nun mehr fast 30 Jahren selber begeistert spiele, wirklich moralisch vertretbarer? ...


QuoteHorune, 07.03.2019 09:33

Gut, dann zählen wir mal auf

GTA V: Folter (waterboarding, elektroshocks, Hammer und Finger), Fahrerflucht, Auftragsmord, Todschlag, Raub
Hitman: Autragsmord, Todschlag
Call of Duty: Kriegsverbrechen, Terrorismus (Das eine mal am Flughafen)

So, die Liste könnte man sicher starkt erweitern... das wären dann nur die, die ich auch selbst gespielt habe. Teilweise widerwillig um in der Story voran zu kommen. Die Foltermission bei GTA fand ich spätestens ab Hammer und Elektroshocks grausig. Die CoD Mission am Flughafen erst recht. Aber es hat auch entsprechend das Thema konkretisiert und (bewusst) widerlich in Szene gesetzt. Filme machen das andauernd. Da ist es aber nochmal etwas anders.

War doch nur eine Frage der Zeit bis auch auf diese Thematik eingegangen wird. Warum... das ist hier die Frage. Sollte das kein Ein-Mann-Projekt sein stellt sich wirklich die Frage warum so etwas entwickelt wird. Und im Normalfall gibt es daruf nur eine Antwort: Weil man sich wohl einen Markt dafür erhofft. Warum auch immer...

Hier will jetzt doch "nur" medienwirksam eine neue Killerspielthematik auf der Feminismus-Schiene gefahren werden. ...


Quote-ThinkTwice-, 07.03.2019 10:37

Re: Gut, dann zählen wir mal auf

Mich würde interessieren wie die Resonanz hier im Forum wäre, wenn in dem Spiel ausschließlich Männer anstatt Frauen die Opfer wären.

Das Argument "ja aber Gewalt gab es schon immer in Spielen" ist zwar korrekt, aber man sollte dabei auch sagen, dass diese Gewalt in den meisten Spielen alle Bevölkerungsgruppen trifft: Männer, Frauen, Alte, Junge usw.
In diesem Spiel geht es ausschließlich und hauptsächlich um gezielte Gewalt gegen Frauen bzw das Quälen von Frauen. Das ist der Unterschied.


Quoteschuelerk, 07.03.2019 10:52

Re: Gut, dann zählen wir mal auf

    Mich würde interessieren wie die Resonanz hier im Forum wäre, wenn in dem Spiel ausschließlich Männer anstatt Frauen die Opfer wären.

Wahrscheinlich die selbe. Wegen des "Scum - Manifesto" gab es jedenfalls noch nie einen Shitstorm gegen Amazon.

https://www.amazon.de/SCUM-Manifesto-Valerie-Solanas/dp/1849351805/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1551951402&sr=8-2&keywords=scum+manifesto (https://www.amazon.de/SCUM-Manifesto-Valerie-Solanas/dp/1849351805/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1551951402&sr=8-2&keywords=scum+manifesto)


QuoteJollyRager, 07.03.2019 09:13

Im Zweifel gegen Zensur

Irgendwie versteh ich den Aufschrei nicht. Ja ok, das Spiel ist Dreck und ja, es ist nicht mal eine Ausnahme. Wie der Artikel richtigt schreibt, liegt viel Dreck in den Tiefen der Steam-Datenbank. Und was ist so falsch daran, dass Steam sich nur dann ein Spiel näher anschaut, wenn es Wellen schlägt? Offensichtlich ist der Mist doch dann entfernt worden.

Was wäre denn genau die Alternative? Soll Steam jedes Spiel komplett durchchecken bevor es online steht? Dann wird es plötzlich viel mehr als 86€ kosten. Das sperrt dann vielleicht den ganzen Dreck aus, aber halt auch viele andere kleine Indies, die ihre ersten Schritte wagen.

Alternativ kann man natürlich auch automatische Uploadfilter vor die Spiele schalten, welche dann mittels beschissener "KI" automatisch filtern. Artikel 13 lässt grüßen.

So wie es jetzt ist, ist es gut: Geringe Zugangshürden, das Gros des Drecks fristet ein Schattendasein im Nirgendwo und das was man findet wird geflagt, ordentlich gereviewed und dann ggf. entfernt. Ich seh da kein Problem mit.


QuoteQuicksilver666, 07.03.2019 09:33

Im Zweifel gegen Verbrechen

Von Versteckt kann hier aber doch keine Rede sein.

Wenn ein Spiel Kinderporno Day heißt und nur eine Fassade ist um Kinderpornos zu verbreiten "Zwischensequenzen". ...


Quote

    eN-t, 07.03.2019 10:52

Re: Im Zweifel gegen Verbrechen

Vielleicht doofe Fragen aber: Kinderpornographie ist illegal - Vergewaltigungspornographie denn auch? Zumal dieses Spiel ja keine echten Filmsequenzen oder sonstige Bezüge zur echten Welt enthält. ...


Quoteyettie, 07.03.2019 10:13

Re: Ist es nicht süß...

Underbreak schrieb am 07.03.2019 08:57:

    wie sie alle nach der Zensur schreien?

Man merkt immer, wie Typen wie du in der Schule nicht aufgepasst und mangelhaft Hausaufgaben gemacht haben, wohl, weil sie zu viel mit Killerspielen oder/und Pornos beschäftigt waren.

Art 5 GG

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Zensur ist, wenn man dem Staat die Sachen vorab vorlegen muss und er es verbietet, weil es ihm politisch nicht passt.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 11, 2019, 12:28:43 PM
"Das Opfer seiner Mutter" Alexander Tieg (10. März 2019)
Sie wollte ein Mädchen, ihren Sohn quälte die Mutter physisch und psychisch. Heute führt er ein äußerlich erfolgreiches Leben. Doch die bösen Erinnerungen lauern überall. ... Als Georg im März 2013 vom Missbrauch und der Tyrannei seiner Mutter berichtete, erzählte er von diesem Moment: wie er kurz zuvor an einer Babyklappe vorbeigekommen war und das den Wunsch in ihm aufbrachte, dass ihn seine Mutter einfach abgegeben hätte. Er sagte: "Dann wäre mir die ganze Scheiße erspart geblieben. Ich finde es einfach toll, dass meine Mutter inzwischen tot ist." Am Tag ihrer Beerdigung war er im Urlaub, in Ägypten, und saß in einem Bus von Hurghada nach Luxor. "Ich habe es genossen, es war für mich eine Genugtuung", das waren damals seine Worte. ...
https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2019-03/kindesmissbrauch-sexuelle-gewalt-mutter-taeterin-tabu/komplettansicht
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 12, 2019, 10:32:21 AM
Quote[...] ZEIT ONLINE: Frau Fischer, ich bin 44 Jahre später auf die Welt gekommen als Sie. Habe ich es deshalb als Frau leichter?

Erica Fischer: Heute wachsen Frauen mit der Selbstverständlichkeit auf, dass sie mehr sein können als Ehefrau und Mutter. Sie verfügen über mehr eigenes Geld, gehen alleine aus und reisen. In dem Café, wo wir gerade sitzen, sind mindestens die Hälfte der Gäste weiblich. In den Sechzigern wurde eine Frau, die ohne Begleitung essen ging, oft an den "Katzentisch" gesetzt, an einen Tisch in der Nähe der Toilette oder der Küche. Oder schauen Sie mal unsere Kleidung an.

ZEIT ONLINE: Wir tragen beide schwarze Jeans und schwere Boots.

Fischer: Zu meiner Zeit wäre es unvorstellbar gewesen, dass zwei Frauen mit unserem Altersunterschied sich ähnlich anziehen. Frauen können heute tragen, was sie wollen. Dass sie einen Beruf ergreifen, ist eine Selbstverständlichkeit. Sie dürfen lieben, wen sie wollen, einen Mann, eine Frau, egal. Sie haben einfachen Zugang zu Verhütung und zu einem gewissen Grad auch zum Schwangerschaftsabbruch.

ZEIT ONLINE: Als Sie 1961 in Wien eine Schwangerschaft abgebrochen haben, hat ein Arzt Sie heimlich im Wohnzimmer operiert. "Im Nebenzimmer lief der Fernseher, für den Fall, dass ich schreien würde", schreiben Sie.

Fischer: Das ist in Österreich und Deutschland inzwischen zum Glück unvorstellbar – aber keineswegs überall ... 50 Jahre sind im Vergleich zur Menschheitsgeschichte eine sehr kurze Zeitspanne. Es ist wichtig, nicht in einen übertriebenen Optimismus zu verfallen, aber insgesamt sehe ich die Entwicklungen positiv. Viele Fragen, für die wir damals gekämpft haben, stehen inzwischen nicht mehr zur Debatte. Zum Beispiel, dass Frauen auch in der Ehe nicht zu Sex gezwungen werden dürfen oder dass sie für die gleiche Arbeit dasselbe verdienen sollen wie Männer. ... Das Schmerzliche an der heutigen Zeit ist: Wir wissen besser, wie eine gerechte Welt aussehen sollte, aber die Missstände sind immer noch da. Junge Frauen lernen: Du kannst alles werden, was du willst. Und sie sind an Universitäten in der Überzahl. Aber wenn sie anfangen, zu arbeiten, kommt der große Bruch. Sexistische Sprüche und Diskriminierung am Arbeitsplatz sind für viele Frauen immer noch Thema. Und diejenigen, die nach oben wollen, merken, dass sie die Spielregeln der Männer einhalten müssen, die immer noch die meisten Chefposten besetzen. Frauen, die Karriere machen wollen, haben oft die doppelte Arbeit: Einerseits müssen sie sich an die männliche Kultur anpassen, andererseits ihre Weiblichkeit zur Schau stellen. Angela Merkel wird für ihren praktischen Haarschnitt und die Hosenanzüge belächelt. Bei Macron interessiert sich keiner, wie er sich anzieht.

...

ZEIT ONLINE: Sie schreiben in Ihrem Buch: "Ein zentraler Antrieb für meinen Aktivismus war die Liebe. Ich wollte die Kluft zwischen Männern und Frauen überwinden, die für so viel emotionales Elend sorgte." Begegnen sich die Geschlechter inzwischen eher auf Augenhöhe?

Fischer: Ich glaube bis heute, dass Liebe zwischen Menschen, die nicht gleichwertig sind, unmöglich ist. Und die meisten Männer haben inzwischen erkannt: Mit Abhängigen zu leben, macht keinen Spaß. ... Mit der Zeit werden die Männer merken, dass ihnen die Veränderungen zugutekommen. Sie wurden ja auch jahrhundertelang dazu gedrängt, stark und hart sein zu müssen. Das ist anstrengend und macht unglücklich. Es ist trotzdem keine Lösung, einfach die Rollen zu tauschen oder das Leiden 50/50 aufzuteilen. Wir müssen die Arbeitswelt für alle humaner gestalten. ... In der heutigen Zeit, in der man den Klimawandel und Rechtsnationalismus spürt, geht es nicht mehr nur um die Gleichheit zwischen Frau und Mann. Es geht auch um Umweltthemen, Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit und soziale Gerechtigkeit.

...

Erica Fischer: Feminismus Revisited. Berlin Verlag, 320 Seiten



Aus: "Erica Fischer: "Die meisten Männer wollen nicht mehr mit Püppchen zusammen sein"" Interview: Wlada Kolosowa (8. März 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2019-03/erica-fischer-schriftstellerin-feminismus-weltfrauentag-frauenrechte/komplettansicht (https://www.zeit.de/arbeit/2019-03/erica-fischer-schriftstellerin-feminismus-weltfrauentag-frauenrechte/komplettansicht)

QuoteReflexbann #8

"Bei Macron interessiert sich keiner, wie er sich anzieht."

Mal wieder so eine absolute Unwahrheit. Nicht, dass es sinnvoll ist, darüber zu diskutieren, aber ich stell mir Macron vor, wie er beim nächsten Auftritt mit zu großem (Jogging-)Anzug vor die Presse geht oder sowas ähnliches.

Und ich würde sehr viel darauf verwetten, dass in jedem Bericht, über das, was er dann sagt, dieses Outfit erwähnen würde. ...


Quotedth #8.1

Sicher ist es nicht egal, wie er gekleidet ist. Aber wenn es dem üblichen Standard genügt (ordentlicher Anzug), dann redet keiner mehr darüber. Bei Damen gibt es häufiger Artikel über deren Kleidung und es wird Bedeutung hineininterpretiert. Über Merkels verschiedene Blazer wurde ja auch immer wieder berichtet, über Macrons Krawattenfarben diskutiert keiner. Allerdings scheint mir das Interesse an solchen Berichten auch vor Allem von Frauen auszugehen.


QuoteWolf9 #8.3

Sagen wir mal 90% aller Modeschöpfungen drehen sich um Damenmode. Bei Männer passiert nicht viel, außer irgendwelche Extremkreationen die kein Mann außerhalb des Laufsteges anzieht. Frau definieren sich 100 mal mehr über Kleidung wie Männer, deswegen wird darüber dann bei prominenten Frauen auch philosophiert.


Quote
Benutzer_1 #8.4

https://www.brigitte.de/aktuell/buzz/augenweide--justin-trudeau-zeigt-seinen-hintern--10904022.html

https://www.20min.ch/ausland/news/story/Dieser-Po-gehoert-tatsaechlich-einem-Politiker-21593874?httpredirect


QuoteThoDanII #8.5

... Männer definieren sich anders über Kleidung, Jack Wolfskin sieht man eher in der Wildnis der Stadt als im Wald.


QuoteGinger_Collins #8.7

Die gepflegte Erscheinung eines Herrn Maas ist bei mir immer Thema.


QuoteNick Kopernikus #8.12

Alle Artikel geschrieben von Frauen. Mehr braucht man dazu glaube ich gar nicht zu sagen.


QuoteReflexbann #8.13

Sexismus pur ... man stelle sich vor, so würde über Merkel geschrieben werden...


QuoteUlrike Metz #20

"Mir und den Feministinnen, mit denen ich gesprochen habe, geht es darum, zusammen mit Männern, die dazu bereit sind, eine gerechtere und lebenswertere Welt zu schaffen."

Musste ja mal gesagt werden. Feministinnen sind mitnichten die männerhassenden Monster, als die sie in Kommentaren häufig dargestellt werden.


Quotegwrere #37

Zunächst müsste einmal mit der Täuschung aufgehört werden, beim Feminismus der heutigen Zeit in Deutschland ginge es hauptsächlich um "Gleichberechtigung" oder "Frauenrechte". Das ist schlichtweg falsch. Es geht in erster Linie um politische Macht und Veränderung (also letztendlich immer auch um die grundsätzliche "Systemfrage", Sozialismus/Kommunismus vs. Kapitalismus/Demokratie inklusive aller möglichen Abstufungen). Es ist ja kein Zufall, dass die "Frauenbewegung" und der "Feminismus" sich im wesentlichen aus dem links-liberalen politischen Spektrum heraus entwickelt haben. Interessanter Weise sind es aber in den totalitären kommunistischen und sozialistischen Diktaturen immer Männer(-Cliquen), die die Menschen unterdrücken (siehe Kuba, Venezuela, Russland, China, Nordkorea, DDR etc.). Das heißt doch im Umkehrschluss, wenn die Damen ihren Beitrag zur "Revolution" geleistet haben, sollen sie gefälligst wieder ins zweite Glied treten. Es hat auch noch keiner das Problem gelöst, wie denn in einer Welt, in der Frauen und Männer beide "gleichberechtigt Karriere machen" mental gesunde Familien und Kinder gewährleistet werden. Soweit ich das ersehen kann, entstanden immer dann Probleme, wenn Kinder zu wenig Liebe bekommen (vgl. totalitäre Staaten oder z.B. Internats-Kinder wie Donald Trump). Wir müssten einmal darüber diskutieren, wie eine "gute" Kindheit/Erziehung gewährleistet wird und gleichzeitig die Frauen sich beruflich entwickeln können.


QuoteHerr Jemand #42

Das Wichtigste in allen Beziehungen ist, dass man sich wechselseitig respektvoll, gleichberechtigt und gleichwertig also würdig behandelt.

Dass dies für viele Menschen ein Problem darstellt, sieht man am Umgang im öffentlichen Raum, an den Scheidungsraten, an der groben Sprache, am Benehmen etc. Auch in den Medien, den Rollenvorbildern. Traurig.

Ich finde es geht vorwärts und rückwärts in allen Bereichen.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 12, 2019, 11:15:51 AM
Quote[...] Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Teilnehmerinnen eines großen Marsches zum Internationalen Frauentag in Istanbul mangelnden Respekt gegenüber dem Islam vorgeworfen. Die Demonstrantinnen hätten den Ruf zum Gebet nicht respektiert, sagte er während einer Wahlkampfveranstaltung im südosttürkischen Hakkari am Montag. Außerdem sagte er: ,,Ihnen ging es darum, das Land vor den Wahlen aufzumischen." Ende März stehen Kommunalwahlen an.

Erdogans Äußerungen waren möglicherweise eine Reaktion auf viel kritisierte Vorkommnisse vom Freitagabend, als die Istanbuler Polizei die große friedliche Demonstration für Frauenrechte nahe dem Taksim-Platz mit Barrieren stoppte und mit Tränengas auseinandertrieb. Der Polizeieinsatz kam unerwartet. In den vergangenen Jahren hatten die Behörden den Marsch selbst während des Ausnahmezustands nach dem Putschversuch von 2016 erlaubt. ... Er [Recep Tayyip Erdogan] erwarte vom Volk, den ,,Unverschämten, die im Herzen Istanbuls Feindseligkeiten gegenüber dem Gebetsruf, der Fahne und der Moral,, demonstriert haben, Einhalt zu gebieten", sagte Erdogan.

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Aus: "Recep Tayyip Erdogan: Frauentagsmarsch ,,unverschämt"" (11.03.2019)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/anti-frauentag-11840287.html (https://www.fr.de/meinung/anti-frauentag-11840287.html)

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Quote[....] "Schwarzer Humor" ... Rape Day [eine Visual Novel, bei der es darum geht, Frauen zu ermorden und zu vergewaltigen] wurde vielfach diskutiert. Der Entwickler selbst will das Spiel für Soziopathen und sich selbst entwickelt haben. Er kündigte bereits vor der Kontroverse an, dass er das Game auf seiner eigenen Website veröffentlichen wird, sollte es das Vergewaltigungsspiel nicht auf Steam schaffen. Zuvor begründete er, dass es sich bei Rape Day um "schwarzen Humor" handle und er nicht ganz einsehe, wieso Mord und Totschlag in Games zu sehen seien, nicht aber sexuelle Gewalt. ...


Aus: "Valve entfernt Vergewaltigungsspiel von Steam – mit kryptischer Begründung" (7. März 2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000099098920/Valve-entfernt-Vergewaltigungsspiel-von-Steam-mit-kryptischer-Begruendung (https://derstandard.at/2000099098920/Valve-entfernt-Vergewaltigungsspiel-von-Steam-mit-kryptischer-Begruendung)

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Quote[...] Der erste Film aus dem Marvel Cinematic Universe, in dessen Fokus eine weibliche Protagonistin steht: Dieser Umstand scheint auszureichen, um so manchen angeblichen Fan dieses Genres aus der Fassung zu bringen. ...  So mancher sexistische Troll wähnte Vorurteile von Larson gegenüber "weißen Männern", es folgte eine quer durch das Internet laufende Kampagne gegen den Film.  ... Interessant ist die Hasskampagne aber noch aus anderen Gründen, haben doch diverse betroffene Plattformen dieses Mal dagegen durchgegriffen. So hat sich etwa Youtube vor einigen Tagen dazu entschlossen, die Suche nach "Brie Larson" als eine mit Nachrichtenwert einzustufen. Dadurch wurden hier Videos aus renommierten News-Quellen bevorzugt, und die zahlreichen viralen Hassvideos abgewertet, wie The Verge berichtet. ...


Quote

CrazyBird

Ego

....was für ein kleines Ego muss man eigentlich haben, dass es manchen Männern Befriedigung verhschafft, einen Superheldenfilm nur deshalb zu "haten", nur weil eine Frau drin vorkommt?


Quote

Meiner Meinung nach - manche menschen brauchen ganz dringend ein echtes leben.


Aus: "Captain Marvel: Sexistische Troll-Kampagne läuft ins Leere" (11. März 2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000099330497/Captain-Marvel-Sexistische-Troll-Kampagne-laeuft-ins-Leere (https://derstandard.at/2000099330497/Captain-Marvel-Sexistische-Troll-Kampagne-laeuft-ins-Leere)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 12, 2019, 11:23:00 AM
Quote[...] Auch in Europa und den USA wird das Frauenwahlrecht von Rechtsextremen und Antifeministen für eine Vielzahl von gesellschaftlichen Missständen verantwortlich gemacht und sogar seine Sinnhaftigkeit in Frage gestellt. So meinte Martin Sellner, Führungskader der rechtsextremen Gruppe der "Identitären", 2016 in einem Vlog "Frauen – was ist los mit euch?", dass "das Wahlverhalten zeigt, dass die Frauen so wählen, dass die Frauen einwanderungsfreundliche Parteien wählen, dass die Frauen linksliberale Kandidaten wählen, dass die Frauen auch in Umfragen die Position vertreten, die dazu führt, dass Europa multikultureller, islamischer und letztlich auch frauenfeindlicher wird." Frauen würden folglich durch ihr Wahlverhalten und ihren Altruismus den "Großen Austausch" der vermeintlich autochthonen Bevölkerung ermöglichen, da dadurch Parteien an der Macht seien, die eine flüchtlingsfreundliche Politik betrieben. Hinter diesem Gedankengang verbirgt sich folglich die Unterstellung, dass Frauen selbst schuld seien an einer potentiellen Beschneidung ihrer Rechte sowie der (einzig auf vermeintlich migrantische Männer projizierte) Bedrohung (sexualisierter) Gewalt, da sie sich diese Männer ins Land geholt hätten.

Mit dieser Vorstellung ist Sellner in rechtsextremen Kreisen nicht allein. Einzelne in diesem Spektrum zu verortende Männer und auch Gruppierungen gingen in den letzten Jahren sogar so weit, die Abschaffung des Frauenwahlrechts zu fordern. So veröffentlichte Akif Pirinçci, ein deutsch-türkischer Autor, auf seinem Blog ein "Plädoyer für die Abschaffung des Frauenwahlrechts". In diesem führt er aus, dass "alles Unglück unserer Zeit seinen Ursprung in der Einführung des Frauenwahlrechts" habe. Frauen seien "schon längst ihrer archaischen Natur, ihrem biologischen Prinzip verlustig gegangen". Früher sei zudem alles besser gewesen, da Frauen wie Männer gewählt und es zudem keine Frauenpolitik gegeben hätte. Abschließend resümiert er in ähnlich rassistischer Manier wie Sellner, wenn auch weniger unverhohlen: "Der grandiose Witz ist nur, daß gerade die Wahlpräferenzen der Frau dafür sorgen werden, sie wieder politisch unmündig zu machen. [...] Sie wird zielsicher jene feminine Politik favorisieren, die massenhaft sie in spe dominierenden Männer unkontrolliert in ihr Land hineinläßt, ignorierend, daß dessen Substanz und Wohlstand von Männern aufgebaut wurde, die einhergehend mit ihren Aufbauleistungen die Dominanz über die weibliche Natur leichtfertig aus der Hand gaben. Dann wird sich das Problem von allein erledigt haben. Warten wir es ab." Pirinçci ist unter anderem durch homofeindliche Büchern wie die "Die große Verschwulung" bekannt geworden, schreibt regelmäßig in rechtsextremen Zeitschriften, hält bei Großdemonstrationen von Pegida Reden und wurde auch schon mehrfach wegen Verhetzung verurteilt.

Dass auch Pirinçci mit seiner Position nicht alleine ist, lässt sich einerseits daran festmachen, dass sein Beitrag auf zahlreichen weiteren Blogs im Internet verlinkt wurde. Andererseits beklagt auch "wikimannia", eine Wiki-Seite aus dem Spektrum frauenfeindlicher und antifeministischer Männerrechtler, dass "[d]er Frage, ob Frauenrecht überhaupt etwas positives bewirkt hat, [...] nicht nachgegangen" werde. Auch dann nicht, so die antifeministische Conclusio der Seite, "nachdem ein männer-feindlicher Feminismus als Staatsfeminismus institutionalisiert wurde und in Deutschland seit 2013 nur noch männer-feindliche Parteien mit demokratie-feindlichen Frauenquoten im Bundestag vertreten sind." Ähnliche Haltungen und Forderungen werden darüber hinaus in der Anonymität des Internets auch zu Hauf auf Social-Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook verbreitet. 2016 forderte zudem der AfD-Oberbürgermeister-Kandidat aus Darmstadt, Hans Mohrmann, in einem, angeblich sarkastischen, Post die Abschaffung des Frauenwahlrechts. Vor wenigen Wochen wurde außerdem bekannt, dass in einer privaten Chatgruppe "JA Hessen Intern" Mitglieder der Jugend Alternative (JA), der Parteijugend der AfD, zutiefst menschenverachtende Äußerungen tätigten und beispielsweise die Wiedereinführung der Todesstrafe für Politikerinnen und Politiker forderten, "die ihr Volk verraten". Der inzwischen aus dem hessischen Landesvorstand zurückgetretene Elliott Murray soll außerdem verlangt haben, Frauen das Wahlrecht zu entziehen: "Frauenwahlrecht abschaffen und die links-grünen haben Probleme." Für ihn hätten Frauen "eh nichts im Beruf verloren".

Unterstützung erfahren die erwähnten Gegner des Frauenwahlrechts zeitweise sogar durch Frauen. So gab beispielsweise die Vorsitzende der Central Mississippi Tea Party, Janis Lane, 2012 zum Besten, "dass die USA ohne Wahlrecht für Frauen besser dastünde". Auch die "Philosophin" aus dem Umfeld der "Identitären", Caroline Sommerfeld, kommt in einem Artikel für die rechtsextreme Zeitschrift "Sezession" zum Schluss: "Wie man es dreht und wendet, die ultimative Lösung ist folglich die Aufhebung des Frauenwahlrechts." Sie beruft sich dabei auf an den frauenverachtenden Maskulisten und Pickup-Artist, Roosh V, der unter anderem Vergewaltigung auf Privatgelände legalisieren möchte und meinte Frauen nützten "ihre Stimme grundsätzlich zu Selbstzerstörung und Nationalmasochismus, dazu, Invasoren breitbeinig zu empfangen, ihre eigenen Männer zu verfolgen und ihr Land mit allen möglichen Spielarten von Sozialismus zu korrumpieren." Würde das Frauenwahlrecht abgeschafft, wäre jede linke Partei innerhalb einer Wahlperiode "am Boden", nach zwei könnte wieder an Männer und ihre "natürlichen Interessen für Patriarchat, Leistung und Familie" appelliert werden und mit fünf Wahlgängen wäre dann laut Roosh V die Welt wieder in Männerordnung. Hinter diesen misogynen Fantasien verbergen sich vor allem männliche Ängste vor Macht- und Privilegienverlust, die mit der zunehmenden Infragestellung und Auflösung patriarchaler Ordnungen verbunden sind, sowie auch das von selbigen imaginierte Schreckensszenario, dass sich die Frauen zusammentun könnten und weil sie einen größeren Teil der Bevölkerung ausmachen, mächtiger werden könnten, als die Männer. Was zeigt, dass auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts noch immer dieselben Mechanismen wirken und teils auch dieselben Argumentationen verwendet werden.

Die skizzierten Positionen sind zwar von gesellschaftlicher Hegemonie weit entfernt, jedoch haben derartige Stimmen in den letzten Jahren durchwegs mehr Gehör bekommen. Gerade das zunehmende Erstarken rechtsextremer Parteien in ganz Europa und der diese Wahlsiege begleitende gesellschaftliche, antifeministische Backlash verdeutlichen die Gefahr für erkämpfte feministische Errungenschaften, dass selbige wieder rückgängig gemacht werden könnten. Gerade das Beispiel Österreich gibt Aufschluss darüber, was in Bezug auf Frauenpolitik passiert, wenn eine rechtskonservative Regierung an die Macht kommt: Streichung von Förderungen von frauenpolitischen Organisationen und Projekten sowie Festschreibung der Geschlechterdifferenz im Regierungsprogramm. Umso notwendiger scheint es, die Gefährlichkeit von Forderungen wie jener nach der Abschaffung des Frauenwahlrechts in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen zum Thema zu machen. Dem kam beispielsweise die Burschenschaft Hysteria¹ nach, die Mitte Oktober 2017, kurz vor den Nationalratswahlen, vor der Universität Wien eine Aktion organisierte, bei der die Abschaffung des Männerwahlrechts gefordert wurde. In einem verteilten Folder mit dem Titel "Mein Mann bleibt daham", wird auf einfach verständliche Weise und mit Bildern erklärt, warum Männer besser nicht wählen sollten. Dazu zählt unter anderem die (maternalistische) Sorge um das Aussehen der Männer, da es diesen nicht gut bekäme, wenn sie sich mit den überfordernden Fragen der Politik auseinandersetzen würden. "Als Jüngling ein kesser Spatz", heißt es folglich auf dem Folder, "[d]urch Politik: ein schircher Ratz!" 87 Prozent der Männer würden "Wahlentscheidungen" fällen, "die für sie selbst gefährlich" seien, was wiederum zeigt, dass der Platz des Mannes in der Gesellschaft im Privaten liegt. Ein "Nein zum Männerwahlrecht" würde zudem auch ein "Ja zum Männerschutz" bedeuten. Appelliert wird dabei an "Frauen – Schwestern – Töchter! Bewahrt eure Männer vor der Politik", jedoch wurde die Aktion vor der Wiener Universität auch von Männern unterstützt, die am Rande Schilder hochhielten, auf denen zu lesen war: "Ich wähle nicht!". Durch die beschriebene Aktion werden die über das Wahlrecht verhandelten sexistischen Stereotypen und Vorstellungen, wie jene, dass Frauen in Politik hässlich werden würden, aufgrund mangelnder Intelligenz nicht kompetent genug seien, sich besser um die Familie kümmern sollten oder nicht wüssten, ihnen guttäte, von der B! Hysteria zugespitzt ins Gegenteil verkehrt beziehungsweise auf Männer angewendet. Durch diese Zuspitzung wird einerseits Empörung hervorgerufen, durch die Umdeutung andererseits aber auch die Drastik der dieser zugrundeliegenden Denkmuster deutlich – Effekte, die durch skandalisierende Berichterstattung vermutlich nicht in gleicher Weise vermittelt werden könnten. Dadurch erzielt die B! Hysteria nicht nur Aufmerksamkeit für die Thematik, ihr gelingt auch eine radikale Kritik sexistischer und antifeministischer Denkformen, die auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts bitter nötig ist. (Judith Goetz, 8.3.2019)

Judith Goetz ist Literatur- und Politikwissenschafterin, Mitglied der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit sowie des Forschungsnetzwerks Frauen und Rechtsextremismus.

¹ Die Burschenschaft Hysteria wurde nach Eigenangaben 1810, also bereits vor der Urburschenschaft, von Kaiserin Leopoldine von Österreich gegründet, ist jedoch vor allem seit 2016 (wieder) aktiv. Wie andere Burschenschaften tragen ihre Mitglieder Wichs in den Couleurfarben schwarz-weiß-rot. Die Verbindung unterscheidet sich jedoch von anderen Burschenschaften dadurch, dass sie keine Männer aufnimmt und für weltweiten Feminismus und Matriarchat eintritt. Zu den bekanntesten Forderungen zählen "Männerschutz", "eine Frauen- und Transgenderquote von 80 % in öffentlichen Ämtern" sowie die "Einschränkung des Männerwahlrechts".


Aus: "Darum fordern Rechtsextreme die Abschaffung des Frauenwahlrechts" (Blog FIPU8, März 2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000097655139/Darum-fordern-Rechtsextreme-die-Abschaffung-des-Frauenwahlrechts (https://derstandard.at/2000097655139/Darum-fordern-Rechtsextreme-die-Abschaffung-des-Frauenwahlrechts)

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LunaLandung

Warum fordern Feministinnen das der Mond sie befruchtet und andere Schauermärchen!


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Wienbär

Sie sollten prüfen, was in Ihren Medikamenten enthalten ist.


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Corello

Wenn "Rechtsextreme und Antifeministen " immer in einen Topf geworfen werden, braucht frau sich nicht wundern, dass der Feminismus immer stärkere Ablehnung erfährt.


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Andreas Bogeschdorfer1

Weil Rechtsextreme so überzeugend sind, daß man sich mit ihnen solidraisieren muss, oder welche Scheinlogik wollen sie uns vermitteln?


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RobertR

Besser nimmt man uns Männern das Wahlrecht, wir sind ja bekanntermaßen toxisch.


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Andreas Bogeschdorfer1

Behauptet wer? Der Feminismus jedenfalls nicht, der sieht die Toxizität in den Strukturen und wer sie dort nicht sieht, hat ein Wahrnehmungsproblem.


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Capivara

Muss der Standard jeden Unsinn berichten, der irgendwoauf der Welt geäußert wird? Tägliche Provokationen nach Art der Rechtsextremisten als Clickbaits?


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Glen Farclas

Aufklärung kann nie Unsinn sein.
Sie müssens ja nicht lesen.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 12, 2019, 12:16:00 PM
Quote[...] Interview Klaus Theweleit über das Ausleben von Ängsten, die Wurzeln von Gewalt und die Befreiung der Geschlechter

Ströme sind für Frauen weniger ein Problem?

Klaus Theweleit: Dazu kann ich weniger sagen. Ich bekomme mit, was im männlichen Körper passiert. Hier lösen Ströme, wenn es sich um einen fragmentierten Körper handelt, Ängste aus. Im Extremfall Todesängste. Alles, was von außen eindringt, droht ihn aufzulösen. Die Summe von Abwehrmaßnahmen, die daraus entstehen, richten sich dann vornehmlich gegen alles ,,Fremde" und gegen alles ,,Weibliche".

Wieso gegen das Weibliche?

Klaus Theweleit: Frauen lösen die Struktur des Körperpanzers prinzipiell auf. Sie sind in seiner Auffassung der Sumpf, der ihn auflöst. Das ist in frappierender Deutlichkeit auch bei den Tätern der jüngsten Attentate zu sehen. Einer der amerikanischen Killer schreibt an einen Kollegen: ,,Alle Frauen müssen weg sein"; er entwirft die Idee eines ,,KZ" für Frauen.

Müssen sie weg sein - oder ihm gehorsam?

Klaus Theweleit: Ja, das auch. Der Fragmentkörper braucht aber Hierarchien, es stabilisiert enorm, jemanden unter sich zu wissen. Es herrscht ein ganz konkretes Verlangen, zu bestimmen, wie der weibliche Körper sich zu verhalten hat. Mit klaren Regeln. Der Ayatollah Khomeini schreibt nach der iranischen Revolution sogleich ein Buch mit zahlreichen islamisch begründeten Anweisungen allein für menstruierende Frauen.

Und verschleiern müssen sich Frauen auch aufgrund dieser Angst?

Klaus Theweleit: Der eigene Panzer bröckelt schon, wenn er eine nackte Frauenwade sieht. Mann macht hundert religiöse Regeln, um das zu verhindern. Und hasst diejenigen, die daraus ausbrechen. Aber der Hintergrund ist nicht irgendein ,,Satz des Propheten", sondern fast immer Angst, die im eigenen Körper tobt. ... Die Ethnologin Margaret Mead hat beschrieben, wie Leute mit dem fehlenden Gefühl sicherer Körpergrenzen die eigene Außengrenze mit den Landesgrenzen gleichsetzen. Ein in Bayern illegal einströmender Flüchtender bewegt sich also direkt ins Körperinnere eines Bewohners von Mecklenburg-Vorpommern – der ,,um seine Bestände fürchtet". Die ,,Ströme" sind schrecklich; sie machen nicht halt an der eigenen Haut. Sie strömen überall. Trump braucht seinen Zaun notwendig. Sonst verliert er die Mehrzahl seiner Wähler. So ist es auch bei Horst Seehofer.

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Breivik sah sich aber nicht als Einzeltäter, sondern als einer der Kreuzritter, die das Christentum gegen den Islam verteidigen müssen. Wozu diese Legitimation?

Klaus Theweleit: Das ist der Kern des Killens in Gruppen: es gibt immer jemanden, der die Schuld abnimmt, ob das der Kommandeur ist oder Hitler. Oder die Knight Templars.

Georg Seeßlen hat Breivik als Dschihadisten bezeichnet. Aber wo ist die Autorität, die dem IS ihre Tat erlaubt?

Klaus Theweleit: Der Kampf für die eigene Rasse oder Religion erlaubt Alles. Allah erlaubt Alles. Erfordert Alles. Es ist leicht, das zu schreien: Allahu Akbar.

Wozu braucht man Allah, wieso sagt man nicht einfach: Ich mache das jetzt, weil ich das richtig finde?

Klaus Theweleit:  Das würde eine ganz andere Form von Ich-Stärke erfordern: ,,ich nehme das alles auf mich." Diese Stärke würde das Morden gar nicht nötig machen.

Gibt es solche Ichs?

Klaus Theweleit: Manche Mischformen retten sich und werden politische Führer. Donald Trump etwa ist nicht einfach ein Fragmenttyp, der ist eine merkwürdige Mixtur. Wenn der sich hinstellt und sagt: es gab noch nie einen besseren Präsidenten als mich - dann glaubt der das! Und spricht jedes Wort durch das ,,Megaphon America". Great again! Das hilft den Fragmentierten, Angstbesetzten. Sie sind immer auf der Suche nach Zugehörigkeit zu größeren, mächtigeren Körpern. Im Fall der Freikorps war es übrigens die SPD-Regierung, die das Töten erlaubte. Noskes Satz: ,,Einer muss der Bluthund sein" war eine Tötungserlaubnis gegenüber den Aufständischen - und die Zusicherung, straflos zu bleiben.

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Und was tut man nun gegen den toxischen Umgang mit fragmentierten Männerkörpern?

Klaus Theweleit: Männern würde es gut tun, zu kapieren, woraus die männliche Rede schon ewig lange bestanden hat: im Verfassen von Gesetzen und Regeln insbesondere für Frauen. Das erste, was passieren muss, damit sich etwas ändert, ist: Männer sollten aufhören, über Frauen zu reden! Ganz egal, in welcher Weise. Auch nicht lobpreisend. Sie sollen die Klappe halten! Und hinhören.

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Ist eine Resozialisierung von Gauland möglich?

Klaus Theweleit: Bei diesem Vogel würde ich eher sagen, das ist vorbei. Wer zig Millionen Ermordete, die Juden und die Weltkriegstoten, als ein Häufchen Kacke abtut, mit dem erübrigt sich jede weitere Rede.

... Gibt es linke Sprechverbote?

Klaus Theweleit: In manchen Antifa-Gruppen sicher, und nicht nur da. Man braucht sich nur den Hickhack um das * oder den Unterstrich anzuschauen. Manche agieren da hyper-recht-haberisch. Und das kommt dem ,,rechts"-Sein nahe. Oder, wenn man das Wort ,,rechts" da nicht benutzen will, kann man auch sagen: Es gibt da unterdrückerische Tendenzen.

Was wäre das Gegenteil?

Klaus Theweleit: Erlaubend sein. Erlauben fängt an mit Zuhören. Und den andern machen lassen, zumindest zum Ausdruck kommen lassen. Die Antifa hört nicht unbedingt zu.

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Wir überlegen, das Interview zum Frauenkampftag zu veröffentlichen. Aber Sie reden ja nur über Männer!

Klaus Theweleit: Das passt doch! Es gibt keine Emanzipation der Geschlechter ohne die der Männer.


Aus: ",,Der Panzer des Mannes ist brüchig"" Elsa Koester, Mladen Gladić  (Ausgabe 10/2019)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-panzer-des-mannes-ist-bruechig (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-panzer-des-mannes-ist-bruechig)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 13, 2019, 03:53:20 PM
"Der neue Kampf gegen die Gender Studies" Jennifer Evans (2019) [Jennifer Evans is Professor of European History at Carleton University (Ottawa) where she teaches courses in the history of sexuality, photography, and social media memory formation. She is interested in the history of gender, populism and authoritarianism and currently co-curates the New Fascism Syllabus.]
Den Gender Studies wird vorgeworfen, die ,,natürliche" Ordnung der Geschlechter, der Familien und des Sex zu untergraben. Weltweit sind sie heftigen Angriffen von rechtsgerichteten Populisten und den Verächtern einer liberalen Gesellschaft ausgesetzt. Auf dem Spiel steht dabei weit mehr als nur eine akademische Frage. ... Der neue Krieg gegen die Gender Studies richtet sich nicht nur gegen Univer­si­täten und Forschungs­ein­rich­tungen in noch jungen Demo­kra­tien. Er ist viel allge­meiner und globaler. Er ist Teil eines neuen Kultur­kampfs, der auf alle Bereiche zielt, in denen die kriti­sche Forschung im Bereich Gender und Sexua­lität die Sicht­bar­keit von verwund­baren Gruppen der Bevöl­ke­rung verbes­sert und zu wich­tigen recht­li­chen Schutz­maß­nahmen und Errun­gen­schaften geführt hat. Der neue Kultur­kampf ist flexibel genug, um sowohl die Gebil­deten als auch die Abge­hängten und Preka­ri­sierten anzu­spre­chen. Er verei­nigt den Popu­listen mit dem konser­va­tiven Rechten. Sein zur Natur verklärter Blick auf Geschlech­ter­un­ter­schiede beru­higt den Tradi­tio­na­listen und spricht gleich­zeitig dieje­nigen an, die einfach finden, dass einzelne Bereiche der akade­mi­schen Forschung und Exper­tise ,,zu weit gegangen" seien. ...
https://geschichtedergegenwart.ch/der-neue-kampf-gegen-die-gender-studies/

Title: Re: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 15, 2019, 06:52:34 PM
Slavoj Žižek on Synthetic Sex and "Being Yourself" (07.06.2015)
https://youtu.be/7xYO-VMZUGo

"Slavoj Žižek on Why You're Never Really Alone With Your Sexual Partner" (23.03.2015)
Slavoj Žižek draws from examples in literature, film, and advertising to explain a phenomenon in which no sexual liaison is complete without a third element -- an intruder, something like a fantasy. He also dishes out on topics including feminist crime fiction, 20-year-old British beer commercials, and the Taco Bell Quesarito.
https://youtu.be/cE6_6DFNsVk

Slavoj Žižek - Sex and the Failed Absolute (Nov. 2018)
We will tackle straight on the old metaphysical topic: is it possible for us, finite and mortal humans, to achieve some kind of contact with the Absolute? After a brief overview of the traditional and modern answers (ecstatic religious union with the Absolute, immersion into the primordial Void, identification with the destructiveness of nature, intellectual intuition, transcendental-historical reflection, etc.), we will propose the Lacanian answer: sexuality is our primordial brush with the Absolute – sexuality as our basic experience of failure, of impossibility. This becomes palpably clear in our historical moment when this status of sexuality is under threat. In deploying this thesis, we will pass through many particular topic: Beckett's art of abstraction; neurotheology; sexbots; fake news; quantum physics; posthumanity.
https://youtu.be/vB-A_tYwUZI


"Slavoj Žižek, Mladen Dolar, and Alenka Zupančič: The Politics of Sexual Difference" (Deutsches Haus, 06.12.2017 veröffentlicht)
The German Department and Deutsches Haus at NYU present "The Politics of Sexual Difference" with Slavoj Žižek, Mladen Dolar, and Alenka Zupančič as part of NYU Skirball's ongoing series SKIRBALL TALKS. This public event consists of three half-hour talks, and is presented on the occasion of two new publications: Incontinence of the Void by Slavoj Žižek, and What IS Sex? by Alenka Zupančič. Monday, November 13th, at 6:30PM in Skirball Center for Performing Arts, 60 Washington Square South Slavoj Žižek is a senior researcher at the Institute for Sociology and Philosophy at the University of Ljubljana, Global Distinguished Professor of German at New York University, and international director of the Birkbeck Institute for the Humanities of the University of London. Mladen Dolar taught for 20 years in the Department of Philosophy at the University of Ljubljana, Slovenia, where he now works as a Senior Research Fellow. He is the author of a number of books, most recently (with Slavoj Žižek) Opera's Second Death and Voice and Nothing More. Alenka Zupančič, a Slovenian psychoanalytic theorist and philosopher, teaches at the European Graduate School, and is a researcher at the Institute of Philosophy at the Slovenian Academy of Sciences and the Arts. She is the author of The Shortest Shadow: Nietzsche's Philosophy of the Two and The Odd One In: On Comedy, both in the Short Circuits series, published by the MIT Press. "The Politics of Sexual Difference" ft. Slavoj Žižek, Mladen Dolar & Aleka Zupančič is a DAAD-sponsored event.
https://youtu.be/4R7SCY5zVLg

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Quote[...] Der Kampf gegen echten (und angeblichen) Sexismus geht schon lange ans Eingemachte. So fordern Feministinnen mittlerweile, dass wir aufhören sollten, die weibliche Brust zu fetischisieren. Ausgerechnet sie! Stattdessen solle man die Brust als einen normalen Teil des weiblichen Körpers ansehen. Für diesen Kampf der befreiten Nippel nehmen Frauen in grösseren Städten sogar barbusig an Protestmärschen teil. Das Ziel ist hier ganz offensichtlich die Ent-Erotisierung, ja die Re-Normalisierung des weiblichen Körpers.

Wenn wir diese Denklogik weitertreiben, kommen wir zu einer neuen Forderung: Das sexuelle Objekt soll an sich entmystifiziert werden. Das kann man etwa an den Büchern von Laura Dodsworth beobachten: Nachdem die Fotografin zwei Werke mit Porträts von Penissen und Brüsten publiziert hatte, fotografierte sie nun in ihrem neuen Buch 100 Vulvas. «Mit der Vulva wird häufig nur die sexuelle Aktivität verbunden», sagt Dodsworth, «dabei haben wir über so viele Bereiche geredet, die eher ‹unsexy› sind: Monatszyklen, Menopause, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, Abtreibungen, Schwangerschaft, Geburt, Krebs.»

Bald wird «Vagina: A Re-education» erscheinen, ein Buch der britischen Autorin Lynn Enrights. Liv Strömquists Bestseller «Fruit of Knowledge» (Untertitel: «Vulva vs. Patriarchy and with stabs at Freud») beschäftigt sich mit der Vulva und der Menstruation. Es gibt ein britisches Musical mit dem Namen «Vulvarine». Live-Events, in denen der Körper positiv zurückerobert wird, erfreuen sich grosser Beliebtheit: von «Body-Positivity»-Kursen im Aktzeichnen bis hin zu «Muschi-Erkundungs-Workshops».

Ist dies wirklich ein Fortschritt? Wenn ja, dann sollten wir diesen Gedanken konsequent zu Ende führen und auch Exkremente entmystifizieren und entfetischisieren. Einige von uns erinnern sich sicher noch an die Szene aus Buñuels «Le fantôme de la liberté», in der die Funktionen von Essen und Ausscheiden vertauscht werden: Menschen sitzen um einen Tisch herum auf ihren Toiletten, unterhalten sich nett, und wenn sie etwas essen wollen, fragen sie ganz leise und verschämt die Haushälterin: «Wo ist denn das Esszimmer?»

Das Argument, das hinter diesem Phänomen steckt, ist klar: Die männliche Fetischisierung der Vagina als das ultimativ mysteriöse Objekt der (männlichen) Begierde muss überwunden werden. Anstelle dessen soll die Vulva für Frauen zurückerobert werden, in all jener Komplexität, die frei ist von sexistischen Mythen.

Was ist falsch daran? Gehen wir zurück zu Buñuel: Es gibt eine ganze Reihe von Filmen, in denen dasselbe Motiv behandelt wird, in Buñuels eigenen Worten: «die unerklärbare Unmöglichkeit, ein einfaches Bedürfnis zu befriedigen». In «L'Age d'or» will etwa ein Pärchen Sex haben, was aber immer wieder durch unsinnige Unfälle verhindert wird; in «Ensayo de un crimen» will der Held einen Mord begehen, aber alle Versuche scheitern; in «El ángel exterminador» schafft es eine Gruppe junger reicher Menschen nach einer Party nicht, die Türschwelle zu übertreten, um das Haus zu verlassen; in «Cet obscur objet du désir» wird schliesslich das paradoxe Verhalten einer Frau gezeigt, die durch unterschiedliche Tricks immer wieder das freudige Wiedersehen mit ihrer alten Liebe verschiebt.

Was ist all diesen Filmen gemein? Es ist unmöglich, eine einfache Alltagshandlung auszuführen, wenn die Handlung den unmöglichen Ort des (erhabenen) «Dings» besetzt und also anfängt, das sublime Objekt der Begierde zu verkörpern. Sobald das Objekt jedoch den verbotenen, leeren Raum des Anderen einnimmt, entsteht ein ganzer Haufen von unüberwindlichen Hürden. Das Ding bleibt unerreichbar.

Hier sollten wir uns Jaques Lacans Definition der Sublimierung ins Gedächtnis rufen: Es wird «ein Objekt zur Würde des Dings erhoben». Eine gewöhnliche Sache oder Handlung erscheint in einer Art Kurzschluss plötzlich als Erscheinung des unmöglichen realen Dings. Deswegen reicht – umgekehrt – im intensiven erotischen Spiel ein falsches Wort, eine falsche Geste aus, um eine gewaltvolle Ent-Sublimierung auszulösen. Wir fallen von einem Moment auf den anderen aus der erotischen Spannung ins vulgäre Kopulieren.

Man stelle sich vor, dass man, von der erotischen Leidenschaft getrieben, einen genauen Blick auf die Vagina der geliebten Frau wirft, zitternd, weil das Vergnügen wie erwartet gleich eintrifft. Aber dann passiert etwas: Als ob man den Kontakt zu ihr verloren hätte, fällt man aus der erotischen Lust heraus, und das Fleisch vor den Augen erscheint plötzlich in seiner ganzen vulgären Realität, mit dem Geruch von Urin und Schweiss (man kann sich die gleiche Szene gendergerecht auch mit einem Penis vorstellen). Was passiert hier also?

Die Vagina hört auf, ein Objekt zu sein, «das zur Würde des Dings erhoben wurde», und wird wieder Teil der gewöhnlichen Realität. In diesem präzisen Sinne ist Sublimierung nicht das Gegenteil von Sexualisierung, sondern dasselbe.

Auch im Erotischen ist es deshalb zwischen dem Erhabenen und dem Lächerlichen nur ein kleiner Schritt. Der sexuelle und der komische Akt schliessen sich wechselseitig aus. Der sexuelle Akt steht für die intime Beschäftigung schlechthin, für eine Situation, in der das teilnehmende Subjekt niemals die Haltung des ironischen, externen Betrachters annehmen kann. Und aus diesem Grund kann der sexuelle Akt auch für diejenigen, die nicht direkt darin involviert sind, nur lächerlich erscheinen. Der komische Effekt kommt von der Diskrepanz zwischen der Intensität des Aktes und der gleichgültigen Ruhe des Alltags.

Das bringt uns zurück zu den Versuchen, die Vulva zu «entmystifizieren». Um ein altes Sprichwort zu verwenden: Jene, die dies tun, merken nicht, dass sie das Kind mit dem Bade ausschütten. Die Attacke der Feministinnen auf die Idee der Vagina als ein fetischisiertes Objekt der männlichen Begierde ist also auch eine Attacke auf die Grundstruktur der Sublimierung, ohne die es das Erotische gar nicht gäbe – was dann noch bleiben würde, wäre eine langweilige gewöhnliche Welt, in der keine erotische Spannung mehr zwischen Menschen existierte. Die «entfetischisierten» Organe würden die Feministinnen dann als das ausgeben, was sie sind: Körperorgane.

Der Moment, in dem wir die willkürliche Natur der Sublimierung erkennen (jedes einfache Objekt kann auf die Stufe des unmöglichen Dings gehoben werden), macht auch klar, dass sexuelle Sublimierung ganz einfach von der angeblich patriarchalen Mystifizierung befreit werden kann. Was wir anstelle dieser neuen Sphäre des Erotischen bekommen, ist jedoch eine Version von etwas, was Adorno und Horkheimer – die beiden Meister des Marxismus der Frankfurter Schule – «repressive Ent-Sublimierung» nannten: Das Ergebnis ist nicht eine neue Freiheit, sondern die graue Realität, in der Sex vollkommen unterdrückt wird. Ist es das, was wir wollen?

Aus dem Englischen übersetzt von Judith Basad.


Aus: "Soll denn nun auch alles Erotische entzaubert werden? In was für langweiligen Zeiten leben wir eigentlich?" Slavoj Žižek (14.3.2019)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/slavoj-zizek-feministinnen-rauben-dem-weiblichen-koerper-den-reiz-ld.1462142 (https://www.nzz.ch/feuilleton/slavoj-zizek-feministinnen-rauben-dem-weiblichen-koerper-den-reiz-ld.1462142)

QuoteClaudiaZettel @ClaudiaZettel
Hahaha. Es ist so unendlich lustig, wie irgendwelche Männer immer noch glauben, Frauen seien auf die Welt gekommen, um für sie sexy zu sein. Und wie einseitig kann man eigentlich Erotik verstehen.

2:02 nachm. · 14. März 2019


https://twitter.com/ClaudiaZettel/status/1106178695557992448
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Quoteblastjarna @blastjarna
Antwort an @ClaudiaZettel
Hab ich das jetzt richtig verstanden? Wenn man Frauen als ganz normale Menschen mit ganz normalen Körpern betrachtet und nicht als mystische Objekte, sind sie nicht mehr erotisch?

Hilfe......

3:33 nachm. · 14. März 2019


https://twitter.com/blastjarna/status/1106201682269167617
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QuoteLena Doppel-Prix @lenadoppel

Er hätt auch einfach ,,Wenn ich ficken will, dann seid's ihr immer noch der Nebenwiderspruch, Mädels" schreiben können und sich (und uns) das ganzen psycho-philosophische Bramborium sparen können. Natürlich weiß ich, worauf er hinauswill. I am just so not interested. #zizek

2:00 nachm. · 15. März 2019


https://twitter.com/lenadoppel/status/1106540584179810306

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QuoteHannah Hübner @hannah__vibe @Slavojiek

asks women to stop demystifying the #vulva as it would take #eroticism off the #female body and in turn repress #sex. Well, what about you leave talking about female bodies to us women? And dude please, how limited is your idea of sex? #misogyny #mansplaining #zizek


1:39 vorm. · 15. März 2019


https://twitter.com/hannah__vibe/status/1106354271413506049

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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 22, 2019, 02:39:38 PM
Quote[...] Rassismus kanalisiert die Abstiegsängste sowie die Ohnmachtsgefühle und hilft der Kompensierung der vorangegangenen Selbstunterwerfung. Zumindest in der Imagination kann auf diese Weise die eigene soziale Positionierung aufrechterhalten werden. Es geht dabei nicht darum, ob das tatsächlich zutrifft, sondern darum, dass der Rassismus auf diese Weise Handlungsfähigkeit vorgaukelt. Tatsächlich produziert der Rassismus nur eine scheinbare Handlungsfähigkeit, die die realen Probleme der Subjekte überhaupt nicht tangieren. Vor dem Hintergrund der Logik von Hierarchisierung und Unterordnung verspricht er aber offenbar einen hinreichenden Gewinn, wenn aktiv daran mitgewirkt werden kann, andere auf ihre hinteren Plätze zu verweisen. In der Forschung wird hier von einer "rebellierenden Selbstunterwerfung" (Nora Räthzel) oder "konformistischer Rebellion" (Erich Fromm) gesprochen.

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die gebetsmühlenartig wiederholte Forderung nach Integration, die dem Nach-unten-Treten einen vermeintlich diskutablen politischen Anstrich verleiht. Die Forderung nach Integration bezeichnet aber in den wenigsten Fällen die Forderung nach Anerkennung von demokratischen Spielregeln oder die Maxime des Rechtsstaats, denn dieselben werden von den Fordernden häufig selbst nicht akzeptiert oder durch ihr Handeln ad absurdum geführt. Zahlreiche unter jenen, die "unsere" Frauen vor den angeblich zahlreichen und ihrer "Natur" entsprechenden Übergriffen von Flüchtlingen behaupten beschützen zu müssen, sind genau diejenigen, die gegen den "Genderwahn" polemisieren. Sie fürchten um ihre männlichen Privilegien. Diese Stimmen fanden Vergewaltigung in der Ehe bisher nicht der Rede oder der Verurteilung wert. Das Geschwätz vom "Genderwahn" trägt zudem zu jenen gesellschaftlichen Verhältnissen bei, die Österreich europaweit zur führenden Nation bei der Ermordung von Frauen gemacht hat.

Die Forderung nach Integration meint eben nicht die Anerkennung demokratischer Verfahren, sondern zuallererst die kulturelle und soziale Unterordnung sowie die Aufrechterhaltung eigener Privilegien – und dieselbe dementiert damit ihre vorgeblich demokratische Intention. Wenn wir dem rassifizierenden Subjekt keine Dummheit unterstellen, sondern von einem rationalen Kalkül ausgehen, dann gibt es also gute Gründe, an die Ressentiments und Unwahrheiten zu glauben. Dies erklärt, warum es mit Aufklärung über Vorurteile oder mit Bildungsanstrengungen allein nicht getan ist. Wenn es nicht eine andere, solidarische Erzählung (im Interview habe ich von einem "Gegenmythos" gesprochen) gibt, werden die real begründbaren Ängste und Fantasien weiterhin in Pseudoängste transferiert und mittels Rassismus in Stellung gebracht. Es bedarf einer Gegenerzählung, die dem Marktradikalismus, Utilitarismus, Kosten-Nutzen-Denken, instrumenteller Vernunft, ökologischer Verantwortungslosigkeit und dem Effizienzdenken die Idee einer anderen, sozialen und solidarischen Welt gegenüberstellt und vor allem besagt: Eine andere Welt ist möglich. Es muss wieder attraktiv sein, sich für Demokratie, Solidarität, gleiche Rechte, ökologische Verantwortung und friedliches Miteinander einzusetzen.

Wie das gehen kann, zeigt uns in diesen Wochen die in den Schulen entstehende #FridaysforFuture-Bewegung. Die hier zum Ausdruck kommende Aufbruchsstimmung ist das geeignete Gegenmittel gegen identitäre Gefängnisse und völkischen Wahn. Sie ist geprägt von globalem Verantwortungsbewusstsein und das Gegenmodell der Verteidigung von Privilegien, die aus einer ungerechten Weltwirtschaftsordnung resultieren. #FridaysforFuture steht für friedliches Miteinander, Verantwortung und Gerechtigkeit. Die sich auf "unsere Identität" und "unsere Kultur" berufenden Wortmeldungen befördern Gewaltfantasien, die auf ethnische Säuberungen zielen und in letzter Konsequenz Mord und Totschlag implizieren.

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Aus: "Rassismus gegen Migranten: Man will sich erhaben fühlen" Klaus Schönberger (21.3.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000099803471/Rassismus-gegen-Migranten-Man-will-sich-erhaben-fuehlen (https://derstandard.at/2000099803471/Rassismus-gegen-Migranten-Man-will-sich-erhaben-fuehlen)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on March 31, 2019, 01:00:08 PM
Quote[...] Als die verfassungsgebende Nationalversammlung 1919 ein halbes Jahr lang in Weimar tagte, waren 37 Frauen mit von der Partie. Mit den Nachrückerinnen waren es gar 41 Frauen, eine weltweit für Aufsehen sorgende Quote, die in Deutschland erst 1983 wieder erreicht wurde. Als erste Rednerin trat Marie Juchacz an: "Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, und zwar ganz objektiv, dass es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat."

Im Zuge der deutschen Revolution von 1918 erkämpften die Frauen das aktive und passive Wahlrecht.

... Frauen, die sich dagegen wehrten, wie die laute Zwischenruferin Luise Zietz von der USPD, wurden als "Kreischziege" abgekanzelt, der die nötige "Fraulichkeit" fehlte – was immer das sein sollte. Tatsächlich beschränkte sich die Berichterstattung über die Frauen im ersten demokratisch gewählten Parlament Deutschlands häufig auf ihr Aussehen und die Mode, die sie trugen.

Ernüchtert schrieb die Feministin Lida Gustava Heymann über die "altersschwachen Greise", die bereits im "dahingeschiedenen Reichstag" bei der Politik-Simulation mitmachten und nun "so unglaublich das auch scheint, von deutschen Männern - und leider auch Frauen - wiedergewählt worden sind."

Ihre Lebensgefährtin, die bekannte Pazifistin und erste deutsche Juristin Anita Augspurg, die unter Kurt Eisner an der Ausrufung der bayerischen Republik beteiligt war, war da bereits Opfer der männlich dominierten Politik. Als Pazifisten war sie von den Männern in der USPD ausgebootet worden. Ähnliches passierte später der SPD-Linken Tony Sender, die 1924 ihren Wahlkreis Frankfurt aufgeben und in das linke Dresden wechseln musste, um ihren Parlamentsplatz behalten zu können.

Das Netzwerk der weißen alten Männer, wie es heute heißen würde, bestimmte, was die richtigen Frauenthemen waren. Die ersten Politikerinnen durften über "das Soziale" reden, über Mutterschutz, die Stellung nichtehelicher Kinder oder die Rechte verheirateter Frauen, aber nicht über Außenpolitik oder gar militärische Fragen wie später über den Bau des Panzerkreuzers A. Annie get your Gun war in Deutschland nicht angesagt.

Aber es gab Veränderungen. Über die Parteigrenzen hinweg stimmten die Frauen für Artikel 119 der Weimarer Verfassung: "Die Ehe beruht auf der Gleichberechtigung beider Geschlechter. /.../ Die Mutterschaft hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des Staates. Kinderreiche Familien haben Anspruch auf ausgleichende Fürsorge." Auch Artikel 121 verrät die weibliche Handschrift: "Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche, seelische und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen wie den ehelichen Kindern." Ein Passus, der auch hundert Jahre später nicht an Bedeutung verloren hat.

... Zur Nationalversammlung bekamen alle Frauen zusammen ein eigenes Frauenzimmer spendiert, zum Aufenthalt in den Parlamentspausen. Hier wurde Kaffee und Kuchen serviert, während sich die Herren in Wirtsstuben und Bierkellern trafen und "Hinterzimmer-Absprachen" austüfteln konnten.

Von dieser wichtigen Form der politischen Kommunikation ausgeschlossen, war es für Frauen wie die Sexualreformerin Helene Stöcker klar, dass eigene parteiübergreifende Netzwerke gebildet werden müssen. 1919 ist sie zusammen mit Anita Augspurg Mitgründerin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, später den "Bund der Kriegsdienstgegner".

Auf ihre dadaistische Weise reagiert auch die Künstlerin Hanna Höch auf den Politik-Betrieb des Jahres 1919. Sie nahm das berühmte Badehosen-Foto des noch nicht vereidigten Reichspräsidenten Friedrich Ebert und seines Reichswehrministers Gustav Noske, ergänzt es um die Vasenol-Werbung für Fußpuder gegen die Stinkstiefel und rief in dieser im Oktober 1919 zur Schau gestellten Collage zur echten Wahl einer "Deutschen Frauen-Nationalversammlung" auf. Im kleingedruckten die Forderung: "Schrankenlose Freiheit für Hanna Höch".

Die erste deutsche Demokratie existierte 14 Jahre. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Frauen aus der Politik gedrängt. Die Herrenrasse duldete keine selbstbewussten Frauen.

Viele Weimarer Politikerinnen kamen auf die Fahndungslisten und mussten fliehen, etwa Anita Auspurg und ihre Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann. Augspurg hatte gleich nach der ersten großen Rede Hitlers in München seine Ausweisung als unerwünschten Ausländer gefordert. Andere begingen Selbstmord, etwa die SPD-Politikerin Minna Bollmann. Politikerinnen wie Marie Zettler von der Bayerischen Volkspartei wurden von der Gestapo überwacht und mussten ihre meist publizistische Arbeit einstellen.

Wieder andere arrangierten sich mit den neuen Machthabern, wenngleich unter Vorbehalten, wie der Fall von Gertrud Bäumer von der Deutschen Demokratischen Partei zeigt. Sie gab weiterhin eine Frauenzeitschrift heraus, musste aber die Aufnahme nationalsozialistischer Inhalte dulden. Erinnert werden muss auch an Frauen wie die SPD-Politikerin Johanna Tesch, die sich im Widerstand gegen Hitler engagierten und im Konzentrationslager starben. (jk)


Aus: "Missing Link: Weimar 1919 - Meine Herren und Damen!" Detlef Borchers (31.03.2019)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Missing-Link-Weimar-1919-Meine-Herren-und-Damen-4356582.html?seite=all (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Missing-Link-Weimar-1919-Meine-Herren-und-Damen-4356582.html?seite=all)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on April 06, 2019, 05:01:54 PM
Quote[...] Die Parteiakademie der Liste Jetzt lädt regelmäßig unter dem Titel "Talk Europe" zum Gespräch. In der Ausgabe vom 3. April soll es um die "gefährlichen Unsicherheiten der Gegenwart und mögliche Lösungsszenarien" gehen. Kritisch soll es werden, steht auf der Seite der Veranstaltungsreihe, und "durchaus polarisierend". Auf dem Podium wird der Philosophiestar Slavoj Žižek gemeinsam mit Robert Pfaller, ebenfalls Philosoph (Kunstuniversität Linz), und dem Politiker Peter Pilz (Liste Jetzt) sitzen. "Unsere Situation ist brandgefährlich. Es gibt Unsicherheiten und Elemente des Chaos in den Bereichen Umwelt, internationale Beziehungen bzw. Politik, in Biotechnologie, in sexuellen Beziehungen – einfach überall", wird Žižek in der Veranstaltungsankündigung zitiert.

Dass gerade diese drei Personen diese Umwälzungen diskutieren sollen, hat unter vielen Feministinnen für Irritation und Kritik gesorgt. Žižek äußerte sich erst vor kurzem sorgenvoll über die feministischen Auseinandersetzungen mit dem weiblichen Körper, die derzeit gehäuft publiziert werden – eine Auseinandersetzung, die letztlich die Erotik zerstöre. Die Rückeroberung des weiblichen Körpers sei "unsexy", schrieb Žižek kürzlich in einem Text für die "NZZ", die er darin auch abwertend als "Muschi-Erkundungs-Workshops" bezeichnet. Er fragt sich außerdem, ob die Beschäftigung mit der Vulva und der Menstruation, wie sie zum Beispiel die Comiczeichnerin Liv Strömquist in "Fruit of Knowledge" vorgelegt hat, wirklich ein Fortschritt sei. "Wenn ja, dann sollten wir diesen Gedanken konsequent zu Ende führen und auch Exkremente entmystifizieren und entfetischisieren." Und Žižek schreibt weiter über die "Entzauberung des Erotischen": "Die männliche Fetischisierung der Vagina als das ultimativ mysteriöse Objekt der (männlichen) Begierde muss überwunden werden. Anstelle dessen soll die Vulva für Frauen zurückerobert werden, in all jener Komplexität, die frei ist von sexistischen Mythen." Skeptisch gibt sich auch Robert Pfaller gegenüber feministischen Bewegungen, der mit MitstreiterInnen seines Vereins "Adults for Adults" an der #MeToo-Kampagne immer wieder die Verbreitung sexualfeindlicher Stimmung und Selbstviktimisierung kritisierte. Pilz hatte im im Jahr 2017 und 2018 mit Vorwürfen wegen sexueller Belästigung zu kämpfen: Eine Mitarbeiterin des Europäischen Volkspartei warf ihm sexuelle Belästigung am Rande des Forums Alpbach 2013 vor, auch wegen angeblicher Vorfälle zum Nachteil einer Mitarbeiterin des grünen Parlamentsklubs wurde ermittelt – das Verfahren zu diesen beiden Fällen wurde im Mai 2018 eingestellt.

"Die rechtspopulistischen Umwälzungen in Europa leisten einer frauenfeindlichen und antifeministischen Politik Vorschub", heißt vonseiten des Frauenvolksbegehrens, das in wenigen Tagen eine Gegenveranstaltung organisiert hat. Gerade wegen dieser Tendenzen sei es unverständlich, dass hier drei Männer, die antifeministische Positionen vertreten würden, "unter sich" die Lage Europas diskutieren. Die am selben Abend stattfindende Gegenveranstaltung findet in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort von "Talk Europe" statt. In Anlehnung daran heißt die Gegenveranstaltung "Talk Patriarchy". Ebenso wie beim Original fokussiert "Talk Patriarchy" ganz auf die drei Personen auf dem Podium, auf dem die grüne Ex-Nationalratsabgeordnete Sigi Maurer, Lea Susemichel, leitende Redakteurin des feministischen Monatsmagazins "Anschläge", und Vanessa Spanbauer, Chefredakteurin des Magazins "Fresh. Black Austrian Lifestyle", Platz nehmen. Zudem wird es eine Lesung von Stefanie Sargnagel und einen Auftritt der Musikerin Denice Bourbon geben.

"Es ist nicht bloß die übliche Ignoranz, dass ein Panel ausschließlich mit weißen Männern besetzt wird", sagt Susemichel. "Das ist eine Provokation. Žižek sieht es tatsächlich als Entzauberung und Verlust der Erotik an, wenn sich Frauen selbst mit ihrem Körper befassen", kritisiert sie. Mit der Ausleuchtung aller möglichen Körperöffnungen von Frauen in der Mainstream-Pornografie habe man überhaupt kein Problem, "das ist der männlichen Lust offenbar in keiner Form abträglich, aber wenn Frauen es wagen, Bücher über ihre Vulva zu schreiben, dann ist die erotische Kultur in Gefahr". In einer solchen Zusammensetzung mit "ausgewiesenen Antifeministen" könne es schwerlich um "neue Ordnungen" gehen, so Susemichel. Vielmehr gehe es "um einen männlichen Abwehrkampf, um alte Ordnungen unangetastet zu lassen".

Till Hafner, Geschäftsführer der Parteiakademie der Liste Jetzt, bedauert, dass die Zusammensetzung des Podiums als Angriff auf den Feminismus aufgefasst wird. Das sei keinesfalls die Intention gewesen. "Wir wollten keinesfalls feministische Bewegungen infrage stellen", sagt Hafner, der die Gegenveranstaltung und "vor allem eine inhaltliche Debatte begrüßenswert" findet. Christian Berger und Lena Jäger vom Frauenvolksbegehren zeigen sich von Maria Stern, Parteichefin der Liste Jetzt, enttäuscht. Stern war bis zur Bekanntgabe ihrer Kandidatur bei der Nationalratswahl im Jahr 2017 Sprecherin des Frauenvolksbegehrens. "Dass es hier offenbar keinen Einspruch von ihr gegeben hat, verstehen wir nicht", heißt es vom Frauenvolksbegehren. Gerade in Zeiten von Echokammern sei es wichtig, einen offenen Diskurs zu wagen, sagt Stern auf Nachfrage des STANDARD. Grundsätzlich liege aber die Einladungspolitik nicht in ihrem Aufgabenbereich, sondern sei allein Sache der Akademie. "Würde die Akademie aber nur Leute einladen, mit denen wir immer zu 100 Prozent einer Meinung sind, wären die Diskurse dementsprechend langweilig", so Stern, die über Žižeks "NZZ"-Artikel sagt: "Der ist vollkommener Käse."



Aus: "Frauenvolksbegehren mit Gegenveranstaltung zu Žižek-Talk" Beate Hausbichler (2.4.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000100606377/Frauenvolksbegehren-organisiert-Gegenveranstaltung-zu-Zizek-Talk (https://derstandard.at/2000100606377/Frauenvolksbegehren-organisiert-Gegenveranstaltung-zu-Zizek-Talk)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on April 07, 2019, 11:54:01 AM
Quote[...] "Feministinnen schauen sich Mösen viel zu genau an, und darunter leidet die erotische Vorstellungskraft der Männer." Wenn man Slavoj Žižeks Beitrag für eine Schweizer Zeitung auf diesen Satz eindampft, dann ist Kritik sehr naheliegend. Aber einen Philosophen von seinem Schlag zu kritisieren ist nicht einfach. Das liegt nicht zuletzt an seiner berufsbedingten Vorliebe für Metaebenen, Referenzen und ideengeschichtliche Begriffe. Žižek ist beispielswiese ein ausgewiesener Experte für den Psychoanalytiker Jacques Lacan. Wenn er in seinem Text bestimmte Fragestellungen mit Verweis auf Lacan beantwortet, dann muss sich Kritik an den Thesen Žižeks auch immer an dem Grad des Verständnisses für die Theorien von Lacan messen lassen. Das schafft einen Nimbus der Unangreifbarkeit, durch den Kritik mit einem Verweis darauf, dieses oder jenes offenbar nicht gelesen oder nicht verstanden zu haben, jederzeit abgeschmettert werden kann. Nun hat Slavoj Žižek aber keinen 300 Seiten starken philosophischen Essay über die Modifikationen der erotischen Natur der letzten 100 Jahre veröffentlicht, sondern einen kurzen Feuilletonbeitrag für die "NZZ", der vor intellektueller Faulheit nur so strotzt. Und damit sollte man ihn einfach nicht davonkommen lassen – auch und gerade als Mann nicht. Kluge Frauen wie Margarete Stokowski haben zwar schon darauf hingewiesen, dass Žižek hier offenbar hauptsächlich die Kränkung darüber auswalzt, dass ihm eine Erektion – und sei sie auch nur gedanklich – angesichts einer feministisch erkundeten Vulva schwerzufallen scheint.

Was aber noch aussteht, ist eine männliche Perspektive auf die unreife Vorstellung, die "Entmystifizierung des sexuellen Objekts" stünde der Erotik im Weg. Und damit meine ich nicht nur Solidarität mit all den Frauen, die kein Interesse für Žižeks Altherrenansprüche an ihren Vulven aufbringen. Ich meine ganz ausdrücklich die Enttäuschung und die Wut von Männern darüber, dass ein Intellektueller wieder einmal sein Publikum mit ranzigen Klischees über die angebliche Eindimensionalität männlicher Sexualität unterhält. Was ist los mit dem Mann? Wieso hält ausgerechnet ein ausgebildeter Philosoph die Mehrdeutigkeiten von Körperteilen nicht aus? Diese Peinlichkeit lässt sich auch nicht mit Wortkonstruktionen wie "repressive Entsublimierung" bemänteln. Žižek liefert einfach nur den nächsten faden Aufguss des "Feminismus tötet die Erotik"-Märchens, das insbesondere jungen Frauen gerne als Spukgeschichte erzählt wird. Als Warnung: Jetzt stell dich nicht so an, du willst doch schließlich begehrt werden. Das ist nicht nur in seiner zugrundeliegenden Anspruchshaltung, sondern auch in seiner Totalität für einen siebzigjährigen Mann erschütternd naiv. Nach Žižeks Logik dürften heterosexuelle Gynäkologen überhaupt kein Interesse an Sex mit Frauen haben, weil sie jeden Tag weibliche Geschlechtsorgane entsublimieren und einfach ihren Job machen. Darüber hinaus liefert er mit seinen Ausführungen die Blaupause für den Mann, der seine Frau verlässt, weil er mit ihrer Vulva genug Erfahrungen gesammelt hat und findet, dass es mal wieder Zeit für eine neue wäre. So sind wir Männer: Vom Mysterium Vulva und Vagina bleibt mit jedem Blick, jedem Kontakt immer weniger bestehen. An seine Stelle tritt das gruselige Wissen darüber, dass das weibliche Geschlecht ja in Wahrheit auch ein wulstiges Ausscheidungsorgan ist. Und die Vertreibung aus dem ahnungslosen Pussyparadies erfolgt durch die verstärkte feministische Beschäftigung mit dem Thema natürlich viel schneller. Das senkt die Mösenhalbwertszeit. Klar, dass Mann da traurig ist.

Also der Mann, der nicht in der Lage ist zu erkennen, dass Erotik sich nicht im Reiz des unbekannten Geschlechtsorgans erschöpft. Der Mann, dessen Männlichkeit so fragil ist, dass sie Detailanschauung und -wissen des begehrten Geschlechts in anderen Kontexten nicht ertragen kann. Obwohl ja gerade dieses Wissen in den letzten Jahrzehnten dazu geführt hat, dass wir uns von der unerfreulichen Vorstellung von Lacans Übervater Sigmund Freud lösen konnten, ein reifer Orgasmus der Frau sei nur durch das Eindringen des Penis in die Vagina möglich. Apropos Lacan: Žižeks Held kaufte 1955 ein Gemälde von Gustave Courbet. Es heißt "Der Ursprung der Welt" und zeigt die behaarte Vulva einer Frau.

Und ein Comic der schwedischen Künstlerin Liv Strömquist zur Kulturgeschichte der Vulva, den Žižek als zu feministisch entmystifizierend kritisiert hat, trägt in der deutschen Übersetzung denselben Titel.

Vielleicht wäre es in diesem Sinne nicht nur an der Zeit, dass Slavoj Žižek mit seinen pubertären Muschifantasien in der Realität des erwachsenen Begehrens ankommt, in der Mann der Möglichkeit zur Sublimierung nicht wegen zu viel feministischen Vulvawissens beraubt wird, sondern Sublimierung je nach Situation rauf und runter regelbar ist. Vielleicht ist es auch an der Zeit, dass Männer im Widerspruch zu derlei Thesen ihre Sexualität als etwas behaupten, das mehr ist als ein in immer gleicher Weise triebfixiertes Abziehbild.


Aus: "Kolumne: Der aktuelle Aufguss des "Feminismus tötet die Erotik"-Märchens" Nils Pickert (7.4.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000100808216/Die-aktuelle-Aufguss-desFeminismus-toetet-die-Erotik-Maerchens (https://derstandard.at/2000100808216/Die-aktuelle-Aufguss-desFeminismus-toetet-die-Erotik-Maerchens)

Quote
eine kluge Katze kratzt keinen Köter höchstens Krokodile

Ich glaube es ist den junge Frauen heute ziemlich wurscht, was ein 70-jähriger Philosoph über Erotik denkt und sagt.


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k_otin

Genau das ist das Dilemma. Wir Feministinnen brauchen keine männlichen Vordenker mehr. Wir denken lieber selbst.


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sugar

im innenpolitik-streik

... sorry, aber mich (frau) interessieren akademische diskussionen über "pussyparadiese" oder "entmystifizierung" original nüsse - ich kenn meine "möse", weiß btw seit meinem 12. lebensjahr, dass ich einmal im monat blute und nein, weder schäm ich mich, noch brauch ich nen orden dafür; witzigerweise wusste auch jeder mann mit dem ich bis jetzt leben und "pussy" teilte, ziemlich genau über letztere bescheid.

... ps: obwohl mirs erste posting dazu gelöscht wurde, ich will immer noch ne artikelserie zur "morgenlatte".


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saurewurst

"die seele ist ein weites land"


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Ben Vassy

Diese Fixierung des Feminismus auf heterosexuelle Männer geht mir auf die Nerven. Heteronormative Sichtweisen greifen immer zu kurz. Man nehme zur Kenntnis, daß die Welt auch auch Männer kennt, die keine "Muschifantasien" hegen. Daß diese Fantasien auch von Frauen gehegt werden. So, und dann zurück an den Start und diese cartoonhaft vereinfachten, 2dimensionalen Abziehbilder des "Feminismus" neu denken. Danke.


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Mafi

Žižek und die Feministen sollten sich mit Gummivulvas bewerfen. Das wäre auch ein schönes Statement zum Niveau zeitgenössischer Philosophie.


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schweinebaermensch

Laut Statistik haben die jungen Menschen immer weniger Sex, kann das auch mit dem Feminismus zusammenhängen?


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widiwutsch

Das Baggern und zielgerichtete Kennenlernen wird immer schwieriger, das Thema existiert in der medialen Wahrnehmung fast nur noch als Missbrauch, Porno, Fetisch oder One-Night-Stand. ...


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[sic]

... Ich persönlich glaube nicht, dass es jemals einfach(er) war, jemanden kennenzulernen. Aber ,,anbaggern" birgt für mich schon ein bisschen einen Hinweis auf das Problem.


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Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on April 11, 2019, 01:49:10 PM
Quote[...] Sie sind weiß und schlank und von jugendlicher Schönheit. Das Heer an namenlosen Frauen, mit denen Bilddatenbanken für Werbung und Magazine befüllt sind, ist riesig. Nur an der Vielfalt mangelt es, irgendwie sehen hier alle gleich aus: Die Fotos, die Bildagenturen wie Getty oder iStock im Angebot haben, entsprechen den Idealbildern einer weißen, westlichen Mittelschicht.

...  Längst hat die Lifestyle-Industrie erkannt: "Authentizität" ist Gold wert, die Konsumentinnen haben genug von Photoshop-Inszenierungen (sonst wären auf Instagram Hashtags wie #nofilter nicht so erfolgreich). Sie wollen sich selbst wiederfinden in Werbekampagnen. Es gibt kaum eine Werbung, die derzeit auf Bilder von "authentischen" (meist gleichzusetzen mit "nicht wie weiße dünne Models aussehenden) Frauen verzichten kann. Das weiß kaum ein Unternehmen besser als der einstige Seifenhersteller Dove. Dank ausgeklügelter Kampagnen ist das Unternehmen, das zu dem niederländisch-britischen Konzern Unilever gehört, heute milliardenschwer.

Das dürfte auch erklären, warum sich die Plattform #ShowUs bislang auf Frauen konzentriert. Mit Bildern von alten, dicken, nichtweißen Männern lässt sich längst nicht so gut Geld verdienen.

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Aus: "Schönheitsideale: Wieso Frauen jetzt "authentisch" aussehen sollen" Anne Feldkamp (11.4.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000101030886/Schoenheitsideale-Wieso-Frauen-jetzt-authentisch-aussehen-sollen (https://derstandard.at/2000101030886/Schoenheitsideale-Wieso-Frauen-jetzt-authentisch-aussehen-sollen)

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Quote[...] In den USA führten Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre Feministinnen heftige Auseinandersetzungen, die als "feminist sex wars" in die Geschichte eingingen. An Themen wie Pornografie und lesbischem BDSM entzündeten sich Debatten, die feministische Strömungen bis heute teilen. Während radikalfeministische Denkerinnen etwa eine lustvolle Unterwerfung immer schon als patriarchal geprägt sahen und somit verdammten, pochten sexpositive Feministinnen auf ein Recht auf sexuelle Lust und Freiheit unabhängig vom Geschlecht. Letztere unterstützen auch Sexarbeiterinnen, die sich zu einer Hurenbewegung formierten, in ihren Kämpfen für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen – Dienstleisterinnen, denen von PorNO-Feministinnen das Recht zur freiwilligen Ausübung ihrer Tätigkeit meist grundlegend abgesprochen wird. Der (weibliche) Körper blieb in feministischen Auseinandersetzungen über Jahrzehnte hinweg zentraler Bezugspunkt – sowohl in der Theoriebildung als auch in der Bewegungspraxis. In Selbsterfahrungsgruppen erkundeten Frauen den eigenen Körper – insbesondere die einstige Dunkelzone Vulva samt Klitoris und Vagina. "Der eigene nackte Körper und der der anderen, das Streicheln des eigenen Körpers und die angenehmen Gefühle, die daraus entstehen, das alles war für uns tabu", schilderten es zwei Frauen in der feministischen Zeitschrift "AUF" 1975.

Der enge Austausch von feministischer Theorie und politischen Bewegungen erwies sich im Kampf um sexuelle Selbstbestimmung stets als produktiv: Errungenschaften wie die Fristenregelung, die Anerkennung nichtbinärer Lebensweisen oder die zunehmende Sichtbarkeit alternativer Beziehungsformen erscheinen ohne Feminismus undenkbar. "Die Kritik an Schönheitsidealen und die Sichtbarkeit von anderen Körper- und Begehrensformen: Dazu hat die feministische Theoriebildung ganz maßgeblich beigetragen", sagt Philosophin Jule Govrin. Doch die Diversität hat auch Fallstricke parat. Seine enorme Anpassungsfähigkeit demonstriert der neoliberale Kapitalismus, indem er feministische Forderungen und Kampfbegriffe vereinnahmt: Body-Positivity und sexuelle Selbstbestimmung funktionieren nicht nur als politische Forderungen, sondern auch im Werbespot für glattrasierte Achseln. "Deshalb ist es wichtig, Forderungen nach sexueller Selbstbestimmung und Autonomie wieder stärker in einen sozialen Zusammenhang zu rücken. Der Begriff der Selbstbestimmung funktioniert heute unglaublich individualisiert – Feminismus geht es aber immer darum, soziale Beziehungen und damit Gesellschaft zu verändern", so Govrin.



Aus: "Warum Sex und Feminismus zusammengehören" Brigitte Theißl (25.4.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000102027246/Warum-Sex-und-Feminismus-zusammengehoeren (https://derstandard.at/2000102027246/Warum-Sex-und-Feminismus-zusammengehoeren)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on May 16, 2019, 09:03:52 AM
Quote[...] In den USA scheint derzeit ein Wettstreit abzulaufen, wer das schärfste Abtreibungsrecht verabschieden kann. Genauer gesagt sind es die republikanischen Hochburgen, die sich hier zu überbieten versuchen. Jüngstes Beispiel ist Alabama, jener Bundesstaat im amerikanischen Süden, in dem die Zustimmung zu US-Präsident Donald Trump regelmäßig einen landesweiten Spitzenwert einnimmt.

Mit einer Mehrheit von 25 zu sechs Stimmen verabschiedete der Senat von Alabama am späten Dienstagabend (Ortszeit) das wohl schärfste Abtreibungsgesetz des Landes. Wohlgemerkt: mit 25 Stimmen ausschließlich weißer Männer. Es gibt dort überhaupt nur vier Senatorinnen, und diese gehören alle der Demokratischen Partei an.

Das Gesetz, so es denn wie erwartet von der republikanischen Gouverneurin Kay Ivey unterzeichnet wird, würde fast alle Schwangerschaftsabbrüche untersagen. Ausnahmen gäbe es nur noch, wenn das Leben der Mutter in Gefahr oder das Kind nicht lebensfähig wäre. Nach einer Vergewaltigung oder in einem Fall von Inzest müsste eine Frau dagegen das Kind zur Welt bringen. Ärzten, die Frauen in einer solchen Notlage helfen wollen, drohen zwischen zehn und 99 Jahren Haft.

Der Aufschrei ist riesig – und prallt doch an der republikanischen Mehrheit ab. Der Oppositionschef Bobby Singleton warf den Unterstützern des neuen Gesetzes vor, sie hätten ,,den Staat Alabama gerade selbst vergewaltigt". Planned Parenthood, eine auf Familienplanung spezialisierte Organisation, sprach von einem ,,dunklen Tag für Frauen in Alabama und dem ganzen Land". Die Politiker des Bundesstaates würden wegen ihrer Entscheidung ,,für immer in Schande leben". Für die Nationale Frauen-Organisation ist das Gesetz schlicht ,,verfassungswidrig".

Welches Leid entsprechende Gesetze mit sich bringen können, zeigt ein aktueller Vorfall in einem anderen Bundesstaat. In Ohio wurde ein elfjähriges Mädchen entführt und vergewaltigt. Sie ist schwanger – und muss das Baby behalten, obwohl sie selbst eigentlich noch zu jung zum Kinderkriegen ist. Dabei ist die Begründung für die Gesetzesverschärfung eigentlich, dass damit die Rechte derjenigen geschützt werden sollen, die ,,am meisten verwundbar" seien.

Solche Extremsituationen drohen nicht nur in Ohio. Auch in Mississippi, Georgia und Kentucky sollen nach dem Willen der Gesetzgeber Frauen nicht mehr abtreiben dürfen, wenn der Herzschlag des Embryos zu hören ist, darum heißen diese Gesetze ,,Heartbeat Bill". Das kann bereits ab der sechsten Woche der Schwangerschaft der Fall sein, zu einem Zeitpunkt, an dem vielen Frauen noch gar nicht klar ist, was sich in ihrem Körper entwickelt. Georgia geht sogar so weit, dass einer werdenden Mutter bei einer Fehlgeburt Ermittlungen und eine Anklage drohen. Hier immerhin sind Vergewaltigung und Inzest Ausnahmen.

Nun ist es so, dass Frauen in den USA seit 1973 grundsätzlich das Recht haben abzutreiben. Diese Entscheidung fällte der Supreme Court in dem Präzedenzfall ,,Roe versus Wade". Alle diese harten Gesetze, die derzeit verabschiedet werden, können daher zunächst auch gar nicht in Kraft treten.

Ihren Befürwortern geht es aber ohnehin um Größeres. Das hat die Republikanerin Terri Collins, die das Gesetz in Alabama eingebracht hat, im Vorfeld deutlich gemacht: ,,Wir wollen ,Roe versus Wade' kippen und den Staaten erlauben vorzugehen, wie sie wollen." Wenn nun Frauen- und Bürgerrechtsgruppen gegen die neuen Gesetze klagen, so das Kalkül, dann steht die Grundsatzentscheidung auf einmal wieder zur Debatte. Und diese Debatte könnte im Supreme Court anders ausgehen als noch vor 46 Jahren.

Dafür hat Trump gesorgt. Gleich zwei konservative Oberste Richter konnte der Präsident in seiner bisherigen Amtszeit bereits nach Washington schicken: Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh. Personalentscheidungen, die gerade seine erzkonservativen Anhänger bejubelten – und die Liberalen erbittert bekämpften; sie ahnten, was diese Richterbesetzungen für Folgen haben könnten. Denn auf einmal haben die Anhänger der ,,Pro Life"-Bewegung Grund zur Hoffnung, dass ,,Roe versus Wade" in naher Zukunft doch noch gekippt werden könnte.

Der Präsident weiß, wie wichtig die Evangelikalen für seine Wiederwahl sind. Gerade erst hat er ihnen am ,,Nationalen Gebetstag" Anfang Mai versprochen, er werde eine ,,Kultur des Lebens" aufbauen. Dabei kündigte er an, die Rechte von Ärzten und anderen Gesundheitsmitarbeitern zu stärken, die aus Glaubensgründen keine Abtreibungen oder andere medizinische Eingriffe wie Sterilisation und Sterbehilfe durchführen wollen. Schon jetzt haben Frauen in manchen Staaten Schwierigkeiten, überhaupt noch einen Arzt zu finden, der Abtreibungen durchführt.


Aus: "Abtreibungsgegner machen mobil" (15.05.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-abtreibungsgegner-machen-mobil/24345630.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-abtreibungsgegner-machen-mobil/24345630.html)

Quotewilhelm 15.05.2019, 17:31 Uhr
Kulturkampf?

[Politiker beugen sich sich den Evangelikalen, die sich an einem Buch aus vorwissenschaftlicher Zeit festgebissen haben, die dieses Buch wörtlich auslegen bis hin zum Kreationismus. Diese Leute glauben, allein durch Berufung auf ihren Gott anderen Menschen Vorschriften machen zu dürfen. Diesen Leuten muss einmal klipp und klar gesagt werden, dass die Zeit, und mit ihr Wissenschaft und Philosophie, nicht bei Abraham und nicht bei Jesus stehen geblieben sind, dass sie zwar glauben können was immer sie wollen, aber mit ihrem Gott und ihrem Glauben keine anderen Menschen zu behelligen haben.]

Ein Kampf archaischer Postulate und Dogmen gegen Wissenschaft und Vernunft. Wären diese Leute nicht in den USA sondern in den Hindu-Regionen Indiens geboren, würden sie mit dem gleichen Eifer und mit der gleichen Inbrunst und mit der gleichen Überzeugen die dort geltende Götter, Dogmen und Rituale verfechten.

Zufall von Zeit und Ort der Geburt als Fundament des Götterglaubens: Dagegen ist selbst Treibsand weit tragfähiger.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 15, 2019, 04:21:44 PM
Quote[....]

Wegen Verstoßes gegen das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche hat ein Gericht zwei Berliner Frauenärztinnen zu einer Geldstrafe von jeweils 2.000 Euro verurteilt. Bettina G. und Verena W. hatten auf der Internetseite ihrer Gemeinschaftspraxis über medikamentöse Methoden zum Schwangerschaftsabbruch informiert. Durch diese spezifischen Angaben hätten die Ärztinnen einen Vermögensvorteil erzielt, so die Begründung der Richterin Christine Mathiak. So hätten die Ärztinnen nur angeben dürfen, dass in ihrer Praxis Abtreibungen möglich sind, nicht aber in welcher Form.

Es war der erste Prozess seit der Reform des umstrittenen Paragrafen 219a in diesem Frühjahr. Im Februar hatte die große Koalition nach monatelangen Debatten das Gesetz zum Werbeverbot neu formuliert. Ärztinnen und Ärzten sollte es nun erlaubt sein, öffentlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Jedoch bleiben auch nach der Neuregelung weitergehende Angaben wie zum Beispiel zur Methode des Abbruchs unzulässig.

Die Ärztinnen zeigten sich enttäuscht über das Urteil. "Es ist so was von hanebüchen, da hat sich mir der Magen umgedreht", sagte Bettina G. nach der Verkündung. Beide Medizinerinnen kündigten an, gegen das Urteil vorzugehen. Wenn nötig, wollen sie bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen. Ihrer Meinung nach verstößt das Gesetz gegen die Berufsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Informationsfreiheit der Patientinnen. Kritikerinnen und Kritiker des Paragrafen 219a fordern sogar, diesen komplett zu streichen.


Aus: "Paragraf 219a: Berliner Frauenärztinnen wegen "Abtreibungswerbung" verurteilt" (14. Juni 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-06/paragraf-2019a-schwangerschaftsabbruch-werbung-frauenaerztinnen-geldstrafe (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-06/paragraf-2019a-schwangerschaftsabbruch-werbung-frauenaerztinnen-geldstrafe)

QuoteApfelsaftschorle #13

"Durch diese spezifischen Angaben hätten die Ärztinnen einen Vermögensvorteil erzielt, so die Begründung der Richterin Christine Mathiak. "

Wow, also eine rein wirtschaftliche Begründung. ...


QuoteLedni Rok #2

Jeder Gesetzesverstoß muss in Deutschland geahndet werden. Das gilt für Abtreibungsärzte genauso wie für Eierdiebe. Was soll also wieder die künstliche Aufregung. Oder meinen die Abtreibungsärzte sie stünden über dem Gesetz.


QuoteniemehrCDU #8

Vielen Dank für das Einknicken vor den Anti-Abtreibungsfanatikern, liebe SPD.


Quotewilsieb #15

Rechtsextreme dürfen in sozialen Netzwerken und im Internet andere Menschen / Frauen bedrohen, beleidigen und verleumden oder sogar Terroranschläge planen (getarnt als "Satire" und "Spaß") ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Aber wenn eine Ärztin übers Internet über Abtreibungen informiert, wird das aufs Härteste bestraft - mit einer Geldstrafe.
Unsere Gesetze sind sowas von frauenverachtend. Unsere Gesellschaft ist sowas von ekelhaft. ...


QuoteBild.Dir.Meine.Meinung #28

Das ist leider das Ergebnis, wenn (überwiegend) alte Männer Gesetze zusammenflicken, die (fast) nur jüngere Frauen treffen. Man(n) ist ja fein raus und kann fröhlich herummoralisieren. ...


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 16, 2019, 07:11:50 PM
QuotePräsident Jair Bolsonaro hat in der Vergangenheit mehrfach mit homophoben Aussagen Aufsehen erregt. Unter anderem hatte er erklärt, es wäre ihm lieber, sein Sohn wäre tot als schwul. ...


Aus: "Brasiliens Präsident hält Homophobie nicht für Straftat" (15.06.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/bolsonaro-ruegt-oberstes-gericht-brasiliens-praesident-haelt-homophobie-nicht-fuer-straftat/24459770.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/bolsonaro-ruegt-oberstes-gericht-brasiliens-praesident-haelt-homophobie-nicht-fuer-straftat/24459770.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 20, 2019, 12:50:44 PM
Quote[...] Es war ein Termin, den Prozessbeteiligte wie Zuhörer mit Spannung erwartet hatten: In genau zwei Wochen will das Landgericht Wiesbaden ein Urteil sprechen in dem so politisch gewordenen Fall um das 14 Jahre alte Mädchen und den 22-jährigen Iraker, der sie im Mai 2018 nahe einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden-Erbenheim vergewaltigt und anschließend erwürgt haben soll, um seine Tat zu vertuschen. Die Tötung hat er gestanden, aber die Vergewaltigung bestreitet er nach wie vor. Es sei einvernehmlicher Sex gewesen, sagt er. Viele Zeugen haben seit Prozessbeginn im März vor der Schwurgerichtskammer ausgesagt, und auch für diesen Tag hat das Gericht noch einmal vier geladen.

Doch besonders von dem Gutachten der Medizinerin erhoffen sich alle viel: Einen tieferen Einblick in die Psyche des mutmaßlichen Täters. Tiefer, als er ihn selbst bisher gegeben hat und als das, was sich mithilfe der Zeugenaussagen rekonstruieren lässt. Mehr als 15 Stunden hat die Fachärztin für Psychiatrie mit Ali B. verbracht, hat ihn zu seinem Leben und zur Tat befragt – und sehr viel klarere Worte hätte sie am Ende nicht finden können.

,,Er hat keine Interessen, die über das eigene Wohlergehen hinausgehen", sagt sie. Ali B. sei ,,ausgeprägt selbstbezogen", habe einen ,,ausbeuterisch-parasitären Lebensstil", sei ,,auf die eigene Bedürfnisbefriedigung fixiert" und lasse sich ,,vom Staat alimentieren". Insgesamt diagnostiziert sie eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit starken psychopathischen Zügen. Das Bild, das sie über mehrere Stunden hinweg von dem 22-Jährigen zeichnet, verstärkt den Eindruck, den die mehr als zehn zurückliegenden Verhandlungstage von ihm hinterlassen haben: Ein junger Mann, der eigentlich nicht dumm ist, aber aus purer Faulheit seit Kindheitstagen weder die Schule besuchte noch sonst über längere Zeit irgendeiner Arbeit nachging. ,,Er wollte lieber mit Freunden abhängen, obwohl ihn seine Mutter teils bis vor die Schultür gebracht hat." Bei den Sprachkursen nach der Flucht aus dem Irak nach Deutschland sei es das gleiche gewesen, so die Psychiaterin. Ebenso mit einem kurzzeitigen Job in einer Kindergarten-Küche, den er schnell wieder schmiss.

Ali B. habe sich lieber von seiner Mutter bekochen lassen, nachdem er mittags aufgestanden war und teils noch spätnachts, wenn er vom Herumziehen in der Stadt mit anderen nach Hause kam. Seine nächtlichen Ausflüge hatten wohl auch mit der Suche nach Mädchen zu tun, mit denen er Sex haben wollte. Denn seit die Familie im Winter 2015 nach Deutschland gekommen war, hatte er nicht nur mehrere Beziehungen, sondern parallel auch sexuelle Kontakte zu anderen. B., so lautet die Einschätzung der Psychiaterin, habe immer wieder Kontakt zu jungen Mädchen aufgenommen, die er nicht oder nur flüchtig kannte. Oft habe er Nachrichten mit eindeutig sexuellen Konnotationen verschickt, teils auch nach der Jungfräulichkeit gefragt, um dann hinterherzuschieben: ,,Bald nicht mehr." Mehrere Zeugen hatten zudem berichtet, dass B. nachts vor Clubs gewartet habe, um betrunkene Mädchen abzupassen. ,,Es ging ihm nicht um eine spezielle Person, sondern einfach um irgendein Mädchen", sagt die Gutachterin. Auch nach der Tötung von Susanna, die er gestanden hat, verschickte er noch entsprechende Nachrichten und versuchte über Bekannte, an Nummern von Mädchen zu kommen.

Motiviert war dieses Verhalten der Gutachterin zufolge von einem höchst problematischen Frauenbild: Frauen sollten kochen und putzen, daheimbleiben, keinen Kontakt zu anderen Männern haben und Jungfrau sein. Gleichzeitig äußerte er die Vorstellung, in Deutschland könne man Sex mit jedem Mädchen haben, ohne irgendwelche Konsequenzen zu spüren. Auch andere Vorstellungen über das Land, in dem er einen Asylantrag gestellt hatte, machen ihn nicht eben sympathischer. Man bekomme Geld ohne zu arbeiten, sagte er gegenüber der Gutachterin, und an Alkohol und Drogen gelange man jederzeit problemlos. Für zielstrebige, fleißige Menschen sei Deutschland ein gutes Land, aber wer wolle schon sein ganzes Leben nur mit Arbeit verbringen.

Folgt man den Ausführungen, so ergibt sich ein widersprüchliches Bild des Angeklagten von dem Land, in dem er lebt. Mal gab er den Eindruck, am liebsten sofort in den Irak zurückkehren zu wollen, mal das Gegenteil.

Das gleiche gilt für die Untersuchungshaft: Aus einer kurzen Haftzeit im Irak berichtete er einmal von Folter, ein anderes Mal beschrieb er die Bedingungen dort als familiär und ,,wie im Hotel". Das deutsche Gefängnis sei dagegen ,,Mittelalter". Andererseits drohte er, sich etwas anzutun, wenn er seine Haftstrafe im Irak absitzen muss. Seine offenbar ausschweifenden Beschwerden über die Haftbedingungen wertet die Psychiaterin als Teil seiner egozentrischen Persönlichkeitsstruktur. Das wiederkehrende Lamento über zu schlechte Essensversorgung, nicht genug Zigaretten, zu wenig Ausgang, zu wenige Fernsehprogramme und nicht genug Besuchsrechte – unter anderem – habe einen sehr großen Teil der Gespräche eingenommen, berichtet sie. Einmal habe sie deshalb sogar abgebrochen. Ein anderes Mal habe B. sich über die lange Dauer des Verfahrens beschwert. Mit den Worten: ,,Ich hab' nur ein Mädchen totgemacht." Hätte er im Irak den lokalen Polizeichef umgebracht, sagte er weiter sinngemäß, wäre es sogar schneller gegangen.

Außerdem habe Ali B. permanent versucht, sie zu Gefälligkeiten zu überreden, berichtete die Gutachterin weiter. Er habe nicht verstehen wollen, dass sie sich nicht über Regeln hinwegsetzen wollte. Solche Manipulationen sieht sie als Verhaltensmuster bei ihm, das er teils mit Gewaltdrohungen auch bei Freunden einsetzte.

Empathie und die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, fehlen bei B. dagegen ihrer Einschätzung nach völlig – genau wie die Eigenschaft, Verantwortung für die eigenen Taten zu übernehmen. Über die Tötung von Susanna habe er ,,kühl, sachlich und ohne Emotion" gesprochen. Ganz im Gegenteil zu seinen Beschwerden über die Untersuchungshaft. Zu keinem Zeitpunkt habe er während der Gespräche Reue oder Bedauern gegenüber Susanna oder ihrer Familie gezeigt. Zwar hatte er sich am ersten Prozesstag bei der Mutter entschuldigt, die als Nebenklägerin auftritt.

Sonst habe aber nie irgendeine diesbezügliche Emotion gezeigt. Im Gegenteil: ,,Der Angeklagte hat eine deutliche Neigung, andere zu beschuldigen", so die Psychiaterin. Zunächst einen 35 Jahre alten Türken, mit dem er vor der Tat zusammen getrunken hatte. Dann im Gespräch mit ihr Deutschland – das Land sei für seine Fehlentwicklung verantwortlich, ,,weil man hier alles machen darf". Susanna selbst, weil sie mit ihm gegangen sei. Und zuletzt: An die Tat selbst will er sich kaum erinnern. Er sei nicht er selbst gewesen, hatte er gesagt, und ihm sei schwarz vor Augen gewesen. ,,Ich sehe darin keine volle Übernahme von Verantwortung", sagt die Psychiaterin. ,,Das ist eine Delegation von Verantwortung an andere und an Umstände."



Aus: "Egozentrisch, manipulativ, empathielos" Anna-Sophia Lang, Wiesbaden (19.06.2019)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/psychiaterin-ueber-ali-b-im-mordfall-susanna-f-egozentrisch-manipulativ-empathielos-16245238-p2.html (https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/psychiaterin-ueber-ali-b-im-mordfall-susanna-f-egozentrisch-manipulativ-empathielos-16245238-p2.html)

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Quote[...] Der Hauptangeklagte des Verfahrens soll die 18-Jährige in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober 2018 unter einem Vorwand aus der Disco gelockt und anschließend in einem angrenzenden Waldstück vergewaltigt haben. Die junge Frau habe zuvor die Droge Ecstasy genommen, außerdem seien ihr – vermutlich von einem der Angeklagten – wahrscheinlich K.-o.-Tropfen verabreicht worden. Der mutmaßliche Haupttäter soll nach der Vergewaltigung in die Disco zurückgegangen sein und die anderen Männer auf die wehrlose Frau aufmerksam gemacht haben. ...


Aus: "Freiburg: Anklage erhebt nach Gruppenvergewaltigung schwere Vorwürfe" (26. Juni 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-06/gruppenvergewaltigung-prozess-staatsanwaltschaft (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-06/gruppenvergewaltigung-prozess-staatsanwaltschaft)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 22, 2019, 12:22:12 PM
Quote[...] Bekannt wurde Charlotte Roche als TV-Moderatorin, heute ist sie Bestsellerautorin. Ihre Romane Feuchtgebiete und Schoßgebete basieren auf ihrer Autobiografie. Es geht um Hämorrhoiden, Körperflüssigkeiten und Trauer – und das in einer expliziten Sprache. Explizit bleibt die 41-Jährige auch in ihrem neuen Projekt, einem Podcast. Gemeinsam mit ihrem Mann spricht Charlotte Roche in Paardiologie über ihre Beziehung, ihre Gefühle und ihre Sexualität.

ze.tt: Charlotte, ich möchte mir dir über Sex reden.

Charlotte Roche: Das finde ich gut. Leute reden viel zu wenig über Sex. Beruflich mache ich das ja oft, aber privat nicht so viel. Im Schutz der Öffentlichkeit ist das leichter. Mit Freundinnen oder meinem Mann ist es für mich schwieriger, eine Sprache zu finden.

ze.tt: Was meinst du, warum das so ist?

Das liegt an der Erziehung. Obwohl ich feministisch und selbstbewusst erzogen wurde, hat eine Aufklärung abseits von ,,Wo kommen die Kinder her" nicht stattgefunden. Meine Mutter hat nie was über Selbstbefriedigung erzählt oder gesagt, dass es wichtig ist, dass man herausfindet, was man so mag im Bett oder wie man sich mitteilt.

ze.tt: Wie hast du es geschafft, das herauszufinden und darüber zu sprechen?

Erst sehr spät. Und ich bin auch heute noch keine große sexuelle Kommuniziererin. Wenn mich jemand fragt, nun sag mal, worauf stehst du? Ich würde antworten: Kann ich das nicht lieber zeigen? Leute denken, wenn ich solche Bücher schreib, wäre ich schamlos und würde alles können und alles machen, aber das ist ein großes Missverständnis. Das stimmt einfach nicht. Die Leute denken: Wenn jemand so laut ist über Sex und weibliche Körperbefreiung, dann liegt man im Bett und hat kein Problem, alles zu sagen, furzt beim Sex und ist total schamlos. Aber das ist überhaupt nicht so. Ich wurde so erzogen, dass es viele Sachen gibt, die peinlich sind.

ze.tt: Eine Art der Befreiung kann Sprache sein. In deiner Kolumne benutzt du das Wort Scham – obwohl es andere Worte, gerade im feministischen Kontext, gibt. Hast du das bewusst gemacht?

Die Kolumne habe ich geschrieben, bevor plötzlich alle darüber sprachen, dass man Vulva statt Scheide und Vulvalippen statt Schamlippen sagen soll. Ich finde gut, dass sich sowas ändert. Alle werden immer schlauer, alles ändert sich. Das ist super. So bleiben wir fit im Kopf. Wenn Leute sagen ,,Jetzt machen die uns unsere Sprache kaputt" oder ,,Ich lass mir nicht mein Steak verbieten", dann denke ich: Diese Leute sollen aussterben. Wenn Leute sagen, ich fühle mich in der Sprache nicht repräsentiert und wir können das ändern, verdammt nochmal, dann sollten wir das ändern. Es wird nie so sein, dass alles richtig ist und man aufhört zu lernen. Jede und jeder kann kommen und sagen: Das hier muss sich noch ändern, weil mich das ausschließt. Und dann müssen wir das hören und das ändern. Ich bin ein großer Fan vom Wörter finden. Das war bei mir schon immer so beim Schreiben. Ich bin mit vielen starken Begriffen für den erigierten Penis groß geworden. Wir Frauen hängen da total hinten dran. Fotze zum Beispiel, das ist so eine eklige Beleidigung, voll erniedrigend.

ze.tt: Auf die Idee, Penis oder Schwanz als Beleidigung zu nutzen, ist noch niemand gekommen.

Nee, genau. Es gibt ja Menschen, die als Liebkosung Fotze sagen. Das ist für mich so ein krasser Abtörner.

ze.tt: Welches Wort ist gut für dich?

Ich finde Scheide irgendwie gut, es ist ein bisschen altmodisch, aber ich mag es. Man kann sich Worte ja auch wieder aneignen, ich sage Scheide mittlerweile wieder gerne. Vulva kann ich ganz schwer sagen.

ze.tt: Wie hast du das bei deiner Tochter gemacht, welche Worte habt ihr genutzt?

Auf jeden Fall sage ich nicht Mausi oder Pipi! Manchmal bin ich in Cafés, da sagen Eltern ,,Denkst du bitte dran, dein Pipi abzuputzen". Also, echt. Das ist doch kein Pipi! Wenn ich als Mutter zu meiner Tochter reden durfte – in einem Erziehungsbuch habe ich gelesen, dass man das nur auf Nachfrage machen sollte – habe ich Muschi gesagt. Das finde ich irgendwie nett. Nicht zu niedlich, nicht zu harmlos. Das einzige Problem mit Muschi ist, dass ich immer an die CSU denken muss, weil Edmund Stoiber doch seine Frau so nennt.

ze.tt: ,,Alice Schwarzer sitzt beim Sex zwischen mir und meinem Mann und flüstert mir ins Ohr: Ja, das denkst du nur, dass du jetzt einen vaginalen Orgasmus hast, das bildest du dir nur ein, um dich deinem Mann und seinem Machtschwanz zu unterwerfen." Das schreibt deine Protagonistin in Schoßgebete, das Buch ist zum großen Teil autobiografisch. Kennst du solche Gedanken?

Das ist eins zu eins ich. Mein altes Leiden ist meine alte feministische Erziehung, die einfach krass männerfeindlich war. Ich bin groß geworden mit einem Emma-Abo und einer Mutter, die sagt, alle Männer sind pädophil und wollen Frauen vergewaltigen. Ich bin mit einem Männerhorror großgezogen worden. Dann habe ich so eine gute Männerauswahl getroffen, dass ich nach und nach dachte: Meine Mutter hat vielleicht nicht Recht.

ze.tt: Vielleicht brauchte es diese Art von Feminismus, um zu einem neuen, freieren zu kommen?

Auf jeden Fall! Ich glaube, es funktioniert nur so. Wenn man was ändern will, schießt man immer erstmal übers Ziel hinaus und übertreibt. Dann kommen Leute und sagen: Muss es denn so doll sein? Und ich denke, ja, es muss doll sein, damit sich etwas ändert. Da spielten ja auch noch die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs mit rein, wie horrormäßig Frauen da in Beziehungen behandelt wurden, noch bis in die 1960er rein. Dagegen haben sie gekämpft und ich verstehe, dass sie Männer nur als Täter sahen. Aber ich dachte: Hä? Die Männer, die ich habe, sind total toll!

ze.tt: Und trotzdem hat dich diese Erziehung auch beim Sex begleitet?

Alice Schwarzer und oder meine Mutter waren wirklich in meinem Bett. Der Sex war immer gut, aber trotzdem waren die immer da. Schon als Jugendliche konnte ich in einen sexuellen Tunnel gehen. So als würde man Crack rauchen, dann spielt alles keine Rolle mehr. Wenn ich es schaffe, anzufangen, Sex zu haben, dann läuft der D-Zug und ist nicht mehr zu stoppen.

ze.tt:  Das klingt nach Sex als Droge?

Das würde ich so nicht sagen, das ist zu hoch gehängt. Früher, als es mir psychisch schlechter ging, hatte Sex eine größere Bedeutung für mich. Sex als Gegenteil von Tod, das Gegenteil von Sterben. Sex war das Lebendige für mich, eine Betäubungsdroge, etwas Ablenkendes und etwas positiv Lebensbejahendes. Man schüttet dabei ja auch Dopamin aus. Aber jetzt, wo es mir besser geht und ich entspannter bin, würde ich nicht mehr sagen, dass Sex meine Droge ist.

ze.tt:  War Sex für dich Trauerarbeit?

Das auf jeden Fall. Und ich kann froh sein, weil Sex ja viel weniger schlechte Nebenwirkungen hat als andere Sachen. Kurz nach dem Sex denkt man ja: Hä, was ist denn eigentlich los? Welche seltsamen Probleme hattest du denn gerade? Dann ist alles gut. Vor allem ich mit mir.

ze.tt:  Wann fühlst du dich gut?

Das hat bei mir viel mit Arbeit und Erfolg zu tun. Damit meine ich nicht unbedingt Geld und Verkaufszahlen, sondern eher Applaus. Ich fühle mich richtig sexy, wenn ich einen Job cool gemacht habe. Dann laufe ich so rum und fühl mich wie 'ne Sexbombe. Je älter ich werde, desto mehr merke ich, wie krass wir von Hormonen bestimmt sind. So richtig toll finde ich mich kurz vor meinem Eisprung. Drunk on hormones bin ich dann. Lauf und hol dir Sperma, wir wollen befruchtet werden. Man fühlt sich geil und streckt die Fühler aus.

ze.tt: In einem Text hast du beschrieben, wie sehr sich dein Sexleben geändert hat, seitdem du die Pille nicht mehr nimmst.

Ich hab früher immer die Männer bewundert und dachte, was ist mit mir los? Ich war so ein Heimchen, das zehn Mal nach Sex gefragt wurde und neun Mal nein gesagt hat. Wenn es dann dazu kam, hatte ich schon meinen Spaß. Aber ich hatte einfach eine kleine Libido. In dem Moment, wo ich die Pille abgesetzt hab, fühlte ich mich wie ein rumbumsender Typ. Ich hab so eine krasse Libido, als würde ich die ganze Zeit mit 'ner riesigen erigierten Klitoris rumlaufen. Ich spüre das ganz stark, dass wir so wie Bonobo-Affen sind. Im Endeffekt wollen wir alle bumsen, wir alle wollen die Klitoris geschrubbelt bekommen, bis wir kommen. Sobald man kommt, denkt man über alle Probleme anders nach.

ze.tt: Was meinst du, wie unser Leben aussehen würde, wenn alle mehr und besseren Sex hätten?

Megamäßig gut. Die Hippies hatten doch echt Recht. Auf jeden Fall, was Haare und Sex angeht. Ich bin zwar kein Hippie, aber gegen gesellschaftliche Tabus kämpfen, das finde ich gut. Freien Sex haben zu können, ohne schlechtes Gewissen, das finde ich super. Dass man die Moral weg hält vom Körper. Wenn es consensual ist, natürlich.

ze.tt: Tabuthemen bilden den roten Faden durch deine Arbeit. Nach Sex, Körperhygiene und Tod – kommen als nächstes Tabu die Gefühle?

Im Moment sehe ich viele Leute, die cool sein wollen, und auf keinen Fall Gefühle zulassen. Dabei sind Gefühle politisch. Erst heute dachte ich darüber nach, als ich die Nachrichten aus dem Sudan gelesen habe. Informationen lösen Gefühle aus, man fängt an zu weinen, weil man sich vorstellt, was mit anderen Menschen passiert. Man kann ja nur politisch kämpfen, wenn man Gefühle hat. Wenn einem etwas leidtut, was irgendwo passiert. Im Moment habe ich das Gefühl, dass alle vermeiden, peinlich zu sein. Gefühle gelten als peinlich. Ich hasse mittlerweile Ironie. Wenn ich merke, dass Leute unbedingt cool sein wollen und jedes Gefühl hinter Ironie verstecken wollen, dann finde ich das unmenschlich. Was bringt uns das, irgendwas zu machen, wenn man nicht Gefühle auslöst?

ze.tt: Es bringt uns nicht näher zusammen.

Genau. Ja, na klar, viele Leute schreckt das ab, meine Bücher und meine Themen. Aber in Wirklichkeit suche ich eine Verbindung. Ich erzähle meine Geschichten: Ich hab die Eier, von meinem Eisprung zu sprechen, von meiner Sexualität, meinem Fremdgehen, was auch immer. In der Hoffnung, dass Leute kommen und sagen: Bei mir ist das auch so. Du bist ein normaler Mensch. Wir sind Menschen, wir haben das. Völlig weg von einer Moral und einer Bewertung. Gefühle auslösen durch Gefühle mitteilen, das ist meine Arbeit. Das ist manchmal nicht cool und auch nicht witzig.

ze.tt: Wie cool und witzig ist Älterwerden?

Ich wusste immer, dass ich in Würde altern will. Damit muss man mit 30 anfangen. Ich bin große Anhängerin davon, sich nicht operieren zu lassen. Daran verdient bloß eine Schweine-Männerindustrie. Ich glaub auch nicht daran, dass Frauen das für sich selbst machen. Ich denke immer, steck dein Geld und deine Energie lieber da rein, so klarzukommen, wie du bist. Das macht am Ende stärker und glücklicher.

ze.tt: Ist würdelos Altern nicht auch eine Option? Also einfach alt werden, ohne irgendeinen Druck.

Wichtig bei der Definition von würdevoll finde ich, dass das jede für sich selbst bestimmt, was das bedeutet. Das darf niemand anders beurteilen. Bei Kleidung zum Beispiel. Ich ziehe eine Minirock an, wenn ich 80 bin. Sollte dazu jemals jemand was sagen, sage ich: Fickt euch! Morgens sehe ich manchmal die Falten an meinem Dekolleté vom Schlafen. Ich stehe dann nicht auf und denke: ,,Oh Gott, ich habe Falten!" Ich sehe das und denke: Aha, so sieht das also aus. Ich werde älter und ich nehme Falten wahr. Check. Das körperliche Altern, Falten, graue Haare, das alles versuche ich anzunehmen. Leute hassen das Altern, weil sie an den Tod denken. Aber wenn man akzeptiert, dass man graue Haare hat, kann man auch akzeptieren, dass man stirbt.


Aus: ",,Wir alle wollen die Klitoris geschrubbelt bekommen" – Charlotte Roche über Sex, Männer und Gefühle" Mareice Kaiser (21. Juni 2019)
Quelle: https://ze.tt/wir-alle-wollen-die-klitoris-geschrubbelt-bekommen-charlotte-roche-ueber-sex-maenner-und-gefuehle/ (https://ze.tt/wir-alle-wollen-die-klitoris-geschrubbelt-bekommen-charlotte-roche-ueber-sex-maenner-und-gefuehle/)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on June 24, 2019, 11:24:39 AM
QuoteKlappentext

Svenja Flaßpöhler plädiert für eine neue Weiblichkeit. Erst wenn Frauen sich selbst und ihre Lust als potente Größe begreifen, befreien sie sich aus der Opferrolle. Erst wenn sie Autonomie nicht bloß einfordern, sondern wagen sie zu leben, sind sie wahrhaft selbstbestimmt. Und nur so kann das Geschlechterverhältnis gelingen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.06.2018
Claudia Mäder liest das Buch der "dezidierten" Feministin und Philosophin Svenja Flaßpöhler atemlos angesichts von Flaßpöhlers Furor gegen den "Hashtag-Feminismus". In dem Plädoyer der Autorin für eine neue, aktive Weiblichkeit erkennt sie auch eine Gesamtschau der feministischen Entwicklung und ihrer Stagnation. Flaßpöhlers Ermunterung zum Angehen gegen Widerstände findet Mäder allerdings eher flach. Bedenkenswert dagegen erscheint ihr das von der Autorin angesprochene Paradox, wonach die Chancen für die Selbstverwirklichung der Frau besser denn je seien, während die Frauen weiter die strukturelle Übermacht der Männer beklagen. Grundsätzlich findet Mäder die Denkrichtung des Essays richtig. Über die ein oder andere Pauschalisierung der Autorin ärgert sie sich jedoch.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 26.05.2018
Maria Delius ist negativ überrascht von der Thesenhaftigkeit von Svenja Flaßpöhlers Plädoyer. Die postmodern pragmatisch gedachten Formeln im Buch findet sie letztlich hohl, und dass, obwohl die Autorin eigentlich "keine Thesentante" ist. Schlimmer aber scheint ihr, dass die Autorin die MeToo-Debatte so offensichtlich missversteht, wenn sie annimmt, dass diese Frauen als Opfer begreift. Für Delius mündet Flaßpöhlers auf dieser Falschannahme fußender sozialkritischer Ehrgeiz im Anekdotischen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.05.2018
Elena Witzeck weiß, dass große Bewegungen dazu neigen, Nuancen und Differenzierungen wegzuspülen, so natürlich auch #MeToo. Theoretisch findet sie es also ganz richtig, wenn sich die Philosophin Svenja Flaßpöhler mit kritischen Interventionen zu Wort meldet und auf Widersprüche oder Schwächen im neuen "Hashtag-Feminismus" hinweist, zum Beispiel dass Frauen hier nicht als Subjekt auftreten, sondern nur als Opfer männlicher Belästigung. Flaßpöhler sieht darin die negative Energie des dekonstruierenden Feminismus von Judith Butler nachschwingen. Witzeck anerkennt diese Einwände zwar als "intelligente Perspektive", will sie dann aber doch nicht gelten lassen und wirft der Autorin vor, ihre Forderungen nur an die Frauen zu richten. Das pinke Cover nimmt die Kritikerin dem Verlag übel.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.05.2018
Heide Oestreich wird nicht glücklich mit Svenja Flaßpöhlers Manifest für die potente Frau. Dass alle anderen Frauen krampfhaft an ihrem Opferstatus festhalten, wie die Autorin zu suggerieren scheint, kann Oestreich nicht finden, für sie eine einseitige Lesart der MeToo-Debatte. Auch Flaßpöhlers Postulat, das Kind nicht mit dem Bade, respektive die Verführung nicht mit der Belästigung abzuschaffen, scheint der Rezensent nicht leicht verständlich. Den Lernprozess abzubrechen, ehe er vollendet ist, hält sie für falsch. Als Stärke des Essays erkennt sie das Hinweisen auf blinde Flecken in der Debatte, die Pauschalanklagen etwa.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.05.2018
Susan Vahabzadeh hat so ihre Zweifel, ob die von der Philosophin Svenja Flaßpöhler angeregte Entsolidarisierung der Frauen in Sachen Belästigung die Lösung ist. Der Flaßpöhler vorschwebenden Selbstermächtigung der Frau und der Entpauschalisierung des Feminismus entkommt die Autorin laut Rezensentin aber selbst nicht, wenn sie von "den Feministinnen" schreibt. Interessant findet Vahabzadeh den Gedanken im Buch, es bräuchte eine neue Phänomenologie mit der "leiblichen Erfahrung" im Zentrum. Dass der weibliche Orgasmus wichtig für die Befruchtung sei, wie Flaßpöhler erklärt, hält die Rezensentin allerdings für eine eher rückwärtsgewandte Idee.



Quelle: https://www.perlentaucher.de/buch/svenja-flasspoehler/die-potente-frau.html (https://www.perlentaucher.de/buch/svenja-flasspoehler/die-potente-frau.html)

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Quote[...] Svenja Flaßpöhler spricht mit taz FUTURZWEI über militante Intoleranz von dauerbeleidigten Identitätslinken.

taz  FUTURZWEI: Stellen wir sofort die Greta-Frage der Gegenwart, Frau Flaßpöhler: Haben wir es mit Identitätspolitik übertrieben?

SVENJA FLAßPÖHLER: Zunächst einmal: Klar sollen und dürfen benachteiligte Gruppen um Anerkennung kämpfen. Und dafür müssen sie sich nun mal als Gruppe benennen. Aber es gibt einen Punkt, an dem dieser Kampf zu gesamtgesellschaftlicher Zersplitterung führt. Dieser Punkt ist eindeutig erreicht. Und zweitens vermisse ich bei denen, die diesen Kampf führen, ein gesundes Maß an Selbstdistanz. Und Reflexion darüber, dass »Identität« gerade in der linken Theoriebildung ein hoch problematisches Konzept ist.

taz  FUTURZWEI: Dann machen wir mit einem Zitat der Schriftstellerin Eva Menasse weiter: »Verdiente Wissenschaftler, die als Nazis, Lyriker, die als Sexisten, Sprachforscher, die wegen ihrer wissenschaftlichen Beschäftigung mit Ressentiment und Vorurteil als Vorurteilsverbreiter diffamiert werden, in den meisten Fällen losgetreten von Studenten, also von jungen Menschen, die intelligent, gut ausgebildet, vernetzt und kreativ in ihren Protestformen sind, aber offenbar unfähig, ihre eigene militante Intoleranz zu erkennen.« Gehen Sie da mit?

SVENJA FLAßPÖHLER: Da gehe ich schon allein deshalb mit, weil ich diese Militanz am eigenen Leib erfahre. Seit meinem Buch Die potente Frau gelte ich in linken Kreisen als rechtsreaktionär. Wenn das nicht so traurig wäre, wäre es eigentlich ziemlich lustig. Aber es gibt noch etwas, das mich gegenwärtig schwer beunruhigt: Nämlich die Unfähigkeit, Ambivalenz auszuhalten. Also: dass ein Mensch zum Beispiel zugleich ein exzellenter Musiker, aber auch Kinderschänder sein kann. Das führt letzten Endes zu dem Reinheitsgedanken: Michael Jackson muss aus dem kulturellen Gedächtnis getilgt werden. Und die Kunstwerke selbst müssen natürlich auch rein sein, weil man sich sonst belästigt fühlt. Da zeigt sich eine neue Form von Sensibilität  ...

taz  FUTURZWEI: Sensibilität ist freundlich formuliert.

SVENJA FLAßPÖHLER: Aber der Begriff ist interessant! Wir sind als moderne Subjekte mit einer sensiblen Außengrenze ausgestattet: Wann tangiert mich etwas? Was verletzt mich? Wird durch dieses oder jenes meine Würde angetastet? An diesen Formulierungen merkt man schon, wie zentral das Fühlen und Empfinden für uns ist. Sensibilität ist der Motor des Anerkennungskampfes von unterdrückten Gruppen. Aber sie kann eben auch vom Progressiven ins Regressive kippen und zu moralischem Totalitarismus führen, um einen Ausdruck von Thea Dorn zu verwenden.

taz  FUTURZWEI: Das Menasse-Zitat drängt eine unangenehme historische Parallele auf, weil ja auch für die NSDAP die Studentenschaft eine extrem avantgardistische Gruppe gewesen ist. Da wird einem schummerig, wenn man darüber nachdenkt, dass so eine Form von Reinheits-Totalitarismus genau von den »intelligenten« Eliten vorgetragen wird.

SVENJA FLAßPÖHLER: Stimmt. Ich würde aber sagen, das ist eine andere Logik. Der moralische Totalitarismus resultiert aus einem vermeintlichen Humanismus. Eben einer Sensibilität für die Unterdrückung der eigenen Gruppe oder die Unterdrückung anderer Gruppen. Das unterscheidet die linksliberale Elite oder auch linke Studierende von Nazis oder von Burschenschaften.

taz  FUTURZWEI: Ist das wirklich so?

SVENJA FLAßPÖHLER: Der zentrale Unterschied ist doch der: Der Faschismus wendet sich gegen Minderheiten, gegen Schwache. Wenn aber zum Beispiel Studierende dafür kämpfen, dass ein Eugen-Gomringer-Gedicht von der Wand ihrer Hochschule verschwindet, dann ist der Feind der weiße, erfolgreiche Mann. Dreh- und Angelpunkt ist also das Verhältnis von Privilegierten und Nichtprivilegierten. Oder auch: von Betroffenen und Nichtbetroffenen. Es gibt im Feminismus die sogenannte Standpunkttheorie, die besagt, dass jede Position an einen Standpunkt gebunden ist, aber dass die Unterdrückten einen objektiveren Zugang zur Wahrheit haben, weil sie viel mehr sehen als die privilegierte Gruppe, die gar kein Interesse an einer höheren Erkenntnis hat. Sicher ist es richtig, dass ich nicht weiß, wie es ist, eine schwarze Hautfarbe zu haben. Insofern kann mich die Sicht eines dunkelhäutigen Menschen, der tagtäglich Diskriminierung erfährt, zu neuen, wertvollen Einsichten führen. Problematisch finde ich aber, wenn Menschen, die keiner solch unterdrückten Gruppe angehören, unterstellt wird, dass sie zu bestimmten Themen nichts Wertvolles sagen können. Ich als weiße, heterosexuelle Frau in einer Führungsposition habe in bestimmten Themenkomplexen ganz schlechte Karten.

taz  FUTURZWEI: Wer verbietet Ihnen, Ihre Argumente zu bringen?

SVENJA FLAßPÖHLER: Im juristischen Sinne natürlich niemand, aber im moralischen Sinne würden mir manche Leute gerne den Mund verbieten. Kleines Beispiel: Ich habe vor einigen Wochen bei einer Debatte im Literarischen Colloquium Berlin versucht, meine Haltung zur gendergerechten Sprache darzulegen, die ambivalent ist. Ich habe versucht, einen Denkraum zu eröffnen und das Publikum zum offenen Austausch einzuladen. Unter anderem war Lann Hornscheidt da, begleitet von zwei exakten Kopien seiner selbst, gleiches Hemd, gleiche Frisur, beide sahen genauso aus wie er, hat mich schon etwas belustigt, diese Uniformierung  ...   

taz  FUTURZWEI: Hornscheidt ist laut Website »Profess_x für Gender Studies und Sprachanalyse«. Spezialgebiet: geschlechtsneutrale Sprache. Warum sagen Sie »der Lann Honnscheidt«?

SVENJA FLAßPÖHLER: Hätte ich »das Lann Hornscheidt« sagen sollen? Hier zeigt sich, dass Sprache widerspenstig ist, dass sie eine historisch gewachsene, grammatikalisch-semantische Eigenlogik hat und sich nicht dem emanzipatorischen Willen einzelner unterwirft: »Das« klingt eben extrem verdinglichend, und ich will niemanden verdinglichen. Ich hätte natürlich auch »die Lann Hornscheidt« sagen können. Dann hätte ich mich am biologischen Geschlecht orientiert. Als Frau, die durch die poststrukturalistische Theoriebildung gegangen ist, habe ich mich ganz subversiv für »der« entschieden. Aber zurück zu meiner kleinen Geschichte: Im LCB damals waren auch junge Feministinnen. Die haben überhaupt nicht ausgehalten, dass da jemand auf der Bühne auch die kritische Seite der gendergerechten Sprache beleuchtet. Also etwa die Frage stellt, wie offen Sprache für die Forderungen einzelner ist, so oder so angeredet zu werden. Die aggressiven Zwischenrufe kulminierten dann in dem Satz: »Hören Sie endlich auf, Sie beleidigen uns!«

taz  FUTURZWEI: Das war das Ende des Debatten-Diskurses?

SVENJA FLAßPÖHLER: Wenn an die Stelle von Argumenten Gefühle treten, ist an Diskutieren nicht zu denken. Das würgt alles ab.

taz  FUTURZWEI: Das Neue ist, dass das jetzt auf der rechten Seite gespiegelt wird. Der weiße, alte Arbeitermann ist oder fühlt sich kulturell und sozial entprivilegiert. Der will auch über seine Gefühle als Opfer sprechen. Das prallt jetzt aufeinander.

SVENJA FLAßPÖHLER: Klar. Auf der rechten Seite wird der Opfergestus auch gern nach vorne gespielt. Ein Satz wie »Hören Sie endlich auf, Sie beleidigen uns!« scheint mir aber doch eine eher linke Rhetorik zu sein. Das Opfer im rechten Diskurs ist eines, das mit Stärke assoziiert ist. Denken Sie an Nietzsche, da sind die Herrenmenschen zwar Opfer von Ressentiment und Sklavenmoral, aber fürs Beleidigtsein sind sie dann doch zu stolz.

taz  FUTURZWEI: Ich war unlängst auf einer Tagung zum Thema Krieg und habe dort einen Vortrag zum Thema »Vergewaltigung als Kriegswaffe« gehalten. Da meldete sich eine Studentin und fragte ganz empört, warum ich keine Triggerwarnung ausgesprochen hätte. Ich habe sie gefragt: »Haben Sie auf den Veranstaltungstitel geguckt? Glauben Sie, dass Vergewaltigung kein Mittel des Krieges ist? Darf man dann darüber nicht sprechen? Möchten Sie gewarnt werden davor?« Sofort sprang ihr eine Professorin bei und sagte: »Das kann man jetzt aber hier nicht verhandeln.« Dann sagte ich: »Das kann man allerdings verhandeln, denn das ist eine wissenschaftliche Veranstaltung.« Das ist ja doch interessant, wie diese Macht funktioniert.

SVENJA FLAßPÖHLER: Interessant ist auch, mit welcher Bereitwilligkeit Institutionen diese Logik stützen. In der heißen Phase der #MeToo-Debatte hat sich gezeigt, wie weit die institutionelle Unterwerfungsbereitschaft geht. Ein gutes Beispiel ist Gebhard Henke, ehemals Fernsehchef beim WDR, der aufgrund von anonymen Anschuldigungen, sexuell belästigt zu haben, vorzeitig in den Ruhestand entlassen wurde.

taz  FUTURZWEI: Eine fristlose Kündigung wurde vom WDR später zurückgenommen, man einigte sich auf Beendigung der Zusammenarbeit wegen eines »fehlenden Vertrauensverhältnisses«.

SVENJA FLAßPÖHLER: Aus der Angst heraus, dass die Institution Schaden nimmt aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Wucht von #MeToo, wurde dieser Mann vorzeitig und ohne jeden Beweis seiner Schuld entlassen. Henke hat mir bei einem Treffen erzählt, er ist sozial im Grunde tot. Da wird institutionell ein vorauseilender Gehorsam geleistet, der Existenzen kaputt macht. Zur #MeToo-Debatte könnte ich jetzt natürlich einiges sagen.

taz  FUTURZWEI: Vielleicht einen Absatz.

SVENJA FLAßPÖHLER: Abgesehen davon, dass die Auswüchse von #MeToo mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun haben, hat sich Feminismus in eine Opferrolle hineingetwittert, die so schlicht nicht mehr vorliegt. Wir leben nicht mehr im Patriarchat, sondern in einer extrem vielschichtigen Übergangsphase. Es gibt noch real existierende Unwuchten, sicher. Aber wir Frauen sind doch konstitutiver Teil dieser Unwuchten  ...

taz  FUTURZWEI: Dafür wurden Sie von anderen Feministinnen besonders hart kritisiert.

SVENJA FLAßPÖHLER: Weil eben diese Feministinnen mein Buch nicht vernünftig gelesen haben, ich habe mit keinem Wort behauptet, dass Frauen selbst schuld sind, wenn sie vergewaltigt werden. Sondern ich fordere, dass auch Frauen eine kritische Distanz zu sich selbst einnehmen, anstatt nur #MeToo zu tippen und auf den Mann zu zeigen. Wir haben ganz bestimmte Verhaltensweisen inkorporiert in den Jahrhunderten des Patriarchats: Passivität, Gefallsucht, Minderwertigkeitsgefühle. Das führt dazu, dass wir uns auch in Situationen, in denen wir die Möglichkeit hätten, autonom zu handeln, genau das oft nicht tun. Wenn mich ein Vorgesetzter fragt, ob ich mit ihm auf einem Hotelzimmer ein Bewerbungsgespräch führe, kann ich selbstverständlich ganz souverän sagen: Nein, danke. Wenn dann eingewendet wird: Ja, aber dann kriegt die Frau doch den Job nicht! Dann muss ich sagen: Ja, das ist Autonomie.

taz  FUTURZWEI: Zum eigenen Nachteil Entscheidungen treffen?

SVENJA FLAßPÖHLER: Ja, natürlich. Die Menschheitsgeschichte wäre keinen Millimeter vorangekommen, wenn die Menschen immer nur dann autonom gehandelt hätten, wenn es gerade gut passt.

taz  FUTURZWEI: Wenn ich mich jetzt aber dafür entscheide, mich hochzuschlafen, um in eine mächtigere Position zu kommen, ist das okay? Oder schwäche ich damit den feministischen Machtkampf?

SVENJA FLAßPÖHLER: Wenn man mit wem auch immer aus freien Stücken schläft, muss man dazu stehen und darf hinterher nicht sagen: Der hat mich aber gezwungen. Und hochschlafen, das sagt man so. Wenn eine Frau Sex mit ihrem Vorgesetzten haben will, bitte. Das als unfeministisch zu bezeichnen, da fängt die Prüderie doch schon an. Da kommen wir schnell in Teufels Küche.

taz  FUTURZWEI:  Gibt es den Teufel eigentlich auch in weiblicher Form? Ist das Teil irgendeines Diskurses oder darf der als einziger männlich bleiben?

SVENJA FLAßPÖHLER: Das weiß ich nicht, aber es gibt ganz sicher eine weibliche Form von Gewalt. Mich hat jedenfalls von Anfang an skeptisch gemacht, dass alle, wirklich alle #MeToo super fanden, von Alice Schwarzer und Angela Merkel über Giovanni di Lorenzo bis hin zur linken Feministin in Neukölln. Da wird eine Quasireligion aufgebaut und wer es wagt, die zu kritisieren, ist rechtsreaktionär. Das hat nichts mit einem offenen, liberalen, demokratischen Diskurs zu tun.

taz  FUTURZWEI: Wenn jetzt von rechter Seite aus faschistoide Vorstellungen wieder als wünschenswert artikuliert und als politisch durchsetzbar gedacht werden und von einer sich als progressiv verstehenden Seite der Gesellschaft auch das Reinheitspostulat kommt, wo bleibt denn der autonome Raum?

SVENJA FLAßPÖHLER: Da kann ich jetzt mal als Betroffene antworten. Dass meine Thesen streitbar sind, ist doch völlig klar. Aber was mich erschreckt hat, ist, dass manche Leute wegen meines #MeToo-Buches den Diskurs mit mir verweigern. Als wäre ich ein Nazi.

taz  FUTURZWEI: Was für Leute sind denn das?

SVENJA FLAßPÖHLER: Zum Teil Bekannte, die demselben Milieu entstammen.

taz  FUTURZWEI: Und sich als aufrechte Linksliberale verstehen?

SVENJA FLAßPÖHLER: Aufrecht weiß ich jetzt nicht, aber linksliberal sicher. Die Grenze des Sagbaren wird eng gezogen. Das so zu formulieren ist natürlich in sich schon wieder hakelig, weil das eine rechte Rhetorik ist: »Das wird man ja nochmal sagen dürfen.« Das Schlimme ist aber, dass ich in den letzten zwei Jahren in Situationen gekommen bin, in denen mir genau dieser Satz auf der Zunge lag: Das werde ich ja wohl nochmal sagen dürfen.

taz  FUTURZWEI: Womit man an dem wirklich brisanten Punkt der Verengung des politischen Raumes ist. Aber man kommt auch bei dem Versuch, eine rationale Ebene einzuziehen, schon wieder in die Falle, dass man gezwungen wird, das Falsche zu sagen, weil der Raum nicht mehr da ist.

SVENJA FLAßPÖHLER: Das hat mit dieser Standpunkttheorie, mit dieser Betroffenheit zu tun. Sobald man anfängt, reflexive Distanz zu fordern, fängt das Problem schon an, weil der oder die Betroffene dann sagt: Aber das verletzt mich doch! Es gibt einen Unwillen, genau diese sachbezogene Distanz zu sich selbst einzunehmen, die aber leider die Voraussetzung für eine sachgetriebene Debatte ist. Warum schaffen wir es nicht mehr, Thesen in den Raum zu stellen und dann von allen Seiten zu betrachten? Und noch ein Satz zur Standpunkttheorie: Es ist ja gerade notwendig, dass am Diskurs auch Menschen teilnehmen, die nicht unmittelbar betroffen sind. Sie haben nämlich den Vorteil, sich aus der eigenen Betroffenheit nicht herauslösen zu müssen und vielleicht Aspekte zu sehen, die Betroffene nicht sehen. Deshalb würde ich sagen: Die Betroffenenperspektive kann extrem bereichernd sein für einen Diskurs. Aber sie kann auch in krudesten Narzissmus münden, weil man alles auf sich bezieht.

taz  FUTURZWEI: Das ist das intellektuelle Äquivalent zum Selfie.

SVENJA FLAßPÖHLER: Ja, wobei man da immerhin noch eine Armlänge Abstand halten muss zu sich selbst.

taz  FUTURZWEI: Dahinter steckt doch ein eklatanter Mangel an Liberalität. Die Linksliberalen sind nicht mehr liberal. Das Problem einer gesellschaftlichen Konsensverschiebung besteht ja darin, dass es alle beteiligten Gruppen umfasst. Die Identität der Mechanismen der Ausgrenzung, der Delegitimierung, der Selbstbezüglichkeit, der Selfie-Kultur, das ist ja etwas, was in allen gesellschaftlichen Gruppen Diskurs verengt oder verunmöglicht. Das sind immer Spiegelungen. Wenn ich das schon immer höre, dass man ja aber auch die Rechten ernst nehmen und in Dialog treten muss, das ist ja auch nur Kennzeichnung dieses Phänomens.

SVENJA FLAßPÖHLER: Da halte ich dagegen und sage, dass diese Habermasche A-priori-Ausgrenzung von bestimmten Positionen letzten Endes zu einem linken Elitismus führt, der sehr gefährlich ist, weil man dem anderen immer schon von vornherein abspricht, überhaupt diskursfähig zu sein. Ich bemühe mich, rechte Positionen zu verstehen, aber im Sinne von Hannah Arendt. So, wie Arendt versucht hat, den Holocaust-Organisator Adolf Eichmann zu verstehen, ohne ihn zu rechtfertigen oder irgendwas zu entschuldigen.

taz  FUTURZWEI: Aber Verstehen ist was anderes als in Dialog zu treten.

SVENJA FLAßPÖHLER: Na ja, Verstehen setzt schon voraus, dass ich mir die andere Position erst mal anhöre. Das Kriterium wäre für mich vielmehr, ob die andere Seite auch bereit ist zuzuhören und ob grundsätzlich ein Erkenntnisinteresse besteht.

taz  FUTURZWEI: Wenn wir jetzt schon bei Hannah Arendt sind, da sind wir auch bei der Theoriefrage: Wie verstehe ich theoretisch auch die Fähigkeit zur Ambivalenz als Kernbestandteil von moderner Gesellschaft? Gibt es einen relevanten, wirklich gesellschaftsbezogenen Modernisierungsdiskurs? Was ist der theoretische Raum, in dem wir uns da gegenwärtig bewegen?

SVENJA FLAßPÖHLER: Mir fällt auf, dass die Errungenschaften postmoderner Theoriebildung überhaupt nicht mehr reflektiert und gesehen werden. Differenz zu denken, und zwar radikal, das macht die Moderne im progressiven Sinn theoretisch aus. Und genau diese Errungenschaften werden verraten, wenn man nicht mehr dazu in der Lage ist, den anderen als anderen, mit einer anderen Position, mit einem anderen Standpunkt, anzuerkennen und in einen offenen Diskurs mit ihm zu treten. Stattdessen löst sich alles in einer krassen Selbstbezüglichkeit auf, völlig theoriearm, völlig theorieentkernt.

taz  FUTURZWEI: Das zentrale politische und gesellschaftliche Problem hinter dem, was wir besprechen: Wenn die »Linke« nur noch in dieser Form aufzutreten in der Lage ist und füglich davon absieht, was materielle Unterschiede und was gemeinsame Ziele sind: Wo sind dann die Sachverwalter der sozialen Frage?

SVENJA FLAßPÖHLER: Was an linker Identitätspolitik so gefährlich ist: Man gibt die Möglichkeit preis, sich im Dienste von etwas Höherem, zum Beispiel für soziale Gerechtigkeit, zu solidarisieren. Das hat sich auch gezeigt bei der riesigen »Unteilbar«-Demo, wo dann hinterher beklagt wurde, dass diese oder jene Gruppe da auch mitgelaufen ist.

taz  FUTURZWEI: Da müssen wir jetzt mal der historischen Richtigkeit halber sagen, dass die Einzigen, die sich mit »unteilbar« nicht solidarisiert haben, Wagenknecht, Stegemann und Co. waren, weil ihr »aufstehen«-Versuch sich ja dezidiert gegen diese Demo ausgesprochen hat. Die hatten natürlich Schiss davor, dass sie das nicht mit ihrer nationalen Antiflüchtlingshaltung überein kriegen. Apropos Schiss: Es ist absehbar, welche Reaktionen unser Heft und dieses Gespräch bekommen wird.

SVENJA FLAßPÖHLER: Ich werde oft gefragt: Haben Sie gar keine Angst vor einem Shitstorm? Scheiß auf den Shitstorm. Wenn jetzt schon Journalisten-Kollegen damit anfangen zu sagen, hmmm, wenn ich das jetzt so schreibe, wird die taz-Leserin das nicht liken, dann wird es wirklich gefährlich. Letzten Endes braucht man Arsch in der Hose.

taz  FUTURZWEI: Für uns hört sich das etwas machomäßig an.

SVENJA FLAßPÖHLER: Aber darauf läuft es hinaus. Ernsthaft: Ich finde, dass man differenziert über Dinge reden können muss. Wenn zum Beispiel gefragt wird: »Ist es für die Kinder egal, ob sie von homosexuellen Eltern großgezogen werden oder von heterosexuellen Eltern?«, sind sich alle total einig: Das ist völlig egal. Um es ganz klar zu sagen: Ich finde die Homoehe super, ich bin sehr dafür, dass Homopaare Kinder adoptieren können. Aber eine aufgeklärte Gesellschaft muss in der Lage sein, zu differenzieren. Es macht einen Unterschied, ob ein Kind zwei Väter, zwei Mütter oder einen Vater und eine Mutter hat. Ich rede jetzt nicht davon, dass etwas besser oder schlechter ist, aber es ist ein Unterschied. Warum kann man das nicht sagen? Warum kann man das nicht analysieren? Es gibt eine Angst davor, als reaktionär dazustehen, wenn man in die Differenzierung geht. Das führt zu der krassen Stupidität heutiger Diskurse, in denen ich dann plötzlich eine rechtsreaktionäre Feministin bin. Als Intellektuelle liegt meine zentrale Kompetenz darin, zu differenzieren. Das ist mein Job.

taz  FUTURZWEI: Der Begriff »rechtsreaktionär« scheint Sie schon zu wurmen?

SVENJA FLAßPÖHLER: Natürlich wurmt mich das, natürlich sehe ich mich nicht so. Aber es ist symptomatisch für unsere Zeit. Die Unfähigkeit zur Ambivalenz und die Unfähigkeit zu differenzieren hängen ganz eng zusammen.

(Dieses Interview ist in taz FUTURZWEI N°9 erschienen. Die Fragen stellten Peter Unfried und Harald Welzer.)


Aus: "Von moralischem Totalitarismus: Hören Sie auf, Sie beleidigen uns!" (2019)
Quelle: https://taz.de/Von-moralischem-Totalitarismus/!168884/ (https://taz.de/Von-moralischem-Totalitarismus/!168884/)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 08, 2019, 10:17:05 AM
Quote[...] Aus Telefonüberwachungen weiß man, dass eine wachsende Zahl von Ehefrauen, Müttern, Schwestern und Töchtern genervt ist vom ewigen Machogehabe ihrer Väter, Männer, Brüder und Söhne. Viele Frauen haben es satt, die Männer im Gefängnis zu besuchen und dass die Polizei am frühen Morgen anlässlich einer Razzia im Schlafzimmer steht. ... Etliche Mädchen und Frauen dieser Clans sind weit bildungshungriger als die Männer. Sie wollen einen Schulabschluss, einen Beruf erlernen, vielleicht studieren und arbeiten. ...


Aus: "Fünf vor acht / Clan-Kriminalität: Den Familien permanent auf die Nerven gehen" Aus einer Kolumne von Martin Klingst (8. Juli 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2019-07/clan-kriminalitaet-grossfamilien-parallelgesellschaften/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2019-07/clan-kriminalitaet-grossfamilien-parallelgesellschaften/komplettansicht)

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Quote[...] Wenn wir über Fußball reden, dann meinen wir Männerfußball. Männerfußball sagt man aber nicht, denn er ist die Normalität. Zur Fußball-WM der Frauen in Frankreich, die an diesem Wochenende in Lyon ins Finale geht, hat lediglich der deutsche Spiegel die Geschlechtermarkierung weggelassen und tickert online sichtbar aktuelle Spiele und Spielstände, während man bei den meisten Medien immer noch nach Beginnzeiten, Ergebnissen oder Berichterstattung suchen muss.

Wenn über Frauenfußball gesprochen und geschrieben wird, ist zuallererst (immer noch) Rechtfertigung im Spiel, warum es überhaupt Fußball spielende Frauen gibt, dazu gehören Erläuterungen, dass das Spiel schneller und interessanter geworden ist, die Rasanz dieser Entwicklung, aber auch Abbildungen schöner respektive weiblicher (sexy) Fußballerinnen – auch dies Entschuldigung und Ausweichmanöver.

Noch zur 2011er-WM in Deutschland sollen die "Mannweiber- und Lesbenklischees" werbewirksam durch neue Bilder ersetzt werden (die besser ins patriarchalische Weltbild passen), und heuer sponsert die Commerzbank einen ironischen Spot mit deutschen Nationalspielerinnen, die sich darüber lustig machen, dass sie keine Eier brauchen, weil sie Pferdeschwänze haben. Gut gemeint ist es bestimmt, aber ein Hinweis darauf, dass die Überschreitung der Geschlechtergrenzen nach wie vor höchst problematisch ist.

Anders ist es in den sozialen Netzwerken, wo Expertinnen und Experten, Fans und Interessierte wie beim "normalen" Fußball darüber kommunizieren, was sie beschäftigt: schöne Tore und Paraden, Aufstellungen, Taktiken, Chancen, Niederlagen, Trainerinnen- und Trainerentscheidungen, Lifestyle und politische Einstellungen einzelner Spielerinnen und so weiter.

Die Geschichte des Fußballspiels wurde erst vor rund hundert Jahren in Männerfußball einerseits und vorübergehend attraktiven, aber kaum geduldeten bzw. bald verbotenen Frauenfußball andererseits getrennt. Man weiß vielleicht nicht, wer genau ab dem 5. Jahrhundert in China gekickt hat, in England ab dem 12. Jahrhundert taten es alle. Über Stunden gingen diese Volksspiele, an denen sich ganze Dörfer – Männer, Frauen, Kinder – beteiligten und die auch sonst kaum reguliert waren.

Als Geburtsjahr des modernen Fußballs für Männer wie Frauen gilt das Jahr 1863, als die englische Football Association (FA) – eine Art Vorgängerorganisation der Fifa – gegründet wurde. Ab nun gibt es beachtliche Zahlen und weniger erstaunliche Verbote für Fußballerinnen. 1895 sehen 10.000 Zuschauer ein Frauenfußballspiel, das professionell nach FA-Regeln abgehalten wird. England-Nord vs. England-Süd, und die Namen der Spielerinnen, die in wallenden Knickerbockern auflaufen, sind überliefert.

In England ist Frauenfußball bis in die 1920er-Jahre so attraktiv und finanziell erfolgreich, dass die FA Konkurrenz für den Fußball der Männer fürchtet. Die Dick Kerr's Ladies (später FC Preston Ladies) füllen große Stadien, ein Spitzenspiel gegen die St. Helens Ladies in Everton wird 1920 von 53.000 Zuschauern verfolgt.

Im Jahr 1922 verbietet die Football Association offiziell, dass ihre Mitgliedsvereine die Plätze Frauen überlassen – ab nun entzieht man dem Frauenfußball wortwörtlich den Boden. Die fadenscheinigen Begründungen dieses Verbots – Gefährdung der weiblichen Gebärfähigkeit sowie Fehlen der grundsätzlichen körperlichen Eignung, moralisch-sittliche Bedenken et cetera – werden sich in den kommenden 50 Jahren in den meisten europäischen Ländern wiederholen und von allen möglichen Experten mit Thesen untermauert, die sich heute nur skurril lesen. In der Österreichischen Damenliga kommen zu den Spielen im Wiener Raum mit neun Mannschaften 3000 Zuschauer, und die Frauen spielen, bis 1938 der Nationalsozialismus Sport ausübende Frauen ausbremst und Frauenfußball verbietet.

Die Kabarettistin Lotte Specht gründet 1930 in Frankfurt am Main ein Frauenteam, das nur gegen sich selbst spielen kann, bis sich der Verein aufgrund Anfeindungen bald wieder auflöst – die Spielerinnen werden als "Mannsweiber" beschimpft und mit Steinen beworfen. Spechts Initiative ist keine rein sportliche, sondern emanzipatorisch gemeint, aber nachhaltig sind erst jene Vereine, die um des Fußballspielens per se gegründet werden.

Nach dem Wunder von Bern wollen auch die deutschen Frauen spielen, und landauf, landab bilden sich in den 1950er-Jahren Teams und wilde Ligen, man organisiert inoffiziell Länderspiele, bis der DFB 1955 schließlich den Frauenfußball offiziell verbietet, denn diese Kampfsportart sei "der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd" – geholfen hat es wenig, im Jahr darauf gewinnt eine Auswahl deutscher Frauen gegen die Niederlande 2:1. Die Spiele der Frauen werden immer wieder von Verbänden, teilweise mithilfe der Polizei, geräumt. 1963 spielt die deutsche Auswahl dennoch rund 70 Länderspiele.

Das deutsche Frauenfußballverbot gilt bis 1970 – kurz bevor in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt wird. Fußball spielen die Schweizerinnen schon länger. Madeleine Boll, Jahrgang 1953, bekommt als Zwölfjährige als erste Frau einen Spielerpass – aber nur, bis man bemerkt, dass der Mittelfeldspieler links mit der guten Technik ein Mädchen ist. Sie wechselt zu Gomma-Gomma in Mailand und ins Pionierland des europäischen Frauenfußballs. "La Montagna Bionda", wie die Presse Boll nennt, versteht erst später, dass sie Pionierin und Vorbild war.

Vielen Frauen in der Mitte des 20. Jahrhunderts in England, Deutschland und der Schweiz geht es um Fußball, nicht um Politik, sie haben männliche Vorbilder, wollen einfach nur Fußball spielen. Ehemalige Schweizer Fußballerinnen (die bei einem inoffiziellen Ländermatch 1970 9:0 gegen die Österreicherinnen gewinnen) sehen keinen Zusammenhang zwischen den gesellschaftspolitischen Aufbrüchen um 1968 herum und den Frauenvereinen, die sich zu der Zeit überall gründen. Dennoch geben sie sich nicht damit zufrieden, dass ihnen etwas verboten sein soll, das Männer dürfen.

Bis zuletzt lesen sich so manche Argumente gegen Frauenfußball ähnlich wie jene gegen das Wahlrecht für Frauen. Von Verantwortung gegenüber Frauen und Mädchen spricht die Kapitänin der französischen Nationalmannschaft, Armadine Henry: Nicht nur um Fußball gehe es, sondern auch um weiblichen Stolz. Frauenfußball und Politik sind nicht zu trennen, der Status des Frauenfußballs sagt viel über die Stellung der Frauen in der Gesellschaft aus.

Am 8. März 2019, dem internationalen Weltfrauentag, klagen 23 US-Nationalspielerinnen ihren Verband wegen Diskriminierung, es geht um Geld und um Gleichstellung, um Wertschätzung und Respekt. Die dreifachen Weltmeisterinnen, vierfachen Olympiasiegerinnen erhalten nur 38 Prozent des Lohns ihrer männlichen Kollegen, sind aber nicht nur vielfach erfolgreicher als diese, sondern spielen auch entsprechend mehr Geld ein als die US-Fußballer.

Warum ist Fußball in den USA weiblich? Interessant ist die historische These, dass der Kolonialismus Mitte des 19. Jahrhunderts eine strikte Fußballverweigerung nach sich zog und stattdessen American Football gespielt wurde. Fußball in den USA war und ist nicht als Arena der Männlichkeitsdemonstration besetzt. Hier durften Frauen spielen, weil es Männer nicht interessierte. Und weil die US-Fußballerinnen eine Tradition haben, zählen sie heute zu den besten Teams im Frauenfußball.

Um Gleichstellung bemühen sich einzelne Spielerinnen und ganze Teams auch in Dänemark, Norwegen oder Australien. Neben den Löhnen geht es um Strukturen und Anerkennung innerhalb der Verbände, die deutschen Fußballerinnen kämpfen ebenso wie ihre internationalen Kolleginnen gegen Vorurteile, Vorbehalte und Vergessen (sic!). Aber auch um mediale Wahrnehmung, Sichtbarkeit und fixe Austragungszeiten – Voraussetzung für Sponsormöglichkeiten und damit mehr Geld. Politik und Protest haben auf dem Fußballplatz nichts verloren – das ist eine gängige Floskel.

Gegen Rassismus macht sich die Fifa stark, auch gegen Homophobie – aber kaum ein männlicher Spieler würde sich als schwul outen. Cynthia Uwak, zweimal beste Fußballerin Nigerias, fliegt wegen ihrer offen gelebten Homosexualität aus dem Nationalteam und sagt mit Augenzwinkern bei einem Talk im Wiener WUK: "Nicht alle Fußballerinnen sind lesbisch."

Megan Rapinoe, die mehrere Tore für die USA in der laufenden WM geschossen hat, verweigert das Absingen der Hymne, weil sie so gegen den strukturellen Rassismus in ihrer Heimat und die Politik des Präsidenten demonstriert. Und kurz bekommt die Frauenmannschaft des Wiener FC Mariahilf medial mehr Aufmerksamkeit als die Frage, ob die US-Frauen noch jubeln dürfen, nachdem sie der gegnerischen Mannschaft aus Thailand die historisch höchste Niederlage bei einer WM zugefügt haben (13:0). Vor dem Freundschaftsspiel der Wienerinnen gegen die Frauen aus dem Vatikan demonstrieren während der Vatikan-Hymne drei Spielerinnen des FC Mariahilf mit aufgemalten Gebärmüttern gegen die Vatikan-Abtreibungspolitik, worauf der Nuntius die Römerinnen nicht spielen lässt. Dass die Demonstrantinnen auf ihre Teilnahme verzichten, hilft so wenig wie die Demontage der Regenbogenflaggen am Spielfeldrand, die nicht goutiert werden.

Viel ist von Höflichkeit und Gastgeberetikette die Rede, weniger von gegenseitigem Respekt und Dialogbereitschaft. Als 2006 der BSV Al-Dersimspor aus Berlin-Kreuzberg gegen das Team der iranischen Frauennationalmannschaft in Teheran vor ausschließlich weiblichem Publikum aufläuft – es ist das erste Spiel der Iranerinnen seit 1979 überhaupt -, demonstrieren im Stadion Frauen für ihr Grundrecht, die Spiele der Männer live im Stadion sehen zu dürfen, 2019 ist es ihnen immer noch verwehrt.

Um sich darüber hinwegzusetzen, verkleiden sich weibliche Fußballfans mit Bärten. Die Spielerinnen müssen Hidschab und lange Hosen tragen – was mittlerweile von der Fifa geduldet wird, die nicht auffällig ist, was gleiche Rechte für Frauen im Fußball angeht. In der Hallenfußballvariante Futsal ist das iranische Team der Frauen in Asien quasi ungeschlagen.

Homosexualität ist im Iran strafbar, bei Geschlechtsumwandlungen übernimmt die Krankenkasse die Hälfte der Kosten, die Frauen dürfen nicht zuschauen, und wenn sie selber spielen ... was für ein Vergrößerungsspiegel für die Widerstände, denen Fußball spielende Frauen immer noch ausgesetzt sind.


Aus: "Essay - Frauenfußball: Sie wollen nur spielen" Angelika Reitzer (7.7.2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000105965660/frauenfussball-sie-wollen-nur-spielen (https://www.derstandard.at/story/2000105965660/frauenfussball-sie-wollen-nur-spielen)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 08, 2019, 04:15:49 PM
Quote[...] Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hat eine Studie veröffentlicht, die Tötungsdelikte weltweit aufzeigt (Global Study on Homicide). Aus ihr geht hervor, dass 2017 weltweit 87.000 Frauen getötet wurden, 50.000 von ihnen wurden von ihrem Partner oder einem Familienangehörigen umgebracht.

"Viele werden von ihren aktuellen oder früheren Partnern getötet, aber auch von Vätern, Brüdern, Müttern, Schwestern und anderen Familienmitgliedern wegen ihrer Rolle und ihres Rangs", heißt es in dem Bericht. Wenn es sich um Partner oder Ex-Partner handle, seien die Taten meist nicht spontan, sondern stünden am Ende einer langen Gewaltspirale. Motive, die eine große Rolle spielten, seien Eifersucht oder Angst vor der Trennung. Verglichen mit 2012 ist die Zahl der Opfer leicht gestiegen.

Die meisten Fälle häuslicher Gewalt mit tödlichem Ausgang wurden 2017 in Asien verzeichnet: 20.000 Frauen wurden dort von ihren Partnern oder Familienangehörigen getötet. In Afrika wurden 19.000 Fälle gezählt, auf dem amerikanischen Kontinent 8.000, in Europa 3.000. Werden die jeweiligen Einwohnerzahlen der Regionen berücksichtigt, ist die Situation für Frauen in Afrika am gefährlichsten, in Europa dagegen vergleichsweise sicher.

Laut dem Bericht liegt die Gewalt gegen Frauen oft in stereotypen Ansichten zur autoritären Rolle des Mannes begründet. Wer glaube, der Mann habe das Recht auf Sex oder das Recht, die Frau zu dominieren, neige eher zu mitunter auch tödlicher Gewalt. Bei den Tätern seien geringe Bildung, Misshandlungen in der Kindheit, Alkohol und die Erfahrung niedriger Hemmschwellen zur Gewaltanwendung wichtige Faktoren.

Insgesamt sind 2017 weltweit 464.000 Menschen Opfer von Tötungsdelikten geworden. Durch Mord und Totschlag seien viel mehr Menschen gestorben als in allen bewaffneten Konflikten – das waren im selben Zeitraum 89.000. Banden wie die Mafia – also die organisierte Kriminalität – seien für 19 Prozent aller Tötungsdelikte verantwortlich.


Aus: "UN-Bericht: 87.000 Frauen wurden 2017 gewaltsam getötet" (8. Juli 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-07/un-bericht-toetungsdelikte-undoc-haeusliche-gewalt-verbrechensbekaempfung (https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-07/un-bericht-toetungsdelikte-undoc-haeusliche-gewalt-verbrechensbekaempfung)

QuoteSt.Expeditus #2

"Aus ihr geht hervor, dass 2017 weltweit 87.000 Frauen getötet wurden, 50.000 von ihnen wurden von ihrem Partner oder einem Familienangehörigen umgebracht.
Insgesamt sind 2017 weltweit 464.000 Menschen Opfer von Tötungsdelikten geworden. Durch Mord und Totschlag seien viel mehr Menschen gestorben als in allen bewaffneten Konflikten – das waren im selben Zeitraum 89.000."

Welche Schlüsse kann man daraus ziehen? ....


Quote
Statikus #26

Ich hätte mir zu diesem Artikel noch ein paar weitere Hintergrundinformationen gewünscht: Wenn von insgesamt 464.000 Opfern der Anteil der Frauen augenscheinlich bei knapp 20% liegt, wie ist die entsprechende Verteilung bei den Tätern? Bei wie vielen der Tötungsdelikte konnte die Tat aufgeklärt werden? Aber auch: Wenn bei den weiblichen Opfern genau ausgerechnet wird, dass dies 238 Todesfälle pro Tag sind (eine zugegebenermaßen erschreckende Zahl), warum wird nicht zumindest in einem Nebensatz erwähnt, dass die Zahl der männlichen Opfer mit mehr als 1.000 täglich eigentlich noch viel erschreckender ist? Wie sieht es in diesen Fällen mit der Motivlage aus?


QuoteHavelock Vetinari #37

Vielleicht wären einige weiter Fakten dieses Berichts interessant, um das Informationsspektrum etwas zu erweitern:Globally, some 81 per cent of homicide victims recorded in 2017 were men and boys, and more than 90 per cent of suspects in homicide cases were men, according to the most recent estimates. ...

https://www.unodc.org/documents/data-and-analysis/gsh/Homicide_report_press_release.pdf (https://www.unodc.org/documents/data-and-analysis/gsh/Homicide_report_press_release.pdf)


QuoteReinerkar #42


Die Aufsummierung auf die Kontinente erscheint schon etwas grob zu sein. Mich würde auch einmal interessieren, ob es entsprechende Aufschlüsselungen gibt, die sich mit der Kultur/Religion der jeweiligen Täter beschäftigen.

Ebenfalls würde mich interessieren, warum angesprochen wird, (so schrecklich das auch ist) das 87.000 Frauen Opfer von Morden wurden (87.000 zuviel).
Es wird aber nicht erwähnt, das in der gleichen Zeit (2017) 377.000 Männer ermordet wurden.
Selbst wenn wir annehmen, das die ganzen *Kriegsopfer* Männer waren, sind immer noch 288K zu 87K, also ungefähr 3 x so viele Männer ermordet worden, wie Frauen.
Wäre es hier nicht angebrachter, darüber entsetzt zu sein, das insgesamt fast eine halbe Million Menschen ermordet worden sind?


Quoteallesmist #42.1

Ja aber diese Männer werden ja häufig von anderen Männern umgebracht. Sie gehören der gleichen Gruppe an und sind somit gewissermaßen "selbst schuld". So zumindest die Standardargumentation an dieser Stelle...


QuoteAH-JA #43

Wie viele Frauen wurden in Deutschland getötet? Wie schlüsseln sich die Zahlen auf?

Ab 2012 stieg die Zahl der Morde (Frauen und Männer) deutlich an:

- Tiefststand 2012: 181 Morde
- Höchststand 2017: 405 Morde.
- Trendwende ab 2018: 386 Morde

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2229/umfrage/mordopfer-in-deutschland-entwicklung-seit-1987/ (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2229/umfrage/mordopfer-in-deutschland-entwicklung-seit-1987/)

Die Welt der Gewalt ist häufiger männlich. Grausam sind beide Geschlechter.
https://www.rbb-online.de/taeteropferpolizei/themen/frauenkriminalitaet.html (https://www.rbb-online.de/taeteropferpolizei/themen/frauenkriminalitaet.html)


Quotetrockenpflaume #44

Jede Frau und jeder Mann sind ein Mensch zuviel. Aber was will uns diese Meldung sagen? Bei 464.000 Tötungsdelikten weltweit sind also 87.000 weibliche Opfer und 377.000 männliche Opfer. Es gibt schlimme Verbrechen an Frauen, aber Mann sein ist viel gefährlicher?!


QuoteAtomickitten #44.1

Vielleicht weil es einfach noch perfider anmutet, wenn Frauen Opfer werden durch ihre eigenen (meist männlichen Angehörigen)? Ein interessanter Blog dazu:
http://kattascha.de/mord-ist-kein-beziehungsdrama/ (http://kattascha.de/mord-ist-kein-beziehungsdrama/)

Und ein Mann sehr selten einfach nur getötet wird, weil er ein Mann ist. Also nicht wegen seines Geldes. Einfach weil man ihn vergewaltigen will und/oder einen Hass auf Männer hat. Hassverbrechen wegen Religion, Rasse oder sexueller Orientierung werden auch als ganz besonders perfide und verachtenswert eingestuft.


Quotematthias pietsch #48.7

Da Gewalt ja ohnehin ein Männerproblem ist, hält sich meine Verwunderung eher in Grenzen.


QuotePorkchop9111 #51.4


"A 2013 global study on homicide by the United Nations Office on Drugs and Crime found that men accounted for about 96 percent of all homicide perpetrators worldwide"
https://en.wikipedia.org/wiki/Homicide_statistics_by_gender (https://en.wikipedia.org/wiki/Homicide_statistics_by_gender)

Gewalt ist eigentlich ein Problem von Männer für Männer. Aus dem Artikel der im eigentlichen Artikel verlinkt wird:

"Stefanie Leich: Die Gewalt gegen Frauen nimmt nicht ab, das Ausmaß hat sich seit 20 Jahren nicht verändert. Jede dritte bis vierte Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt. Zwar hat sich im Opferschutz viel getan, an anderer Stelle dagegen nichts. Ich kann Gewalt gegen Frauen nur verhindern, wenn ich auch die miteinbeziehe, die die Gewalt ausüben. Stichwort Täterarbeit. Die ist aber vielerorts total banal: Bei uns in Hamburg gibt es beispielsweise genau eine Beratungsstelle, an die sich Täter oder Täterinnen wenden können. Wenn man nur auf die eine Hälfte schaut, kann man dauerhaft nichts verändern." https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/haeusliche-gewalt-taeterarbeit-hamburger-frauenhaus-opfer (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/haeusliche-gewalt-taeterarbeit-hamburger-frauenhaus-opfer)


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on July 09, 2019, 04:08:58 PM
,,Eigentlich will ich nur in Ruhe anschaffen gehen" von dissenspodcast (03.07.2019, Dissens Podcast)
Kritisieren was ist, heißt sagen, was geändert werden muss. Der wöchentliche Gesprächs-Podcast über Kapitalismus und das gute Leben. ... Seit zwei Jahren ist das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Das Gesetz verletze Grundrechte und dränge Sexarbeiter*innen in die Illegalität, sagt die Aktivistin Undine de Rivière vom Berufsverband Sexarbeit. Ein Gespräch über staatliche Bevormundung, Selbstverwirklichung in Gang-Bang-Parties und die Hurenbewegung. Der Dissens Podcast mit Lukas Ondreka.
https://blogs.taz.de/dissenspodcast/eigentlich-will-ich-nur-in-ruhe-anschaffen-gehen/

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"Forschung zum politischen Islam: ,,Butler hat nichts verstanden"" das Interview führte Edith Kresta (25. 7. 2019)
Kritik am politischen Islam gerät schnell unter Rassismusverdacht. Ein Interview mit Susanne Schröter
https://taz.de/Forschung-zum-politischen-Islam/!5608768/

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Quote[...] Dating ist eine aus den USA herübergeschwappte Kulturtechnik, bei der der Mann ein Auto haben darf und die Frau kein Geld für den Restaurantbesuch. Der Mann holt die Frau ab, man isst irgendwo irgendwas und hört ein bisschen zu, wie das Gegenüber versucht, nichts Falsches zu sagen, während man selber versucht, auch nichts Falsches zu sagen. Dabei fragen sich beide ständig, ob ihr Gegenüber die Zeit und Aufmerksamkeit überhaupt wert ist oder man einen wichtigen Termin vortäuschen soll, um das Ganze vorzeitig zu beenden. Zum Abschied lässt man sich vielleicht küssen, aber nicht mehr, denn dann wäre man ja eine Schlampe. Also als Frau.


Aus: "Über Dates" Ronja von Rönne (ZEITmagazin Nr. 32/2019 31. Juli 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/zeit-magazin/2019/32/dating-partnerschaft-liebe-romantik-diane-keaton (https://www.zeit.de/zeit-magazin/2019/32/dating-partnerschaft-liebe-romantik-diane-keaton)

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 13, 2019, 09:39:24 AM
Quote[...] Seyran Ates ist gläubige Muslimin, Rechtsanwältin und Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd- Goethe-Moschee in Moabit, in der auch Frauen die Predigt halten dürfen. Mit ihr sprach Frank Bachner.

Frank Bachner: Frau Ates, Tausende Muslime sind am Sonntag zum ,,Gebet im Freien" auf das Tempelhofer Feld gekommen. Eingeladen hat der Verein ,,Neuköllner Begegnungsstätte", dem Verbindungen zur militanten Muslimbruderschaft vorgehalten wird. Wie groß waren Ihre Bauchschmerzen bei diesem Gebet?

Seyran Ates: Relativ groß, weil dort die Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum zelebriert wurde. Die Verantwortlichen, die das Gebet genehmigt haben, müssen sich die Frage stellen lassen, ob sie rechten Identitären auch so viel Raum gegeben hätten. Für mich handelt es sich bei Muslimen, die Geschlechtertrennung so massiv betreiben, um muslimische Identitäre. Mit diesem Thema sollte die offene demokratische Gesellschaft doch bitte kritischer umgehen, auch wenn die Thematik aus der muslimischen Community kommt, die von deutschen Rechten rassistisch und islamfeindlich verfolgt wird.

Welchen Unterschied macht es, dass diese Geschlechtertrennung beim Gebet nicht in einer Moschee, sondern in der Öffentlichkeit stattgefunden hat?

Die Tatsache, dass in den vergangenen 20 Jahren immer mehr patriarchalisch-archaische Praktiken zunehmend aus den privaten in öffentliche Räume gebracht wurde, führt dazu, dass sich eine Gesellschaft mit diesem Bild – in Anführungszeichen – immer mehr anfreundet und solche Praktiken als selbstverständlich betrachtet.
Diese Idee der Geschlechtertrennung wird immer massiver in den öffentlichen Alltag getragen. Der Rest der Bevölkerung soll sich daran gewöhnen, dass Geschlechtertrennung Identität dieser Menschen sei und dass sie als wichtig empfänden, so zu leben. Das ist absurd, da wir ja auch der anderen Seite für mehr Geschlechter-Gerechtigkeit kämpfen.

Betrachten Sie dieses Gebet im Freien als Pilotprojekt, als Versuch, zu schauen, was allgemein akzeptiert wird, um dann diese Form der religiösen Demonstration auszuweiten?

Ja, für mich ist es ein Pilotprojekt und Anreiz für andere, sich ihm anzuschließen. Nehmen wir doch als Beispiel das Kopftuch. Vor 20 Jahren trugen es noch vereinzelt erwachsene Frauen. Dann immer jüngere Frauen, und heute ist es für viele Menschen nichts Besonderes mehr, wenn sogar kleine Kinder ein Kopftuch tragen.
Schritt für Schritt wird etwas visualisiert, an das sich die Menschen gewöhnen sollen. Es gibt aus diesen Kreisen – die Muslimbrüder oder die Verbände, die aus der Türkei oder aus Katar gelenkt werden – immer wieder Stimmen, die sagen: Ihr müsst mutiger werden, ihr müsst mehr einfordern, ihr müsst Euch mehr Rechte nehmen.
Man bekämpft sehr berechtigt den wachsenden Rassismus und die Islamfeindlichkeit der Identitären. Aber man übersieht leicht, dass es sich bei diesen Menschen, die solche Sonderrechte einfordern, um muslimische Identitäre handelt. Diese Leute sehe ich sogar noch rechts neben der AfD.

Die Verantwortlichen, die dieses Gebet erlaubt haben, sitzen beim Landesunternehmen Grün Berlin. Was werfen Sie ihnen vor, was hätten sie Ihrer Meinung nach besser machen sollen?

Die Verantwortlichen bei Grün Berlin müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie kritisch genug waren, als sie das Feld dem Neuköllner Verein überlassen haben. Und ob sie die gleiche Offenheit gezeigt hätten, wenn eine rechte deutsche Gruppierung eine ähnliche Veranstaltung beantragt hätte.

Es gibt das Argument Religionsfreiheit.

Aber Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass wir über die Grenzen der Grundrechte gehen und andere Grundrechte wie die Gleichberechtigung der Geschlechter übersehen. Grün Berlin muss sich auch die Frage stellen lassen, ob es einer christlichen Gruppierung ein Teil des Feld überließe, wenn die dort eine massive Geschlechtertrennung praktizieren und dies als Ideal für die gesamte Gesellschaft postulieren würde.

Eine Kita in Leipzig wollte vor kurzem für die ganze Einrichtung Schweinefleisch und Gummibärchen abschaffen, mit dem Hinweise, man wolle religiöse Gefühle von zwei muslimischen Kindern nicht verletzen. Sehen Sie Parallelen zur Problematik beim Gebet auf der Tempelhofer Feld.

Ja natürlich. Die Aufforderung zur Sensibilität gilt ja nicht bloß für Grün Berlin, sondern für alle Verantwortlichen, die meinen, man könne und müsse alles unter das Dach der Religionsfreiheit packen. In Leipzig können dann plötzlich zwei Kinder, drei Jahre alt, die von Erwachsenen instrumentalisiert werden, darüber bestimmen, was 298 andere Kinder essen beziehungsweise nicht mehr essen dürfen. Hier gibt es eine Schräglage im Hinblick auf das friedliche Zusammenleben. Es kann nicht sein, dass die Dominanz einer Minderheit mit all ihren archaischen und patriarchalischen Strukturen gefeiert wird.


Aus: "Seyran Ates zum Gebet auf dem Tempelhofer Feld: ,,Das sind muslimische Identitäre"" (12.08.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/seyran-ates-zum-gebet-auf-dem-tempelhofer-feld-das-sind-muslimische-identitaere/24895706.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/seyran-ates-zum-gebet-auf-dem-tempelhofer-feld-das-sind-muslimische-identitaere/24895706.html)
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 21, 2019, 12:52:16 PM
Quote[...] Riad – Frauen in Saudi-Arabien brauchen für Auslandsreisen nicht länger die Erlaubnis eines männlichen Vormunds. Frauen ab 21 Jahren können seit Dienstag Anträge für die Ausstellung oder Erneuerung eines Reisepasses einreichen und damit "ohne Erlaubnis" ins Ausland reisen, teilte die saudi-arabische Passbehörde auf Twitter mit.

Damit setzen die Behörden des erzkonservativen Königreichs eine historische Reform um, die Anfang August beschlossen worden war. Das saudi-arabische Vormundschaftssystem wurde international seit langem scharf kritisiert, und auch in Saudi-Arabien selbst regte sich zuletzt zunehmend Widerstand. Die Anfang des Monats verkündeten Gesetzesänderungen sehen außerdem vor, dass Frauen künftig die Geburt eines Kindes, eine Hochzeit oder eine Scheidung anmelden dürfen. Sie können auch die Vormundschaft für ein minderjähriges Kind übernehmen.

In den vergangenen Monaten hatten mehrere junge Frauen, die vor Bevormundung und Gewalt aus Saudi-Arabien flüchteten, weltweit für Aufsehen gesorgt. Im Jänner wurde die 18-jährige Rahaf al-Kunun auf der Flucht vor ihrer Familie in Bangkok gestoppt. Sie erhielt schließlich Asyl in Kanada. Im Februar wurde der Fall der Schwestern Reem und Rawan bekannt, die auf der Flucht vor ihrer Familie in Hongkong gestrandet waren. Sie durften schließlich in ein unbekanntes Drittland ausreisen. Im April flüchtete ein weiteres Schwesternpaar nach Georgien.

Die nun geltende "Reisefreiheit" ist der nächste Schlag gegen das System der Vormundschaft, die Frauen rechtlich zu Minderjährigen degradiert. In den vergangenen Jahren hatte Saudi-Arabien unter Kronprinz Mohammed bin Salman damit begonnen, die sehr strikten Regeln für Frauen zu lockern. So dürfen Frauen seit Juni 2018 Auto fahren – ein besonders symbolträchtiger Schritt, denn bis dahin war Saudi-Arabien das einzige Land der Welt, in dem Frauen nicht selbst fahren durften. Frauen wurde auch erlaubt, Fußballspielen beizuwohnen und Berufe zu ergreifen, die bis dahin Männern vorbehalten waren.

Diese Liberalisierung hat zwar das Leben vieler Frauen verbessert. Von einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist das Land aber noch weit entfernt. Kritiker sprechen von lediglich kosmetischen Reformen und fordern, das Vormundschaftssystem komplett abzuschaffen. (APA, red, 21.8.2019)


Aus: "Frauen in Saudi-Arabien dürfen ab sofort selbstständig ins Ausland reisen" (21. August 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000107632099/frauen-in-saudi-arabien-koennen-selbststaendig-ins-ausland-reisen (https://www.derstandard.at/story/2000107632099/frauen-in-saudi-arabien-koennen-selbststaendig-ins-ausland-reisen)

Quote
die gute Ente von Sezuan

Sodom und Gomorrha!

Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on August 26, 2019, 10:05:25 AM
Quote[...] Es gibt da nicht viel herumzudeuteln: an den schlanken, gebräunten Beinen, an der Hand am offenen Haar, den leicht geöffneten Lippen, der Perspektive der Kamera. "Schau mich an!", sagen die Frauen in den Bildern. Sie zeigen sich in einem sehr traditionellen weiblichen Sinn. Als Objekt, das angesehen und begehrt werden darf.

Die Frauen, die diese Bilder auf Instagram hochladen, sind Anfang zwanzig, manchmal jünger. Die Menschen, die ihre Bilder liken, ebenfalls. 14- bis 19-Jährige nutzen Instagram am stärksten. Sie loben Bikinibilder und verteilen Herzen für durchtrainierte Bäuche wie den von @pamela_rf. "Mein Engel", schreiben sie oder: "hot hot hot".
https://www.instagram.com/p/B0tZkbPlZeq/?utm_source=ig_embed (https://www.instagram.com/p/B0tZkbPlZeq/?utm_source=ig_embed)

... Man ertappt sich dabei, von den klischeehaften Bildern auf diejenigen zu schließen, die sie aufnehmen. Auf Instagram wird ja so gern das Echte betont. Man fragt sich auch, was das mit denen macht, die jeden Tag Hunderte dieser Bilder anschauen: Wollen sie so leben wie die Menschen auf den Bildern von @BibisBeautyPalace? Mit glänzendem Haar, Villa, Pool?

Instagram ist eine spektakuläre Schau von Körpern, von Sex, von Glück und Schönheit. Klischees werden mit Lust vorgeführt und angeguckt, auch Geschlechterklischees. ...

... Caroline Daur ist eine beliebte deutsche Instagrammerin: Zwei Millionen Abonnentinnen folgen ihrem Account. Sie ist 24, schlank, blond, sehr muskulös. Mehrmals am Tag postet sie Bilder von sich in teurer Mode – derzeit sehr häufig aus einem Hotel am Meer. Der Balkon auf den Bildern ist mit hellen Säulen gesäumt. Am vergangenen Wochenende hat sie ein Video hochgeladen, in dem sie auf diesem Balkon drei Looks für ein Kleid vorstellt. Sie plaudert darin so, wie man mit einer Freundin plaudert, mit der man gemeinsam vor dem Spiegel steht und Klamotten zum Ausgehen anprobiert. Ab und zu hält sie ein teures Accessoire in die Kamera, nennt den Namen eines Designers. Schließlich zieht sie Sandalen an, die aussehen wie Wasserlatschen. "Das hier sind meine neuen Lieblingsschuhe", sagt sie. "Meine Mama findet sie schrecklich. Sie sagt: 'Jetzt noch Socken dazu, dann siehst du aus wie eine typische Deutsche.' Ach, und sorry für alle meine Sonnenuntergänge. Ich kann nichts dafür, es ist einfach so schön hier!"

Es ist ein netter, ein intimer Moment. Ein paar Mal verhaspelt Daur sich, das macht sie sympathisch, man lacht dann gern mit ihr. Martina Schuegraf sagt, dass es um solche Momente geht. "Nutzer wollen den Alltag der Influencerin spüren, sich in den Bildern Ideen für ihren eigenen Alltag abholen." Wenn man die Medienwissenschaftlerin fragt, ob die Nutzer und Nutzerinnen sich hier auch Weiblichkeit abgucken, sagt sie: Jedenfalls nicht bewusst. "Die Geschlechterrolle wird zwar deutlich sichtbar. Aber ob sich jemand besonders feminin oder maskulin gibt, steht nicht im Vordergrund."

Schuegraf sitzt im Vorstand der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur. Seit Jahren beschäftigt sie sich mit der Frage, welchen Einfluss neue Technologien auf junge Menschen haben. Bis 2018 hat sie an der Filmuniversität Babelsberg den Studiengang Digitale Medienkultur geleitet. Sie hat untersucht, wie junge Frauen und Männer Instagram nutzen. "Es gibt dort viele Möglichkeiten, sich nonkonform zu inszenieren, aber gezeigt werden häufig Genderstereotype", sagt sie und: "Das verwundert viele Forschende." Haben wir nicht Jahre des feministischen Diskurses hinter uns?

Die meisten Nutzerinnen und Nutzer scheinen über die Stereotype jedoch hinwegzusehen. Die 14- bis 29-Jährigen, die Schuegraf mit ihrem Team befragte, suchen vor allem nach Themen, die sie interessieren. Es sind klassische Lifestyle-Themen: Ernährung, Sport, Kunst, Reisen. Solange sie das Gefühl haben, dass eine Influencerin ihren eigenen Vorstellungen folgt, verteilen Nutzerinnen in der Regel wohlwollende Kommentare.

Tatsächlich gingen viele Jugendliche nicht sonderlich kritisch mit den Geschlechterbildern auf Instagram um. Das stelle sie in ihren Workshops immer wieder fest, sagt die Medienpädagogin Corinna Schaffranek. Man müsse fragen, was vor allem Mädchen brauchen, um zu verstehen, wie alte Rollenmuster wirken und wie stark diese Rollen auch ihr eigenes Leben prägen. Schaffranek hat sich dafür ein Programm überlegt: #Instagirls nennt sie es und bespricht in diesem Programm mit Mädchen, wie stark die Fotos in dem sozialen Netzwerk bearbeitet werden. Sie ist vor allem in Jugendzentren zwischen Köln und Frankfurt unterwegs. Die Nachfrage sei riesengroß, sagt Schaffranek. "Die meisten Bilder von Körpern sind aufgehübscht, und viele Mädchen leiden darunter, dass sie selbst nicht so aussehen wie die Frauen dort", sagt die Medienpädagogin. "Toxic positivity" nennt sie das, was auf Instagram vermittelt wird: Schönheit, die wie Gift wirkt. Die letzte Bravo-Dr.-Sommer-Studie hat erneut festgestellt, dass die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper bei Frauen und Mädchen wächst.

Schaffranek trifft 13- oder 14-Jährige, die eingeschüchtert sind von den Bildern gesunder, trainierter Körper. Inzwischen gehe es auf der Plattform häufig auch um nachhaltige, vegane Ernährung und darum, wie man damit sein Gewicht reduzieren könne. "Die Mädchen stecken in den Anfängen der Pubertät, ihr Körper legt an Fett zu. Das ist normal. Aber sie betrachten jedes Gramm Fett kritisch", sagt Schaffranek. In ihren Kursen zeigt sie manchmal ungefilterte Bilder von Frauen um die dreißig. "Die würde ich nicht liken", hört sie dann oft von den Mädchen. "Es zählt nur die Ästhetik des Überhübschen", sagt die Medienpädagogin. "Das Normale wird nicht als ausreichend schön angesehen." 

Sie lässt die Mädchen selbst ausprobieren, wie stark die Filter wirken. Lässt sie Selfies aufnehmen und unreine Haut so lange weichzeichnen, "bis sie sich schön finden". "Wenn ihnen bewusst wird, welche Tricks auf Instagram angewandt werden, denken sie anders über ihren eigenen Körper", sagt Schaffranek. Über Schönheitsideale müsse man immer wieder reden. Bei Heidi Klum habe die Diskussion geholfen. Ihre Fernsehsendung Germany's Next Topmodel sähen mittlerweile schon Jüngere kritisch. Natürlich gibt es auch Gegenbewegungen auf Instagram, markiert durch #mehrrealität oder #nofilter. Und viele ältere Mädchen, mit denen Schaffranek ebenfalls spricht, 16- oder 17-Jährige, sähen Weichzeichner von vornherein kritisch.

Nichtsdestotrotz betrachten selbst "visuell aufgeklärte" Mädchen und Frauen gerne Bikinifotos. Es ist nicht auszuschließen, dass auch sie sich mit den Bildern vergleichen. Aber wichtiger wäre es, ihre Lust am Schauen ernst zu nehmen. Genau darauf zielt Instagram ab. Wer durch die Profile scrollt, wird hineingezogen in eine Flut an clever komponierten Bildern, klaren Linien, starken Kontrasten. Es sind Bilder, die versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Haut, Brustansätze sind oft so tiefenscharf aufgenommen, dass man bewundernd darüberstreicht, heranzoomt, sich vorstellt, wie es wäre, diese Haut tatsächlich zu berühren.

Wer auf Instagram etwas ausdrücken will, muss es in Bildern tun, die möglichst auf den ersten Blick funktionieren, sonst sind die Nutzer weg. Denn es steht immer schon ein weiteres daneben, darüber, darunter. Deshalb setzen so viele Instagrammer auf Eindeutigkeit.

Geschlecht ist eine Kategorie, die visuell besonders gut funktioniert. Das hat damit zu tun, dass kaum etwas in der visuellen Kultur so eine starke Tradition hat wie die Darstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit. Seit es Fotografie, Film, Videografie gibt, hat der Mensch versucht, darzustellen, was das Weibliche vom Männlichen unterscheidet. Instagram führt das fort. Dabei entsteht jedoch keine 1:1-Kopie. Martina Schuhgraf spricht vielmehr von "mimetischer Annäherung": Instagram ist voller Anleihen, Verweisen auf andere Medien, Zitate, Referenzen, Persiflagen – aus Film, Werbung und Pornografie.

Tatsächlich ist die Generation der heute 14- bis 29-Jährigen in einer visuellen Kultur aufgewachsen, die noch stärker als etwa die davor – die der in den Achtzigerjahren Geborenen – auf zwei Geschlechter ausgerichtet ist: Die Welt aus Rosa und Blau hat die heutigen Instagrammer schon vor ihrer Geburt geprägt, sagt Stephanie Weber, Medienpädagogin wie Schaffranek, im Gespräch. Die Unterschiede hätten harte Konsequenzen. "Mit etwa drei Jahren haben die meisten Kinder bereits gelernt, dass es mehr Vorteile hat, ein Junge zu sein als ein Mädchen." Es ist schwer, so einen Eindruck wieder loszuwerden. Instagram ist keine bessere Welt. Was man dort sieht, belegt vielmehr, wie wir gelernt haben, Geschlechter zu sehen.

Doch so einheitlich die Bilder auf Instagram sein mögen – die Art, wie Nutzerinnen damit umgehen, ist es nicht. Auch das betonen alle drei Expertinnen. Instagram wirkt weniger unidirektional – also einseitig von Sender zu Empfänger – als Fernsehen oder Filme. Die Kommentare unter den Bildern ermöglichen eine zweite Ebene. Hier erscheinen dieselben Frauen, die auf den Bildern angeschaut werden möchten, als sprechende Frau, kommentierende Frau, nicht selten selbstironisch und witzig, im Austausch mit anderen. Auf einem Bild lehnt Caro Daur in kurzem Rock und pinken hohen Schuhen, ein Bein angewinkelt. "Where is the flamingo emoji when you need it?", hat sie unter das Bild geschrieben. @LuiseMorgen, im Bikini unterm Sonnenschirm, freut sich über eine Freundin, die sie im Urlaub besucht. Frauen antworten darauf mit "Dankbarkeit macht glücklich" oder "Happy Weekend". Als wollten sie sagen: "Ich schaue das hier gerne an. Aber ich sehe viel mehr in dem Bild als nur zwei schöne Frauen."

Männer melden sich kaum zu Wort. "Wenn sich Frauen auf Instagram freizügig zeigen, heißt das nicht, dass zwingend der begehrende männliche Blick adressiert wird", sagt auch die Medienwissenschaftlerin Martina Schuegraf. "Es kommt stets auf den Rahmen an, in dem Geschlechterrollen gezeigt werden. Man sollte nicht nur den Blick darauf richten, was inszeniert wird, sondern auch fragen, wie etwas inszeniert wird."

Vielleicht sollte man der Generation, die Instagram nutzt, zugestehen, auf ihre eigene Art mit ihren eigenen Bildern umzugehen. Es ist eine Generation, die sich schon in der Kita mit Mädchen- und Jungsrollen auseinandergesetzt hat. Und danach im Schulunterricht. Gerade gehen sie zu Fridays for Future auf die Straße, wo junge Frauen Reden halten und auch das auf Instagram posten. Es ist eine Generation, die Geschlechtsuntypisches nicht sanktioniert. Die Zwillingen (@LisaandLena), die vor der Kamera rumalbern, mehr Likes gibt als Fußballern. Die einer Eins-Nuller-Abiturientin folgt (@pamela_rf), die sich auf Fitness spezialisiert hat. Die millionenfach zustimmt, wenn @Miley Cyrus der Kamera ihre Brüste zeigt, und die sich danach gegen Fat Shaming ausspricht. Sie hält Unterschiede aus. Genauso wie Widersprüche.


Aus: "Weiblichkeit auf Instagram: Die überhübschte Schau"  Sarah Schaschek (25. August 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2019-08/frauen-instagram-geschlechterrollen-influencer-klischees-sexismus/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2019-08/frauen-instagram-geschlechterrollen-influencer-klischees-sexismus/komplettansicht)

QuoteGrundgesetz-Gutmensch #4

Das Grundproblem ist schnell benannt: Instagram.
Das ganze Prinzip dieses Dienstes besteht für die meisten seiner Nutzer in oberflächlicher Selbstdarstellung.
Jeder Café, jedes Essen, jede Zigarette, jedes Partyfoto, jeder Stadtbummel usw. usf wird da gepostet, ohne Sinn und Verstand und möglichst öffentlich (also ohne auf privaten Zugang einzuschränken).

Und in der Tat ist es auffällig, wie viele Frauen (übrigens auch eine Reihe von ,,progressiven" Journalistinnen!!) freizügig Posten, ihre Beine zeigen usw.
Ich bin alles andere als prüde, darum geht es hier nicht.
Ich verstehe nur nicht, wie jemand diese stumpfe und oft peinliche Oberflächlichkeit mit einem reflektierten Lifestyle verbinden kann.
Wenn Promis das für ihre Fans machen, kann ich das ja noch verstehen.
Wenn man das mit privater Verschlüsselung für den engeren Freundeskreis macht, auch noch gerade so.
Aber ansonsten?
Unverständlich.

...


QuoteResponsibleGambling #4.4

Man muss nicht alles so Bierernst nehmen. Die Selbstdarstellerei genießt in der Geschichte der Menschheit eine lange Tradition. Heute ist die Abdeckung und Geschwindigkeit nur eben eine bessere.


QuotePaul Freiburger #7

"Das verwundert viele Forschende."

Mich weniger. So ist es halt. Es gibt zum Glück mehr Toleranz für untypische Geschlechterrollen, aber die traditionellen bleiben die Klassiker. Dafür kann man weder das Patriarchat verantwortlich machen, noch die normende Macht der "Gesellschaft". ...


Quote
HomerPhil #9

In den sozialen Medien kann man klar und deutlich sehen, daß Progressivität und Feminismus definitiv nicht im Alltag der deutschen angekommen sind. Abgesehen von den "Influencerinnen", bei denen klar die Werbung im Vordergrund steht, zeigen sich junge Frauen ständig in den alten Rollenbildern. Entsprechend zeigen sich junge Männer gerne mit Auto nach dem Kraftsport. Ist das immernoch auf Konditionierung zurückzuführen?


Quotebierus #11

Tja. Ist schon ne Unverschämtheit. Die machen einfach was sie wollen.


QuoteFrettek #17

Instagram ist der reine Konformitäts-, Popularitäts-, Zugehörigkeits- ud Anerkennungsterror. Der psychische Schaden für junge Menschen ist enorm. Streit mit dem Freund, Freund beliebt an de Schule, 3/4 der Follower weg. Permanenter Zwang zur sexy Sebstinszenierung, Teenager in Schmollmundpose, Partypose, Busen raus, Arsch raus, Gott bin ich froh dass ich heute nicht zwischen 11 und 25 bin.


QuoteKommtMalRunter #19

Was da los ist? Die Gefallsucht grassiert ... und die "Like-me-Bettelei" ist am erfolgreichsten, wenn man/frau möglichst konform die anspruchslosen Erwartungen des Mainstreams erfüllt. ...


QuoteFrau. Huber #19.3

Die Hirnreifung ist komplett bei Frauen mit etwa 24 und bei Männern mit etwa 27 abgeschlossen.
Im antiken Rom wurde deshalb zwischen dem iuvenis und dem vir unterschieden und erst mit 30, als vir hatte man alle bürgerlichen Rechte.
Dazu kommt bei jungen Erwachsenen ein Mangel an Lebenserfahrung, der eine gewisse Naivität bedingt.


Quote
Sir Lawrence #20

Forscher forschen vielleicht manchmal in einer Forscherblase. Die neuen Medien sind per se nichts anderes als neue Kanäle, die es vielen ermöglichen, sich zu produzieren. Und so wie es scheint, ist der Mainstream eben doch nicht vom feministischen Diskurs geprägt.
Und in diesem Fall, sind es auch nicht die alten, weissen Männer.


Quotehairy #21

= Inszenierungen zum Verkauf von irgendwas = Werbung. Und dazu ist so ziemlich jedes Mittel recht, solange es nur 'irgendwie' heraussticht. Die Zielgruppe FeminisInnen dürfte einfach zu klein sein; also werden von Frauen andere (ältere) Stereotypen bedient.


Quote
Tanja Gönner #25

Instagram - die Neuentdeckung der Oberflächlichkeit


QuoteLothbrok #34

Von was ist die Autorin überrascht ?


Quoteclehmann #38

Wann sind wir endlich so weit, dass eine Frau nach eigenem Gutdünken Fotos von sich veröffentlichen kann, ohne dass ihr jemand erklärt, was daran unkorrekt ist?


QuoteMordonice #44

Ich seh daran nichts Überraschendes. Wenn Frauen ausgehen, machen sie sich im Normalfall auch entsprechend zurecht. "Sex sells" funktioniert nach wie vor und wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern. Auf Instagram natürlich erst recht nicht, da geht es in erster Linie ums Aussehen.

Menschen sind nach wie vor oberflächlich. Anders ist für mich zumindest nicht zu erklären warum z. B. Tinder recht beliebt ist. Auch dort geht es in erster Linie um Aussehen.

Entsprechend wundert mich, dass die Forscher überrascht sind.


...
Title: Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)...
Post by: Link on September 03, 2019, 04:01:07 PM
Quote[...] Die Aufzählung schien endlos. "Chloé, 33 Jahre, erwürgt in Bar-le-Duc. Sandra, 31 Jahre, erstochen in Bouqueval ..." Das war am vergangenen Mittwoch, als Demonstranten in Paris die Femizide – also Morde an Frauen in Partnerschaften – mit ihren bis dahin 97 Todesopfern ehelicher Gewalt anprangerten.

Inzwischen steht der Zähler auf 100, wie die Frauenorganisation Nous Toutes (Wir alle) am Montag mitgeteilt hat; Polizeistatistiken zum Thema Femizide gibt es nicht. Der letzte Mord durch einen Partner geschah in Frankreich an diesem Wochenende in Cagnes-sur-Mer an der Côte d'Azur. Anwohner hatten in der Nacht einen lauten Streit gehört, bei dem eine Frau rief: "Ich verlasse dich." Am nächsten Morgen fand die Polizei die zur Unkenntlichkeit zugerichtete Leiche der 22-jährigen Frau, weil ein Fuß aus einem Blätterhaufen ragte. Ihr 26-jähriger Freund wurde verhaftet.

Ein Fall von vielen. Im vergangenen Jahr waren in Frankreich 121 Frauen durch ihren aktuellen oder ehemaligen Partner ums Leben gekommen. 200.000 weitere Fälle ehelicher Gewalt wurden registriert. Diese Rekorde dürften 2019 geschlagen werden.

Jetzt reagiert Präsident Emmanuel Macron, der die Gleichheit von Mann und Frau im Präsidentschaftswahlkampf von 2017 zur "grande cause" erklärt hatte. Seine Staatssekretärin Marlène Schiappa beruft am Dienstag in Paris "Generalstände gegen die Gewalt in der Ehe" ein. Diese Veranstaltung ist seit langem geplant; dass sie nach dem 100. Femizid beginnt, ist nur ein trauriger Zufall.

Die Grenelle, wie solche Veranstaltungen in Anlehnung an Modelle im Bildungs- und Umweltbereich genannt werden, soll bis Ende November dauern und in konkrete Beschlüsse und Maßnahmen münden. Welche, soll erst in den nächsten Wochen und Monaten bekannt werden.

Ihr Anfangsetat beträgt eine Million Euro. Das sei geradezu lächerlich, meint Nous Toutes und verlangt ein Budget von einer Milliarde Euro. Nötig seien mehr Auffangstationen für gefährdete Frauen, mehr Fachpersonal in den Polizeiwachen sowie vorbeugende Kurse an Schulen. Das alles koste Geld, viel Geld.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo wirft Macron offen vor, er belasse es bei schönen Worten. "Gewalt in der Ehe ist kein häusliches, sondern ein politisches Thema", meint die Sozialistin, die bei den Gemeindewahlen von 2020 von einem Macron-Kandidaten herausgefordert wird.

Auch Schiappa muss sich vorhalten lassen, sie bleibe in der Frage der Ehegewalt wortreich und unverbindlich wie ihr Vorgesetzter im Élysée-Palast. Das ist zum Teil unfair, hat doch die Staatssekretärin trotz der sehr beschränkten Mittel ihres Ministeriums schon einiges erreicht. Der vor kurzem noch unbekannte Begriff Femizid hat sich in Frankreich erst im Zuge von Schiappas Internetpräsenz durchgesetzt.

Ein neuer Ausdruck rettet zwar nicht die dutzenden Frauen, die in Frankreich womöglich noch in diesem Jahr von ihrem Partner getötet werden. Schiappa wendet ein, dass sich ohne ein Umdenken nichts wirklich ändern werde. Vielen Tätern werde erst im Nachhinein bewusst, wie sie von täglichen Beschimpfungen zu Ohrfeigen übergegangen seien und dann plötzlich zum Küchenmesser gegriffen hätten. Eine Reportage auf dem Fernsehsender France 2 illustrierte am Sonntag den Fall eines Pensionisten, der seine Frau umgebracht hatte – und erst nach zehnmonatiger Therapie im Gefängnis überhaupt zur Einsicht kam, was er seiner Frau über die Jahre angetan hatte.

Wie viel die Generalstände mittel- und langfristig bewirken werden, muss sich zeigen. Tatsache ist, dass Frankreich heute europaweit eine der höchsten Mordraten in Partnerschaften aufweist. Die 100 Todesfälle sind gemessen an der Einwohnerzahl auch mehr als in Spanien, einst führend in dieser traurigen Statistik.

Mit dem Klischee südeuropäischer Machogewalt habe das allerdings nichts zu tun, meint Schiappa. Im Gespräch verweist die Staatssekretärin für Geschlechtergleichheit darauf, dass Deutschland oder England noch höhere Zahlen aufwiesen. Wenn schon, spielten eher soziale Faktoren mit, meint sie. Häusliche Extremgewalt sei auch deshalb ein gesellschaftspolitisches Problem. Zumindest in diesem Punkt herrscht in Paris Einigkeit.


Aus: "Häusliche Gewalt: Frankreich mobilisiert gegen Frauenmorde" Stefan Brändle, Paris (3.9.2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000108148028/frankreich-mobilisiert-gegen-frauenmorde (https://www.derstandard.at/story/2000108148028/frankreich-mobilisiert-gegen-frauenmorde)

Quote
Rabenvater

Es passiert also in Deutschland und England auch, na dann iss ja alles in bester Ordnung. Darf man fragen, WER so was auch in Deutschland und England macht?


Quote
Einfach Leben!

Mein Ex- Freund hat mich auch misshandelt. Ein Deutscher. Tat nicht weniger weh. LG


Quote
Walters Sachwalter

Russland ist vorbildlich

Einfach eheliche Gewalt straffrei stellen. Schon sinkt die Kriminalitätsrate in diesem Bereich!


Quote
majee

So tragisch jeder einzelne Fall ist, es gibt keine generelle Lösung für die Probleme zwischen Menschen. Der Mensch kann den Menschen nicht verändern.


Quote
wohin des weges

"Es gibt nichts zu sehen. Gehen Sie bitte weiter."


Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 12, 2019, 08:57:56 PM
Quote[...] In den vergangenen Jahren sind laut einem Bericht 100.000 Männer belästigt, genötigt oder vergewaltigt worden. Vor allem US-Soldaten niederer Dienstgrade sind betroffen.

Bei den US-Streitkräften sind in den vergangenen zehn Jahren mindestens 100.000 Männer pro Jahr Opfer sexueller Übergriffe geworden. Wie die New York Times unter Berufung auf Zahlen des US-Verteidigungsministeriums berichtete, waren allein 2018 etwa 7.500 Männer von sexueller Belästigung, versuchter Nötigung bis hin zu Vergewaltigung betroffen. Die Opfer seien meist jünger als 24 Jahre und hätten einen niedrigen Dienstgrad.

Die Zahl der registrierten weiblichen Opfer ist dem Bericht zufolge mit 13.000 im Jahr 2018 höher als die der Männer. Jedoch sagt das nichts über das tatsächliche Verhältnis, da man nicht weiß, wie viele Opfer die Vorfälle nicht anzeigen. Nur einer von fünf betroffenen Männern meldete Übergriffe – bei den Frauen seien es dagegen 38 Prozent. Viele Betroffene müssten die Armee verlassen und hätten dann Schwierigkeiten, im Alltag wieder Fuß zu fassen, hieß es weiter.

Mehr als die Hälfte der Übergriffe ging nach Angaben des Verteidigungsministeriums von Männern aus. In 13 Prozent der Fälle handelte es sich um Männer und Frauen als Täter.

30 Prozent der betroffenen Männer gaben an, die Täter seien weiblich gewesen. Bei den weiblichen Opfern waren vor allem Männer die Täter.

Laut der Zeitung erhebt das Ministerium erst seit 2006 Zahlen über männliche Opfer sexueller Übergriffe. Man sei sich bis dahin sicher gewesen, dass es sich um ein weibliches Problem handle, zitierte die New York Times Nathan W. Galbreath vom zuständigen Büro des Verteidigungsministeriums.


Aus: "Tausende Männer in US-Armee Opfer sexueller Übergriffe" (12. September 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/sexueller-missbrauch-us-armee-soldaten-noetigung (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/sexueller-missbrauch-us-armee-soldaten-noetigung)

Quoterecht und gerechtigkeit #6

Wenn man schon mit Zahlen hantieren, sollte man auch klar stellen, wieviele Belästigungen, Nötigungen und Vergewaltigungen es waren.


Quoterecht und gerechtigkeit #6.1

Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/km


Quoteprodubio #6.2

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quoterecht und gerechtigkeit #6.3

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quoterecht und gerechtigkeit #6.5

Liebe Redaktion, das ist aber armselig. Sie könnten Fakten nachliefern statt Kommentare zu löschen.


Quoterecht und gerechtigkeit #6.6

Und da die Löschung mich doch trifft:

"Die Zahl der registrierten weiblichen Opfer ist dem Bericht zufolge mit 13.000 im Jahr 2018 höher als die der Männer."

Es sind 14% Frauen und 86% Männer im aktiven Dienst (insgesamt 1,4 Millionen).

"Jedoch sagt das nichts über das tatsächliche Verhältnis, da man nicht weiß, wie viele Opfer die Vorfälle nicht anzeigen. Nur einer von fünf betroffenen Männern meldete Übergriffe – bei den Frauen seien es dagegen 38 Prozent."

Also haben 20% der betroffenen Männer Vorfälle gemeldet und 38% der betroffenen Frauen.

D.h. es wären 50.000 Männer und 34210 Frauen. Bei 1204000 Männer und 196000 Frauen im Dienst. Das sind 4,1% Betroffenenquote bei Männern und 17,5% bei Frauen.

Davon wären dann bei 30% der männlichen Betroffenen Frauen als Täter (15000, wenn man auch Mehrfachtäter jedesmal zählt) und bei 70% der männlichen Betroffenen und 100% der weiblichen Betroffenen Männer als Täter (35000 plus 34210 = 69210).

Und dann ist nicht mal geklärt, wieviel davon Belästigungen, Nötigungen, Vergewaltigungen waren.

Das eigentliche Problem ist aber bei allen Betroffenen, dass es die Betroffenen waren, die gehen mussten, um Frieden herzustellen oder weil die Betroffenen von gravierenderen Übergriffen traumatisiert und nicht mehr leistungsfähig waren. Junge Rekruiten aus armen Schichten und ohne Perspektive als Frischfleisch so zu sagen. Die Täter blieben.


Aus: "Tausende Männer in US-Armee Opfer sexueller Übergriffe" (12. September 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/sexueller-missbrauch-us-armee-soldaten-noetigung (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/sexueller-missbrauch-us-armee-soldaten-noetigung)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 19, 2019, 10:11:18 AM
Quote[...] Der emeritierte Kurienkardinal Paul Josef Cordes hat scharfe Kritik an der Protestbewegung "Maria 2.0" geübt. "Das Erbe Judith Butlers, der Prophetin des modernen Feminismus, in den Namen der Gottesmutter Maria hineinzudeuten, ist ein freches Lügenmanöver", sagte Cordes am Donnerstag in einem Interview der in Würzburg erscheinenden Wochenzeitung "Die Tagespost".

... Die Protestbewegung "Maria 2.0" hatte im Mai einen bundesweiten "Kirchenstreik" initiiert, um damit gegen eine männerdominierte Kirche und für den Zugang von Frauen zu den Weiheämtern in der Kirche zu demonstrieren. Bundesweit hatten sich nach Angaben der Initiatorinnen mehr als 1.000 Gruppen an dem Protest beteiligt. Zugleich war die Aktion in konservativen Kreisen auf scharfe Kritik gestoßen.

...


Aus: "Kardinal Cordes wirft Maria 2.0 "freches Lügenmanöver" vor" (Würzburg - 13.09.2019)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/22929-kardinal-cordes-wirft-maria-20-freches-luegenmanoever-vor (https://www.katholisch.de/artikel/22929-kardinal-cordes-wirft-maria-20-freches-luegenmanoever-vor)

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Quote[...] Die Gruppe Maria 1.0 hat die katholische Protestbewegung Maria 2.0 in einem offenen Brief aufgefordert, ihre "medienwirksamen Aktionen" einzustellen. "Eure Forderungen sind nicht gut für die Gläubigen und die Kirche. Sie gründen nicht auf dem Vermächtnis Jesu", heißt es in dem vom Maria-1.0-Team unterzeichneten Brief. "Wir denken nicht, dass eure Forderungen nach Frauenweihe, Priestertum für Frauen oder Abschaffung des Zölibats die Krise der katholischen Kirche und des Glaubensabfalls in unserem Land positiv beeinflussen wird", schrieben die Aktivistinnen. Die Kirchengeschichte zeige im Gegenteil, dass nur die Treue zu Jesus und der Kirche Frucht bringen werde.

Die Lehrerin Johanna Stöhr aus dem oberbayerischen Schongau rief die Aktion Maria 1.0 im Mai ins Leben – als Reaktion auf die Bewegung Maria 2.0. Maria 2.0 hatte mit einer Aktionswoche inklusive Streik gegen die Machtverhältnisse in der Kirche protestiert und mehr Rechte und Ämter für Frauen gefordert. Stöhr ist der Ansicht: "Maria braucht kein Update." Ihre Initiative wolle zeigen, "dass es auch Frauen gibt, die treu zur Lehre der Kirche halten".

In dem Brief schrieben Stöhr und ihre Mitstreiterinnen, dass das Auftreten von Maria 2.0 nur zeige, "dass unsere Kirche in großen inneren Spaltungen ist" und dass Spaltungen noch nie gut gewesen seien. Sie rufen dazu auf: "Lasst uns vielmehr gemeinsam Jesus in die Mitte stellen und neu verkünden."


Aus: "Maria 1.0 fordert Ende der Initiative Maria 2.0" (18. September 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-09/katholische-kirche-maria-10-20-protestbewegung-kirchenreform (https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-09/katholische-kirche-maria-10-20-protestbewegung-kirchenreform)

QuoteMir_fällt_gerade_kein_Benutzername_ein #2

Jesus im Herzen, und in der Verkündigung - darauf kommt es an.
Nur darauf.


Quoteohne eure Bots wärt ihr nur zu dritt #1.5

"...muss so eine Art Stockholm-Syndrom sein."

"... oder so eine Art Masochismus."

"...gepaart mit Gehirnwäsche"

Naja. Das Phänomen heißt Katholizismus.


Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 27, 2019, 01:07:37 PM
Quote[...] Pro Jahr werden 20.000 Anzeigen wegen Stalkings erstattet.

Frau M. war 1,66 Meter groß. Sie war 70 Kilogramm schwer und sie hatte einen sehr dicken Schädelknochen. Diesen zu durchdringen, erfordert ein hohes Maß an Kraft", sagt die Gerichtsmedizinerin.

,,Faktisch gesehen", sagt der Polizeibeamte, ,,hat die Polizei in diesem Fall alles richtig gemacht. Doch an ihm lässt sich sehen, dass es leider keinen endgültigen Schutz gibt. Wir können jetzt nur noch eine Fehleranalyse machen."

Sie. Das war Maria M. Sie wurde 32 Jahre alt. Er. Das ist Nelson B. Er ist 33 Jahre alt.

Am Anfang war es die große Liebe. Daraus wurde Eifersucht. Dann Psychoterror. Dann Stalking.

,,Was ich meine", sagt die Gerichtsmedizinerin: ,,Es braucht ein hohes Maß an Gewalt, um mit dem Messer durch den Schädel zu kommen. Wir haben im Knochen einen metallenen spitzen Gegenstand gefunden, die Messerspitze, diese war stecken geblieben."

Es war der Winter 2016, als sie sich kennenlernten. Er ging mit seinem Hund spazieren, sie ging mit ihrem Hund spazieren, im Volkspark Friedrichshain. Sie kamen ins Gespräch. Ihr Hund hieß Erna, seiner Bobby, beides Miniatur-Terrier. Nelson und Maria tauschten Telefonnummern aus, verabredeten sich wieder, kamen sich näher.

Knapp 20.000 Mal werden jedes Jahr in Deutschland Anzeigen wegen Stalking erstattet. Knappe 2.000 davon in Berlin. In den allermeisten Fällen sind es Ex-Freunde oder Ex-Männer, die ihren ehemaligen Partnerinnen nachstellen. So sehr, dass diese sich bedroht fühlen, ihr normales Leben nicht mehr leben können. Es zu Gewalt und Übergriffen kommt. Manchmal dauert all das jahrelang, manchmal ein paar Monate. Und selten kommt es dabei auch zu Tötungsdelikten.

Maria hatte seit sechs Jahren keine richtige Beziehung mehr gehabt. Nelson wurde von seiner letzten Freundin betrogen und verletzt, so erzählte er es ihr.

Von diesen Anfängen berichtet Marias Schwester Julia vor dem Kriminalgericht Moabit, 21. Strafkammer. Mit kerzengerader Haltung geht sie zum Zeugentisch. Mit fester Stimme spricht sie. Sie arbeitet als Tierärztin in Berlin. Sie ist die Jüngere.

Julia und Maria: Wie beste Freundinnen seien sie gewesen, Seelenpartner. Auch: wie gegenseitige Tagebücher. Maria hatte ihr alles über Nelson erzählt. Von der Verliebtheit, den ersten Unsicherheiten. Dann von der Angst. Julia war es, zu der Maria sich flüchtete. Die die Schreie ihrer Schwester hörte, noch versuchte, Maria zu beatmen. Julia hatte das Blut aus Marias Mund an ihren Lippen, damals am frühen Morgen des 8. Dezembers 2018, im Treppenflur ihres Wohnhauses in Zehlendorf.

Nelson B., groß und bullig, raspelkurze dunkle Haare, über den Augen dichte Brauen. Angeklagt wegen Mordes, gerichtliches Aktenzeichen 521 Ks 3/19. Hier wird verhandelt, wie heimtückisch seine Tat und wie arglos das Opfer war. Aber auch, wie zurechnungsfähig er dabei war und ob man es der Gesellschaft zumuten kann, ihn nach der Strafe wieder in Freiheit zu entlassen.

Nelson hatte sich Maria nicht mehr nähern dürfen, so hatte es erst die Polizei verfügt und dann das Familiengericht festgelegt. ,,Doch was bringt einem ein Stück Papier, auf dem steht, dass der Täter sich nicht nähern darf, wenn er es trotzdem einfach tut? Ein Papier schützt nicht vor einem Stich mit dem Messer", sagt der Opferanwalt Roland Weber, der Julias Nebenklage vertritt.

Hätte das Leben von Maria gerettet, diese Tat verhindert werden können? Haben sich Polizei und Justiz ausreichend bemüht?

Wie es ihr, Julia selber, gerade gehe, fragt die Richterin. Sie gehe in eine Traumaambulanz, um mit der Tat und ihren Folgen leben zu lernen, antwortet Julia.

Ihre psychosoziale Prozessbegleitung weicht im Gericht nicht von ihrer Seite. Und auf den Zuschauerbänken sitzen immer Kollegen, Freunde und die Familie. Eine Familie, zu der einmal auch Nelson gehörte. Kurz nur, ein Jahr, aber sie hatten ihn aufgenommen, wie einen Schwiegersohn, wie man das eben macht, wenn das Kind, die Nichte, die Schwester verliebt und glücklich ist, wenn man nichts Böses ahnt.

Nelson B. sitzt in einem Sicherheitskäfig aus Glas, nur ein paar Meter vom Zeugentisch entfernt. Manchmal schaut er in die Runde, zu den Zuschauern oder auf Julia. Immer bleibt seine Miene starr und unbeweglich. Man könnte meinen, dass er gar nicht zuhört. Doch er passt genau auf. Einmal weist er seinen Verteidiger darauf hin, dass auf den Zuschauerbänken eine Frau sitzt, die später noch als Zeugin aussagen soll. Sie wird des Saales verwiesen.

,,Was für ein Mensch war Ihre Schwester?", fragt die Richterin.

Julia sammelt sich kurz, holt Luft.

,,Sie hat es immer gut mit allen gemeint, hatte ein offenes Herz, war für alle da, für Freunde und Kolleginnen. Man konnte sie mitten in der Nacht anrufen und sagen, dass es einem schlecht ging, dass man ihre Schulter brauchte. Sofort kam sie vorbei. Wir beiden wurden von unseren Eltern zu Fairness und Gerechtigkeit erzogen. Und sie wollte was vom Leben, strengte sich an, um Karriere zu machen", erzählt Julia.

2010 waren die Geschwister aus Mecklenburg nach Berlin gezogen, vom Land in die große Stadt, wohnten zusammen in einer Wohnung. Julia studierte. Maria arbeitete als Kellnerin im Park-Inn-Hotel. Später wechselte Maria ins Motel One, als Managerin der Rezeption. Wenn Maria freihatte, traf sie sich mit Freunden, mit Kollegen, mit den Tanten, die auch in Berlin lebten.

Und wie war es, als Maria den Angeklagten kennenlernte?, fragt die Richterin.

,,Ihre Augen leuchteten", sagt Julia. Nelson B. tat ihr gut. Wenn sie von der Arbeit kam, massierte er ihre Füße. Sie kochte für ihn. ,,Obwohl sie das überhaupt nicht kann. Maria lässt sogar Spaghetti anbrennen. Doch für ihn machte sie Kohlrouladen, was gar nicht so einfach ist." Auf den Zuschauerbänken lachen die Freunde und die Familie. In diesem kurzen Moment ist es, als ob Maria noch da wäre.

Gleichzeitig war es nie ganz einfach mit Nelson. Mal meldete er sich nicht zurück. Mal sagte er Verabredungen kurz vorher ab. Einmal nur ein paar Stunden bevor sie in den Urlaub fahren wollten, oder als sie ihn endlich der Familie vorstellen wollte. Er brauche Zeit für sich. Ihm gehe es nicht gut. Er habe Angst, dass die Familie ihn nicht mag.

,,Viele Hundert Whatsapp-Nachrichten, die wir auf ihrem Telefon gefunden haben", sagt die Beamtin von der Mordkommission, die für die Datenauswertung zuständig war. ,,Und sie alle verweisen auf eine normale Beziehung. Höflich, freundlich, harmonisch." Wenn Nelson B. sich zurückzog, machte Maria ihm keine Vorwürfe. Sie war geduldig und wartete.

Als er sich schließlich doch noch zur Familie traute, bemühte er sich, einen guten Eindruck zu machen. Versuchte, sich gewählt auszudrücken, kleidete sich ordentlich, roch gut, hatte kurze Fingernägel, war höflich und schaute Maria liebevoll an. Wortkarg sei er gewesen. Schwer einzuschätzen. Sie trafen sich nun häufiger im Garten von Tante Andrea, spielten Tischtennis, grillten und redeten.

Auch noch, als erste Schatten aus seiner Vergangenheit auftauchten. Gerichtsvollzieher und Polizisten, die in seiner Wohnung standen. Eine aufgelöste Maria und ein Nelson, der die Beamten anpöbelte. Später gestand er Maria, dass er diverse Schulden hatte, viele Tausend Euro, darunter die Behandlungskosten für einen Mann, den Nelson B. attackiert hatte. Es sei nur Selbstverteidigung gewesen, beteuerte Nelson. Sie glaubte ihm.

Später wird ein Polizist vor Gericht aussagen, dass Nelson B. bei ihnen sehr bekannt war. Zwischen 2000 und 2018 trat er 144 Mal polizeilich in Erscheinung, davon 99 Mal als Tatverdächtiger. Er hatte diverse Vorstrafen, saß schon mehrmals im Gefängnis, auch wegen Körperverletzung. Weil er mit dem Messer zugestochen hatte. Zuletzt war er auf Bewährung entlassen worden. Seinen Ex-Freundinnen hatte er nachgestellt. So schlimm, dass sich alle drei an die Polizei gewandt hatten.

All das wusste Maria nicht.

Als Nelson seine Schulden nicht mehr verstecken konnte, half ihm Tante Andrea. Ordnete seine Dokumente, setzte sich mit den Banken, den Rechtsanwälten und seinem Bewährungshelfer an einen Tisch. Bezahlte seine Schulden von ihrem Geld.

,,Wenn Maria glücklich war, waren wir es auch, deswegen habe ich das gemacht. Außerdem hat jeder eine zweite Chance verdient, so dachten wir. Wenn er erst mal raus wäre aus seinem Schuldenloch, könnte er sein Leben besser ordnen, so dachten wir", sagt die Tante mit einer Bitternis in der Stimme. ,,Er wusste ja, welche Knöpfe er drücken musste, welche Tränendrüsen er anschmeißen musste, um Mitleid und Aufmerksamkeit zu bekommen."

Während Julia versucht, vor Gericht sachlich zu sprechen, ist die Tante zornig. Einmal wird sie vom Verteidiger von Nelson B. gefragt: ,,Sind Sie sauer auf meinen Mandanten?"

Sie antwortet: ,,Sauer? Ich verachte ihn zutiefst, für das, was er getan hat, und für das, was er ist. Ich verachte Menschen, die sich über andere hinwegsetzen und anderen wehtun."

Nelson B. schlägt die Hände vors Gesicht. Weint. Und äußert sich: ,,Es tut mir leid." Seine Schluchzer dringen durch den ansonsten totenstillen Saal. ,,Ich habe jeden Menschen, der mich liebt, enttäuscht. Ich wollte Maria nichts antun, dafür war sie ein viel zu toller Mensch. Ich habe sie sehr geliebt und habe ihr und ihrer Familie viel zu verdanken. Ich wollte mich einfach nur entschuldigen, wollte nur mit ihr reden."

Nach der Tat hatte Nelson bei der Polizei ausgesagt, dass er hingefahren sei, um sie zu umbringen: ,,Ich hätte ihr auch den Kopf abgeschnitten, um sicherzugehen, dass sie zu 100 Prozent tot ist."

Richterin: ,,Den Kopf wollten Sie also nicht abschneiden?"

Nelson B.: ,,Nein."

Sein Problem sei die Eifersucht. Er könne nicht vertrauen, sei schnell verletzt. Dann werde er ungerecht, gemein, beleidigend. ,,Innerlich bricht dann eine Welt zusammen", sagt er weinend.

Nelson B. ist in Berlin aufgewachsen, lebte als Jugendlicher zwischenzeitlich in einem Brandenburger Heim, war arbeitslos, war im Gefängnis, arbeitete als Straßenbauer. Nahm Drogen, trank Alkohol, stritt sich mit seiner Mutter, die 2013 starb, ohne dass sie sich versöhnt hatten. Und doch: ,,Wenn er auftrat, konnte er sehr charmant sein", sagt die Tante. ,,Alle Ex-Freundinnen sprachen auch von seinen guten Seiten", sagt die Polizistin der Mordkommission.

Im Mai 2018, sechs Monate vor Marias Tod, begann es zu kippen. Nelson erledigte an ihrem Tablet seine Bankgeschäfte, da poppten zwei Facebook-Messenger-Nachrichten auf. Ein Gast des Hotels bat darum, für ihn ein Zimmer zu reservieren. Aus irgendeinem Grund hatten Maria und er sich auf Facebook befreundet und aus irgendeinem Grund nutze er diesen Kanal für seine Anfrage. Nelson B. dachte, dass sie ihn betrügt. Dass das ein Code sei für ein heimliches Treffen. Es war der Anfang von Nelsons Weg in eine andere Realität. Eine, in der er nur noch Betrug und Gemeinheiten gegen ihn sah.

Die Polizistin der Mordkommission gibt zu Protokoll: ,,Ab diesem Zeitpunkt veränderte sich sein Whatsapp-Verhalten." Er meldete sich jetzt mehrmals am Tag. Wann sie Zeit hätte? Ob sie nicht die Arbeit ausfallen lassen könne? Warum sie immer ihre Freunde und die Familie über ihn stellen würde? Ob sie ihn überhaupt liebe? Seien nicht alle anderen immer wichtiger als er?

,,Erst war sie geduldig, hat sich erklärt, alles begründet. Doch je mehr von ihm kam, umso knapper wurde sie. Sie müsse nun mal arbeiten und wolle nun mal ihre Familie sehen. Je mehr sie sich zurückzog, umso verzweifelter und wütender wurde er", sagt die Beamtin.

Er drohte damit, sich das Leben zu nehmen, wenn sie sich nicht mit ihm träfe. Doch wenn sie sich trafen, stritten sie, machte er ihr Vorwürfe, nannte sie Fotze oder Drecksau. Sie wollte nicht mehr mit ihm schlafen. Er durchsuchte ihre Notizbücher, fotografierte eine Seite, auf der sie alle ihre Passwörter notiert hatte. Screenshots, die die Polizei auf seinem Handy fand, belegen das.

,,Ich muss aber wissen, dass ich geliebt werde", sagte Nelson mal zu Maria, mal zu Julia. Fing an zu zittern, zu weinen und wurde gleichzeitig laut.

Im September hatte Maria genug. Sie machte Schluss.

Der Horror beginnt.

Nelson ruft an, schreibt Nachrichten, klingelt nachts an der Tür und möchte rein, fragt die Nachbarin nach dem Ersatzschlüssel. Legt sich auf Facebook ein Fake-Profil an, kontaktiert Freundinnen von Maria. Lauert ihr im Volkspark Friedrichshain auf, springt aus dem Gebüsch. Wirft seinen Schlüssel weg und sagt: ,,Dann wohne ich jetzt bei dir."

Einmal nimmt sie ihn mit rein, als er betrunken vor der Tür liegt, da rennt er auf den Balkon, stellt sich auf das Geländer und sagt: Ich springe. Als sie die Polizei rufen möchte, droht er mit einem Blutbad. Dann wieder schmeißt er sein Handy und seinen Schlüssel in ihren Aufzugschacht und verlangt, dass sie sich darum kümmert. Zwischendurch lässt er sich in die psychiatrische Abteilung einer Klinik einweisen, weil Maria ihn darum gebeten hat, endlich an sich zu arbeiten und mit alldem aufzuhören. Doch er entlässt sich wieder, weil er zu ihr möchte, weil er wissen möchte, ob sie ihn nicht doch betrügt.

Dann, am 22. Oktober 2018 um 21 Uhr 40, erhält die Polizei einen Notruf. Maria ist dran. Sie ist in die Parkgarage ihres Hotels gefahren, da hat sie eine dunkle Gestalt hinter dem Auto herlaufen sehen. Nelson B. versucht, die Tür aufzumachen. Abgeschlossen. Er schlägt mit dem Ellbogen gegen die Scheibe. Versucht, sie mit dem Fuß zu zertrümmern.

,,Sie zitterte am ganzen Körper, war in einem Schockzustand, war fix und fertig", sagt einer der Polizisten, der sie schließlich fand. Die Beamten nehmen sie mit auf die Wache. Sie erzählt, wie er sie bedroht und terrorisiert, welch panische Angst sie hat. Eine Anzeige wegen Stalking wird aufgenommen. Eine Akte angelegt. Sie geben eine einstweilige Verfügung in Auftrag, dass er sich ihr nicht nähern darf. Andere Kollegen fahren bei ihm vorbei und halten die sogenannte ,,Gefährderansprache". Dass er sich strafbar mache, wenn er Maria weiter belästige. Dass sie ihn in Gewahrsam nehmen können, wenn er bei Maria auftaucht. Dass hier eine rote Linie ist, die er nicht überschreiten darf.

Maria selbst geht zum Familiengericht und beantragt ein Kontakt- und Näherungsverbot.

Alle Instrumente, die in Berlin zur Verfügung stehen, um Stalker in die Schranken zu weisen, werden bedient.

Seit einigen Jahren hat jede Berliner Wache speziell geschulte Beamte. Sie bewerten die Gefahr, die von dem Täter ausgeht, und erstellen die sogenannte Gefährdungsanalyse. Was hat der Täter für eine Vorgeschichte? Hat das Opfer große Angst? Bezieht der Täter dritte Personen mit ein? Ist er gewalttätig oder könnte er es werden? Die Polizei muss insgesamt abwägen, welche Maßnahmen den Konflikt entschärfen könnten oder welche ihn erst recht anheizen.

Der Stadtstaat Bremen geht noch weiter: Sofort, nachdem eine Stalking-Anzeige aufgenommen wird, schickt die Polizei ein Fax an ein Kriseninterventionsteam. Das meldet sich unverzüglich beim Beschuldigten, erst per Brief, dann per Telefon, und bietet Beratung und Therapie an. Die Beschuldigten müssen nicht mitmachen. Noch sind sie ja nicht schuldig gesprochen worden. Trotzdem öffnet sich damit ein Ausweg, den viele wahrnehmen. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit, Wut und Verzweiflung vom Opfer wegzuverlagern.

All das regelt eine Verwaltungsvorschrift, die 2006 in Bremen nach zwei aufsehenerregenden Stalking-Morden umgesetzt wurde. Ob alle zwei Wochen, jede Woche oder mehrmals wöchentlich: Die Beratungsstelle arbeitet solange und intensiv mit dem Stalker, bis er aufhört, einer zu sein. ,,Seitdem wir das so machen, hat es in Bremen keinen Tötungsdelikt in den Fällen mehr gegeben, in denen wir eingeschaltet waren", sagt der Leiter der Beratungsstelle.

Auch in Berlin gibt es eine Beratungsstelle mit dem Namen ,,Stop Stalking". Aber alle Vorstöße, das Bremer Angebot auch in Berlin zum Standard zu machen, scheiterten bislang mit dem Hinweis auf den Berliner Datenschutz. So melden sich die Stalker bei ,,Stop-Stalking" in den allermeisten Fällen aus eigenem Antrieb. ,,Letztendlich haben wir nur mit 130 Stalkern und Stalkerinnen im Jahr Kontakt und das bei knapp 2.000 Anzeigen", sagt der leitende Psychologe Wolf Ortiz-Müller.

Es gibt Einmal-Stalker, die die Trennung nicht verkraften, die aber nach einer gewissen Zeit und nach den ersten Kontakten mit der Polizei oder dem Gericht wieder mit dem Stalking aufhören. ,,Viele realisieren auch gar nicht, was sie mit ihren Handlungen bei ihren Ex-Partnerinnen oder Ex-Partnern auslösen, wollten das häufig auch gar nicht. Das sind die einfachen Fälle." Und dann gibt es notorische Stalker, die es immer wieder machen. ,,Sie haben häufig ein geringes Selbstwertgefühl, haben nie gelernt, mit Trennung oder Zurückweisung umzugehen, bauen sich ihre eigene Realität und Rechtfertigung, fühlen sich als Opfer und wollen das kompensieren, das eigentliche Opfer spüren lassen, wie gemein sie sich behandelt fühlen. Das kann unter Umständen schnell eskalieren", sagt Ortiz-Müller.

So einer ist Nelson.

Plötzlich steht er auf dem Grundstück der Tante, ist über den Zaun geklettert und hämmert gegen die Tür, gegen das Fenster. ,,Ich komme in Frieden" ruft er dabei. Er geht erst, als die Polizei ihn vom Gelände führt. Oder er steht auf der anderen Straßenseite von Marias Wohnung auf der Petersburger Straße. Trinkt Bier, schaut nach oben, stundenlang. Dann klingelt er, setzt sich in den Hof, ruft nach Maria. Maria holt die Polizei, die in Mannschaftsstärke anrückt und Nelson B. über Nacht auf die Wache mitnimmt. Insgesamt gibt es 16 dokumentierte Polizeieinsätze in diesen Wochen.

Längst schläft Maria mal bei ihrer Schwester, mal bei ihrer Tante. Längst hat sie Freunde mobilisiert, die sie überallhin begleiten. Längst hat sie ihren Computer neu aufgesetzt und die Passwörter geändert. Längst steht sie in Kontakt mit dem Landeskriminalamt, Zentralstelle für Individualgefährdung. Dort werden spezielle Schutzmaßnahmen für Maria entworfen, die man nur mit einer der höchsten Gefahreneinschätzungen bekommt.

Nelson beginnt zu googeln. Die Richterin liest ein paar Auszüge vor.

5. November: GPS-Tracker kaufen.

11. November: Mord unter Drogen und Medikamenten / JVA Moabit / Fernsehen in Untersuchungshaft / Psychisch krank / Wann geht ein Täter straflos aus.

Er liest den Artikel: ,,Auch Töten ist menschlich" auf ,,Zeit Online". Darin heißt es: ,,Wer mordet, ist nicht normal. Dabei liegt das Töten in unserer Natur."

13. November: Rechtsanwalt Mord / Citrön C1 Unterbau / Welche Drogen machen aggressiv / Buttersäure kaufen Berlin / Was passiert mit dem Mörder nach der Tat.

14. November: Ein Tag in der U-Haft / Polizei JVA Berlin.

21. November: Schusswaffe Görlitzer Park / Buttersäure / Messerstich ins Herz / GPS-Tracker Conrad

Irgendwann in diesen Tagen kauft er dann auch den GPS-Tracker, bringt ihn an Marias Auto an, weiß jetzt immer, wo sie ist. Kauft ein Steakmesser bei Edeka. Es kostet 9,99 Euro und ist 16 Zentimeter lang und drei Zentimeter breit. ,,Schwer ist es", sagt die Richterin, als sie den Messergriff mit der nun abgebrochenen Klinge in die Hand nimmt. Irgendwann jetzt bringt Nelson B. ein Antirutsch-Tape am Griff des Messers an. Wegen des Blutes, damit er nicht abrutscht und sich am Ende selbst verletzt. Den Tipp hat ihm ein Mitpatient in der Klinik gegeben.

Nur in ganz krassen Fällen verordnet die zuständige Amtsanwaltschaft oder das zuständige Gericht dem Stalker eine Therapie. Manchmal im Tausch für eine Einstellung des Verfahrens, manchmal als Auflage und damit als Teil der Strafe. So oder so passiert das erst, nachdem die polizeilichen Ermittlungen und das juristische Verfahren abgeschlossen sind. In Berlin kann das wegen der Überlastung der Justiz Monate dauern.

Nelson B. wäre wohl so ein krasser Fall gewesen.

7. Dezember, 18 Uhr 14. Die Polizei ruft ein letztes Mal bei Nelson B. an. Der Beamte ermahnt, nicht noch einmal bei Maria zu klingeln. Nelson streitet alles ab und wirkt auf den Beamten ,,genervt, unhöflich, frech und patzig". Das Telefonat dauert fünf Minuten.

Maria ist bei ihrer Schwester in Zehlendorf. Wie auch in den zurückliegenden Nächten. Sie traut sich nicht nach Hause. Julia hat gekocht, Maria gegessen. Dann gehen sie zusammen ins Bett. Maria will noch etwas auf Amazon schauen, schläft aber wie immer schnell ein. Julia steht wieder auf, geht an ihren Schreibtisch, arbeitet weiter an ihrer Doktorarbeit. Draußen ist es dunkel. Der Wind weht heftig.

Nelson hockt bei sich zu Hause im Prenzlauer Berg, eine dunkle Wohnung, aber nicht zugemüllt oder chaotisch, wie Tante Andrea auf Nachfrage der den Prozess begleitenden Psychologin aussagt. Eine chaotische Wohnung wäre ein Anzeichen von Depression, unter der Nelson angibt, zu leiden.

Das Telefonat mit der Polizei habe ihn aufgewühlt, sagt Nelson vor Gericht. Er sucht im Internet nach einer Verbindung nach Zehlendorf. Erst die Straßenbahn bis zum Nordbahnhof, von dort mit der S-Bahn bis nach Zehlendorf, dann mit dem Bus. Er weiß, dass Maria bei Julia ist, dass sie Frühdienst hat, gegen sechs Uhr das Haus verlassen wird.

4 Uhr 30. Marias Wecker klingelt. Sie steht auf, macht sich fertig. Julia hört noch, wie Maria mit einer ihrer Arbeitskolleginnen telefoniert. Diese will sie im Parkhaus vom Hotel treffen, damit Maria dort nicht alleine ist. Sie will Frühstück mitbringen und fragt, was Maria gerne hätte. Maria lacht. Julia erinnert sich, wie sie sich freute, dass Maria so viele Freunde hat, die sie unterstützen. Als Nächstes hört sie die Tür.

6 Uhr. Ein Nachbar, der mit seinem Hund spazieren geht, sieht Nelson vor dem gegenüberliegenden Haus im Dunklen hocken und wundert sich. Geht aber weiter. An der Eingangstür trifft der Nachbar auf Maria. Sie grüßen sich, Maria streichelt den Hund, dann tritt sie hinaus.

Nelson läuft mit drei, vier schnellen Schritten auf sie zu. Maria soll noch gesagt haben: ,,Was willst du hier? Ich bring dich zur Polizei." Dann stößt er mit dem Steakmesser Richtung Herz, Richtung Kopf. ,,Es ging so schnell wie ein Wimpernschlag", sagt er vor Gericht. Zehn, vielleicht 20 Sekunden lang sticht er zu, dann bricht die Klinge ab. ,,Ich hatte den Griff in der Hand, sie stand noch, ich bin weggerannt und habe den Griff fallen gelassen. Ich dachte, sie sei nur verletzt."

Julia hört die Schreie. Lang gezogen und laut. ,,Ich wusste, dass sie es ist. Ich wusste, dass er es ist. Ich hatte ihr ja gesagt: Wenn er dich angreift, dann schrei so laut und so viel du kannst. Es muss sich nach was Schlimmem anhören."

Sie rennt die drei Stockwerke nach unten, ihre Schwester steht mit der Schulter an die Tür gelehnt und sagt: ,,Er hat mich angegriffen." Julia sieht das Blut an der Stirn, am Oberarm, und Marias Handy, das sie in der Hand hält und aus dem ein Polizist: ,,Hallo, hallo" ruft. Dann sackt Maria weg, wird blass, ihre Augen flackern. Julia reißt Marias Oberteil hoch, beginnt mit der Reanimation. Nachbarn kommen dazu, wechseln sie ab. Julia übernimmt die Beatmung.

Nach 12, 15 Minuten kommen Polizei und Rettungswagen. Maria wird ins Krankenhaus gebracht. Sie hat keine Chance.

Todesursache: inneres und äußeres Verbluten.

,,Selbst wenn man den Angeklagten früher in U-Haft gesteckt und die Stalking-Anzeige schneller zu einem Verfahren geführt hätte, heißt das immer noch nicht, dass er nach U-Haft oder nach einer Strafe aufgehört hätte. Wenn er bleibt, wie er ist, wenn nicht mit ihm gearbeitet wird, dann ist er genauso gefährlich, wenn er wieder rauskommt", sagt Opfer-Anwalt Roland Weber. Über die Schwere der Schuld hat das Gericht zu entscheiden. Geht er ins Gefängnis? Für 15 Jahre oder sogar länger? Soll anschließend geprüft werden, ob der Angeklagte in Sicherungsverwahrung bleibt, weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit bleiben könnte?

,,Wenn man eine Lehre für Berlin aus diesem Fall ziehen kann, dann diese: Die Beschuldigten sollen endlich bei der polizeilichen Vernehmung ihr Einverständnis abgeben können, sich von einer Beratungsstelle kontaktieren zu lassen", fordert der Psychologe Ortiz-Müller.

Direkt nach der Tat versteckt Nelson B. sich, dann geht er frühstücken zu McDonalds, raucht noch eine Zigarette und stellt sich schließlich auf der Wache am Ostbahnhof der Polizei. Warum er sich diese Wache ausgesucht hat, fragen ihn die Beamten. Sie sei die bequemste, die Betten nicht aus Holz, er habe es ein bisschen mit der Schulter, sagt er, er kenne ja schon ein paar. Ruhig und kühl kommt er den Beamten vor. Als sie ihm sagen, dass Maria gestorben ist, soll er vernehmlich ausgeatmet und erleichtert gewirkt haben.



Aus: "Schutzlos gegen Stalking: Er stellt ihr nach, sie zeigt ihn an – jetzt ist sie tot" (21.09.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/schutzlos-gegen-stalking-er-stellt-ihr-nach-sie-zeigt-ihn-an-jetzt-ist-sie-tot/25011146.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/schutzlos-gegen-stalking-er-stellt-ihr-nach-sie-zeigt-ihn-an-jetzt-ist-sie-tot/25011146.html)

Quotetiefenrausch 24.09.2019, 09:36 Uhr
Es ist unfasslich, dass in diesen Fällen nicht endlich durchgegriffen wird. Ich hab schon vor 25 Jahren im Frauenhaus gearbeitet und Frauen aus gewalttätigen Beziehungen geholt. Diese Typen sind Verbrecher, auch schon wenn sie ihre Ex-Freundinnen nur bedrohen und sollten entsprechend behandelt werden. Dass dies immer noch nicht erfolgt ist der Tatsache zuzuschreiben, dass Männer immer noch eine gewisse Verfügungsgewalt über Frauen zugesprochen wird. Für mich eine implizite Komplizenschaft des Rechtswesens mit den Tätern.


QuoteLars_Mach 23.09.2019, 20:29 Uhr
"Liebe" ist wohl das am häufigsten missbrauchte Wort der Menschheitsgeschichte - meist wären Begriffe wie "Selbstliebe", "Eitelkeit" u.a. treffender!


QuoteTK1234 23.09.2019, 08:04 Uhr

Hier treffen zwei Grenzen aufeinander. Die Freiheit des einen hört da auf, wo er die Freiheit des anderen beeinträchtigt. Es bra
ucht Handfeste Beweise und oft fehlen diese. Viele Stalker sind nicht Dumm. Im Gegenteil. Ihre Vorgehensweise ist äußerst perfide und durchdacht. Sie nutzen falsche Identitäten und operieren oft in den social Media, wo die Anonymität leicht fällt.
Sie untergraben die Glaubwürdigkeit der Opfer, Beleidigen und Bedrohen sie. Wenn das ganze dann eskaliert, kommt es am Ende vielleicht noch zu körperlichen Übergriffen und in der Regel kommt es erst dann zu ernsthaften Ermittlungen und Konsequenzen.
Doch bis dahin sind die Opfer in ihrer Angst alleine.
Mir fällt da der Fall des Bremer Schülers ein, der Anfang 2016 von einem Stalker verfolgt wurde, nur weil er LGBTQ war. Anzeigen bei der Polizei brachten keine schnelle Hilfe. Zwar nahm sie die Ermittlungen dann auf, doch es fehlten "Handfeste" Beweise. Eine Person rückte ins Fadenkreuz der Ermittler, doch es fehlten immer noch die Beweise, wo diese Person mit den Taten in Verbindung brachten. Erst in 2018 erhob dann die Staatsanwaltschaft gegen diese Person Anklage. 2 Jahre Hölle und Ungewissheit für das Opfer.
Dabei war die Liste der Straftaten lang (Volksverhetzung, Betrug, Morddrohung um nur einige zu nennen).
Der Täter schickte einen Trauerkranz in die Schule des Jungen. Er versuchte eine Todesanzeige in die Zeitung zu setzen. Er hängte Plakate mit dem Foto des Opfers in der Stadt auf und outete es darauf als LGBTQ. In den social Media nutzte er Fake-Accounts um Lügen über das Opfer zu verteilen, es zu beleidigen und bedrohen. Unter dem Namen und Nummer des Opfers tätigte er Ebay Verkäufe und schickte den Kunden dann die Ware nicht, welche sich dann natürlich beim Falschen beschwerten und ihm auch drohten.
Der Junge hatte wenigstens soviel Stärke und Rückhalt, dass er durchhielt, die Sache zur Anzeige brachte und sich nicht in den Suizid treiben ließ.


QuoteThe_Robin_Hood_Principle 22.09.2019, 14:02 Uhr
Bei allem Respekt vor 'Yvonne D.'s differenzierter und reflektierter Betrachtungsweise (die hier m.E. als Stimme nicht fehlen durfte) möchte ich zur Ergänzung der Debatte Zahlen verlinken und insgesamt auf die tägliche Gewalt gegen Frauen verweisen (Quelle:tagesschau.de; UN-Bericht, Auszug)

    Auffällig bei den Frauen sind die Umstände, unter denen sie getötet werden. Von den rund 87.000 ermordeten oder totgeschlagenen Frauen im Jahr 2017 wurden rund 50.000 von ihrem eigenen Partner oder eigenen Familienangehörigen umgebracht. (...) Wenn es sich um Partner oder Ex-Partner handle, seien die Taten meist nicht spontan, sondern stünden am Ende einer langen Gewaltspirale. Unter den Motiven spielten Eifersucht und Angst vor der Trennung eine wichtige Rolle. Vergleichszahlen von 2012 legten nahe, dass die Zahl der Opfer leicht steige, hieß es. ...
https://www.tagesschau.de/ausland/un-frauen-opfer-gewalt-101.html (https://www.tagesschau.de/ausland/un-frauen-opfer-gewalt-101.html)

...


QuoteNicetomitja 22.09.2019, 09:36 Uhr

    davon 99 Mal als Tatverdächtiger.

Na herzlichen Dank auch. Warum ein solcher Berufsverbrecher nicht längst in Sicherungsverwahrung sitzt ist mir ein Rätsel.


Quotechangnoi 22.09.2019, 09:04 Uhr
der blanke horror.
bin selber ein mann. auch mich haben frauen verlassen. ich habe gelitten wie ein hund. aber NIE NIE NIE waere ich auf die idee gekommen ihnen nachzustellen oder etwas anzutun. egal wie meine eifersuechtg-kranke phantasie mich quaelte. da musste durch. das gehoert zum erwachsen werden!
einmal wurde ich zeuge, das ist ueber 40 jahre he, wie ein mann einer wg-mitbewohnerin nachstellte. Sie hatte schon eine gebrochene nase und schnittverletzungen am arm. dann stand er ploetzlich vor der tuer. sprach freundlich. bat um einlass.  meine mitbewohnerin fluesterte "auf keinen fall!" dann drosch er mit einem baseballschlaeger auf die tuer ein. wir verbarrikadierten uns. riefen die polizei. er sprang dann durch die geschlossene fensterscheibe in den innenhof. war gleich tot. ein horror. aber haette ich ihn reingelassen, haeete es einen kampf auf leben und tot gegeben. dabei hatte ich nix mit seiner ex-freundin. zero-negativ!
maenner koennen so bescheuert sein. fuerchterlich.
die arme junge frau, die schwester, die familie. da den seelenfrieden wiederzufinden ist ganz schwer.
der kerl hat sein leben verwirkt. keine gnade!


QuoteAntwort auf den Beitrag von changnoi 22.09.2019, 09:04 Uhr

    maenner koennen so bescheuert sein.

Frauen auch. Ich weiß nicht, ob Frauen dazu neigen, so extrem körperlich aggressiv zu werden - aber auch Frauen stalken. Vielleicht machen sie es in der Tat weniger brutal, aber - wenn man den Tod und das "Abstechen" als etwas Absolutes betrachtet - es kann auch sehr schwierig sein, belästigt zu werden, ohne körperlich angegriffen zu werden, sei es durch "Vor-dem-Haus-Herumlungern" oder durch sonstige Übergriffe: ich weiß von einer Frau, die ihrer von ihrer Therapeutin "verlassen" wurde und die ihr daraufhin regelmäßig bombastische Rosensträuche in die Praxis geschickt hat; ich weiß von Frauen, die Autos zerkratzen oder Reifen zerstechen, wenn sie "enttäuscht" wurden oder die regelmäßig nachts den Verlassenden anriefen, "gerne" mit Suizidankündigung; ich kenne Frauen, die die Bekanntenkreise des Verlassenden "ausgesaugt" haben oder die "Konkurrentin" körperlich angegriffen haben usw. Und ich kenne auch Männer, die solche Dinge tun.

Das ist auch deshalb problematisch, weil man als "Unbeteiligter" zunächst gar nicht weiß, wie man es einschätzen soll, wenn der Verlassene beginnt, einen auszufragen. Mich hat neulich ein mir fremder Mann auf der Arbeit (Publikumsverkehr) gefragt, ob Frau XY dort noch arbeiten würde. Ich hab geantwortet, dass ich solche Auskünfte nicht gebe, worauf er - und am Tonfall hab ich schon gemerkt, was los war - erwiderte: "Ja, klar, ich werd ihr auflauern, wenn ich es erfahre, hahaha". Später hat sich mein Verdacht bestätigt, und ich hab mir vorgestellt, wie schlimm es für Betroffene ist, auf der Arbeit sagen zu müssen: "Wenn ein Typ nach mir fragt, bitte nicht antworten".


QuoteA.v.Lepsius 21.09.2019, 15:02 Uhr
Da kommen einem als Vater ganz viele Bedenken und Sorgen hoch, denn diese ganze Geschichte liest sich wie eine Horrorgeschichte, von der man sich bewusst ist, dass sie tödlich endet, es kein happy-end gibt, keine glückliche Wendung.

Was für eine Tragödie für die Familie, die diesen Fall bis hin zum Tod begleiten musste.

Herr Grünberg, ich danke für diesen ausgezeichnet geschriebenen Artikel und auch dafür, dass Sie sich mit diesem Fall befasst haben. Das kann nicht einfach gewesen sein. Für alle Beteiligten nicht.


Quotebmkt 21.09.2019, 14:52 Uhr
In Zeiten, wo dringend tatverdächtige Gewaltverbrecher frei gelassen werden, weil die Gerichte nicht hinterherkommen, bleibt offizielle frühzeitige Hilfe oft leider ein Wunsch.

Man kann nur selbst frühzeitig mit dem Abgrenzen beginnen, sollten gewisse Auffälligkeiten auftreten.

Das kann auch allein im Kollegenkreis passieren, selbst wenn man verheiratet ist und den persönlichen Kreis immer geschützt hat.

Beginnen mit minutenlang auf die Mailbox quatschen;
wenn man diese ausschaltet 10 Anrufe innerhalb kürzester Zeit.
Nicht Akzeptanz von, Aggressionen gegen Abgrenzung.

Extreme persönliche Empfindlichkeit bei eigentlich Sachfragen.
Moralische Erpressung a la "Menschlich charakterlich verdorben, wenn Du das anders siehst als ich"
usw usf.

Vorboten gibt es viele.

Ich kann nur dazu raten: Aggressionen zeigen, wirklich Abgrenzen, egal womit gedroht wird, von moralischen Ausrastern nicht beeindrucken lassen.


Quotezweitbuerger 21.09.2019, 14:43 Uhr
Vielen Dank, Herr Grünberg,
für diesen ausführlichen und sehr ausgewogenen Artikel, der einen doch recht beklommen und sprachlos sein lässt.
Sie verurteilen den Täter nicht (obwohl er natürlich verurteilt werden wird und werden muss).
Sie geben viel Raum für eigene Gedanken.

Diese Art von Berichterstattung wünsche ich mir weiterhin!

...


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 27, 2019, 01:35:12 PM
"Uni-Kurs zu Pornografie "Die Leute denken, es sei eben einfach nur Sex und die Kamera hält drauf""
Die Wissenschaftlerin Madita Oeming erforscht Pornos und unterrichtet dazu an der Uni Berlin. Das gefällt nicht jedem. Im Interview spricht sie über Kritik von Kollegen und weshalb sie Sexfilme wie Literatur behandelt. Ein Interview von Lisa Duhm  (04.09.2019)
Oeming: Die Porn-Studies sind ein interdisziplinäres Forschungsfeld, es kommen Ansätze aus der Filmwissenschaft, den Gender-Studies, der Kulturanthropologie und so weiter zusammen. Wir werden uns auf den US-amerikanischen Raum konzentrieren. Die Studierenden sollen die Ästhetik von Pornofilmen analysieren, verschiedene Genres kennenlernen. Es wird aber auch um Normen und Ängste gehen, die mit dem Thema verbunden sind. ... Es ist nicht so, dass ich das Licht ausmache und 90 Minuten lang ein Pornofilm läuft. Wir sprechen auch nicht über meine Vorlieben oder die der Studierenden, da gibt es klare Grenzen. Stattdessen gucken wir ausgewählte Szenen und ich vergebe dazu Sehaufträge. Zum Beispiel, wie der feministische Porno mit der gängigen Bildsprache bricht. Wir behandeln Pornofilme eben wie die Literaturwissenschaften Romane. ... Über einen Porno zu reden, ist erst einmal ungewohnt. Es fehlt oft schon an der Sprache. Und es ist zunächst viel Scham im Raum. Daran lässt sich aber arbeiten und erfahrungsgemäß gelingt es den Studierenden gut, einen analytischen Blick einzunehmen - besser sogar als auf Hollywoodfilme. ... Ich habe häufig mit Vorurteilen zu tun, auch von Kolleginnen und Kollegen. Das gängigste ist, dass Pornografie unterkomplex sei. Die Leute denken an dieses trashige Medium, eben einfach nur Sex und die Kamera hält drauf. Das stimmt so nicht. Ein Porno ist kein Kafka-Roman, das ist mir natürlich auch klar. Aber in ihrer Entstehungsgeschichte, Vielfalt und vor allem in ihrem kulturellen Zusammenhang wird Pornografie zu einem hochkomplexen und sehr spannenden Thema. Menschen können sich auch nicht vorstellen, dass man es schafft, wissenschaftlich einen Porno zu gucken. Sie halten die Erregung für zu mächtig. Aber ich kann mich bestens von meinem Forschungsfeld distanzieren. ... Der Hass, der mir in den letzten Tagen auf Twitter entgegenschlug, war für mich eine augenöffnende Erfahrung. Ich habe unterschätzt, was das mit einem macht. Aber ich werde mich davon nicht einschüchtern lassen. Im Gegenteil. Es beweist nur, wie bitter notwendig meine Arbeit ist. ...
https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/pornografie-an-der-uni-ein-porno-ist-kein-kafka-roman-a-1284958.html



Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 28, 2019, 12:20:38 PM
Quote[...] Wenn es um die frühere Verfolgung Homosexueller in Deutschland geht, sind damit meistens Männer gemeint. Schließlich stellte der berüchtigte Paragraf 175 erst im Kaiserreich, dann unter den Nazis und später in der Bundesrepublik und in der DDR sexuellen Handlungen unter Männern unter Strafe. Während in der Bundesrepublik noch lange die unter den Nazis verschärfte Version galt, schwächte die DDR ihn indes bald ab - und schaffte ihn schon 1968 ganz ab.

Was wenige wissen: Die DDR ersetzte den Paragrafen 175 durch einen neuen Paragrafen 151. Dieser stellte gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit Jugendlichen unter Strafe - und zwar sowohl für Männer als auch für Frauen. Für homosexuelle Handlungen sah er ein höheres Schutzalter als für heterosexuelle vor. Nach Schätzungen der Magnus-Hirschfeld-Stiftung wurden bis zur Abschaffung des Paragrafen 151 im Jahr 1988 rund 4.300 Personen verurteilt und mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft - darunter viele Frauen.

Lange blieb ihr Schicksal unbeachtet. Erst 2017 wurden auch diese Verurteilten rehabilitiert, zeitgleich mit den Opfern des Paragrafen 175 in der Bundesrepublik. Sie können seitdem beim Bundesamt für Justiz einen Antrag auf Entschädigung auf bis zu 3.000 Euro pro Urteil stellen. Doch obwohl die rechtlichen Grundlagen für Entschädigungen geschaffen wurden, hat bisher keine einzige lesbische Frau einen solchen Antrag gestellt.

Das ergibt jetzt eine Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage von Ulle Schauws, der Sprecherin für Frauenpolitik und Queerpolitik der grünen Bundestagsfraktion.

In der Antwort, die dem Tagesspiegel vorliegt, schreibt das Justizministerium, dass ,,bis zum heutigen Tag  [...] noch keine Frau bei dem Bundesamt für Justiz (BfJ) einen Antrag auf Entschädigung" gestellt habe.  Aus diesem Grund konnte ,,auch noch keine Entschädigung ausgezahlt werden". Wie die "taz" berichtet, hat die erste Frau in diesem Monat einen Antrag auf Entschädigung gestellt.

Woran liegt es, dass sonst niemand einen Antrag auf Entschädigung gestellt hat? Ulle Schauws führt das darauf zurück, dass das Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetz viel zu spät erlassen worden sei. Nur wenige der in der BRD und in der DDR verfolgten Homosexuellen hätten das Inkrafttreten des Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung noch erlebt. ,,Viel zu lange wurde die Rehabilitierung und Entschädigung im Parlament blockiert und mehrere grüne Gesetzesinitiativen abgelehnt", sagt Schauws. Tatsächlich gibt es bisher auch wenig Entschädigungsanträge von Männern.

Darüber hinaus hätten die ,,Diskriminierungserfahrungen starke Einschnitte in die Biographien der Betroffenen" bedeutet und oftmals deren Existenz bedroht: ,,Viele wollten dieses Kapitel in ihrem Leben nicht noch einmal öffnen."

Darüber hinaus seien die Maßnahmen der Bundesregierung unzureichend: Diese ist in der Verantwortung, Betroffenen aktiv über Entschädigungsmöglichkeiten zu informieren. Doch bisher geschieht dies nicht mit Blick auf lesbische und bisexuelle Frauen. In dem Schreiben an Ulle Schauws verweist das Bundesministerium für Justiz stattdessen auf seine Homepage, wo es seit Inkrafttreten des Gesetzes über dessen Inhalt und die Entschädigungsmöglichkeiten informiert.

Konkret schreibt die Regierung, dass ,,das strafrechtliche Verbot einvernehmlicher homosexueller Handlungen und die daraus resultierende Strafverfolgung [...] grundrechts- und menschenrechtswidrig" sei. Aus diesem Grund sollten ergangene Urteile aufgehoben und die Betroffen entschädigt werden. Die ,,Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) e.V." habe dafür eine Hotline eingerichtet, die über Beratungsmöglichkeiten informiere und die Betroffenen unterstütze.

Für lesbische Frauen gibt es dagegen kein eigenes Unterstützungsangebot. ,,Auch, wenn es sich bei BISS e.v. um eine Interessenvereinigung schwuler Senioren- und nicht lesbischer Seniorinnen" handle, so das Ministerium, werde stattdessen auf die Gesamtheit der Entschädigungsmöglichkeiten hingewiesen. Grundsätzlich stehe die Entschädigung von Männern, die verurteilt worden seien, im Vordergrund. Diese würden zahlenmäßig überwiegen, aus diesem Grund gäbe es bisher keine Informationskampagne für Frauen, erklärt das Ministerium. Und auch in den Infoflyern, die das BfJ an verschiedene LGBT-Organisationen, Volkshochschulen, Theater und Sozialverbände verschickt, würden Frauen ,,weniger deutlich herausgestellt".

Dabei wäre eine Informationskampagne für Frauen wichtig, um nicht nur Männer, sondern auch Frauen zu erreichen. Anstatt nur mit der ,,BISS" zusammenzuarbeiten, sollte auch der Dachverband ,,Lesben und Alter" einbezogen werden, fordert Schauws: ,,Dieser ist als Anlaufstelle bei der Thematik ganz wichtig. Und selbstverständlich muss klar sein, dass es für jeden Menschen, der allein aufgrund seines Seins an den Pranger gestellt und dem viel Leid angetan wurde, eine sensibler Beratung und spezifische Ansprache braucht. Das muss für Lesben auch gelten."

Deshalb fordert sie die Bundesregierung dazu auf, lesbische Frauen gezielt zu informieren und mehr gruppenspezifische und Beratungsangebote bereitzustellen. Anderenfalls würden die Schicksale der Frauen auch 30 Jahre nach dem Mauerfall unsichtbar bleiben.


Aus: "Noch keine lesbische Frau entschädigt" Inga Hofmann (27.09.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/wegen-verfolgung-in-der-ddr-noch-keine-lesbische-frau-entschaedigt/25059038.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/wegen-verfolgung-in-der-ddr-noch-keine-lesbische-frau-entschaedigt/25059038.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 29, 2019, 11:23:53 PM
Quote[...] ,,Heute will ich das Lügengerüst in sich zusammenfallen lassen. Ich, die liebt, abtreibt und Sex hat, ohne verheiratet zu sein. Ich, die sich versteckt und es riskiert, Schande über sich bringen und ins Gefängnis geworfen zu werden." So lautet ein Auszug aus dem Manifest, das seit vergangenem Montag in den sozialen Netzwerken Marokkos unter den Hashtags #moroccanoutlaws und #Kharja3lal9anoun (,,die Geächteten") zirkuliert.

Darin fordern vor allem Frauen die Abschaffung des Artikel 490 des marokkanischen Strafgesetzbuches, das einvernehmliche sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft. Allein 2018 verurteilten marokkanische Gerichte rund 14.500 Menschen unter diesem Artikel.

Ebenfalls gefordert wird eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Laut Schätzungen der Organisation ­AMLAG, die sich für sichere Schwangerschaftsabbrüche in Marokko einsetzt, wird der Eingriff 600 bis 800 pro Tag durchgeführt – er ist aber nur erlaubt, wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist.

Dass sich Frauen nun zu beidem öffentlich bekennen, ist ein Novum in Marokko. Unter den 490 Erstunterzeichnerinnen waren viele Intellektuelle und Kulturschaffende wie die Schauspielerin Fatym Layachi und die international erfolgreiche Sängerin Oum. Aber längst haben es über 7.000 Menschen aus allen Gesellschaftsschichten unterschrieben. ,,Wir haben bewiesen, dass marokkanische Frauen bereit sind, ihre Stimme zu erheben", sagt Filmemacherin und Mitinitiatorin Sonia Terrab. Das Versteckspiel vor Freund*innen und der Familie, die sexuelle Frustration – das alles mache viele Frauen wütend.

...


Aus: "Feministisches Manifest in Netz: Aufbegehren in Marokko" Anna-Theresa Bachmann (29.9.2019)
Quelle: https://taz.de/Feministisches-Manifest-in-Netz/!5630595/ (https://taz.de/Feministisches-Manifest-in-Netz/!5630595/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 30, 2019, 02:43:08 PM
Quote[...] ,,Der Wille zum Wissen" setzte ein Fragezeichen hinter die Emanzipationsbestrebungen der späten 1960er-Jahre und kritisierte die Repressionshypothese, die die Basis der Forderung nach sexueller Befreiung war. Foucault machte geltend, dass das Reden über Sex und die besessene Hingabe an ihn die Menschen womöglich nur noch tiefer in allgegenwärtige Machtstrukturen verstricke: ,,Ironie dieses Dispositivs: es macht uns glauben, dass es darin um unsere ,Befreiung' geht."

... Die drei Bände von ,,Sexualität und Wahrheit" sind durchzogen von Hinweisen auf christliche Ethik und Moral als Kontrastfolie zum heidnischen und zum nachchristlichen Leben in der Moderne. Der angekündigte vierte Band über die ,,Geständnisse des Fleisches" jedoch, der das Frühchristentum analysierte, erschien nie, weil Foucault eine postume Veröffentlichung seiner Schriften untersagt hatte. Man konnte aus dem Ende von Band drei erschließen, dass es darum gehen würde, zu zeigen, wie sich in den Schriften der Kirchenväter vom 3. bis zum 5. Jh. christliche Moralvorstellungen aus der antiken Ethik heraus entwickeln würden.

Band drei endet mit der Mahnung, aus den Ähnlichkeiten zwischen der hellenistischen Philosophie der Selbstsorge und den frühen Formulierungen einer christlichen Moral nicht vorschnell auf ein bruchloses Nachleben antiken Geistes im Christentum zu schließen: So wie die frühen christlichen Basiliken auf den Fundamenten antiker Paläste und Tempel errichtet wurden und deren Marmor verbauten, um einem neuen Geist seinen Ort zu geben, so nutzten die Kirchenväter paganes medizinisches, psychologisches und soziales Wissen, um eine tiefgehend umgebildete Ethik zu formulieren, die im Zeichen des Kreuzes stand. Das alles zu zeigen sollte die Aufgabe der ,,Geständnisse des Fleisches" sein.

... Wie man sich zu dem weitestgehend aus seinen ursprünglichen gesellschaftlichen und religiösen Verankerungen gerissenen Erbe stellt, das ist heute zur offenen Frage geworden. Alle Menschen stehen vor der Aufgabe, ihre je eigene Ethik und Ästhetik der Existenz zu entwerfen und sich immer neu zu fragen, wie sie ihre Lebensweise bestimmen und weiterentwickeln wollen. Die Spannung zwischen Seele und Leib nur als Leere und Leiden zu erfahren, ist daher faktisch vor allem der Ausdruck einer Angst vor der Freiheit.

...


Aus: "Wie das Fleisch zur Sünde wurde" Eckart Goebel (22.06.2019)
Quelle: https://www.welt.de/print/die_welt/literatur/article195709581/Wie-das-Fleisch-zur-Suende-wurde.html (https://www.welt.de/print/die_welt/literatur/article195709581/Wie-das-Fleisch-zur-Suende-wurde.html)
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Quote[...] Nicht erst der militärische Drill lässt den modernen Soldaten gehorchen ohne nachzudenken. Vielmehr fordert bereits um 400 der Theoretiker des Klosterlebens wie der Bibelexegese Johannes Cassianus hochmodern:

,,Ein Befehl muss, selbst wenn er sinnlos ist, vollständig ausgeführt werden. [...] Die Ungerechtigkeit eines Befehls, dass er zur Wahrheit oder zur Natur in Widerspruch stehen kann, darf niemals verhindern, dass er ausgeführt wird."

Also auch nicht erst Eichmann in Jerusalem beteuert, nur Befehle befolgt zu haben. Ja, das lässt sich – so Michel Foucault im vierten Band seines Großprojektes ,,Sexualität und Wahrheit" – sogar noch steigern. Im sechsten Jahrhundert nämlich ...

,,... wird [der Abt, der Heilige [ * ] ] Dorotheos von Gaza von der Heldentat eines Schülers [...] [des Eremiten] Barsanuphius berichten, der, ausgezehrt von einer Krankheit, es sich dennoch versagte zu sterben, solange sein Lehrer ihm nicht die Erlaubnis dazu erteilt hatte."

Das Thema dieses letzten Bandes über ,,Die Geständnisse des Fleisches" ist der kirchliche Umgang mit der Sexualität zwischen dem zweiten und dem fünften Jahrhundert, als die Kirchenväter die christliche Theologie begründeten. ,,Die Geständnisse des Fleisches" enthalten drei große Themenblöcke: die Rolle des Gehorsams, die Jungfräulichkeit und die Ehe.

Foucault skizziert die Anfänge einer umfassenden sozialen, moralischen und religiösen Disziplinierung. Dadurch wird eine Persönlichkeit geprägt, die nicht gezwungenermaßen, sondern freiwillig, ja gerne gehorcht. So bemerkt Foucault:

,,... dass das Vermögen die anderen zu führen, grundsätzlich mit der Akzeptanz der Bereitschaft verbunden ist, die Führung hinzunehmen."

Der Gläubige entwickelt geradezu ein Bedürfnis nach Führung, so dass er gar nicht mehr auf eigene Gedanken kommt. Ja, wenn diese der Ordnung widersprechen, muss er sie freiwillig bekennen und beichten. So schreibt Foucault:

,,Seit sich die christliche Religion als Kirche organisiert hat, die über eine stark gemeinschaftliche Struktur und eine hierarchische Ordnung verfügt, konnte ohne eine Reihe von Proben und Garantien kein schwerer Verstoß vergeben werden."

Um Vergebung zu erlangen, muss der Gläubige vor allem seine geheimsten Gedanken kundtun, muss er sein Innerstes, seine tiefste Wahrheit offenbaren. Denn, so Foucault:

,,Wer seine Verfehlungen gesteht, rechtfertigt sich nicht nur vor Gott, sondern rechtfertigt Gott selbst und seinen Zorn auf die Schwäche der Menschen."

Mit Gehorsam, Beichte und Buße entwickelt die katholische Kirche ein Regime, das sich auf die Offenbarung der innerlichen Wahrheit stützt und dadurch die Gläubigen kontrolliert und lenkt.

Damit schließt Foucault an seine Vorlesungen in den Jahren 1977-79 über Biopolitik an, in denen er analysiert, wie zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert die europäischen Staaten zunehmend ihre Bevölkerung lenken. Diese Politik stützt sich auf das Pastorat, das christliche Modell der Menschenführung. Dabei geht der Klerus mit den Gläubigen im Stile eines Schäfers um, der sich einerseits um das Heil der Herde und andererseits um das Heil eines jeden Schafes kümmert. ,,Die Geständnisse des Fleisches" beschreiben die Entstehung des christlichen Pastorats, über das Foucault bereits in der Vorlesung am 22. Februar 1978 sagt:

,,... das Pastorat hat eine Beziehung [...] zur Wahrheit, da man im Christentum, wie in allen Schriftreligionen, sein Heil freilich nur [dadurch] erreichen kann [...], dass man eine bestimmte Wahrheit anerkennt, an sie glaubt und sie kundtut."

Besonders diese Vorlesungen über Biopolitik fügen den jetzt erschienenen vierten Band von ,,Sexualität und Wahrheit" in Foucaults Denken der siebziger Jahre ein, wenn er sich primär mit dem Verhältnis von Macht und Wissen beschäftigt. So bezweifelt Foucault 1975 in seinem bekanntesten Werk ,,Überwachen und Strafen":

,,... dass das Wissen sich nur außerhalb der Befehle, Anforderungen, Interessen der Macht entfalten kann. [...] Eher ist wohl anzunehmen, dass die Macht Wissen hervorbringt [...]; dass Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen."

Unter dem Untertitel ,,Die Geburt des Gefängnisses" beschreibt Foucault die Entstehung des militarisierten Staates des 19. Jahrhunderts durch neue Technologien der Disziplinierung – Vorläufer des heutigen Überwachungsstaates.

Ein Jahr später veröffentlicht Foucault den ersten Band seines Großprojektes ,,Sexualität und Wahrheit", dessen Titel ,,Der Wille zum Wissen" seinen Inhalt spiegelt. Denn er skizziert die staatliche Biopolitik im 17. Jahrhundert, der es um Bevölkerungswachstum ging. Im Rückgriff auf die gerade entstehenden modernen Naturwissenschaften interessierte man sich für alles, was mit Sexualität zu tun hatte. Foucault schreibt 1976:

,,Der Sex, [...] muss analytischen Diskursen anvertraut werden. Der Sex wird im 18. Jahrhundert zu einer Angelegenheit der ,Polizei'."

Der jetzt erschienene vierte Band schließt an diese Macht-Studien an und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten der Menschensteuerung. Damit skizziert er eine Art frühe Biopolitik wenn auch über 1000 Jahre vorher. Foucault schreibt in ,,Die Geständnisse des Fleisches":

,,Von Clemens [von Alexandria um 200] zu Augustinus besteht ganz offensichtlich der Unterschied zwischen einem vom Hellenismus und der Stoa beeinflussten Christentum, das darauf ausgelegt ist, eine Ethik der sexuellen Beziehungen ,einzubürgern', und einem strengeren, pessimistischeren Christentum, das die menschliche Natur nur über den Sündenfall denkt und die sexuellen Beziehungen folglich mit einem negativen Vorzeichen versieht."

Clemens möchte den Menschen noch in eine natürliche Ordnung einfügen, zu der eine gemäßigte Enthaltsamkeit gehört, wie sie auch ein göttliches Gebot verlangt. Auch der Heilige Methodius von Olympus im 3. Jahrhundert dekretiert noch:

,,Wer es fertigbringt und darauf hält, sein Fleisch jungfräulich zu bewahren, der tut besser; wer dies aber nicht kann, vielmehr sein Fleisch nach Recht und Gesetz [...] in die Ehe gibt, der tut gut."

Augustinus um 400 geht es dagegen um die absolute Unterwerfung unter die göttliche Ordnung, zu der primär die Enthaltsamkeit gehört.

Wenn sich ,,Die Geständnisse des Fleisches" folglich in Foucaults Machtanalysen aus den siebziger Jahren einklinken, stellt sich die Frage: Muss man nach diesem vierten Band von ,,Sexualität und Wahrheit" auch Foucaults Spätwerk der achtziger Jahre unter dem Blickwinkel der siebziger Jahre sehen?

Denn kurz vor seinem Tod 1984 veröffentlichte Foucault den zweiten und den dritten Band von ,,Sexualität und Wahrheit", die das Bild Foucaults als eines Machttheoretikers in Frage stellten. Der zweite Band beschäftigt sich unter dem Titel ,,Der Gebrauch der Lüste" mit der sexuellen Praktik während des vierten Jahrhunderts vor Christus in Griechenland. Der dritte behandelt unter dem Titel ,,Die Sorge um sich" das erste und zweite nachchristliche Jahrhundert in der griechisch römischen Kultur.

Beide Bücher schildern zwar einen asketischen Umgang mit der Sexualität, der jedoch im Dienste der Betroffenen steht, wenn der einzelne Herr seiner Lüste sein soll, nicht um sie schlicht zu unterdrücken, sondern um sie zu genießen. Denn so Foucault:

,,Was in den Augen der Griechen die ethische Negativität schlechthin darstellt, ist [...] dass man gegenüber den Lüsten passiv bleibt."

Um eine derart souveräne Persönlichkeit zu werden, muss daher die individuelle Lebensführung so gelernt werden, dass der Umgang mit der Sexualität zu einer Ästhetik der Existenz beziehungsweise zu einer Lebenskunst führt. So heißt es in ,,Die Sorge um sich":

,,Am Ursprung dieser Modifikationen in der Sexualmoral steht nicht die Verschärfung der Verbotsformen, sondern die Entwicklung einer Kunst der Existenz [...]."

Außerdem wurden solche Thesen auch als Empfehlung an Foucaults Zeitgenossen gedeutet: Plötzlich konnte er als Denker eines zeitgenössischen Individualismus betrachtet werden. Schließlich versuchten sich ja viele seit den 1960er-Jahren von der traditionellen Unterdrückung der Sexualität zu befreien. Eine solche Wende zum Individuum verdarb Foucault kräftig den Ruf, ist Individualismus in allen politischen Lagern bis heute verpönt.

Dieses Bild einer späten Abkehr von der Machttheorie hin zu einer individuellen Moral bekommt indes Risse, wenn man den jetzt erst erschienenen vierten Band betrachtet. Denn dieser betont eindeutig wieder die Thematik der Disziplinierung, wenn er zeigt, wie die frühen Kirchenväter an Themen der vorchristlichen antiken Welt anschließen und diese in eine neue christliche Ethik transformieren. Die antike Askese verwandelt man in ein Kontrollregime der Gläubigen, das die Sexualität als Sünde umwertet. Den Sex darf man nicht mehr individuell gebrauchen. Vielmehr gilt es ihn religiös gelenkt zu vermeiden. So wird im Laufe der ersten Jahrhunderte die Jungfräulichkeit zunehmend zu einer höchsten Orientierung, die das Jenseits antizipiert. Foucault schreibt:

,,Als Tugend und Gipfel aller Tugenden, als Vorbereitung auf die Beendigung der Zeiten soll die Jungfräulichkeit keine Ablehnung des Körpers sein, sondern eine Arbeit der Seele an sich selbst."

Nicht nur steht die Jungfräulichkeit weit über der Ehe, selbst wenn die Eheleute keusch leben. Vielmehr avanciert die Jungfräulichkeit zu einer eigenen Lebensform. Wer sie wählt, gehört schon zu den Heiligen. Im Christentum stellt sie sogar eine Kunst dar, die an die Stelle der antiken Lebenskunst tritt.

Allemal verblassen die individualisierenden Tendenzen des zweiten und des dritten Bandes von ,,Sexualität und Wahrheit", erscheinen sie nur als historischer Hintergrund einer Entwicklung, die das Christentum nachhaltig umlenkte und eine Entwicklung anschob, die in den militarisierten Gesellschaften im 19. und 20. Jahrhunderts gipfelt. Dieses Bild ergibt sich aus der Reihenfolge der Bände.

Während der erste Band ,,Der Wille zum Wissen" ein gut geschriebenes und spannendes Buch ist, präsentieren die anderen drei Bände gleichermaßen ein umfängliches Material, was häufig in Wiederholungen gerät: die typische Schreibweise Foucaults.

Im Zusammenhang der letzten drei Bände von ,,Sexualität und Wahrheit", die alle in den frühen Achtzigern fertigwerden, präsentiert sich die Geburt des christlichen Kontrollregimes der Sexualität als ein umfassender Disziplinierungsversuch. Dass Foucault sich in seinem letzten Werk primär um die Analyse von Macht- und Disziplinarstrukturen kümmert, zeigt sich auch besonders anhand der Bedeutung und Funktion der Ehe bei den Kirchenvätern. Zunächst klingt es noch harmlos:

,,Die Jungfräulichkeit steht über der Ehe, ohne dass die Ehe ein Übel oder die Jungfräulichkeit eine Pflicht wäre."

Vor allem versuchte man, die mit der Sexualität verbundene und in der Antike hoch geschätzte Wollust zu unterbinden. Denn als absolut individuell lässt sie sich schon gar nicht kirchlich kontrollieren. Daher gab es unter den Kirchenvätern eine Debatte darüber, ob Adam und Eva Sex im Paradies hatten: Leider ja, hätte es ansonsten keinen Grund für die Schöpfung von Eva gegeben. Denn die biblische Rolle eines hilfreichen Gefährten hätte ein zweiter kräftigerer Mann in jeder Hinsicht besser ausgefüllt. Selbstredend galt ein Mann auch immer als ein besserer Gesprächspartner. Eva musste also als Gebärerin geschaffen worden sein. Aber Wollust beziehungsweise Libido kann es im Paradies natürlich nicht gegeben haben. Foucault schreibt:

,,Somit wird der Geschlechtsverkehr im Paradies von Augustinus vornehmlich als ein Akt definiert, bei dem die ,libido' ausgeschlossen ist, [...]. Es handelt sich [...] um einen Akt, der in all seinen Bestandteilen ohne Ausnahme der genauen Kontrolle des Willens unterliegt. Alles, was hier passiert, kann der Mensch wollen und will es tatsächlich."

Augustin erkennt zwar an, dass die Ehe von einem Nutzen für die Menschheit ist. Eigentlich sollte sie denn auch zu einer keuschen Zeugung führen. Sie sollte die Wollust bremsen, damit zu einer kontrollierten Lust führen. Doch – so Foucault ...

,,... wenn es nicht möglich ist, die Ehe zu gebrauchen, nicht einmal zu den besten Zwecken, ohne dass beim Geschlechtsverkehr jene Regungen ins Spiel kommen, die wir nicht beherrschen können, dann ist der Grund dafür, dass jeder Mensch seit dem Sündenfall als Subjekt eines begehrlichen Willens geboren wird."

Die Strafe für die Erbsünde liegt in einer unkontrollierbaren Wollust oder der Libido, die bereits Adam und Eva dazu zwingt, ihre Sexualorgane zu verhüllen, damit sie ihre eigene Erregung verbergen beziehungsweise die anderen nicht erregen. Augustin trennt diese Erregung auch nicht als natürlichen Teil von der Seele ab, so dass diese unvermeidbar schuldig wird. Daher begleitet die Sünde jeden sexuellen Akt, den auch die Ehe nicht entschuldigen kann. Foucault schreibt:

,,Es sei dahingestellt, ob [Augustins Schrift] ,De bono conjugali' nun die erste große christliche Systematisierung des Ehelebens und der darin herrschenden Beziehungen war oder nicht, auf alle Fälle ist es für das mittelalterliche und moderne Christentum die maßgebliche Referenz für die Moraltheologie der Ehe."

Betrachtet man allein ,,Die Geständnisse des Fleisches", dann spricht alles dafür, dass Foucault zu Lebzeiten gar keine Wende zu einer individuellen Ethik vollführte, dass er vielmehr der Machtanalytiker geblieben ist, als der er seit den Siebzigern galt.

Allerdings weist der Herausgeber Frédéric Gros in seinem Vorwort daraufhin, dass Foucault ursprünglich einen ganz anderen Plan für sein Werk ,,Sexualität und Wahrheit" hatte. Nach dem ersten Band über das Interesse an der Sexualität im 17. Jahrhundert wollte er sich strukturell der Gegenwart nähern, zunächst aber noch auf das 16. Jahrhundert zurückgreifen. Unter dem Titel ,,Das Fleisch und der Körper" sollte sich der zweite Band mit der katholischen Sexuallehre im Angesicht der Reformation beschäftigen, denn – so Foucault:

,,Das mittelalterliche Christentum ist – vor allem ab dem 13. Jahrhundert – zweifellos die erste Zivilisationsform, die in Bezug auf die sexuellen Beziehungen zwischen Ehegatten derart weitschweifige Vorschriften entwickelt."

Daran anschließend wollte er die spätere Entwicklung analysieren. Doch bald schon schwenkt sein Blick weiter in die Vergangenheit, nämlich um über 1000 Jahre zurück zu den Kirchenvätern. So schreibt Foucaults Lebenspartner, der Soziologe Daniel Defert, über den August 1977:"

,,Foucault ist in Vendeuvre. Er schreibt über die Kirchenväter und beginnt seine Geschichte der Sexualität um einige Jahrhunderte zu verschieben."

In den Jahren 1981-82 vollendet er dann ,,Die Geständnisse des Fleisches" und gibt sie auch in den Druck. Er denkt aber noch nicht an eine baldige Veröffentlichung, weil er zwischenzeitlich einsah, dass er die griechische Antike analysieren müsste, um die Hintergründe der späteren christlichen Entwicklung zu klären. So schreibt er Band zwei und drei und veröffentlicht sie 1984 noch vor dem zuvor schon fertigen Band IV und bleibt damit in der historischen Reihenfolge.

In den Monaten vor seinem Tod beschäftigte er sich intensiv mit den Korrekturen von ,,Die Geständnisse des Fleisches", was er indes nicht mehr vollenden konnte – eine Arbeit, die in den letzten Jahren der Herausgeber abschloss, nachdem die Inhaber der Rechte an Foucaults Nachlass erst nach drei Jahrzehnten den vierten Band freigaben.

Daraus zeichnet sich indes nun ein ambivalentes Bild ab. Das letzte, das Foucault selber schrieb, waren doch die beiden Bände über die Antike mit ihrer Tendenz zur individuellen Ethik. ,,Die Geständnisse des Fleisches" hatte er vorher geschrieben, obgleich er ganz zuletzt noch daran korrigierte, was aber nicht allzu viel bedeuten kann. Im Vorwort bemerkt Frédéric Gros:

,,Parallel dazu vollzieht [Foucault] [...] immer massiver seine antike ,Wende'. Das griechisch-lateinische Moment wurde [...] von 1978-1980, auf die Rolle eines Kontrapunkts reduziert [...]. Nun aber wird das, was ein bloßer Kontrapunkt war, immer mehr zu einem konsistenten und insistenten Forschungsgegenstand an sich."

Dann bleibt jenes Foucault-Bild doch grundsätzlich erhalten, dass sich Foucault in den letzten Lebensjahren von der reinen Machttheorie abwandte. Trotzdem relativieren ,,Die Geständnisse des Fleisches" diesen Wandel. Ist Foucault doch stärker ein Machttheoretiker geblieben, als es zu Lebzeiten zuletzt den Anschein hatte? Hat sich im Denken von Foucault seit seinen Anfängen in den sechziger Jahren überhaupt nicht so viel verändert, wie er es in seiner letzten Vorlesung 1984 selbst behauptet? Aber der Autor ist niemals Herr über die Interpretation seines Werkes.

Wenn Foucault zuletzt Vordenker einer individuellen Ethik war, dann können sich heute emanzipatorische Bewegungen – der Frauen, Schwulen, Lesben oder von Minderheiten – weiterhin auf ihn berufen. Wenn er das doch nie war, dann kann man von ihm lernen, auf welchen Mythen auch das heutige Verständnis von Sexualität immer noch aufruht. Daraus lassen sich emanzipatorische Forderungen ableiten. Berufen könnte man sich dann aber dabei nicht mehr auf ihn.

  • Einschübe des Autors sind mit einer [Klammer] gekennzeichnet.[/i]

Aus: "Michel Foucault: ,,Die Geständnisse des Fleisches":Wie verhindert man die Wollust?" Hans-Martin Schönherr-Mann (01.09.2019)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/michel-foucault-die-gestaendnisse-des-fleisches-wie.700.de.html?dram:article_id=457296 (https://www.deutschlandfunk.de/michel-foucault-die-gestaendnisse-des-fleisches-wie.700.de.html?dram:article_id=457296)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 05, 2019, 12:46:39 AM
"Leïla Slimani: "Niemand soll sich schlecht fühlen, weil er Sex hat"" Interview: Juliane Frisse (4. Oktober 2019)
Schwangerschaftsabbrüche und Sex vor der Ehe sind in Marokko verboten. Dagegen kämpfen Tausende Frauen. "Wir wollen ein Ende der Heuchelei", sagt Autorin Leïla Slimani.
... Für Sex außerhalb der Ehe sieht das Strafrecht Marokkos ein Jahr Gefängnis vor. Auch bei einem Schwangerschaftsabbruch, der nur in Ausnahmefällen zulässig ist, drohen in dem nordafrikanischen Land hohe Strafen. Beides wird der 28-jährigen Journalistin Hajar Raissouni vorgeworfen. Am Montag stand sie gemeinsam mit ihrem Verlobten und ihren Ärzten vor Gericht und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. In Solidarität zu Raissouni haben die Schriftstellerin Leïla Slimani und die Filmemacherin Sonia Terrab ein Manifest verfasst, in dem sie die "ungerechten und überkommenen Gesetze" anprangern. ...
https://www.zeit.de/campus/2019-10/leila-slimani-schwangerschaftsabbruch-sex-ehe-manifest-marokko

Quote
Hamburgerin2.0 #18

Ich sage es ungern, aber Fakt ist: Religion, die Einfluss auf staatliche Gesetzgebung hat, ist das eigentliche Übel, denn sie zwingt die Menschen zum Lügen und zur Selbstverleugnung. Bis 1970 hab es in Deutschland beispielsweise den Straftatbestand der Kuppelei. D.h. jeder barmherzige Hotelier, der unverheirateten Menschen ein gemeinsames Zimmer vermietete, machte sich strafbar. Mein Onkel durfte als Untermieter nur bis 22 Uhr Damenbesuch empfangen - als könnte man um 17 Uhr keinen Sex haben. Das war so was von lächerlich. Mit ähnlichen Problemen schlagen sich zur Zeit die islamischen Staaten rum. ...

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 06, 2019, 12:58:54 PM
Quote[...] Aktivistinnen der Organisation Femen haben in Paris gegen Femizide, also Frauenmorde, in Frankreich protestiert. Allein im laufenden Jahr wurden 114 Frauen von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet wurden. Bei der Demonstration auf dem Friedhof Montparnasse erinnerten die Aktivistinnen daran, dass diesen Taten meistens Gewalt gegen die Frau vorausgingen, ohne dass Hilfe organisiert wurde.

In Deutschland wurden 2017 147 Frauen durch ihren aktuellen oder früheren Partner getötet, fast 2.400 vergewaltigt oder sexuell genötigt. 10.400 Frauen wurden Opfer gefährlicher Körperverletzung durch ihren derzeitigen oder ehemaligen Partner und etwa 67.000 Frauen Opfer von einfacher vorsätzlicher Körperverletzung durch ihre (Ex-)Männer.


Aus: "Femen-Demonstration in Paris: "Ich habe ihn verlassen, er hat mich getötet"" (5. Oktober 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-10/gewalt-gegen-frauen-proteste-femizide-frankreich-femen-fs (https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-10/gewalt-gegen-frauen-proteste-femizide-frankreich-femen-fs)

QuoteBiocrystal #5

So schlimm jede einzelne Tat auch ist und durch nichts zu rechtfertigen: Statistisch sind nur 40 % aller Mordopfer in Deutschland Frauen, als Mann ist das Risiko, Opfer eines Mordes zu werden also ca. 1,5 mal so hoch. Bei den Tätern sind Männer insgesamt weit überrepräsentiert. Dafür töten Frauen selektiver. Mörderinnen haben zu 80% Männer auf dem Gewissen.


Quoteviolettagetyourgun #5.8

Am Thema vorbei. Hier geht es darum, dass Männer Frauen ermorden und quälen, die sie nicht besitzen und kontrollieren können, die ihnen nicht zu Willen sind und ihnen nicht gehorchen.
So einen Kommentar, der Femizide relativiert, hatte ich schon erwartet. Ist ja nicht das erste Mal hier im Forum.



QuoteKlara Denken #5.7

Na, da ich aber froh, daß Männer vorwiegend Männer umbringen. Da haben die Frauen ja richtig Glück gehabt. (Ironie aus) Einer von sieben Mördern in Deutschland ist eine Frau, selbst wenn diese Frauen zu 100% Männer umbringen würden, würden sie nie die Rate der Männer erreichen.
Es geht hier um ein spezifisches, unglücklicherweise fast rein männliches Problem: Morde nach einem Zusammenbruch einer Beziehung.
Was sollen diese selektiven Zahlen, die nichts mit dem Problem zu tun haben?


Quoteserioso #5.9

... Hier wird durchaus zu Recht der Mord an Frauen skandalisiert. Allerdings habe ich noch NIE gelesen, dass der überwiegende Mord an Männern eine Pressemitteilung wert war.


Quoteviolettagetyourgun #5.11

Hier geht es um Morde an Frauen. Von ihnen kein Wort dazu.
Aber sie möchten aus den Opfern Täter machen.
Denn die Frauen haben die Männer ja dahin getrieben.
Wann möchten Männer endlich mal Verantwortung für ihr Handeln übernehmen ?
Wann ihre aggressiven Ausbrüche kontrollieren ?


QuoteSputnik1 #5.12

Warum vom Thema ablenken? Ich verstehe diese Reaktion nicht. Warum fühlen sich manche immer persönlich angegriffen wenn Frauen um ihre Rechte kämpfen. ...


Quoteviolettagetyourgun #5.14

Es geht darum, Macht und Kontrolle über Frauen zu verlieren.
Da werden die Herren schon mal unangenehm.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 07, 2019, 12:12:48 AM
"Slavoj Žižek: Sex and the Failed Absolute"
Wed 25 September 2019 St George's Bristol
https://youtu.be/PmYQIld9BdA

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Kara Ballarin @karaballarin
Jubel in #Heidenheim: nach sehr emotionaler Debatte hat die @spdbawue mehrheitlich für das ,,Nordische Modell" gestimmt, das ein #Sexkaufverbot bedeutet. Nicht Prostituierte werden betraft, sondern Freier. Diesen Vorstoß bringen sie in den #Bundesparteitag der #SPD im Dezember ein
8:31 AM - 12 Oct 2019
https://twitter.com/karaballarin/status/1183042604629450754

Kevin Kühnert Verified account @KuehniKev
Replying to @amina_you
Wie "die SPD" mit Sexarbeiter*innen umgeht, das entscheiden wir ja glücklicherweise erst im Dezember. Sollte ich Delegierter sein, werde ich ebenfalls nicht für das Nordische Modell stimmen.
https://twitter.com/KuehniKev/status/1183509976083513346

Wir sollten aufhören, die Motivation für die Forderung von #Abolition der #Sexarbeit verstehen zu wollen. Es ist eine rechte, populistische Forderung, die dazu dient Frauen und Sexarbeiter*innen zu entmündigen und zu kontrollieren. Es verschwendet Zeit und Kraft, diese Unbelehrbaren (i.e. Spießer, Rechte, Nazis, Frauenhasser*innen, Menschenfeinde) immer wieder argumentativ zu entkräften und führt doch zu nichts. Sie sind nicht leiser, sie werden nicht weniger, noch schwächer. Es hilft nichts, wir müssen stärker werden, #fürsexarbeit ... Das Problem ist doch, dass die Mehrheit rechts nicht als rechts identifiziert. Die #SPD kommt aus der Arbeiter*innenbewegung und ist trotzdem derart degeneriert, dass sie jetzt die Speerspitze der Reaktion ist. Links ist nur der verkürzte Blick einer Momentaufnahme. ...
4:00 AM - 14 Oct 2019
https://twitter.com/Mlle_Ruby/status/1183699141056258048

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Magdalena ,,Leni" Breymaier (* 26. April 1960 in Ulm) ist eine deutsche Gewerkschafterin und Politikerin (SPD).
https://de.wikipedia.org/wiki/Leni_Breymaier (https://de.wikipedia.org/wiki/Leni_Breymaier)

Quote[...] VertreterInnen aller Bundestagsfraktionen haben sich angemeldet, das Interesse sei ,,beeindruckend", so Organisator Frank Heinrich (CDU): Am Dienstag trifft sich zum ersten Mal der interfraktionelle Parlamentskreis zu einem Sexkaufverbot.

Der Kreis trägt den bewusst offen gehaltenen Titel ,,Prostitution – wohin?", doch ins Leben gerufen hat ihn neben Heinrich, der Obmann der Unions-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Menschenrechte ist, die Berichterstatterin der SPD-Fraktion für Zwangsprostitution und erklärte Befürworterin eines Sexkaufverbots, Leni Breymaier. Wahrgenommen wird die Runde deshalb als Informationsrunde zum sogenannten nordischen Modell, das den Kauf von Sex bestraft, nicht aber die Prostituierten.

Während dieses Modell in der Union ohnehin weniger umstritten sein dürfte, sprach sich die SPD bislang gegen die Kriminalisierung von käuflichem Sex aus. ,,Noch habe ich nicht das Gefühl, dass meine Position in der Fraktion breit getragen wird", sagte Breymaier nun zwar der taz. Doch seit Monaten mehren sich in Partei und Fraktion die Stimmen für ein Sexkaufverbot.

Neben der Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Maria Noichl, befürwortete jüngst auch der Gesundheitspolitiker und Kandidat für den SPD-Vorsitz Karl Lauterbach das nordische Modell. Am Wochenende sprach sich der Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg nach hitziger Debatte ebenfalls dafür aus. ,,Prostitution ist Ausdruck struktureller Gewalt gegen Frauen, hat negative Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft und verhindert die Gleichstellung der Geschlechter", heißt es in dem Antrag, der beim SPD-Bundesparteitag im Dezember eingebracht werden soll.

Dennoch: Ein einfacher Durchmarsch dürfte es für die BefürworterInnen eines Sexkaufverbots auch innerhalb der SPD nicht werden. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) etwa pocht auf die bisherigen Beschlüsse: ,,Wir haben uns dafür entschieden, die rechtliche Stellung von Prostituierten zu verbessern", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch eine umfassende Strafbarkeit führe nicht dazu, dass es keine Prostitution mehr gebe, sondern dazu, ,,dass das Ganze in dunkle Ecken verlagert wird", wo es gar keine Kontrolle mehr gebe.

Die VeranstalterInnen des Parlamentskreises rechnen mit rund 25 Teilnehmenden. Sie wolle nicht vorgreifen, sagte Breymaier – aber ihre Idee sei, ein Jahr lang alle sechs bis acht Wochen Treffen abzuhalten, um sich zu informieren. So ist bei der ersten Veranstaltung die Aussteigerin Sandra Norak eingeladen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. Weiter könne sie sich jemanden von der Kriminalpolizei vorstellen oder eine Person aus Frankreich oder Schweden, die über die Erfahrungen mit dem nordischen Modell berichte.

Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cornelia Möhring, lehnt ein Sexkaufverbot ab. Sie will trotzdem am Parlamentskreis teilnehmen, aus Informationszwecken. Für die Frauen selbst sei das Modell kontraproduktiv, sagte Möhring, die selbst in Schweden war, um mit Betroffenen über dessen Auswirkungen zu sprechen: ,,Man treibt sie in die Illegalität." Für die Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung brauche es andere Maßnahmen: ,,Man muss ihre Rechte und soziale Absicherung stärken."

Auch außerparlamentarisch formiert sich Widerstand: Die Bündnisse Sexarbeit ist Arbeit und What the fuck, das Netzwerk Care Revolution und die Interessenvertretung Hydra rufen für Dienstag zu Protesten gegen den Parlamentskreis vor dem Paul-Löbe-Haus in Berlin-Mitte auf. Für Sexarbeitende bedeute das nordische Modell Diskriminierung, heißt es im Aufruf. Es sei ein Nährboden für Ausbeutung, Ausgrenzung und Entrechtung. Unter dem Motto ,,My body, my choice – raise your voice!" wollen sie ab 18 Uhr Solidarität mit Sexarbeitenden zeigen.


Aus: ",,Nordisches Modell": Allianzen für ein Sexkaufverbot" Patricia Hecht (14.10.2019)
Quelle: https://taz.de/Nordisches-Modell/!5629886/ (https://taz.de/Nordisches-Modell/!5629886/)

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Quote[...] Noch gibt es keine Partei in Deutschland, die den Kauf von sexuellen Dienstleistungen verbieten will. Und auch in der SPD ist derzeit nicht absehbar, ob diejenigen die Überhand gewinnen, die das sogenannte nordische Modell tatsächlich einführen wollen. Doch allein die Tatsache, dass die BefürworterInnen eines Sexkaufverbots in Partei und Fraktion derzeit lauter werden, ist beunruhigend.

Denn worum es beim nordischen Modell geht, ist nicht der Schutz von Frauen, sondern die Moral: Sexarbeit darf es nicht geben. Diese Position mag zwar das Gewissen rein halten, geht aber an der Realität vorbei. Zu der gehört, anzuerkennen, dass längst nicht alle Frauen in der Sexarbeit Opfer sind und viele den Beruf aus freien Stücken wählen – manche, weil sie genau diesen haben wollen, manche mangels Alternativen. Auch Letzteres aber kann durchaus besser sein, als gar keine Möglichkeit zum Geldverdienen zu haben.

Schlimm dabei ist, dass das Modell die Situation von Sexarbeitenden faktisch verschlechtert. Dass es Freier bestraft, aber keine Prostituierten, mag zunächst vertretbar klingen, weil es die Frauen selbst nicht zu treffen scheint. Doch das ist ein Trugschluss. Sobald Strukturen in die Illegalität verlagert werden, sind die Konsequenzen: weniger Schutz, weniger Rechte, mehr Stigma. Diverse Studien zeigen: Sex wird auch dann gekauft, wenn er verboten ist – aber im Untergrund. Dabei wäre nichts erreicht, außer dass Sex­arbeit weniger sichtbar wäre.

Der aktuelle Parlamentskreis, zu dem auch die SPDlerin und Befürworterin des Modells, Leni Breymaier, geladen hat, fragt nun zwar scheinbar offen, wohin es mit der Prostitution in Deutschland gehen soll. Doch einiges spricht dafür, dass die Runde dazu dienen soll, langfristig Mehrheiten für ein Sexkaufverbot zu organisieren. Eine Evaluation des jüngsten Gesetzes zur Regelung von Prostitution steht ab 2022 an. Käme es bis dahin zum Umdenken in der Partei, wäre das ein erzkonservativer Paradigmenwechsel in Sachen Sexarbeit in der deutschen Politik.


Aus: "Diskussion um ein Sexkaufverbot: Sichtbarkeit schützt" Kommentar von Patricia Hecht (15.10.2019)
Quelle: https://taz.de/Diskussion-um-ein-Sexkaufverbot/!5629933/ (https://taz.de/Diskussion-um-ein-Sexkaufverbot/!5629933/)

Quote*Sabine*

Ich hoffe darauf, wenn es ein Sexkaufverbot gibt, dass es bei manchen Freiern eben doch zu einem Umdenken führt. Die meisten Menschen, so habe ich den Eindruck, halten sich an Gesetze, vielleicht dann auch in diesem Punkt. Meiner Meinung nach macht es für die meisten Personen hinsichtlich ihres Konsumverhalten durchaus einen Unterschied, ob etwas verboten ist oder nicht.

Ich verstehe sowieso nicht, weshalb Männer sich nicht lieber selbst befriedigen, statt sich eine Frau zu kaufen. Zugegebenermaßen kann ich das mit meinen zwei XX-Chromosomen aber nicht kompetent einschätzen.


QuoteLesMankov

@*Sabine* Ihrem Kommentar entnehme ich, dass Sie ein ganz bestimmtes Bild von Sexarbeit haben: Hetero-Männer kaufen Sex bei Frauen. Sie gehen nicht auf die weiteren Umstände ein, die Sie da im Blick haben, aber letztendlich ist Sexarbeit deutlich vielfältiger als die von Ihnen besagte Konstellation. Diese Vielfalt einem moralischen Anspruch zu opfern, weil irgendein Verhalten nicht nachvollziehbar erscheint, trifft schlicht die falschen.


QuoteDon Geraldo

Mittlerweile macht sich immer mehr die Erkenntnis breit, daß die repressive Politik in der Drogenbekämpfung gescheitert ist, selbst in den USA ist vielerorts Dope schon frei verkäuflich. Repression ist in diesem Bereich nur dort erfolgreich, wo sie exzessiv durchgezogen wird, wie in Singapur. Das geht nur in Diktaturen.

Mit dem Verbot von Sexarbeit ist es genauso.

Außerdem hat die schwedische Sex-Politik nicht mit Moral zu tun, sondern mit bigottem Moralisieren. Und gerade dieses Moralisieren ist oft sehr unmoralisch.


...

"Prostitution in Hamburg: In finstere Ecken gedrängt" Jan-Paul Koopmann (10.12.2019)
Sexarbeit gehört seit Jahrzehnten zum Hamburger Stadtteil St. Georg. Durch Sperrbezirk und Kontaktverbot wurde die Prostitution nur geheimer. ... St. Georg ist jedoch nicht nur für seinen Drogenstrich berüchtigt, sondern auch für fragliche staatliche Regulierungsversuche. Seit 1980 ist hier Sperrbezirk, auch wenn es gut 20 Jahre dauert, bis die Behörden tatsächlich offensiv werden. Höhepunkt der Maßnahmen ist das Kontaktverbot, welches bereits Anbahnversuche von Freiern und Sexarbeiterinnen unter Strafe stellt.
Das Ergebnis: Prostitution wurde ein bisschen geheimer – und zog sich in immer finstere Ecken zurück. Das ist ein Problem für die Frauen selbst, aber auch für jene, die ihnen helfen wollen. Buntenbach-Henke berichtet von ,,Kolleginnen, die nun wirklich nicht empfindlich sind, und die sagen: Da gehen wir abends nicht mehr hin." Das gilt auch für die Gegenseite: Dass die Freier, die trotz Kontaktverbot zum Hansaplatz kommen, aus immer härteren Milieus stammen, kann hier in den umliegenden Bars und Geschäften jede*r bestätigen.
Die Prostitutionsgesetze von 2002 und 2017 haben sicher zu dieser Verschattung des Geschäfts beigetragen, obwohl sie das Gegenteil im Sinn hatten. ... In der politischen Debatte verschärft sich derweil der Ton, seit die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier (SPD) im Sommer einen Arbeitskreis zur Prostitution gegründet hat, der inzwischen fraktionsübergreifend besetzt ist. Die Kräfteverhältnisse sind nach wie vor nicht entschieden. Klar ist aber, dass die Verbotsforderung von Terre des Femmes nicht im luftleeren Raum stattfindet. Hier prallen grundverschiedene Vorstellungen auch darüber aufeinander, was Feminismus bedeuten kann. Sperrgebiet-Mitarbeiterin Ines Berding betont, dass die Illegalisierung nicht nur die Sexarbeit selbst betreffe, ,,sondern auch grundsätzlich das Recht von Frauen, über ihre Körper zu entscheiden". Die Argumente der Verbotsbefürworter seien pure Fremdbestimmung und erklärten die Sexarbeiterinnen zu unmündigen Opfern.
Auch wenn alle Seiten immer wieder von Zahlen sprechen, die wahlweise ein Scheitern oder einen Erfolg des Nordischen Modells belegen sollen, nach dem sich der Freier strafbar macht, nicht die Sexarbeiterin, läuft es immer wieder darauf hinaus, dass sich hier Moral und Pragmatik anein­ander reiben. ,,Wie kann so etwas erlaubt sein?", fragen die einen. ,,Welchen Schaden bedeutet ein Verbot für bestehende Hilfsstrukturen und für die Frauen selbst?", wollen die anderen wissen.
Unwahrscheinlich ist, dass sich beides zusammendenken lässt. ...
https://taz.de/Prostitution-in-Hamburg/!5644565/


"Prostitution: Warum Sexkauf keine Wohltat ist" Emily Williams (13. Januar 2020)
... Frauen, die sich prostituieren wollen, gelten im Lobbyslang als "selbstbestimmte Sexarbeiterinnen". Sie organisieren sich in "Hurengewerkschaften", werden in Talkshows eingeladen und predigen, dass Prostitution ein "Beruf wie jeder andere sei", das "älteste Gewerbe der Welt" und das ihnen nach Uhr getakteter Sex richtig viel Spaß macht. Diese selbstbestimmten Sexarbeiterinnen sind meist weiß, sprechen deutsch, drücken sich gebildet aus und sie vertreten angeblich die Interessen aller Prostituierten.
Dass es da noch andere Wirklichkeiten gibt, das wissen wir alle. Aber diese Frauen, die nicht so glücklich als Prostituierte sind, sprechen nicht selbst. Zwangs- und Armutsprostituierte werden zwar erwähnt und bedauert, aber Gewalt sei ja sowieso schon strafbar. Man spricht nicht mit ihnen, sondern über sie. ...
Ich habe massenhaft Bücher gelesen, Diskurse durchgeackert, aktiven Prostituierten, Lobbyvertreterinnen, Freiern, Dominas und Bordelbetreibern zugehört. So wie es in jeder Debatte zur Prostitution von prostitutionskritischen Stimmen erwartet wird. Und ich habe Überlebenden zugehört, Aussteigerinnen, die täglich um ihren Lebensunterhalt kämpfen, weil sie sich nicht mehr prostituieren werden und aus allem eine Meinung gebildet. Ich streite, schreibe und kämpfe als Linke, als Feministin, als Frau, für ein Sexkaufverbot. Mir ist bewußt, was das bedeutet. Auch die linken Gegenargumente sind mir bekannt. Meine Forderung ist ein politischer Appell an einen Staat, dessen Verfasstheit von Ausgrenzung, Ausbeutung und Gewalt bestimmt ist, sich für die Rechte von Frauen einzusetzen und diese gegen männliche Kontrolle und Verfügungsgewalt zu schützen. Ein solcher Appell ist Anklage und Ausdruck meiner Hilflosigkeit, denn selbst die politische Linke scheint sich nicht im Klaren darüber zu sein, wie sie sich zum System Prostitution äußern soll und sich zu verhalten hat. In diesem Sinne ist meine Forderung nach einem Sexkaufverbot auch eine Aufforderung an euch, entgegen der ideologischen Zumutungen der Lobbyvereine, Prostitution wieder als Ausdruck der sozialen Not von Frauen zu betrachten. Wer eine solche Notlage ausnutzt, um sich Triebbefriedigung zu kaufen, ist weder Wohltäter noch Gönner, sondern ein Dreckschwein. ...
https://lowerclassmag.com/2020/01/13/prostitution-warum-sexkauf-keine-wohltat-ist/


Bericht und Hintergrund einer Aktion von Sexarbeiter'innen in Leipzig
von: Einige Sexarbeiter'innen am: 03.11.2019 - 17:29
Themen: Antifa Gender Soziale Kämpfe
Regionen: Leipzig
Eine Gruppe von Sexarbeiter'innen und deren Unterstützer'innen kamen am 25.10.2019 zur Albertina Bibliothek Leipzig. Dort sollte der Vortrag "Zur Kritik der Prostitution" der transfeindlichen Referentin Naida Pintul stattfinden, die gegen die Selbstbestimmung von Sexarbeiter'innen agitiert. Wir stellten der Referentin unseren Protest entgegen und boten dem Publikum des Vortrags eine Möglichkeit, sich von uns Sexarbeiter'innen direkt über das Thema zu informieren. In diesem Post dokumentieren wir sowohl unsere Protestaktion, als auch die Redebeiträge und Antworten auf die gängigsten Argumente, mit denen unsere Arbeit kriminalisiert werden soll. ...
https://de.indymedia.org/node/43854
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 15, 2019, 11:15:10 AM
Quote[...] ,,Es besteht kein Konflikt, keine Meinungsverschiedenheit zwischen der Kirche, dem Heiligen Stuhl, und den Vereinten Nationen in Sachen Menschenrechten, vor allem nicht wenn es um den Frieden und den Wohlstand für alle Menschen geht."

Silvano Maria Tomasi ist katholischer Erzbischof und ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen, der UNO. Allerdings hat der Vatikanstaat die Menschenrechtscharta der UNO nicht unterzeichnet. Die Menschenrechte stellen jene Rechte dar, die einzelne Personen vom Staat einfordern können. Der Heilige Stuhl ist einer der wenigen Staaten, die diese Rechtsforderungen der Vereinten Nationen nach wie vor ablehnen. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention wurde bisher vom Heiligen Stuhl nicht unterzeichnet.

Aus einem präzisen Grund hat der Vatikan immer noch Probleme damit, solche internationalen Dokumente zu unterzeichnen, erklärt Daniele Menozzi, Historiker an der Universität Scuola Normale Superione in Pisa und Autor eines 2012 erschienen Buches zum Thema Kirche und Menschenrechte:
,,Gegen das Recht des Menschen über sich selbst zu bestimmen argumentieren die Päpste mit dem Naturrecht, dem sich der Kirche nach die Menschen unterzuordnen haben."

Die Kirche und die Menschenrechte: ein Thema, das die Päpste seit 1789 beschäftigt. Die Ausrufung der Menschenrechte während der Französischen Revolution überraschte die Kirche. Vor allem war Papst Pius VI. über das Verhalten des französischen Klerus angesichts der Menschenrechtserklärung überrascht.

,,Die französische Kirche beteiligte sich an der Verfassung dieser Erklärung. Sie war nicht mit allen Artikeln der Erklärung einverstanden, gab aber Empfehlungen, die beim Abfassen des Textes berücksichtigt wurden. Als Rom davon erfuhr, reagierte der Papst sofort: Pius VI. verurteilte die Menschenrechtserklärung offiziell, mit dem Hinweis, dass diese Rechte der kirchlichen Lehre widersprächen."
Die Mehrheit des französischen Klerus gehorcht dem römischen Diktat.

Mit der entschiedenen Ablehnung dieser ersten Menschenrechtserklärung beginnt Historiker Menozzi zufolge die konfliktreiche Geschichte zwischen dem Vatikan und den verschiedenen späteren Menschenrechtserklärungen:

,,Das Motiv der Ablehnung solcher Erklärungen seitens der Kirche liegt in der Überzeugung der Päpste, dass sich eine menschliche Gesellschaft nach den Prinzipien Gottes und nicht der Menschen zu organisieren habe.

Und so kommt es vor allem im 19. Jahrhundert zu scharfer Kritik seitens der Päpste allen Versuchen gegenüber Menschenrechte zu deklarieren. Ende der 1870er-Jahre schließlich erklärt Papst Leo XIII., dass es innerhalb des göttlichen Naturrechts gewisse Menschenrechte gebe."

Die Rede ist vom Sogenannten ,,ius divinum naturale". Das ist jenes göttliche Recht, das aus den Hinordnungen, den inclinationes, der menschlichen Natur abgeleitet werden kann und somit dem Naturrecht vergleichbar ist. Das ,,ius divinum" wird unmittelbar auf den Willen Gottes zurückgeführt. Es ist im Verständnis der Kirche überzeitlich, dem übrigen kirchlichen und menschlichen Recht übergeordnet. Es kann somit weder von weltlichen noch von kirchlichen Gesetzgebern verändert und aufgehoben werden. Aus diesem Grund tat sich vor allem die Kirche des 19. und der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts schwer damit, Menschenrechtserklärungen anzuerkennen. Schon allein deshalb, weil jede solche Erklärung den päpstlichen Primat nicht nur infrage stellt, sondern negiert. Der päpstliche Primat gilt allerdings als eine dem Willen des menschlichen Gesetzgebers entzogene weil von Gott verliehene Rechtstatsache.

Die Einstellung der Kirche den Menschenrechten gegenüber änderte sich, so Historiker Menozzi, zum ersten Mal mit Papst Johannes XXIII.:
,,Vor allem mit seiner Enzyklika ,Pacem in terris' von 1963 vollzog die Kirche eine tief greifende Wende. Zum ersten Mal überhaupt wurde das Wort ,Menschenrechtserklärung' positiv in einem päpstlichen Dokument erwähnt. Dieser Papst war davon überzeugt, dass diese Erklärung die Basis für alle menschlichen Organisationen sein sollte."

Johannes XXIII. eröffnete damit einen Dialog innerhalb seiner Kirche. Die bis dato hohe Barriere zwischen Menschenrechten und göttlichem Naturrecht war entschieden niedriger geworden.

Das Abschlussdokument des Zweiten Vatikanischen Konzils sprach sich aber weitaus vorsichtiger gegenüber dem Thema der Menschenrechte aus als Papst Johannes XXIII. Dort war, wenn auch mit weitreichenden Zugeständnissen der modernen Gesellschaft gegenüber, wieder vom Primat des göttlichen Naturrechts die Rede.

Mit dem Pontifikat von Johannes Paul II., vor allem aber von Benedikt XVI. setzte sich innerhalb der Amtskirche wieder jene orthodoxe Konzeption des göttlichen Naturrechts als allem menschlichen Recht übergeordnet durch.

Und jetzt, mit Papst Franziskus? Wird sich mit ihm in Sachen Kirche und Menschenrechten etwas ändern? Katholiken weltweit erwarten sich, so Historiker Daniele Menozzi, auch in diesem Punkt Veränderungen durch den Papst aus Argentinien:

,,Während des Pontifikats von Benedikt XVI. kann man von einer Obsession bezüglich des göttlichen Naturrechts sprechen. Franziskus hat deutlich gemacht, das unter seinem Pontifikat diese Fixierung nicht mehr so wichtig ist. Er sagte es klar: Die Kirche darf nicht wollen, dass sich die Menschen ihrem Recht unterordnen, sondern sie muss die Frohe Botschaft verbreiten."

Aber Menozzi glaubt nicht, dass der Vatikan bald schon UNO- und EU-Menschenrechtserklärungen unterzeichnen wird. Mit Papst Franziskus, so der Historiker, wird das Dogma des göttlichen Naturrechts als allem menschlichen Recht übergeordnet nicht etwa abgeschafft, sondern nur weniger wichtig.


Aus: "Staat und Religion: Der Vatikan und die Menschenrechte" Thomas Migge (09.01.2015)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/staat-und-religion-der-vatikan-und-die-menschenrechte.886.de.html?dram:article_id=308219 (https://www.deutschlandfunk.de/staat-und-religion-der-vatikan-und-die-menschenrechte.886.de.html?dram:article_id=308219)

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Quote[...] Markus Tiedemann (Jg. 1970) ist Professor für Didaktik der Philosophie und Ethik an der TU Dresden. Publikationen unter anderem: "'Liebe Fanatiker!' Philosophische Briefe an Menschen extremer Glaubensrichtungen" und "'In Auschwitz wurde niemand vergast'. 60 rechtsradikale Lügen und wie man sie widerlegt".

Er referiert am 16. Oktober (17 Uhr, NIG, Hörsaal 3D) im Rahmen der von Philosoph Konrad Paul Liessmann, Niklas Gyalpo, Bernadette Reisinger und Elisabeth Widmer in Kooperation mit dem STANDARD organisierten Vortragsreihe "Fachdidaktik kontrovers" zum Thema "Weder Tugendterror noch Nihilismus. Das Konzept der Transzendentalen Toleranzerziehung". Das Generalthema im Wintersemester 2019/20 lautet: "Erziehung zum Guten? Ethikunterricht zwischen Reflexion & Indoktrination".


STANDARD: Was halten Sie vom österreichischen Plan, Ethikunterricht nur für jene verpflichtend zu machen, die keinen konfessionellen Religionsunterricht haben?

Tiedemann: Ich finde es grundsätzlich wünschenswert, dass Ethik in Österreich nun breiter eingeführt wird, gleichwohl ist das Modell alles andere als ambitioniert. Meines Erachtens braucht die pluralistische, multikulturelle Gesellschaft ein Pflichtfach Ethik für alle, und wer dann möchte, kann zusätzlich Religion wählen. Denn diese beiden Fächer sind sehr unterschiedlich. Eine ethische oder philosophische Reflexion ist per Definition ergebnisoffen, während eine religiöse Perspektive notwendig an Dogmen gebunden ist.

STANDARD: "Ethikunterricht ist nicht religionsfeindlich", sagen Sie. Viele Kritiker des Ethikunterrichts sagen, genau das ist er.

Tiedemann: Wer sich für Ethikunterricht ausspricht, geht davon aus, dass die wesentliche Grundlage unserer Gesellschaft auf einem gemeinsamen Diskurs beruht, zu dem Menschen unterschiedlichster sozialer Prägung oder religiöser Tradition versammelt werden. Schulunterricht sollte genau das befördern. Das kann er aber nicht, wenn er junge Menschen in unterschiedlichen, kulturell homogenen Schubladen unterbringt. Vor allem gilt ein wichtiger Grundsatz: Die entscheidenden Werte unserer Gesellschaft beruhen nicht auf religiösen Überzeugungen. Die Menschenrechte sind gegen und nicht durch die Religionen erkämpft worden. Das kann gar nicht oft genug betont werden. Der Vatikan hat bis heute die Menschenrechte nicht anerkannt. Insofern darf betont werden: Wenn wir die humanistischen Grundlagen unserer Gesellschaft pflegen wollen, dann sind diese zunächst einmal areligiös. Das heißt nicht, dass man religionsfeindlich ist.

STANDARD: Eine der Befürchtungen der Kritiker eines Ethikunterrichts lautet: Da werden die Schülerinnen und Schüler einfach nur anders, eben nichtreligiös indoktriniert ... quasi Gesinnungsunterricht auf andere Art oder Political Correctness als Schulfach. Was entgegnen Sie diesem Vorwurf?

Tiedemann: Zunächst würde ich sagen: Ja, Sie benennen eine große Gefahr. Das ist die Gefahr, die in jeder Pädagogik steckt, und wir Didaktiker zerbrechen uns darüber den Kopf unter dem Stichwort Wertevermittlungsdilemma. Wie kriegen wir es hin, dass Menschen moralisch wertvolle Grundsätze entwickeln, aber gleichzeitig dem Prinzip des Selbstdenkens und der freien Urteilskraft treu bleiben? Wir können ja nicht sagen: Ich möchte, dass du deine autonome Urteilskraft schulst, aber am Ende musst du ein Vertreter von Menschenrechten, Toleranz und Demokratie sein. Wir können diese Ergebnisse nicht vorgeben ohne die philosophische Essenz des Selbstdenkens zu verraten. Es geht nicht um Wertevermittlung, sondern Werte-Entwicklung, die von Generation zu Generation neu ausgetragen werden muss.

STANDARD: Wie gehen Sie mit diesem Dilemma im Unterricht um?

Tiedemann: Die philosophische Auseinandersetzung hat ein formales Dogma: Argumentiere kohärent, nicht willkürlich. Nur die Argumente werden anerkannt, die von jedem vernunftbegabten Wesen als Argument zumindest nachvollzogen werden können. Was die Pflege der humanistischen Werte angeht, gibt es das Vertrauen auf den zwanglosen Zwang des besseren Arguments nach Jürgen Habermas. Das heißt, in einem freien, rationalen Diskurs, so die – wie ich finde, auch begründete – Hoffnung, werden sich auch die Argumente durchsetzen, die ein starkes Primat für Menschenrechte, Toleranz und Demokratie vertreten.

STANDARD: Sie haben eine Studie über kulturell-religiöse Konflikte in Schulen durchgeführt. Sind sie mehr geworden, welche sind es, und wie sollen Schulen damit umgehen?

Tiedemann: Immer dann, wenn in ein System, hier die Schule, mehr Menschen unterschiedlicher Prägung hineinkommen, steigt die Konflikthäufigkeit. Die Lehrerinnen und Lehrer berichten, dass die Organisation, der Alltag und der Unterricht formal durch mehr Konflikte belastet sind und sie auch inhaltlich vor neuen Orientierungsfragen stehen. Vor 50 Jahren hätte wohl kaum eine Lehrerin oder ein Lehrer über Ernährung bei Schulfesten nachdenken müssen. Heute muss das organisatorisch geklärt werden. Aber auch inhaltliche Fragen wie die Gleichberechtigung der Geschlechter stehen erneut auf der Agenda und müssen neu ausgehandelt werden. Religions- und Kulturkunde sind hier hilfreiche, vielleicht sogar notwendige Bestandteile des Diskurses. Sie sind aber nicht hinreichend, um entsprechende Konflikte zu lösen. Dafür bedarf es des gemeinsamen Ringens um Argumente höherer Ordnung.

STANDARD: Diese Konflikte sind lauter Beispiele, wo Schulen oder die Gesellschaft entscheiden müssen, was tolerieren wir und was nicht. Wie und wo sollen Integrationsgesellschaften da die Grenze ziehen?

Tiedemann: Wir haben eine relativ gut begründete Grenze: die Menschenrechte. Wenn Menschenrechte zur Disposition stehen, haben wir gute Gründe zu sagen: Bis hierher und nicht weiter! Prinzipiell müssen wird uns des Begriffs Toleranz bewusster werden. In der Alltagssprache herrscht ein inflationärer Gebrauch: Wenn du mich gut findest, bist du tolerant. Und wenn du mich nicht gut findest, bist du intolerant. Das hat mit Toleranz nichts zu tun. Tolerare heißt ja erleiden, erdulden. Wir müssen etwas schlecht finden, um überhaupt tolerant sein zu können. Wenn es mir egal ist, bin ich nicht tolerant, und wenn ich es gut finde, auch nicht. Ich muss es ablehnen. Ablehnen und dennoch akzeptieren, das ist die Herausforderung echter Toleranz.

STANDARD: Warum soll ich etwas, das ich schlecht finde, akzeptieren?

Tiedemann: Weil es Argumente höherer Ordnung gibt. Ein Beispiel: Mein Nachbar spielt Trompete, und ich hasse es. Ich finde es schlecht und toleriere es dennoch, weil es Argumente höherer Ordnung gibt: die Freiheit der Lebensgestaltung, Gesetzestreue, Solidarität und so weiter. Oder: Ich mag es nicht, wenn Karikaturen über meinen Propheten gemacht werden. Dennoch toleriere ich es, weil die Rechtfertigung auf Werte wie Meinungs- und Pressefreiheit verweist, die über meine subjektive Empfindung hinausweisen. Deswegen darf ich die Karikaturen nach wie vor ablehnen und schlecht finden. Niemand zwingt mich, sie zu begrüßen, aber solange ich meine Ablehnung nicht selbst mit Argumenten höherer Ordnung rechtfertigen kann, muss ich mich fügen. Rainer Forst nennt dies das Recht und die Pflicht auf allgemeine und reziproke Rechtfertigung. Die Tugend echter Toleranz muss sehr intensiv trainiert werden. Meine Hoffnung ist, dass der Ethikunterricht zum expliziten Ort für dieses Training wird.

STANDARD: Warum ist philosophisch-ethische Bildung "eine wichtige Radikalisierungsprophylaxe", wie Sie sagen?

Tiedemann: Weil mir selbstkritische Reflexion die Endlichkeit meiner eigenen Vernunft vor Augen führt. Ein Beispiel: "Kann Gott einen Stein erschaffen, den er selbst nicht heben kann?" Fragen wie diese setzen einen Reflexionsprozess in Gang, der sich mäßigend auf religiösen Fundamentalismus auswirkt. Wie kann ich blind den Geboten eines angeblich allmächtigen Gottes folgen, wenn ich diese Allmacht nicht einmal widerspruchsfrei denken kann? Ein zweites Beispiel: "Wie kann ich eine politische Bewegung auf den Begriff einer nationalen Identität gründen, wenn ich gleichzeitig nicht in der Lage bin, diesen essenziell oder historisch zu definieren?" Wo meine Rechtfertigungen inkohärent werden, ist für meine Forderungen Bescheidenheit geboten. Das zu verstehen ist eine wirkungsmächtige Dogmatismusprophylaxe. (Lisa Nimmervoll, 14.10.2019)


Aus: "Fachdidaktik kontrovers: Philosoph zum Ethikunterricht: "Menschenrechte wurden gegen Religionen erkämpft""
Interview Lisa Nimmervoll (15. Oktober 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000109862955/philosoph-zum-ethikunterricht-menschenrechte-wurden-gegen-religionen-erkaempft (https://www.derstandard.at/story/2000109862955/philosoph-zum-ethikunterricht-menschenrechte-wurden-gegen-religionen-erkaempft)

QuoteJakob Stainer

Sehr gutes Interview! - Ich befürchte, dass viele, welchen es gut stehen würde das durchzudenken, nicht lesen werden.


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Kilian Schirrhackl

"Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15ten Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen; dann wird etwas von ihr zu hoffen sein."
Arthur Schopenhauer (1788 - 1860), deutscher Philosoph


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jumpingjack flash

einen stein erschaffen den man nicht heben kann also der christliche Gott kann das - der schreibt auch auf krummen Linien gerade...
sprich da ist klar dass es um Dimension geht die NICHT mit unserem menschlichen verstand greifbar sind. ...


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Pater W1

Wenn Gott einen Stein erschaffen kann, den er nicht heben kann ist er nicht allmächtig - er hat zwar den Stein geschaffen, kann ihn aber trotz seiner Allmacht nicht heben. Oder er kann ihn heben, dann ist es aber kein Stein, den nicht mal er heben kann. Insofern gibt es keine Allmacht. Jetzt verstanden?


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jumpingjack flash

ja, nur entzieht sich das Verständnis dieser "Logik" völlig dem allmächtig und ungreifbaren bild des christlichen gottes (wie das bei Mohammed ist weiß ich nicht) - solche Fangfragen sind schlicht sinnlos - wie gesagt er kann auf krummen Linien gerade schreiben.
auch die Unendlichkeit ist ein begriff wo sich viele schwer tun - den zu vermitteln ist nicht leicht bis unmöglich.


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VHRedhunter

Immer wieder beeindruckend, wie sehr Rel. das Denkvermögen schädigt.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 21, 2019, 09:29:33 AM
Quote[...] Seit Inkrafttreten eines schärferen Sexualstrafrechts mit der so genannten Nein-heißt-Nein-Regel vor drei Jahren ist die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bundesweit um mehr als ein Drittel gestiegen. Nach Daten des statistischen Bundesamts wurden 2018 rund 72.000 Verfahren geführt. In den Jahren vor der Reform lag die Zahl noch bei rund 53.000.

Allein in Berlin kommen tausend Fälle mehr pro Jahr auf den Tisch der Staatsanwaltschaft, Tendenz steigend. Im laufenden Jahr könnten es erstmals mehr als 4000 Verfahren werden. Als Grund für den Anstieg nennen Justizexperten neben dem neuen Delikt der ,,Sexuellen Belästigung" eine größere Bereitschaft, Fälle bei der Polizei anzuzeigen.

Das Berliner Landeskriminalamt spricht von einem ,,Kulturwandel", der alle Schichten und Altersgruppen erfasst habe. Er führe zu einem Anstieg der Ermittlungsverfahren ,,in jedem Bereich" des Sexualstrafrechts.

Dennoch wird ein etwa gleichbleibend großer Teil der Verfahren mangels Tatverdacht wieder eingestellt. Im vergangenen Jahr waren es bundesweit rund 32.000 Fälle.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte dem Tagesspiegel, die Einführung der ,,Nein-heißt-Nein"-Regelung sei "ein Meilenstein für die sexuelle Selbstbestimmung". Es sei überfällig gewesen, den Willen des Opfers in das Zentrum zu rücken. "Jede sexuelle Handlung gegen den erkennbaren Willen des Opfers haben wir strafbar gemacht."

Die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen, aber auch Männern, werde dadurch deutlich besser geschützt. Den Anstieg und den Umgang mit den Verfahren wollte die Ministerin jedoch noch nicht kommentieren. Es sei noch "zu früh, um die Auswirkungen der Reform und die Anwendung der neuen Straftatbestände in der Praxis zu beurteilen."

Auch der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, bezeichnet den Grundgedanken als gut und richtig. In der Praxis habe sich aber gezeigt, dass die Reform nicht in allen Punkten hinreichend durchdacht war. ,,Die Neuregelungen haben durch handwerkliche Fehler – ungewollt – dazu geführt, dass Straftäter mitunter davon profitieren", sagt Rebehn.

Zum Beispiel gelten heute teilweise geringere Strafrahmen und kürzere Verjährungsfristen als zuvor für dieselben Tatbestände. ,,Die Politik ist gut beraten, diese Mängel der Reform schnellstmöglich zu beheben."

In den Reihen von Strafverteidigern hält sich ebenfalls eine grundlegende Skepsis. Stefan Conen vom Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins findet die Reform ,,hochproblematisch". ,,Das Gesetz rückt innerpsychische Zustände der Beteiligten in den Mittelpunkt und macht es mehr als schwierig, hier noch sichere Feststellungen zu treffen", sagt er.

Das Risiko für Fehlurteile in dem ohnehin fehlerträchtigen Bereich, wo häufig Aussage gegen Aussage stehe, sei noch einmal deutlich erhöht. Der Strafverteidigung stehe kaum taugliches Instrumentarium zur Verfügung, um Falschbeschuldigungen zu entlarven: ,,Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass ja nur vermeintlich Geschädigte bereits zu Beginn des Prozesses als Opfer behandelt werden, obwohl diese Rolle ja erst mit dem Urteil festgestellt werden kann", kritisiert Conen.

Er bezweifelt zudem, ob es geboten war, mit dem neuen Tatbestand der sexuellen Belästigung ein sittlich zu missbilligendes Verhalten ,,der knappen Ressource Strafjustiz" zu überantworten.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) zieht dagegen schon jetzt ein positives Fazit: "Die gestiegene Zahl der Verfahren zeigt, dass Debatten wie Metoo wichtig für unsere Gesellschaft sind, weil sie die Anzeigebereitschaft der Frauen erhöhen", sagte er dem Tagesspiegel. Offenbar ist auch in diesem Deliktfeld das Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden gestiegen. Er ermutigt Frauen ausdrücklich, Übergriffe bei der Polizei zu melden: "Mit jeder weiteren Strafanzeige erhellen wir dieses Dunkelfeld."

Auch Berlins Opferbeauftragter Roland Weber lobt die Reform, nicht nur, weil das Dunkelfeld kleiner geworden sei. Ihr eigentlicher Erfolg sei darin begründet, dass sie zu einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs über das Thema geführt habe.


Aus: "Zahl der Ermittlungen zu Sexualstraftaten steigt um mehr als ein Drittel"  Katja Füchsel Jost Müller-Neuhof (20.10.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/folge-der-nein-heisst-nein-regel-zahl-der-ermittlungen-zu-sexualstraftaten-steigt-um-mehr-als-ein-drittel/25133822.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/folge-der-nein-heisst-nein-regel-zahl-der-ermittlungen-zu-sexualstraftaten-steigt-um-mehr-als-ein-drittel/25133822.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 22, 2019, 02:30:37 PM
Quote[...] Was bedeuten die von Zeit zu Zeit aufflammenden und von interessierter Seite immer wieder angeheizten Debatten um das so genannte ,,Sexkaufverbot"? Ist in Deutschland demnächst mit einer strafrechtlichen Umerziehung von Männern zu rechnen, die sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen? Steht das ,Schwedische Modell' vor der Tür? Und wäre es überhaupt ein ,Modell' für Deutschland?

Veröffentlicht am 21. August 2019 NEUERSCHEINUNG: ,,Entrechtung durch Schutz" –  Streitschrift gegen das Prostituiertenschutzgesetz

Doña Carmen e.V. (Hrsg.)
1. Auflage: August 2019, ISBN 978-3-932246-95-1, 648 Seiten

,Entrechtung durch Schutz' – die Streitschrift gegen das Prostituiertenschutzgesetz – steht für Sachinformation, Aufklärung und engagierte Parteinahme für die Rechte von Sexarbeiter/innen. Das neu erschienene Buch beleuchtet das nach wie vor umstrittene Prostituiertenschutzgesetz in all seinen Facetten. Verständlich und kompakt auf 640 Seiten. Aus der Perspektive von Sexarbeiter/innen, argumentativ und wissenschaftlich. ...


Quelle: https://www.donacarmen.de/neuerscheinung/#more-2213 (https://www.donacarmen.de/neuerscheinung/#more-2213)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 04, 2019, 02:48:51 PM
Quote[...] Liebe linke Männer,

ich weiß, ihr wählt grün oder rot, nennt euch Feministen, holt euer Mittagessen beim bosnischen Burek-Verkäufer eures Vertrauens und geht auf die Donnerstagsdemo in Wien. Aber ich muss euch etwas verraten: Ihr habt oft mehr mit Rechten gemeinsam, als euch lieb ist.

"Liebe ...", so beginnen Hunderte E-Mails in meinem Postfach.

"Ich muss Dich darauf hinweisen, dass ... " Und dann beginnt sie, die Belehrung auf durchaus höfliche, aber nicht minder diskreditierende Art und Weise, warum ich mit meiner Meinung völlig daneben liege und mich doch bitte mehr informieren soll – all das auf mehr Platz, als diese gesamte Kolumne einnimmt.

Das ist natürlich netter als die "Geh dich erhängen, du Fotze"-Nachrichten, die ich von Neonazis erhalte. Aber diese Nachrichten-Flut, die alle Kolumnistinnen erhalten, zeigt auch: Die Absender halten sich für schlauer – für schlauer als Populisten und Neonazis. Und für schlauer als Frauen.

Mansplaining kann selbst der linkeste Mann nicht ablegen. Auch statistisch gesehen scheint es, als ob Männer labern und labern und labern. Im deutschen Fernsehen, bei den #allmale-Panels, in der Politik. ...

Ich kenne diese Dauerbeschallung aus Bar-Abenden, wenn Männer, eine selbst gedrehte Zigarette in der Hand, lang und breit erklären, warum Kommunismus das einzig gerechte politische System ist. In völligem Selbstverständnis, dass sie natürlich mehr über Marx Thesen und soziale Gerechtigkeit wissen als das weibliche Gegenüber. Ein Bekannter von mir philosophierte stundenlang, es läge nicht in der Verantwortung der Start-up-Unternehmen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, dass Frauen und Diversität fördert. Ein anderer schrieb seine Doktorarbeit über Feminismus. Sich selbst bezeichnete er trotzdem lieber als Humanist.

Die antirassistische Arbeit vieler linker Männer hört an dem Punkt auf, an dem sie ihr eigenes Verhalten reflektieren müssen. Wer wirklich Veränderung möchte, der muss dahin, wo es weh tut. Dazu gehört auch, sich mit seinem eigenen verinnerlichten Rassismus auseinanderzusetzen.

Nein, es bringt nichts, überall "I am a Feminist" zu schwadronieren, wenn man unangenehme Frauen aus der Partei schmeißt und mit Männern ersetzt – wie es der kanadische Premier Justin Trudeau mit der damaligen Justizministerin Judy Wilson-Raybould getan hat. Wären Feministen konsequent, würden sie Frauen fördern und es nicht nur proklamieren. Wären all die mächtigen linken Männer, all die Chefs von linken Zeitungen, all die Generalsekretäre von ehrenamtlichen Institutionen wirklich konsequent in ihren politischen Ansichten, dann würden sie auf ihren Platz am Panel verzichten und eine Frau, idealerweise eine Woman of Color, für das Podium vorschlagen.

Auch im Privatleben sind linke Männer weniger woke, als sie denken.

Inzwischen ist ja auch für Rechtsextreme wie den österreichischen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache ein "Papamonat" drin. Vor vier Jahren arbeiteten nur 5,8 Prozent aller erwerbstätigen Väter in Deutschland in Teilzeit, zitiert die Zeit und schreibt weiter: "Das bedeutet auch: Unfassbare 94,2 Prozent können mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ihre Kinder nie nachmittags vom Kindergarten abholen."

Wenn ich mich in meinem Freundinnenkreis (generisches Femininum, Männer mitgemeint) umhöre, merke ich: Oft sind Männer OK damit, wenn du queer bist und auch mit Frauen – aber nur Frauen! – schläfst. Sex während der Periode ist keine große Sache mehr. Aber Verhütung? Na ja, doch irgendwie "Frauensache". Was, wenn man sich trennt, bevor die Hormonspirale ihre Wirkung verliert?

Dazu kommen all die Stars wie etwa der Philosophie-Popstar Slavoj Žižek. Seine steilen Thesen wie die "Entzauberung des Erotischen" sind nur eines von vielen Geschwüren unserer patriarchalen Gesellschaft, in der Männer die Regeln vorgeben. Wir Feministinnen sind also nicht nur ungefickt, sondern ruinieren mit unseren politischen Ansichten das Sexleben anderer. Männer wie Žižek sind im Übrigen der Grund, warum ich keinen BH mehr trage. Er möchte nicht, dass Nippel enterotisiert werden – ich will genau das Gegenteil.

Sexuell belästigt werde ich übrigens nicht nur von betrunkenen Teilnehmern rechter Demos und nicht nur von Mittfünfzigern mit steirischem Dialekt, die mir hinterherschmatzen. Männer in "linken" Kneipen greifen mir ungefragt in die Haare. Männer auf HipHop-Partys, die mich auf meine journalistischen Texte ansprechen und "grundsätzlich" meiner Meinung sind, mich aber trotzdem kritisieren wollen, kommen mir auf der Tanzfläche zu nahe und ignorieren mein "Ich möchte weder mit dir sprechen noch in deiner Nähe sein".

Und – Überraschung – nicht nur Faschos schlagen Frauen. Auch scheinbar aufgeklärte Männer belästigen und missbrauchen: Der Comedian Louis CK hat fünf Frauen sexuell belästigt. Der Starfotograf Terry Richardson soll Models unter anderem dazu aufgefordert haben, seinen Penis anzufassen, sie bedrängt haben. Die Liste könnte ich endlos fortführen.

Gewalt gegen Frauen hat einen gemeinsamen Nenner: das Geschlecht. 137 Frauen werden jeden Tag weltweit durch den eigenen Partner oder Familienmitglieder getötet. Die UNO-Daten zeigen auch, dass es in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg der Femizide in Österreich gab. Vergangenes Jahr wurden in Österreich 70 Menschen zwischen Januar und November ermordet. Davon waren 41 Frauen.

Männer, ganz egal ob links oder rechts, profitieren von den gesellschaftlichen Strukturen. Ich weiß, liebe linke Männer. Ihr denkt, ihr seid die besseren Männer, weil ihr auf der richtigen Seite steht. Eure politischen Ansichten sind vielleicht genau das Gegenteil. Das bedeutet aber nicht, dass ihr nicht diskriminiert, dass ihr nicht sexistisch seid. Also: Try harder. Ist nicht so schwer, versprochen.

Update, 25.10.2019, 12:45 Uhr: In einer vorherigen Version dieses Textes fehlte der Absatz über Slavoj Žižek. Wir haben diesen auf Wunsch der Autorin nachträglich eingefügt.

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Aus: "Stanic – Die Kolumne: Linke Männer, ihr seid auch Sexisten" Alexandra Stanic (25 Oktober 2019)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/59n4qn/linke-manner-auch-sexisten?utm_source=vicefbde&utm_medium=link (https://www.vice.com/de/article/59n4qn/linke-manner-auch-sexisten?utm_source=vicefbde&utm_medium=link)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 16, 2019, 11:51:53 AM
Quote[...] Bilke Schnibbe ist Psycholog_in und freie Journalist_in. Bilke schreibt und referiert zu den Themen Männlichkeit, sexualisierte Gewalt, Psychotherapie und manchmal Klassismus.

... ,,Das war ein Zusammenspiel verschiedener Dinge", sagt er heute, ,,wir hatten so eine Mutter-Sohn-Dynamik und ich habe sehr viel Druck auf sie aufgebaut, die Mutter-Rolle einzunehmen. Ich war kaum fähig dazu, ihr zu sagen, wie es mir mit ihr und unserer Beziehung ging. Wenn sie das ansprach und Offenheit verlangte, habe ich zugemacht und war erst wieder für sie zu erreichen, wenn sie das Thema beilegte und sich um mich kümmerte. Tat sie dies nicht, drohte ich manchmal auch mit körperlicher Gewalt oder wurde handgreiflich." ... Gewalt auszuüben, so sieht John es heute, war der ohnmächtige Versuch, das Gefühl des Ausgeliefertseins loszuwerden, das die Beziehung und die Nähe darin in ihm auslösten. Erst drei Jahre später, 2017, kommt er auf die Idee, dass sein Verhalten etwas damit zu tun hatte, dass er als Mann bestimmte Eigenschaften verinnerlicht hat. ...

Heute sagt John, dass das eine subtilere Variante der Kumpeldynamik ist, mit der sich Männer gegenseitig schützen und gewalttätiges Verhalten decken. Dadurch, dass Männer sich nicht gegenseitig zur Verantwortung ziehen, tragen sie dazu bei, dass Gewalttaten durch Männer immer wieder ohne Konsequenzen bleiben. Auch in der Männergruppe, die sich nach wie vor trifft, gab es aus seiner Sicht diesen Mechanismus: Männer erzählten sich gegenseitig von sexistischem und übergriffigem Verhalten, aber daraus folge nichts. ,,Im Gegenteil, es bringt Männer sogar enger zusammen, wenn sie ihre beschissenen Verhaltensweisen wie ein Geheimnis miteinander teilen!" Im Kleinen hat John mit seiner Gruppe etwas erlebt, was es auch in der Gesellschaft insgesamt gibt. Die im US-Wahlkampf 2016 veröffentlichten Aufzeichnungen von frauenverachtenden Äußerungen Donald Trumps sind hierfür nur ein drastischeres prominentes Beispiel.

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Aus: "Wie John damit scheiterte, mit Männern über Feminismus und Gefühle zu reden" Bilke Schnibbe (16. November 2019)
Quelle: https://ze.tt/wie-john-scheiterte-mit-maennern-ueber-feminismus-und-gefuehle-zu-reden/ (https://ze.tt/wie-john-scheiterte-mit-maennern-ueber-feminismus-und-gefuehle-zu-reden/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 17, 2019, 11:51:26 AM
Quote[...] Männer können ihre nackten Oberkörper auf Instagram und Facebook zeigen, bei Frauen ist das anders: Schon seit einigen Jahren löschen Facebook und Instagram oberkörperfreie Fotos von Frauen, auf denen ihre Brustwarzen zu sehen sind. Das System erkennt dabei automatisch, ob es sich um eine männliche oder eine weibliche Brust handelt und löscht dann die Fotos. Für manche Künstler*innen  etwa bedeutet das eine große Einschränkung ihrer Kreativität. Diese geschlechterspezifische Zensur hat in den letzten Jahren immer wieder Protestaktionen ausgelöst. Daraus wurde unter #freethenipple eine immer größere Bewegung. Nun hat diese Zensur von Frauenbrüsten auch eine medizinische Tätowiererin aus England getroffen.

Vicky Martin hat sich auf das Tätowieren von Brustwarzen spezialisiert. Sie will ehemaligen Brustkrebs-Patientinnen helfen, die nach einer Operation viele Narben haben. Häufig besitzen die Betroffenen keine Brustwarzen mehr. Auf ihrem Social-Media-Account hat Martin einige Fotos von ihrer Arbeit gepostet, auf denen Kundinnen zu sehen sind, denen sie ein 3D-Brustwarzen-Tattoo gestochen hat. Damit wollte sie andere Betroffene erreichen, um sie auf diese Möglichkeit der Rekonstruktion hinzuweisen. Facebook stufte ihre Seite daraufhin als pornografisch ein – und sperrte sie.



Deshalb kam es am Freitag zu einer Protestaktion direkt vor dem Hauptsitz von Facebook in London. Mit einer großen, aufblasbaren Brust, die ein solches 3D-Brustwarzen-Tattoo zeigt, demonstrierten um die 40 ehemalige Bruskrebspatientinnen und die Tätowiererin selbst stundenlang, um mit Facebook ins Gespräch zu kommen. Die Tätowiererin Vicky Martin erklärte im Interview mit der BBC, worum es ihr gehe: dass es Kunst sei, die sie mache, und nichts Pornografisches. Sie wolle Betroffenen helfen, sich wieder komplett als Frau zu fühlen. Facebook habe weder auf ihre E-Mails geantwortet, noch für ein Treffen eingewilligt.

Der Protest zeigte Wirkung: Inzwischen hat Facebook zugegeben, dass das Sperren von Vicky Martins Account ein Fehler gewesen sei. Das Unternehmen entschuldigte sich. Nackheit sei auch weiterhin nicht erlaubt, aber Facebook würde eine Ausnahme für Posts machen, die klar medizinische Absichten haben. Die Sperrung des Accounts mit den 3D-Brustwarzen-Tattoos wurde aufgehoben.

joge



Aus: "Tätowiererin protestiert mit Brustwarzen-Ballon gegen Facebook" (16.11.2019)
Quelle: https://www.jetzt.de/digital/facebook-zensiert-fotos-von-medizinischen-taetowierungen (https://www.jetzt.de/digital/facebook-zensiert-fotos-von-medizinischen-taetowierungen)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 22, 2019, 01:24:47 PM
Quote[...] Den männlichen Blick kontrollieren hier die Frauen – und wissen ihn zu nutzen. ... Hustlers basiert auf einer Recherche der Journalistin Jessica Pressler für das New York Magazine und handelt von einer Gruppe New Yorker Stripperinnen, die auf die Finanzkrise 2008 damit reagierten, dass sie die Jordan Belforts der Wall Street unter Drogen setzten und abzockten. Man könnte sagen: Es ist eine Geschichte über ein Rudel Wölfinnen, die genauso sündig sind wie die Wölfe der Wall Street.

... Für Frauen wie Ramona ist Geld der Weg zur Freiheit in einer Welt, die von Männern dominiert wird, die sie im Stich gelassen haben. In dem Magazinartikel, der um einiges rauer ist als der Film, hat die Autorin Jessica Pressler es so wiedergegeben: "Es hat etwas besonders Befriedigendes, einen Mann, der denkt, dass Sie Müll sind, davon zu überzeugen, seine Zeit und sein Geld für Sie auszugeben. Am liebsten so viel, dass er sich am Ende dafür selbst hasst."

... Scarfia schiebt ihren Film stetig vorwärts, sodass Hustlers manchmal zu einer einzigen sprudelnden Girl-Boss-Montage zu verschwimmen droht, gefolgt von Shopping-Orgien mit musikalischen Power-Montagen und Zeitlupenaufnahmen von Destiny und Ramona.

Die Schauspielerinnenleistung bleibt dennoch. Constance Wu hat hier endlich mehr zu tun als in Crazy Rich Asians, und Jennifer Lopez, deren Ramona sowohl dreiste Rädelsführerin als auch warme Mutterhenne ist, verkörpert sehr schön alle Widersprüche und Komplexitäten ihrer Figur. Man kann nicht anders, als J.Lo wie in einer Art Doppelbelichtung zu beobachten: Auf der einen Seite sehen wir ihre Ramona aus der Bronx, Sexsymbol und Businessfrau, auf der anderen Seite aber auch Lopez, "Jenny from the Block", eine in der Bronx geborene Naturgewalt und Popikone, die als Schauspielerin immer unterschätzt wurde.

...


Aus: "Macht dich Geld nicht auch geil?" Aus einer Rezension von Marietta Steinhart (26. November 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/film/2019-11/hustlers-kinofilm-jennifer-lopez-kritik/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/film/2019-11/hustlers-kinofilm-jennifer-lopez-kritik/komplettansicht)

Quoteresto #5

Dieser Film und der Hype darum erinnert mich an "Pretty Woman" vor langer Zeit. Finde ich nicht gerade emanzipatorisch, sich für Männer und für Geld auszuziehen. Damit werden die üblichen Geschlechterverhältnisse reproduziert.


QuoteMedjed #6

Kann mich erinnern wie Cardi B in einem Interview bejubelt wurde als sie zugab einen Mann unter Drogen gesetzt und ausgeraubt zu haben. Viele sahen dies als Empowerement, und ich kann den eiskalten Wall Street Bankern nicht wirklich nachtrauern die darunter waren aber es wie Heldentum zu feiern ist m.M falsch trotz der Unstämde, auch nicht als Mittel zum Zweck.


Quotekalanisation #7

"Nehmt den Jungs die Mäuse ab,
nehmt den dicken Jungs die Mäuse ab!
Denn die Kohlen, für die Sie bei euch reinkommen,
hamm s´e vorher irgendwem auch weggenommen."

Songtext von den Crackers aus den 80ern. Helden einer Jugend ;-)


QuoteDesaguliers #11

Ach ja: Dann müsste nach der Logik dieser Kritik der Hochstapler, der Susanne Klatten abgezogen hat, ein Held sein, der sich nicht nur als antikapitalistischer Kämpfer erweist, sondern auch die Machtverhältnisse umkehrt. Ist das so, ZON?


QuoteFrau. Huber #11.3

Da Männer allgemein in unserer Gesellschaft als Sexobjekt benutzt werden,sei es um fast nackt auf Kühlerhauben für Autos zu werben oder als Stripper für Frauen tanzen,die einen guten Geschäftsabschluss feiern, haben Sie völlig Recht. Frau Klatten als typische Vertreterin der weiblich dominierten Welt des Finanzadels steht hier sinnbildlich für die vielen Frauen in Vorstandsetagen und im Finanzsektor, der Held der Geschichte für die vielen Männer,die zur Prostitution gezwungen werden. Wie wir wissen sind männliche Prostituierte eine gute Einnahmequelle für die Mafia und sie werden häufig unter Drogen gesetzt, geschlagen und vergewaltigt, um sie gefügig zu machen.


QuoteOneironautin #14

J.Lo – Sexsymbol, Businessfrau, Popikone

...oder Wichsvorlage. Ich habe meinen Bruder mal aus Versehen beim Onanieren erwischt, als eines ihrer Musikvideos auf MTV oder Viva lief. Das war zu Love Don't Cost A Thing. Da sieht man JLo zunächst in einem mondänen Luxusappartement, wo sie mit ihrem Verehrer telefoniert und sich etwas gelangweilt für ein teures Geschenk bedankt, was den vielen Goldkettchen zufolge, die ihren Hals beschweren, wohl nicht das erste gewesen ist. Dann düst sie genervt mit dem Cabrio los und fängt an, sich all der verschwenderischen Accesoires zu entledigen. So flattert eine edle Handtasche in hohem Bogen aus dem Wagen. Später lässt sie die protzige Karre stehen und promeniert in gesäßbetonter Jeans eine palmenbesäumte, sonnendurchflutete Straße entlang. Jetzt fliegt das Designermäntelchen und der Schmuck weg. Schließlich kommt sie am Strand an, um sich dort, inzwischen halbnackt, mit akrobatischen Verrenkungen schmachtend zur subjektiven Kamera im Sand rumzurekeln. Für mich war JLo immer eine Businessfrau, die sich über ihr Äußeres vermarktete und feuchte Träume für frühpubertierende Teenager produzierte. Als Sängerin ließ sie sich einen durchkalkulierten Sound für die Charts verpassen. Als Schauspielerin hat sie, abgesehen von Out Of Sight, einen Haufen schrottiger Filme gedreht und war schon x-Mal für die Goldene Himbeere nominiert. Hustlers kenne ich nicht. Ich werde mal meinen Bruder anrufen, ob er Bock hat, mit reinzugehen.


QuoteFrau. Huber #14.1

Ihre Geschichte hat mich daran erinnert,wie ich an der Uni in ein Gespräch mit Kommilitoninnen in einer Arbeitsgruppe gerutscht bin, in der eine erzählte, beim onanieren denke sie immer an Brad Pitt. Zwei andere meinten dann, sie auch und die anderen dachten bevorzugt an Johnny Depp, Leonardo DiCaprio und eine an ein italienisches Model, das in einer damals omnipräsenten Fernsehwerbung nackt aus den Wellen auftauchte.

Mein erster Freund wollte übrigens nicht,dass ich in die gemischte Sauna gehe, damit sich nicht irgendjemand beim Gedanken an meinen nackten Körper daheim einen runter holt...
Ich konnte damals schon nicht nachvollziehen, worin er das Problem sah. Jeder darf doch phantasieren, was er mag, das hat ja nichts mit der realen Person zu tun,die er sich vorstellt.


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""Hustlers": Nennt mich Babe!" Sabine Horst (21. November 2019)
Jean Harlow über Pamela Anderson zu Jennifer Lopez: warum wir Frauen Sexbomben in Filmen wie "Hustlers" lieben. ... Heute ist die Lage ziemlich unübersichtlich. Die Entgrenzung der Pornografie hat viel libidinöse Energie vom Kino abgezogen – es wird nicht mehr gebraucht, um feuchte Momente zu erzeugen, Pornhub ist immer nur einen Mausklick entfernt. Schauspielerinnen müssen ihren Status als Role-Models und Schönheitsidole mit It-Girls und Influencerinnen teilen. Und ein "Babe" will sowieso keine mehr sein. Stars, die als sehr sexy gelten, die der alten bombshell-Norm nahekommen, dimmen ihre erotische Präsenz gern herunter – auf der Leinwand oder im Privatleben. Angela Jolie macht ihre Vergangenheit als Lara Croft in den Tomb Raider-Adaptionen vergessen, indem sie selbst politisch korrekte Filme inszeniert. Scarlett Johansson und Jennifer Lawrence haben ihre Kurven weggehungert und prügeln sich durchs Actionkino, um dem Fluch des bloßen Angeschautwerdens zu entgehen – Passivität ist das Zeichen des Pin-ups. Am Schicksal von Wonder Woman lässt sich diese Abwehrschlacht gut studieren. Der als erster gelungener Superheldinnen-Film gerühmte Blockbuster tut alles, um die ursprüngliche Geschichte der Comicfigur vergessen zu machen. Ihr Erfinder, der Psychologe William Moulton Marston, hatte sie Anfang der Vierzigerjahre im Austausch mit seiner Frau auf der Basis ihres eigenen experimentell-polyamourösen Lebensstils im BDSM-Spektrum angesiedelt und als Führerin einer Girl-Power-Bewegung imaginiert. Tatsächlich wurden die Wonder Woman-Comics nicht nur von nerdigen Jungs gelesen, sondern zunehmend von Mädchen. Eine Pioniertat. Im Film erscheint die von Gal Gadot gespielte Wonder Woman kaum noch kinky, sondern sportiv und vor allem so mütterlich, dass die Kritikerinnen über ihre fetischistischen Armspangen hinweggesehen haben. Es muss nicht immer Sex im popkulturellen Spiel sein – interessiert ja nicht jeden –, aber man darf schon fragen, in welchem Moment die Dekonstruktion problematischer Frauenbilder in einen Gegenreflex umschlägt und die im kurvigen Körper der bombshell ikonisierte Norm bloß wieder mit anderen Weiblichkeitsformeln überschrieben wird.
Schließlich sind feministische Filmemacherinnen und Zuschauerinnen selbst anfällig für Vorurteile. Was wir schön finden oder begehren sollen, ist in vielerlei Hinsicht kulturell überformt – jenseits des Geschlechterdiskurses lauern Rassismus und Klassendiskriminierung. ... Nicht umsonst ist die Leinwand im Kino so groß. Der auf Lust ausgehende Blick, der zutiefst autoerotische Impuls, der im Zuschauen steckt, kann hier flottieren. ...
https://www.zeit.de/kultur/2019-11/hustlers-kinofilm-jennifer-lopez-feminismus-rezension/komplettansicht

Quotekannnichtsein #11

"Von Jean Harlow über Pamela Anderson zu Jennifer Lopez: warum wir Frauen Sexbomben in Filmen wie "Hustlers" lieben."

bitte unbedingt mal drauf achten nicht "wir" oder "man" statt "ich" zu sagen!

einmal zur übung:
"warum ICH sexbomben in filmen wie "hustlers" liebe"
eine rezension von sabine horst

gar nicht so schwer oder?


QuoteKommtMalRunter #13

Das so genannte Sexbomben-Getue war doch eigentlich schon immer furchtbar durchschaubar und damit für nicht nur triebgesteuerten Menschen einfach langweilig ....


QuoteParviflorum #14

"Man könnte Hustlers als Angebot begreifen, als Aufforderung an die Zuschauerin, sich auch die Filmgeschichte retroaktiv anzueignen und all die Diven und Pin-ups, bombshells und Babes aus dem Knast der Männerfantasie zu befreien."

Man könnte. Wenn Frau möchte, wenn Frau könnte.

Der "Knast der Männerfantasie" hat viel von Projektion. Wer kennt ihn denn schon?

Der zeitgenössische Mann wird ihn meist ableugnen. Und die paar Männer, die ihn vorzeigen, verformen ihn meist. Denn das wirkliche Begehren macht verletzlich.

Geschlechtsmerkmale haben nun mal was Natürliches. Auch wenn man nicht genau sagen kann, wo es beginnt, wo es aufhört und welche Erfahrungen das Urbild verformten. Jedenfalls wundert oder schockiert einen pubertierenden Menschen diese Entdeckung.

Frauenkörper werden öfter mal begehrt/bewundert:

A) von der Frau in ihrem Narzissmus
B) von anderen Frauen, in Relation zu sich selbst
C) von Männern


Quoteredshrink #20

Wenn Frauen auf andere Frauen mit einer erotischen Faszination schauen können – und nicht vor allem als zu bekämpfende Konkurrentin – wäre schon viel gewonnen. Dass sich Erotik wieder einmal auf perfekte Körper, Laiszivität, Styling – viel Styling – und den einstudierten Performances von inszenierten Showgrößen und Schauspielerinnen fest konzentriert, finde ich etwas ernüchternd. Genauso funktionieren konsumistische Leitbilder.

Ob Frauen nun aus dem "Knast" männlicher Fantasien befreit werden, bezweifle ich. Dass Männer Frauen (oder andere Menschen) sexy finden, macht ihr Begehren nicht unbedingt zum Knast, zumal wenn sich dann der weibliche Blick an unerreichbarer und hochgradig stilisierter weiblicher Schönheit weidet.

Komisch auch, dass so ein Artikel zwei der bedeutendsten Schauspielerinnen der 20er bis 40er Jahre nicht erwähnt, deren Attraktivität für Männer wie für Frauen nicht nur auf ihrer Schönheit beruhte, Marlene Dietrich und Mae West, die damals erfolgreichste Schauspielerin überhaupt. Mae West konnte zigarrerauchend wie ein Cowboy durch eine, wie immer von ihr selber geschriebene Szene, stapfen, und es war genau das, was ihre Erotik ausmachte.

Wirklich progressiv finde ich den hier beschworenen weiblichen Blick eher nicht.


Quote
hyperion55 #23

Seit ich im zarten Grundschul-Alter im Quelle-Katalog meine Begeisterung für den halb nackten, und kurze Zeit später in anderen Gazetten selbige für den ganz nackten Frauenkörper entdeckt hab, war ich immer stolz darauf, diese nie schamhaft versteckt, sondern immer bewusst und offen genossen zu haben, was so mancher verklemmte Blätterer in mein Fotobänden daheim nicht behaupten kann.
Und jetzt bin ich froh, dass mir die allgemein positive Rezeption dieses Films zeigt, wie unwahrscheinlich es ist, dass sich zumindest zu meinen Lebzeiten, trotz #metoo und anderer Befindlichkeiten, an der Berechtigung und kulturellen Einbettung solcher natürlichen Impulse grundsätzlich was ändern wird.
Der einzige Wehmutstropfen ist, dass es Hollywood-Amerika wohl nie schaffen wird, den schmalem Grad zwischen platter, offensiver Porno Industrie und der im Mainstream Film schon sprichwörtlichen Über-Prüderie wenigstens so auszuweiten, dass man als erwachsener Mensch Kino Erotik auf einem einigermaßen anspruchsvollem Niveau geniessen kann, die in ihrer Darstellung wenigstens auch noch einigermaßen realistisch ist. Mein Dank also schon vorab an all jene Schauspielerinnen, die in zukünftigen Produktionen nicht darauf bestehen, am 'morning after' im Film mit angezogenem BH neben ihrem Lover aufzuwachen. Und doppelter Dank an alle Produzenten und Regisseure, denen die Dollarzeichen in den Augen nicht diktieren, auch noch die kleinste Nippel-Sichtbarkeit ihrer Darstellerinnen vermeiden zu müssen.


QuoteLaus oder Hexe #24

...und ich dachte, in den 60ern hätten sich die Frauen das Recht erkämpft, erotisches Subjekt statt sexuelles Objekt zu sein?

OK, braucht es für einige wohl 2019 wieder... Ich zeige mich gerne sexy und genieße bewundernden Blicke, genauso gerne schenke ich diese und mache Komplimente; gleitet es in Blick, Wort oder Tat in Respektlosigkeit, gibts ne klare Ansage oder einen entsprechenden Blick zurück, der die meisten daran erinnert, dass wir beide Menschen auf Augenhöhe sind.

Ich bin wirklich dankbar für Emanzipation und Feminismus, und es liegt da noch viel Arbeit vor uns!
...doch können wir bitte neue Bereiche erobern und nicht alte Kämpfe führen? Und wenn neue Bereiche bitte in der Realität und nicht nur gendersprache?

Ich schau ihn mir mal zur Berieselung an, wenn sie sich bewegen kann, werde ich es genießen und vielleicht ist es ja der Auftakt einer schönen Nacht. Doch intellektuell muss ich da nicht rangehen. Dafür gibt es anderes Kino, meines Erachtens.


QuoteIgnisOrbi #28

Ob man das von einem Mann geschrieben so veröffentlicht hätte? Ich glaube nicht. Hier öffnet sich wieder die ideologische Sichtweise feministischen Narzissmusses par excellence. Als Frau darf man Sexbomben in allen verklausulierten Formen einfach geil finden, als gelte nahezu: Unter Frauen gibt es keinen Sexismus. ...


QuoteIgnisOrbi #28.2

"ein Sexobjekt", "Lustpotenzial", "libidinöse Beziehung": Hier geht es ganz eindeutig um Sex. Was ja auch in Ordnung ist, hier mitunter verpackt in Erotik und Ästhetik. Ich kann mir gut vorstellen dass das Budget des Films groß genug wahr um gut aussehende Frauenkörper erotisch und sexuell motiviert ästhetisch in Szene zu setzen. Nur warum finden wir die gesehenen Rundungen denn so toll ? Ist das nicht einfach die Inszenierung die uns dann Nähe zum "Objekt" nahezu spüren lässt und somit unsere primitiven sexuellen Instinkte anspricht ? Also Ästhetik nur als Mittel zum Zweck nutzt ? Ist aber alles kein Problem. Ich kritisiere die Art und Weise wie entsprechend ideologischer Betrachtung der Blickwinkel auf solche Themen asymmetrisch verläuft und Männer die in den frühen Jahren des Films unter heutiger Sichtweise als sexistische, privilegierte alte Säcke dargestellt werden heute ihr Existenzrecht verwirkt zu haben scheinen, während der durch die scheinbar künstlerische Brille des Feminismus ausgeübte Sexismus ungeschoren davon kommt. ...


QuoteIeldra #28.3

Dem (der Kritik der Asymmetrie - man kann es auch Doppelmoral nennen) kann ich nur zustimmen. Letztes Jahr gab es in einer Frauenzeitschrift eine Rubrik, in der Männer nach den Beulen in ihrer Hose beurteilt wurden. Die Fotos beschränkten sich auf die entsprechenden Körperregionen, mehr Objektivierung geht kaum. Das war natürlich nicht als ernstzunehmen gedacht, und ich hatte damit auch kein Problem, sondern fand es eher amüsant. ...


QuoteFrau Sue #29

Selbst in meinem Bekanntenkreis (nicht Freundeskreis), meist jüngere, schlankere Frauen, ist das Räkeln um eine Stange, meist leichtbekleidet, als Sport angekommen.
Wenn ich mich früher Männern gegenüber in Erklärungsnot wiederfand, sind es heute Frauen. Ich sei prüde und verkniffen, fände ich das nicht erotisch. Der Artikel zeigt mir doch nur, dass wir Frauen, die diese Art der Zurschaustellung des weiblichen Körpers (gab es früher nur auf der Reeperbahn und in Pornos) weder erotisch noch emanzipiert finden, immer weniger werden. Die Erklärung, dass Frau sich dadurch von Objekt in Subjekt verwandelt, dadurch dass Sie sich der gängigen männlichen Definition was Erotik ist anschließt, ist mehr als dünn, wenn nicht sogar rückschrittlich und passt im Allgemeinen zu der mehr als menschenverächtlichen Argumentationslinie der Pro-Prostitutionsliga ,,Ich bin gerne Sexarbeiterin, ich mache das freiwillig und selbstbewusst......".
Ja, Frauen sind gerne Pooldancerinnen, Prostituierte, Hausfrau und Mutter und sie opfern gerne ihre Eigenständigkeit der Unterwerfung eines männlichen Mitmenschen, aber bitte verkauft uns das nicht als Emanzipation! Und nur weil wir eine Kriegsministerin haben, heißt das ja auch nicht, dass Kriege nicht das größte Verbrechen an der Menschheit ist und bleibt.
Diese Art Filme, diese Sexbomben gab es schon immer, so what?, aber bitte liebe Journalistinnen, lasst euch nicht vor den Karren spannen, und dient den Herren die patriarchalen Strukturen zu bewahren.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 23, 2019, 09:14:47 PM
Quote[...] In Frankreich haben zehntausende Menschen gegen Gewalt an Frauen und Diskriminierung demonstriert. Allein in Paris gingen nach einer von mehreren Medien in Auftrag gegebenen unabhängigen Zählung 49.000 Menschen unter dem Motto #noustoutes (Wir alle) auf die Straße. Die Veranstalter sprachen von 100.000 Demonstrierenden allein in Paris.

Es habe sich um den "größten Marsch der französischen Geschichte" gegen sexistische und sexualisierte Gewalt gehandelt, sagte eine der Organisatorinnen, Caroline De Haas. Landesweit seien bei etwa 30 Kundgebungen 150.000 Menschen auf die Straße gegangen. Zu den Protesten hatten knapp 70 Organisationen, Parteien, Gewerkschaften und Verbände aufgerufen.

Die Teilnehmerinnen wollten unter anderem auf die hohe Zahl sogenannter Femizide aufmerksam machen – also Tötungen von Frauen wegen ihres Geschlechts. Auf Schildern war unter anderem "Brecht das Schweigen, nicht die Frauen" oder "Aggressoren, Stalker, ihr seid erledigt, die Frauen sind auf der Straße" zu lesen. Die Organisatoren hatten zuvor ein härteres Vorgehen des Staates bei Verbrechen gegen Frauen gefordert. "Mit diesem Marsch werden wir die Behörden zu angemessenen Maßnahmen zwingen", hieß es in einer Mitteilung auf Facebook.

Nach Recherchen der Nachrichtenagentur AFP gab es in diesem Jahr mindestens 116 Femizide in Frankreich. Aktivistinnen berichteten hingegen von mindestens 137 Frauen, die getötet wurden. Im vergangenen Jahr gab nach offiziellen Angaben 121 Todesopfer. In Frankreich wird das Thema seit Monaten kontrovers diskutiert. Neben Aktivistinnen hatten auch Experten des Europarats Frankreich in dieser Woche einen Mangel an Schutzunterkünften für Frauen und eine zu lockere Gesetzgebung vorgeworfen.

Die Gleichstellungsministerin Marlène Schiappa hatte im Sommer einen Runden Tisch zu häuslicher Gewalt eingesetzt.  Am Montag will die französische Regierung Ergebnisse der Debatte vorstellen. Frankreichs Justizministerin Nicole Belloubet hatte ein Versagen öffentlicher Einrichtungen eingeräumt. "Unser System schafft es nicht, diese Frauen zu schützen", sagte Belloubet.

Auch in Rom gingen tausende Frauen unter dem Motto "Nicht eine weniger" auf die Straße. An der Spitze demonstrierten Vertreterinnen von Frauenhäusern und Beratungsstellen. In Italien wurden in diesem Jahr laut Medienberichten 94 Frauen Opfer eines Femizids. Erst am Freitag wurde eine 30-jährige Frau in Palermo von ihrem Liebhaber erstochen. "Es scheint leider wie ein Virus zu sein, eine schreckliche Sache, die da geschieht, und die nicht den gesellschaftlichen Skandal auslöst, den sie sollte", sagte die frühere Parlamentspräsidentin Laura Boldrini, die an der Demonstration teilnahm.

In Deutschland wurden 2017 147 Frauen durch ihren aktuellen oder früheren Partner getötet, fast 2.400 vergewaltigt oder sexuell genötigt. 10.400 Frauen wurden Opfer gefährlicher Körperverletzung durch ihren derzeitigen oder ehemaligen Partner und etwa 67.000 Frauen Opfer von einfacher vorsätzlicher Körperverletzung durch ihre (Ex-)Männer.



Viele Übergriffe in Beziehungen werden nicht bei der Polizei angezeigt, deshalb gibt es ein großes Dunkelfeld. Die Taten, die den Beamten bekannt werden, sammelt das Bundeskriminalamt. Das sind die Zahlen für das Jahr 2017:

    * 147 Frauen wurden durch ihren aktuellen oder früheren Partner getötet.
    * Knapp 2.400 wurden durch ihren aktuellen oder früheren Partner vergewaltigt oder sexuell genötigt.
    * 10.400 Frauen wurden Opfer gefährlicher Körperverletzung durch ihren derzeitigen oder ehemaligen Partner.
    * Etwa 67.000 Frauen wurden Opfer von einfacher vorsätzlicher Körperverletzung durch ihren aktuellen oder früheren Partner.
    * Etwa 1.500 Frauen wurden durch ihren derzeitigen oder ehemaligen Partner ihrer Freiheit beraubt.
    * Auch Männer werden Opfer von Partnerschaftsgewalt, jedoch waren 82,1 Prozent der Opfer aller registrierten Fälle von Partnerschaftsgewalt weiblich.




Aus: "Femizide: Zehntausende demonstrieren in Frankreich gegen Gewalt an Frauen" (23. November 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-11/femizide-demonstration-frankreich-gewalt-frauen-noustoutes (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-11/femizide-demonstration-frankreich-gewalt-frauen-noustoutes)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 25, 2019, 09:13:48 AM
Quote[...] Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 122 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden. Insgesamt wurden 2018 mehr als 114.000 Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, Bedrohungen oder Nötigungen durch ihre Ehemänner, Partner oder Ex-Partner. Das zeigt eine Auswertung des Bundeskriminalamts (BKA) zum Thema Partnerschaftsgewalt, die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) an diesem Montag (9.30 Uhr) in Berlin vorlegen will. Anlass ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Der Deutschen Presse-Agentur liegen Auszüge der BKA-Auswertung vorab vor.

Giffey sagte der dpa, die Zahlen seien nach wie vor schockierend. ,,Sie zeigen, dass weiterhin viel zu viele Frauen unter Gewalt von ihrem Partner oder Ex-Partner leiden. Mehr als ein Mal pro Stunde wurde 2018 eine Frau in der Partnerschaft gefährlich körperverletzt."

Von Gewalt betroffene Frauen sollen nach Vorstellungen Giffey in Zukunft einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus erhalten. ,,Das wird Zukunftsthema sein", sagte die SPD-Politikerin am Montag im ARD-,,Morgenmagazin". Im Moment gebe es aber nicht genügend Plätze. ,,Da müssen alle ran, damit wir einen Rechtsanspruch tatsächlich auch perspektivisch schaffen können."

Die Ministerin will zudem am Montag eine bundesweite Initiative starten. Unter der Überschrift ,,Stärker als Gewalt" haben sich dafür Organisationen zusammengeschlossen, die Betroffenen helfen. Es geht nun vor allem darum, diese Hilfsangebote bekannter zu machen und Gewaltopfer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen. Dafür wird unter anderem die Webseite stärker-als-gewalt.de am Montag online geschaltet.

Den BKA-Daten zufolge ist die Zahl der Tötungsfälle im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2017 zwar um 25 gesunken. Insgesamt wurden aber mehr Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Die Zahl stieg konkret von 113.965 auf 114.393. Gezählt wurden Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution.

Daneben gab es auch rund 26.000 Männer, die von ihren Partnerinnen oder Ex-Partnerinnen bedroht, genötigt oder angegriffen wurden. Der Trend der vergangenen Jahre, mit einem Anstieg der Fallzahlen in diesem Kriminalitätsfeld, setzt sich damit fort.

Unklar bleibt allerdings, inwiefern es sich um einen tatsächlichen Anstieg der Fälle handelt oder wie sehr ein geändertes Anzeigeverhalten der Betroffenen möglicherweise eine Rolle spielt. Gezählt werden können nur die Taten, die auch angezeigt werden. Weiterhin wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Nach früheren Angaben von Giffey sucht nur jedes fünfte Opfer überhaupt Hilfe. Betroffen seien tatsächlich Hunderttausende. Das Bundesfamilienministerium weist auf sogenannte Dunkelfeldstudien hin, wonach jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erlebe.

Bund, Länder und Kommunen wollen nun die Hilfsangebote für Frauen ausbauen. Ende Oktober wurde dafür das Programm ,,Gemeinsam gegen Gewalt" vorgelegt. Allein der Bund plant demnach in den kommenden Jahren 120 Millionen Euro für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen in Deutschland ein. In Deutschland gibt es etwa 350 Frauenhäuser. Das sind Zufluchtsorte für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen. Es gebe da teilweise weiße Flecken, gerade in den ländlichen Gebieten. Diese Lücken müssten geschlossen werden, hatte Giffey bei der Vorlage des Programms betont. (dpa)


Aus: "Giffey will Rechtsanspruch auf Platz im Frauenhaus" (25.11.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-frauen-opfer-von-partnerschaftsgewalt-giffey-will-rechtsanspruch-auf-platz-im-frauenhaus/25264446.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-frauen-opfer-von-partnerschaftsgewalt-giffey-will-rechtsanspruch-auf-platz-im-frauenhaus/25264446.html)

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Quote[...] Ohne Passwort oder Schlüssel kommt hier niemand rein, die Fenster sind aus Panzerglas. Zum Schutz der Frauen, die hier vorübergehend wohnen. Zum Schutz vor ihren Männern. 2017 ist die Berliner Polizei 14.323 Mal wegen häuslicher Gewalt ausgerückt, elf Frauen starben.

In neun Fällen wollten ihre Ehemänner, Ex-Partner, Brüder oder Väter töten, der Versuch scheiterte – sie stehen in der Statistik unter ,,versuchter Mord". Die Zahlen für 2018 werden an diesem Montag erwartet, dem ,,Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen".

Ein paar Tage zuvor, an einem grauen Novembermorgen, steht Dilek Kalayci (SPD), Senatorin für Gleichstellung und Gesundheit, vor einem großen alten Haus im Westen der Stadt, genaue Adresse: geheim. Kalayci kennt das Frauenhaus der Caritas schon, sie hat hier als Studentin gearbeitet - als Sprachmittlerin. Ein Zufall, der sie freut. Heute ist Kalayci hier, um sich ein Bild zu machen von der Lage der Frauenhäuser in Berlin.

Ein Wohnzimmer mit Kunstledercouch, Ikea-Lampen und Naturmotiven an den Wänden. Im Beratungszimmer knallrote Stoffsessel um einen kleinen Holztisch. Die Räume sind hell und vor allem sauber. ,,Wir wollen nicht, dass die Frauen denken: Wo bin ich denn hier gelandet?", sagt Gabriele Kriegs, die Leiterin des Frauenhauses. Richtig gemütlich ist es nicht. Das muss auch nicht sein. Frauenhäuser sollen Schutz bieten, einen Raum, um zur Ruhe zu kommen.

Aber sie sind nur als Not- und Übergangslösung gedacht, für Frauen, denen Gewalt angetan oder angedroht wurde. Deshalb ist es ein gutes Zeichen, dass die Verweildauer von Frauen in Frauenhäusern in Berlin seit 2016 abnimmt. 79 Prozent der Frauen blieben 2018 drei Monate oder kürzer.

Aylin (Name geändert) hat etwas länger gebraucht. Die junge Frau konnte kaum ein Wort Deutsch, als sie vor etwas mehr als einem Jahr mit ihrer kleinen Tochter ins Frauenhaus zog. Heute ist sie von ihrem Mann geschieden, spricht die Sprache fließend, hat den Führerschein gemacht, einen Ausbildungsplatz beim Berliner Senat bekommen und eine eigene Wohnung bezogen. Mit zwei Balkonen, wie sie betont. ,,Ein Wunder!", sagt sie. Der Weg dahin war nicht leicht. ,,Ich hatte früher nicht die Möglichkeit, zu lernen", erzählt Aylin. Ihr Ex-Mann hatte ihr verboten, die Schule zu besuchen. Was er noch getan hat, sagt sie nicht. Einmal ist sie zu ihm zurück. Vergangenheit.

Wenn die Frauen nicht mehr akut gefährdet sind, aber noch Unterstützung benötigen, bevor sie eine eigene Wohnung beziehen, können sie vom Frauenhaus in eine sogenannte Zweite-Stufe-Wohnung wechseln. 2019 brachte das Land Berlin 6.066.500 Euro auf für insgesamt 729 Plätze für Frauen und ihre Kinder, die Gewalt erfahren haben.

Davon wurden 301 Frauenhausplätze, 298 Plätze in Zufluchtswohnungen und 130 Plätze in Zweite-Stufe-Wohnungen finanziert. Mit dem neuen Doppelhaushalt sollen die Mittel in 2020 auf über 7.040.465 Euro steigen, für insgesamt 812 Plätze. Für 2021 wird mit 7.865.465 Euro geplant, davon sollen insgesamt 827 Plätze bereitgestellt werden. Damit ist Berlin im Bundesvergleich sehr gut aufgestellt.

,,Wir brauchen nicht noch zehn Frauenhäuser, wir brauchen ergänzende Angebote, die passgenau für die Frauen sind", sagt Kalayci und die Sozialarbeiterinnen verschiedener Organisationen, die im Besprechungszimmer um einen großen Tisch sitzen, stimmen ihr zu. Zwar sei, auch in den Medien, immer wieder zu hören, dass es zu wenig Frauenhausplätze gebe. Doch tatsächlich würden kaum Frauen abgewiesen, die in einem Frauenhaus wirklich gut aufgehoben wären. Trotzdem ist die Auslastung der Häuser sehr hoch, 2018 lag sie im Schnitt bei 88,5 Prozent. 80 Prozent wären wünschenswert, sagt Kriegs, 85 Prozent seien noch in Ordnung.

Wichtig seien neben den Frauenhäusern Wohnungen, die Frauen offenstehen, die aus einer prekären Lage herauswollen. Eine Gruppe, die das Hilfesystem bisher nicht auf dem Schirm hat: Wohnungslose Frauen, oft mit Kindern, die von Bekanntem zu Bekanntem ziehen, zu Männern, die sie kaum kennen und die sie häufig sexuell ausnutzen. Dafür bräuchte es ein Konzept, sagt Kriegs, und die Caritas würde ein solches auch gerne entwickeln.

Kalayci hat noch eine gute Nachricht mitgebracht, etwas, das die hier Anwesenden lange gefordert hatten: Berlin wird eine Clearingstelle einrichten, mit 15 Notplätzen. Die soll verhindern, dass von Gewalt betroffene Frauen nachts in die Frauenhäuser kommen, wenn die Mitarbeiterinnen oft nicht da sind und die Bewohnerinnen sich um die Neuankömmlinge kümmern müssen. 550.000 Euro sind dafür im neuen Doppelhaushalt vorgesehen.

Die Hilfsangebote können nicht verhindern, dass die Zahl der in Berlin durch häusliche Gewalt getöteten Frauen seit Jahren ansteigt. Die Istanbul-Konvention, die Deutschland 2017 ratifiziert hat, verpflichtet dazu, die Angebote zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auszubauen. Danach soll es pro 10.000 Einwohner einen Betreuungsplatz geben. Laut Recherchen der ARD müsste es in Deutschland 21.400 Betten geben. Tatsächlich gibt es nur 6800.

Ein weiteres Problem sei die Justiz, so berichten es die Expertinnen an diesem Vormittag im Frauenhaus. Die sei in Berlin häufig nicht hilfreich. Männer, die gegen das Kontaktverbot verstoßen, würden häufig nicht bestraft. ,,Das war alles schon mal besser", sagt eine.


Aus: "In Berlin 14.323 Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen" Laura Hofmann (25.11.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/frauenhaeuser-als-schutzraum-in-berlin-14-323-faelle-haeuslicher-gewalt-gegen-frauen/25263608.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/frauenhaeuser-als-schutzraum-in-berlin-14-323-faelle-haeuslicher-gewalt-gegen-frauen/25263608.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 04, 2019, 11:12:57 AM
Quote[...] Bratislava – Die Slowakei will verhindern, dass die Europäische Union der sogenannten Istanbul-Konvention beitritt. Das Parlament in Bratislava stimmte am Donnerstag mit großer Mehrheit für einen entsprechenden Antrag rechtspopulistischer Abgeordneter.

Die slowakische Regierung wird darin aufgefordert, gegenüber den Institutionen der Europäischen Union "alle Möglichkeiten zu nutzen", um zu verhindern, dass das Abkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt auch für die Slowakei gültig wird.

Die Abstimmung im slowakischen Parlament erfolgte am selben Tag, an dem das EU-Parlament einen entgegengesetzten Beschluss fasste. Die Straßburger Abgeordneten forderten mit ebenfalls großer Mehrheit den EU-Rat und die noch säumigen EU-Länder auf, die Istanbul-Konvention endlich zu ratifizieren. Die Slowakei hatte das Abkommen bereits 2011 unterzeichnet. Der Widerstand konservativer Kreise und vor allem der politisch einflussreichen katholischen Kirche hatten aber eine Ratifizierung verhindert.

Dem Antrag der Slowakischen Nationalpartei SNS gegen die Istanbul-Konvention verhalfen am Donnerstag die oppositionelle Rechtsextremistenpartei LSNS und die meisten Abgeordneten der sozialdemokratischen Regierungspartei Smer zu einer klaren Mehrheit von 93 zu 29 Stimmen.

Nach der Abstimmung stellte die SNS jene liberalen Abgeordneten, die sich gegen ihren Antrag gestellt hatten, auf Facebook an den Pranger. Noch am Donnerstagabend kritisierte Europarats-Generalsekretärin Marija Pejcinovic Buric den slowakischen Parlamentsbeschluss als "bedauernswerten Rückschritt". (APA, 29.11.2019)

Kontext:
https://www.derstandard.at/story/2000111649913/eu-parlament-draengt-zur-ratifizierung-vonistanbul-konvention (https://www.derstandard.at/story/2000111649913/eu-parlament-draengt-zur-ratifizierung-vonistanbul-konvention)


Aus: "Slowakei will Abkommen gegen häusliche Gewalt blockieren" (29. November 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000111658345/slowakei-will-abkommen-gegen-haeusliche-gewalt-blockieren (https://www.derstandard.at/story/2000111658345/slowakei-will-abkommen-gegen-haeusliche-gewalt-blockieren)

QuoteDrHugo_Z_Hackenbush

Wurde auch begründet warum die dagegen sind? - So ala unsere Schläge für unsere Familien!


Quote
DailyReader

Die Istanbul-Konvention wurde von Feministinnen gemacht. Gender-Mainstreaming kommt auch aus der Ecke. Wie ist eigentlich "Belästigung" definiert? "Der spricht mich an, was fällt dem ein!" - eine gefühlte Belästigung. Ist von sexueller Belästigung die Rede oder von einer Belästigung allgemein? Ich würde nicht darauf wetten, dass etwas klar definiert ist. Was ist wenn ein Altherren-Witz erzählt wird? Fällt der auch schon unter Belästigung?


Quote
correcthorsebatterystaple

Die Konvention brauchen wir anscheinend wegen Leuten wie Ihnen.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 04, 2019, 11:18:38 AM
Quote[...] Tokio – In Japan haben Brillenverbote für Frauen in einigen Unternehmen Proteste ausgelöst. Eine Gruppe von Aktivistinnen will in einer Petition die Regierung auffordern, frauenfeindliche Vorschriften zu Kleidung und Aussehen weiblicher Mitarbeiterinnen in einem geplanten Gesetz gegen Belästigung am Arbeitsplatz zu benennen, wie die japanische Tageszeitung "Tokyo Shimbun" am Montag berichtete.

Demnach verbieten Unternehmen verschiedener Branchen weiblichen Mitarbeiterinnen zum Beispiel an der Firmenrezeption das Tragen von Brillen. "Empfangsdamen seien nun mal das Gesicht der Firma", da störe eine Brille. Manche Kosmetikfirma argumentiere zudem, Brillen bei Verkäuferinnen verdeckten das eigene Produkt.

Hinter der Petition steht eine Gruppe von Frauen unter Führung der Schauspielerin und Autorin Yumi Ishikawa, die zuvor schon eine Initiative gegen das verpflichtende Tragen von hochhackigen Schuhen für Frauen am Arbeitsplatz gestartet hatte. Unter dem Hashtag "#KuToo" – einer Anspielung auf die japanischen Worte für Schuhe (kutsu) und Schmerz (kutsuu) – werden seither entsprechende Regeln in Firmen kritisiert.

Auch in Reaktion auf das verpflichtende Tragen von Brillen gibt es im Netz einen eigenen japanischsprachigen Hashtag, der auf Deutsch übersetzt "Brillenverbot" lautet. Zwar erkenne die Regierung das Problem an – in den geplanten Richtlinien zu Belästigung am Arbeitsplatz stehe aber nichts Konkretes, wird Ishikawa zitiert. (APA, dpa, 2.12.2019)


Aus: "Japan: Frauen protestieren gegen Brillenverbot am Arbeitsplatz" (2. Dezember 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000111762163/japan-frauen-protestieren-gegen-brillen-verbot-und-am-arbeitsplatz (https://www.derstandard.at/story/2000111762163/japan-frauen-protestieren-gegen-brillen-verbot-und-am-arbeitsplatz)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 08, 2019, 05:57:54 PM
"Frauenmorde: Von ihren Männern getötet" Von Elisabeth Raether und Michael Schlegel (4. Dezember 2019)
Das Bundeskriminalamt sagt, dass 2018 in Deutschland 122 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern umgebracht wurden. Eine Dokumentation
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Von allen in Deutschland getöteten Frauen stirbt fast die Hälfte durch die Hand des Mannes, der vorgibt, sie zu lieben: ihres Ehemanns oder Lebensgefährten. Da es so viele sind – 122 Tote im Jahr 2018, ein Opfer jeden dritten Tag –, könnte man vermuten, es gebe in der Öffentlichkeit den Wunsch, diese Taten zu begreifen. Was treibt einen Mann dazu? Und warum tun es überhaupt vor allem Männer, aber Frauen kaum? Liegt es an der physischen Überlegenheit, fühlen manche Männer sich irgendwie berechtigt zu so viel Zerstörungswut?
Und lässt sich solche Gewalt verhindern? Doch die Taten werden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Sie bleiben dort, wo sie meistens passieren, hinter verschlossenen Türen. Berichterstattung ist selten, oft ausschließlich in Lokal- und Boulevardzeitungen, während überregional meist nur dann berichtet wird, wenn die Tat von einem nicht deutschen Ehemann begangen wurde. Es gibt nicht mal ein genaues Wort für das Geschehen: Femizid, Hassverbrechen, Beziehungstat, Familiendrama? Viele Frauen haben langes Leid hinter sich, bevor ihnen das Leben genommen wird. ... 114.393 Weibliche Opfer von Partnerschaftsgewalt gab es in Deutschland 2018. ...
https://www.zeit.de/2019/51/frauenmorde-gewalt-partnerschaft-bundeskriminalamt (https://www.zeit.de/2019/51/frauenmorde-gewalt-partnerschaft-bundeskriminalamt)

Quotemasignobilis #14

Nicht leicht zu lesen, auch nicht mit professioneller Distanz. ...


Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 04, 2020, 12:22:10 PM
Quote[...] In dem Land im südlichen Afrika sind, wie in vielen weiteren Ländern auf dem Kontinent, gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen verboten. Ende vergangenen Jahres waren zwei Männer unter dem Gesetz zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.

Daniel Foote hatte das Urteil Ende November scharf kritisiert. Er sei ,,entsetzt", hieß es in einer Mitteilung. ,,Vielleicht ist es an der Zeit, dass Sambia seine veraltete Haltung und obsolete Gesetzgebung zum Umgang mit der LGBTI-Community und allen anderen, die als ,,anders" gesehen werden, prüft." ... LGBTI steht für Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle. Sambias Außenminister Joseph Malanji nannte Footes Aussage ,,inakzeptabel".

In Afrika verbieten mehr als 30 Länder homosexuelle Handlungen. Die Gesetze stammen häufig noch aus britischer Kolonialzeit. Erst kürzlich hatte es etwa Berichte gegeben, dass die Lage für Homosexuelle auch in Uganda immer schlechter wird. (dpa)


Aus: "US-Botschafter verlässt Sambia wegen Streit um LGBTI-Rechte" (03.01.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/nach-kritik-an-gesetzen-gegen-homosexualitaet-us-botschafter-verlaesst-sambia-wegen-streit-um-lgbti-rechte/25386194.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/nach-kritik-an-gesetzen-gegen-homosexualitaet-us-botschafter-verlaesst-sambia-wegen-streit-um-lgbti-rechte/25386194.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 09, 2020, 07:48:34 PM
QuoteMareice Kaiser @Mareicares
Vor einem Monat fand dieses Gespräch statt und es ist so furchtbar, dass ich es nicht teilen wollte. Aber ich will, dass ihr wisst, dass Svenja Flaßpöhler sagt, vergewaltigte Frauen fänden es in dem Moment der Vergewaltigung »eigentlich ganz schön«. #metoo
https://twitter.com/Mareicares/status/1214971151086174208?s=03 (https://twitter.com/Mareicares/status/1214971151086174208?s=03)

QuoteReplying to @Mareicares

Sie sagt das nicht. Man kann echt über vieles aus dem Gespräch streiten, aber dann muss man sie auch richtig zitieren.

https://twitter.com/Paeonia_tenui/status/1215309197740560384 (https://twitter.com/Paeonia_tenui/status/1215309197740560384)


Kommentare Zu: "Nach #MeToo – wo steht der Feminismus heute?"
Podcast Jakob Augstein diskutiert mit Svenja Flaßpöhler über den Stand des feministischen Diskurses, weibliche Selbstermächtigung, Geschlechtergleichheit und den Gender Pay Gap der Freitag Podcast 7
https://www.freitag.de/autoren/podcast/nach-metoo-wo-steht-der-feminismus-heute (https://www.freitag.de/autoren/podcast/nach-metoo-wo-steht-der-feminismus-heute)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 18, 2020, 02:44:38 PM
Whores of Yore @WhoresofYore Whores of Yore 2:21 nachm. · 18. Jan. 2020
@WhoresofYore
"By all means marry. If you get a good wife, you'll be happy; if you get a bad one, you'll become a philosopher." - Socrates
https://twitter.com/WhoresofYore/status/1218523886549184517 (https://twitter.com/WhoresofYore/status/1218523886549184517)

Awanthi @AwanthiVardaraj Antwort an @WhoresofYore
By all means marry. If you get a good husband, you'll be happy; if you get a bad one, you'll be dead.


Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 02, 2020, 04:48:28 PM
Hannah Sophie Lupper @HannahLupper
Meine Güte. Thema Prostitutionspolitik. Binnen weniger Tweets pro sexuelle Selbstbestimmung soll ich aus der Partei ausgeschlossen werden und fördere angebl. Pädophilie und Vergewaltigung. Spannend, so ein koordinierter Shitstorm. Ach ja, mich hat noch keiner mundtot bekommen. Was mich noch mehr erschreckt: Wie geht es denn erst den Frauen, die sich hier offen als Escort bekennen? ...
11:18 PM · Jan 30, 2020
https://twitter.com/HannahLupper/status/1223007586024411149

Aya Velázquez @aya_velazquez
Jan 31Replying to @HannahLupper
Willkommen in der absurden Welt der Abolis! Bezeichnend, dass Du als unser Ally ihre Verachtung nun ähnlich heftig zu spüren bekommen hast wie wir #Sexworker.
Quasi-religiöse Überzeugungen, Schwarz-Weiß-Denken, Unfähigkeit zu differenzieren. Mit Logik ist dem nicht beizukommen.
https://twitter.com/aya_velazquez/status/1223022458971860993

Hollarius @Hollarius Jan 31
Replying to @aya_velazquez and @HannahLupper
Wir hatten das Thema letztens im Kreisverband und mir wurde - nachdem die meisten sich meinen Argumenten gegen das nrd. Modell anschlossen - unterstellt, nur so zu argumentieren, weil ich sicher selbst Freier wäre. ...
https://twitter.com/Hollarius/status/1223028956615659521

Die selbstbestimmte Hure ist noch immer undenkbar- hier ohne Paywall:
https://twitter.com/KristinaMarlen_/status/1223751034604064775?s=03

"Die selbstbestimmte Hure ist noch immer undenkbar" Kristina Marlen (28. Januar 2020)
... Nicht der Sex ist gefährlich, sondern das Stigma. Die Angst vor dem gefährlichen Sex, das ist nur die Angst, den sexuellen Raum nicht gestalten zu können. Sexarbeiter*innen gestalten aber. Sie haben Rückgrat und zeigen Gesicht, wenn es um sexuelle Verhandlungen geht. Wir haben keine Angst vor dem sexuellen Raum. Wir betreten ihn, wir kennen uns darin aus.  Es ist eure Angst.
Sprecht mit uns, nicht über uns.
https://www.marlen.me/gastbeitrag-die-zeit-die-selbstbestimmte-hure-ist-noch-immer-undenkbar/

Gastbeitrag in ,,DIE ZEIT": Sexarbeit: Die selbstbestimmte Hure ist noch immer undenkbar
Ein Gastbeitrag von Kristina Marlen (28. Januar 2020)
https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-01/sexarbeit-sexkauf-patriarchat-moral-prostitutionsgesetz/komplettansicht

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Aya Velázquez Retweeted lawen4cer@lawen4cer

Sexworkerin: "Ich biete eine Dienstleistung an."

Prostitutionsgegner: "Ich kann Dich also kaufen, benutzen und dann wegwerfen Du Objekt. Wie eine Chipstüte. Deine Körperöffnungen sind mein Eigentum! Das verstößt gegen Deine Würde, daher will ich, dass Dein Beruf verboten wird!"
https://twitter.com/lawen4cer/status/1223592949239418881

Geier @Geier74332305
22h Replying to @lawen4cer and @meuyve
Die die es freiwillig machen. OK. Ihre Sache. Aber die die gezwungen werden soll man helfen und Freier wie Menschenhändler einsperren.
Und ich bin ein Mann. Frauen haben auch Rechte.

lawen4cer @lawen4cer 22h
Zwangsprostitution ist aber bereits verboten und strafbar. Auch für Freier. Insoweit geht es in der aktuellen Diskussion nur um den Versuch auch noch die legale freiwillige Prostitution zu verbieten.

Geier @Geier74332305 21h
Verboten schon. Kommt aber immer wieder ans Tageslicht.

lawen4cer @lawen4cer 21h
Wie bei jeder anderen Straftat auch.

Das Bös in Menschengestalt
@DasBoes 6h
Es ist auch verboten Radfahrer zu überfahren.
Da gibts jetzt 2 Ansätze:
1 -Rad fahren verbieten
2 -Den restlichen Verkehr mehr zwingen niemanden zu überfahren
Was man hier mit Sexworkern probiert ist Methode 1

...

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 10, 2020, 09:03:49 AM
Quote[...] Ein deutsches Handyvideo im Internet. Ein junger Mann, die Hände blutig, filmt sich selbst. Neben ihm sein Sohn, etwa zwölf Jahre alt. Auf Arabisch verkündet der Mann: ,,Ich bin vorhin zu meiner Frau gegangen, um mit ihr zu sprechen und unsere Probleme zu klären, um unsere Beziehung zu verbessern. Aber sie hat mich rausgeworfen, und dann habe ich sie mit dem Messer erstochen."

Er fügt an: ,,Ich bin nicht kriminell! Aber wenn deine Frau dir das Leben verdirbt, hast du sie aufzuhalten. Das ist die Nachricht an alle Frauen, die ihre Männer betrügen oder es versuchen." Er beschimpft seine tote Frau, und auch der Sohn rechtfertigt die Tat seines Vaters.
Ein anderes deutsches Handyvideo. Da liegt eine Frau auf einem Bett, erkennbar hochschwanger, die Mundpartie rot von Blut. Offenbar wurde sie mit Rasierklingen verletzt. Außerdem hat man ihr mehrfach in die Brust gestochen. Auf Arabisch fleht sie: ,,Lass mich leben! Bitte, für unseren Sohn!"

Daraufhin erklärt ein Mann, der sich als ihr Bruder zu erkennen gibt: ,,Guckt, wie ich hier stehe. Ich genieße es, ihr beim Sterben zuzusehen, dabei rauche ich noch eine Zigarette."
Das Mädchen ist eine 17-jährige Palästinenserin. Ihr Bruder und ihr Ehemann, ein 34-jähriger Syrer, wollen sie umbringen, denn sie ist schwanger von einem anderen Mann und will sich trennen. Ihr Verhalten ist eine ,,Schande" in den Augen der beiden Männer.

Der Bruder sendet das Video an den Liebhaber mit der Drohung: ,,Du Hurensohn kommst auch noch dran!" Die beiden Täter sind in Haft. Die junge Frau überlebte.
Im Frühjahr 2018 gehörten diese beiden Extremfälle zu den meistdiskutierten Themen unter Flüchtlingen in Deutschland.

Sie werfen ein Licht auf die Angst von Männern, ihre Vormachtstellung gegenüber Frauen zu verlieren, Angst vor dem Verlust der Anerkennung durch die Gruppe, Furcht, als Mann nicht in der Lage zu sein, Frau und Familie zu kontrollieren und zu schützen. In die Ängste mischt sich die Befürchtung, im Asylland durch neue Gesetze, ein liberales Bildungssystem und zunehmende Akkulturation die eigene Identität zu verlieren.
Jede einzelne Tat ist Anlass genug, Ursachen zu benennen, auch wenn die Wahrheit schockierend ist. Sie lautet: Emanzipation und das Streben nach persönlicher Freiheit können für Frauen aus ,,traditionellem Umfeld" auch in demokratischen Staaten lebensgefährlich sein. Und es sind fast immer die eigenen Familien, die das Todesurteil fällen.
Ehrenmorde sind Ausnahmen. Es existiert keine Statistik, und doch ist es wichtig, wahrzunehmen, was da geschieht und in welchem Kontext. So sehen wir bei ,,Ehrenmorden" und Zwangsheiraten nur die Spitze eines Eisberges.

Das traditionelle Patriarchat kennt viele Situationen, die als ,,Beschmutzung der Familienehre" verstanden werden, und viele Mittel, dies zu vermeiden. Frauen sollen Partner nicht frei wählen, den Mann heiraten, den die Familie aussucht.

Mädchen sollen sich züchtig kleiden, nicht zum Schwimmunterricht oder auf Schulausflüge gehen, nicht unbegleitet aus dem Haus gehen, keine eigene Wohnung haben, keine Discos, Partys, Konzerte besuchen, von Vater, Onkel oder Bruder Erlaubnis für eigene Schritte einholen, etwa wenn sie arbeiten gehen wollen. All das widerspricht dem Grundgesetz und schränkt die Selbstbestimmung ein.
Wer auf Familienehre basierende Strukturen als Hindernis gelingender Integration erkennt, trifft oft auf Widerstand: Das seien Traditionen, Teil der Identität von Gruppen, Kritik daran sei rassistisch und intolerant, man dürfe Migranten nicht vorschreiben, wie sie zu leben hätten. Heuchlerisch begeistert hingegen kann der rechte Rand reagieren: Da sähe man es ja, diese Leute passten nicht hierher.

Solange die Debatte in der Mitte der bürgerlichen Milieus weiter verweigert wird, wird weiter gelitten. Wer verharmlost und kulturrelativistisch argumentiert, der macht sich mitschuldig. Ebenso, wer ideologisch begründete Verbrechen aus ,,Ehre" strafrechtlich neutral einordnet, oder die verordnete Unmündigkeit der Frauen als ,,normale" kulturelle Erscheinung abtut.

Ebenso unhaltbar sind die Versuche migrantischer Lobbygruppen, Ehrenmorde unter Migranten mit sogenannten ,,Familiendramen" unter Deutschen gleichzusetzen. Dieser Ansatz will selbst in der Berichterstattung über Ehrenmorde Belege für Diskriminierung sehen.
Welten liegen zwischen Beziehungstaten, die es überall gibt, auch unter Migranten, und den Verbrechen ,,im Namen der Ehre". Wenn ein Thomas oder Ralf seine Frau erschlägt, weil sie sich trennen will, handelt er in der Regel allein. Auf Unterstützung seiner Familie kann er kaum zählen.

In Demokratien wird eine Geschiedene selten als Schande wahrgenommen. Ermittler dürften nicht auf Hinweise stoßen, wonach Vater oder Brüder den Täter angestiftet und ihm Waffen besorgt haben. Schüler aus einem demokratischen Umfeld werden eine solche Tat kaum gutheißen oder die Täter zu Helden stilisieren, wie Lehrer das nach dem Mord an Hatun Sürücü vielfach unter migrantischen Jungen – und Mädchen! – erlebt haben.

Kaum jemand würde behaupten, dass Glaube oder Tradition eine Mordtat vorschreiben. Solche Argumente höre ich jedoch häufig bei meiner Aufklärungsarbeit mit migrantische Jugendlichen und Flüchtlingen.
Solange der Körper einer Frau nicht ihr gehört, sondern der Familie, solange Liebe eine Sünde und Jungfräulichkeit wichtiger als das Leben der Frau ist, werden diese Denkmuster stillschweigend oder aktiv weiter unterstützt. Änderungen sind in großen Teilen patriarchalischer Communities nicht erwünscht.

Mein Eindruck ist leider, dass ein nicht kleiner Teil der Migranten und Flüchtlinge in Deutschland die Blockaden gegen die Würde des Menschen noch nicht verabschieden will.
Ohne die Erziehungsmethoden der betroffenen Milieus zu ändern, bleibt die Demokratisierung der Familien eine Utopie.

Gewaltlegitimierende Konzepte von Männlichkeit und eine auf Gruppenehre angelegte Identität führen dazu, dass Männer meinen, selbst auf kleine Zurückweisungen oder Überforderungen mit physischer oder verbaler Gewalt zu reagieren. Frauen, die sich über den Willen des Oberhauptes hinwegsetzen, erscheinen als direkte Bedrohung des patriarchalen Selbstkonzepts.

Wie lebendig solche Vorstellungen sind, habe ich erlebt, als mich muslimische Freunde davor warnten, meine deutsche Partnerin zu heiraten. So eine Frau werde einen irgendwann verlassen wollen, und dann sei keine Autorität zur Stelle, kein Bruder oder Vater, der sie daran hindere.

Um den Teufelskreis der Unterdrückung aufzulösen, braucht es Vorbilder. Männer, die bewusst eine andere Geschlechterrolle präsentieren. Männer, die Gewalt ablehnen, ohne zu fürchten, dadurch Kraft und Männlichkeit einzubüßen. Männer, die Gleichaltrigen Alternativen vorleben, sie ermutigen, aus mittelalterlich wirkenden Vorstellungen auszubrechen und die Sklaverei der Ehre zu beenden.

All dies möchten wir auch in den Projekten unserer Organisation für migrantische Jugendliche und Geflüchtete erreichen. Viel mehr adäquate Präventionsarbeit, flächendeckend, mit klaren Standards und koordiniert sind nötig. Sonst bleiben alle, die wegsehen, ungewollt Komplizen.
Der Autor ist Diplompsychologe und Geschäftsführer der Mind Prevention, einer Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention.


Aus: "Die Deutungshoheit des Patriarchats" Ahmad Mansour (09.02.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/gedenken-an-hatun-sueruecue-die-deutungshoheit-des-patriarchats/25511002.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/gedenken-an-hatun-sueruecue-die-deutungshoheit-des-patriarchats/25511002.html)

QuoteIlse_S 09.02.2020, 13:33 Uhr

    ... unhaltbar sind die Versuche migrantischer Lobbygruppen, Ehrenmorde unter Migranten mit sogenannten ,,Familiendramen" unter Deutschen gleichzusetzen. ...

    Welten liegen zwischen Beziehungstaten, die es überall gibt, auch unter Migranten, und den Verbrechen ,,im Namen der Ehre". ... Wenn ein Thomas oder Ralf seine Frau erschlägt, weil sie sich trennen will, handelt er in der Regel allein. Auf Unterstützung seiner Familie kann er kaum zählen.


Danke an Sie, Ahmad Mansour für diese eindeutige Klarstellung durch einen des Rassismus unverdächtigen Menschen.
Danke auch für die sehr gute Arbeit, die Sie seit Jahren leisten.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 10, 2020, 06:38:56 PM
Sonja Peteranderl @glocalreporting
Eine Kugel in den Kopf, eine in die Brust: Die mexikanische Künstlerin #IsabelCabanillas wollte #Frauenmorde & Gewalt in #CiudadJuárez bekämpfen - jetzt wurde die 26-Jährige erschossen. Unser Bericht aus Juárez @Mictlanita @derspiegel
https://spiegel.de/politik/ausland/mexiko-mord-an-isabel-cabanillas-eine-kugel-in-den-kopf-eine-in-die-brust-a-cd4261fa-858f-4581-892b-03e9801034e4

https://twitter.com/glocalreporting/status/1226764202502549504?s=03

https://twitter.com/glocalreporting/status/1226904521563136000

https://twitter.com/OaxacanewsENG/status/1219375680393269254
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 11, 2020, 09:05:13 AM
Quote[...] Transfeindlicher Angriff in der U7: Eine 51-Jährige trans Frau ist von zwei unbekannten Jugendlichen in einer U-Bahn in Berlin-Britz beleidigt und mit Pfefferspray attackiert worden. Das teilte die Berliner Polizei am Montag mit.

Demnach beschimpften die beiden jungen Männer die Reisende am Sonntagnachmittag in der U7 Richtung Rudow und drohten, ihr mit einem Feuerzeug ihre Haare anzuzünden. Danach soll einer der beiden das Pfefferspray genommen und ihr damit in die Augen gesprüht haben. Außerdem bespuckten die Täter die 51-Jährige, bevor sie den Zug am U-Bahnhof Grenzallee verließen.

Zeugen kümmerten sich laut Polizei sofort um die Verletzte, spülten ihr die Augen mit Wasser aus und alarmierten die Polizei und Feuerwehr. Eine Behandlung im Krankenhaus sei nicht nötig gewesen, teilten die Ermittler mit. Die Polizei sicherte die Videoaufzeichnungen aus der U-Bahn. (Tsp/ dpa)


Aus: "Jugendliche attackieren trans Frau mit Pfefferspray in der U7" (10.02.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/drohten-ihr-die-haare-anzuzuenden-jugendliche-attackieren-trans-frau-mit-pfefferspray-in-der-u7/25529544.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/drohten-ihr-die-haare-anzuzuenden-jugendliche-attackieren-trans-frau-mit-pfefferspray-in-der-u7/25529544.html)

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Quote[...] Die Anzahl der Straf- und Gewalttaten gegen LGBTIQ* ist im vergangenen Jahr stark angestiegen. Das ergab jetzt die Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage von Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik und Queerpolitik der Grünen Bundestagsfraktion, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Der Bundesregierung zufolge gab es 2019 mindestens 564 politisch motivierte Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung, darunter 147 Gewalttaten. Unter dem Begriff ,,Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung" erfasste die Bundesregierung ,,alle gegen Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuelle motivierten Straftaten".

Im Vergleich zu 2018 steigt die Zahl der Straftaten gegen queere Menschen damit um über 60 Prozent und bei den Gewalttaten sogar um mehr als 70 Prozent. Die Zahlen könnten im Fall potentieller Nachtragsmeldungen noch weiter steigen und die Dunkelziffern dürften deutlich höher liegen.

Damit zeigt sich auch auf Bundesebene ein Trend, der für Berlin bereits erfasst wurde: Von Januar bis Oktober 2019 wurden mindestens 261 Fälle von Hasskriminalität gegen LGBTIQ* Menschen gezählt. Im Vorjahr waren es im selben Zeitraum 184 Fälle.

...


Aus: "Bundesweiter Anstieg der Angriffe auf queere Menschen" (10.02.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/homophobie-und-transfeindlichkeit-bundesweiter-anstieg-der-angriffe-auf-queere-menschen/25529574.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/homophobie-und-transfeindlichkeit-bundesweiter-anstieg-der-angriffe-auf-queere-menschen/25529574.html)

"Für einen Kuss ins Gesicht getreten" Frederik Schindler (06.02.2020)
Die Zahl der Straftaten gegen Schwule, Lesben und Transpersonen steigt stark an – vor allem in Berlin. Die Täter sind in der Regel männlich, älter als 21 Jahre und deutsche Staatsangehörige. Worauf ist die wachsende Gewalt zurückzuführen? ... Die Berliner LSBT-Szene führt schon seit langem eine intensive Diskussion über die Ursachen der zunehmenden Hassgewalt. Auch die ,,Lesben und Schwule in der Union", eine Interessenvertretung innerhalb von CDU und CSU, ist besorgt - und lädt am Mittwochabend zu einer Podiumsdiskussion in den Schöneberger Regenbogenkiez. ...
https://www.welt.de/politik/deutschland/article205637599/Gewalt-gegen-Homosexuelle-Fuer-einen-Kuss-ins-Gesicht-getreten.html (https://www.welt.de/politik/deutschland/article205637599/Gewalt-gegen-Homosexuelle-Fuer-einen-Kuss-ins-Gesicht-getreten.html)

"Gewalt und Islam: Eine Frage der Ehre" Frederik Schindler (22. 11. 2018)
Sehen Linke über Übergriffe hinweg, wenn sie von Muslimen begangen werden? Darüber diskutierte die Initiative ,,Ehrlos statt wehrlos".
https://taz.de/Gewalt-und-Islam/!5552361/ (https://taz.de/Gewalt-und-Islam/!5552361/)

...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 16, 2020, 06:39:04 PM
Quote[...] Offene Räume, um über Pornos zu sprechen, sind [ ] bis heute selten. Pornografie ist schambehaftet. Sie wird vielfach kritisiert und doch jeden Tag von Millionen Menschen konsumiert. Gerade deshalb, findet Oeming, gehöre das Thema an die Uni. Sie sagt: Wir sollten besser verstehen, welche Pornos angesehen werden, von wem und warum.

Im laufenden Wintersemester bietet Madita Oeming an der Freien Universität Berlin das Seminar Porn in the USA an. Im Interview mit ze.tt erzählt sie, was sie ihren feministischen Kritiker*innen erwidert und was wir beim Porno schauen über uns selbst lernen können.


ze.tt: Frau Oeming, Sie halten es für problematisch, in gute und schlechte Pornografie zu unterteilen. Warum?

Madita Oeming: Weil wir dann schon wieder in der Wertung sind. Und die ist, gerade wenn es um Pornos geht, oft von moralischen Vorstellungen bestimmt. Mit ,,guten Pornos" sind meistens die gemeint, die Sex zeigen, der gesellschaftlich akzeptabel ist. Oder Pornos, die ästhetisch ansprechend sind, optisch einem Hollywoodfilm ähneln. So ein Film ist aber meiner Meinung nach nicht automatisch ,,besser" als ein BDSM-Porno mit trashiger Optik – nur für die Mehrheitsgesellschaft irgendwie leichter auszuhalten.

Es stört mich, wie diese Zweiteilung, gerade in feministischen Kreisen, oft genutzt wird, um nicht nur die sexuellen Praktiken, sondern oft auch die Frauen in ,,schlechten" – also hier Mainstreampornos – abzuwerten. Wir ersetzen quasi eine Abwertung mit einer anderen. Das bringt uns nicht wirklich weiter in unserer sexuellen Befreiung.

ze.tt: Was bedeutet für Sie in diesem Zusammenhang feministische Pornografie?

Madita Oeming: Feministische Pornografie ist ein Label. Wie jedes Label hat es seinen Zweck, aber auch seine Grenzen. Ich glaube schon, dass wir es brauchen, weil es einen Dialog anstößt. Es macht erstmal darauf aufmerksam, dass Frauen in der Geschichte des Pornos lange ausgeschlossen wurden – hinter der Kamera, aber auch als Konsumentinnen. Und dass sich das ändern sollte. Es beschreibt einen anderen Ansatz, neue Bilder und vielleicht auch ein neues Zeitalter.

Aber es vermittelt leider auch den Eindruck, dass Frauen grundsätzlich etwas anderes wollen und sehen wollen als Männer. Und damit auch, dass alle Frauen das Gleiche sehen möchten. Das sind für mich sexistische Annahmen. Gern geht es in der öffentlichen Unterhaltung darum, dass Frauen angeblich Romantik und Geschichten und Zärtlichkeit im Porno wollen. Das verstärkt Genderstereotype, statt sie aufzubrechen. Es wird oft binär gedacht, heteronormativ und transexklusiv. Das verkennt für mich den Kern feministischer Pornographie und auch den Kern von Feminismus.

ze.tt: Mit Ihrer Arbeit ecken Sie in feministischen Kreisen an. Wie erwidern Sie die Kritik?

Madita Oeming: Meistens damit, dass ich es für antifeministisch halte, mir als Frau den Mund zu verbieten, mir meine Kompetenz, meinen Feminismus und meine Freiheit auf Lehre und Forschung abzusprechen. Das ist schon eine spezielle Ironie, wenn Feministinnen mir vorwerfen, dass ich die Degradierung von Frauen verherrlichen würde, aber mich im gleichen Atemzug beschimpfen und mir Gewalt, die Hölle oder ähnliches an den Hals wünschen.

Inhaltlich entgegne ich ihnen, dass eine Frau meiner Meinung nach das Recht haben muss, selbstbestimmt konsensuellen Sex vor der Kamera zu haben, wenn sie das möchte. Und dass es nichts anderes als slut shaming für mich ist, sie dafür zu bestrafen, auszugrenzen oder ähnliches. Das Gleiche gilt für mein Recht als Frau, zu Pornos zu masturbieren. Ich versuche ihnen das emanzipatorische Potential zu verdeutlichen, das ich im Porno auch sehe, im Porno-Machen sowie im Porno-Gucken. Damit stößt man aber oft auf Granit aus verhärteten Denkmustern und Fehlannahmen. Es ist eine sehr frustrierende, meist unproduktive Auseinandersetzung. Gegen die eigene Bewegung anzukämpfen, tut weh.

ze.tt: Sie werden auch aus rechten Kreisen angefeindet. Was triggern Sie bei diesen Leuten?

Madita Oeming: Ich fürchte, ich bin eine ideale Projektionsfläche für rechte Ängste: junge Frau, die es wagt, öffentlich über Sex zu sprechen. Und das auch noch als Akademikerin, also nicht lustig anzüglich, sondern ,,verschwurbelt". Dann noch als Feministin, also auch nicht sexy oder süß, sondern ,,anstrengend" – ,,Genderwahn auf Steuerkosten."

Einerseits nehme ich den Männern ihr Medium weg. Andererseits verschmutze ich junge Menschen mit ,,rot-grün versifftem" Gedankengut und ,,perversen" Fantasien. Es klingt unlogisch, aber in Reaktionen aus rechten Lagern sind Pornos gleichzeitig heilig und das ultimative Unheil.

ze.tt: Können Sie das genauer erklären?

Madita Oeming: Es gibt immer wieder Kommentare, die so klingen, als würde ich den Porno kaputtmachen. Ob mit Verkopftheit oder Feminismus. Als sei es eine Art letzte Bastion, die ich angreife: Jetzt müssen auch noch Pornos politisch korrekt sein? Gleichzeitig heißt es aber, dass ich mit Pornos die Uni, die Jugend, ja ,,unser" Land kaputt machen würde. Das ergibt nicht wirklich Sinn. Vermutlich spiegelt sich darin einfach ihre eigene verwirrte Haltung. Ich bin sicher, auch Rechte schauen gerne Pornos, aber es passt halt nicht in ihr konservatives Wertekorsett.

ze.tt: Was können wir durch Pornografie über die Gesellschaft lernen, in der wir leben?

Madita Oeming: Porno bedeutet Tabubruch. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir die Tabus einer Gesellschaft ziemlich gut an den Pornos ablesen können, die sie konsumiert. Inzestfantasien sind zum Beispiel in der westlichen Welt ein absoluter Trend. Es ist unwahrscheinlich, dass das daran liegt, dass eine Großzahl von Menschen tatsächlich Sex mit Familienmitgliedern haben möchte, sondern vielmehr an unserer Freude, im Porno zu sehen, was in der Realität nicht erlaubt ist.

Im alten Ägypten hätte diese Erzählung vermutlich keinen Reiz gehabt, weil Inzest nicht verboten war. In den USA genießt der sogenannte interracial porn eine auffällige Beliebtheit, was durchaus als Nachwehen von Sklaverei und Segregation und der damit verbundenen Tabuisierung von Sex zwischen Schwarzen und weißen Menschen gelesen werden kann. Porno ist eine Art regelfreier Raum. Und er zeigt: Etwas in uns sehnt sich nach wie vor nach dem Verbotenen.

ze.tt: Und was können wir durch Pornografie über uns selbst lernen?

Madita Oeming: Oh, wenn wir offen dafür sind: sehr, sehr viel. Schmerzhaft viel! Unsere körperlichen Reaktionen sind gnadenlos ehrlich. Manchmal führen uns Pornos Dinge vor Augen, die wir gar nicht sehen wollen. Gelüste, die wir sogar vor uns selbst verheimlichen. Alte Wunden und Traumata. Aber auch Schönheitsideale, Grenzen, Ekel. Das kann erschreckend, aber auch spannend, sogar heilsam sein, wenn wir uns drauf einlassen.

Wir können unsere unerfüllten Fantasien entdecken und absolut sicher durchspielen. Quasi mit den Körpern der Menschen auf dem Bildschirm. Wir können sexuelle Neigungen erkennen und zulassen. Genießen. Und natürlich können wir viel über den menschlichen Körper lernen. Wie unterschiedlich er aussieht, wie er sich verhält beim Sex, was er alles kann. Das kann uns auch dabei helfen zu lernen, unseren eigenen Körper anzunehmen und zu erforschen.

ze.tt: Gibt es für Sie neue Erkenntnisse aus Ihrem Seminar mit den Studierenden an der FU Berlin?

Madita Oeming: Ich habe wahnsinnig viel von meinen Studierenden gelernt. Unsere Diskussionen hallten oft noch die ganze Woche in mir nach. Es war eine sehr kluge und kritische Truppe. Sie haben mir noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es bei diesem Thema ist, Ambivalenz auszuhalten. Es gibt auf viele Fragen einfach keine eindeutige Antwort.

Besonders aufschlussreich waren für mich auch unsere Reflektionen: Wie es ist, zusammen Pornos zu schauen, wie ich unterrichte, wie unsere Gruppendynamik ist. Es ging viel um unsere eigenen Privilegien. Um schwer zu entlernende Werte und Sehgewohnheiten. Eine wichtige Erkenntnis für mich als Dozentin war, dass es gerade in einer eher homogen liberalen Gruppe notwendig ist, konservative Sichtweisen herzuleiten und zu verstehen. Sich quasi in die andere Seite hineinzuversetzen. Deren Argumentationsweise nachzuvollziehen, auch wenn man sie dann dekonstruiert.

ze.tt: Welche Sichtweise zum Beispiel?

Madita Oeming: Wir haben uns mit dem Anti-Porno-Feminismus beschäftigt, indem wir Catharine MacKinnon und Gail Dines gelesen haben, die Pornografie mit sexualisierter Gewalt gleichsetzen. Oder mit den Strategien, mit denen die Panik um Pornosucht in Boulevardmedien verbreitet wird. Auch die negativen Reaktionen auf das Seminar haben wir gemeinsam analysiert. Je weniger man sich selbst von Pornos bedroht fühlt, desto schwerer ist es zu verstehen, warum sie für andere so angstbesetzt sind.

ze.tt: Sie sagen, Sie sind Wissenschaftlerin, keine Sexualtherapeutin. Wie meinen Sie das?

Madita Oeming: Menschen kommen oft mit privaten sexuellen Problemen auf mich zu. Das kann einerseits, gerade im beruflichen Kontext, sehr grenzüberschreitend sein. Hier werde ich in eine Rolle gedrängt, die ich mir nicht ausgesucht habe. Und andererseits fühle ich mich manchmal überfordert mit der Verantwortung. Ich bin einfach nicht dafür ausgebildet, Menschen in Hinblick auf ihre Orgasmusprobleme, Körperunsicherheiten, Fetische oder ähnliches zu beraten. Selbst wenn ich viel darüber weiß.

Es zeigt sich immer wieder ein wahnsinniger Gesprächsdarf und Berge über Berge von sexueller Scham. Sie erhoffen sich von mir Erleichterung, oft eine Art Absolution. Ich höre mich immer wieder sagen: ,,Das ist völlig normal. Damit sind Sie nicht allein!" Aber das ist eigentlich nicht meine Aufgabe.

...


Aus: ",,Porno kann uns Dinge vor Augen führen, die wir sogar vor uns selbst verheimlichen"" Nina Monecke (16. Februar 2020)
Quelle: https://ze.tt/porno-kann-uns-dinge-vor-augen-fuehren-die-wir-sogar-vor-uns-selbst-verheimlichen-sex-masturbation/ (https://ze.tt/porno-kann-uns-dinge-vor-augen-fuehren-die-wir-sogar-vor-uns-selbst-verheimlichen-sex-masturbation/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 05, 2020, 05:49:49 PM
Kathrin Weßling @ohhellokathrina
Mein Text zum #weltfrauentag im @derfreitag
heißt "Ich, die Schlampe". Und tatsächlich habe ich mich nie nackter gemacht in einem Text. Es geht um Sex, um Feminismus, um Blowjobs und warum Menschen mich Schlampe nennen.
12:20 nachm. · 5. März 2020
https://twitter.com/ohhellokathrina/status/1235525478011867139 (https://twitter.com/ohhellokathrina/status/1235525478011867139)

Quote[...] Als Frau über Sex zu sprechen und zu schreiben, bedeutet auch immer, über Sexismus zu sprechen. Denn schon mit der Anfrage, ob ich diesen Text schreiben möchte, fing es an. Ein Text aus meiner Sicht über weibliche Sexualität? Sofort alle Warnblinker an im Kopf und im Bauch: Was würde die Familie sagen, was Freundinnen und Freunde, was Feministinnen, Maskulisten, was, wenn das zukünftige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber lesen würden? Was, wenn das meinem Ruf schaden würde und so weiter? Die Liste der Ängste ist endlos.

Aber genau deshalb gibt es diesen Text nun: weil allein das, was in diesen paar Sekunden in meinem Kopf passierte, Grund genug ist, ihn zu schreiben. Trotz der Angst, die ich auch jetzt dabei fühle. Ich habe die Überschrift genau deshalb gewählt: Ich eigne mir an, was mir nachgesagt werden könnte, bestimmt auch wird. Ich bin eine ,,Schlampe", eine ,,Bitch", zumindest, wenn es nach normativen Maßstäben geht. Denn ich habe und hatte viel Sex. Und ich bin Feministin. Und beides zusammen ist nicht immer leicht zu vereinbaren. Manchmal gar nicht.

Denn die weibliche Sexualität ist so eng verknüpft mit sexualisierter Gewalt, mit Angst, Scham und Repressionen, dass es in diesem Bewusstsein kaum möglich ist für mich, über meine Sexualität und den Sex, den ich habe, zu sprechen, ohne auch all das mitzudenken. Trotzdem möchte ich hier den Versuch wagen, darüber zu schreiben und zu sprechen. Es fühlt sich kaum machbar an.

Denn da sind jene, die Frauen wie mich beschämen wollen für den offenen Umgang, den ich mit Sex habe, für die Frequenz, die Häufigkeit. Und jene, die mich für antifeministisch halten, weil ich mich gerne sehr sexy kleide, flirte, durch Berliner Betten treibe. Dazwischen stecke ich und versuche, mich zu verhalten, auf eine Art, die sich frei und leicht anfühlt. Es gelingt mir nicht.

Denn neben der Bewertung der anderen ist da ja auch noch mein eigenes Verhalten und das ständige Hinterfragen desselben. Auch ich habe mich beschämenderweise in den vergangenen zwanzig Jahren unabsichtlich übergriffig verhalten, auch ich habe Fehler gemacht im Umgang mit anderen. Ich kann mich nicht frei machen. Ich muss all das mitdenken, wenn ich über Sex spreche, meine Beweggründe, meine Wünsche, meine Fehler.

All das macht es unendlich schwer, denn schon das Sprechen darüber löst Konflikte aus: Wie kann ich einen Text schreiben über sexuelle Befreiung, wenn er so viele Konsequenzen haben könnte? Genau so vielleicht: Indem ich offenlege, wie schwierig all das für mich ist. Und es trotzdem mache. Denn für mich ist Sex etwas wirklich Wichtiges. Etwas Elementares. Er ist ein nicht unerheblicher Teil meiner Persönlichkeit. Aber immer wieder wird genau das zum Problem.

Eine sehr lange Zeit habe ich mich zum Beispiel vor Blowjobs gescheut. Ich fand sie patriarchalisch, demütigend im schlimmsten Fall. Bei Pornos spulte ich vor, wenn Schwänze mal wieder so tief in Münder gepresst wurden, dass die Frauen würgten. Ich versuchte, auf feministische Pornos zu masturbieren und zu kommen, ich schaffte es nicht. Ich fand alles langweilig. Das ewige Vorspiel, das Gelecke, die Dialoge. Ich will keine zwei Hipster beim Sex sehen. Ich will einfach Sex anschauen. Animalischen, leidenschaftlichen Sex.

Aber auch diese Vorliebe für harten Sex lässt sich kaum mit meinen feministischen Einstellungen verbinden. Oder?

Mittlerweile weiß ich: Doch. Das geht. Denn der Unterschied zwischen feministischem und patriarchalem Sex liegt nicht in den Dingen, die ich konkret mache. Es geht viel mehr darum, warum ich sie mache, ob ich Lust dabei verspüre oder ob ich sie mache, weil ich glaube, dass sie von mir verlangt werden.

Als mir das klar wurde, fand ich meine Lust an Blowjobs wieder. Als ich mich weder gezwungen sah, sie zu geben, noch sie aus feministischer Sicht abzulehnen, gewann ich die Freiheit zurück, Schwänze zu lutschen, wann ich das will. Wenn ich es wirklich, wirklich will. Denn das ist das große Missverständnis: Es geht nicht darum, was wir tun, sondern warum.

Um es konkret zu machen: Es macht einen Unterschied, ob ich mich beim Sex hart von hinten nehmen lasse, weil ich das genieße – oder ob ich das mache, weil der Mann das so verlangt oder will. Auch Demütigung und Schmerz können lustvoll sein, ziemlich sogar. Alles eine Frage der Kommunikation. Und auch an der musste ich arbeiten.

Viele Jahre meines Lebens bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, einem Mann zu zeigen, was ich mag. Und, ehrlich gesagt, stimmte es in meinem Fall auch nicht, dass ich durch Masturbation schon wusste, was mir gefällt. Einige Dinge mache ich lieber allein, andere kann nur ein Partner schaffen oder ein Vibrator. Squirting und vaginale Orgasmen gehören dazu. Ausnahmslos alle Männer, mit denen ich schlief, finden squirtende Frauen super. Das ist auch die Erfahrung vieler meiner Freundinnen, die sich gegenseitig Tipps geben, wie Squirting gelingen kann (wenn man das möchte). Als wir an einem Wintertag auf einem Balkon rauchend und frierend darüber sprachen, wie genau das jetzt funktioniert, dachte ich kurz: Wow, endlich lebe ich in einer Gesellschaft, in der so etwas kein Problem mehr ist! In der Frauen offen über Squirting und die beste Technik sprechen können (Lesen Sie zu ,,Squirting" auch dieses Interview: https://www.freitag.de/autoren/verena-reygers/spritzen-wie-eine-frau (https://www.freitag.de/autoren/verena-reygers/spritzen-wie-eine-frau) ).

Ein paar Monate später schrieb ich frohen Mutes in mein Twitter- sowie mein Instagram-Profil ,,sexpositiv" neben ,,Feministin". Das fühlte sich wie ein großer Schritt an und gefährlich. Und das war er auch. Bis heute glauben nicht wenige Männer, dass dieses Wort eine Einladung ist (und ich bin mir sicher, dass auch dieser Text wieder den ein oder anderen dazu motiviert, ,,nur mal Hallo" zu sagen). Ein Missverständnis, dem sich viele Frauen ausgesetzt sehen, die offen mit ihrer Sexualität umgehen: Sexpositiv zu sein, bedeutet nicht, dass wir jederzeit und mit jedem ficken wollen. Es bedeutet nur, dass wir Sex nicht ablehnen, solange er gleichberechtigt ist. Alles andere ist eine individuelle Sache, eine Frage der Vorlieben und Wünsche.

Kathrin Weßling hat gerade ihren neuen Roman Nix passiert bei Ullstein veröffentlicht. Zuvor erschienen Drüberleben (2012), Morgen ist es vorbei (2015) sowie Super, und dir? (2018)


Aus: "Ich, die Schlampe" Kathrin Weßling (Ausgabe 10/2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ich-die-schlampe (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ich-die-schlampe)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 09, 2020, 12:37:21 PM
Quote[...] ,,Fehlstart" ist weniger ein Coming-of-Age- oder Bildungsroman als eine schonungslose soziologische Betrachtung. Als solche hat ,,Fehlstart" viele gelungene Passagen.


Aus: "Frankreichs Jugend hat keine Chance" Gerrit Bartels (09.02.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/fehlstart-von-marion-messina-frankreichs-jugend-hat-keine-chance/25525686.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/fehlstart-von-marion-messina-frankreichs-jugend-hat-keine-chance/25525686.html)

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Quote[...] Und dann erschien 2017 Ihr erster Roman ,,Fehlstart". Wie war das Schreiben für Sie?

Marion Messina: Ich hatte lange Zeit ständig Notizen gemacht. Dann aber sehr viel Zeit damit zugebracht, um mich zu entscheiden, ob ich nun in der ersten oder dritten Person schreibe, ob es eine männliche oder weibliche Figur wird und ob die Geschichte in Grenoble oder Paris beginnt ... das musste lange reifen. Es fühlte sich an wie eine geleugnete Schwangerschaft, aber als ich dann wusste, es wird die 17-jährige Aurélie aus Sicht eines unpersönlichen Erzählers, war kein Halten mehr – und plötzlich war das Baby da. Als es erschien, kam es mir wie eine Hommage vor, die ich dem Frankreich widmete, das bislang in der Literatur nicht vorkam.

Das war auch der Grund, warum Sie sich ein Jahr später an die Seite der Gelbwesten gestellt haben?

Marion Messina: Als die Gelbwestenbewegung begann, war das geradezu eine Befreiung. Es war das Frankreich, das ich kenne, das sich plötzlich Gehör verschafft hat, nach Paris gereist ist, um auf die Straße zu gehen. Das war so erleichternd, dass sich endlich die Mehrheit zu Wort meldet. Diese Mehrheit wird verachtet von den wenigen, die sich auf ihre Kosten bereichern. Ich habe nie vergessen, wo ich herkomme, was für Scheißjobs ich gemacht habe, dass ich am Stadtrand von Paris lebe, wo jeden Morgen ab acht Uhr eine Schlange vor dem Lidl steht. Was meine Generation betrifft, so hat uns der Zugang zur Pornografie geprägt, durch den wir eine standardisierte Vorstellung vom Sex haben, gleichzeitig gibt es ultrafeministische Ansichten. Wir haben eine neue Prekarität erlebt, selbst wenn wir haufenweise Diplome vorweisen können, die aber nichts mehr wert sind. Wir sehen, wie unmöglich es ist, Eigentum zu erwerben, wenn die Familie keinen Beitrag leisten kann. Bei uns überlagern sich wirklich viele Nachteile, und dann fragt man sich, ob das alles noch Sinn hat. ... Wenn wir ,,Scheiße!" sagen wollen, tun wir das. Ich bin immer hellhörig, was die Sprache von Menschen am Rande der Gesellschaft, abseits von Paris, angeht. Ich achte auf sprachliche Veränderungen, auf Jargon, auf das Vokabular. Die unterschiedliche Ausdrucksweise hat heute nichts mehr mit Regionen oder Dialekten zu tun, sondern mit einem Französisch, das urban geprägt ist, vom Dienstleistungssektor, vom Management-Englisch. Der Sprachgebrauch ähnelt sich in Paris, Lyon und anderen Städten, aber schon 50 Kilometer von Paris entfernt sprechen die Menschen anders.

... Wie hat sich das Land unter Macron verändert?

Frankreich ist paradoxerweise unter Macron wieder nach links gerückt. Einen Teil junger Wähler hat er enttäuscht. Die dachten, das klassische Angestelltendasein ist sowieso abgeschrieben, dann eben ein Start-up. Bis ihnen klarwurde, dass sie nun ununterbrochen arbeiten müssen, keine soziale Absicherung haben und selbst im Krankheitsfall weitermachen müssen. Andere, wie die Gelbwesten, haben oft zuvor nie demonstriert, waren nie politisch interessiert. Das hat sich geändert, nachdem sie gesehen haben, zu was der Staat in der Lage ist: abgerissene Hände, zerschossene Augen, Militärfahrzeuge als Antwort auf soziale Proteste. Das hat sie politisiert, wenn auch nicht im positiven Sinn. Unter Macron ist der Rückzug des Staates extrem konkret spürbar geworden. Aus heutiger Sicht fällt es mir sogar schwer, Jacques Chirac oder Nicolas Sarkozy noch als rechte Präsidenten zu bezeichnen, denn sie haben weitaus weniger Einschnitte in den Sozialsystemen und weniger Privatisierungen vorgenommen. In Deutschland herrscht der Eindruck, wir würden uns zu viele Beamte und öffentliche Ausgaben leisten. Und weil Deutschland die Europäische Union dominiert, sollen die anderen Länder an den Maastrichtkriterien festhalten, um die Neuverschuldung gering zu halten. Aber man kann doch für die Haushaltsdisziplin nicht mehrere Millionen Menschen auf der Straße verrecken lassen. Soziale Bewegungen und Aufstände haben in Frankreich eine lange Geschichte, die kulturell verankert ist. Immerhin: Die Gesellschaft, die Macron vorschwebt, ist ein Geschenk für die Literatur, man kann jede Menge darüber schreiben.


Aus: ",,Wir lieben es, Tabus zu brechen"" Romy Straßenburg (Ausgabe 10/2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/linkerhand/wir-lieben-es-tabus-zu-brechen (https://www.freitag.de/autoren/linkerhand/wir-lieben-es-tabus-zu-brechen)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 09, 2020, 07:41:05 PM
19:30 Zeitfragen. Feature
Eine Frau für 5 Euro
Armutsprostitution aus Osteuropa
Von Güner Balci
Sex mit einer Prostituierten kostet in Deutschland weniger als eine Schachtel Zigaretten. Armutsprostitution betrifft vor allem Frauen aus Osteuropa und afrikanischen Ländern. Polizei und Experten sprechen von hunderttausenden Frauen die, oft unter Zwang, ihren Körper verkaufen. Statistiken gibt es keine. Nur wenige Betroffene schaffen den Absprung in ein normales Leben, denn Hilfsangebote gibt es kaum. In Frauenhäusern werden sie nicht aufgenommen, den meisten droht bei Ausstieg aus dem Milieu Gewalt und Obdachlosigkeit. Das große Geschäft machen kriminelle Banden und Betreiber von Bordellen, auch der Staat verdient gut mit. Ausgebeutet und alleingelassen leben diese Frauen in einer Schattenwelt mitten in Deutschland ohne Rechte. ... Besonders die Frauen, die von Armutsprostitution betroffen sind, lassen oft Unvorstellbares über sich ergehen.
,,Es gibt auch die Freier, die genau das wollen", sagt Annika Kleist. ,,Die wollen die Frauen in den Notsituationen. Die wollen die, weil sie da die Preise drücken können, weil sie da alles bekommen, was sie für extreme Vorstellungen haben. Es ist wirklich verstörend."
Für die Frauen in der Armutsprostitution ist Gewalt Alltag. In all seinen Ausprägungen. ...
https://www.deutschlandfunkkultur.de/armutsprostituierte-aus-osteuropa-eine-frau-fuer-fuenf-euro.976.de.html?dram:article_id=472069 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/armutsprostituierte-aus-osteuropa-eine-frau-fuer-fuenf-euro.976.de.html?dram:article_id=472069)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 18, 2020, 11:10:00 AM
Quote[...] Christoph May ist Männerforscher, Blogger und Aktivist. Er berät Unternehmen zu Geschlechtergerechtigkeit und gibt Workshops zum Thema Kritische Männlichkeit. Parallel dazu schreibt und spricht er über Männerphantasien in Serien und Filmen. 2018 gründete er das Detox Masculinity Network. - Vor über 40 Jahren erschien Klaus Theweleits Untersuchung "Männerphantasien". Aus diesem Anlass analysiert Gastautor Christoph May die aktuelle Fantasielosigkeit

Und wieder waren die #OscarsSoMale. Keine einzige Frau* für den Regie-Oscar nominiert. Es ist eine Katastrophe, ein Desaster, das absolute Versagen. Stattdessen Mafiosi, Soldaten, Rennfahrer, Stuntmen, ein Clown und ein imaginärer Adolf Hitler. Nahezu alle Filme und Serien aus den Vereinigten Staaten sind männliche Produktionen. Von "Herr der Ringe" über "Star Wars" bis "Game of Thrones". Nur zehn Prozent aller Drehbücher werden von Frauen* verfasst. Bei Disney, Universal und Paramount schreiben 90 Prozent Männer*. Bei Netflix, HBO und Amazon sind die Zahlen ähnlich.

Der hypermaskuline Impact von Serien und Filmen auf das gesellschaftliche Unterbewusstsein scheint enorm. Die Story- und Bilderflut fiktiver Männerwelten kaum zu bewältigen. In Wahrheit aber beschränkt sich die Fantasie von weißen, männlich dominierten Monokulturen auf drei simple Inszenierungsformen, an denen sich die Männer* sprichwörtlich abarbeiten: den Körperpanzer, die Kreatur und die Raumüberlegenheit. Das Bemerkenswerte ist, je schneller und effizienter die Produktionsprozesse und je größer der Output ihrer Erzählungen, desto rasender die Verzweiflung, dass Mann* sich hier so richtig festgefahren hat, quasi Stillstand.

Vor kurzem erschien eine Neuauflage der "Männerphantasien" von Klaus Theweleit (1977). Darin entwickelt er seine bekannte These vom faschistischen Körperpanzer, der sich durch Drill und Prügel schon früh als eine Art zweites Ich herausbildet und nach außen hin durch militärische Härte, Kälte und Gnadenlosigkeit wahrgenommen wird. Die Metaphorik des Körperpanzers hat sich über 40 Jahre nach Theweleits Untersuchung zu der wohl dominantesten aller männlichen Repräsentationsformen in spätmodernen Serien und Filmen entwickelt.

Beginnen wir mit der 800er-Serie des "Terminator," einem Androidengestell ohne Selbstheilung, dem mit Haut überzogenen Roboter-Retter. Die Maschinen der Zukunft schicken ihre "verbesserte", sprich flüssige Version (T-1000) in die Vergangenheit, um die alte auszurangieren. Ebenfalls komplett aus Stahl, sogar das Hirn, aber morphfähig. Bei "Wolverine" von den X-Men besteht nur das Skelett aus Adamantium, nicht sein ganzer Körper. Weil sie ihm das Metall nicht ganz freiwillig injiziert haben, fährt er künftig die Krallen aus und leidet wie, nun ja, wie ein freud- und freundloses Frettchen eben. Iron Man hingegen trägt sein vollständig geschlossenes Exoskelett als autonome Voll- und gelegentlich Doppelpanzerung. Derweil Tom Cruise den Aliens in einem offenen, allerdings nicht autonomen Exoskelett entgegen stampft ("Edge of Tomorrow"). Diese schmerzfreie Version ist Matt Damon auf Elysium leider nicht vergönnt. Sein Exoskelett – genauer: halb Exo, halb Endo – wird fest mit dem Körper verschraubt und dem Rückgrat verschweißt.

Der berühmteste aller Körperpanzer von Darth Vader wurde einzig zu dem Zweck entwickelt, den massiv zerstörten Körper seines Trägers zusammenzuhalten. Das schwarze Fetisch-Outfit dient ihm als Versiegelung inklusive Atemmaske (viel dampfendes Plastik). Deadpool könnte ohne Ganzkörperanzug umher tollen, will seinen mutationsverstümmelten Tumorkörper aber lieber verbergen. Wohingegen das muskeldefinierte Kampfkostüm von Batman in "Dark Knight" einzig als Maskerade nützlich ist. Jedwede körperliche Überlegenheit verdankt er bekanntlich seinem Maschinenpark. Derart billige Tricks hat Superman nicht nötig. Seine Kräfte sind angeboren und nahezu unerschöpflich. Erschöpfung ist übrigens eine der Haupt-Tropen im Hero-Business. Ob seiner bald 80 jährigen Geschichte gilt er heute als Ikone: die Verkörperung übermännlicher Fähigkeiten par excellence. Aber auch hier gibt es Aushärtungspotential. Der aktuelle Superman kommt als Men of Steel daher, also wieder Stahl. Seine Figur steht wie keine andere für die rasenden Reaktionismen einer beschleunigten Phantasielosigkeits-Stahl-Industrie.

Und da wäre auch die Tradition der freien Oberkörper. Früh zu sehen bei Stallone, dem alten Rambo, später Bruce Willis in "Stirb Langsam". Die neuen Rambos heißen Diesel, Statham und natürlich Johnson. Dwayne – die menschgewordene Hulk-Pose unter den Muskelbergen – Johnson. Weitere Tradition: die Teilpanzerung wie beim Maulkorb von Bane in "Dark Knight". Der alte Hannibal trug Maulkorb, der neue Hannibal redet so lange auf seinen Gegenspieler Will ein, bis dieser sich freiwillig einen umlegt. Immortan Joe aus "Mad Max: Fury Road" hat sich sogar echte Pferdezähne vor den Mund geschnallt. Und Mad Rockatansky ist satte 90 Film-Minuten lang damit beschäftigt, seine Eisenmaske vom Kopf zu feilen, um sich kurz vorzustellen: "Max. Mein Name ist Max. Das ist mein Name." Dann schweigt er wieder. Maulkörbe symbolisieren die enorme emotionale Sprachlosigkeit ihrer Träger.

Immortan Joes weiße Haut bringt eine dritte Motiv-Linie ins Spiel. Sie steht für nicht durchblutete Männlichkeit, gefühlskalt, radikalisiert, innerlich tot. Die Tradition der Bleichgesichter beginnt 1931 mit Boris Karloff als Frankenstein (Oder der moderne Prometheus) und reicht bis zu dem blassfauligen Moment, als Darth Vader seine Maske abnimmt. Nicht zu vergessen die sogenannten Ingenieure in Prometheus: organisch mit ihrem Körperpanzer verwachsen und allesamt sprachlos. Weibliche Ingenieure hat es nie gegeben. In der Phantasie von Ridley Scott bringen Männer* von außerhalb das Leben auf die Erde. Negation, Abwehr und Abwertung der Frau* also in vollem Gange. In "Westworld" werden die Androiden in Orantenhaltung (Segnung, Kreuzigung, Himmelfahrt usw.) auf ein Rad geschnallt und mit weißer Haut überzogen. Damit sie Farbe annehmen, steckt Mann ihnen final einen Schlauch in den Rücken und beginnt mit der Kunstblutzufuhr.

Auch der neue "Hannibal" präsentiert viele seiner Opfer in Orantenhaltung, eines zum Beispiel direkt als Baumstamm und Stammesvater mit Düngerfunktion (Season 2, Episode 6). Wenn Hannibal die Körper seiner Opfer mit allerhand Messern und Werkzeugen malträtiert, erinnert das nicht nur an einen Mett-Igel, sondern auch an den von Pfeilen durchsiebten heiligen Sebastian. Ebendiese Pfeile als Handfeuerwaffen in großer Zahl auf John Wick gerichtet, verweisen umso deutlicher auf das immanente Bedrohungsgefühl und die enorme Angst davor, innerhalb von nur 90 Minuten 127 Männer* töten zu müssen.

Der Körperpanzer kann natürlich auch nach außen projiziert werden in Form von Autos, Robotern, Androiden und Fluggeräten aller Art bis hin zu ganzen Flotten aus Maschinen. Und nicht zuletzt auf Frauenkörper. Kurz zu den Maschinen: bei der Gestaltung von außerirdischen Metall-Boliden, Kampfschiffen und Sternenflotten sind der männlichen Phantasie erhebliche Grenzen gesetzt. So zählt der Transformerboss Optimus Prime zu einer Tafelrunde aus sprechenden Sportwagen, das Raumschiff Enterprise hat sich zero verändert in den letzten 50 Jahren und die Sternenzerstörer von Palpatine sind jetzt dort gelandet, wo sie schon immer hingehören: als Weltraumschrott auf dem Müll der Design- und Ideengeschichte extraterrestrischer Panzerkreuzerflotten.

Nebenbei gefragt: Feiert Star Wars mit dem Untergang der "ersten Ordnung" den endgültigen Sieg über die traditionelle Männlichkeit? Wohl kaum. Zunächst wird das Ende der cis-Lords (= Sith Lords) nur möglich, weil Kylo Ren seine letzten Männergien in Rey pumpt (Male Savior Trope). Obendrein wird ihr kein eigener, ikonischer Name zugestanden. Die bisher nachnamenlose muss sich jetzt Skywalker nennen. Und zu guter Letzt ist ihre Figur nicht nur der Phantasie dreier Männer* entsprungen (Kasdan, Abrams, Arndt), auch für das Drehbuch von "The Rise of Skywalker" zeichnen vier Männer* verantwortlich.

Doch zurück auf die Erde und hinein in den Geräteschuppen von Iron Man, der sich unterdessen eine beachtliche Körperpanzer-Armee zugelegt hat. Jedes seiner Exoskelette läuft autonom steuerbar und mit Sprach-Service. So lässt sich oft schwer sagen, ob jemand drin steckt im Panzer. Ob der Mann wirklich zu Hause ist, sprich emotional präsent. Wie das folgende Video zeigt, ist die Auswahl der Emotionen, zu denen die genannten Körperpanzer fähig sind, noch immer rudimentär. Wir sehen eine Produktwerbung für den Androiden David Nummer Acht, den man sich ab sofort nach Hause liefern lassen kann, Stichwort Care Gap: Wird die Körperpanzer-Fantasie auf Frauen* übertragen – quasi Live-Projektion –, werden sie als Riesenbedrohung inszeniert. Oft in Form künstlicher Intelligenz, von Männern* erschaffen und erbaut. Sie werden zwar biblisch Ava genannt wie in ex machina, aber schnell wird klar, dass hier nicht die KI Bedrohung und Gefahr darstellt, sondern die Gefährtin selbst, die weibliche Intelligenz, die Frau* als sich emanzipierendes Objekt. Die wohl frauenverachtendste Männerfantasie dieser Art findet sich in einem Freizeitpark für Männer* namens Westworld und wird Dolores genannt. Damit Dolores ein Bewusstsein entwickeln kann – so die perfide Idee des alten, weißen und einsamen Entwicklers Dr. Robert Ford (Anthony Hopkins) –, muss ihr Körper wieder und wieder missbraucht und getötet werden. 30 Jahre lang nahezu täglich, also viele tausend Mal. Die Emanzipation der Frau* nach männlichem Drehbuch wird hier als die wohl längste Schändung inszeniert, die man sich vorstellen kann. Und die Zuschauer? Sind begeistert. Was für ein Spektakel! Dolores kommt von lateinisch dolor und bedeutet Schmerz, Reue, Pein.

So viel zum Körperpanzer, mit dem live und in Echtzeit die gängigen Formen von Toxic Masculinity verhandelt werden. Sprichwörtlich in Form gegossen im Stahlwerk von Kino und Streamingdiensten: emotionale Distanz, Hyperkonkurrenzdenken, Aggression, Einschüchterung, Bedrohung, Gewalt, sexuelle Objektivierung und abgrundtiefer Frauenhass. (Christoph May, 15.3.2020)


Aus: "Männer im Film - Killer, Outlaws, Supermänner: Der männliche Körperpanzer" Christoph May (15. März 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000115675380/killer-outlaws-supermaenner-der-maennliche-koerperpanzer (https://www.derstandard.at/story/2000115675380/killer-outlaws-supermaenner-der-maennliche-koerperpanzer)

https://christophmay.eu/killer-outlaws-supermaenner-koerperpanzer-maennerphantasien-theweleit-essay-christoph-may-die-standard/ (https://christophmay.eu/killer-outlaws-supermaenner-koerperpanzer-maennerphantasien-theweleit-essay-christoph-may-die-standard/)

Quote
razorsedge

...ich weis nicht was ich von einem Essay zu dem Thema halten soll, in dem auf Robocop und Judge Dredd vergessen wird...


QuoteUnd nun zu etwas völlig anderem...

So viel Text, nur um zu sagen, dass wir gerne etwas weniger verwundbar wären, oder zumindest weniger Angst vor dem Tod haben möchten. :-)
Banaler geht's im Grunde nimmer.


Quote
yah bluez

Bezeichnend für die allgegenwärtige Absurdität des Blöden ist das diese Kritik an der fehlenden weiblichen Kreativität von einem Mann geschrieben wurde.


Quote
Mein komischer Läppi

Dankeschön! - Und erfreulicherweise von einem Mann!
Bin gespannt aber eher pessimistisch, ob das hauptsächlich männliche postende Forenpublikum das verstehen kann bzw. will...


Quote
widiwutsch

Sitzpinkler will man aus irgendwelchen Gründen im Film nicht sehen, keine Ahnung.


Quote
Akka Lightguns

viele der Postings kommen einem Offenbarungseid gleich ... QED


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 18, 2020, 11:27:10 AM
Quote10:53 Uhr - Neuseeland legalisiert Abtreibungen

Abtreibungen sind in Neuseeland künftig nicht mehr strafbar. Das Parlament in Wellington verabschiedete ein entsprechendes Gesetz. Bislang galt Schwangerschaftsabbruch in Neuseeland gemäß einem Gesetz aus dem Jahr 1961 als Straftat, Abtreibungsärzten drohten bis zu 14 Jahre Gefängnis.

Obwohl das Gesetz nie angewendet wurde und Frauen im Falle eines Schwangerschaftsabbruchs keine Strafe drohte, betonte Gesundheitsminister Andrew Little die Notwendigkeit der Gesetzesänderung. "Ab heute werden Abtreibungen richtigerweise als Gesundheitsfrage behandelt", erklärte er. Mit der neuen Regelung sei es für Frauen leichter, sich beraten und behandeln zu lassen.


Aus: "Mittwoch, 18. März 2020 - Der Tag"
Quelle: https://www.n-tv.de/der_tag/Der-Tag-am-Mittwoch-18-Maerz-2020-article21649984.html (https://www.n-tv.de/der_tag/Der-Tag-am-Mittwoch-18-Maerz-2020-article21649984.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 21, 2020, 12:14:21 AM
Quote[...] Neu-Delhi – Wegen der Vergewaltigung und Tötung einer Studentin vor mehr als sieben Jahren sind in Indien vier Männer hingerichtet worden. Das teilte das Gefängnis in Neu-Delhi am Freitag mit. Die Männer hatten die 23-jährige Frau 2012 in einem Bus so brutal missbraucht, dass sie knapp zwei Wochen danach an ihren Verletzungen starb. Der Fall hatte weltweit Schlagzeilen gemacht.

Außerdem hatte der Fall ein grundlegendes Problem in Indien gezeigt: Alle 15 Minuten wird nach offiziellen Zahlen eine Frau oder ein Mädchen Opfer einer Vergewaltigung.

Hinrichtungen sind in Indien selten – zuletzt war so 2015 ein Mann gestorben, der 1993 für einen der schlimmsten Terroranschläge der indischen Geschichte mit mehr als 200 Toten und Hunderten Verletzten verantwortlich gewesen war. Mit der jetzigen Hinrichtung will Indien exemplarisch zeigen, etwas für mehr Sicherheit der Frauen zu tun. Gleichzeitig versuchten die Verteidiger der Täter und deren Familien den angesetzten Todestag bis wenige Stunden zuvor zu verhindern.

Nach der Hinrichtung sagte die Mutter des Opfers: "Es hat gedauert, aber Gerechtigkeit wurde endlich geschaffen." Vor dem Gefängnis hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Als die Menschen erfuhren, dass die Hinrichtung vollstreckt war, brachen sie in Jubel aus.

Im Dezember 2012 hatten die Studentin und ein Freund nach einem Kinoabend für den Heimweg einen Bus genommen, in dem auch sechs betrunkene Männer waren. Sie verprügelten den Freund und vergewaltigten die Frau. Für ihre Tat nutzten sie auch Metallstangen. Danach warfen sie die beiden aus dem Bus und versuchten sogar noch, sie zu überfahren.

Bereits kurz nach der Gruppenvergewaltigung hatten Tausende auf den Straßen die sofortige Hinrichtung der Männer gefordert. Die Wut der Leute damals führte zu härteren Gesetzen gegen Vergewaltiger. Das Urteil stand zwar bald fest, die Täter gingen jedoch jahrelang juristisch dagegen vor, sie versuchten es auch mit Gnadengesuchen beim Präsidenten. So wurde das Datum der Hinrichtung mehrmals verschoben. Ein weiterer Täter war damals minderjährig und ist mittlerweile auf freiem Fuß, ein anderer wurde tot in seiner Gefängniszelle gefunden. (APA, 20.3.2020)


Aus: "Vier Männer in Indien nach Vergewaltigung einer Studentin hingerichtet" (20. März 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000115959605/indien-vier-vergewaltiger-von-studentin-hingerichtet (https://www.derstandard.at/story/2000115959605/indien-vier-vergewaltiger-von-studentin-hingerichtet)

The 2012 Delhi gang rape case involved a rape and fatal assault that occurred on 16 December 2012 in Munirka, a neighbourhood in South Delhi. ...
https://en.wikipedia.org/wiki/2012_Delhi_gang_rape (https://en.wikipedia.org/wiki/2012_Delhi_gang_rape)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 23, 2020, 10:21:19 AM
SRF Kultur @srfkultur
Katja Lewina schreibt über Lust und Sex, offen und persönlich. Das provoziert so manchen Shitstorm.
2:53 nachm. · 11. Apr. 2018
https://twitter.com/srfkultur/status/984051830459129859

Tabus brechen - «Benenne das, wofür du dich schämst»
Katja Lewina schreibt über Lust und Sex, offen und persönlich. Sie will das gesellschaftliche Modell der willigen Frau und des triebgesteuerten Mannes ins Wanken bringen.
Autor: Julia Voegelin
Mittwoch, 11.04.2018, 14:32 Uhr
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/tabus-brechen-benenne-das-wofuer-du-dich-schaemst

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Quote[...] Katja Lewina: Sie hat Bock
DuMont Verlag, Köln 2020
ISBN 9783832181178
Gebunden, 224 Seiten

Klappentext: Was ist sexistisch an unserem Sex? Katja Lewina hat Bock, und sie schreibt darüber. Wäre sie ein Mann, wäre das kein Ding. So aber ist sie: "Schlampe", "Nutte", "Fotze", "Hoe" ... Seit #metoo werden die Rufe nach der potenten Frau laut und lauter. Aber hat eine, die ihr sexuelles Potenzial jenseits von "stets glatt rasiert und gefügig" lebt, in unserer Gesellschaft tatsächlich einen Platz? Lewina führt die Debatte über weibliches Begehren fort und erforscht entlang ihrer eigenen erotischen Biografie, wie viel Sexismus in unserem Sex steckt. Kindliche Masturbation, Gynäkolog*innenbesuche, Porno-Vorlieben oder Fake-Orgasmen: Kein Thema ist ihr zu intim. Und nichts davon so individuell, wie wir gern glauben. Aber die Krusten unserer Sozialisation lassen sich abkratzen! Und so ist Sie hat Bock mehr Empowerment als Anprangern, mehr Anleitung zur Potenz als Opferdenke. Denn nach der Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten und Tabus ist es an der Zeit, den Weg zur Selbstermächtigung einzuschlagen.

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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.03.2020 - Die 1984 in Moskau geborene Journalistin und Mutter dreier Kinder Katja Lewina hat ein witziges, direkt ans Eingemachte gehendes über sexuelle Ungleichheit und weibliches Begehren geschrieben, freut sich Rezensentin Marlen Hobrack. Dass die Autorin dabei immer wieder gegen das Vorurteil anschreibt, Frauen seien entweder frigide oder Schlampen, findet Hobrack jedenfalls gut. Dass Lewina dabei aber so persönlich wird und immer wieder betont, wie sie Sex gern hat und wie gern sie Sex hat (sie will dabei nur ihre Bedürfnisse erfüllt wissen), gefällt Hobrack weniger. Sie wittert hier ein gewisses Anschmiegen an den patriarchalisch-sexistischen Mainstream, als müsse Lewina beweisen, dass sie nicht verklemmt ist. Muss sie nicht, versichert die Rezensentin.

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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 22.02.2020 - Rezensentin Eva Biringer fand das "feministische Manifest" von Katja Lewina "herz- und geschlechtsteilerwärmend": In frechem, selbstironischem und niemals larmoyantem Ton erzählt die Autorin hier von eigenen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen und Verunglimpfungen ihrer Vulva, in anderen Texten reflektiert sie die historische Entwicklung der Beschneidung der weiblichen Sexualität, erklärt die Kritikerin. Ihr Buch mündet laut Biringer schlüssig in das Plädoyer, die Monogamie zu entmystifizieren und die weibliche Lust zu entfesseln - für die Rezensentin eine Pflichtlektüre.


Quelle: https://www.perlentaucher.de/buch/katja-lewina/sie-hat-bock.html (https://www.perlentaucher.de/buch/katja-lewina/sie-hat-bock.html)

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Der Streit ums Frausein - Feministinnen streiten über Transfeindlichkeit (26.03.2020)
Feministinnen streiten. Vorwürfe wie »Du Terf« oder »Die Trans­genderideologie zerstört den Feminismus« sind laut geworden. Dabei geht es eigentlich um mehr als die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Von Daria Majewski
https://jungle.world/artikel/2020/13/der-streit-ums-frausein
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on April 07, 2020, 11:41:18 AM
Quote[...] Im Februar hat Rammstein-Sänger Till Lindemann mit seinem Soloprojekt Lindemann im Rahmen der Vermarktung seines aktuellen Albums "F + M" ein Video zu seinem Song "Platz 1" veröffentlicht: "Alle Frauen, alles meins!". Das laut der feministischen russischen Telegram-Plattform "Female Power" in einem Luxushotel in St. Petersburg mit russischen Frauen gedrehte Video ist aufgrund seiner Sexszenen unzensuriert nur auf einem deutschen Pornokanal zu sehen, Stichwort "Till the end".

Die Herstellung von pornografischen Werken ist in Russland allerdings streng verboten. Der in Russland ungemein populäre Lindemann brachte mit seiner spekulativen Provokation daraufhin Nutzer von frauenverachtenden russischen Netzwerken wie "Männlicher Staat" offensichtlich dazu, die Identität der im Video auftretenden Frauen mittels Gesichtserkennung und deren Instagram-Profilen preiszugeben, manchmal inklusive Angabe der Privatadressen.

Die Frauen – auch jene, die im Video auftauchen, ohne an pornografischen Handlungen beteiligt zu sein, allerdings offenbar auch ohne über die sonst geplanten Inhalte des Clips informiert worden zu sein – erhielten daraufhin hunderte Beleidigungen. Härter noch, sie waren auch mit der Ankündigung von Säureattentaten, Vergewaltigungs- und sogar Todesdrohungen konfrontiert. Mittlerweile haben die meisten Frauen deshalb ihre Social-Media-Profile gelöscht. Lindemann schweigt dazu.

Das große Schweigen herrschte diesbezüglich auch im Blätterwald. Dafür ist nun die Aufregung bezüglich eines Gedichts von Lindemann umso größer. Anfang März erschien beim renommierten Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch ein neuer Band des Nebenerwerbslyrikers Till Lindemann. Er trägt den Titel "100 Gedichte" und wurde immerhin von Alexander Gorkow, einem führenden Redakteur der "Süddeutschen Zeitung", herausgegeben.

Darin umkreist Deutschlands führender Brachialdichter mit seinem berühmten teutonisch-rollenden Rrr unter dem Schutzschirm einer dunklen deutschen Romantik in Form von Balladen, des Volkslieds und des Abzählreims seine großen Lebensthemen. Sie lauten laut Pressewaschzettel: "Die Natur. Der Körper. Die Einsamkeit. Die Gewalt. Die Liebe. Das Böse. Die Tiere. Der Schmerz. Die Schönheit. Die Sprache. Der Tod. Der Sex ..."

Nichts Neues unter der Sonne also von einem Mann, der mit Rammstein seit gut einem Vierteljahrhundert die Provokation zum Geschäftsmodell gemacht hat und abseits von Sadomaso, Kannibalismus, Flirts mit faschistischer Ästhetik – und zwischendurch einfach nur reiner Gewalt, Blut und Irrsinn – traditionell wenig auslässt. Man erinnere sich an Songs wie "Mein Teil" (über den "Kannibalen von Rothenburg"), an "Ausländer" oder zuletzt "Deutschland".

Im Rahmen seiner musikalischen Arbeit für eine Bühnenfassung des Märchens "Hänsel und Gretel" 2018 im Hamburger Thalia-Theater, die auch Eingang in sein Soloalbum "F + M" fand, geht es einmal mehr nicht nur darum, dass Lindemann als böse Latexhexe mit dem Fleischgewehr um- und der Menschenfresserei nachgeht. Das als Nebenstudie entstandene und in "100 Gedichte" veröffentlichte Poem "Wenn du schläfst" sorgt nun in Social Media mit einmonatiger Verspätung auch für einen Shitstorm gegenüber einem diesbezüglich bestens geeichten Meister des Wickelmachens.

Darin geht es um die Freuden des Fleischlichen: "Ich könnte dich vernaschen/ Du riechst und schmeckst so wunderbar/ Ach, ich könnt dich fressen/ Es wär nur schade/ Bist dann nicht mehr da."

Es geht allerdings auch um Vergewaltigungsfantasien: "Ich schlafe gerne mit dir, wenn du schläfst/ Wenn du dich überhaupt nicht regst/ Mund ist offen, Augen zu. Der ganze Körper ist in Ruhe/ Kann dich überall anfassen. Schlaf gerne mit dir, wenn du träumst/ Und genau so soll das sein (so soll das sein, so macht es Spaß)/ Etwas Rohypnol im Wein (etwas Rohypnol ins Glas)/ Kannst dich gar nicht mehr bewegen. Und du schläfst, es ist ein Segen."

Lindemann schweigt dazu ebenso wie zu den skandalösen Folgen seines Pornovideos in Russland. Der Verlag Kiepenheuer & Witsch wird richtigerweise nicht müde zu betonen, dass es sich bei dem Gedicht weder um eine Verherrlichung von sexualisierter Gewalt noch um die tatsächliche Meinung von Till Lindemann handelt. Dieser führe nur sein Autoren-Ich Gassi. Er habe den Text eher als Demaskierung toxischer Männlichkeit angelegt.

Das mag im Vergleich zu manchen deutschen Rappern, die gegenüber ihrer pubertären männlichen Zielgruppe in zahllosen frauenverachtenden Texten mindestens ebenso schwere Geschütze auffahren, richtig sein. Das muss man nicht ernst nehmen. Läuft auf RTL, nicht auf Arte. Und im Gegensatz zu den Ghettos von Offenbach und Berlin-Marzahn wird bei Lindemann im tiefen deutschen Wald wahrscheinlich auch eine höhere sittliche Festigung des Publikums unterstellt.

Allerdings verwundert die Tatsache doch erheblich, dass man unter Berufung auf läppische "U-Kultur" versus hehre "Hochkultur" (meine Güte!) ausgerechnet bei einem angesehenen deutschen Verlag mit einem Gedicht als unguided missile in die #MeToo-Debatte grätscht.

Geschäftlich gesehen zahlt sich diese unerwartete Werbung für einen Lyrikband jedenfalls aus. In einem weiteren Gedicht namens "Toilette" macht sich bei Lindemann eine Frau Sorgen, weil ihr Mann einen öffentlichen Abort benutzt. Schließen wir diesbezüglich mit einer guten alten Aufforderung. Gehst du, bitte?! Na also, geht doch!

P.S.: Ende März war Till Lindemann übrigens in ein Berliner Krankenhaus eingeliefert worden. Er musste eine Nacht auf der Intensivstation verbringen. Ein Test wegen Corona-Virusverdacht verlief negativ. Nähere Gründe für seinen Aufenthalt in Pflege sind bisher nicht bekannt. (Christian Schachinger, 6.4.2020)


Aus: "Rammstein-Sänger Lindemann: Pornovideo und Vergewaltigungsgedicht" (6. April 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000116578600/rammstein-saenger-lindemann-pornovideo-und-vergewaltigungsgedicht (https://www.derstandard.at/story/2000116578600/rammstein-saenger-lindemann-pornovideo-und-vergewaltigungsgedicht)

Quote
Komplexer Haufen

Wenn die betroffenen SchauspielerInnen Drohungen erhalten ist der, der droht, das Arschloch und nicht der Künstler, der das Video gedreht hat.

Generell wird es immer Diskussionen über Kunst geben, die einen moralischen Graubereich überschreitet. Gerade Rammstein finde ich, weil es relativ überzeichnet und so brachial ist (wie auch z.b. Tarantino in der Filmwelt), ...


Quote
LittleLui

Dass sich Lindemann in seinen Texten mit Verbrechen immer aus der Perspektive des Verbrechers beschäftigt und mit - ums mal plakativ zu sagen - Perversion immer aus der Sicht des Perversen, ist ja seit einem Vierteljahrhundert schon so.

Inwiefern sich gerade die - nicht nur im Kontext des Gesamtwerks - völlig harmlosen Texte von "Ausländer" und "Deutschland" als besondere Beispiele für "Sadomaso, Kannibalismus, Flirts mit faschistischer Ästhetik – und zwischendurch einfach nur reiner Gewalt, Blut und Irrsinn" eignen sollen, ist mir reichlich unklar.

Und dass Lindemann dafür verantwortlich ist, dass eine Bande von Incels Schauspielerinnen stalkt und bedroht, ist eine Einschätzung, die leider bar jeglichen Arguments daherkommt.


Quote
Herman M

Ein völlig entbehrlicher Beitrag, Hr. Schachinger. Sie mögen Rammstein/Lindemann nicht, was völlig in Ordnung ist, Geschmäcker sind verschieden. Aber Ihre Argumentation, Lindemann sei schuld an den Taten von vertrottelten, russischen Männergruppen, weil er ein Video mit pornographischem Inhalt gedreht hat, ist ungefähr auf dem gleichen Niveau wie zu sagen, Frauen in kurzen Röcken sind schuld dran, wenn Vergewaltiger geil auf sie werden.


Quote
Der Waehlerwille

Der Versuch mit "Ausländer" und "Deutschland" einen Drall nach Rechts zu unterstellen
offenbart einerseits die Unbelecktheit und andererseits den Framing/Manipulationsversuch des Autors deutlich.


Quote
Fabian_228

Sehr interessant wie hier versucht wird dem Lindemann Morddrohungen von Männern an Frauen in die Schuhe zu schieben.


Quote
a_couple_of_ducks

Die Herstellung von pornografischen Werken ist in Russland allerdings streng verboten
wissens das auf den diversen Pornoplattforen auch?


Quote
Dliner

Was bitte ist an "Ausländer" denn "Sadomaso, Kannibalismus, Flirts mit faschistischer Ästhetik – und zwischendurch einfach nur reiner Gewalt, Blut und Irrsinn"?!
Könnte hier mal bitte zur Abwechslung jemand über Rammstein schreiben, der/die zumindest die Lieder gehört hat?


Quote
veit.hell

Bin mir nie ganz sicher wer hier mehr provozieren möchte - der Hr. Lindemann oder der Hr. Schachinger ;-)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on April 16, 2020, 01:07:43 PM
"The Kids Are Alright" Andreas Wolf (3. April 2020)
Die Mützenfalterin fragt: ,,Was weiß man, wenn man Kinder bekommt (müssen ja nicht gleich vier sein)? Gibt es wirklich aufrichtige Antworten darauf, warum man sich Kinder wünscht? Legt man Rechenschaft ab über seinen Kinderwunsch? Und wenn ja, wem gegenüber? Vor sich selbst? Vor den Kindern? Der Gesellschaft? Und warum?"
...
https://waldundhoehle.wordpress.com/2020/04/13/the-kids-are-alright/

Quote[...] In meinem letzten Eintrag hatte ich mir Fragen gestellt zu Kinderwunsch und Elternschaft, wie das alles persönlich erfahren wird, und was es eventuell über uns als Gesellschaft aussagt. Ein Vater hat geantwortet, sonst war es eher still, um nicht zu sagen stumm. Darum beantworte ich jetzt die Fragen aus meiner eigenen kleinen Perspektive. Und hoffe weiter, dass vielleicht doch noch die eine oder der andere seine Geschichte erzählen mag.

Ich habe tatsächlich sehr wenig über das Leben mit Kindern gewusst, bevor ich selbst Mutter wurde. Da war keine ältere Schwester und die Cousinen hatten ihre Kinder bekommen, als ich in ganz anderen Welten unterwegs war. Freundinnen, die Kinder hatten gab es auch nicht, oder aber sie verschwanden aus dem Freundeskreis, sobald das Kind da war.

Zum Kinderwunsch gibt es zwei Erinnerungen. Eine davon kommt mir selbst unglaubwürdig romantisch vor, aber ich erinnere es genau so. Ich war vielleicht 19 oder 20, als ich irgendwo im Gedränge der Einkaufsstraße eine Frau sah, die einen unglaublichen Gesichtsausdruck hatte, vollkommen in sich ruhend, glücklich, zuversichtlich, aber all diese Adjektive treffen es nicht wirklich, vielleicht müsste ich so ein Wort wie ,,erleuchtet" bemühen. Jedenfalls machte sie auch ohne das passende Adjektiv einen sehr großen Eindruck auf mich. Und diese Frau war schwanger. Irgendwie muss ich den dicken Bauch und das erleuchtete Gesicht zusammengebracht haben und von da an hatte ich diese Überzeugung, dass es nichts Schöneres, Erfüllenderes und Erstrebenswerteres gibt, als schwanger zu sein. Auch wenn das noch Zeit hatte.

Die zweite Erinnerung: ich bin mittlerweile Ende 20, Anfang 30. Immer häufiger fragen mich Kinder, ob ich denn selbst auch Kinder hätte, und jedes Mal schäme ich mich, wenn ich nein sagen muss. Warum ich mich schäme? Das frage ich mich bis heute selbst.

Und was die Rechenschaft angeht, natürlich haben wir früher, in den 80er gesagt, geht gar nicht Kinder in diese kaputte Welt zu setzen. Unverantwortlich. Und dann nicht mehr darüber gesprochen, wenn die Kinder da waren. Oder auf einer ganz anderen Ebene darüber geredet. Dabei war die Welt kein bisschen besser geworden, nur wir vermutlich bequemer, oder einfach älter. Das auf jeden Fall. Es gibt ja diese Theorie, dass wir Kinder als Verlängerung unserer selbst in die Zukunft, die wir selbst nicht mehr erleben werden, betrachten. Dieser Gedanke ist mir eigentlich fremd.

Andreas schreibt von der Korrektur der eigenen Kindheit. Da ist etwas dran. Ich kann mich jedenfalls noch gut erinnern, wie häufig ich während meiner Kindheit und noch viel häufiger in der Pubertät gedacht habe; das werde ich niemals tun, ich werde meine Kinder ganz anders behandeln. Und das habe ich auch getan, und natürlich auch wieder nicht.

Die Antwort einer Bekannten ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben, weil ich erstens sicher bin, dass sie jedes Wort genauso gemeint hat, und weil ich zweitens kein Wort davon glaube, was sie gesagt hat. Ich glaube, dass ich meinen Kindern eine wirklich gute Mutter bin, hat sie gesagt, dass sie es kaum besser haben können, dass ich das kann, Kinder glücklich aufwachsen lassen. Und mir wird noch heute schwindelig vor so viel Selbstbewusstsein. Denn das habe ich nie geglaubt, dass ich diesen wunderbaren Wesen, die erst innerhalb und wenig später außerhalb von mir heranwachsen durften, jemals auch nur annähernd gerecht werden konnte und kann. Ich weiß nie, wie es geht. Das mit der Fürsorge, das mit dem Loslassen, das mit der richtigen Balance dazwischen. Es gibt keine schwierigere Aufgabe als Mutter zu sein. Und keine schönere.


Aus: "Was man weiß oder im Titel finden bin ich miserabel" Muetzenfalterin (April 15, 2020)
Quelle: https://muetzenfalterin.wordpress.com/2020/04/15/was-man-weis-oder-im-titel-finden-bin-ich-miserabel/ (https://muetzenfalterin.wordpress.com/2020/04/15/was-man-weis-oder-im-titel-finden-bin-ich-miserabel/)

QuoteVerwandlerin
April 15, 2020 um 12:37 pm

Also ich wollte Mutter sein, weil es dazugehört und auch dachte auch, ich habe einen tollen Kindsvater und es macht mir Freude. Kam alles anders. Hatte postnatale Depression und Ehe war ab dem Moment kaputt. Mein Exmann fand, ich sei [eine] schlechte Mutter. Meine Kinder sagen heute, sie finden mich cool. War alles schwierig. Jetzt, wo die Kinder in der Pubertät sind, läuft es lustigerweise besser.


QuoteStephanie Jaeckel
April 15, 2020 um 3:17 pm

Zum Kinderwunsch habe ich eine Erinnerung: Ich bin sieben oder acht. Meine Eltern sind arbeiten. Es ist ein sonniger Nachmittag, ich sitze im Wohnzimmer und schwöre mir zwei Dinge: Niemals heiraten, niemals Kinder. Die Entscheidung war früh und richtig. Ich komme aus einer kaputten Ehe. Ich wusste, dass ich weder zur guten Ehefrau noch zur guten Mutter tauge. Ich liebe Männer und Kinder. Aber eigene will ich nicht. Es gibt so viele Möglichkeiten für mich, für Kinder da zu sein, Männer zu schätzen und von Herzen zu mögen. Insofern wundert es mich oft, dass Frauen und auch Männer sagen, sie hätten nicht gewusst, was mit den Kindern auf sie zu kommt. Als hätten sie ihre eigene Vergangenheit vergessen. Eine Vergangenheit, die natürlich auch viel schöner als meine gewesen sein kann. Aber was Familie ist, ich meine, das weiß man doch – oder irre ich mich da?

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 07, 2020, 01:02:00 PM
Quote[...] Da wird von allen wochenlang gefordert, man müsse die Kurve abflachen, wochenlanges Daheimbleiben für alle, und wenn die Mission gelingt, steht schon ein Männerchor in den Startlöchern und weiß alles besser. Ja, auch da gibt es Ausnahmen, Männer, die vernünftig für die Grundrechte kämpfen, aber die Regel sind die Vernuftbetonten nicht. Die Regel ist derzeit: Je lauter ich die Virologen niederstampfe, je länger mein Zeigefinger in Richtung Schweden deutet, desto heldenmutiger bin ich. Ich übe Widerstand, also bin ich, denken unsere selbsternannten Helden der Pandemie, Schreimänner nenne ich sie.

In China sind seit Ausbruch des Virus mehrere Männer verschwunden, weil sie öffentlich angeprangert haben, die Verwaltungen gingen zu fahrlässig mit der Bevölkerung um. Sie drehten Videos von mangelnden Hygienemaßnahmen, kritisierten Feste, die nicht hätten stattfinden dürfen. Die Regierung habe ihre Maßnahmen nicht den Erkenntnissen der Wissenschaft angepasst. Den Fakten. Sie handle irrational und gefährde so die Bevölkerung. Diese Männer, es ware viele, sind derzeit verschwunden. Im Westen kennt man nicht einmal ihre Namen.

Bei uns hingegen wird die Regierung für ebensolch faktenbasiertes Handeln und erfolgreiches Krisenmanagement nicht gelobt. Nein, bei uns wird das zum Vorwurf. Hier wird, Demokratie sei Dank, auch niemand eingesperrt, aber die Schreimänner führen sich auf wie Maulhelden, die es besser wissen als jene, die Deutschland gerade erfolgreich durch die Krise manövrieren. Und sie nerven. Die Grundthese ist: Ganz egal, wie viele Leute in den USA, in Spanien oder Italien sterben, die deutsche Regierung hat einfach Mist gebaut und die Wirtschaft für etwas Grippeartiges gegen die Wand gefahren. Als stünden Länder, die später zum Lockdown fanden, ökonomisch besser da.

Was daran nervt? Die Schreimänner werden gehört und kommen öffentlich durch. Sie demaskieren ihre Eitelkeiten. Um jeden Preis versuchen sie die Debatte über eine historische Pandemie zu assimilieren zu einer gewöhnlichen Meinungsdebatte. Sie könnten ja unwichtig werden, während die Virologen nun die Podcast-Charts anführen. Ach je, dann wären diese wichtigen Männer ja nur noch wie Frauen. Wie diese nervigen Frauen, von denen man gerade nur noch hört, dass ein Backlash für den Feminismus zu erwarten sei, die Geld verlangen für ihre Zeit mit Kindern – als hätten sie sich nicht selbst Kinder gewünscht, diese Frauen! So unwichtig wollen die Schreiherren keine sechs Wochen lang werden! Virologen? Weg damit!

Für Frauen droht unterdessen der Backlash in die Fünfziger. Das weiß seit einem grandiosen Artikel in The Atlantic die ganze Welt. Und jetzt? Was brauchen Frauen jetzt, um das zu verhindern? Selbst die klügsten Frauen ächzen auf Twitter unter der Last und wiederholen das Mantra der Fünfziger, die uns drohen; es ist wie bei diesen Geduldswürfeln früher, man kann es drehen und wenden, wie man will: Bis zum Sommer wird es wohl keinen normalen Schulunterricht geben.

Doch wo sind zumindest drei Forderungen, was Eltern oder Familien nun brauchen, damit Frauen das nicht alleine auffangen? Wie verhindern, dass Frauen an den Haushalt gebunden werden, vom öffentlichen Reden und nichtöffentlichen Denken aber abgehalten werden? Im englischsprachigen Raum reichen Akademiker derzeit Papiere ein ohne Ende, die Pandemie bekommt den Wissenschaftlern gut, während die Akademikerinnen als Verfasserinnen von Papers verschwinden.

Selbst in gebildeten und sozio-ökonomisch privilegierten Milieus schnappen in der Krise also die alten Rollen zu. Man muss hier auch über die fehlenden Fortschritte im Feminismus durch die Komplizenschaft der Frauen sprechen. Es gibt ein Milieu, das aufgeklärt genug wäre, finanziell gesichert genug, um sich jetzt gegen den Backlash zu wehren. Es ist in meiner Generation Feministinnen jedoch nicht gewünscht, mit der Rhetorik von ,,Frauen müssen jetzt ..." zu arbeiten. Wer aber soll jetzt, wenn nicht wir? Wenn man nur das Bedrohungsszenario an die Wand malt, erschrecken zwar alle, doch keiner weiß, was dagegen zu tun wäre.

Die Forderung nach Teilhabe und Befreiung von Sorgearbeit darf jetzt nicht von der Empörung überlagert werden, sonst rollt sich das Worst-Case-Szenario für Frauen aus. Die Herren (!) der Lage sind, abgesehen von Merkel und zwei Ministerpräsidentinnen, Männer. Es liegt in ihren Händen und es interessiert sie nur in Interviews, ob Frauen unter der Arbeit stöhnen. Das zeigte selbst Alexander Kekulé, der zwar keine politische Verantwortung trägt, aber doch kräftig mitmischt: Er bedauerte seine Frau derzeit für die Sorgearbeit – in einem TV-Interview. Thank you, darling.

Es braucht jetzt schnell fünf klare Forderungen für Frauen, wie sie trotz Pandemie weiter am Arbeitsleben teilhaben können. Das Grundeinkommen ist keine davon, das Grundeinkommen in solchen Zeiten wäre eine Art Herdprämie. Es geht um Entlastung von Sorgearbeit. Teilhabe am Diskurs und an Schlüsselstellen in Wirtschaft, Politik, Kultur und Verwaltung. TV-Redakteure sollten in Kommunen Frauen in Verantwortung finden, die vom Krisenmanagement berichten. Sichtbarkeit ist das Gebot der Stunde.

Um Entlastungsstrategien zu finden, braucht es die Beratung der Virologen, weil der Schutz des Lebens zur Fürsorgepflicht des Staates gehört. Das ist nicht verhandelbar, wie wieder andere Männer so prominent ins Land schreien. Die Lautstärke drosseln, vor allem für das Telegram-Dreamteam Naidoo und Hildmann. Immerhin: Selbst unter den Verschwörungstheoretikern setzte sich zum Glück keine Frau durch. Die lauten Schreimänner, die nun alles Erreichte verhöhnen, indem sie die Pandemie kleinspielen, die braucht es jetzt nicht. Aber die Frauen, die mehr sind als die Sorgearbeiterinnen, auf die sie derzeit festgelegt werden sollen, die braucht es jetzt dringend.


Aus: "Geschlechterrollen in Coronazeiten: Die Stunde der Schreimänner" Kommentar von Jagoda Marinić (6. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Geschlechterrollen-in-Coronazeiten/!5680001/ (https://taz.de/Geschlechterrollen-in-Coronazeiten/!5680001/)

QuoteSchnurzelPu

Also in Deutschland kann man sich den Kerl aussuchen, mit dem man zusammenlebt. Also Augen auf beim Eierkauf und nicht nur auf Bauch, Beine, Po achten.


Quoteresto

Bei uns gibt es jene Menge Frauen, die das Virus klein reden. So die Taxifahrerin, die Bistrobetreiberin, die Nachbarin.... Übrigens sehe ich keinen Backslash für uns Frauen sondern die Chance, uns endlich ernsthaft und vor allem konsequent in der Art, wie wir leben, für unsere Interessen einzusetzen. Und wer im Stil der 1950er weiterleben will, die soll.


...

Quote[...] Jede Aussage, jedes Ereignis wird in die Weltanschauung integriert. Es gibt keine äußere Wirklichkeit mehr, nur noch ein Nichtwissen der anderen. Deswegen lassen sich Verschwörungstheorien auch nicht auf der inhaltlichen Ebene bekämpfen, sondern, wenn überhaupt, nur sehr viel früher an ganz anderer Stelle. Bei dem, was der österreichische Psychiater Reinhard Haller "die Macht der Kränkung" nennt. Denn es scheint, es gebe nicht nur die von Freud geprägten "Kränkungen der Menschheit", sondern auch sehr folgenreiche Kränkungen der Männlichkeit. Kränkungen, die ihre Träger deshalb so tief verwunden, weil sie von Anfang an glauben gemacht werden, sie hätten einen Anspruch auf Macht, Autorität, Erfolg, Gehorsam, Hörigkeit, Bewunderung und Gefolgschaft. Man könnte meinen, es handle sich dabei um eine Verschwörung. Aber ich lasse mich von Ihnen gerne vom Gegenteil überzeugen. (Nils Pickert, 9.5.2020)


Aus: "Gekränkte Männer und krude Theorien" Nils Pickert (9. Mai 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117347191/gekraenkte-maenner-und-krude-theorien (https://www.derstandard.at/story/2000117347191/gekraenkte-maenner-und-krude-theorien)

Quote
gaunka

Das hat mit Männlichkeit nichts zu tun. Es sind nur schlicht idR Männer stärker politisch interessiert als viele Frauen.
Gerade was Impfgegner angeht sind außerdem wohl Frauen deutlich in der Mehrzahl, da hat mans mehr mit naturverbundenem Selbstheilungskram und irgendwelchen Kräutertees die Krebs heilen können (angeblich). Man muss dazu nur anhören was manche Hebamme an Schwachsinn von sich gibt.


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Quote[...] Zu meiner Geburt bekam meine Mutter ein praktisches Geschenk von meinem Vater: ein Bügelbrett mit silbern glänzendem Bezug. Die Familie steckte zu dieser Zeit mitten im Umzug in ein eigenes Reihenhaus im Kölner Norden. Ein Fortschritt natürlich, ersetzte es doch eine viel zu kleine Mietwohnung. Das Bügelbrett war sicher auch ein Fortschritt zum Vorgängermodell. Der Vater hatte zu arbeiten, also Geld zu verdienen, während meine Mutter Hausbau, Umzug und Kinder zu regeln hatte, was Frau eben so regelte und was unter dem subsumiert wurde, das Gerhard Schröder Jahrzehnte später "Gedöns" nennen sollte.

Meine Mutter machte ihrerseits nicht viel Gedöns um sich und die Überforderung jener Tage, die sie in einen, nie so benannten, gleichwohl folgenschweren Zusammenbruch führte und ihre Töchter in ein Kinderheim, in dem solche Kollateralschäden des Wirtschaftswunders verwaltet wurden. Man sprach nicht darüber in jenen Jahren, weil es ein Eigentliches gab, über das zu sprechen sich weitaus mehr lohnte. Den Aufstieg des Vaters vom Buchhalter zum Personalchef und schließlich zum Chef einer Klinik etwa. "Meine Frau muss nicht arbeiten", war das Credo jener Ehemänner, die später freundlich über den milden Spott in Johanna von Koczians Gassenhauer Das bisschen Haushalt lächeln konnten. Das bisschen Rückenfreihalten, Affären dulden und entfremdete Kinder reintegrieren füllte zusätzlich jene Uneigentlichkeit aus, in der sich Frauenleben in den Sechzigerjahren abspielten.

Gerahmt, ja, zementiert wurden diese Leben von den vier Wänden, eigenen wie gemieteten, in denen es sich abspielte, dem Zuhause, neudeutsch home. Wenn das Büro, neudeutsch office, als jener Ort definiert wird, an dem Arbeitsgeräte zum Einsatz kommen, so arbeiten Hausfrauen seit jeher im home office. Dort also, wo die Waschmaschine, das Bügeleisen und der Staubsauger stehen. Und natürlich der Herd, für dessen emsige Bedienung durch die Hausfrau, wiederum Jahrzehnte später, von der CSU eine Prämie ausgelobt wurde.

Wir Boomer machten, dass wir wegkamen aus dieser Welt der so abwesenden wie abweisenden Väter und stets sehr bemühten Mütter. Mich verschlug es im Rahmen eines Auslandsstipendiums nach Williamsburg, Virginia, in die Familie Brice. Sie bestand aus Mutter Brice, ihren zwei leiblichen und zwei Pflegekindern. Vater Brice war bei der Armee, was Betty ermöglichte, die umfangreichen Einkäufe im Angehörigen der Armee vorbehaltenen Supermarkt tätigen zu können. Die erledigte die zierliche Frau nach ihrem Rezeptionsdienst im örtlichen Holiday Inn. Sie machte keinen Hehl daraus, dass die erheblich verbilligte Ware in den braunen Packpapiertüten das Beste war, was sie von ihrem Mann hatte. Während seiner sehr seltenen Besuche drangen unerfreuliche Auseinandersetzungen durch die verschlossene Schlafzimmertür, über die eine sehr bleiche Betty am nächsten Morgen kein Wort verlor. Sie machte das Frühstück, brachte uns in ihrer grüngelben Uniform mit dem angesteckten Namensschild zum Schulbus und fuhr dann zum Dienst ins Holiday Inn. Ich schrieb meiner Mutter aus den USA Briefe auf Luftpostpapier, nach meinem Vater fragte ich darin ebenso wenig, wie ich am Frühstückstisch nach Vater Brice fragte.

Als ich schwanger wurde, sagten alle, die davon erfuhren, erfreut: "Machste allein, ne?", obschon dies gar nicht der Plan war. Nur meine, inzwischen geschiedene, Mutter war nicht erfreut: "Mach das nicht", sagte sie entsetzt. "Du hast doch so ein schönes Leben." Ich war 26 Jahre alt, als ich anhand dieses Ausbruchs erstmals begriff, wie unglücklich meine Mutter all die Jahre gewesen war. Wie so gar nicht schön sie ihr Leben als Mutter und alles, was damit verbunden war, erlebt hatte. Und wie sehr sie sich wünschte, dass ich es einmal besser hätte als sie. Ja, es bereits so viel besser hatte, konnte ich doch kinderlos in der Welt herumreisen, Interviews mit mehr oder weniger berühmten Menschen führen und Männer verschleißen, wie ich lustig war. Weit entfernt von einem gar nicht lustigen Heim, in dem man verschlissen wird von der Anwesenheit wie der Abwesenheit jener Männer, die dieses Heim bezahlen. Ein Heim ohne Verheißung, aber voll mit Geräten in immer schickeren Ausführungen.

Ich habe es dann doch allein gemacht mit meiner Tochter, Plan hin oder her. Oder eben doch nicht allein, denn im Haus gegenüber wohnte Seyma, eine Muslima aus dem bosnischen Goražde. Ihr deutscher Ehemann, der viele Jahre in Bosnien gelebt hatte, war vor Jahren mit ihr nach Köln gezogen. Sie sprach kein Deutsch und verließ die Wohnung nur zum Einkaufen. Selbst kinderlos kümmerte sie sich voller Freude um die Nachbarskinder und rasch auch um meine Tochter – bei Bedarf rund um die Uhr. Als die Jugoslawienkriege sich nach Bosnien ausbreiteten und Goražde unter serbische Belagerung fiel, schwoll ihr kleiner Haushalt an. Bis zu einem Dutzend Frauen jeden Alters und kleine Kinder lebten als geduldete Flüchtlinge in der Dreizimmerwohnung. Die Kinder gingen zur Schule und lernten rasch Deutsch. Die Frauen nicht, sie blieben zu Hause und saßen meist gemeinsam in der Küche, redeten, kochten und buken Brot. Das Kriegsende brachte nach sechs Jahren die unausweichliche Rückführung von Seymas Hausgästen in deren verwüstete Heimat mit sich. Allein in ihrer jetzt viel zu großen Wohnung rauchte sie Kette und schaute Homeshopping-Sendungen in Dauerschleife, bis der Mann von der Arbeit kam.

Das Bügelbrett mit dem silbernen Bezug habe ich aufbewahrt. Und nie benutzt. Nicht weil ich ein anderes hätte, sondern weil ich in meinem ganzen Leben nie gebügelt habe. Oder genäht. Oder Brot gebacken. Und Haushaltsgeld entgegengenommen schon gar nicht. Weil ich, wie so viele andere Frauen, ob wir uns Feministinnen nennen oder nicht, der Hausfrauenfalle entkommen wollte. Und es uns zu gelingen schien. Weil etwa meine Tochter sich die Betreuung ihrer kleinen Tochter hälftig mit dem Vater teilt. Weil wir uns und die Gesellschaft verändert hatten. Weil wir weitergekommen waren, so viel weiter als von der Küche bis zum nächsten Supermarkt, zur nächsten Kita und dem Altersheim, das längst Seniorenresidenz heißt, zur nächsten Auseinandersetzung mit einem herrschsüchtigen Mann. Wir haben uns immer näher an das Eigentliche herangerobbt, also an Geld, Macht, Status, haben gelernt, mit den großen Jungs zu spielen, und "Gedöns" heißt jetzt Care-Arbeit.

Wir hatten es also zwar noch nicht ganz geschafft mit der Abschaffung des Hausfrauenkomplexes, waren aber immerhin auf einem guten, einem unumkehrbaren Weg. Doch dann kam Corona. Und seither ist viel von einem veritablen Backlash die Rede, weil die Männer das Heft des Handelns, Erklärens und Beratens neuerlich in die Hand nähmen, während die Frauen sich um Homeschooling, Mundschutznähen und Familie-bei-Laune-Halten kümmerten. Diese Krise katapultiere also die Frau in die Hierarchie der Fünfzigerjahre zurück, weil Krisenbewältigung immer noch und jetzt erst recht Männersache sei.

Ich glaube nicht, dass wir einen solchen Backlash erleben. Diese Krise hat die Geschlechterrollen nicht ins Gestern verschoben, sondern das Frauenschicksal vergemeinschaftet. Die Ursache dafür liegt in dem Ort, an den sie auch den männlichen Teil der Gesellschaft zurückwirft: der geschlossene Raum, die vier Wände, das Zuhause als Gefängnis. Jenes Gefängnis, das nur zum Einkaufen verlassen werden darf. Wo die Freiheit endet, beginnt die weibliche Realität. Und zwar jene vor, während und nach den Fünfzigerjahren. Eine Realität des Aushaltens. Meine Mutter, Betty, Seyma und all die anderen Gefangenen patriarchaler Lebensformen sind nicht Relikte eines sich fortlaufend abschaffenden Gesterns. Sie und ihr wunschloses Unglück haben ihre Kinder und Kindeskinder geprägt. Und nun, wo sich die gesamte Welt in einem Zuhause wiederfindet, aus dem es kaum ein Entrinnen gibt, das klaglos ausgehalten werden muss, wird dieses Unglück neuerlich zementiert, und ja, schließt auch Männer auf nachgerade verquere Weise mit ein. Zumindest auf Zeit.

So ist das Los der Hausfrau eine kollektiv erfahrbare Bürde geworden. Die Verengung von Spielräumen aller Art wird, scheinbar folgerichtig, von einer Werte- oder eher Wertschätzungsverschiebung begleitet: Nähren, Versorgen, Kümmern sind die Tugenden der Sperrstunde. Nicht allein zu Hause, sondern überall dort, wo diese Hausfrauentugenden greifen. Also überall, wo Menschen, durchdrungen von – vielleicht bloß unterstellter – selbstloser Opferbereitschaft, gar nicht oder schlecht bezahlt werden. Weil es ihnen weniger um Geld als um die gute Sache geht, zu gehen hat. Und die warmen Worte, mit denen die Nutznießer ihnen dieses Opfer vergüten. Statt zum Scheckbuch wird zum Poesiealbum gegriffen. Dankbarkeit als emotionale Kryptowährung. Nicht dem mit reichlich Distinktionsgewinn versehenen Chefarzt, sondern der selbstlosen Krankenschwester wird folgerichtig die Träne im Knopfloch gewidmet.

Der Mann, so ein beliebtes Bild, ist der Jäger, der in die Wildnis zieht, um gefährliche Tiere zu jagen und zu erlegen. Nun, wo die Jagdgründe vorerst geschlossen und die Waffen nutzlos sind, feiern die Jäger die Köchinnen, die ihnen aus eigenhändig gesammeltem Fallobst was Leckeres zaubern. Wo also männliche Tugenden nicht zum Zuge kommen, werden die weiblichen ins Systemrelevante verschoben. Wie so oft erweisen sich auch hier der Kitsch und die Sentimentalität als das wirksamste Gift gegen echte Veränderung. Denn das System, in dem weibliche Tugenden Relevanz erfahren – eine Relevanz auf Zeit, wie gesagt –, ist nun mal ein System der Defekte. Derzeit jenes der eingeschränkten Bewegungsfreiheit, der fehlenden Selbstbestimmung, der gefährdeten und beschädigten Gesundheit.

Das Verwalten des Defekten und das damit einhergehende biografische, emotionale und ökonomische Zurückstecken als strukturell weibliches Dilemma ist nicht neu. Neu ist allein die Wucht, mit der es von all jenen verklärt wird, die gerade nichts Besseres zu tun haben, als an Zoom-Konferenzen teilzunehmen. Dieses Feiern des weiblich konnotierten Gedöns in Ermangelung, mindestens Einschränkung des männlich konnotierten Geweses ist so wohlfeil wie vorläufig. Mag sein, dass "nach Corona" ein paar Euro mehr für die Helden und vor allem Heldinnen des Alltags herausspringen werden, so sie denn überhaupt für ihre Arbeit bezahlt wurden und werden. Mag sein, auch wir Frauen, die sich das ermöglicht haben, was meine Mutter als "schönes Leben" empfand, lassen das Bügelbrett weiterhin im Schrank. Aber, machen wir uns nichts vor: In eben dem Maße, wie die Wirtschaft und das In-der-großen-weiten-Welt-Sein hochgefahren wird, blicken die männlichen und die Handvoll weiblichen "mover und shaker" der neuen alten Welt aus wiedergewonnener Höhe auf das herab, dem sie, so freudig wie erleichtert, entronnen sind. Die Welt der Rückenfreihalter, der Opferbereiten und die der Zuhausegebliebenen. Die Welt der Frauen.


Aus: "Der Hausfrauenkomplex" Heike-Melba Fendel (30. April 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-04/geschlechterrollen-hausfrauen-vaeter-kinderbetreuung-arbeit-coronavirus/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2020-04/geschlechterrollen-hausfrauen-vaeter-kinderbetreuung-arbeit-coronavirus/komplettansicht)

Quotevicusvan #18

Ein wundervoller Artikel.


QuoteHonorisCausae #1

Eine kluge Analyse, aufbauend auf der Prämisse, dass das Heim per se ein Gefängnis, eine Ehe per se nie eine liebevolle Partnerschaft, eine Frau nie gerne Carearbeiterin sein kann. Die Analyse also klug, die Prämisse meines Erachtens nach falsch. Sie weist Frauen, die NICHT movers und shakers sein wollen und NICHT mit den großen Jungs spielen wollen, um Macht, Status, Geld, eine viel zu passive Rolle zu - geknechtet, ins Häusliche verwiesen, ohne jede "agency". Ich möchte nicht mit so einem Weltbild leben müssen, das so negativ ist, nur die Defekte und Defizite sehen kann und mag.


QuoteSirikid #85

Ich bin auch kindheitsgeschädigt, aufgrund der Abwesenheit eines Vaters, eines Bruders, eines Onkels oder Großvaters. Ich wusste gar nichts über Männer. Hab' dann doch Ehe und Kinder gewagt. Mit meinen Kindern hab' ich die verlorene Kindheit nachgeholt und von ihnen mehr gelernt als sie von mir.
Was mir bei den Diskussionen immer (!) zu kurz kommt, sind die Kinder. Die sind nämlich in der Kette das allerschwächste Glied. Ich sehe in meinem Beruf viele traurige Kinderaugen, wenn zu Hause niemand erreichbar ist und das Kind allein im Sanitätsraum warten muss.
Ein Leben ohne (Erwerbs-)Arbeit fände ich langweilig. Aber meine erste Reaktion auf Corona war eine gewisse Freude darüber, dass Eltern sich auch einmal alleine um ihre Kinder kümmern müssen und die Erziehung nicht an a deren delegieren. Das war ein Gefühl, und inzwischen verblasst es und weicht dem Mitleid. Und selbstredend gehören zur Hausarbeit alle dazu, je nach Alter neben den Eltern auch die Kinder.


QuoteBauernopfer_2014 #1.3

Ja, wirklich erschreckend welche Erfahrungen die Autorin prägen.

Wie sind meine Erfahrungen, als 40 jähriger Mann?

Mein Gefängnis ist der Beruf der mich den vielfältigsten Zwängen meiner Umwelt unterwirft. Komm ich Abends nach Hause, dann ist mein "Hofgang" die Hausarbeit, welche ich mir mit meiner Partnerin teile. Ach, ich glaube wir sind einfach zu arm um diese Art von Problemen zu verstehen. In meiner Partnerschaft müssen einfach beide hart Arbeiten draußen wie drinnen.


QuoteFlorindaGrove #8

Ich bin Hausfrau und mache das sogar freiwillig (Brot backen und bügeln) 😀allerdings habe ich wohl ein selten hilfsbereites Exemplar von Mann erwischt, der a) anerkennt, dass das bisschen Haushalt & 3 Jungs wirklich Arbeit bedeutet und b) jederzeit mit anpackt und im Haushalt ,,seinen Mann" steht.....früher wollte ich nie ,,so eine" werden, aber nachdem ich wieder in den Beruf zurück gegangen war, als unser Großer knapp 9 Monate alt war, habe ich festgestellt, dass es nicht meins war, obwohl ich immer gerne in meinem Job gearbeitet habe. Es kommt halt auf die Umstände und das Umfeld an . Meine Eltern waren auch zuerst entsetzt, aber sowas muss jeder für sich entscheiden.


QuoteMama Lauda #8.1

Seien Sie beruhigt. Ich bin auch Hausfrau und meine Frau verdient dass Geld. Wäre es anders herum, wäre es auch nicht schlimm. Besser jedoch auch nicht.


QuoteMensch Hoffmann #10

Als Frau wurde mir schon früh von Eltern/Großeltern vermittelt, was sich als Frau gehört und was nicht. Ich fand diese Vorstellungen schon immer skurril. Warum sollte mein Bruder den Rasen mähen und ich das Geschirr abwaschen? Warum durfte er nicht weinen? Keine der damaligen Antworten hat mich überzeugt und so bin ich meinen eigenen (und oft steinigen) Weg gegangen.
Nach dem Schulabschluss studiert und einen typischen Männerberuf ergriffen.
Mein Fazit: Ich wurde nie diskriminiert und fühle mich bis heute sehr wohl. Außerdem habe ich immer sehr gut verdient.


QuoteHMTiburon #15

Mein Arbeitskollege müsste im Rahmen seines Scheidungsverfahrens ungefähr 500.000 Euro in Form von Trennungsunterhalt, Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt an seine wohlgemerkt Vollzeit berufstätige Ex-Frau überweisen. Dazu kommt noch der etwas schwer in einer Geldsumme zu fassende Versorgungsausgleich.

Solange die Dinge am FamG so laufen, kann ich jedes Gerede und Geschreibe von einer angeblichen strukturellen Benachteiligung von Frauen absolut nicht ernst nehmen. Solange sich Frauen wie kleine Mädchen von einem Mann das Leben durchalimentieren lassen, ist Feminismus eine Farce und Emanzipation nur Theorie.

Corona zeigt hingegen im Wesentlichen nur eins: Junge Väter betreuen heute genauso ihren Nachwuchs wie Frauen.


QuoteSebastian Nigge #15.1

Verbreiten Sie keine Unwahrheiten. Trennungsunterhalt gibt es wenn überhaupt nur noch für den Elternteil, der Kinder unter 3 Jahren betreut und dadurch am einer Erwerbstätigkeit gehindert wird. Ab dem 3. Geburtstag eines Kindes kriegt der Elternteil, der die Kinder betreut nur Unterhalt für die Kinder. In 88 Prozent der Fälle zahlen die Väter. Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge erhält etwa die Hälfte der Alleinerziehenden keinen einzigen Cent von diesen Vätern. Nur ein Viertel erhält regelmäßig den ihm zustehenden Unterhalt. So viel zu dem Thema.

Die Unterhaltsreform kam 2008. Das ist also deutlich über 10 Jahre her. Früher gab es Trennungsunterhalt für den Expartner auch ohne gemeinsame vorhandene Kinder. Und ein Versorgungsausgleich ist wenn Kinder vorhanden sind sogar sehr sinnvoll, denn meistens bleiben die Frauen 1 Jahr in der Elternzeit und gehen danach in Teilzeit. Dementsprechend ist ein Ausgleich nur fair. Die Argumentation von HMTiburon da oben ist schlicht lächerlich und hat nichts mit der aktuellen Lage zu tun.


QuoteKlaus Lachshammer #15.7

Sie verbreiten hier selber Unwahrheiten. Trennungsunterhalt kann es auch ohne Kinder geben. Voraussetzungen für den Trennungsunterhalt sind:

- Die Trennung muss vollzogen sein.
- Es muss die Bedürftigkeit eines Ehepartners vorliegen.
- Der andere Ehepartner muss in der Lage sein, diesen zu unterstützen.

Schauen Sie sich mal § 1361 BGB an:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1361.html


QuoteHMTiburon #15.9

Es gibt mehrere Begründungen für Unterhalt, nicht nur den für Kinder.

So siehts aus. Neben Kinderbetreuung ist auch nachehelicher Unterhalt wegen Alters oder Erkrankung im Gesetz, sprich BGB, verankert. Und den zahlt man auch heute noch uU lebenslang.

Die Ehe ist, und das wissen die meisten nicht, sonst würden sie kaum heiraten, eine Verpflichtung zur Versorgung des wirtschaftlich Schwächeren, also in der Regel der Frauen, da die meistens "nach oben" heiraten. Und das wie gesagt unter gewissen Umständen auch nach der Scheidung lebenslang !

Ob das noch zeitgemäß ist ??


Quotejjkoeln #35

Mal wieder der westdeutsch sozialisierte Blick.


QuoteFlavius Ricimer #38

"das Eigentliche, also Geld, Macht, Status"

Eigentlich erbarmungswürdig, wer meint, sein Selbstwertgefühl aus diesen Dingen ziehen zu müssen. ...


QuoteElofant #33

"das Eigentliche, also Geld, Macht, Status"

Echt jetzt? Das ist ja nun wirklich von vorgestern.


QuoteSchneider_ #49

Die Autorin beschreibt sicherlich eine Zeit, die wir eigentlich hinter uns gelassen haben. Und das ist auch gut so. Die westdeutsche Hausfrauenrolle übergestülpt über die meisten Frauen damals, kann sich nur als Gefängnis anfühlen. Denn Selbstverwirklichung ist nun mal auch ein wichtiger Faktor der Selbstzufriedenheit. Die Ostdeutsche Frauenrolle gab es auch. Die Arbeitende, die ihre Kinder morgens in den Kiga bringt und nach der Arbeit abholt, nach Hause radelt und dann den Haushalt macht. Es gab hier sicherlich mehr Selbstverwirklichung, da die Arbeit wertgeschätzt wurde und sie nicht nur auf Wertschätzung ihres Mannes angewiesen war. Denn Jeder Mensch braucht Wertschätzung. Doch wurde es erwartet, dass sie alles macht auf Arbeit arbeiten, zu Hause arbeiten und die kinder groß zieht. Auch ein Gefängnis aus dem Söhne und Töchter ausbrechen wollten. Der Vorteil all dieser Entwicklungen ist doch, dass wir schon dabei sind das jeder so leben kann wie er möchte. Um nochmal zum Artikel zu kommen. Ja ich kann die Autorin verstehen, dass sich der Lockdown für viele Frauen derzeit wie ein Gefängnis anfühlt. Aber was ist mit den Männern. Redet doch auch mal über eure "Gefängnisse "!


Quotejjkoeln #49.2

Die (west-)deutsche Vorstellung, dass der Mann ranschsfft und die Familie versorgt und die Frau den Haushalt managed ist auch für den Mann die Hölle.

Die gesamte Verantwortung der Versorgung lastet auf ihm. Gerade in Zeiten wie diesen ist das ein erheblicher Druck. Und von den Kindern bekommt er wenig bis nichts mit.
Cool, wer will das heute noch?


QuoteEmma Blomma #50

Ich sehe in meinem Umfeld so viele Väter, die sich sehr selbstverständlich und umfangreich in die Carearbeit einbringen, auch schon vor Corona und Home Office Zeiten. Natürlich gibt es immer noch Familien mit sehr klass. Rollenverteilung, aber so langsam frage ich mich, in welcher Bubble Journalist_innen oder Feministinnen leben, die immer noch gebetsmühlenartig das Negativbild des karrieregeilen, sich nicht um Kinder kümmernden Vaters in ihrem Artikeln durchkauen. Sicher gibt es immer noch etwas zu verbessern, sicher gibt es immer noch Frauen, die "nur" Hausfrau sind. Diese Frauen kenne ich auch und die haben sich bewusst dafür entschieden. Der Artikel verpasst Frauen eine viel zu passive Rolle.


QuotePippilangstrumpfvictualia #51

Wir leben doch heute in einer Gesellschaft, in der sehr viele Lebensmodelle lebbar sind. Und ja, an vielen Stellen können wir durchaus Entscheidungen treffen (Berufswahl, Partnerwahl usw.). Wir sollten für diese selbst getroffenen Entscheidungen bitte aber auch die Verantwortung übernehmen und wenn sie sich als eine unglückliche Entscheidung heraus stellt, selbst eine Korrektur vornehmen bzw. das beste draus machen, aber nicht bei anderen die Schuld suchen. Das ist unreif.


QuoteHamptidamti #58

Sagen Sie einer Frau mal in der Kennenlernphase, dass sie als Mann gerne der wären, der zuhause bleibt, sich um die Kinder kümmert und den Haushalt schmeißt.

Reaktionen von: "dann hast Du ja Affairen mit den anderen Müttern" bis hin zu "Du bist dann kein richtiger Mann" war alles dabei.
Vielleicht sollten viele (schreibende) Frauen, sich mal bewusst machen, dass das Köpfchen das eine will, das Herz etwas noch anderes und der Bauch wer weiß wohin unterwegs ist.

Auch weiß man meist vorher, wen man heiratet. Danach dann überrascht zu sein, ist eigentlich naiv.
Vielleicht und das ist ernst gemeint, wäre es sinnvoll, Männern auch Kolumnen einzuräumen, dann wären zumindest mal beide Perspektiven gezeigt?


Quotebabasikander #58.1

"Männern auch Kolumnen einzuräumen"

Wozu? - Es ist doch mittlerweile Konsens, dass Männer keine Ahnung von Partnerschaft haben können, nicht?


QuotePippilangstrumpfvictualia #60

Vielleicht ist das Ganze v.a. eine Frage der Selbst(un)sicherheit in Zeiten, wo es viele verschiedene Lebensmodelle gibt?



QuoteHamptidamti #68

"und Männer verschleißen, wie ich lustig war."

Haha, bin ich geneigt zu denken. ...


QuoteFletscher Christian #66

"Heike-Melba Fendel ist Autorin und Inhaberin der Künstler- und Veranstaltungsagentur Barbarella Entertainment..." und merkt jetzt in der Corona-Krise vielleicht, dass sie gar nicht wichtig ist und wie entbehrlich sie ist und bettelt vermutlich um Staatshilfe. Und vielleicht..., vielleicht merkt sie sogar, dass die von ihr von oben herab betrachteten Hausfrauen besser dran sind, weil sie vielleicht vorgesorgt haben, eine Garten besitzen und eine Speisekammer und Essen selbst zubereiten können.
Merke: Feminismus alleine macht auch nicht satt. ...


QuoteFreigeistin #73

Eine kluge Gesellschaftsanalyse!

Die Autorin wertet übrigens nicht die Hausfrau ab, wie das einige Kommentatoren hier wohl verstanden haben. Sie zeigt lediglich historische Kontinuitäten und kulturell gewachsene Strukturen auf, deren Bedingungen wir alle (Frauen wie Männer) unterliegen.

,,Ich glaube nicht, dass wir einen solchen Backlash erleben. Diese Krise hat die Geschlechterrollen nicht ins Gestern verschoben, sondern das Frauenschicksal vergemeinschaftet."

Da wir übergangsweise alle auf den Ort des Häuslichen zurückgeworfen wurden, erfährt der Ort des Heims, der bis vor wenigen Jahren noch allein Frauen als Raum von ,,Macht" und Aneignung zugestanden wurde, mehr Aufmerksamkeit auch von Männern. ,,Vergemeinschaftet" eben.

Wenn die Autorin schreibt, dass die mover und shaker (Männer und Frauen) auf das ,,Gedöns" herabblicken, dem sie ja so freudig ,,entronnen" sind, meint sie damit auch sich selbst und nimmt sich aus dem kritischen Kontext, den Heim und Herd in diesem Text liefern, nicht aus.


Quotewaskannichwissen #79

Insgesamt ein guter Artikel. Mich nervt im Forum die weitgehend westdeutsch sozialisierte Brille. Frauen im Osten waren -dank Arbeit-erheblich gleichgestellter/ gleichberechtigter als noch heute. NichtJede musste ans Fließband radeln und nein, es war nicht alles perfekt in Sachen Gleichstellung. Aber einige Debatten (starre Rollenvorstellungen) waren längst geführt. Wenn Sie erstmal mit einer gestandenen Schlosserin oder Chemikerin gesprochen haben, erübrigten sich Klischees und Fragen. Oder: Bis zur Wende war ich ausschließlich bei Ärztinnen, jetzt lese ich manchmal die Forderungen: Frauen müssen gleichberechtigter in der Medizin sein. Manche Themen in ZON / im Forum lese ich wie Berichte aus einem seltsamen alten fernen Land.


QuoteDoris W. #81

Eine Ehe ist halt eine Partnerschaft. Beide Partner werden mit diversen Rollenerwartungen von aussen konfrontiert. Letztendlich aber darf man allein entscheiden, wie man das Leben gemeinsam meistert. Wer sagt denn, dass die "Männerwelt" so traumhaft schön ist?



QuoteHomeOffice #88

Ich halte es für einen Irrweg, wenn wir es als Zumutung empfinden, wenn sich Eltern persönlich um ihre Kinder kümmern.
Ich war in meiner Kindheit mittags mit der Schule fertig. Und meine Mama war dann auch zuhause. Ich fand das schön.


Quote123Valentino #89

So weit ich zurückblicken kann , mein Vater hatte immer Nachtschicht und verdiente vergleichbar viel Geld , geschuldet war es der Tatsache das er Bergmann war und zahllose Überschichten machte.
Gesund war das nicht.
Wir hatten damals ein großes Haus , welches der Arbeitgeber zur Verfügung stellte, großer Garten mit aller Art von Gemüse und fast allen gängigen Obstsorten.
Meine Mutter habe ich in Erinnerung , mehr als Gärtnerin , gesund stark , eine gute Köchin und bigotte Katholikin.
Die Arbeit zerrte meine Vater auf.
Ich weiß nicht, wer sich für wen opferte wenn, dann hat mein Vater Substanz gelassen , er selbst hätte das nie so gesehen und es ging vielen Vätern in vielen Familien ähnlich. Viele zahlten in den letzten Lebensjahren mit schweren Krankheiten für ihre Opferbereitschaft.
Haben aber nie in die Opferrolle angenommen und wollten stark sein als sie schon schwach waren.
Mir tun die Frauen des Bildungsbürgertums leid , meiner Mutter ist dieses, im Artikel beschriebene, Schicksal erspart geblieben.


...

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 12, 2020, 09:41:36 AM
Quote[...] Dr. Gunda Windmüller schreibt über alles, was schön schwierig ist. Sex und Liebe zum Beispiel. Ihr Buch "Weiblich, ledig, glücklich - sucht nicht" erschien im März 2019.

Als Trend wird heutzutage oft genug etwas ausgerufen, das zwar überhaupt nicht neu ist, dafür aber einen Hashtag bekommen hat. Wie das, was sich gerade in Großbritannien bemerkbar macht: #Tradwife. Tradwife ist ein Klappwort aus traditionell (traditional) und Ehefrau (wife) und wird von eben jenen Tradwives auf Blogs, YouTube und Social Media verwendet: Dort sieht man Frauen in ihren Dreißigern am Bügelbrett oder an einen Mann gelehnt, selbst gebackene Brote werden in die Kamera gehalten, Eintopfrezepte angepriesen und Früchte drapiert.

In britischen Medien, wie der BBC, der Daily Mail oder der Times wird der Trend erklärt: Es gehe darum, Hausfrau zu sein, und zwar ausschließlich Hausfrau. Als freudvoll selbstgewählte Rolle. Doch das Ganze wird dabei eben nicht nur als individueller Weg zum Glück zelebriert, sondern eingebettet in eine Rückbesinnung auf traditionelle Rollenverteilungen: ,,A woman's place is at home" und ,,trying to be a man is a waste of a woman,,, heißt es dort zum Beispiel.

Die Tradwives sehen sich nicht als Anti-Feministinnen, sondern ganz im Gegenteil: Als diejenigen, die das Recht von Frauen auf Selbstbestimmung wirklich leben. Allen voran die 34-jährige Alena Kate Pettitt, die erst vor Kurzem im britischen Frühstücksfernsehen erklärte, dass sie ihren Mann gerne ,,verwöhnt, als sei es 1959".

Diese Vorliebe für Vintage-Flirterei und selbst gemachte Orangenmarmelade mag zwar auf den ersten Blick als nischiger Trend daherkommen, aber frei von politischer Brisanz sind die Tradwives nicht.

In den USA wurden sie nämlich im Rahmen der Alt-Right-Bewegung bekannt. Die Amerikanistin Annie Kelly zeigt in ihrer Forschung zu dieser extrem rechten Bewegung, dass sich die Huldigung traditioneller Frauenrollen als Versuch von White Supremacists lesen lässt, die von Männern dominierte Bewegung auch für Frauen attraktiv zu machen.

,,Tradwives,,, schreibt sie, ,,helfen uns die Unzufriedenheit dahingehend zu verstehen, dass sie Berührungspunkte zwischen lippenstifttragenden Vielfachmüttern und Männern, die sich darüber beschweren, ungeküsste Jungfrauen zu sein, aufzeigen." Denn die rassistische Ideologie der extrem Rechten ist eben auch motiviert von einer Unzufriedenheit mit dem modernen Leben: Angst, den Job zu verlieren, finanzielle Unsicherheit, der Druck, sich für die Arbeitswelt mobil und flexibel zu halten, der Verlust von Privilegien.

Da verspricht ein sehnsuchtsvoller Blick in die 1950er, wo der Mann mit einem einzigen, sicheren Einkommen Stabilität für mindestens zwei garantieren konnte, für Tradwives eine reizvolle Alternative. Aber auch Ängste von Frauen sollen im Tradwife-Kosmos in Schach gehalten werden, führt Annie Kelly aus. Denn das moderne Leben wird für die Objektifizierung von Frauen und für sexualisierte Gewalt gegen sie verantwortlich gemacht. Ehe und Mutterschaft sollen dagegen einen sicheren Hafen bieten.

Tja. Es geht also weniger um Sehnsucht als vielmehr um Ängste, die instrumentalisiert werden.

Hinter der betont heimeligen Inszenierung mit geblümten Schürzen, Lippenstift und frisch gebackenen Muffins versteckt sich damit eine harte politische Botschaft. Und auch wenn einige Tradwives, wie die Britin Pettitt, sich selbst von nationalistischen Bewegungen distanzieren, speist ihr Pochen auf Traditionen doch eine Agenda, wie sie von rechten Kreisen propagiert wird. Auch hierzulande kennen wir diese Agenda – von der AfD.

So wird im Leitbild der Partei mit Hinweis auf ,,die traditionelle Familie" – eine ,,Familie aus Vater, Mutter und Kindern" – für eine Politik plädiert, die für Frauen nicht wirklich eine selbst gewählte Rolle vorsieht, sondern mit Rekurs auf die ,,natürliche Gemeinschaft", eine Rolle jenseits individueller, freiheitlicher Lebensentfaltung: ,,Staatliche Institutionen wie Krippen, Ganztagsschulen, Jugendämter und Familiengerichte greifen zu sehr in das Erziehungsrecht der Eltern ein." Und vermeintliches gender mainstreaming und die generelle Betonung der Individualität würden die Familie als wertgebende gesellschaftliche Grundeinheit angeblich untergraben.

Es sind Passagen wie diese, in denen sich AfD, Alt-Right-Bewegung und Tradwife-Instagramerinnen in ihrer Wortwahl überlappen. Tradition wird hier angerührt mit einer grotesken Geschichtsignoranz zum normativen ,,So soll es sein." Wie grotesk das trad in Tradwife aber ist, wird schnell klar, wenn man das Ganze mal historisch unter die Lupe nimmt.

Denn von welcher traditionellen Rolle der Frau ist hier die Rede?

Die Idee der Frau als Hausfrau, wie sie in den 50er Jahren etabliert wurde? In einer Zeit, in der Ratgeber Frauen Tipps der Sorte ,,Richte sein Kissen und biete ihm an, ihm die Schuhe auszuziehen" ans Herz legten und die Werbeindustrie (,,Jede Hausfrau freut sich über einen Kühlschrank") eifrig dafür sorgte, dass uns das Bild der Hausfrau der 50er Jahre heute noch wie der allein gültige Prototyp erscheint? In einer Zeit, in der Frauen in Deutschland nicht ohne die Erlaubnis ihres Mannes arbeiten durften (bis 1977), Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar (bis 1997) und eine öffentliche Diskussion zu Schwangerschaftsabbrüchen noch Jahrzehnte entfernt war?

Wenn Tradwives sich auf die Tradition der Hausfrauenrolle beziehen, müssen sie sich leider sagen lassen, dass es diese vorgebliche Tradition noch gar nicht so lange gibt. Denn historisch gesehen hat sich die Rolle von Frauen als ausschließlich für Privatsphäre zuständige Ehefrauen und Mütter erst im 19. Jahrhundert ausgestaltet. Die aufkommende Industriegesellschaft war auf diese geschlechtliche Rollenverteilung angewiesen: ,,Ohne Trennung von Frauen- und Männerrolle keine traditionelle Kleinfamilie. Ohne Kleinfamilie keine Industriegesellschaft in ihrer Schematik von Arbeit und Leben", schreibt der Soziologe Ulrich Beck dazu. Die Kleinfamilie mit der Rolle der Frau als fürsorgliche Gattin war wirtschaftlich reizvoll und politisch gewollt.

Selbst ein nur flüchtiger Blick in die Geschichte kann also schon mal zeigen, dass von den Tradwives mitnichten auf eine natürliche Rolle Bezug genommen wird, sondern nur auf eine sehr spezifische Ausformung der Ungleichheit. Damit ist nicht gesagt, dass jede Hausfrau per se unterdrückt ist. Doch Frauen zu Hausfrauen zu machen war nunmal nie Ausdruck von Freiheit und natürlichen Fähigkeiten, sondern immer politischer Wille.

Traditionen sind natürlich wichtig. Sie sind existentieller Teil eines sozialen Miteinanders. Sie geben Halt und Orientierung, stiften Sinn und Gemeinschaft, aber sie sind alles andere als natürlich. Das Problem ist daher nicht so sehr das Hausfrauensein, sondern vielmehr die Verknüpfung dieser Lebensentscheidung mit der Autorität, die das Wörtchen ,,Tradition" verspricht.

Denn wer in dem Zusammenhang von Tradition spricht, meint nicht harmlos ,,Ich mag das, weil ich das noch von meiner Oma kenne", sondern ,,Ihr macht mir Angst, deswegen macht mal lieber so wie ich".

Tradition bedeutet hier Rückzug. Und die Tradwives sind Blendwerk für eine Politik, die – von Modernisierungsängsten getrieben – historische Folklore nutzt, um eine Welt auszuschmücken, die rückwartsgewandter nicht sein könnte. Hier geht es um die Sehnsucht nach einer Zeit, in der unsere Rechte massiv eingeschränkt waren. Wer sich nach früher sehnt, sollte sich klarmachen, dass so gut wie alles, was damals war, schlicht und ergreifend beschissener war. Rechte, Freiheit, Bildung, Selbstbestimmung. Alles davon.

Mit Männern flirten als sei es 1959? Lasst es bleiben.


Aus: "Sogenannte Tradwives werben fürs Hausfrau sein – klingt harmlos, ist es aber nicht"
Gunda Windmüller (06. Februar 2020)
Quelle: https://ze.tt/sogenannte-tradwives-werben-fuers-hausfrau-sein-klingt-harmlos-ist-es-aber-nicht/ (https://ze.tt/sogenannte-tradwives-werben-fuers-hausfrau-sein-klingt-harmlos-ist-es-aber-nicht/)

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Quote[...] Schwingende Röcke, Kinderschar und Sauerteig: Bei Instagram und TikTok folgen einige Frauen dem traditionellen Rollenbild und inszenieren sich als "Tradwives". Dahinter steckt oft auch eine Ideologie.
Christin Jordan, SWR

 Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Partnerschaft, Beruf und Gesellschaft - erreicht ist sie noch lange nicht, aber wir sind auf einem guten Weg. Oder? Eine neue Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts ipsos zeigt: 60 Prozent der deutschen Männer finden, dass es reicht, bei den Frauen sind es nur 38 Prozent.

Gerade unter jüngeren Menschen gibt es einen Trend zu Rückbesinnung auf traditionelle Rollenverteilungen. Ein Mann, der zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert, sei unmännlich, findet der ipsos-Studie zufolge mehr als ein Drittel der Millennials. Ein Trend, der sich auch im Netz widerspiegelt.

"Eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen und was soll ich kochen?" Der Satz stammt aus einer Werbung der 1950er-Jahre. Damals brachte in der Regel der Mann das Geld nach Hause. Die Frau stemmte den Haushalt, sorgte für das leibliche Wohl und hielt ihm den Rücken frei, immer gut frisiert und adrett gekleidet.

 Die traditionelle Rollenteilung ist auch heute noch kein alter Hut - sondern tatsächlich ein Trend bei TikTok und Instagram. "Tradwives", traditionelle Ehefrauen beziehungsweise Hausfrauen nennen sich die jungen Influencerinnen, die es als erstrebenswertestes Ziel ansehen, sich um Heim und Haus zu kümmern.

Carolina Tolstik ist eine von ihnen, unter dem Namen "Malischka" teilt sie auf Social Media ihr tägliches Leben, oder vielmehr: einen Ausschnitt davon. Die 27-Jährige ehemalige Grundschullehrerin lebt mit ihrem Freund seit einigen Jahren auf Mallorca, sie bezeichnet sich als "Stay at home girl" - als Mädchen, das zu Hause bleibt.

 Ihre Posts bei TikTok seien überspitzt und humorvoll, sagt sie, und sieht sich selbst als Feministin. "Ich würde niemals sagen, ich bin gegen Frauenrechte. Ganz im Gegenteil, ich finde, jeder sollte das machen, was ihn glücklich macht. Und dazu gehört für mich eben auch die Wahl, Hausfrau zu sein. Ich kriege unheimlich viel Zuspruch von Hausfrauen, die sagen: Endlich werden wir mal gesehen. Wir werden wahrgenommen."

Kritik an ihrer Inszenierung weist sie von sich. "Ich glaube, es ist teilweise so eine eigene Unzufriedenheit. Hasskommentare entstehen ja immer dann, wenn einen selbst irgendwie was trifft."

Sie erkläre es sich so: "Natürlich polarisiert das Ganze, wenn man vielleicht einen harten Tag hatte, acht Stunden im Büro saß, im Regen nach Hause fährt. Und dann sieht man im Internet jemanden im strahlenden Sonnenschein, der dann einen Kuchen backt und sagt, so sieht mein Alltag aus."

 Tolstik inszeniert sich als moderne junge Frau. Viele Influencerinnen der Tradwife-Szene wirken dagegen wie Figuren aus alten Schwarz-Weiß-Filmen. Brave Kittelkleider aus naturbelassenem Leinen, Blümchenblusen und schwingende Röcke. Umgeben von der glücklichen Kinderschar rühren sie in hölzernen Schalen ihren Sauerteig, drapieren liebevoll Blumensträuße und werden nicht müde, in Wort und Schrift die Segnungen des Tradwife-Lebens zu preisen.

Vor allem aus den USA kommen viele dieser Accounts. Häufig sind sie hochreligiös, sehen die traditionelle Rollenaufteilung als gottgegeben und die Frau als dem Manne untertan an. Und anders als die Cosplayer beispielsweise auf Mittelaltermärkten, die am Ende des Tages das Lederwams ablegen und wieder in Jeans und T-Shirt schlüpfen, scheinen diese Frauen die Rolle 24/7 zu leben. In jeder Hinsicht.

 Ein Weltbild, das Theresa Brückner mit großer Skepsis betrachtet. Die Social-Media-Expertin aus Berlin ist selbst Mutter, bei Insta unter @theresaliebt und bei YouTube aktiv und arbeitet als Pfarrerin für Kirche im digitalen Raum im Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg.

"Wir sehen eine Rückbesinnung auf den Antifeminismus", sagt Brückner. Dahinter stecke ein Weltbild und auch eine Ideologie. "Gerade in den USA ist es oftmals verknüpft mit der extrem Rechten. Das ist nichts Harmloses und auch nichts, wo es nur darum geht, dass man jetzt ein bisschen Pampasgras ins Bild stellt und an dieser Stelle etwas schön darstellt."

Es gehe darum, dass man versucht, was zu verkaufen, so Brückner. "Und zwar eine patriarchale Struktur und ein Machtgefälle, wo Frauen weniger wert sind als Männer, weil sie sich unterordnen müssen."

 Auch deutsche Tradwife-Accounts verbreiten dieses Gedankengut zunehmend. Die Userin tradwifefactory beispielsweise: "Wenn mein Mann Nein sagt, dann ist es ein Nein. Ich diskutiere nicht darüber, ich quengele nicht und ich nörgele nicht. Wenn mein Mann Nein sagt, hat das immer einen Grund. Nämlich, dass er meine Sicht der Dinge bereits gehört, sich zu der Thematik ein Urteil gemacht und entschieden hat. Weitere Diskussionen und Quengeleien meinerseits wären nicht nur respektlos, sondern würden auch zu Vertrauensdefiziten in unserer Ehe führen. Mein Mann hat die Autorität mit dem letzten Wort."

Dazu gehört in ihrem Verständnis auch, dass die Frau auch finanziell vom Mann abhängig ist. "Ich bin vorsichtig bei Männern, die von einer Frau immer erwarten, berufstätig zu sein und es besonders toll finden, wenn eine Frau finanziell unabhängig ist." Diese Männer, so ihr Schluss, wollten sich vor der Verantwortung drücken.

Theresa Brückner sagt dazu: "Natürlich können Menschen selbst entscheiden, in welche Beziehungsmodelle sie sich hineinbegeben. Die Gefahr besteht allerdings eben immer in einer Form von Absicherung. Inwieweit ist das dann auch in diesem Beziehungsmodell so abgesichert, dass eine Frau, auch wenn dann der Mann nicht mehr da ist, abgesichert ist und eine Möglichkeit hat, sich selbst zu versorgen?"

 Viele Accounts zeigen nicht nur glückliche Familien, sondern auch großzügige Häuser, herrliche Gärten, Wiesen, Weiden, Tiere. Für die Social-Media-Expertin ein Hinweis, genauer hinzuschauen.

"Was steckt dahinter? Was sieht man da im Hintergrund? Was ist das für ein Haus? Was steckt auch finanziell in dem Sinne dahinter?", fragt Brückner. "Wenn man alleine mal einen Thermomix googelt, was das für eine Summe an Geld ist, die man da hineinstecken muss. Dann wird ganz schnell deutlich, dass sich das nicht einfach dadurch verdienen lässt, dass man sich selbständig um das Essen zu Hause kümmert, sondern es muss ja auch in irgendeiner Form finanziert werden."

Wie, lassen die Influencerinnen gerne offen - genau wie die Frage, ob sie ihr Hausfrauendasein nicht doch hier und da mit Hilfe von Nannys und anderen Mitarbeitern geregelt bekommen.

 Carolina Tolstik macht im Interview keinen Hehl daraus, dass sie selbst finanziell unabhängig von ihrem Partner ist und dass sie "neben" dem Hausfrauenjob als Influencerin auch ernsthaft arbeitet - wie viele Tradwives oder Stay-at-home-girls. "Ihr Alltag besteht ja auch aus Filmen, Videos schneiden und eben nicht nur Matcha Latte trinken und Yoga machen", sagt Tolstik.

Die Zuschauer sähen nur einen kleinen Ausschnitt. "Aber alles, was dahinter steckt - Kooperationen und Verträge und alles Drum und Dran, das wird ja gar nicht gezeigt. Und ich meine, wozu auch? Ich glaube, keinen meiner Zuschauer würde es interessieren, wie ich sechs Stunden vor dem Laptop sitze."

 Vielleicht würde es das Bild der schönen neuen alten Hausfrauenwelt aber ein bisschen entzaubern. Was rät Social-Media-Expertin Brückner Eltern, deren Kinder von diesen Inszenierungen fasziniert sind? "Ein begleitetes Konsumieren oder zumindest ein Ins-Gespräch-Kommen. Was bedeutet es, in unserer Gesellschaft gleichberechtigt zu leben? Was bedeutet es, in unserer Gesellschaft auch wirklich zu gucken, wo sind marginalisierte Gruppen, wie können wir die unterstützen? Wie leben wir es vor?"

Kurz gesagt: Medienkompetenz fördern. Denn auch im Netz ist nicht alles so, wie es scheint.


Aus: "Zurück in die 1950er" Christin Jordan, SWR (11.03.2024)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/tradwives-social-media-100.html (https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/tradwives-social-media-100.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 15, 2020, 11:31:10 AM
"Joko und Klaas sorgen mit Sendung über Männergewalt für Aufsehen" (14.05.2020)
Dick Pics, Hasskommentare und Gewalt gegen Frauen: Sophie Paßmann und Palina Rojinski nutzten 15 Minuten Sendezeit zur Primetime für einen Appell gegen Sexismus.
Die von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf ermöglichte Sendung ,,Männerwelten" auf Pro Sieben hat für viel Aufsehen gesorgt. Die beiden Moderatoren hatten 15 Minuten freie Sendezeit erspielt und sie genutzt, um ein Schlaglicht auf sexuelle Übergriffe gegen Frauen zu werfen.
Die Autorin und Journalistin Sophie Passmann führte in dem ab 20.15 Uhr gezeigten Beitrag - im Auftrag von Joko und Klaas, wie sie sagte - durch eine fingierte Kunstausstellung namens Männerwelten, um verschiedene Facetten des Themas anzusprechen.
,,Es wird hart, es wird bitter und für manche kaum zu glauben, aber wir müssen da jetzt gemeinsam durch", sagte Passmann zu Beginn.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/viel-lob-fuer-maennerwelten-joko-und-klaas-sorgen-mit-sendung-ueber-maennergewalt-fuer-aufsehen/25830288.html

Quotetizian2011 14.05.2020, 17:25 Uhr
Das waren extrem intensive und verstörende 15 Minuten. Meinen Respekt vor den dort aufgetretenen Frauen und den vielen Frauen, die all dies erleiden. Ich schäme mich für das aufgezeigte menschenverachtende Verhalten meiner Geschlechtsgenossen.


QuoteNancyAyram 14.05.2020, 18:56 Uhr
Als Ü60 Frau habe ich mir heute diese Sendung angeschaut. Auch ich wurde in meinem Leben öfter mal blöd angemacht und auch hin und wieder sexuell belästigt. Selbst jetzt noch ... von notgeilen Ü70-Männern. Das war mal mehr mal weniger angenehm. Meistens konnte ich das wegstecken oder habe andere Lösungen gefunden. Wenn ich das aber sehe, womit sich junge Frauen heutzutage rumschlagen müssen, dann bin ich wirklich schockiert. Irgendwie habe ich das Gefühl, in der Beziehung zwischen Mann und Frau gibt es echt Rückschritte. Und irgendwie bin ich froh, heute nicht mehr jung zu sein.


Männerwelten - Belästigung von Frauen | Joko & Klaas 15 Minuten Live
https://youtu.be/uc0P2k7zIb4 (https://youtu.be/uc0P2k7zIb4)

QuotePaulBär

Wir leben im 21. Jahrhundert - in einer eigentlich kultivierten Gesellschaft (denkt man zumindest). ...


25,816 Comments (15.05.2020)

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Quote[...] Die Faustregel ist: Je exponierter die Frauen, desto mehr Angriffe. Und je auffälliger die Frauen, desto heftiger die Attacken. Bei sexualisierten Angriffen geht es nicht um Sex, sondern um Macht. Sie wirken besonders perfide: Nicht der Täter schämt sich, sondern das Opfer. In der Regel die Frau. Sicher, auch Männer sind davor nicht gefeit – aber es trifft sie sehr viel seltener. Frauen hingegen: Fast die Hälfte aller Frauen hat schon einmal sexuelle Belästigung erfahren. Jede dritte erlebt im Laufe ihres Lebens Gewalt, heißt es in einem Papier des Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen. Auch im Netz seien Frauen überproportional von unterschiedlicher Gewalt betroffen.

Ich musste an die finnische Journalistin Jessikka Aro denken. Aro hatte über russische Einflussnahme und Trollfabriken in Sankt Petersburg publiziert. Daraufhin wurde eine massive Kampagne online gegen sie gestartet. Sie erhielt Morddrohungen, Beleidigungen, Schmähungen, Vergewaltigungswünsche, Anrufe, E-Mails, Chatnachrichten. Ihre Krankenakte wurde veröffentlicht. Textnachrichten im Namen ihres Vaters erreichten sie – der aber war vor Jahren gestorben. Als ich sie vor einigen Jahren in Helsinki traf und wir uns über ihren Laptop beugten, poppten immer noch Beleidigungen auf dem Schirm auf, die ihr gerade jemand bei Facebook geschickt hatte.

Aro hat Anzeige erstattet, ihre Geschichte wurde zum Präzedenzfall in Finnland, ihr Arbeitgeber, der Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Yle, hat sie unterstützt. Damals sagte er mir, dass die unterschiedlichsten Themen plötzlich heftige Hasswellen bei den Zuschauern auslösen konnten: Klima, vegetarisches Essen, Russland, Feminismus. Die einzige Gemeinsamkeit: Es traf immer Frauen. Immerhin: Im Falle Aro nahm die Polizei die Ermittlungen ernst. Drei Personen wurden verurteilt.

Vor einigen Jahren, noch bevor ich über den Krieg in der Ostukraine oder Russland zu schreiben begann und selbst gelegentlich zur Zielscheibe wurde, hatte ich mein Büro neben dem von Özlem Topçu. Manchmal las sie mir die Leserbriefe vor, die sie erreichten, wenn sie wieder einen Leitartikel geschrieben hatte. Von Professoren, die stets ihren Titel nannten, sie siezten – und im Folgenden empfahlen, nach Anatolien zurückzukehren. Briefe, die im Ton höflich waren, aber in der Sache rassistisch und infam. Schreiben, die ihr ankündigten, man werde in der "Nacht der langen Messer" schon noch mit ihr abrechnen, leitete sie die direkt an die Anwälte weiter. Ohne Erfolg.  Eine "alternative" Internetseite zeigte ihr Foto mit der Überschrift: "Deine Vagina gehört allen." Natürlich nicht justiziabel. Es war widerlich. Es war normal. Es schien dennoch irgendwie erträglich – es waren immerhin nur Worte, keine Taten.

Irgendwann lud mich Özlem zu Hate Poetry ein. Deutsche Journalisten und Journalistinnen, die arabische und türkische Namen trugen, lasen vor Publikum die irrsten Leserbriefe vor, die sie erreichten. Es war fantastisch und ungeheuer befreiend, sich die Deutungshoheit und die Macht über die Kränkungen zurückzuholen. Ich habe damals Tränen gelacht, neben mir rutschte jemand aus seinem Sitz, weil ihn sein Lachen so schüttelte. Auf einmal offenbarte sich die ganze Erbärmlichkeit und Lächerlichkeit dieser Schreibtischtäter, die sich in langen Briefen und E-Mails darüber ausließen, wer Kamele ficken solle und wer durchgefickt gehöre. Deshalb ist auch die Sendung Männerwelten so wichtig: Die Frauen schicken den ganzen Dreck zurück, vor einem gigantischen Publikum.

Die Übergriffe, von denen die Frauen erzählt haben, wie sie im Taxi oder im Fahrstuhl bedrängt, angefasst wurden, ist natürlich eine ganz andere, eine fürchterliche Erfahrung, die angezeigt werden muss. Aber es tat gut zu sehen, wie sich Journalistinnen und Journalisten gemeinsam gegen Worte zu Wehr setzten, gegen die Anzeigen nicht verfangen. Wie sie zusammenstehen und sich mit dem Publikum verbünden. Es gehe darum, die Scheiße in die Umlaufbahn zurückzuschießen, sagte mein Kollege Yassin Musharbash damals. Er hatte so recht. Diese Methode stärkt, sie tröstet. Doch es gibt ein Problem: Sie schafft die Beleidigungen und Schmähungen nicht aus der Welt. Die Umlaufbahn ist derzeit reichlich zugeschissen.


Aus: "Fünf vor acht / "Männerwelten": Den ganzen Dreck zurückschicken" Eine Kolumne von Alice Bota (15. Mai 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/maennerwelten-sexuelle-belaestigung-frauen-joko-und-klaas (https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/maennerwelten-sexuelle-belaestigung-frauen-joko-und-klaas)

QuoteHannah L. #2

Mir ist bewußt, niemand will es hören - in einer durchpornographisierten Internet- und Werbewelt, dazu, hier im Land, in einer Welt, in der es normal ist, daß Männer nur mit einem kleinen Geldschein zu winken brauchen, um an der Straßenecke sexuell bedient zu werden, und diese Tatsache von der politischen Schickeria für o.k. gehalten wird, wundere ich mich nicht sehr, daß manche Armselige austicken!
Der Komplexität heutiger Schnittmengen zwischen digitaler und analoger Welt sind ohnehin manche Zeitgenossen nicht gewachsen.


Quote
Zangenzug #6

Schlimmer als die eigenen scheußlichen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen ist die Traurigkeit über die Verbreitung dieser selbstgerechten, feigen Primitivität in einer gebildeten Gesellschaft, die sich eigentlich für zivilisiert hält. Erschütternd der offensichtliche Widerspruch zum eigenen Bild des ,,starken Mannes", das sich durch Macho-Verhalten überdeutlich selbst entlarvt.


Quotecgoise #12

Ich verstehe die Psychologie hinter dieser Form männlichen Verhaltens noch nicht so ganz. Man muss ja davon ausgehen, dass jede weit verbreitete Verhaltensweise das Ergebnis von sozialen, biologischen oder evolutionären Belohnungsprozessen. Eine Verhaltensweise, die nicht zum Erfolg führt, stirbt irgendwann aus. Aber wie sieht wohl die erwartete Belohnung im Erfolgsfall aus, wenn man zB jemandem ein Dickpic schickt? (Bis gestern oder so wusste ich nicht mal, dass das eine Sache ist für die man ein Wort braucht.) Oder wenn man eine Person als 'Hure' bezeichnet, deren Verhalten das genaue Gegenteil dessen ist, das mit dieser Bezeichnung gemeinhin unterstellt wird? Womit genau wird dieses Verhalten belohnt? Welche Art von Glücksgefühl stellt sich da ein?


Quotefiete.hansen #12.2

" Mann weiß, dass sowas unter aller Sau ist...."

Das wage ich zu bezweifeln, denn dazu würde Selbst/-reflexion und Empathie gehören.


QuoteDer Korrektor #12.4

"Womit genau wird dieses Verhalten belohnt?"

Es gibt keine direkte Belohnung. Menschliches Handeln ist zu großen Teilen symbolisches Handeln, bei dem eine Übertragung der realen Handlung auf eine analoge symbolische Form stattfindet. ...


Quote
Zangenzug #12.5

Das ist der Max-und-Moritz-Effekt, der eben auch den sozialen Reifegrad der kleinen Supermänner zeigt. Das dazugehörige Gefühl kennt jeder: Schadenfreude. Zivilisierte Menschen versuchen sie zu zügeln, simple, ängstliche und feige Gemüter zehren davon.


Quote.Anne. #19

Eine Veröffentlichung ist der richtige Weg, denn der Hass trifft vielleicht einzelne Personen, gemeint sind aber alle Frauen. Vor dem Licht der Öffentlichkeit erscheinen diese Drohungen dann als das was sie sind: die letzten Zuckungen armer Würstchen, deren chauvinistische Männlichkeit der Vergangenheit angehört!


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 20, 2020, 12:01:39 PM
Rachel Cusk (geboren 8. Februar 1967 in Saskatoon, Kanada) ist eine englische Schriftstellerin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rachel_Cusk (https://de.wikipedia.org/wiki/Rachel_Cusk)

Quote[...] Ihr Mann hatte seinen Job als Anwalt aufgegeben, um sich um die beiden Töchter zu kümmern und seiner Frau das Weiterschreiben zu ermöglichen. Jetzt kehrt sich alles um. Die Autorin pocht auf ihre Rechte als Mutter, möchte die Kinder alleine bei und für sich behalten. Der Schmerz der Trennung schlägt um in ein Gefühl von Verlorenheit.

Rachel Cusk gibt keine Erklärungen: Wir erfahren nichts über den Verlauf der Ehe, kaum etwas über die Gründe des Auseinanderbrechens. Das Chaos regiert. Was sich auch in der vermeintlichen Formlosigkeit des Buches zeigt: Alltagsepisoden aus dem neuen Leben stehen neben Exkursen zur "Orestie", in der das gegenwärtige Wahrnehmen einen Rahmen erhält; das Ziehen eines Backenzahns bekommt etwas Symptomatisches; die Besuche bei dem Therapeuten Y sind verwoben in die zermürbenden Gespräche mit X (dem Ex) und der glücklosen Kommunikation mit einem neuen Mann Z. Das Selbstverständnis als Frau ist in eine Schwebe geraten, die Frage, was feministisch sei, welche Rolle das Geschlechterverhältnis spielt, blitzt immer wieder auf.

... Das Schönste und Traurigste, das Provokative an diesem fordernden, herausfordernden Buch – es gibt keine Eindeutigkeit, keine Gerechtigkeit, kein Wahr und Falsch. Nichts scheint hier nachvollziehbar. Es ist eine Offenheit darin zu spüren, die doch das meiste verdeckt. Wir kommen den Protagonisten – Rachel Cusk selbst und schon gar ihrem Mann – keinen Schritt näher.

Es gibt Denkbewegungen in diesem Buch, die für sich genommen klug und manchmal geradezu erhellend sind, bilderreich und sprachlich brillant – auch großartig übersetzt von Eva Bonné. Aber wenn überhaupt, dann illustrieren sie diesen Moment der Leere, der verzweifelt gefüllt werden muss. In der neuen Formlosigkeit sucht der Essay nach Form, und er findet sie nur in der antiken Sagenwelt oder in kleinen Anekdoten, die scheinbar zusammenhanglos erzählt werden.

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Aus: "Rachel Cusks Operation am offenen Herzen: "Danach – Über Ehe und Trennung"" Ulrich Rüdenauer (12. Mai 2020)
Quelle: https://www.mdr.de/kultur/empfehlungen/rachel-cusk-danach-ueber-ehe-und-trennung-buch-rezension-100.html (https://www.mdr.de/kultur/empfehlungen/rachel-cusk-danach-ueber-ehe-und-trennung-buch-rezension-100.html)

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Quote[...] Es ist der Stoff, aus dem das Kino seine besten Filme bezieht: Eine Ehe zerbricht. Was folgt, ist ein Schlachtplatz der Emotionen, den nur gnädige Geister euphemistisch als Rosenkrieg bezeichnen. Gütliche Trennungen, allemal wo Kinder mit im Spiel sind, dürften bis heute in der Minderzahl sein. Die meisten Paare mutieren zu erbitterten Kontrahenten und bekämpfen sich aufs Schärfste.

Auch Rachel Cusk, der neue Star der amerikanischen Gegenwartsliteratur, musste das am eigenen Leib erfahren – und hat darüber schon 2012 ein Buch geschrieben, das nun unter dem Titel ,,Danach" endlich auch auf Deutsch vorliegt.

Der Titel ist programmatisch. Denn Cusk, die sich hierzulande spätestens 2019 mit einem autobiografischen Essay über das Kinderkriegen und Mutterwerden einen Namen gemacht hat, liefert in ,,Danach" keine schlichte Chronik ihrer eigenen Trennung. Ausgehend vom Scheitern der eigenen Ehe, reflektiert Cusk vielmehr in grundsätzlicher Weise über jene Themen, die von Anfang an im Zentrum ihres schriftstellerischen Werkes stehen: die Suche nach (weiblicher) Identität, die Frage nach der Erzählbarkeit des eigenen Lebens, das widersprüchliche Bedürfnis nach Sicherheit und Freiheit zugleich.

Das klingt nach kommoden Themen. Doch Cusk schreibt schon in diesem frühen Band mit analytischer Schärfe und vehementer Offenheit zugleich. Die Kinder reklamiert sie für sich – und wundert sich, wo diese archaische Ketzerei sich all die Jahre in ihrer vermeintlich gleichberechtigten Ehe versteckt hat.

In einem bewusst fragmentarisch angelegten Mix aus Autobiografie und Meta-Reflexion begibt sie sich auf Spurensuche: befragt das überkommende Rollenbild ihrer Mutter; trauert um die eigene verleugnete Weiblichkeit; ahnt, dass ihre lang gehegte Emanzipation als Schriftstellerin mit einem Mann, der ihr zuliebe auf den Beruf verzichtet hat, am Ende womöglich nur eine Art beidseitiger Crossdressing war.

Denn noch immer, so resümiert Cusk, ist es die berufstätige Mutter, die Verrat am Gründungsmythos der Zivilisation begeht.

Cusk greift nicht zuletzt deshalb in ,,Danach" auf die griechischen Dramen zurück. Mit erfrischender Kühnheit, die sich um political correctness keinen Deut schert, postuliert sie das menschliche Bedürfnis nach Krieg und beklagt die Verpaarung der Gesellschaft. Sie ruft: Zum Teufel mit der Scheinheiligkeit der Heiligen Familie. Und erhebt zu ihrem role model die mit Blut befleckte Klytaimnestra, die einzig durch einen Akt der gewaltsamen Trennung die rettende Integrität zurückgewinnen kann.

Es ist dieser Moment, in dem das Danach und der Auftakt für das Neue in eins fallen, den Cusk zelebriert.

Als ,,Danach" 2012 im Original erschien, wurde Cusk dafür öffentlich angefeindet, vor allem von Frauen, und mutierte zur meistgehassten Autorin. Fortan mutierte auch ihr Stil: Das Autobiografische war nun darin präsent und verborgen zugleich. ,,Danach. Über Ehe und Trennung", erneut in der gelungenen Übertragung von Eva Bonné, bietet insofern doppeltes Lesevergnügen: hochaktuelle Lektüre und den Schlüssel zum Werk einer großartigen Autorin.

Rachel Cusk: ,,Danach. Über Ehe und Trennung". Essay
Aus dem Englischen von  Eva Bonné
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
187 Seiten, 22 Euro



Aus: "Rachel Cusk: ,,Danach. Über Ehe und Trennung"Zum Teufel mit der Scheinheiligkeit" (16.05.2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/rachel-cusk-danach-ueber-ehe-und-trennung-zum-teufel-mit.950.de.html?dram:article_id=476792 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/rachel-cusk-danach-ueber-ehe-und-trennung-zum-teufel-mit.950.de.html?dram:article_id=476792)

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Quote[...] Cusk bringt nicht feministische Theorien in Stellung, sie legt sich eher mit solchen Dogmen an, spricht von "gepanschten männlichen Werten", die ihr beigebracht worden seien. Es sind klischeehafte Bilder, die Cusk im Kopf hat und gegen die sie rebelliert, die aber ebenso oft auch als Ideal fungieren, wenn sie in den Blumenladen als Hort beschützter Weiblichkeit geht oder für die Kinder mühsam Normalität herzustellen versucht. Denn ist die Ehe als schützende Form kaputt, tritt an ihre Stelle erst ein Chaos. "Ist es männliche Aufmerksamkeit, die ich suche, oder männliche Autorität?", fragt sie sich beim Psychoanalytiker und hat mäßig gute Dates oder holt sich einen Mitbewohner ins zu groß gewordene Haus.

Cusk kreist um Aspekte von Unterwerfung und Romanze, sucht Vergleichswerte. Sie erzählt von Klytaimnestra, die in der Orestie während Agamemnons Abwesenheit die Geschäfte geführt und so das Konzept von männlich und weiblich als Lüge enttarnt habe, von ihrer bis zum Tod offenbar mäßig glücklich aber dennoch eisern verheirateten Tante und dass sie Freundinnen ihrer Tochter nicht mag, da in deren Gegenwart Eigenarten des Kindes verschwänden.

Seit der Erstveröffentlichung auf Englisch hat der Mutterdiskurs Fahrt aufgenommen, etwa mit Maggie Nelsons Die Argonauten, Sheila Hetis Mutterschaft oder der Debatte zu "regretting motherhood". Ergibt es also Sinn, nun diese Bücher noch zu übersetzen? Schon, leben sie doch nicht von Antworten, sondern vom Hadern, Zweifeln und einer Ambivalenz, die nicht klar auf einen Nenner zu bringen ist, die aber ein Unbehagen ausdrückt. Wenn Cusk hinsichtlich des Endes ihrer Ehe feststellt: "Ich schaue mich um und sehe meine Familie wie durch eine millionenfach gesplitterte Glasscheibe", weiß man nicht, ist das abgedroschen oder akkurat? Vielleicht ist es beides. Sympathisch jedenfalls will Cusk nicht sein. Das dient der Debatte. (Michael Wurmitzer, 7.5.2020)


Aus: "Rachel Cusk: Mutterschaft als Zumutung, Scheidung als Befreiung" Michel Wurmitzer (7. Mai 2020)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/2000117320471/rachel-cusk-mutterschaft-als-zumutung-scheidung-als-befreiung (https://www.derstandard.de/story/2000117320471/rachel-cusk-mutterschaft-als-zumutung-scheidung-als-befreiung)

Quote
Secrets of Perfection, 7. Mai 2020, 14:00:10

Klingt nach Wohlstandsverwahrlosung im Endstadium.  ...


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Quote[...] Man muss Cusks düsteren Analysen nicht ins Letzte folgen, um ihrem Versuch, ,,aus dem Leid zu lernen" und der ewigen Unzulänglichkeit alles Menschlichen gerecht zu werden, höchste Achtung zu zollen. Danach ist ohne Zweifel ein Meisterwerk des autofiktionalen Essays, das mehr schmerzt, als man es wahrhaben möchte, das aber an Stellen versöhnt, an denen man es am wenigsten vermuten würde.


Aus: "Der Ehemann ist nackt" Tom Wohlfarth (Ausgabe 17/2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/tom-wohlfarth/der-ehemann-ist-nackt (https://www.freitag.de/autoren/tom-wohlfarth/der-ehemann-ist-nackt)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 21, 2020, 05:56:05 PM
Quote[...] Sie sind seit Jahren immer wieder Topthema in Männermagazinen. Das Internet liefert Bauanleitungen, Tipps und Tutorials für die richtige Einrichtung. Was früher als Bastelraum und Modelleisenbahn im Keller eher den Ruf piefiger Altherrenkultur hatte, ist mittlerweile unter dem sehr viel opulenter klingenden Begriff Man Cave zum popkulturellen Biotop gewachsen, das sogar die Wissenschaft interessiert. Wieso haben Männer, die ohnehin den mit Abstand größten Teil des öffentlichen Raums für sich beanspruchen, ein Bedürfnis, sich einen Rückzugsort zu schaffen? Um ihr langsam erodierendes Patriarchat zu schützen? Um weiter in Ruhe Zoten reißen zu können?

Das wollte auch Tristan Bridges wissen. Der Soziologe von der kalifornischen Universität in Santa Barbara erforscht seit fast fünf Jahren diese Kultstätten maskuliner Identität. Die zentrale Regel der Höhlen: Hier entscheidet allein der Mann über die Einrichtung und die Frage, wer reindarf und wer nicht. In der Man Cave findet der Mann einen Rückzugsort vor seiner Familie und darf ungezügelt er selbst sein – so preisen es zumindest die Herrenmagazine an, als habe der Mann sonst gar nichts mehr zu melden. Und dank sozialer Medien wird mit den Zimmern nicht mehr nur vor Bekannten geprahlt, sondern zunehmend auch vor der Öffentlichkeit des Internets.     

Bridges ist durch weite Teile der USA gereist, hat Dutzende Man Caves besichtigt. Er hat Flachbildfernseher größenwahnsinnigen Ausmaßes gesehen, Poster von nackten Models und Schilder mit der Aufschrift "keine Frauen erlaubt". "Einer riss im WC zu seiner Man Cave die Toilette raus und baute stattdessen ein Pissoir ein", erinnert sich der Soziologe. "Jetzt können hier nur noch Männer pinkeln!", begründete das der Eigentümer. Das Urinal hatte die Form von roten Frauenlippen. Man Caves stehen wegen solcher Geschichten häufig unter Sexismusverdacht.

Solch dumpfer Chauvinismus sei jedoch eine Seltenheit, sagt Bridges. Häufiger stoße er auf Männer, die mit ihrem Bild von Maskulinität ringen. Bridges unterscheidet drei Höhlentypen. Jeder von ihnen kann für eine eigene Weise stehen, wie Menschen mit dem Konzept Männlichkeit heute umgehen.

Die Man Caves älterer Herren sind für gewöhnlich bestimmten Hobbys gewidmet, die oft eher zu kleinen Jungs passen – Spielzeugautos, Modellflugzeuge. Einmal stand der Soziologe in einer Männerhöhle voll mit Puzzles. Als er nachhakte, ob er bereits in der Man Cave sei, antwortete der Eigentümer: "Machen Sie Witze? Natürlich! Meine Frau würde mich niemals so viele Puzzles rumliegen lassen." In so einer Umgebung lasse sich die Frage, was es bedeutet, ein erwachsener Mann zu sein, einfach verdrängen, sagt Bridges. 

Die zweite Gruppe bilden gleichgeschlechtliche Paare und Man Caves, die sich Frauen eingerichtet haben. Die Höhle ist hier meist ein ironisches Spiel mit Geschlechterstereotypen nach dem Muster: Wer sich mehr für Sport begeistert, ist offensichtlich der Mann in der Beziehung.

In der letzten, wohl stärksten Gruppe finden sich die Höhlen junger heterosexueller Männer. "Schreine für das Alleinsein" nennt sie der Wissenschaftler, obwohl sie oft so gestaltet werden, als würden bald viele Menschen zu Besuch kommen. Sie sind Symptom einer Orientierungslosigkeit. Die Man Caves sind meist unfertig und unbenutzt. So wie bei dem jungen Mann, der Bridges stolz die Bar in seiner Garage präsentierte. Doch alles, was der Forscher sah, waren zwei Mülltonnen mit einem Holzbrett obendrauf. Später erfuhr er von der Partnerin des Mannes: "Das sieht schon seit Jahren so aus."

Lange Zeit stand der Mann unangefochten an der gesellschaftlichen Spitze, hatte es sich dort bequem gemacht und keinen Anlass, das zu hinterfragen. Als Kopf der Familie, Firmenchef, Staatsoberhaupt. Dann kam die Emanzipation und zeigte ihm in den vergangenen Jahrzehnten, dass er seine Privilegien nicht mehr exklusiv für sich beanspruchen kann.

Um die Logik hinter der Man Cave zu verstehen, hilft ein Blick auf ihre Vorläufer, etwa auf den Playboy. Im Dezember 1953 erschien das Heft zum ersten Mal. Fälschlicherweise ausschließlich für ein Nacktmagazin gehalten, legten gleich die ersten Ausgaben neben den Bildern von Frauen den Schwerpunkt auf Inneneinrichtung, auf Teppichmuster und Beistelltischchen.

Der Einfluss war enorm, erklärt Bridges. Schlagartig stattete selbst der Durchschnittsvater aus der US-amerikanischen Mittelschicht seine Wohnungen mit avantgardistischen Möbelstücken aus. Die Architekturprofessorin Beatriz Colomina von der Princeton-Universität stellt die These auf, "Playboy hat mehr für die Verbreitung moderner Architektur in den Vereinigten Staaten getan als das Museum of Modern Art in New York und jede Art von Designmagazin".

Eigentlich war es den gängigen Rollenzuschreibungen der Fünfzigerjahre nach völlig undenkbar, dass sich ein heterosexueller Mann für Inneneinrichtung begeistert. Der Playboy umging die Stigmatisierung, indem er die Möbel immer mit Technologie, Alkohol oder Frauenverführung in Verbindung brachte – etwa indem er schicke Lautsprecher präsentierte oder eine Minibar. Und falls doch noch Zweifel an der Männlichkeit der Leserschaft aufkamen, lieferten die Nacktbilder im Heft das perfekte Alibi. "Die heterosexuelle Erotik garantierte, dass der Playboy kein Frauen- oder Schwulenmagazin war", schreibt der Queer-Theoretiker Paul Preciado in seinem Buch Pornotopia.

Bauten US-amerikanischer Designgrößen wie Ludwig Mies van der Rohe und Frank Lloyd Wright waren regelmäßig Thema im Magazin. Bauhaus-Gründer Walter Gropius gestaltete sogar einen Nachtclub im Auftrag von Playboy-Chef Hugh Hefner. 1956 veröffentlichte das Heft gar den Entwurf einer komplett für moderne Junggesellen eingerichteten Wohnung. "Der überwältigende Anteil der Heime wird von Frauen ausgestattet", beklagt der begleitende Artikel die Situation der damaligen Männer. Dem setzte Hefner großräumige Multifunktionszimmer entgegen, die wahlweise fürs Feiern, Homeoffice oder Sex nutzbar waren. Im Playboy-Penthouse könne der Leser endlich "in maskuliner Eleganz leben".

Vom kulturellen Einfluss des Magazins ist heute nur noch wenig zu spüren, die Auflage schwindet. Aber dessen Weltbild bildet die Grundlage für die Man Caves. Der Mann, der es gewohnt war, alles selbst zu gestalten, fühlte sich zu Hause in der Entscheidungsfreiheit beschnitten. Und wenn er schon nicht die gesamte Wohnung gestalten konnte oder wollte, so doch wenigstens den privaten, kleinen Rückzugsraum, der dann zur Männerhöhle wurde. Je mehr die Arbeitswelt und auch die sonstigen Gesellschaftsbereiche dank der Errungenschaften des Feminismus kein exklusives Vergnügen des Patriarchats mehr waren, desto mehr gewann dieser Raum an Bedeutung.

Bleibt die Frage, warum die Man-Cave-Projekte junger Männer trotzdem so oft unvollendet bleiben. Manchmal fehlt das Geld. Oft liegt es daran, wie Männer mit sozialen Beziehungen umgehen. Fast immer komme dieser peinliche Moment, sagt Höhlenforscher Tristan Bridges. Dann stelle sich heraus, dass die mit einer improvisierten Biertheke oder einem Heimkino für zig Personen ausgestatteten Räume noch nie benutzt wurden. Die Ausrede laute oft, dass die Man Cave ja noch nicht fertig sei. "Aber wenn ich fertig bin, wird das hier der Treffpunkt für all die Jungs in der Nachbarschaft", höre der Forscher häufig.

Der Soziologe kenne das Muster schon. "Welche Freunde genau werden kommen?", frage er danach für gewöhnlich. Stück für Stück komme dann heraus, dass diese Männer überhaupt keine Freunde haben. Weil sie sich entweder auf ihre Arbeit konzentrieren und deshalb keine Zeit haben. Weil sie sich um ihre Familie kümmern. Weil die alten Freunde aus der Schul- oder Unizeit irgendwann weggezogen sind und die Männer diese Lücke nie wieder schließen konnten. 

Einige der Man-Cave-Eigentümer suchen zumindest im Internet nach Kontakt. In Foren tauschen sich die Männer über ihre aktuellen Projekte aus. Ein Nutzer hat ein Foto seiner Garage geteilt. Alles was man sieht, ist ein von der Decke hängender Boxsack und ein Gartentisch. Darauf liegt eine Packung mit Dosenbier und eine zusammengeknüllte Flagge der Vereinigten Staaten. "Ich bin vor ein paar Monaten eingezogen", schreibt der Eigentümer. "Bald werde ich diesen Ort noch viel mehr badass machen." Ein anderes Zimmer ist komplett vollgestellt mit leeren Stühlen, jeder in einer anderen Farbe, einer ist aufblasbar. "Es ist nicht viel, aber nach einer zwölfstündigen Krankenhausschicht ist das mein Rückzugsort", kommentiert der Nutzer.

Alle diese Zimmer sind menschenleer.


Aus: "Einsame Höhlenbewohner" Markus Lücker (21. Mai 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/man-caves-moderne-maennlichkeit-sexismus/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/man-caves-moderne-maennlichkeit-sexismus/komplettansicht)

QuoteBetta-Splendens #9

Eine Kellerbar hatte in unserem Dorf praktisch jeder seit den 70er Jahren oder so. Die wurde halt für Geburtstagsfeiern, Fußball-WM oder sonstige Feieranlässe genutzt. Nicht eben ein tagesaktueller Trend.


QuoteDie Alternative zur Alternative #7

Was dem Mann die Männerhöhle oder das Herrenzimmer ist der Frau das Glamourzimmer und das von ihr gestaltete und dominierte Wohnzimmer. So viel hat sich jetzt auch nicht geändert.


QuoteMgagre #13

Bei uns hieß das "Papas Arbeitszimmer".


QuoteM.Aurelius #16

Diese stereotypen Dichotomien ala Mann vs. Frau nerven nur noch. Auf der einen Seite beklagt man die platten Geschlechterklischees, auf der Seite werden sie bei jeder sich bietenden Gelegenheiten aus der Schublade gezerrt, um das wohlige Gefühl der Bestätigung der einen und die Entrüstung der anderen zu erzeugen. Dabei ist das Resultat nur Langeweile, denn der Reigen der platten Artikel lässt sich fast unbegrenzt fortsetzen: warum Männer nicht kochen und Frauen nicht autofahren können, warum Männer dümmer, Frauen weniger schlau sind und warum Männer die besseren Frauen und Frauen die besseren Männer wären.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 22, 2020, 11:45:08 AM
Quote[...] Elon Musk ist immer für eine Kontroverse gut, mit einem aktuellen Tweet ist ihm aber etwas gelungen, was noch vor kurzem undenkbar schien: Mit einer Referenz auf den Begriff "Red Pill" hat er selbst manche seiner treuesten Fans verärgert. Handelt es sich dabei doch um einen Begriff, der sonst vor allem von Männerrechtlern und anderen Frauenhassern benutzt wird.

In der aktuellen Situation bedient Musk damit aber auch jene Gruppe von Verschwörungstheoretikern, die sich als die "Erleuchteten" inmitten einer durch eine liberale Elite geblendeten Mehrheit verstehen. Dass Ivanka Trump, Tochter von US-Präsident Donald, die Nachricht umgehend mit dem Hinweis, dass sie die rote Pille bereits genommen habe, retweetete, zeigt ebenfalls gut, in welchen Kreisen man ein solches Weltbild pflegt.

"Red Pill" ist eine Referenz auf den Science-Fiction-Film "Matrix". In einer zentralen Szene muss sich der Protagonist Neo zwischen der Realität und einer vorgespiegelten, aber bequemeren Simulation entscheiden muss. Eine der beiden Regisseurinnen des Films macht nun aber ziemlich unmissverständlich klar, dass sie ein Problem mit der Instrumentalisierung dieser Szene für solche politischen Zwecke hat.

"Fuck both of you", formuliert es Lilly Wachowski in einer Antwort auf Musk und Trump. In einem darunter geposteten Tweet ruft sie ihre eigenen Fans dann noch dazu auf, für die Brave Space Alliance zu spenden, eine Organisation, die sich für Trans- und nichtgenderkonforme Personen einsetzt.

Doch Wachowski ist nicht die einzige prominente Kritikerin von Musk. Auch aus dem direkten Umfeld des Space-X-Chefs gab es deutliche Worte. So reagierte Sandy Garossino, Mutter der Musikerin Grimes und damit von Musks aktueller Lebensgefährtin, ebenfalls ziemlich deutlich. In einem mittlerweile gelöschten Tweet warf sie die Frage auf, wie jemand, dessen Partnerin gerade erst eine schwierige Schwangerschaft hinter sich gebracht hat, auf Twitter "Männerrechtsscheiße" posten kann. (red, 22.5.2020)


""Red Pill" - "Matrix"-Regisseurin zu Elon Musk und Ivanka Trump: "Fuck both of you"" (22. Mai 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117632248/matrix-regisseurin-zu-elon-musk-und-ivanka-trump-fuck-both (https://www.derstandard.at/story/2000117632248/matrix-regisseurin-zu-elon-musk-und-ivanka-trump-fuck-both)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 28, 2020, 09:58:18 AM
Quote[...] Die Wut bleibt, auch ohne Opferrolle. Geschichten von Betroffenen sexueller Gewalt können anders erzählt werden, findet unsere Autorin Gilda Sahebi.

In ihrem Buch ,,King Kong Theorie" schreibt die französische Feministin Virginie Despentes darüber, wie sie mit 17 von drei Männern vergewaltigt wurde. Was sie über ihr Leben nach der Vergewaltigung erzählt, ist bei mir in besonderer Erinnerung. In unserer Gesellschaft, so Despentes, lernen Frauen, schwach zu sein, sobald sie angegriffen werden. Sie schreibt: ,,Eine Vergewaltigung hat als ein traumatisches Ereignis Spuren zu hinterlassen, die man möglichst sichtbar und dekorativ zur Schau trägt: Angst vor Männern, Angst vor Dunkelheit, Angst vor Unabhängigkeit."

An diese Sätze denke ich, als ich das Video ,,Männerwelten" sehe. 15 Minuten Länge, beste Sendezeit auf Pro7, Millionen Menschen haben dieses Video inzwischen im Netz gesehen; den Sendeplatz stellten die Entertainer Joko und Klaas zur Verfügung, waren aber an der Erstellung des Videos nicht beteiligt.

Das Video zeigt Frauen, die sexuelle Belästigung, Missbrauch, Vergewaltigung erlebt haben. Sie sind umgeben von Dunkelheit. Ich sehe bewegungslose Frauen, als seien sie starr vor Angst. Diese Frauen, in diesem dunklen Raum, in diesem Keller, fast wie Puppen. Starr vor Angst? Starr vor Wut? Ich sehe Frauen vor mir, die Opfer sind. Opfer von Männern. Die wohl älteste Erzählung der Geschichte. Einer Geschichte, die von Männern erzählt wird. Und wir glauben sie.

Für mich bringt es ,,Männerwelten" wieder hoch: das Gefühl, Opfer zu sein. Ich spüre wieder diese Scham. Sie begleitete mich jahrelang, seit jenem Tag, an dem ich erlebte, was Sex sein kann. Ein Mittel der Gewalt. Ein Mittel der Demütigung. Ein Mittel der Macht. Scham. Sie kroch damals in mich hinein, in meinen Körper, in meinen Geist. Machte mich krank. Zahllose Krankenhausaufenthalte, ratlose Ärzte, ich galt als austherapiert, unheilbar. Ich wusste nicht, dass es das Gefühl war, der Welt ausgeliefert zu sein, und die Angst, die meinen Körper krank machten.

In dem Moment, in dem es passiert – sexueller Missbrauch, Belästigung, Hass –, sind wir Opfer. Aber wie lange sollen wir in der Rolle bleiben? Einen Monat? Ein Jahr? Ein ganzes Leben? So lange, wie es sich in unserer männerdominierten Gesellschaft gehört? Müssen wir die Opferrolle immer wieder reproduzieren?

Ich hatte der Erzählung geglaubt. Jahrelang. Ich bin Opfer von Männern. Opfer meiner Geschichte. Opfer meiner Umstände. Die bösen Männer. Sie bringen Scham, bringen Schmerz. Mein Glück, meine Gesundheit, meine Unversehrtheit hängen davon ab, was Männer tun, wie sie sich verhalten, ob sie Frauen respektieren oder nicht. Ich war wütend.

Ich war wütend, wenn ein Oberarzt uns Medizinstudentinnen alle ,,Uschi" nannte, weil er keine Lust hatte, sich die Namen von uns Frauen zu merken, während die Männernamen ihm problemlos über die Lippen gingen. Ich war wütend, wenn ein Redakteur mir nächtliche Nachrichten von der Hotelbar schrieb, er denke an mich, er könne viel für mich und meine Karriere tun, wenn ich wollte.

Ich war wütend, wenn ein Mann im Park seinen Penis entblößte und mit ihm vor mir herumwedelte. Ich war wütend, wenn ein Journalist mir, der Praktikantin, abends in einer Bar betrunken die Zunge in den Hals steckte und ich ihn wegstoßen musste, damit er aufhört. Ich war wütend, empört, schockiert. Nur: Hinter all der Wut steckte stets das Gefühl, ausgeliefert zu sein. Wütend zu sein, aber machtlos. Selbst wenn ich anderen davon erzählte. Selbst wenn ich mich wehrte. Ich blieb in der Opferrolle.

In unserer Gesellschaft wird von Frauen verlangt, dass sie sich auch wie Opfer verhalten, wenn sie Opfer geworden sind. Eine Frau die, wie Virginie Despentes, beim Trampen vergewaltigt wird und auch nach der Vergewaltigung weiter trampt? Unerhört. Sie hat keine Angst? Sie hat aber Angst zu haben.

Eine Frau, die sexuellen Missbrauch erlebt hat und weiter Lust auf Sex und Promiskuität hat? Unerträglich. Sie ist nicht erschüttert? Sie hat aber erschüttert zu sein. Eine Frau, die vergewaltigt wurde und vor Gericht nicht weint, nicht verängstigt, nicht traumatisiert auftritt? Unglaubwürdig. Sie ist nicht zerstört? Sie hat aber zerstört zu sein.

Eine ,,starke" Frau ist eine Frau im Gegensatz dazu nur, wenn sie erfolgreich alle Rollen ausfüllt, die sie auszufüllen hat, und das, ohne sich zu beschweren. Aber warum brauchen wir überhaupt die Bilder von ,,starken" Frauen? Warum benutzen wir das Wort ,,stark" bei Männern nur, wenn wir sagen wollen, dass sie Muskeln haben? ,,Frau" alleine reicht nicht, um mit Stärke in Verbindung gebracht zu werden. Sagen wir nur ,,Frau", liegt der Gedanke an Schwäche näher als an Stärke. Das ist die Erzählung.

Als ich ganz unten, im Keller, in der Dunkelheit angekommen war, gezeichnet von Krankheit, lebensmüde, starr, bewegungslos, fragte ich mich: Was, wenn ich mich entscheide, dieser Erzählung nicht mehr zu glauben?

Ich möchte die Geschichten der Frauen hören, die dort unten im Keller der Männerwelten stehen. Ich bewundere sie für ihren Mut, dort zu stehen und ihre Geschichten zu erzählen. Ich fühle mich ihnen nah, auch wenn ich ihre Erlebnisse nicht nachfühlen kann, weil jeder Mensch ein solches Trauma anders fühlt, erlebt, spürt. Es ist wichtig, dass sie ihre Geschichten erzählen. Nicht nur damit jene sie hören, die sich den Alltag einer Frau in dieser Gesellschaft nicht vorstellen können. Nicht nur, damit sich etwas ändert. Sondern auch, um aus dem dunklen Keller herauszukommen, in dem wir unsere Geschichten jahrelang versteckt haben.

Ja, ich möchte die Geschichten dieser Frauen hören, aber nicht im dunklen Keller. Wir alle müssen uns diesen Geschichten stellen, wir müssen sehen, was in unserer Gesellschaft passiert. Aber wenn Frauen sich selbst aussuchen, wie sie ihre Geschichten sexueller Gewalt erzählen – wäre es wirklich auf diese Art und Weise? In Dunkelheit, in Stille, in Starre? Im Keller? Oder vielleicht doch lieber mit Kraft, mit Licht, mit Macht? Vielleicht mit dem Satz: Ich war Opfer. Aber ich lasse es nicht mehr zu, dass ihr mich immer und immer wieder zum Opfer macht.

Die Wucht ihrer Geschichten würde an nichts verlieren, im Gegenteil, wir würden sehen, wie viel Resilienz und wie viel Lebenswillen es bedarf, um nach einem solchen Trauma weiterzumachen. Wir brauchen keinen Keller und keine geisterhafte Aufmachung, keine Opferinszenierung, um das zu verstehen.

Es wäre ehrlicher gewesen, wenn Joko und Klaas selbst durch die Ausstellung geführt hätten. Es ist ihre Plattform. Ich sehe die Frauen in diesem Video durch einen männlichen Blick. Erstarrt, still, schockiert.

Und ich sehe, dass es niemandem auffällt, wie verstörend es eigentlich ist, was wir da sehen. Frauen als Opfer zu sehen ist für uns normal. Niemanden stört es, dass die Frauen im Halbdunkel stehen, sich nicht bewegen, starre Gesichter haben, fast geisterhaft wirken, als seien sie nicht mehr richtig lebendig aufgrund dessen, was ihnen angetan wurde. So normal ist es für uns alle, Frauen auf diese Weise zu sehen, dass es uns nicht einmal mehr auffällt.

Es ist nur mein eigenes Gefühl, das ich beschreiben kann. Jede Frau, die sexualisierte Gewalt erlebt hat, hat einen anderen Blick, sieht dieses Video anders, empfindet ihre Geschichte anders. Für mich aber war das Gefühl, Opfer zu sein, ein Gefängnis, in das ich mich selbst geschlossen hatte. Niemand hatte mich dazu gezwungen.

Was mir passiert ist, habe ich mir nicht ausgesucht. Aber ich hatte geglaubt, der Weg nach dem Missbrauch sei vorgezeichnet. Schließlich war es das, was ich überall sah, zu sehen bekam: Frauen, die sexuellen Missbrauch, Übergriff, Hass erleben, sind gezeichnet. Dieser eine Moment, diese furchtbare Zeit in ihrem Leben, diese traumatisierenden Erfahrungen prägen den Rest ihres Lebens, binden sie an den Täter, an die Männer. Das ist nicht wahr. Ich hörte auf, der Erzählung zu glauben.

Heute weiß ich, dass es genau das ist, was die Täter wollen: uns ein Leben lang zu Opfern zu machen. Uns in der Opferrolle zu wissen, ist für sie Genugtuung und Belohnung zugleich. Ich tue ihnen diesen Gefallen nicht mehr. Es war ein langer, schmerzhafter Weg, mich von diesem Opfergefühl zu befreien. Gesund zu werden, zu heilen. Zu verstehen: Es ist nicht meine Scham. Es ist die Scham der Täter. Und ich nehme sie ihnen nicht mehr ab.


Aus: "Sexuelle Gewalt an Frauen: Nicht meine Scham" Gilda Sahebi (28. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Sexuelle-Gewalt-an-Frauen/!5685224/ (https://taz.de/Sexuelle-Gewalt-an-Frauen/!5685224/)

QuoteWalter Sobchak

Guter Artikel, der mir half zu verstehen, was (auch) ich an dem "Männerwelten"-Video kritikabel fand. Das ganze war stilistisch (zu) nah am Horrorfilm. Es scheint mir schon geboten, solchen Beiträgen eine Art Triggerwarnung vorweg zu stellen, aber bereits die Einleitung wirkte angsteinflößend. Der Versuch, dieser Atmosphäre ein paar resolut auftretende Frauen entgegenzustellen, die mutig den Keller der Abscheulichkeiten durchschreiten, war unglücklich und zum Scheitern verurteilt. So edel die Intention der MacherInnen gewesen sein mag, haben sie doch etwas erschaffen, was in seiner Bildsprache und der Vertonung eine Opferperspektive reproduziert. Das Kämpferische blieb leider hinter dem Devoten zurück. "Männerwelten" hätte ans Tageslicht gehört und - ja - vielleicht wäre es auch geschickter gewesen, Männer durch die Ausstellung führen zu lassen.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 28, 2020, 10:27:19 AM
Quote[...] ... Ich bin neulich fast gegen die Glaswand eines Bushäuschens geradelt, weil dort ein Plakat hing - tatsächlich noch immer hängt - mit dem auf eine TV-Sendung hingewiesen wird, die sich mit der Liebe in jedem, also auch im höheren Alter beschäftigt. Schöne Sache grundsätzlich, und das allein hätte mir natürlich nicht fast die Glassplitter ins Gesicht gejagt, sondern eher die Formulierungen "MILF" und "MISSY". Alter Scheiß, denken Sie jetzt, husch in die Urne, Milf, du bist ja noch nicht mal eine "Mother I'd like to Fuck*, du hast den Schuss schon wieder nicht gehört" - is' mir aber ega-ha-hal, denn es regt mich auf. Falsch, es verletzt mich. Ich rege mich über so einen Neandertaler-Flachwichser-Mist echt nicht mehr auf, das macht ja Falten, und ich will jetzt auch gar nicht mehr als nötig auf diese unterirdische Sendung eingehen. Denn let's face it: Joyn macht da nur, was andere Privatsender seit Jahren machen mit ihren Fleischbeschau-Formaten "Germany's Next Top Model", "Bachelor(ette)" oder "Nackte Pussys und Pimmel im Paradies", um nur einige zu nennen. Alles nur Jobbeschaffungsmaßnahmen und Karrierebooster, is' klar.

Bei der neuen Sendung "MOM - Milf oder Missy" ist es insofern noch schlimmer, als dass da nicht nur die übliche Warenbegutachtung stattfindet, nein, hier werden auch noch alte gegen junge Frauen aufgehetzt. Gemeinsam ist ihnen immerhin, dass sie den Partner noch lieber nehmen, wenn er ein bisschen was auf der hohen Kante hat (eine "Milf sagt: "So stelle ich mir das Leben vor, das ich führen sollte"), auch wenn die Frauen alle "top ausgebildet" sind und auf "Ich brauche keinen Mann" machen. Warum sind sie dann in der Show? Um sich gegenseitig früher oder später an den Extensions zu ziehen, im Schlamm zu catchen? Brot und Spiele, ... .

Normalerweise geht das im Fernsehen so: Ein Mann sucht unter vielen Frauen eine Lady zur weiteren Lebensgestaltung (manchmal auch umgekehrt) aus, und sei die folgende, gemeinsame Lebensgestaltungsphase dann auch noch so kurz; oder eine Modelmama sucht Model-"Meedchen", die man dann für Rasierer über die Klinge springen lässt oder in Joghurtwerbung vermanscht. Wie solch menschenverachtende Formate Frauen jemals nach vorne bringen sollen, wie Frauen so jemals sinnvolle Netzwerke, Respekt und eine Gleichheit in der Arbeitswelt erreichen wollen, bleibt schleierhaft. Wie rückständig man doch sein kann - als Sender und als Protagonist(in). Und wie schlecht soll ein Vorbild für jüngere Generationen denn bitte noch sein? Alles nur Spaß? Das ist kein Spaß, das ist scheinheiliger Dreck.

... Solange Frauen auf Bildschirmen sich hauptsächlich aber dadurch hervortun, dass sie kokett ihre Haare schmeißen, auf den Lippen rumbeißen oder den Lady-Di-Blick (unterwürfig von unten nach oben blicken, scheu) perfektionieren und Männer weiterhin die Welt erklären dürfen, und sei es auch nur anhand von Rotwein ("Die Flasche kostet 1500 Euro", gönnerhaftes Lächeln, Frau kreischt) sind wir noch weiter hinter dem Mond als in den Fünfzigerjahren. So lange Frauen meinen, dass sie "alt gegen jung" kämpfen müssen, so lange dürfen Männer Frauen tatsächlich weiterhin auf ihre Fuckability abchecken. ...


Aus: "One Woman Show Milf - Kompliment oder Frechheit?" Aus einer Kolumne von Sabine Oelmann (Mittwoch, 27. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/leben/Milf-Kompliment-oder-Frechheit-article21808108.html (https://www.n-tv.de/leben/Milf-Kompliment-oder-Frechheit-article21808108.html)

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Quote[...] Bei "Love Island" hat es mit der großen Liebe nicht geklappt. Und auch ein Techtelmechtel mit Pietro Lombardi verlief im Sande. Deshalb geht Melissa Damilia jetzt als "Bachelorette" auf die Suche nach ihrem Traumboy. Ab Oktober wird sie ihre Rosen verteilen.

Pietro Lombardi hat gut lachen. Schließlich hat er soeben erst verraten, dass er nach seiner Ehe mit Sarah, mehreren langen Jahren als Single und einem gescheiterten Annäherungsversuch mit Melissa Damilia jetzt wieder verliebt auf Wolke sieben schwebt.

Die gute Melissa indes hatte in jüngster Vergangenheit offenbar weniger Glück. Jedenfalls hat bis dato kein Jüngling das Herz der 24-Jährigen erobert, die 2019 am RTLzwei-Format "Love Island" teilnahm und dort auch Pietro Lombardi aufgefallen war.

Aber Melissa Damilia hat das Single-Dasein satt. Deshalb nimmt sie die Suche nach dem Traummann nun abermals in Angriff - in der Rolle der "Bachelorette". Wie RTL bekannt gab, flimmert die diesjährige Staffel ab 14. Oktober um 20.15 Uhr im Free TV über die Bildschirme. Zudem ist die Sendung auch beim Streamingportal TVNOW abrufbar.

Wer sich unter der griechischen Sonne Kretas wohl als Mr. Right herauskristallisieren wird? "Die Bachelorette - Das große Finale" wird es am 2. Dezember zeigen. Dann übergibt Damilia ihre letzte Rose, ehe Moderatorin Frauke Ludowig im Anschluss noch einmal die Highlights der siebten Staffel Revue passieren lässt.

Was ein Mann mitbringen muss, um bei ihr landen zu können, hat die gelernte Drogistin und Haar- und Make-up-Stylistin aus Stuttgart übrigens schon verraten. Er müsse auf jeden Fall "aufmerksam sein, ehrlich sein und Humor haben". Von den 20 Anwärtern bei "Die Bachelorette" erwartet sie zudem, dass sie "Kampfgeist beweisen und sich natürlich von ihrer besten Seite zeigen". In diesem Sinne: Lasset die Liebesspiele beginnen.

Quelle: ntv.de, vpr/spot


Aus: "Pietro Lombardis Ex-Schwarm ist bereit" (Donnerstag, 17. September 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/leute/Pietro-Lombardis-Ex-Schwarm-ist-bereit-article22042657.html (https://www.n-tv.de/leute/Pietro-Lombardis-Ex-Schwarm-ist-bereit-article22042657.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 07, 2020, 04:02:50 PM
Quote[...] Ich weiß, wir sind in der Vergangenheit eher selten dazu gekommen, aber ich würde mit Ihnen gerne über Penisse sprechen. Das mag jetzt nicht unbedingt das unverfänglichste Thema sein, aber mit 85 Kolumnen im Rücken können wir schon mal die Hosen runterlassen und uns anschauen, was Sache ist. Mich macht das neugierig. Genauer gesagt möchte ich wissen, wo all die Schwanzbilder herkommen, mit denen Frauen ungebeten im Internet überschwemmt werden, wer sie anfertigt und vor allem: warum? Wieso halten es Männer für eine gute Idee, Dick Pics an Frauen zu versenden, die daran vorher kein Interesse hatten? Denn Interesse scheint mir dabei das entscheidende Kriterium zu sein.

Was erwachsene Menschen auf Tinder oder anderswo in gegenseitigem Einvernehmen an Sexting und Nacktfotoaustausch betreiben, um sich gegenseitig anzuheizen, geht niemanden etwas an und bedarf auch keiner Bewertung. Ob das jetzt meine oder Ihre Kragenweite wäre, ist vollkommen unerheblich. Aber der Umstand, dass laut Umfragen 41 Prozent der Frauen zwischen 18 und 36 Jahren ungebetene Dick Pics erhalten, zugleich aber nur fünf Prozent der Männer gleichen Alters zugeben, dass sie ungefragt Bilder von ihrem Penis an Frauen verschicken, ist dann doch schon ziemlich interessant.

    Despite 46% of 18-36 year old women saying they have ever been sent a "dick pic", only 22% of men the same age say they have sent one (and only 5% confess to having sent an unsolicited penis photo) https://twitter.com/yougov/status/964424520739123200?lang=de (https://twitter.com/yougov/status/964424520739123200?lang=de)
    — YouGov (@YouGov) February 16, 2018



Vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das unaufgeforderte Versenden von Schwanzbildern zumindest in Deutschland als "Verbreitung von pornografischen Schriften" gewertet wird und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet wird.

Es steht also schon etwas auf dem Spiel. Zumal wenn man in Betracht zieht, dass seinen Dödel zu entblößen womöglich nicht die erfolgversprechendste Strategie ist, um einen sexuellen Kontakt zu initiieren. Oder dass die meisten von uns im realen Leben sehr viel Wert auf ihre Privatsphäre legen und nicht wollen würden, dass man Bilder ihrer Genitalien an Freund*innen, Verwandte oder Arbeitskolleg*innen weiterleitet.

Aber selbst wenn wir annehmen, dass sich so ein Penisknipser anonym und sicher fühlt, bleibt die Frage nach dem Warum. Dazu existieren einige wissenschaftliche Spekulationen und Befragungen, die nahelegen, dass es den einen Grund nicht gibt. Einige Männer geben an, dass sie der Akt des Fotografierens und die Vorstellung der Reaktion erregen. Andere sehen ein Dick Pic als Möglichkeit, einer längeren Konversation vorzubeugen, von der sie sich von Anfang an erhoffen, dass sie ausschließlich auf Sex hinausläuft.

Sie wählen quasi die Penisabkürzung, weil ihnen Texten zu anstrengend ist – egal wie wenig erfolgversprechend die Option ist. Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der Selbstversuch einer jungen Frau, den Spieß einmal umzudrehen und Männer unaufgefordert mit Vulvabildern einzudecken, daran scheiterte, dass das mehrheitlich nicht als Bedrohung oder Belästigung aufgefasst wurde. Von 40 Männern haben drei nicht reagiert und 37 wollten sich umgehend treffen.

Es gibt aber noch ein Motiv, und das scheint mir für die nicht enden wollende Würstchenparade in den Mailboxen von Frauen, die sich in sozialen Netzwerken aufhalten, das ausschlaggebende zu sein. Eine kürzlich erschienene Studie belegt, dass die Schwanzbildfreunde sich grundsätzlich sehr viel narzisstischer und sexistischer verhalten als Männer, die keine ungebetenen Dick Pics versenden.

Es geht also nicht nur um ein Kommunikationsmissverständnis oder um einen angeborenen beziehungsweise anerzogenen Unterschied in der Wahrnehmung von Sexualität zwischen Männern und Frauen. Sondern es geht – wie so oft – um Dominanz, Kontrolle und Einschüchterung. Genitalpräsentation als Drohgebärde und Imponierverhalten. Als Machtdemonstration: Hier ist mein Schwanz, was sagst du jetzt! Es ist eine bewusst eingesetzte Belästigungsstrategie. Eine sexualisierte Zermürbungstaktik, die Betroffenen unmissverständlich klarmachen soll, wer den Längeren und das Sagen hat. Mit Sex hat das nichts zu tun. 2016 stellte die Künstlerin Whitney Bell 200 Dick Pics in einem Raum aus, der ihrem Schlafzimmer nachgebildet war.

    'Whitney Bell: I didn't ask for this: A Lifetime Of Dick Pics' at @ThinkTankDTLA pic.twitter.com/EHFME4MS4b (http://pic.twitter.com/EHFME4MS4b)
    — Curate LA (@curate_LA) October 7, 2017



Auch um zu verdeutlichen, dass sie vor dieser Form von Belästigung selbst als Alleinlebende in den eigenen vier Wänden nicht sicher ist. Sie stellt klar, dass es sich dabei nicht um Flirten handelt: "Es ist, als würdest du eine Frau aus dem Auto heraus anschreien. Du tust es, weil du es kannst und weil die Welt dir beigebracht hat, dass es okay ist." Das Erstaunlichste an diesem Verhalten ist die Illusion von Kontrolle. Während Männer damit beschäftigt sind, Frauen Abbilder ihrer Penisse ins Gesicht zu drücken, merken sie gar nicht, dass ihre Schwänze eigentlich mit ihnen wedeln. Denn Belästigung, Übergriffigkeit und Gewalt sind und bleiben die erbärmlichste Version von Kommunikation. (Nils Pickert, 7.6.2020)


Aus: "Dick Pics: Männer und ihre Penisporträts" Nils Pickert (7. Juni 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117904069/dick-pics-maenner-und-ihre-penisportraets (https://www.derstandard.at/story/2000117904069/dick-pics-maenner-und-ihre-penisportraets)

QuotePurpleWood
7. Juni 2020, 11:24:21
Das ist kein neues "Problem", sondern ist schon länger so. Gabs schon weit vor Tinder und betrifft nicht nur "die Jugend".

War vor über 10 Jahren mal bei einer Singleplattform registriert. Da waren sie noch halbwegs seriös. Bekam trotzdem ab und zu ungefragt schon mit der ersten Anfragemail Dick Pics. Oder mal wen auf einer After Work Party kennengelernt, Tage später ein Date (Essen + Spazieren), danach kam ein Dick Pic.

Diese Typen sind für mich lächerliche Trotteln.


Quote
StopptÖxitOxen

Weiterleiten - Sollte jemand so etwas unbestellt bekommen, dann handelt es sich mit Sicherheit um ein Versehen. Eigentlich war es für den Arbeitgeber bestimmt. Bitte weiterleiten!


Quote
kreuz100

Entweder sind solche Typen pubertierende Idioten oder psychiatrische Fälle, wenn die schon Erwachsen sind. Unfassbar jedenfalls, was für bullshit Frauen offenbar ertragen müssen.


Quote
Brillenschlange01

meiner geht glatt als Rüssel eines Babyelefanten durch :)


Quote
HomerJ
Guy Incognito 5

grau und verrunzelt?


Quote
stoaschädlerin

So schen is des net
würd ich zrückschreiben


Quote
zuter

Nur Anfänger verschicken die Fotos vom Eigenen:-)
Spaß beiseite, wie kommt man nur auf die Idee, dass dies irgendwer sehen will?


Quote
bixente uhudla

Dass nur 5% der Männer zugeben, dass sie ungefragt Dick-Pics versenden finde ich nicht verwunderlich, weil ich denke, das das nur ein solche kleine Minderheit ist, die das macht-die dann aber öfters und wahrscheinlich auch ziemlich wahllos...

das war/ist ja bei klassischen Exbhitionisiten die sich in der Öffentlichkeit entblössen auch das gleiche, dass da auf einen Täter oft viele bis dutzende Opfer kommen, bis die mal erwischt werden...

Aber zum Rechtfertigen und Schönreden gibt es da nichts, solche Leute gehören in psychiatrische Behandlung und wenn abgesehen davon zurechnungsfähig auch ordentlich bestraft...


Quote
Anton Szanya

"Klar ist, mit Sex hat das nichts zu tun – vielmehr soll es unmissverständlich klarmachen, wer das Sagen hat"
Ein Verhalten wie bei den Pavianen. Wieder ein Beweis mehr, dass der Mensch vom Affen abstammt.


Quote
ratschkattl 62

Das stimmt, glaube ich, so nicht. Wir stammen nicht vom Affen ab, sondern sind selbst welche und haben die gleichen Vorfahren wie die sog. Menschenaffen. So zumindest mein Wissensstand.

Alter Witz dazu: "Papa, heut hamma in der Schule gelernt, dass der Mensch vom Affen abstammt."
"Ja, du vielleicht. Aber i nit. "


Quote
LiebeFreiheitSolidarität

Meine Tochter bekommt regelmäßig solche Fotos von in etwa Gleichaltrigen zugeschickt seit sie 14 ist. Die wollen damit tatsächlich anbandeln. Was ist bloß in der Sozialisation bei solchen Burschen fehlgelaufen, wenn sie meinen, dass sie damit Erfolg haben könnten. So ein Foto zu schicken ist Ausschließungsgrund Kontakt haben zu wollen Nummer Eins. Meine Tochter lacht kopfschüttelnd und klickt sie weg.


Quote
LiebeFreiheitSolidarität

Die Wahrheit ist, man kann sich als Frau nicht ohne Belästigung durch den öffentlichen Raum bewegen, weder virtuell noch real. Schon gar nicht, wenn man so hübsch wie meine Tochter ist. Sie braucht nur in Shorts in den Supermarkt zu gehen und 50-jährige spechteln ihr mit geilem Blick hinterher. Sie braucht nur eine Einkaufsstraße entlang gehen, und sie wird von jungen Männern angesprochen. ...


Quote
margoll

Fakt ist, dass das Versenden von Dick-Pics ist in Österreich nicht strafbar ist - im Gegensatz zu Deutschland nach §184 StGB Verbreitung pornographischer Schriften.

Es wäre allerdings ein spannendes soziales Experiment, eine Plattform zu schaffen, auf der Frauen, die ohne ihre vorherige Einwilligung mit Fotos belästigt werden, diese hochladen könnten.


Quote
Ancalagon the Black
Trollosaurus Rex 69

Für alle, die nicht ganz kapieren (wollen), worum es im Artikel geht:
Es geht nicht *generell* um dick pics.
Das Austauschen intimer Bilder ist etwas, das heute in - nennen wir es mal gewisse Situationen - normal und in solchen Situationen auch beiderseitig gewollt ist.
Hier geht es um *unaufgefordert* versendete Bilder.


Quote
J.J. Gittes

Problem bei der Sache - wenns ums unaufgefordert geht kann ein Mann halt lang warten beim Dating wenn er nicht aktiv ist, eine Frau kann sich oft finden lassen, als Mann funktioniert das nur in absoluten Ausnahmefällen.


Quote
twatcharlie

Wenn Sie als Lösung für dieses Dilemma anfangen, Dick Pics zu verschicken, werden Sie noch länger warten.


Quote
Ancalagon the Black
Trollosaurus Rex 69

Also ich bin da vielleicht ein wenig altmodisch, aber in meiner Jugend war es ja auch nicht üblich, dass man gleich in der Disco die Hosen runter ließ um dem Hauptinteresse des jeweiligen Abends den Schwanz zu zeigen.

Das erste mal gegenseitig nackt zu sehen kam natürlich vor, manchmal ging das auch relativ schnell, aber es war immer einvernehmlich, immer beiderseitig und für beide Beteiligten immer ein intimer und aufregender Moment. ...


Quote
J.J. Gittes

Wenn Frauen in Sachen Anbahnung so aktiv sein und soviel Aufwand hineinstecken müssten wie Männer würden sie noch viel abstrusere Sachen machen und zumindest die Vaginapics nur so fliegen. In der Hinsicht wissen Frauen gar nicht wie gut sie es haben.


Quote
illegitimate

Sind sie ein so genannter Incel?


Quote
recouvrer_la_raison

Wieder einer, der das unaufgeforderte Schicken von Schwanzfotos außerhalb von Datenplattformen (und selbst dort teilweise ein No-Go) als "Flirten" absichtlich missversteht. Jämmerlich.


Quote
J.J. Gittes

Wieder so eine die das senden von Schwanzfotos als Machtgehabe missversteht.


Quote
recouvrer_la_raison

Wieder so einer, der nichts verstanden hat.


Quote
Makeluv Notwar

Die Frauen sollten froh sein! Da ist die Katze gleichmal ausm Sack
Würde man mir vorab Nippel und Vagina zeigen, wüsste ich gleich ob ich noch weiter interssiert bin.

So muss man sich durch Date und blabla quälen nur um dann festzustellen, mit diesen brustwarzen kann ich nicht!


Quote
Leilani

D.h. an einer Frau sind einzig Nippel und Vagina interessant?  ...


Quote
andix222

Ich versteh das Problem nicht. Es wird doch keine erwachsene Frau traumatisiert sein von einem Dickpic.
Manchen Frauen taugt das, solche Bilder zu erhalten, wird wahrscheinlich nicht die Mehrheit sein.

Falls sich Frau bei der Einschätzung eines Flirts vertan hat, und ein Dickpic erhält, kann sie ja immer noch den Kontakt abbrechen. Vielleicht sollte sie sogar froh sein, so einen eindeutigen Grund erhalten zu haben...

Ich glaub eher es geht den Frauen rein um Empörung und Effekthascherei. Darf er das denn? Vielleicht nicht, er machts trotzdem. That's life.


Quote
Abiona

Was viele hier offenbar nicht verstehen: Wenn 41% aller Frauen schon solche Bilder ungefragt bekommen haben, und der Großteil dieser das nicht leiwand findet, ja sogar grausig und als Übergriff, dann ist es nicht nützlich, wenn Männer hier im Forum (und dann vor allem im richtigen Leben) davon schwafeln, dass das alles nicht so tragisch ist, man könne es ja ignorieren, oder man solle halt einfach was zurückschreiben, oder die sind einfach nur intellektuell benachteiligt - man solle sich also als Frau nicht so anstellen.

Niemand von euch muss sich verteidigen, denn ich denke, dass die allermeisten hier im Forum niemals sowas verschicken würden. Es würde also reichen, zu sagen, das ist scheiße und sollte Frauen nicht passieren. Fertig.


Quote
KelAdo

"Es geht den Frauen rein um Empörung und Effekthascherei..."

Klar, die Frauen sind wieder einmal schuld. Gut, dass Sie das bei ihrem Post untergebracht haben. Gratuliere.


Quote
andix222

Bitte um Erläuterung. Was is so arg wenn sich Leute Dickpics schicken? Manchen taugt das, den meisten nicht. So what?
Ich kenn auch Männer, die Dickpics schicken und damit "Erfolg" haben.
Es gibt auch Leute die Pornodarsteller sind.


Quote
MiliTant

Haben Sies nicht verstanden? Oder reiten Sie per amüsement ein totes Pferd?


Quote
Mr. You Dont Say

Ist nicht so schwer eigentlich...
Konsens ist der springende Pkt.
Vorher darüber reden dann erst schicken.
Denk mal drüber nach.


Quote
Mr. You Dont Say

... Ich frag mich warum is die Hemmschwelle zu fragen (was auch immer) größer als ein Bild von seinem Schwanz zu schicken? Das versteh ich nicht.


Quote
andix222

Ich vertseh auch nicht, warum manche Leute das tun. Aber sich drüber aufzuregen, finde ich eben ein bisserl heuchlerisch. Einerseits wollen manche Frauen lieber den prolligen Fitnesscenter-Idioten, der ist hald bisserl deppert und schickt ihnen Dickpics. Den sensiblen Literaturstudenten, der ihnen ein Gedicht schickt, den ignorieren sie lieber, weil er ein "Schlappschwanz" ist. Also was jetzt?


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Es gibt kein Gut und Böse

Bitte nicht von ein paar Trotteln auf alle Männer schließen, danke. ...


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Muhkuh die Göttliche

Schwanzbilder sind lustig find ich. Aber das ist sicher nicht was die Absender bezwecken wollen...


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J.J. Gittes

ich hoffe einmal, dass sich Frauen die sich über Penisbilder aufregen selbst nie versuchen über die Schiene der sexuellen körperlichen Reize zu kommen.
Ich kenne aber auch keine Frau die sich über das Eehalten von Penisbildern ernsthaft aufregt muss ich sagen.


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Muhkuh die Göttliche

Wir Frauen finden das furchtbar lächerlich. Das ist eigentlich alles.


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BKA1010

Sie wissen, was alle Frauen denken? Eine erstaunliche Gabe!


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Muhkuh die Göttliche

Naja, die meisten halt...
Und zumindest alle die ich kenne. Ja, wir Frauen reden über sowas. XD


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dieNausikaa

Das unterschreib ich.


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Marinelli

Ich muss sagen, dass ein dickpick für mich eher weniger eine Drohung darstellt. Ein Mann, der mir sowas schickt, macht sich halt absolut uninteressant und lächerlich. Und ich frag mich auch, warum viele Männer den Eindruck, den ihr Penis auf Frauen macht, so dermaßen maßlos ueberschaetzen. Nichts für ungut, aber es gibt interessantere Dinge zum Anschauen


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MerlinZauberer

Es wird geschrieben, dass Männer nichts dagegen haben, soche Fotos von Frauen zu erhalten.
Evtl. ist dies auch der Grund, warum sie solche Fotos an Frauen senden.. Vielleicht verstehen es Männer garnicht, dass Frauen dazu abgeneigt sind. Das ganze Machtdemonstrationsblabla, immer wieder zurück auf Unterdrückung und Ungleichberechtigung der Frauen, das wirkt auf mich schon etwas nervend und ausgelutscht.
Natürlich wird es Fälle geben, wo das zutrifft, aber so zu verallgemeinern finde ich etwas daneben.
Komisch auch, warum Männer nicht anderen Männern ihre Dickpics schicken um klarzumachen, wer den größeren hat und somit Macht zu demonstrieren...


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Je m'appelle Mirabelle L.

Nach dem Motto: ein Penis sagt mehr als 1000 Worte?


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erhengl

Einfach nur unnötig! Das ganze Thema und der Artikel im Besonderen!


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Joe_Chip

Eh, wenn es nicht so viele erbärmlich deppen geben würde die so etwas machen bräuchte es keinen Artikel.


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Cookie_

"unmissverständlich klarmachen, wer das Sagen hat"
So läuft das sicher immer ab: "hier, schau mal" - "wow, jetzt habe ich großen Respekt vor dir und du hast das sagen"

Also ich glaube nicht mal Typen die so hirnverbrannt sind und ungefragt dick pics schicken, glauben, dass sie damit in irgendeiner Form Dominanz beweisen. Viel mehr sind das wohl ein bisschen sozial zurückgebliebene, die sich erhoffen dadurch den Weg des Flirtens abzukürzen und Interesse beim Gegenüber zu wecken. Dass das halt nach hinten losgeht, checken die Affen wohl nicht.


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Abiona

Ich liebe das, wenn Männer sich gegenseitig entschuldigen mit "mah, Mänmer sind einfach ein bissi dumm, die verstehen das halt nicht".


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Canonista66

20 jahre im internet - nie ein dic-pic erhalten - was mache ich falsch?


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ländliche Genreszene

herr pickert hat vergessen einen versuch zu starten dick pics ungefragt an männer zu versenden .. wie da wohl die reaktion ausfallen könnte? ..


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shapeshifting is my hobby 12

es gab da auch mal im tv einen versuch, wo jeweils ein attraktiver mann und eine attraktive frau 10 gegengeschlechtliche menschen angesprochen und gefragt haben, ob sie sofort unverbindlichen sex mit ihnen haben wollten.

10 frauen - 0 ja
10 männer - 8 ja, 2 "leider nein, bin schwul."


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BernhardvonAosta

Wenn ein Mann das gerne macht wird er diese Bilder nicht nur einer einzigen Frau schicken, sonder immer wieder verschiedenen.
Wenn 5 von 100 Männern jetzt jeweils 10 Dickpicks an verschiedene Frauen schicken, dann sind das 50 Frauen.

Und mit ein bisschen logischem Nachdenken ist die Diskrepanz gar nicht mehr so interessant wie sie der Autor darstellt.


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Leilani

Egal, wie wenige Männer es machen:
Aus Sicht von Empfängerinnen IST es ein Massenphänomen.


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(°)(°)
Snjezana Pron 8

das wird sich aufhören sobald die schwanzerkennungssoftware online geht ...


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 16, 2020, 10:15:06 AM
Quote...

Yannah Alfering: Du beschreibst, wie du als Jugendliche wegen deines Klamottenstils gemobbt wurdest. Wie war das damals für dich?

Katja Krasavice: Normale Mädchen tragen irgendein Oberteil, eine Hose und Schuhe. Ich hatte halt keine Sneaker oder Flipflops an sondern High Heels. Ich trug meistens bauchfrei und einen Minirock. Das fand keiner cool: weder die Lehrer, noch meine Mitschüler. Aber mich hat mein Look glücklich gemacht. Ich fand es schon früher fake, mich anzupassen, nur damit mich andere mögen.
In der Schule haben sich die anderen manchmal abgesprochen, mich wochenlang zu ignorieren. Es gab Tage, an denen keiner mit mir geredet hat. Und wenn doch, wurde ich beleidigt. Diese Erfahrung hat mich auf jeden Fall geprägt. Ich bin stärker geworden. Hate prallt an mir ab. Trotzdem fühle ich mich manchmal noch wie das kleine Mädchen von früher, das sich nicht schön findet und gemobbt wird.

...

Yannah Alfering: Bist du Feministin?

Katja Krasavice: Ich möchte, dass Frauen endlich ernstgenommen werden und machen können, was sie wollen. Andererseits bin ich total antifeministisch, weil ich mich als Sexobjekt darstelle. Ich kenne mich mit Feminismus nicht so gut aus, aber viele Feministinnen sagen mir, dass ich mich nicht so sexy zeigen soll. Das finde ich sehr schade, weil eine Frau soll ja eigentlich machen, was sie gerade geil findet.

Yannah Alfering: Ich finde es eigentlich sehr feministisch, einfach dein Ding zu machen.

Katja Krasavice: OK, gut. Dann bin ich vielleicht viel feministischer, als ich dachte.

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Aus: "Wir haben Katja Krasavice gefragt, warum sie eine "Bitch Bibel" geschrieben hat" (09 Juni 2020)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/bv8nea/wir-haben-katja-krasavice-gefragt-warum-sie-eine-bitch-bibel-geschrieben-hat (https://www.vice.com/de/article/bv8nea/wir-haben-katja-krasavice-gefragt-warum-sie-eine-bitch-bibel-geschrieben-hat)

Katja Krasavice
https://de.wikipedia.org/wiki/Katja_Krasavice (https://de.wikipedia.org/wiki/Katja_Krasavice)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 16, 2020, 11:59:03 AM
Quote[...] Empörung - Eine vermeintlich sexistische Werbung bringt Kritiker auf die Palme. Müsste man es nicht feiern, wenn ältere Frauen als begehrenswert dargestellt werden?

Feministische Kritik an Datingshows hat so ihre Tücken. Das zeigt die Empörung über die Sendung M.O.M. des Streaming-Senders Joyn, die derzeit die sozialen Netzwerke überschwemmt. Das Akronym steht für ,,Missy oder MILF". In der Show dürfen sich zwei Männer, 57 und 28 Jahre alt, aus insgesamt 14 Frauen ,,die Richtige" heraussuchen – fürs Bett, für einen Luxus-Kurzurlaub, fürs Leben? Wer weiß. Natürlich werden hier furchtbare Rollenklischees dargestellt: Sie bietet Körper, er bietet Geld. Natürlich ist diese Form der Unterhaltung so seicht, dass jedes Bordsteinrinnsal mehr Tiefgang verspricht. Aber wer erwartet bei einem solchen Format schon tiefgründige Unterhaltung?

Empörend ist für Kritikerinnen nicht nur das Hahn-im-Korb-Prinzip, dass also viele Frauen um die Gunst eines Mannes werben, wobei der Mann weniger durch Persönlichkeit als vielmehr durch monetäre Möglichkeiten überzeugen muss. Oder die Darstellung von Rollenklischees, bei denen Frauen geldgeile Luder sind, die sich vor Kamera und Kerl quasi prostituieren. Das kennt man ja. Wirklich schlimm erscheint den Kritikerinnen die Rolle der sogenannten MILFs. Sie, die früher nur ein Nischendasein als Fetisch-Kategorie auf einschlägigen, ähm, Internetseiten fristeten, haben sich einen Platz im popkulturellen Mainstream erarbeitet. Die ,,Mom I'd like to fuck", die Mutter, die man gerne mal beschlafen würde, muss übrigens gar keine Mutter sein, nur eine deutlich ältere Frau (aus Sicht des Mannes), die theoretisch seine Mutter sein könnte. Eine klassische MILF ist also keine junge Frau, die ein Kind hat.

Müsste man die Tatsache, dass ,,ältere" Frauen (die älteste Frau bei M.O.M. ist 46) als begehrenswerte Wesen dargestellt werden, nicht feiern? Nein, schreien die Kritiker. Hier werden Mütter respektive ältere Frauen zu Sexualobjekten degradiert! Nun ist es aber das Wesen jedes Begehrens, dass man den anderen zum Objekt macht. Aber doch nicht in Corona-Zeiten, wo Mütter schon so viel Bullshit ertragen müssen! Warum denn nicht? Sexueller Eskapismus könnte der beste Weg des Umgangs mit der Krise sein. Vielleicht entspannt Mutti auch gerne vor dem TV-Gerät und träumt davon, von einem metrosexuellen Mann umgarnt zu werden? Beim Blick auf Vati im Feinripphemd vielleicht verständlich? Verbirgt sich hinter der Wut auf die Sendung am Ende gar die verdrängte Einsicht – oh Graus –, dass auch die eigene Mutter ein sexuelles Wesen sein könnte? Das wäre dann wohl ein Fall für Sigmund Freud. Dem übrigens widmet sich aktuell eine Netflix-Serie.


Aus: "Heikler Verdacht: Sind Mütter sexuelle Wesen?" Marlen Hobrack (Ausgabe 24/2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/heikler-verdacht-sind-muetter-sexuelle-wesen (https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/heikler-verdacht-sind-muetter-sexuelle-wesen)

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Lacrima | Community

Das Viktorianische Zeitalter feiert seine Wiedergeburt :-) und wie schon damals toben im Vordergrund die MoralistInnen, während im Hintergrund alle mehr oder weniger machen, was sie wollen. Nur auffallen darf es damals wie heute nicht.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 29, 2020, 06:18:18 PM
"Geködert und manipuliert: Deutsche Porno-Aussteigerin packt zur Branche aus" (29. Juni 2020)
Unter falschen Tatsachen wurde die damals 18-Jährige in die Industrie gelockt – vieles, aber nicht alles bereut sie heute. Lou Nesbit war mehrere Jahre in der deutschen Pornoindustrie tätig und rechnet nun mit Teilen der Branche ab. Die 21-Jährige kündigte kürzlich auf Instagram unter Tränen ihren Ausstieg an. Gegenüber dem NDR-Reporagemagazin STRG_F schildert die ehemalige Darstellerin ferner, wie sie teilweise zu Dingen gezwungen und überredet wurde, die sie so eigentlich gar nicht wollte. Von so manchen Szenen hätte sie ein tiefes Trauma davongetragen. ... Lou Nesbit ist nicht die einzige ehemalige Pornodarstellerin, die ihre aktive Zeit am liebsten vergessen würde. Etliche Frauen in den USA beklagen, dass sie ähnliches im Zusammenhang mit der Plattform "Girls Do Porn" erlebten. Unter falschen Tatsachen wurden sie zu einem Dreh überredet, bei denen ihnen 5.000 Dollar für 30 Minuten Sex angeboten wurde. Der Dreh dauerte dann zumeist länger und das Material konträr zu dem Versprechen im Netz veröffentlicht. Eigentlich sollte der Film nämlich nur an "Sammler" gehen.
... Eine Klage zieht Lou Nesbit offenbar nicht in Betracht. Nach der Veröffentlichung des Videos von STRG_F stellte sie klar, dass sie nicht die komplette Industrie kritisieren wollte. Sie habe auch schöne Zeiten gehabt und sei nach wie vor mit ihrem Freund – einem Darsteller – liiert. Zugleich betonte sie, dass es auch in der Pornobranche eben nicht nur Schwarz-Weiß gebe. Trotzdem wollte sie eine Botschaft senden – sich aber nicht in Selbstmitleid baden, wie sie auf Instagram schildert.
... Die Geschichten von Nesbit und "Girls Do Porn" sind kein Einzelfall. In der Netflix-Doku "Hot Girls Wanted" wird aufgezeigt, wie junge Frauen in die Pornobranche gelockt werden und dort dann Dinge vor der Kamera tun müssen, die sie so eigentlich nicht wollen. Viele bereuen den Schritt, vor allem, weil ihre intimen Szenen für Ewigkeit im Netz zu finden sind. (red, 29.6.2020)
https://www.derstandard.at/story/2000118392960/gekoedert-und-manipuliert-deutsche-porno-aussteigerin-packt-zur-branche-aus

https://youtu.be/-nRsaNxjt5g

https://youtu.be/VIYlqY8DyVU

https://youtu.be/HNdw2uY9oHY

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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 29, 2020, 10:11:22 PM
"Expertin über Frauenhass und Rassismus: ,,Feminismus als Feindbild""  Das Interview führte Simon Sales Prado (4.7.2020)
taz: Frau Sanders, kürzlich haben mehrere Frauen wie die Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, die linken Politikerinnen Janine Wissler und Martina Renner oder die Comedian İdil Baydar Drohbriefe erhalten, die mit NSU 2.0 unterzeichnet wurden. Was eint diese Adressatinnen?
Eike Sanders: Sie werden angesprochen, weil sie Frauen sind. Sie werden als Frauen adressiert. Es handelt sich um Frauen, die Rollen einnehmen, die ihnen das patriarchale und rassistische System nicht zugesteht, sie werden als besondere Bedrohung für das weiße Deutschland empfunden. Frauen wie diese können eine Öffnung der Gesellschaft herbeiführen. Und sie verkörpern diese gesellschaftliche Öffnung bereits. ...
Besonders Frauen haben in den letzten Wochen rechtsextreme Drohungen, unterzeichnet mit NSU 2.0, bekommen. Das ist kein Zufall, sagt Eike Sanders.
https://taz.de/Expertin-ueber-Frauenhass-und-Rassismus/!5695487/ (https://taz.de/Expertin-ueber-Frauenhass-und-Rassismus/!5695487/)

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"Drohbriefe vom NSU 2.0 an Frauen: Feindbild Feminismus" Nina Monecke (25. Juli 2020)
Es sind vor allem Frauen, die vom sogenannten NSU 2.0 bedroht werden. Eine Politikwissenschaftlerin erklärt, warum uns das nicht überraschen sollte und welche Bedeutung Antifeminismus im Rechtsextremismus hat. ... Die Anwältin Seda Başay-Yıldız, die Linken-Politikerinnen Janine Wissler, Anne Helm, Martina Renner und Evrim Sommer, die Kabarettistin İdil Baydar. Die Drohbriefe des sogenannten NSU 2.0 richten sich vornehmlich gegen Frauen, politisch und künstlerisch antirassistisch aktiv, zum Teil mit Migrationsgeschichte. Die Schreiben sind voller sexistischer Beleidigungen, Androhungen sexualisierter Gewalt bis hin zu Vergewaltigungsfantasien – und sie enthalten Informationen über die Empfänger*innen, die nicht öffentlich zugänglich sind. Von wem die Drohbriefe stammen, ist bislang unklar. Es besteht jedoch der Verdacht, dass die Informationen von Polizeicomputern abgefragt wurden und es sich um ein rechtes Netzwerk innerhalb der Behörde handeln könnte.
Warum sind dabei vornehmlich Frauen das Ziel? ,,Geschlecht ist ein zentrales Moment im Rechtsextremismus", sagt die Wiener Politikwissenschaftlerin Judith Goetz. Sowohl wenn es darum gehe, vermeintliche Weiblichkeit als auch Männlichkeit zu konstruieren. ,,Was beim Antifeminismus so deutlich wird, ist die patriarchal-männliche Dominanzvorstellung. Also die Vorstellung, dass Männer in dieser Gesellschaft das Sagen haben sollen und sich daraus ein Geschlechterbild ableiten lässt, das sehr klare Vorstellungen davon hat, wie Männer und Frauen zu sein haben." ...
https://ze.tt/drohbriefe-vom-nsu-2-0-an-frauen-feindbild-feminismus/ (https://ze.tt/drohbriefe-vom-nsu-2-0-an-frauen-feindbild-feminismus/)

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Quote[...] Wie "Heute" berichtete, kam es bei einer Kurden-Türken-Demonstration in Favoriten zwischen mehreren Männern zu einer Auseinandersetzung, die völlig außer Kontrolle geriet. Eine Massenschlägerei von bis zu 30 Beteiligten war die Folge, die Polizei stand im Großeinsatz. ...


Aus: "Videos zeigen Eskalation bei Türken-Kurden-Demo in Wien" (24.06.2020)
Quelle: https://www.heute.at/s/video-zeigt-eskalation-bei-tuerken-kurden-demo-in-wien-100088741 (https://www.heute.at/s/video-zeigt-eskalation-bei-tuerken-kurden-demo-in-wien-100088741)

https://www.vienna.at/wien-favoriten-sachbeschaedigungen-nach-zusammenstoessen-tuerkischer-gruppen/6658656 (https://www.vienna.at/wien-favoriten-sachbeschaedigungen-nach-zusammenstoessen-tuerkischer-gruppen/6658656)

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Quote[...] Gestern Nacht griffen türkische Rechtsextreme eine Frauenkundgebung am Reumannplatz in Wien-Favoriten an. Regelmäßig schüchtern die ultra-nationalistischen ,,Grauen Wölfe" Minderheiten ein. Wie die selbsternannten ,,Wächter von Favoriten" organisiert sind und warum türkischer Faschismus für in Österreich geborene Jugendliche überhaupt attraktiv ist, erklärt Sozialwissenschafterin Zeynep Arslan. Zeynep Arslan ist Sozialwissenschaftlerin, Autorin und Aktivistin.

Der Lärm der Polizeihubschrauber war gestern bis spät in die Nacht zu hören. Lange kehrte keine Ruhe auf den Straßen von Wien-Favoriten ein. Begonnen hatte alles mit einer Kundgebung einer kurdischen Frauenorganisation, die im Ernst Kirchweger Haus (EKH) angesiedelt ist. Die Teilnehmerinnen wollten auf die steigende Anzahl der Frauenmorde in der Türkei und in Österreich hinweisen. Sie wollten zeigen, was die Auswirkungen einer frauenfeindlichen Politik sind, wie sie sich unter anderem in der Privatisierung und Zerschlagung der Frauenhäuser in Salzburg zeigt.

Dann wurden die Frauen von einer Gruppe faschistischer Männer angegriffen. Binnen kürzester Zeit tauchten rund hundert Rechtsextreme auf, es kam zu einem Großeinsatz der Polizei. Die Frauen flohen ins EKH und mussten dort aus Sicherheitsgründen für Stunden ausharren.

Es war nicht der erste Übergriff im Bezirk. Auch am 1. Mai kam es zu ähnlichen Vorfällen am Rande einer Kundgebung am Keplerplatz. Und es zeigt sich ein Muster: Die rechtsextreme Gruppe junger Männer scheint keinerlei Scheu vor den Sicherheitskräften zu haben, die letzte Nacht sogar durch zwei Polizeihubschrauber unterstützt wurden.

Aus zwei bis drei Jugendlichen können binnen Minuten fünfzig bis hundert werden. Sie treten als Eigentümer und Wächter Favoritens auf und wollen ihren Bezirk beaufsichtigen. Sie verbieten Anrainer*innen und Veranstaltungsbesucher*innen, dass sie während des muslimischen Fastenmonats Ramadan Alkohol konsumieren. Kurdische Musik und Sprache versuchen sie aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. Gerne hetzen sie auch die Polizei auf türkisch-kurdische Teilnehmer*innen von Veranstaltungen – mit der Unterstellung, dass sie Anhänger*innen der PKK (Kurdische Arbeiterpartei) seien. Selbstbewusst beschuldigen sie die Polizei und den österreichischen Staat, einer Terrororganisation den öffentlichen Raum zu überlassen. Sie mobilisieren einander über ihre Handys und gliedern sich in hierarchische Rollen.

Das Weltbild der Gruppe ist von den politischen Ideen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan geprägt. Sie positionieren sich als seine Verteidiger und scheuen nicht davor zurück, in Anwesenheit der Polizei den in Österreich verbotenen Wolfsgruß (als Erkennungszeichen türkischer Faschisten mit dem Hitlergruß vergleichbar) zu machen.

Wie kann es sein, dass junge Menschen, die in Wien und Österreich zur Welt gekommen sind, dermaßen unreflektiert rassistisches türkisches Gedankengut und pauschalisierten Hass leben? Leider begünstigt die allgegenwärtige Diskriminierung in Österreich die Propaganda der türkischen Rechtsextremen. Jugendliche, die regelmäßig Ausschlüsse nach dem Motto ,,Du bist und kannst mit uns (sein), jedoch wirst du niemals einer von uns sein" erleben, können sich nie gleichberechtigt und gleichbehandelt fühlen. Dieser strukturelle und institutionelle Rassismus verhindert ein gemeinsames, pluralistisches Demokratieverständnis über die kulturellen und national(istisch)en Zugehörigkeiten hinweg.

Das männliche ,,Wir"-Narrativ à la Erdoğan bietet diesen Jugendlichen eine Identität, auch wenn sie konstruiert und künstlich ist. Die entsprechenden Botschaften und die Kriegspropaganda aus der Türkei erreichen sie täglich – und werden von ihnen unkritisch und unreflektiert aufgenommen. Wenn sie von anderen wegen ihrer Angriffe konfrontiert werden, erklären sie, dass sie trotz Staatsbürgerschaft und perfektem Deutsch für immer und ewig die Ausländer*innen bleiben werden. Ihre Orientierungslosigkeit bietet der rechtsextremen Propaganda einen fruchtbaren Boden.

Die in Österreich geborenen Jugendlichen übernehmen den Größenwahn des ,,Türkentums" über die Grenzen hinweg. Demokratische Grundrechte haben darin offenbar keinen Platz. Deshalb attackieren sie marginalisierte Gruppen aus dem vermeintlichen ,,eigenen" Kulturkreis: Kurd*innen, Alevit*innen und Frauen. Deren Rechte sind für sie Teil der ,,verdorbenen christlichen Fremde", in der sie ihrer Meinung nach leben. Erst in der Gruppe scheinen sie ein Gefühl des Dazugehörens gefunden zu haben. In der Gruppe fühlen sie sich stark – aber schon eine Kundgebung gegen Gewalt an Frauen wird ihnen unerträglich und bedroht ihr männliches Machtgehabe.

Wir haben es also mit einem aggressiven Minderwertigkeitskomplex zu tun. Seine Wurzel ist eine konstruierte Identitäts-Legitimation, die sich auf die türkische Geschichte beruft. Sie beginnt in den Steppen Zentralasiens, geht über die Invasion Anatoliens bis hin zum Zerfall des Osmanischen Imperiums und zur Migration in die europäische Diaspora. Auch diverse Massaker, Genozide und Verleumdungen im Zuge der türkischen Nationalstaatsbildung vor gut hundert Jahren sind Teil dieser Legitimation.

Die türkische Staatsdoktrin verleiht ihnen den internationalen Privilegiertenstatus "Türke-Türkisch-Sunnitisch-Muslim-Mann". Zur Verteidigung von Führer und Vaterland ist selbst weit entfernt von der Türkei jegliche Gewaltanwendung gerechtfertigt. Das zeigt sich auch in gewaltsamer Wut gegen Frauen.

Vergangene Nacht konnten die selbsternannten ,,Wächter von Favoriten" vor der österreichischen Öffentlichkeit ihre zweite Aktion in diesem Jahr durchführen. Zuvor richtete sich ihre Attacke gegen die 1.-Mai-Kundgebung am Keplerplatz. Diese Entwicklungen können nicht weiter ignoriert werden. Hinter ihnen steckt ein politisches Machtgefüge, das transnational agiert. Die jungen Männer sind nur vorgeschoben. Die Strukturen und Ideologien hinter ihnen reichen bis in die Türkei. Eine Verharmlosung der aktuellen Vorfälle wäre Verantwortungslosigkeit für die Zukunft.

Es braucht ein mutiges Vorgehen gegen jegliche Form von Rassismus, der Hand in Hand geht mit Sexismus – egal aus welcher Ecke dieser kommen mag. Jeder und jede von uns muss sich demokratisch einbringen und Verantwortung für die gemeinsame Zukunft übernehmen. Die Weltbilder, die eine männerdominierte Ideenwelt weiter stabilisieren, gehören aufgebrochen. Die Muster und Motivation für rassistische und sexistische Gewalt und Hetze sind stets gleich: Die Täter wollen das eigene Minderwertigkeitsgefühl und die damit verbundene Existenzangst kompensieren. So stark und mutig, wie sie selbst glauben, sind die jungen Rechtsextremen nämlich nicht.


Aus: "Was hinter den ,,Grauen Wölfen" von Favoriten steckt" Zeynep Arslan (25. Juni 2020)
Quelle: https://mosaik-blog.at/graue-woelfe-favoriten/ (https://mosaik-blog.at/graue-woelfe-favoriten/)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 29, 2020, 10:26:19 PM
Quote[...] Kritik an Instagram-Zensur: Sichtlich überrascht zeigt sich unsere FOM über die Löschung des Beitrages ,,Sex, Gender, and Pastafarianism" von Instagram. ,,Les Femmes Farfalles" sprechen sich im Rahmen des Pride Month für Sexpositivity und gegen die Diskriminierung von LGBTIQA*-Personen und Frauen aus. Im Beitrag wird festgehalten, dass sich die ,,Benachteiligung der Frauen wie ein roter Faden durch die Geschichte fast aller Religionen zieht" und dass die Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse unter Voraussetzung von Konsens im Pastafarianismus ausdrücklich erwünscht ist.

Der angebliche Grund für die Löschung: Das Bild zum Text zeige ,,Nacktheit bzw. sexuelle Aktivität".

Auf dem Bild sind aber die Brüste wie auch der Intimbereich von den Händen und dem Glaubenstext des Pastafarianismus vollständig bedeckt. Keineswegs handelt es sich dabei um Pornografie, sondern um körperlichen Ausdruck mit künstlerischem und gesellschaftspolitischem Anspruch.

Die Zensur durch Instagram zeigt einmal mehr die Verquickung religiös motivierter und antifeministischer Unterdrückung der freien Meinungsäußerung.


Aus: "Kritik an Instagram-Zensur" Nadja Entner (25.06.2020)
Quelle: https://pastafari.at/kritik-an-instagram-zensur/ (https://pastafari.at/kritik-an-instagram-zensur/)

Quote
Sunder Martin Preradovic

Leben wir wieder in den Fünfziger Jahren?


...


Quote[...] Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich (KdFSMÖ) verlautbart die Gründung des feministischen Frauenordens ,,Les Femmes Farfalles". Es ist, heutzutage, nicht unüblich, dass auf einem Piratenschiff auch Piratinnen ihren Dienst leisten. Unser Nudeliges Monster hat unserem Propheten Bobby, dem Physiker außerdem folgendes mitgeteilt:

,,Am liebsten wäre mir, wenn ihr die Leute nicht danach beurteilen würdet, wie sie aussehen oder wie sie sich anziehen oder wie sie reden. Seid einfach nett zueinander, okay? Ach, und kriegt es endlich in eure Dickschädel: Frau = Mensch. Mann = Mensch. Gehüpft wie gehoppelt. Das eine ist nicht besser als das andere. Es sei denn, es geht um Mode, denn die habe ich exklusiv den Frauen sowie ein paar Männern überlassen, die den Unterschied zwischen Veilchenblau und Violett kennen."

Und: ,,Am liebsten wäre mir, wenn ihr euch die verklemmten, frauenfeindlichen Vorstellungen anderer nicht auf nüchternen Magen anhören würdet. Esst etwas, dann macht euch über die Idioten her".

Ich habe die feministischen Piratenschwestern interviewt.

Als pastafarianischer Prieser freue ich mich sehr, die Gründung des feministischen Frauenordens ,,Les Femmes Farfalles" bekanntgeben zu können. Zu diesem Anlass hat die Fast Oberste Maccherona (FOM) meiner Kirche ein äußerst schönes und sehr spirituelles Foto (siehe Bild links) samt einem aussagekräftigen Text veröffentlicht:

    Monsterseidank gibt es mittlerweile den Pastafarianismus! In dieser Religionsgemeinschaft sind Frauen, Männer und alle anderen Geschlechter, sowie alle Menschen egal welcher sexuellen Orientierung, subsumiert unter LGBTIQA* laut Glaubenslehre absolut gleichberechtigt. Im Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters wird das ganz klar und präzise erläutert. Ganz besonders schön und erwähnenswert ist, dass die Pastafaris versuchen, das in der Praxis so zu leben und umzusetzen, auch wenn das nicht immer einfach ist.


Jener Blogartikel wurde dann auf den üblichen sozialen Netzwerken geteilt, um die Welt zu erleuchten und zu erretten. Jedoch gefiel dieses sexpositive Bild dem Zensurcomputer bei Instagram nicht.

    Sichtlich überrascht zeigt sich unsere FOM über die Löschung des Beitrages ,,Sex, Gender, and Pastafarianism" von Instagram. ,,Les Femmes Farfalles" sprechen sich im Rahmen des Pride Month für Sexpositivity und gegen die Diskriminierung von LGBTIQA*-Personen und Frauen aus. Im Beitrag wird festgehalten, dass sich die ,,Benachteiligung der Frauen wie ein roter Faden durch die Geschichte fast aller Religionen zieht" und dass die Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse unter Voraussetzung von Konsens im Pastafarianismus ausdrücklich erwünscht ist.

Nicht nur deswegen, sondern auch weil wir gerade das Pride Month feierten, habe ich meine Schwestern vom eher anhermetischen Orden der Piratinnen gebeten, mir einige Fragen zu beantworten.

MJ: Wie kam es, dass ihr den pastafarianischen Glauben angenommen habt?

Eva: Also, bei mir war das so, dass ich in den Medien von den Kämpfen um religiöse Gleichberechtigung des Pastafarianismus mitbekommen hab. Ich glaub, das war 2017, als das mit dem Führerscheinfoto und der Anerkennung öfters in den Zeitungen vorgekommen ist. Ich war vorher Atheistin, aber das Fliegende Spaghettimonster hat sofort meine wissenschaftliche Seite angesprochen. Auch das Argument mit dem Zusammenhang zwischen Klimawandel und Pirat*innen hab ich großartig gefunden. Der Pastafarianismus ist die einzige Religion, die wirklich zeitgemäß ist, das hab ich sofort gemerkt. Und seitdem fühle ich mich immer von den langen Nudeln des Monsters gehalten. Ich bin sofort online Mitglied geworden und hab auch meine Katzen pastafarisch getauft und großgezogen.

MJ: Eben. Jeder muss an etwas glauben. Als ich jund und dumm war, war ich auch Atheist. Und mit Korrelation kann man alles beweisen. Aber ich wusste nicht, dass wir auch Tiere spirituell betreuen. Bis du aktiv geworden bist, hat es noch ein bisschen gedauert, oder?

Eva: Ja, lange haben nur meine engsten Familienmitglieder und Freund*innen von meiner Religion gewusst. Ich hatte Angst davor, ausgelacht zu werden, oder mich ständig rechtfertigen zu müssen, was ich unfair finde. Wie oft werden Katholikinnen denn aufgefordert, zu erklären, wie genau ihr Gott Eva aus Adams Rippe geformt hat, oder was es da alles gibt? Ich glaube, dass viele Frauen durch diese Diskriminierungen abgeschreckt werden. Ich bin durch meine Schulpraktika im Lehramtsstudium zum aktiven Mitglied geworden. Überall Kreuze, an den Wänden, an den Kettchen von Kolleg*innen... Ich hab mich richtig provoziert gefühlt und mir noch am selben Tag die nächste Versammlung in den Kalender eingetragen und mir ein Kettchen mit dem FSM-Symbol bestellt.

Nadja: Im Jahr 2011 habe ich ,,Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters" gelesen https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelium_des_Fliegenden_Spaghettimonsters (https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelium_des_Fliegenden_Spaghettimonsters). Danach war ich von tiefem Glauben erfüllt und wollte von nun an unbedingt Pastafari sein und die frohe Botschaft des FSM verbreiten. Daraufhin habe ich versucht, weitere Pastafari in Österreich zu suchen und wurde erfreulicherweise fündig. Insgeheim glaube ich sogar, dass ich schon in meiner Kindheit ganz unbewusst eine echte Piratin war. Ich nehme an, dass das Fliegende Spaghettimonster schon damals Seine Nudeligen Tentakel im Spiel hatte, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch kein Mensch wusste, dass es den Pastafarianismus überhaupt gibt. Ich deute das als wahres Wunder und als eindeutiges Zeichen dafür, dass es das FSM tatsächlich geben könnte. ...

MJ: Wahnsinn! Gepriesen sei das Nudelige Moster! Wie kam es zur Gründung des Frauenordens Les Femmes Farfalle?

Eva: Bei der ersten Versammlung, bei der ich teilnahm, wurden die Mitgliederzahlen nach Geschlecht vorgestellt, und ich habe mich gewundert, warum der Frauenanteil so klein war, auch bei der Versammlung selber, und hab das angesprochen. Den ganzen Rest der Arbeit mit der Gründung haben unsere tolle FOM und die anderen länger Aktiven gemacht. Das musst du dann erzählen, Nadja. Ich hab ursprünglich an eine gezielte Werbekampagne für weibliche Mitglieder oder so gedacht. Dass es jetzt einen ganzen Orden gibt, übertrifft alle Erwartungen. Feminismus und LGBTIQA*-Rechte spielen in meinem Leben grundsätzlich eine große Rolle, und dass die Themen in meiner Religion so super aufgenommen werden, freut mich extrem. Ich bin sicher, in keiner anderen Religion fühlt man sich als Frau so ernstgenommen.

MJ: Ja, unsere Religion ist schon sehr OK und modern; obwohl wir auch schon eine lange Tradition haben. Nadja, wie kamst du auf die Idee mit diesem Foto?

Nadja: Juni ist weltweit PRIDE Monat! PRIDE steht für Würde, Gleichheit und erhöhte Sichtbarkeit der LGBTIQA*-Community. Wir Pastafari möchten besonders diese Personengruppe und Frauen unterstützen und sprechen uns gegen die Diskriminierung dieser Menschen aus. Aus diesem Grund habe ich den Beitrag ,,Sex, Gender, und Pastafarianismus" geschrieben https://pastafari.at/sex-gender-and-pastafarianism/ (https://pastafari.at/sex-gender-and-pastafarianism/). Die Idee mit dem Foto kam dann durch eine höhere Eingebung durch das Fliegende Spaghettimonster.

MJ: Ramen.

Nadja: Ramen.


MJ: Eva, du schreibst ja an einer feministischen Analyse unserer Gospel, ...

Eva: Genau! Teil eins ist schon in unserer Online-Kirchenzeitung zu lesen https://pastafari.at/von-nudeln-fleischbaellchen-und-male-strippers-eine-queerfeministische-analyse-der-gospel-of-the-flying-spaghetti-monster-unseres-propheten-bobby-henderson-teil-1/ (https://pastafari.at/von-nudeln-fleischbaellchen-und-male-strippers-eine-queerfeministische-analyse-der-gospel-of-the-flying-spaghetti-monster-unseres-propheten-bobby-henderson-teil-1/). Es geht darum, dass ich unsere Nudelige Schrift von vorn bis hinten untersuche: Was steht da zu Frauenrechten? Zu Schwulen und Lesben? Zu Sex und Beziehungen? Welche Geschlechterklischees gibt es vielleicht? Das Gute dabei ist, dass es ein religiöser Text ist, da hat man gleich viel mehr Interpretationsmöglichkeiten ...

MJ (lacht): Jaha, in der Tat ...

Eva: Wenn da zum Beispiel steht, dass Frauen einen besseren Modegeschmack haben, dann denk ich mir: Was will uns das Monster wirklich damit sagen? Vielleicht mag es mich mal wieder daran erinnern, diese Kategorien zu hinterfragen. Eine Jüdin steinigt auch nicht ihren Nachbarn, der am Samstag arbeitet, nur weil das wörtlich in der Tora steht.

MJ: Und wie kann man beim Frauenorden Les Femmes Farfalle beitreten?

Nadja: Man schreibt einfach eine E-Mail an mich: (Kontakt siehe Link oben). Es dürfen übrigens auch Männer und überhaupt alle Menschen unserem Frauenorden beitreten, wenn sie das möchten. Auch in dieser Hinsicht sind wir sehr flexibel.

MJ: Gut, meine Lieben. Gibt es noch irgendwas, das ihr der Welt mitteilen müsst?

Nadja: Ich möchte nochmals auf die Vorzüge meiner Religion eingehen: Es gibt im Pastafarianismus keine Dogmen. Nach dem Tod kommen gläubige Piraten in den Bierhimmel. Dort befindet sich ein Biervulkan und eine StripperInnenfabrik. Der Pastafarianismus fördert wissenschaftliche Weltanschauungen. Pastafari befürworten alles was gut ist und lehnen alles ab, was nicht gut ist. Toleranz, Glaubensfreiheit, Gleichberechtigung sind Werte, die uns Pastafari sehr wichtig sind. Der Pastafarianismus ist die friedlichste Religion, die es gibt.

Eva: So ist es.

MJ: Ja, so ist es. Ramen.


Aus: "Die Gründung eines pastafarianischen Frauenordens und Internetzensur sexpositiver Inhalte" Michael Jachan (29. Juni 2020)
Quelle: https://www.ruhrbarone.de/die-gruendung-eines-pastafarianischen-frauenordens-und-internetzensur-sexpositiver-inhalte/187230 (https://www.ruhrbarone.de/die-gruendung-eines-pastafarianischen-frauenordens-und-internetzensur-sexpositiver-inhalte/187230)

https://pastafari.at/sex-gender-and-pastafarianism/ (https://pastafari.at/sex-gender-and-pastafarianism/)

https://pastafari.at/wer-wir-sind/les-femmes-farfalles/ (https://pastafari.at/wer-wir-sind/les-femmes-farfalles/)

https://pastafari.at/von-nudeln-fleischbaellchen-und-male-strippers-eine-queerfeministische-analyse-der-gospel-of-the-flying-spaghetti-monster-unseres-propheten-bobby-henderson-teil-1/ (https://pastafari.at/von-nudeln-fleischbaellchen-und-male-strippers-eine-queerfeministische-analyse-der-gospel-of-the-flying-spaghetti-monster-unseres-propheten-bobby-henderson-teil-1/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 03, 2020, 03:03:36 PM
Prostituiertenverfolgung in Bremen 1933–1939
Ein maßnahmenstaatliches Experiment
Dr. Julia Hörath
Published Online:Feb 2020
Employing Ernst Fraenkel's model of the dual state, this article examines the persecution of prostitutes in Bremen during the early Nazi years. As a city-state with an administration that closely cooperated with the regime, Bremen quickly developed a multi-stage system for confining sex workers. Newly enacted policies built on calls for preventive policing and strict legislation proposed long before 1933. The Reichstag Fire Decree marked a significant shift, since suspending fundamental rights enlarged the perpetrators' scope of action. By legitimizing campaigns against prostitutes with the state of emergency, Bremen's authorities contributed to a radicalization of the regime's persecution policy.
https://doi.org/10.13109/gege.2019.45.4.597

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Geschlechterbeziehungen und "Volksgemeinschaft" (Klaus Latzel, Elissa Mailänder, Franka Maubach
Wallstein Verlag, 17.09.2018 - 287 Seiten) Herausgegeben von Klaus Latzel, Elissa Mailänder, Franka Maubach
Welchen Einfluss nahm der Nationalsozialismus auf die geschlechtlichen Beziehungen? Der Ort von Frauen in der NS-Gesellschaft und ihre Beteiligung an der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Mordpolitik wird seit geraumer Zeit ausgelotet. Daneben hat eine kritische Männlichkeitsforschung stereotype Bilder soldatischer Männlichkeit untersucht. Gleichwohl haben sich beide Forschungsstränge bislang hauptsächlich mit Frauen und Männern "unter sich" beschäftigt, weit seltener wurde die "Volksgemeinschaft" als "Geschlechtergemeinschaft" in den Blick genommen. Die Beiträgerinnen und Beiträger fragen, welche geschlechtsspezifischen Erwartungen an Männer, Frauen und Paare in der "Volksgemeinschaft" gerichtet wurden, welche Handlungsräume sich ihnen eröffneten oder verschlossen und welche Dynamiken die gedachten wie gemachten Ordnungen freisetzten. Das rassistische Potenzial der Geschlechterordnung rückt dabei ebenso in den Fokus wie Beziehungen am Rande oder jenseits der "Volksgemeinschaft". ...
https://books.google.de/books?id=-Ex3DwAAQBAJ&pg=PA109&lpg=PA109&dq=mirjam+schnorr+prostitution&source=bl&ots=yti1Y_KY87&sig=ACfU3U2j8zfNXMyPw_XljfNlu9r3vHG9Tw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwie67LGvK_qAhVL06YKHXkODIMQ6AEwEHoECAgQAQ#v=onepage&q&f=false
https://www.amazon.de/s?k=9783835342668&i=stripbooks&linkCode=qs
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 06, 2020, 11:43:08 AM
Frau Spunktpunkt (05.07.2020): " ... Ich habe gestern erfahren, dass mein Mann sich in eine andere Frau verliebt hat. Wie fragil das Glück ist. Und wie schnell alles vorbei sein kann. ..."

Antigone to @Spunktpunkt: " ... Meine Freundin hat nach 8 Jahren glücklicher Beziehung, Ehe und 2 Kindern eine Affäre begonnen und mich vor 84 Tagen nach einem halben Jahr lügereien verlassen. Ja, das Glück ist fragil. ..."

MiraMond @Spunktpunkt: " ... Ach verflucht. Das ist ein böser Schmerz! ..."

// Quelle: https://twitter.com/Spunktpunkt/status/1279804084955099136 (https://twitter.com/Spunktpunkt/status/1279804084955099136)

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Kathrin Weßling @ohhellokathrina
Übrigens ist "alle Frauen stehen auf Arschlöcher" ein misogyner Mythos, der suggerieren soll, dass Frauen es lieben schlecht behandelt zu werden und dein "ich bin so super nett und kenne nur Frauen die auf Bad Boys stehen, mich will keine" ist genau das gleiche Johannes.
https://twitter.com/ohhellokathrina/status/1279403202975338496 (https://twitter.com/ohhellokathrina/status/1279403202975338496)

Chris Cherry blossom @DXNVSTY Replying to @ohhellokathrina
Männer haben Angst vor intelligenten Frauen, ganz einfach.
https://twitter.com/DXNVSTY/status/1279403590440845312

Bonifazius @DeFlatulenza Replying to @DXNVSTY and @ohhellokathrina
Dumme Männer haben Angst vor intelligenten Frauen. Ansonsten fängt Gleichberechtigung ja wohl beim intellektuellen Miteinander an. Begegnung auf Augenhöhe und so weiter....
Intelligente Frauen sind sexy! (Männer vermutlich auch 'Winking face')
https://twitter.com/DeFlatulenza/status/1279493714730192901

Matthias Sohn @00sohn Replying to @DXNVSTY and @ohhellokathrina
Haben intelligente Frauen Lust auf minder intelligente Männer?
https://twitter.com/00sohn/status/1279660787326476293

usw.

...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 16, 2020, 05:08:00 PM
Quote[...] 2015 nahm Chantal Akerman sich das Leben. Völcker tauchte in die Welt ihrer Filme ein und war auf Anhieb fasziniert – vor allem von der Art und Weise, wie Akerman Frauen in ihren Filmen präsentierte. Sie habe den Kamerablick vom Voyeurismus befreit, indem sie Menschen ganz direkt, en face aufnahm, erklärt Tine Rahel Völcker, ,,so dass der Kamerablick von den Personen, die gefilmt werden, kommentiert werden kann." Dadurch könne das Machtverhältnis der Aufnahmesituation unterlaufen werden, so Völcker.

Besonders deutlich sei das geworden, wo Akerman sich selbst gefilmt habe, ,,weil sie sich mit all ihrer Verletzbarkeit zeigt, mit ihren Zweifeln und all dem, wovon man eigentlich von früh auf lernt, dass man es verbergen sollte." Dieser Konvention habe sich Chantal Akerman vor der Kamera mit ,,Schönheit und Würde und Komik" stets widersetzt.


Aus: "Sie hat die Kamera vom Voyeurismus befreit" Tine Rahel Völcker im Gespräch mit Massimo Maio (08.06.2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/buch-ueber-chantal-akerman-sie-hat-die-kamera-vom.2156.de.html?dram:article_id=478209 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/buch-ueber-chantal-akerman-sie-hat-die-kamera-vom.2156.de.html?dram:article_id=478209)

Chantal Anne Akerman (* 6. Juni 1950 in Brüssel; † 5. Oktober 2015 in Paris) war eine belgische Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Chantal_Akerman (https://de.wikipedia.org/wiki/Chantal_Akerman)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 17, 2020, 03:14:33 PM
Yulia Tsvetkova: Briefe gegen das Vergessen – April 2020
Die russische Aktivistin und Künstlerin Yulia Tsvetkova wird strafrechtlich verfolgt und schikaniert, weil sie für die Rechte von Frauen und LGBTI eintritt. Seit dem 22. November 2019 stand sie wegen ihrer Zeichnungen des weiblichen Körpers unter der unbegründeten Anschuldigung, "pornografisches Material hergestellt und verbreitet" zu haben, unter Hausarrest. Seit dem 16. März 2020 befindet sie sich zwar nicht mehr unter Hausarrest, und auch eine dringend benötigte zahnärztliche Untersuchung wurde ihr nun gestattet. Dennoch laufen nach wie vor strafrechtliche Ermittlungen gegen Yulia Tsvetkova. Am 11. Dezember 2019 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Rubel (etwa 730 Euro) gegen sie verhängt, weil sie die Administratorin zweier Online-LGBTI-Plattformen ist. In der Begründung heißt es, dies sei "Werbung für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen zwischen Minderjährigen" – obwohl die Plattformen wie im russischen Recht vorgeschrieben mit dem Hinweis versehen sind, dass sie nur für Volljährige zugänglich sind. ...
https://www.amnesty.de/mitmachen/brief-gegen-das-vergessen/yulia-tsvetkova (https://www.amnesty.de/mitmachen/brief-gegen-das-vergessen/yulia-tsvetkova)

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Quote[...] Die Künstlerin Julia Zwetkowa kassiert in Russland Strafen, weil sie etwa gleichgeschlechtliche Paare mit Regenbogen-Motiven malt. Und sie erhält massenhaft Morddrohungen. Der Fall der 27-Jährigen steht beispielhaft für ein System.

Moskau/Komsomolsk am Amur (dpa) - Monatelang hat die junge russische Künstlerin Julia Zwetkowa wegen ihrer Zeichnungen nackter Frauen schon im Hausarrest verbracht. «Mir wird vorgeworfen, im Internet Pornografie verbreitet zu haben», sagt die 27-Jährige. Sie sitzt zu Hause in ihrer Heimatstadt Komsomolsk am Amur im äußersten Osten Russlands in einem Video-Chat mit der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Zeichnungen sieht sie wie auch viele Kunstexperten, die auf Gemälde großer Meister von nackten Frauen in den Museen der Welt verweisen, nicht als Pornografie. Aber in Russland setzt bisweilen schon ein gemalter Regenbogen den Staatsapparat in Gang.

Weil sie gleichgeschlechtliche Paare - Frauen und Männer - mit Kindern malt, eckt Julia Zwetkowa immer wieder an. «Familie ist das, wo Liebe ist», steht auf ihrem Bild mit Regenbogenfarben. Eine Richterin verurteilte sie deshalb Anfang des Monats zu 75 000 Rubel (926 Euro) Strafe. Gut zwei Monatsgehälter sind das in der Region. Viel Geld für die arbeitslose Theatermacherin, die wegen der Anklage auch ihren Posten als Direktorin eines Begegnungszentrums verloren hat. Sogar mit dem sonst für die Sicherheit des Landes zuständigen Inlandsgeheimdienst FSB hatte sie es schon zu tun.

«Sexuelle Orientierung ist keine Idee, keine Überzeugung», sagte Zwetkowa vor Gericht. «Und mir persönlich ist kein Fall bekannt, in dem ein Junge beim Anblick einer Regenbogenfahne schwul wurde.» Die Richterin sah das anders. Sie verurteilte Zwetkowa, weil sie Kinder in ihrer Entwicklung schade. Dabei hatten die Bilder im Netz die Altersangabe 18+. In einem anderen Verfahren lag die Strafe bei 50 000 Rubel, ein drittes steht noch aus.

Längst ist die Feministin aus der Region Chabarowsk, wo es acht Stunden später als in Deutschland ist, für ihren Einsatz um die Rechte von Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LGBTI) landesweit bekannt. Auch die Europäische Union schaut auf den Fall. Doch das Schlimmste steht Julia Zwetkowa noch bevor. Weil sie Bilder von nackten Frauen gemalt hat, muss sie sich nun bald noch wegen Verbreitung von Pornografie verantworten. Bis zu sechs Jahren Straflager drohen ihr deshalb.

Die Bilder gehören zu einer Sammlung mit dem Titel «Eine Frau ist keine Puppe». Viele prominente Russen aus dem Show- und Mediengeschäft, Menschenrechtler und Politiker verurteilen das Vorgehen der Justiz gegen die Künstlerin. «Freiheit für Julia Zwetkowa!», fordern Aktivisten mit Plakaten bei Straßenprotesten. Immer wieder kommt es dabei zu gewaltsamen Festnahmen.

Auch das Internet - Facebook, Telegram, Instagram, Youtube - ist voll mit beißender Kritik an den Behörden. Auch Julia Zwetkowa selbst informiert und mobilisiert über die sozialen Netzwerke. Feministinnen landauf, landab demonstrieren gegen Gewalt an Frauen - und für mehr Rechte. «Mein Körper, meine Sache» ist inzwischen der Leitspruch einer ganzen Bewegung. Die Frauen wollen sich nicht vom Staat vorschreiben lassen, was gezeigt werden darf.

«Diese Unterstützung tut gut, weil ich mich dann nicht allein fühle», sagt Zwetkowa. «Es gibt aber auch viel Hass gegen mich und meine Mutter. Das ist schwer auszuhalten. Gedroht wird, uns zu erschießen oder zu verbrennen. Und es gibt genaue Beschreibungen, wo ich wohne.» Auch die Polizei selbst habe anfangs von ihren Vernehmungen Videos ins Netz gestellt mit Kommentaren. Die Absender der Hassbotschaften gegen Homosexuelle sind namentlich bestens bekannt. Eine Verfolgung aber wie die Zeichnerin Zwetkowa müssen sie kaum befürchten.

Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und Amnesty International haben Julia Zwetkowa offiziell auf die Liste der politisch Verfolgten gesetzt. «Sie wurde zur Zielscheibe einer langen, diskriminierenden und klar homophoben Kampagne», heißt in einem Memorial-Dossier. «Die Behörden haben ihr einen Schlag nach dem nächsten versetzt, indem sie sie willkürlich verhafteten, verhörten und einschüchterten.»

Julia Zwetkowa weiß, dass sie einen langen und gefährlichen Kampf vor sich hat. «Wenn ich keine Angst hätte, wäre das schon seltsam.» Immer wieder hat die Künstlerin, die in London und Moskau studiert hat, daran gedacht, der Provinz den Rücken zu kehren. Doch die Stadt darf sie wegen der Verfahren nicht mehr verlassen.

«Für die LGBTI-Bewegung wird sich die Lage im Land weiter verschärfen», sagt sie. Zum einen wird das international umstrittene Gesetz 2013 zum Verbot von «Homo-Propaganda» breit angewendet. Es verbietet, sich in Gegenwart von Kindern positiv über gleichgeschlechtliche Liebe zu äußern. Zum anderen ließ Präsident Wladimir Putin gerade erst eine neue Verfassung mit konservativen Werten verabschieden. Sie schließt die gleichgeschlechtliche Ehe aus.

Als die Botschaften der USA und Großbritanniens im Juni in Moskau aus Solidarität mit der LGBTI-Bewegung Regenbogenfahnen hissten, kritisierte der Kreml das als Verstoß gegen russische Gesetze. Das Riesenreich mit seiner einflussreichen russisch-orthodoxen Kirche sieht sich zunehmend im Kampf mit dem Regenbogen, dem internationalen Symbol für Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten.

Gerade erst hörte sich Kremlchef Putin bei einem Treffen mit Funktionären an, dass die beliebte Eiscreme Raduga eine Gefahr für Kinder sei. Raduga ist Russisch für Regenbogen - die Eisverpackung entsprechend bunt. Kinder würden so an das Regenbogen-Motiv gewöhnt, warnte die Politikerin Jekaterina Lachowa. Putin widersprach nicht. Er regte vielmehr mit Blick auf das Eis des Anstoßes sogar eine «gesellschaftliche Kontrolle» rund um den Regenbogen an.


Aus: "«Mein Körper, meine Sache» - Junge Russin kämpft um nackte Tatsachen" Ulf Mauder (Fr, 17.07.2020)
Quelle: https://www.greenpeace-magazin.de/ticker/mein-koerper-meine-sache-junge-russin-kaempft-um-nackte-tatsachen-von-ulf-mauder-dpa (https://www.greenpeace-magazin.de/ticker/mein-koerper-meine-sache-junge-russin-kaempft-um-nackte-tatsachen-von-ulf-mauder-dpa)


ZEIT ONLINE @zeitonline 10:13 PM · Jul 16, 2020
Weil sie Vulven zeigt, soll die russische Künstlerin Julia #Zwetkowa ins Gefängnis. Seit Wladimir #Putin die neue Verfassung verabschieden ließ, erfasst eine Repressionswelle das Land.
https://twitter.com/zeitonline/status/1283857413922226177 (https://twitter.com/zeitonline/status/1283857413922226177)

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"Nach Pornografie-Vorwurf Freispruch für russische Künstlerin" (15. Juli 2022)
Julia Zwetkowa stand wegen Zeichnungen weiblicher Geschlechtsteile vor Gericht. "Es ist klar, dass das noch nicht endgültig ist", kommentierte sie das Urteil
Chimki bei Moskau – Die russische Künstlerin Julia Zwetkowa ist nach eigenen Angaben von einem Gericht im Osten des Landes vom Vorwurf der Verbreitung von Pornografie freigesprochen worden. "Ein seit drei Jahren dauernder Prozess ist mit einem Sieg der Verteidigung zu Ende gegangen", teilte die 29-Jährige am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zugleich schränkte sie ein: "Es ist klar, dass das noch nicht endgültig ist."
Die Staatsanwaltschaft habe zehn Tage Zeit, Berufung gegen das Urteil des Gerichts in Komsomolsk am Amur einzulegen. Die Anklage hatte drei Jahre und zwei Monate Straflager beantragt, weil die Künstlerin und Aktivistin weibliche Geschlechtsteile gemalt hatte. ...
https://www.derstandard.at/story/2000137472455/nach-pornografie-vorwurf-freispruch-fuer-russische-kuenstlerin (https://www.derstandard.at/story/2000137472455/nach-pornografie-vorwurf-freispruch-fuer-russische-kuenstlerin)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 20, 2020, 10:19:52 AM
Quote[...] Ried im Innkreis – Der 21-Jährige, der in der Nacht auf Freitag im Bezirk Schärding im Innviertel zuerst seine Ex-Lebensgefährtin und dann zwei Kinder zu töten versucht haben soll, ist geständig. Der Verdächtige werde Samstagnachmittag in die Justizanstalt Ried im Innkreis eingeliefert. Die Staatsanwaltschaft werde U-Haft beantragen, so der Sprecher, Alois Ebner.

Das Motiv der Tat soll das Beziehungsende und Eifersucht wegen eines mutmaßlichen neuen Freundes der 26-jährigen Ex-Lebensgefährtin gewesen sein. Der Verdächtige und die 26-Jährige leben schon einige Zeit getrennt, der Mann dürfte sich aber wegen der gemeinsamen zehn Monate alten Tochter immer wieder im Mehrparteienhaus, in dem sich die Tat ereignete, aufgehalten haben.

Auslöser für die dramatischen Geschehnisse in der Nacht auf Freitag dürfte laut Ebner gewesen sein, dass der Verdächtige am Handy seiner Ex-Lebensgefährtin Hinweise auf eine neue Beziehung gefunden habe: "Der 21-Jährige hat offenbar gehofft, dass sich die Beziehung wieder einrenkt – doch dabei erkannte er, dass es mit der Beziehung nichts mehr werden wird und das dürfte ihn so in Rage gebracht haben."

Der junge Mann soll seine Freundin im Schlafzimmer gewürgt haben, sodass diese bewusslos wurde. Außerdem soll er versucht haben sein zehn Monate alte Tochter und den fünfjährigen Stiefsohn in einer vollen Badewanne mit einem an Strom angesteckten Toaster zu töten. Auch er selbst stellte einen Fuß ins Wasser. Der Fehlerstrom-Schutzschalter unterbrach jedoch den Stromkreis und die drei überlebten.

Anschließend soll der Mann noch zwei Gaskartuschen geöffnet haben. Als die Mutter wieder zu sich kam flüchtete er durchs Fenster zu seinem Elternhaus. Dort unternahm er einen weiteren Selbstmordversuch den er ebenfalls überlebte.

Die Frau erstattete Freitagmittag Anzeige. Der Verdächtige stellte sich schließlich – nachdem ein Polizeibeamter ihn am Telfon erreichte. Er wurde von einem Freund zur Polizeiinspektion gebracht, so Ebner. Bei der Vernehmung zeigte sich der Verdächtige voll geständig. Es gibt laut Staatsanwaltschaftssprecher keine Hinweise, dass der Täter bei er Tat nicht voll zurechnungsfähig gewesen sein sollte. Gegen den 21-Jährigen wird wegen dreifachen versuchten Mordes ermittelt. (APA, 18.7.2020)


Aus: "Oberösterreich: 21-Jähriger gestand, dass er Ex-Freundin und Kinder töten wollte" (18. Juli 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000118834199/21-jaehriger-gestand-dass-er-ex-freundin-und-kinder-toeten (https://www.derstandard.at/story/2000118834199/21-jaehriger-gestand-dass-er-ex-freundin-und-kinder-toeten)



Quote
amneris

"..erkannte er, dass es mit der Beziehung nichts mehr werden wird und das dürfte ihn so in Rage gebracht haben."

Nein, nicht diese Erkenntnis hat ihn in Rage gebracht, sondern sein Besitzanspruch. Ehrenmord auf österreichisch. Keinen Deut besser.


QuoteN S A

Re-le-vanz?


Quote
Grisu der kleine Drache

Die Herkunft des Täters wäre dann relevant, wenn seine Tat wesentlich durch kulturelle Prägung und Wertvorstellungen motiviert wäre.


Quote
Unerwarteter Gong vor dem Abend

"Durch kulturelle Prägung und Wertvorstellung" sind aber immer nur die anderen motiviert, oder? Unsere sind "psychisch krank".


Quote
Hamsterbacke

Eifersucht ist etwas ganz blödes und eigentümliches... etwas das ich nie ganz verstehen werde, obwohl selber auch eifersüchtig, mal mehr, mal weniger


Quote
sumac trebla

Eifersucht versteht man nicht, man empfindet sie.


Quote
Alex K. Yoshii

In erster Linie ist Eifersucht mal eines: niemals eine Entschuldigung.


Quote
Marsmanderl

Besitzdenken, gekränktes (schwaches) Ego. Ich möchte es nicht simplifizieren, aber wenn jemand deswegen zu töten bereit ist (nicht "fähig" - denn das war er ja glücklicherweise nicht), dann war derjenige ziemlich sicher schon zuvor eine "tickende Zeitbombe" was Beziehungen angeht. Ich denke da wird es auch falsche Vor bzw Rollenbilder in der Erziehung gegeben haben.


Quote
Exile on Main Street

Die einzig positive Nachricht an dem Artikel ist, dass Schutzschaltungen offenbar sehr gut funktionieren.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 20, 2020, 01:22:04 PM
Quote[...] Selbst bürgerliche Zeitungen verteidigen den islamischen Schleier heute gerne mit dem Argument, dass er Frauen vor Übergriffen schütze. Das ist rassistisch – denn natürlich sind auch muslimische Männer fähig, ihre Triebe zu beherrschen.

In der ,,Frankfurter Allgemeinen Zeitung" war in der vergangenen Woche auf Seite eins der folgende Satz zu lesen: ,,Der Schleier ist in vielen islamischen Ländern für Frauen nicht nur ein Symbol des Glaubens, sondern auch ein Mittel zum Schutz vor Übergriffen."

... Die Apologeten des Schleiers sind heutzutage zu klug, um tatsächlich auszusprechen, dass Frauen weniger wert seien als Männer. Sie verwenden gern das Tarnargument mit dem Schutz vor Übergriffen. Aber was für ein Frauen- und Männerbild offenbart sich darin?

Es sieht so aus: Unbedeckte Frauen sind Freiwild. Muslimische Männer sind nicht in der Lage, ihre Triebe zu beherrschen, wenn sie Freiwild sehen. [...] Zivilisation bedarf erstens einer Vorstellung von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller Menschen. Zweitens gehört zur Zivilisation die Fähigkeit zur Affektkontrolle.

Zivilisierte Männer müssen in der Lage sein, den freien Willen und die körperliche Unversehrtheit auch der spärlichst bekleideten Frauen zu respektieren. Eine Polizeisprecherin hat das einmal schön für das Münchener Oktoberfest formuliert: Es müsse möglich sein, auch splitternackt über die Wies'n zu laufen, ohne belästigt zu werden.

Selbstverständlich sind alle Menschen fähig zur Einsicht in die universelle Geltung der Menschenrechte. Natürlich sind muslimische Männer fähig zur Affektkontrolle. Aber warum sollen sie sich dazu durchringen, wenn selbst bürgerliche Zeitungen im Westen solch einfühlsamen Kulturrelativismus verbreiten?


Aus: "Auch muslimische Männer können ihre Affekte kontrollieren" Susanne Gaschke (19.07.2020)
Quelle: https://www.welt.de/debatte/kommentare/article211869467/Kopftuch-Auch-Muslime-koennen-ihre-Affekte-kontrollieren.html (https://www.welt.de/debatte/kommentare/article211869467/Kopftuch-Auch-Muslime-koennen-ihre-Affekte-kontrollieren.html)

QuoteFelix F.

Danke für diesen klugen Beitrag, der in Erinnerung ruft, was selbstverständlich sein sollte.


QuoteSylvia T.

Ich möchte älteren Frauen nicht zu nahe treten, ich werde selber hoffentlich auch älter, wenn ich Glück habe. Aber da auch alte Damen Kopftuch und Schleier tragen, halte ich das Argument der Selbstbeherrschung der Männer für eine Ausrede.


QuoteKlaus G.

Tiefgläubige Muslims verachten Atheisten und Agnostiker. Verachten auch leicht bekleidete Frauen (Schlampen). Glauben Sie nicht liebe Diskussionsteilnehmer? Dann sprechen Sie mal  intensiv mit unseren Gästen oder auch Migranten mit deutschem Pass aus islamischen Ländern.
Und es sind nicht nur die Männer. Das Kopftuch wird in tiefgläubigen Familien ab dem neunten Lebensjahr ,,empfohlen". Welches Kind möchte nicht ein gutes sein?


QuoteLea R.

Ich war vor vielen Jahren mal kurz liiert mit einem muslimischen jungen Mann. Er traf sich mit mir heimlich, denn wenn die Familie es wusste, bekäme er richtig Ärger, es entspräche nicht den Prinzipien. Ich solle mich dafür hüten andere Männer im öffentlichen Raum direkt anzuschauen, ich solle die Augen senken, denn der direkte Blickkkontakt stünde eine Einladung gleich, so klärte er mir leidenschaftlich auf. 


QuoteRichard Löwenherz

Frau Gaschke, Ähnliches gab es auch in unserer Geschichte zu sehen. Im Mittelalter war es üblich, später dann sogar ,,Mode" dass eine Frau die verheiratet war, ein Kopfbedeckung, Haube genannt, trug. So entstand der Spruch: unter die Haube kommen. Diese sollten anderen Männern zeigen, dass diese Frau vergeben ist und jegliche Minne nichts nützt um sie zu bewerben.
Verschwand natürlich wieder im Laufe der Zeit.  Allerdings hatte diese ,,Mode" keinen religiösen Hintergrund. ...


Quotechristian s.

... Kulturrelativisten würden doch auch die Kultur des 3. Reiches nicht als "gleichwertig" betrachten, und darin liegt die Scheinheiligkeit der Kulturrelativisten, dass eben doch nur die ihnen genehmen Kulturen "gleichwertig" erscheinen.


QuoteJ. H.

Dieser mittelalterliche, religiöse Umgang mit Sexualität funktioniert in der Kirche ja auch ganz super. Bis in die höchsten Ebenen tummeln sich dort die perversen Geister.
Im Prinzip ist es doch so: je mehr Angst und Zwänge man hat zu "sündigen" (denn darum geht es der Religion) desto mehr ist man davon beherrscht.


QuoteMartin V.

Ich bekenne gegen die modische Strömung: ich habe mit Nein gestimmt und bitte um sachliche Diskussion statt Scheißsturm (ich hasse auch "Anglizismen").
Das Problem das ich sehe, nennt man "das Kind mit dem Bade ausschütten".
Eine andere Version heißt Schwarz-Weiß-Malerei.

Die Autorin  vergißt zu berücksichtigen, daß Frauen optisch auf Männer anders reagieren als Männer auf Frauen. Nackte zumal. Das ist sogar im deutschen Recht fixiert, und ich habe noch keinen weiblichen Aufschrei zu dieser Ungerechtigkeit gefunden. Ein männlicher Exhibitionist, Entblößer oder was auch immer ist nun mal etwas anderes als eine weibliche Exhibitionistin oder Wiesnflitzerin.

Wie Männer Frauen sehen läßt sich zu einem Teil durch Erziehung beeinflussen und zu einem anderen Teil auch nicht. Letzteres erfordert dann ein Maß an Selbstbeherrschung und zur Schau gestellter Coolness, die zwar eine Fassade nach außen darstellt, aber nichts über Gefühle aussagt.

Und hier wird es dann gern abwegig. Männer sind cool obwohl die Frauen sich alle Mühe geben, sexy zu wirken. Solange das selbst gewählt werden kann ist das in Ordnung. Wer abends in die Bar geht erwartet dieses Spiel. Wenn die sexy Dame dann aber auf Arbeit erscheint und sich Mann das nicht ausgesucht hat und nicht weg kann wird es anstrengend.

Bei all diesen Diskussionen wird nie danach gefragt, warum eine Frau, zumal vielleicht sogar verheiratet, so ein Spiel mit ihren Mitmenschen oder eben vielleicht sogar Kollegen treibt.

Ehe diese Keule kommt: ja, natürlich ist das legitim, hier geht es nicht um Scharia sondern Moral.
Frau will alles dürfen - nur: sollte sie auch ? Wozu ?

Wenn wir das erst einmal akzeptiert haben, kommen wir zum Kulturkreis. Natürlich erwarte auch ich, daß es Männer aus anderen Kulturkreisen gelingt, sich zu beherrschen. Sie müssen es wollen, auch wenn es schwer fällt. Nur Frauen sollten auch die Gefühle von Männern respektieren ... können.


QuoteJ. H.

Sie finden es also anstrengend sich zu beherrschen, glauben das die Frauen "ein Spiel"  mit ihnen treiben und als Mann sollten sie sich aussuchen können wie die Damen sich in Ihrem Umfeld kleiden... Und die Frau ist also selbst schuld wenn Sie als Mann solche Gefühle zulassen. Und als Konsequenz - wenn Sie sich irgendwann nicht mehr beherrschen können, hat die Frau ihr Spielchen eben zu weit getrieben. "Ich bin ja schließlich ein Mann, das ist ja normal." Nein, das ist... verrückt.


QuoteErich W.

Eine Nachbarin mit Kopftuch ist immer nett und freundlich und einem kleinen Plausch nicht abgeneigt.
Außer ihr Ehemann ist dabei. Dann schaut sie die ganze Zeit auf den Boden.
Das Problem ist also nicht das Kopftuch. ...


QuoteSebastian G.

Habe einem bekannten, der in einem kleinen Laden arbeitet.
Syrer, 22 Jahre, in Syrien Abitur, Ärztefamilie, spricht nach wenigen Jahren sehr gut Deutsch, verhält sich tolerant und wehrt sich gegen Rassismus friedlich und smart. Also eigentlich ein Vorbildmigrant.
Auch seine Einstellung Frauen gegenüber ist tolerant, er würde nie übergriffig werden. ABER er sagte mir dennoch, dass er nicht verstehen kann, wie Deutsche Frauen so freuzügig (hot pants, top) rumlaufen können. Denn dann sehe ja jeder Mann alles und Männer würden dann zwangsläufig schweinische Gedanken bekommen (wohlgemerkt Gedanken, keine Taten). Das würde ihn als Frau - so seine Meinung - nicht gefallen. Darum findet er Kopftuch und angemessene, verdeckende Kleidung besser.

Will sagen: Selbst ein Bildungsbürgerkind, aufgeschlossen und tolerant, tut sich schwer mit unserem Frauenbild. Seine Aussagen über schweinische Gedanken sind vielleicht nicht allzu weit hergeholt, aber die Gedanken sind nun mal frei, ebenso wie die Kleiderwahl. ...


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 21, 2020, 12:11:56 PM
Quote[...] Roy Den Hollander was a self-described "anti-feminist" lawyer who flooded the courts with seemingly frivolous lawsuits that sought to eliminate women's studies programs and prohibit nightclubs from holding "ladies' nights." ...


From: "'Anti-Feminist' Lawyer Is Suspect in Killing of Son of Federal Judge in N.J." (July 20, 2020)
Source: https://www.nytimes.com/2020/07/20/nyregion/esther-salas.html (https://www.nytimes.com/2020/07/20/nyregion/esther-salas.html)


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Quote[...] New York – Nach dem tödlichen Schusswaffenangriff auf die Familie einer US-Bundesrichtern wird ein Anwalt der Tat verdächtigt. Der Leichnam des Tatverdächtigen wurde am Montag im Bundesstaat New York gefunden, wie die US-Bundesanwaltschaft mitteilte. Laut Medienberichten soll der Anwalt Roy D.H. Suizid begangen habe.

Bei dem Angriff am Sonntag war der 20-jährige Sohn von Richterin Esther Salas getötet worden. Ihr Mann wurde schwer verletzt. Salas selber blieb offenbar unversehrt. Nach Informationen von US-Medien war der Angreifer als Paketbote verkleidet zu Salas' Haus in North North Brunswick im Bundesstaat New Jersey gekommen.

Der tatverdächtige Anwalt hatte sich selbst als Streiter gegen den Feminismus bezeichnet. US-Medien zufolge lancierte er in den vergangenen Jahren diverse Klagen, die sich gegen Frauenbelange richteten. So verklagte er laut "New York Times" Nachtclubs, weil sie Rabatte für Frauen anboten, und die Columbia University wegen ihrer Kurse in Feminist Studies. Auf seiner Website rief D.H. Männer dazu auf, "für ihre Rechte zu kämpfen, bevor sie keine mehr haben".

In einem Verfahren, das Richterin Salas geleitet hatte, war er 2015 dagegen aufgetreten, dass im hypothetischen Fall eines Einberufungsbefehls in den USA nur Männer zum Militärdienst herangezogen werden. Sie hatte den Fall, so wie von D.H. angestrebt, an eine andere Stelle weitergeleitet. Den Online-Schreiben des nunmehr Tatverdächtigen nach, habe sie das aber nicht schnell genug getan. Er bezeichnete sie darin als "faule und inkompetente Latina-Richterin, die von Obama bestellt wurde".

Salas sitzt derzeit einem Verfahren vor, in dem eine Sammelklage von Investoren gegen die Deutsche Bank verhandelt wird. Die Kläger werfen der Bank vor, Finanzaktivitäten von Hochrisiko-Kunden nicht ausreichend überwacht zu haben – darunter auch jene des verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein, der sich nach offiziellen Angaben vergangenes Jahr in einem New Yorker Gefängnis das Leben nahm.

Die 51-jährige Salas hatte das Amt als Richterin am Bundesgericht von New Jersey nach ihrer Nominierung durch den damaligen Präsidenten Barack Obama 2010 übernommen. Sie wurde damit zur ersten Bundesrichterin mit lateinamerikanischen Wurzeln in den USA. (APA, 21.7.2020)


Aus: "Antifeministischer Anwalt des Mordes an Sohn von US-Bundesrichterin verdächtig" (21. Juli 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000118877834/antifeministischer-anwalt-des-mordes-an-sohn-von-us-bundesrichterin-verdaechtig (https://www.derstandard.at/story/2000118877834/antifeministischer-anwalt-des-mordes-an-sohn-von-us-bundesrichterin-verdaechtig)

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Jiro Taniguchi

Dieser Mord hat mit Antifeminismus nichts zu tun. Come on.


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2 of 3

Ach, was denn sonst?


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Polly Esther

Streiter gegen den Feminismus. Und dann geht er hin, erschießt einen 20jährigen und verletzt dessen Vater schwer.


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Mr. Zebra

Bei jeder x-beliebigen Straftat gibt es im Forum innerhalb von Minuten Dutzende Postings, die sofort den Schuldigen ausfindig gemacht haben (Migrationshintergrund, Flüchtlingswelle, danke Merkel, etc.). Aber wenn der Täter ein weißer Mann ist, der online sexistische und rassistische Parolen verbreitet, dann muss man bitte schon ein bisschen vorsichtiger sein mit den Anschuldigungen!


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Chrilu14

Also wieder ein Irrer der zu leicht an Schusswaffen kam - dafür musste 1 Mensch sterben.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 24, 2020, 10:44:16 AM
5:02 PM · Jul 23, 2020 - Rep @AOC: "I do not need Rep. Yoho to apologize to me. Clearly he does not want to. Clearly when given the opportunity he will not & I will not stay up late at night waiting for an apology from a man who has no remorse over calling women & using abusive language towards women."
https://twitter.com/cspan/status/1286315637275598849 (https://twitter.com/cspan/status/1286315637275598849)

Quote[...] Am Ende hat sie es doch nicht auf sich sitzen lassen. "Diese Sache ist kein Einzelfall. Es ist kulturell. Eine Kultur der Straflosigkeit, der Akzeptanz von Gewalt und gewalttätiger Sprache gegen Frauen. Eine ganze Machtstruktur unterstützt das", sagte die demokratische Abgeordnete Alexandra Ocasio-Cortez in einer Ansprache am Donnerstag im Repräsentantenhaus. Sie habe die Sache hinnehmen wollen, aber die Entschuldigung von Yoho hätte sie daran gehindert.

In einer viel beachteten Rede reagierte Cortez auf eine Beleidigung durch den Republikaner Ted Yoho. Wie die Zeitung "The Hill" berichtet, soll Yoho Cortez Anfang dieser Woche "a fucking Bitch" (auf Deutsch etwa "eine verdammte Schlampe") genannt haben.

Yoho und Ocasio-Cortez sollen Anfang der Woche auf den Stufen des Kapitols diskutiert haben. Yoho soll die Demokratin unter anderem "widerwärtig" genannt haben, weil sie zuvor behauptet habe, dass Arbeitslosigkeit und Armut durch die Coronakrise zu einer Zunahme von Kriminalität in New York City führen könnten. Als die beiden Politiker auseinandergingen, soll Yoho laut "The Hill" Ocasio-Cortez gegenüber einem Kollegen "a fucking bitch" genannt haben.

Yoho hatte am Mittwoch für die "abrupte Art der Unterhaltung" zwischen ihm und Cortez um Entschuldigung gebeten. Dabei hatte der Republikaner auch gesagt, dass er seiner Wortwahl nach 45 Jahren Ehe und zwei Töchtern sehr "bewusst" sei. Yoho hätte seine Ehefrau und Töchter als Schild und Entschuldigung für sein schlechtes Verhalten genutzt, sagte Ocasio-Cortez. Sie sei zwei Jahre jünger als Yohos jüngste Tochter.

"Ich bin auch die Tochter von jemandem", sagte Ocasio-Cortez. Ihre Stimme zitterte merklich als sie erklärte: "Mein Vater ist glücklicherweise nicht mehr am Leben um zu sehen, wie Mr. Yoho seine Tochter behandelt." Ihre Mutter habe die Respektlosigkeit von Yoho im Repräsentantenhaus aber im Fernsehen gesehen. "Und ich bin hier, weil ich meinen Eltern zeigen muss, dass ich ihre Tochter bin. Und dass sie mich nicht erzogen haben, um die Beschimpfung von Männern zu akzeptieren." (agr, Reuters, 24.7.2020)


Aus: "Alexandria Ocasio-Cortez kontert wüste Beleidigung mit bewegender Rede" (24. Juli 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000118954714/alexandria-ocasio-cortez-kontert-wueste-beleidigung-mit-bewegender-rede (https://www.derstandard.at/story/2000118954714/alexandria-ocasio-cortez-kontert-wueste-beleidigung-mit-bewegender-rede)

Quote
seaneastwood

Dass Yoho behauptet er habe das nie gesagt ist nehm ich an irrelevant


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mussdassein?

Wieso hat er sich dann vor dem Kongress entschuldigt?
https://twitter.com/i/status/1285940519915446273 (https://twitter.com/i/status/1285940519915446273)


Quote
seaneastwood

sagt er ja, fuer die art der unterhaltung. er streitet ab sie beleidigt zu haben
was gibts da nicht zu verstehen. sie koennen dann ja fuer sich entscheiden ob sie aoc oder yoho glauben
es nicht abuzdrucken, was der beschuldigte sagt ist journalistisch unterste schublade
https://nypost.com/2020/07/22/rep-ted-yoho-apologizes-to-aoc-denies-calling-her-f-ing-bitch/ (https://nypost.com/2020/07/22/rep-ted-yoho-apologizes-to-aoc-denies-calling-her-f-ing-bitch/)

aber vllt gefaellt ihnen ja diese schublade


Quote
ich sag dazu

"Yoho hatte am Mittwoch für die "abrupte Art der Unterhaltung" zwischen ihm und Cortez um Entschuldigung gebeten. Dabei hatte der Republikaner auch gesagt, dass er seiner Wortwahl nach 45 Jahren Ehe und zwei Töchtern sehr "bewusst" sei. Yoho hätte seine Ehefrau und Töchter als Schild und Entschuldigung für sein "
Klingt nicht nach abstreiten, oder?


QuoteNoTrueScotsman

Ein völlig sinnbefreiter Artikel.... Bitte, bringt's doch ned so einen unwichtigen Scheiß in den Nachrichten.
Des is doch wirklich nurmehr Stimmungsmache...


Quote
GGruber3, 24. Juli 2020, 09:37:06

An Alle die nun sagen sie solle nicht so Dünnheutig sein: "Es unkommentiert zu lassen, würde bedeuten es als normal hinzunehmen"
Als Kongressabgeordnete eine solche Aussage die publik wurde unkommentiert zu lassen würde bedeuten, dass sie es als normal hinnimmt. In ihrer Rolle als Kongressabgeordnete hat sie aber auch Vorbildwirkung für die Bürger des Landes und vor Allem auch für junge Frauen. Daher ist es wichtig, dass sie solche Aussagen NICHT hinnimmt um den (jungen) Frauen zu zeigen, dass man so ein Verhalten nicht akzeptieren darf und den Bürgern generell, dass so ein Verhalten nicht akzeptabel ist und nicht einfach mit einer Entschuldigung aus der Welt zu schaffen ist.


Quote
hinweis4

"A fucking bitch" - echt jetzt? Ist das nicht eine Bezeichnung für jede (unbotmäßige) Frau in unzähligen Filmen aus den USA und in einem Gutteil der Gangsta-Rap-Songs?
Und wurden nicht Frauen, die sich bisher gegen eine solche "Ansprache" gewehrt haben, belächelt - jedenfalls bevor es Metoo gab?
Und wenn's eine Politikerin persönlich trifft, ist es einen ganzen Artikel wert?
Naja, manche sind halt gleicher.


Quote
friction007

Ihr Beitrag zeugt von Ignoranz. Hoffentlich überdenken Sie Ihr Wertesystem irgendwann noch einmal.


Quote
trebo

Es ist einfach Angst. Männer wie Yoho haben Angst vor intelligenten Frauen.


Quote
CharlyTurtle

Also wenn sie sowas nicht aushält ist sie vielleicht in der Politik falsch... Passt aber gut zur heutigen Kultur der Wattebällchen, alles noch schnell in die Öffentlichkeit bringen damit man sich schön als Opfer darstellen kann....


Quote
Mein_Postingname_war_schon_vergeben

Blödsinn. Wenn man eine solche Rede nicht sofort und einstimmig verurteilt, ist in der demokratischen Kultur etwas falsch. Er kann seine Ansichten verteidigen, mit welche abstrusen Argumenten auch immer, aber er hat gefälligst die Person zu respektieren. Das hat Frau Ocasio-Cortez sehr eindringlich klargemacht. Mit seiner Vulgarität und Respektlosigkeit hat er Frauenverachtung legitimiert, und das ist mitnichten ein sympathischer Ausdruck von Volksnähe, sondern einfach nur widerlich.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 24, 2020, 11:23:16 AM
Quote[...] FREIBURG taz | Am Ende redet der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin den jugendlichen Angeklagten ins Gewissen. Sie sollen das Urteil als Chance nehmen, ein anderes Leben zu beginnen. ,,Sonst verbringen Sie einen Großteil Ihrer Zeit in Deutschland im Gefängnis".

Elf Angeklagte und zehn zum Teil langjährige Haftstrafen, dazu ein Freispruch, so lautet die Bilanz nach 46 Verhandlungstagen in einem Verfahren, das in der Presse als Freiburger Gruppenvergewaltigung bekannt wurde. Es sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit, weil die meisten der Angeklagten, die zur Tatzeit zwischen 18 und 30 Jahre alt waren, Geflüchtete sind. Einige von ihnen waren bereits vorbestraft, manche auch schon wegen Gewaltdelikten.

Der Prozessauftakt im vergangenen Jahr war noch von Demonstrationen begleitet gewesen, die Urteilsverkündung fand unter Corona-Bedingungen in einem Gemeindesaal statt. Mit leichter Verzögerung verkündete Richter Bürgelin nun das Urteil der Jugendstrafkammer. Der Hauptangeklagte Majid H. muss wegen Vergewaltigung für fünf Jahre und sechs Monate in Haft.

Er hatte die alkoholisierte und unter Drogeneinfluss stehende Miriam W. in das Wäldchen nahe einer Diskothek geführt, um ihr angeblich eine Tätowierung zu zeigen. Danach hat er sie auf den Boden geschubst, festgehalten und vergewaltigt. Er habe die 18-Jährige dann alleine liegen gelassen und die anderen Männer geholt. Es folgte ein stundenlanges Leiden für die junge Frau.

Sein Freund Ibrahim M., der der Frau eine Ecstacy-Tablette verkauft hatte, muss für vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Auch er habe die Frau sexuell missbraucht und andere aufgefordert, das Gleiche zu tun.

Die anderen jungen Männer, denen das Gericht eine Vergewaltigung nachweisen kann, erhalten Haftstrafen von einem Jahr und sechs Monaten bis zu vier Jahren. Zwei Angeklagte erhalten eine Strafe von vier und sechs Monaten wegen unterlassener Hilfeleistung.

Nur Mohammad M. wird von allen Vorwürfen freigesprochen und muss sich nur noch wegen eines Drogendelikts verantworten. Er war derjenige, der der Frau half und ihr zusammen mit ihrer Freundin in der Nacht eine Möglichkeit zur Übernachtung gab. Ihn hatte die 18-Jährige in ihrer Aussage als ,,Retter" bezeichnet. Insgesamt folgte das Gericht mit seinem Urteil im Wesentlichen den Forderungen der Staatsanwaltschaft.

Der Abend im Oktober 2018 hatte für die 18-Jährige diesen dramatischen Verlauf genommen, nachdem sie Majid H. in der Diskothek kennen gelernt und eine hochdosierte Ecstacy-Tablette eingenommen hatte. Der psychologische Gutachter und Drogenexperte Torsten Passie bescheinigte der Frau, die vorher keine Erfahrungen mit Drogen hatte, während der Vergewaltigung in einem ,,psychoseähnlichen" Zustand, gewesen zu sein, der eine Gegenwehr unmöglich gemacht habe. Sie selbst hat in ihrer nichtöffentlichen Aussage, die das Gericht in der Urteilsbegründung zitiert, nur noch von bloßen ,,Erinnerungsinseln" an die Tatnacht gesprochen.

Alle Behauptungen der Angeklagten, die Frau habe Sex mit den Männern gewollt, nannte das Gericht – gestützt auf psychologische Gutachten – ,,eine Standardeinlassung von Angeklagten bei Vergewaltigungsprozessen" und nicht glaubhaft. Eventuelle Rufe von ihr, die die Männer ermuntert haben könnten, seien dem offensichtlichen Drogeneinfluss geschuldet, den auch die Täter bemerken mussten. Die junge Frau hat bis heute mit schweren gesundheitlichen Folgen zu kämpfen.

Für die Angeklagten falle die lange Prozessdauer mildernd ins Gewicht, erklärte die Jugendkammer. Der Prozess dauerte fast zwei Jahre und wurde durch den Corona-Lockdown zusätzlich verzögert. Außerdem stellte das Gericht bei den Angeklagten Flucht- und Gewalterfahrungen in ihrer Jugend in Rechnung, betonte aber auch, dass Vorstrafen bei Einzelnen zur Strafverschärfung geführt haben. Übrigens auch bei dem einzigen Angeklagten mit deutschem Pass, Timo B., der zu drei Jahren wegen Vergewaltigung verurteilt wurde. Auch er ist bereits wegen Raubes vorbestraft und muss nun für 3 Jahre in Haft.

Die Anwältin von Miriam W. die im Prozess als Nebenklägerin aufgetreten war, äußerte sich zufrieden zu dem Urteil. Sie hoffe, dass ihre Mandantin mit dem Geschehenen abschließen könne.


Aus: "Prozess um Vergewaltigung in Freiburg: Zehn Haftstrafen und ein Freispruch" Benno Stieber (23.7.2020)
Quelle: https://taz.de/Prozess-um-Vergewaltigung-in-Freiburg/!5695385/ (https://taz.de/Prozess-um-Vergewaltigung-in-Freiburg/!5695385/)

https://taz.de/Prozess-zu-Vergewaltigung-in-Freiburg/!5703641/ (https://taz.de/Prozess-zu-Vergewaltigung-in-Freiburg/!5703641/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 25, 2020, 12:13:46 PM
Quote[...] Eine 52 Jahre alte Berlinerin ist am späten Mittwochabend in Moabit mutmaßlich von ihrem Partner erstochen worden. Der Mann, der 53 Jahre alte Berliner Fotokünstler Saul Fletcher, ist ebenfalls tot, bei ihm ist derzeit von Suizid auszugehen, wie die Berliner Polizei am Donnerstag mitteilte.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag meldete sich nach Informationen des Tagesspiegel die Tochter des Opfers bei der Polizei. Der Lebensgefährte ihrer Mutter habe sie angerufen und ihr gestanden, seine Partnerin erstochen zu haben.

In einer Wohnung in der Calvinstraße fanden Polizisten in der Nacht zum Donnerstag die Leiche der 52 Jahre alten Frau in einer Wohnung, hieß es. Am Oberkörper hatte sie Stichwunden. ,,Den ersten Erkenntnissen zufolge soll sie Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sein", erklärte die Polizei.

Nach Informationen des Tagesspiegel gehen die Ermittler aktuell von einem Femizid aus: Vieles spricht dafür, dass der mutmaßliche Täter seine Partnerin im Streit erstochen hat - auch das soll Fletcher der Tochter am Telefon gesagt haben.

,,Einige Zeit später" hätten Einsatzkräfte der Polizei Brandenburg den 53 Jahre alten Saul Fletcher gefunden: tot im Ferienhaus der Frau in Rheinsberg, Landkreis Ostprignitz-Ruppin.

Mit einem Auto soll der mutmaßliche Täter die rund 100 Kilometer weite Strecke dorthin geflüchtet sein. Hinweise auf ein Fremdverschulden gibt es in seinem Fall nicht. Die Ermittler gehen von Selbstmord aus. Auf Anfrage des Tagesspiegel wollte die Polizei keine weiteren Details zum Tathergang nennen.

Der gebürtige Brite Saul Fletcher lebte seit zwei Jahrzehnten in Berlin, die Galerie Neu zeigte 2008 Bilder. Als Künstler war er danach in der Stadt nicht mehr präsent, hatte hier jedoch sein Atelier.

Fletcher verlagerte die Zusammenarbeit zur New Yorker Galerie Anton Kern, die auch andere in Berlin lebende Künstler vertritt. In München stellt ihn die Galerie Sabine Knust neben Stars wie John Baldessari oder A. R. Penck aus. Hier fand vergangenes Jahr eine Soloschau statt – mit Porträts von Menschen vor abstrakter Malerei.

Immer wieder inszenierte sich Saul Fletcher auch selbst in diversen Verkleidungen oder mit gefundenen Objekten. Es sind oft düstere Motive, melancholisch und verstörend. Nichts für ein breites Publikum, was vielleicht erklärt, weshalb Fletcher in den vergangenen Jahren in keiner größeren Ausstellung vertreten war.

Das mutmaßliche Opfer war gebürtige Amerikanerin, lebte aber - wie Saul Fletcher - schon lange in Berlin. Die Frau arbeitete hier für Galerien und hatte sich als Kuratorin und Kunst-Agentin selbstständig gemacht. Sie organisierte Ausstellungen und vermittelte Künstler an internationale Galerien - auch ihren Partner.


Aus: "Berliner Fotokünstler ersticht mutmaßlich Freundin - und nimmt sich das Leben"  Julius Betschka, Christiane Meixner (24.07.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/gewaltverbrechen-in-berlin-moabit-berliner-fotokuenstler-ersticht-mutmasslich-freundin-und-nimmt-sich-das-leben/26030922.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/gewaltverbrechen-in-berlin-moabit-berliner-fotokuenstler-ersticht-mutmasslich-freundin-und-nimmt-sich-das-leben/26030922.html)

Quotesusi_3000 23.07.2020, 14:27 Uhr

Danke, dass hier nicht wieder der unangemessene Begriff "Familiendama" benutzt worden ist.


Quoteporphyrogenita 24.07.2020, 19:04 Uhr

... Der Begriff "erweiterter Suizid" ist in den meisten Fällen genauso falsch und verharmlosend wie das Wort "Familiendrama". Beide sollte man vermeiden.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 06, 2020, 10:59:13 AM
Quote[...] Was Frauen seit Jahrzehnten aushalten, scheinen viele Männer für sich als unzumutbar zu empfinden. Ende 2011 fand eine klinische Studie zur Pille für den Mann statt. Einige Probanden klagten über Kopfschmerzen, Akne, Gewichtszunahme und weniger Lust auf Sex. Also das, was Frauen seit Jahrzehnten aushalten – abzüglich der wirklich gravierenden Risiken. Nach der Studie stellten die meisten Pharmaunternehmen die Entwicklung einer Pille für den Mann ein.

Das ist einerseits bezeichnend weinerlich. Andererseits ist es tatsächlich nicht die perfekte Lösung, das gleiche Prinzip samt seiner Schwächen einfach umzuschultern. Doch es wäre fair. Es würde das Bewusstsein der Männer schärfen, die ja ohnehin biologisch privilegiert sind: Sie sind es nicht, die die Kinder austragen. Sie sind es auch nicht, die an Regelschmerzen leiden. Das heißt aber erst recht nicht, dass sie damit nichts zu tun hätten.

Noch besser wären Alternativen. Klar, die gibt es. Für Frauen mittlerweile ungefähr zwei Dutzend mehr oder weniger sichere Varianten von Diaphragma bis Spirale, von Femidom bis Kalendermethode. Für den Mann bleiben Kondome oder die recht endgültige Entscheidung zur Vasektomie. Und wer jetzt Coitus interruptus sagt, darf aufhören zu lesen.

Schon quantitativ macht das Angebot klar: Die Verantwortung liegt auch abseits der Pille oft bei der Frau. Das kann man als Mann egoistisch bequem finden. Warum sollte jemand Geld, Mühe und Nebenwirkungen für etwas auf sich nehmen, was sechs Jahrzehnte die Frau erledigt hat?

Oder man kann das ärgerlich finden. Für die Frau, aber auch für den Mann. Er lässt sich eine Chance entgehen. Wäre es nicht souverän und selbstbestimmt, die langfristige Verhütung zu übernehmen und sich nicht darauf zu verlassen, dass es die Frau übernimmt? Zumal außerhalb fester Partnerschaften oder Ehen, in offenen Beziehungen oder als Single – als Back-up zum Kondom? Nicht als selbstloser Helfer, sondern schon aus Eigennutz. Wo also bleiben die lauten Forderungen nach einer langfristigen Verhütung für den Mann?

Es muss ja nicht gleich jeder so radikal sein wie Clemens Bimek. Er hat sich ein Samenleiterventil ausgedacht und auch schon einsetzen lassen. Jetzt hat er einen Schalter im Hodensack, mit dem er sich auf Knopfdruck den Hahn zudreht. Extrem, aber selbstbestimmt. Für umfangreichere klinische Studien fehlt das Geld, weil niemand investieren will.

Weniger extrem, aber vielversprechend klingen Studien zum Vasalgel. Das wird dem Mann in den Samenleiter gespritzt und soll mindestens ein Jahr lang fast nebenwirkungs- und schalterfrei verhüten. Die Forschung dafür finanziert vor allem eine Stiftung, die Parsemus Foundation. Wann und ob es auf den Markt kommt, ist unklar. Schon 2018 war das Ziel einer Zulassung nicht erreicht worden, seitdem ist es wieder ruhig geworden um die Verhütungsmethode – obwohl die Testergebnisse an Tieren positive Ergebnisse zeigten.

Was also tun? Sich damit auseinandersetzen wäre ein Anfang, sich zumindest mit den Folgen für die Frau zu beschäftigen und sie zu verstehen. (Ein wunderbarer Einstieg ist zum Beispiel dieser Podcast.) Sich wenigstens die Kosten für die Verhütung teilen und über Alternativen zur Pille nachdenken. Mal von alleine anbieten, auf Kondome umzusteigen, bis was anderes gefunden wird. Das Thema in die Gesellschaft tragen und verdeutlichen, dass die Nachfrage da ist. Diese gegenüber Unternehmen, Apothekern, Expertinnen und Ärzten kommunizieren und klarmachen, dass Forschung und Entwicklung sich lohnen, weil es einen Markt dafür gibt.

Auch könnte sich die Politik stärker bei der Förderung von Alternativen engagieren. Es ist gut und richtig, dass die Antibabypille bis zum 22. Lebensjahr von der Krankenkasse übernommen wird. Es führt aber auch dazu, dass Alternativen weniger attraktiv erscheinen oder schlicht für manche nicht erschwinglich sind.

Und wie wäre es, wenn wir Männer uns als Probanden zur Verfügung stellten? Sicher, Risiken und Nebenwirkungen muss jeder für sich abwägen. Aber Kopfschmerzen, die sollten wir aushalten.


Aus: "Fünf vor acht / Antibabypille: Verhüte, wer kann!" Eine Kolumne von Christian Vooren (6. August 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/antibabypille-nebenwirkungen-frauen-verhuetung-maenner-5vor8/seite-2 (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/antibabypille-nebenwirkungen-frauen-verhuetung-maenner-5vor8/seite-2)

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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 06, 2020, 11:11:33 AM
Quote[...] Tausende Frauen haben in der Türkei gegen einen möglichen Rückzug der Regierung aus einem internationalen Abkommen gegen häusliche Gewalt protestiert. In Istanbul hielten Demonstrantinnen am Mittwoch Plakate mit der Aufschrift "Lang lebe die Frauen-Solidarität" in die Höhe.

Die Proteste hatten im vergangenen Monat begonnen, nachdem Mitglieder der regierenden islamisch-konservativen AKP-Partei das Abkommen als "falsch" bezeichnet und einen möglichen Austritt angedeutet hatten.

Auch in den Städten Ankara, Adana und Antalya kam es zu Protesten. In der Stadt Izmir an der türkischen Ägäisküste schritt nach Angaben der Frauenrechts-Organisation Nar Women ´s Solidarity die Polizei ein und nahm zehn Frauen fest.

Die sogenannte Istanbul-Konvention des Europarats aus dem Jahr 2011 ist das weltweit erste verbindliche Abkommen gegen Gewalt an Frauen, von Vergewaltigung in der Ehe bis zur weiblichen Genitalverstümmelung. Frauenrechtsgruppen haben den türkischen Behörden in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen, das Gesetz 6284, das nach der Ratifizierung des Abkommens durch die Türkei 2012 erlassen worden war, nicht umzusetzen. Damit seien Frauen häufig schutzlos gegenüber Gewalt durch ihre Partner, Ehemänner oder Verwandten.

Manche konservative Gruppen hingegen behaupten, das Gesetz würde Homosexualität fördern und die Einheit türkischer Familien "zerstören".

Selbst die Familie von Präsident Recep Tayyip Erdoğan scheint in der Sache gespalten. Seine Tochter Sümeyye ist Vize-Vorsitzende einer Organisation, die das Abkommen unterstützt, während eine Organisation, an der sein Sohn Bilal beteiligt ist, sich gegen das Abkommen ausspricht. (APA, 6.8.2020)


Aus: "Tausende Frauen protestierten in der Türkei gegen häusliche Gewalt" (6. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119197752/tausende-frauen-protestierten-in-der-tuerkei-gegen-haeusliche-gewalt (https://www.derstandard.at/story/2000119197752/tausende-frauen-protestierten-in-der-tuerkei-gegen-haeusliche-gewalt)

Quote
profeline

Das Gesetz würde Homosexualität fördern und die Einheit türkischer Familien "zerstören".
Mich würde wirklich interessieren, wie man auf derart abstruse Gedankengänge kommt.

In Polen ist es übrigens nicht anders. Dort bezeichnet man das Abkommen als eine ,,feministische Schöpfung zur Rechtfertigung der homosexuellen Ideologie".

Immer wieder interessant und deprimierend, wie einig sich Religionen bei Frauenfeindlichkeit und Homosexualität sind, sogar wenn sie sich sonst sogar feindlich sind.


Quote
gukumatz

Ganz klar: wenn die kleinen Alpha Männchen in der Schule über Genderfragen und Homosexualität erzählt bekommen, werden sie plötzlich selber schwul oder Schlimmeres, das muss natürlich vermieden werden.


Quote
herr-s

... "Manche konservative Gruppen hingegen behaupten, das Gesetz würde Homosexualität fördern und die Einheit türkischer Familien zerstören".
Soll das bedeuten: Wenn ich meine Frau nicht prügeln darf, werde ich schwul?

Der Irrsinn religiöser Fanatiker lässt sich offensichtlich immer noch steigern.


Quote
profeline

Wenn ich meine Frau nicht prügeln darf, werde ich schwul? - Habe ich mich auch gefragt. Gehört Gewalt gegen Frauen derart zur Identität eines ,,richtigen" Mannes, dass er keiner mehr ist, wenn er diese Gewalt nicht mehr ausüben darf?


Quote
Dazu folgendes:

Dass einem diese unfassbare Angst vor Homosexualität nicht selbst lächerlich vorkommt, ist wirklich bemerkenswert.


Quote
Charlie-Brown

Prinzen dulden eben keinen Wiederspruch.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 06, 2020, 11:18:03 AM
Quote[...] Die Zahlen sind ja schon ziemlich eindeutig: Laut einer französischen Studie, die sich zur Analyse von sexistischen Beleidigungen den Zeitraum von 2006 bis 2016 angeschaut hat, werden 86 Prozent der Opfer von Männern angegangen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen sexistisch beleidigt werden, ist etwa zehnmal höher als bei Männern. Es betrifft häufig Frauen unter 35, es wird ihnen zumeist in aller Öffentlichkeit direkt ins Gesicht geschleudert, und es geht dabei mehrheitlich um ihre äußere Erscheinung. Gerne auch aus Gruppen heraus und am liebsten von Männern, die einige Jahre älter sind als ihre weiblichen Opfer. Mit anderen Worten: Sexistische Beleidigungen gegen Frauen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und Täter sind auch nicht nur einige wenige, irrelevante Männer. Wir reden unter anderem von dem 65-jährigen Republikaner Ted Yoho, der die 30-jährige Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez auf den Stufen des Washingtoner Kapitols "widerlich, gefährlich und irre" nannte und vor Umstehenden noch ein "fucking bitch" nachschob.

... Neben der Tatsache, dass Mann offenbar wenig bis gar keine Skrupel hat, Frauen derart verbal zu belästigen und herabzusetzen, sind zwei Dinge besonders bemerkenswert.

Zum einen die Dünnhäutigkeit von Männern, die anscheinend mit der substanzlosen Oberflächlichkeit ihrer angeblich guten Manieren korreliert. Wenn man sich vor Augen führt, wie wenig offenbar notwendig ist, um sich zu derlei Verbalausfällen zu versteigen, dann scheint die bloße Existenz von Frauen in Führungspositionen, auf Podien, in politischen Entscheidungsgremien oder einfach nur auf der Straße schon Grund genug zu sein. Das, was Männer als Frechheit oder Anmaßung deuten, ist in den meisten Fällen einfach nur eine Frau, die etwas sagt. Die Position bezieht, anmerkt, kritisiert, vorschlägt und dabei nicht angesichts männlichen Dominanzgebarens in Ehrfurcht erstarrt. Und zum anderen fällt der großflächige Realitätsverlust dieser Männer auf. Die lächerlichen Lügen, mit denen sie ihr Selbstbild vom großzügigen Macher und "eigentlichen Frauenfreund" inszenieren, der leider, leider bei dieser einen unglücklichen Begebenheit missverstanden wurde, obwohl er doch so ein herzensguter Kerl ist.

... Tatsache ist, dass nicht Frauen wie Alexandria Ocasio-Cortez, Marianne Götsch oder auch Alexandra Wachter Männer schlecht aussehen lassen. Männer lassen Männer schlecht aussehen. Und das sollten gerade Männer ihnen nicht länger durchgehen lassen. (Nils Pickert, 4.8.2020)


Aus: "Herzerwärmende Frauenbeschimpfer" Nils Pickert (4. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119097173/herzerwaermende-frauenbeschimpfer (https://www.derstandard.at/story/2000119097173/herzerwaermende-frauenbeschimpfer)

Quote
Von hinterm Mond

Interessant ist in dem Zusammenhang mit "Dünnhäutigkeit" auch noch die weinerliche selbstmitleidige Überempfindlichkeit, die genau dieselben Menschen an den Tag legen, die über gern über andere herziehen und keine Hemmungen haben, Schwächere mit Beschimpfungen zu verletzen.

Häufig dann, wenn ein Täter (fast ausschließlich männlich) für seine Tat kritisiert wird, oder wenn ein Opfer es wagt, sich zu wehren. Das sorgt auch vor Gericht immer wieder für Fassungslosigkeit.

Auch in der Politik - wenn z.B. ein Politiker, dessen bereitwillige Korruptionsangebote öffentlich enthüllt werden, verärgert aus den Aufdeckern die "wahren" Kriminellen macht. Oder wenn nicht die Kriegsverbrecher, sondern die Whistleblower ins Gefängnis müssen.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 11, 2020, 12:27:07 PM
Quote[...] [ Zu: "Prostitution in der DDR: Eine Untersuchung am Beispiel von Rostock, Berlin und Leipzig, 1968 bis 1989" (Deutsch) Taschenbuch – 9. Juli 2020
von Steffi Brüning (ISBN-13: 978-3954102174)
]


Wer an Sexualität in Deutschland im Jahr 1968 denkt, hat wahrscheinlich Rainer Langhans und die freie Liebe vor Augen. Doch während in der Bundesrepublik die sexuelle Revolution in vollem Gange war, gab es in der DDR mit dem 1968 beschlossenen neuen Strafgesetzbuch ein weiteres Repressionsinstrument, das speziell auf die weibliche Sexualität zielte. Denn dort galten mit Einführung des Paragrafen 249 Prostituierte als Asoziale und konnten mit mehrjährigen Haftstrafen belegt werden. Der Paragraf betraf jedoch nicht nur Frauen, die sich prostituierten: Schon sexuelle Freizügigkeit wurde unter der Prämisse "Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten" unter Strafe gestellt.

Die SED verwendete mit "Asozialität" den gleichen Begriff, der im Nationalsozialismus zur Verfolgung und Ermordung von Menschen diente, die auf verschiedene Art von der Norm abwichen. "Die SED übernahm diesen Begriff und verknüpfte ihn mit dem Fehlen einer legitimen Form von Arbeit, ohne die Kontinuität zum Nationalsozialismus zu thematisieren, obwohl diese Kontinuität nicht zu leugnen ist", sagt Historikerin Steffi Brüning, die mit ihrer neu erschienenen Arbeit "Prostitution in der DDR" die erste Untersuchung der vielfältigen Facetten des Rotlichtgewerbes im Sozialismus veröffentlicht hat.

Brüning hat sich auf die Städte Berlin, Leipzig und Rostock konzentriert. "Finanzstarke Kunden trafen Prostituierte in allen drei Städten, oft in den Bars der Interhotels. Überall sicherten und organisierten Netzwerke mit. Kellner vermittelten beispielsweise Kontakte, Prostituierte sorgten im Gegenzug für guten Umsatz und hohes Trinkgeld. Sexuelle Kontakte verlagerten sich oftmals in den privaten Raum der Frauen, da es keine Bordelle oder andere Arbeitsorte gab", so Brüning.

Brünings Analyse zeigt: Faktisch war Prostitution verboten, doch die Realität war komplizierter. Denn einerseits wurde Prostitution nicht immer geahndet, sondern teilweise sogar unterstützt, wenn sie der SED zuträglich erschien. Gleichzeitig fand der Paragraf 249 auch Anwendung, wenn es darum ging, Frauen zu unterdrücken, die ihre Sexualität allzu aktiv lebten oder deren Leben den Normvorstellungen des SED-Regimes aus anderen Gründen nicht entsprach. So war Prostitution im Sozialismus mit dem Fehlen einer legitimen Arbeit verknüpft, wurde also erst dann strafbar, wenn man sich Frauen der sozialistischen Wirtschaft nicht als Arbeitskraft zur Verfügung stellten. Hier, wie in anderen Bereichen, bekommt das Bild der "emanzipierten Ostfrau" bei näherer Betrachtung Risse.

"Die SED rühmte sich damit, quasi automatisch durch die Einführung des 'Sozialismus' Geschlechtergerechtigkeit hergestellt zu haben. Der Umgang mit Prostituierten zeigt, dass das nicht gelang", sagt Brüning. "Frauen wurden enge Normen gesetzt, aus denen sie nicht ausbrechen sollten. Sexuelle Freizügigkeit, der Kontakt zu verschiedenen Männern, die nicht aus der DDR kamen, mit Sex Geld zu verdienen, sich selbstbestimmt Freiheiten zu nehmen - all das verstieß gegen die konservativen Moralvorstellungen und arbeitspolitischen Interessen der SED. Sobald Frauen sich wie selbstbestimmte Akteurinnen verhielten, konnten sie Probleme bekommen, und das betraf nicht nur Prostituierte", so Brüning.

Ihre Analyse offenbart auch das engstirnige Frauenbild der SED: Die Partei sah sie als sexuell passiv, regimekonforme Sexualwissenschaftler unterstellten ihnen, nur bei Liebe Lust empfinden zu können. Die monogame Beziehung zwischen Mann und Frau galt als Ideal - und "kleinstes Kollektiv in der DDR".

Amtsdeutsch hießen Frauen, die viele Partner hatten, Personen mit "häufig wechselnden Geschlechtspartnern" oder kurz "HWG". War eine Frau einmal als eine solche erfasst, so konnte sie zu regelmäßigen ambulanten Kontrollen auf Geschlechtskrankheiten verpflichtet oder in geschlossene Krankenanstalten wie die venerologische Station in Berlin-Buch zwangseingewiesen werden. Die Station in Buch wurde in der Umgangssprache abwertend als "Tripperburg" bezeichnet. Dabei waren die Mädchen und Frauen, die dort nach Geschlechtskrankheiten untersucht wurden, zu etwa 70 Prozent gesund, sagt Birgit Marzinka, Leiterin des Dokumentationszentrums "Lernort Keibelstraße". Ziel dieser Stationen sei die Disziplinierung der Frauen und Mädchen gewesen sowie ihre Erziehung zu dem, was als sozialistische Persönlichkeit galt.

Prostitution wurde von der SED als kapitalistisches Phänomen dargestellt und damit auch instrumentalisiert, um den Westen abzuwerten. An junge Mädchen wurde die Warnung verschickt, sie würden in westdeutschen Rotlichtvierteln versklavt, sollten sie Republikflucht begehen. Gleichzeitig war den Herrschenden des SED-Regimes jedes Mittel recht, um an Informationen aus dem Westen zu gelangen - auch der Einsatz von Prostituierten.

Als "Honigfallen" wurden Informantinnen auf Diplomaten, Unternehmer und Journalisten überwiegend aus dem nichtsozialistischen Ausland angesetzt. "Dabei waren sexuelle Kontakte immer auch Mittel zum Zweck, aber nie das ausschließliche Ziel der Tätigkeit. Es ging darum, dass Frauen als Inoffizielle Mitarbeiter (IM) möglichst langfristige vertrauensvolle Beziehungen zu diesen Männern aufbauen und keine schnellen sexuellen Begegnungen stattfinden. Diese Informantinnen waren intelligent, gut ausgebildet, sehr attraktiv und politisch loyal gegenüber der SED. Sie wurden oft nicht als Prostituierte wahrgenommen", sagt Brüning. Zu den Anforderungen für diese Frauen zählte unter anderem eine "vaterländische Gesinnung".

Auf der anderen Seite wurden Prostituierte von der Staatssicherheit unter Druck gesetzt, als Informantinnen mit ihr zusammenzuarbeiten. "Angedroht wurden zum Beispiel Inhaftierungen, die Wegnahme der Kinder, der Verlust von Arbeit. Das führte dazu, dass Prostituierte sich oft sehr schnell auf eine Tätigkeit als IM einließen", so Brüning. Für ihre Untersuchung befragte sie vier Frauen, die in der DDR als Prostituierte gearbeitet hatten. Diese zu finden sei umständlich gewesen, so die Historikerin - doch als sie schließlich erzählen konnten, taten sie dies sehr umfassend. "Die Frauen wählten für sich in der Rückschau sehr verschiedene Beschreibungen. Für eine Frau, die sich aufgrund von Armut und Sucht auf der Straße prostituierte und nur eine geringe Bezahlung erhielt, war diese Zeit mit Scham verbunden. Eine andere Frau, die mit wohlhabenden internationalen Kunden in Kontakt war und Luxus erlebte, schwärmte von ihren Erlebnissen. Beide sehen sich im Nachhinein als Prostituierte, haben sich in der DDR aber selbst nicht so wahrgenommen", so Brüning.

Quelle: ntv.de


Aus: "Zwischen Honigfalle und asozial: DDR lehnte Prostituierte ab und benutzte sie" Sarah Borufka (Montag, 10. August 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/leben/DDR-lehnte-Prostituierte-ab-und-benutzte-sie-article21899486.html (https://www.n-tv.de/leben/DDR-lehnte-Prostituierte-ab-und-benutzte-sie-article21899486.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 18, 2020, 09:26:28 AM
Quote[...] Kürzlich wurde am Kammergericht Berlin ein wegweisendes Urteil gefällt: Ein heute 38-jähriger Bundespolizist wurde wegen eines sexuellen Übergriffs zu einer Bewährungsstrafe und Schmerzensgeld verurteilt. Er hatte beim Sex mit einer damals 20-jährigen Polizeianwärterin heimlich das Kondom abgestreift. Das Gericht hat damit sogenanntes Stealthing für strafbar erklärt, in diesem Fall jedoch nicht als Vergewaltigung bewertet, da es sich um ,,keinen besonders schweren Fall" gehandelt habe. Im Einzelfall könne Stealthing künftig aber auch als Vergewaltigung bestraft werden, so das Urteil.

Die Reaktionen kommen prompt, oft von männlicher Seite: Es hätten ja beide dem Sex an sich zugestimmt. Sei es da nicht nur eine Lappalie, ob nun mit Kondom oder nicht? Vielmehr gehe es doch um praktische Gefahren, wie die Angst vor Geschlechtskrankheiten oder die Möglichkeit einer ungewollten Schwangerschaft.

Auch wenn das wichtige Bedenken sind, sollten wir uns die Machtdynamik genauer ansehen:

Streift der Sexualpartner heimlich ohne Wissen seiner Partnerin das Kondom ab, entmündigt er sie in diesem Moment und darüber hinaus. Trotz der anfänglichen gemeinsamen Übereinkunft, Sex zu haben, stellt der Mann damit seine Bedürfnisse nach mehr Intensität über ihre Sicherheitsbedenken, schwanger zu werden oder sich möglicherweise mit einer Geschlechtskrankheit anzustecken. Kommuniziert wird: ,,Meine Entscheidung ist mehr wert als deine."

In eine Situation der Lust und Intimität tritt mit einer Handbewegung Verrat und Gewalt, mit möglichen erheblichen Konsequenzen. Es ist eine Demonstration seiner Macht, sie wird in dieser Dynamik degradiert. Die dahinterliegende Anspruchshaltung: Er hat das Recht auf die Entscheidung, ob ein Kondom verwendet wird – sie nicht.

,,Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt", macht sich strafbar. So heißt es in § 177 im Strafgesetzbuch. Der Konsens war zwar im genannten Fall vorhanden, aber nur unter der Voraussetzung, dass ein Kondom verwendet wird. Die einvernehmliche Absprache galt nicht für Sex ohne Kondom.

Wohlwissentlich und um diese Diskussion zu umgehen, wird das Kondom beim Stealthing heimlich abgestreift. Das ist kein konsensueller Sex mehr, das ist also eine Vergewaltigung und verletzt zutiefst das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die dahinterliegenden Machtverhältnisse, dass eine Frau zum Objekt wird, sind beim Stealthing und bei einer Vergewaltigung die gleichen, die psychischen Folgen für das Opfer sind ebenso schlimm.

Ich kenne viele Frauen in meinem Umfeld, denen es so ergangen ist, inklusive mir selbst. Es fallen dann gerne Sätze wie: ,,Warum habe ich nicht besser aufgepasst?" oder ,,Wo habe ich den Moment verpasst, die Frage mit dem Kondom wirklich unerschütterlich zu klären?"

Verärgert werden die Kosten für die Pille Danach und einen HIV-Test bezahlt, aber das Unbehagen bleibt. Der Verrat auch.

Die Anspruchshaltung vieler Männer, insbesondere in Bezug auf Sex, wird uns jeden Tag vorgelebt – in Filmen, Medien und Büchern. Es ist eine Mär, dass die Frau doch eigentlich wolle und sich nur ziere. Es ist ein Mythos, dass Frauen Nein sagen, aber Ja meinen.

Spätestens durch die #MeToo-Bewegung hat sich in den vergangenen Jahren schon einiges in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion getan. Das Sexualstrafrecht wurde reformiert, ein Nein heißt nun Nein. Die gesellschaftlichen Anspruchshaltungen und Rollenbilder, wie Männer und Frauen vermeintlich zu sein haben, sind aber immer noch fest in den Köpfen vieler Menschen verankert. Und so halten sich Argumentationslinien, die sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungen immer wieder verharmlosen. Selbst Bekannte und Freund*innen suchen die Schuld bei der Frau, wenn sie fragen: ,,Das musst du doch gemerkt haben?"

Davon profitieren vor allem die Täter. So geben wir ihnen fälschlicherweise zu verstehen, die Tat sei wirklich nicht so schlimm gewesen. Dabei wäre es an der Zeit, dass wir unseren Fokus und unser Mitgefühl den Betroffenen widmen. Es ist wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen. Wir geben damit den Betroffenen die Menschlichkeit zurück. Und Täter müssen endlich die Konsequenzen für ihr Handeln tragen.

Wenn wir als Einzelne und als Gesellschaft stattdessen alte Muster verteidigen, verteidigen wir eine Kultur, in der die Bedürfnisse des Täters über denen der Betroffenen stehen. Solange wir diese Taten kleinreden, verteidigen wir eine Kultur der Ungleichheit der sexuellen Selbstbestimmung.




Aus: "Warum Stealthing als Vergewaltigung bewertet werden sollte" Gerlinde Schrön (17. August 2020)
Quelle: https://ze.tt/warum-stealthing-als-vergewaltigung-bewertet-werden-sollte/ (https://ze.tt/warum-stealthing-als-vergewaltigung-bewertet-werden-sollte/)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 18, 2020, 09:29:18 AM
Quote[...] Der Schwangerschaftsabbruch bei einem zehnjährigen Mädchen, das von seinem Onkel vergewaltigt worden ist, hat in Brasilien eine heftige Kontroverse ausgelöst und zu Drohungen seitens rechter Aktivisten geführt. Wie verschiedene brasilianische Medien berichteten, forderte die Justiz des Bundesstaates Espríto Santo soziale Netzwerke dazu auf, Veröffentlichungen mit Informationen über das Mädchen zu löschen. Der Onkel, der das Mädchen seit seinem sechsten Lebensjahr missbraucht haben soll, ist auf der Flucht.

Zuvor hatte die rechtskonservative Politikerin Sara Winter den Namen des Mädchens und das Krankenhaus, in dem der Abbruch vorgenommen werden sollte, veröffentlicht. Winter, ehemals selbst feministische Aktivistin, ist seit mehreren Jahren als Gegnerin von Schwangerschaftsabbrüchen bekannt und war bis vor Kurzem im Frauen- und Familienministerium des Landes für Mutterschaftspolitik verantwortlich. Die jetzige Frauen- und Familienministerin und evangelikale Priesterin Damares Alves bedauerte derweil auf Facebook die Entscheidung der Justiz, dem Mädchen das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch zuzugestehen. Beide gelten als Unterstützerinnen des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro.

Die brasilianischen Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen stammen noch aus den Vierzigern und sind dementsprechend streng. So sind sie nur nach einer Vergewaltigung und bei Gefahr für das Leben der Mutter erlaubt. Gewöhnlich werden derartige Fälle unter Stillschweigen verhandelt. In diesem Fall wurden sie politisch: Winter veröffentlichte nicht nur die Daten des Mädchens, sondern hat dem britischen Guardian zufolge auch behauptet, staatliche Behörden hätten das Mädchen entführt, um einen Abbruch zu erzwingen. Tatsächlich musste das Mädchen in ein Spezialkrankenhaus gebracht werden, nachdem eine Klinik in Espríto Santo den Eingriff abgelehnt hatte. Vor dem Krankenhaus hatten sich konservative Politiker und Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen versammelt und den zuständigen Arzt als "Mörder" bezeichnet.

Dem brasilianischen Jahrbuch für öffentliche Sicherheit zufolge werden stündlich vier brasilianische Mädchen unter 13 Jahren vergewaltigt. Die meisten Täter sind demnach Verwandte. Von den insgesamt 66.000 Vergewaltigungsopfern in Brasilien im Jahr 2018 war mehr als die Hälfte Mädchen unter 13 Jahren. Die strenge Gesetzeslage führt zudem zu einer hohen Zahl an illegalen Schwangerschaftsabbrüchen. Dem Guardian-Bericht zufolge bricht jede Minute eine brasilianische Frau illegal eine Schwangerschaft ab, insgesamt eine halbe Million pro Jahr.


Aus: "Zehnjährige wegen Schwangerschaftsabbruch von Extremisten bedroht" (18. August 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/brasilien-zehnjaehriges-maedchen-schwangerschaftsabbruch-religioeser-extremismus (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/brasilien-zehnjaehriges-maedchen-schwangerschaftsabbruch-religioeser-extremismus)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 25, 2020, 05:05:30 PM
Quote[...] Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine Popnummer Gynäkologen auf den Plan ruft. Wenn sie allerdings WAP, wet-ass pussy, heißt, müssen sich nicht nur musikalische Fachleute, sondern auch Fachärzte in die Exegese reinknien. Nein, starke vaginale Feuchtigkeit beim Sex deutet nicht unbedingt auf Krankheiten hin, erklärt da zum Beispiel die Frauenärztin Dr. Jen Gunter in der New York Times anlässlich des Tracks und der Reaktionen darauf. So haben amerikanische Rechtskonservative wie der Chefredakteur von The Daily Wire, Ben Shapiro, öffentlich behauptet, dass es bei den beiden Rapperinnen nässetechnisch nicht ganz mit rechten Dingen zugehen könne.

Am anderen Ende des politischen Spektrums deutet die New Yorker Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez, bekennender Cardi-B-Fan, dagegen die Abkürzung WAP gleich scherzhaft zum Wahlspruch "Women Against Partriarchy" um.

Das vor drei Wochen erschienene und bisher auf Youtube 130 Millionen Mal aufgerufene Opus der beiden US-Rapperinnen Cardi B und Megan Thee Stallion, eine etwa dreiminütige Ode an die gut im Saft stehende Vagina, mit erwartungsgemäß explizitem Text und einer Bildsprache, die dem um nichts nachsteht, ist ein Politikum. Nicht zuletzt, weil Cardi B den Wahlkampf des Demokraten Bernie Sanders unterstützte, als dieser noch im Rennen war. Konservative nutzen diese Verbindung, um Demokraten über den Umweg des WAP-Videos eine antifeministische Haltung vorzuwerfen. Frauen, die sich so zeigen, könnten ja keine Feministinnen sein, so der Tenor.

Man hat in Musikvideos, in Pop- und Raptexten schon so einiges in aller Deutlichkeit gesehen und gehört; trotzdem ist Offenherzigkeit nicht gleich Offenherzigkeit: Cardi B, die einzige Frau, die einen Grammy für das beste Rap-Album im Alleingang gewonnen hat, Brecherin zahlreicher Streamingrekorde und unaufhaltsames Internetphänomen, und Megan Thee Stallion, die ihren großen Durchbruch der App Tiktok zu verdanken hat, wo ihre Single Savage erst dieses Jahr viral ging, sind eine Art sex-positives Dreamteam.

Die nicht auf den Mund gefallene Cardi B arbeitete als Stripperin, bevor sie zu rappen anfing, und finanzierte sich so einige Zeit lang das College. Die 25-jährige Megan Thee Stallion, die den Namen "Hengst" aufgrund ihrer imposanten Physis stolz trägt, mauserte sich auch raptechnisch früh zum besten Pferd im Stall. Beide stehen für ein Frauenbild des absoluten Selbstvertrauens – sowohl in die eigenen Fähigkeiten als auch in den Luxuskörper. Ja, sexy wollen sie sein, aber nicht unbedingt auf die verführerische, gefällige Weise, sondern mit gespreizten Beinen voran. Den sogenannten Male Gaze, den sabbernden Blick der Männer, zu befriedigen mag zwar nach dem Motto "Komme, wer wolle" passieren, ist aber nicht das eigentliche Ziel. Hier geht es um weibliche Selbstermächtigung. Die darf man freilich schwer obszön finden, sie ist aber wohl kaum antifeministisch.

Was die beiden besser als viele männliche Kollegen, die über ihre primären Geschlechtsmerkmale rappen, können, ist zu fordern, ohne zu degradieren. Der Mann hat zwar bitte Leistung zu bringen, er wird deswegen aber nicht als Hure abgestempelt.

Weiters steht die Sichtbarkeit schwarzer Frauen im Zentrum. Frauen, die das Leben, sich selbst und einander inmitten einer Krise feiern, die das Ideal von weißen, schlanken Frauenkörpern hinterfragen. Und es geht um nichts Geringeres als den amerikanischen Traum: aus dem Nichts zum weltweiten Erfolg – bei Cardi B und Megan Thee Stallion ist das eben ein sehr feuchter Traum.

WAP ist freilich auch eine wohlkalkulierte Provokation, eine Bombe, abgeworfen über einem immer prüder werdenden Amerika der Gegensätze, dessen Präsident insgeheim selbst vom "Pussy-Grabben" ohne Einwilligung des Gegenübers träumt. Die Macht, die Entscheidungsgewalt über den eigenen Körper holen sich Cardi B und Megan Thee Stallion quasi zurück.

Die Faktoren Tabubruch – denn ja, vaginale Feuchtigkeit ist tatsächlich kein breit diskutiertes Thema – und politische Brisanz, sowohl im Sinne von Parteipolitik als auch Body-Politics plus zwei der aktuell größten Rap-Stars, die mit allen Wassern des Internets gewaschen sind und nicht nur Musik, sondern Memes produzieren, ergeben den Popkulturmoment des Jahres. Es schadet dabei nicht, dass WAP auch eine ziemlich eingängige Nummer ist. Ein einfacher, basslastiger Trap-Beat und das im Loop laufende Sample Whores in this House, eine 1993 erschienene House-Nummer von Frank Ski, hat alles, was ein Hit dieser Tage braucht.

Auch das Video stellt ein "Hurenhaus" dar, durch das Cardi und Megan nebst vielen weiblichen Gaststars feucht-fröhlich twerken. Ob Bernie Sanders das Video bereits gesehen hat, ist übrigens nicht überliefert. (Amira Ben Saoud, 25.8.2020)


Aus: "Cardi Bs und Megan Thee Stallions feuchter amerikanischer Traum" Amira Ben Saoud (25. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119572905/cardi-bs-und-megan-thee-stallions-feuchter-amerikanischer-traum (https://www.derstandard.at/story/2000119572905/cardi-bs-und-megan-thee-stallions-feuchter-amerikanischer-traum)

Quotele Sucre

Ich bezweifle sehr stark dass es Cardi B um antipatriachalen Aktivismus, Body/Sexpositivity oder gar Feminismus geht sondern eher um relativ altmodisches sex-sells.
Bzw. controversy-sells. Wenn sich Ben "Destroyer with Facts and Logic" Shapiro und Alexandria "Madam President 2032" Ocasio-Cortez zu Wort melden kriegt das ganze einen ideologischen Anstrich.
Eigentlich ist es schon interessant: die Selbstreduktion auf primäre Geschlechtsorgane und Lustobjekt gilt als Empowerment. Stoff für viele Dissertationen.
aber gut, wie einiger Nutzer schon anmerken disqualifizieren mich sowohl mein Y-chromosm und mein für Sonnenbrand anfälliger Hautton für irgendeinen Kommentar :)


Quote
El Gaucho

Nichts, was in den letzten Jahren auf dem Fließband produziert wurde und als Popmusik verhökert wird, wird je Bestand haben. Nach 2 Monaten kräht kein Hahn mehr danach, dann kommt der nächste Plastikmüll. "Popkulturmoment des Jahres" beschreibt diese Steppe passend, wenn es das gewesen sein soll.


Quote
Kid Icarus

"I don't cook, I don't clean", definitiv (postmodern) feministisch, halt auf die afroamerikanische Weise. Und markante Stimmen sowie eine ordentliche Technik, offensichtlich haben die Frauen auch handwerklich aufgeholt, Ghostwriting hin oder her (haben Männer manchmal auch), also ein echter Rap-Hit. Meine bessere Hälfte meint halt, die Ladies wären aufgrund der aufreizenden Kleidung schlechte Vorbilder für junge Mädchen. Dazu kann ich leider aber nichts sagen :-)


Quote
halbelf

uff, heute merkt man wieder allzu gut den mief des alten, weißen mannes, der die mehrheit in den standarforen stellt.


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monoton

Ich verstehe Rap einfach nicht, immer die gleiche billigst Produzierte Einheitsmusik mit pseudoprovokanten Texten.
Wen dieses Rezept nach jahrzehnten immer noch begeistert kann ich nicht verstehen.


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Word of mouth

Das stimmt ja nicht. Rap ist sehr facettenreich. Aber das Sie Rap nicht verstehen, dass stimmt.


Quote
bixente uhudla

Ich finde das Video geil...und ich finde es witzig, dass man Sexualisierung, wenn sie von Frauen kommt dann doch irgendwie als feministisch umdeutet, während Sexualisierung, wenn sie von heterosexuellen Männern kommt, immer automatisch als Sexismus diffamiert...(bei homosexuellen Männern ist man sich dann nicht so sicher ob das noch Sexismus oder schon Enpowerment ist, wenn sie sexualisierte Inhalte bringen)

Aber vielleicht hilft das ganze ja weiter, und man lernt auch in der feminstischen Blase endlich zwischen sexistischen Inhalten und sexualisierten Inhalten zu unterscheiden...


Quote
sicher nicht

Welch tiefgründiges, lyrisches Musikstück. Ich darf zitieren:

Spit in my mouth, look in my eyes
This pussy is wet, come take a dive
Tie me up like I'm surprised
Let's roleplay, I'll wear a disguise
I want you to park that big Mack truck right in this little garage
Make it cream, make me scream
Out in public, make a scene
I don't cook, I don't clean
But let me tell you how I got this ring (Ayy, ayy)

oder doch etwas weiter im Text?

Look, I need a hard hitter, need a deep stroker
Need a Henny drinker, need a weed smoker
Not a garter snake, I need a king cobra

Danke, was für ein empazipatorisches Meisterwerk. ...


Quote
don't follow me

Also eins muss man schon sagen.
Das ist ein ziemlich langweiliger Porno.


Quote
OneWayStreet

Cardi B. hat übrigens selbst ungewolltes "Grabben" in ihrer Vergangenheit begangen. Allerdings nicht Genitalien, sondern Wertsachen von Männern, die von ihr unter Drogen gesetzt worden sind um sie auszurauben.


"Cardi B's Explanation: For Drugging And Robbing Men Only Makes It Worse" 03/27/2019
The Grammy-winning rapper faced backlash after saying it was something she "needed to do to make a living."
By Lee Moran
Cardi B's attempt to explain why she drugged and robbed men during her time working as a stripper has not gone down well.
The "Bodak Yellow" rapper responded to criticism of a newly resurfaced, years-old Instagram Live clip, in which she made the admission, with a lengthy statement that she shared to Twitter on Tuesday: All I can do now is be a better me for myself my family and my future.
...
https://www.huffpost.com/entry/cardi-b-drugs-robs-men-backlash_n_5c9b3367e4b072a7f6017ab8 (https://www.huffpost.com/entry/cardi-b-drugs-robs-men-backlash_n_5c9b3367e4b072a7f6017ab8)


Quote
BernhardvonAosta

Ich habe gehört das soll man in diesen Kreisen "street credibility" nennen.


Quote
ahoihoi

Das ist wahre Emanzipation, quasi der Robin Hood der Feministen.


Quote
Der fidele Castro

"There're some whores in this house" - Jetzt hat man mir seitens des Standards seit Jahr und Tag versucht einzuprügeln, dass so was als sexistische Objektifizierung vom Patriarchat zu klassifizieren ist... ...und nun da das endlich internalisiert hab, sagt man mir es sei "sexpositiv".


Quote
Saïd Nuff

Bei manchen Sachen kommt es halt tatsächlich drauf an, WER sie sagt.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 27, 2020, 11:02:56 AM
Quote[...] WAP heißt das Lied, das die US-amerikanischen Rapperinnen Cardi B und Megan Thee Stallion vor zwei Wochen herausgebracht haben, seither wurde es auf YouTube über 130 Millionen Mal angeklickt, bei sämtlichen Streaming-Diensten rangiert es auf dem ersten Platz. WAP ist die Abkürzung für "Wet-Ass Pussy", im Text berichten die Künstlerinnen von ihren sexuellen Vorlieben, zu denen unter anderem die Benutzung von Halsbändern und Handschellen gehört. In jedem Fall legen sie Wert darauf, sich beim Geschlechtsverkehr in der dominanten Position zu befinden, auch weil sie das Reiten auf den unten liegenden Männern als Beckengymnastik schätzen. Viel mehr Spaß als an ihren Lusterfüllungsgehilfen haben sie ohnehin an sich selber, insbesondere an ihren im Lied gefeierten feuchten, nassen, tropfenden, strömenden Muschis; wer kommt, um sie zu vögeln, soll Eimer und Feudel mitbringen, rappt Cardi B im Refrain.

Manche Kommentatoren haben dem Lied Obszönität attestiert; dieser Eindruck ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Dass Rap-Texte eine Neigung zur sexuellen Explizitheit besitzen, ist andererseits keine neue Erkenntnis, führt aber nur selten noch zu nennenswerten Debatten – schon gar nicht, wenn es Männer sind, die die Größe ihres Glieds berappen und ihre Qualitäten als Hengst. Erst jetzt, wo zwei Frauen von ihrer sexuellen Souveränität künden und von der Lust an ihrem Körper, fürchtet das konservative Amerika die kulturelle Apokalypse. Der republikanische Politiker James P. Bradley wollte sich nach dem Hören von WAP sofort "die Ohren mit geweihtem Wasser auswaschen". Der konservative Star-Kommentator Ben Shapiro versuchte sich gar an einer gynäkologischen Ferndiagnose: Die beiden Künstlerinnen litten wohl unter einem Hefepilzbefall ihrer Genitaltrakte oder unter Trichomoniasis; denn bei einer gesunden Frau sei die Vagina bekanntlich trocken.

Woraufhin – und damit wird die Sache noch toller – zahlreiche echte Gynäkologinnen das Wort ergriffen, um klarzustellen, dass der Ausfluss von Scheidensekret nichts Krankhaftes sei, sondern im Gegenteil gesund, völlig natürlich und dazu geeignet, das sexuelle Empfinden zu steigern. Die Einzigen, die damit offenkundig immer noch ein Problem hätten, seien Männer, die sich vor Flüssigkeiten fürchteten, vor dem Geruch des Sekrets oder vor grindigen Rückständen auf ihrem Penis – und eine Schönheitsindustrie, die etwa in den "underwear challenges" auf Instagram aseptisch reine Frauenkörper feiert und normiert. Die Gynäkologin Jen Gunter schrieb in der New York Times, in ihrer Praxis versuche sie täglich, junge Mädchen vor solchen falschen Hygienekonzepten zu schützen und ihnen ein positives Verhältnis zu ihrer Körperlichkeit zu vermitteln, zur Sexualität und auch zur Masturbation – für diese Art der Aufklärungsarbeit habe das Lied WAP einen unschätzbaren Wert.

So ist Cardi B, die erfolgreichste Rapperin der USA, auch zur erfolgreichsten Sexualaufklärerin des Landes geworden – in einem Sommer, in dem dieses Land um die Ab- oder Wiederwahl eines Präsidenten ringt, der sexuelle Übergriffe für ein angeborenes Männlichkeitsrecht hält. Gegen Trump hat Cardi B schon des Öfteren mobilgemacht, zuletzt vor allem wegen seines desaströsen Umgangs mit der Corona-Pandemie. Bei den demokratischen Vorwahlen unterstützte sie Bernie Sanders; nun veröffentlicht die September-Ausgabe der Elle aber auch ein wohlwollendes Gespräch von ihr mit Joe Biden. Sie fordert ihn auf, für eine bessere Gesundheitsversorgung zu kämpfen, für die Unterstützung alleinerziehender Mütter und für ein Bildungssystem, das auch ein armes Kind aus der Bronx, wie sie eines war, fördert. Gegenüber Bidens Bekundungen, all das genau so zu tun, bleibt sie hörbar ein wenig misstrauisch. Doch das Wichtigste sei jetzt, darin sind die beiden sich einig, die jungen Wählerinnen und Wähler zur Abstimmung zu bringen und Trump aus dem Amt zu jagen.

Cardi B hat 75 Millionen Follower auf Instagram; die Millennials sind von ihr fasziniert wie von keinem anderen Star. Ein Vierteljahr vor der Wahl will sie ihnen zeigen, dass die alten weißen republikanischen Männer nicht nur schlechte Politik machen, sondern auch schlecht im Bett sind, weil sie nicht wissen, wie man eine Frau befriedigt – oder nicht mal wissen, dass sie das wissen sollten. Vielleicht braucht es die Männer dazu auch gar nicht? Im Video zu WAP kommen jedenfalls keine vor. Darin sieht man die beiden Rapperinnen in einem großen, bunten und labyrinthischen, jedenfalls sehr feuchten, stellenweise überfluteten Schloss; sie haben sich zum Tanzen und Schubbern und An-sich-Herumspielen ein paar andere Musikerinnen hinzugeladen. Gemeinsam und jede für sich feiern sie ihre Körper und ihre Lust. Männer sind dazu gar nicht vonnöten; sie werden zur Stimulanz nicht gebraucht und nicht mal als sexuelle Objekte.

Die Rapperinnen eignen sich den Sexismus der Männer nicht an und kehren ihn auch nicht einfach um; vielmehr ersetzen sie ihn durch weibliche Autonomie. Wir sehen hier mithin nichts anderes als eine vollendete Emanzipation. Dass das Sexuelle politisch ist: Das haben schon frühere Generationen engagierter Popkünstler und -künstlerinnen erkannt. Doch wurde diese Erkenntnis noch nie so virtuos umgesetzt wie von Cardi B, mit solcher Klugheit und Wucht, solchem Glamour und so perfektem Gespür für den rechten Moment.


Aus: "Dominante Position" Jens Balzer (26. August 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/2020/36/rapsong-wap-cardi-b-megan-thee-stallion-usa-video (https://www.zeit.de/2020/36/rapsong-wap-cardi-b-megan-thee-stallion-usa-video)

Quoteguy_noir #7

wie gemein, der zitierte GOP typ und andere kritiker des songs haben rein gar nichts gegen maennlichen gangsta macho rap, sind jedoch so unfair und boese zu den maedels.


Quotedeep_franz #4

Wie bei jeder Kunstform, die scheinbar oder tatsächlich alle Möglichkeiten der Innovation ausgeschöpft hat, bleibt nur noch die Steigerung in Extreme.
So werden beim immer größere Autos aufgezählt, bis nach dem Maybach nur noch ein Flugzeugträger als Fahrzeug herhalten kann, die wundervolle Dominanz der "Gangsta" schließlich in Richtung kleiner oder großer Diktator driftet, die künstlichen sekundären Geschlechtsmerkmale aus dem Inventar von Hüpfburgen stammen könnte und nun fließt es eimerweise aus den primären Geschlechtsorganen weiblicher Epigonen dieser Kunstform, was dann bitte als eine Art emanzipatorischer Akt gesehen werden soll. ...


Quoteweltscherz #4.7

"..., was dann bitte als eine Art emanzipatorischer Akt gesehen werden soll."

...währenddessen die gleiche klaviatur des sexualisierten narzissmus bespielt wird. allein, es scheint nicht aufzufallen.


QuoteMareikeA #6

ich finde das Video sehr schön und habe keine Bedenken, wenn meine großen Kinder (9 +12) sich das Video auch ansehen - sie verstehen den Text ja noch nicht ;-)
(mit dem ich allerdings auch kein Problem habe)


Quotejoaber #6.1

Ist auch immer meine Meinung zu "Bobby Brown" von Franz Zappa.


QuoteHitch-22 #6.2

Wir sind ja auch in Deutschland, da sieht man manchmal im Nachmittagsprogramm im TV expliziteres.


QuoteAzenion #8

Bei der Gelegenheit wäre die Pionierarbeit der Pornobranche zu erwähnen, wo Vaginas gar nicht feucht genug sein können, und Squirting schon lange ein Thema ist.
Nicht durch Zufall sind im globalen und historischen Vergleich Länder, in denen es Pornographie gibt, für Frauen die liberalsten. Zum Glück hat das der moderne Feminismus inzwischen auch eingesehen.


QuoteHitch-22 #8.1

"Nicht durch Zufall sind im globalen und historischen Vergleich Länder, in denen es Pornographie gibt, für Frauen die liberalsten."

Das ist tatsächlich eine interessante Beobachtung. Den Feminismus sehe ich aber tatsächlich in der Frage etwas zwiegespalten. Auch da gibt es sehr reaktionäre Formen. Alice Schwarzer ist ein prominentes Beispiel.


QuotePetrucciation #8.2

"Den Feminismus sehe ich aber tatsächlich in der Frage etwas zwiegespalten. Auch da gibt es sehr reaktionäre Formen. Alice Schwarzer ist ein prominentes Beispiel."

Das ist wirklich ein interessantes Phänomen. Schwarzer in allen Ehren, was sie damals bewirkt hat, aber danach wurde es an vielen Stellen häufig widersprüchlicher und damit meine ich nicht nur ihre geradezu absurde Allianz mit der BLÖD-Zeitung. Es schein fast so, als versuchte sie auf Teufel komm raus, versteckte implizite fehlende Emanzipation in schon emanzipierten Sektoren zu sehen.


Quoteviolettagetyourgun #8.3

Pornofilme bedienen männliche Sexualphantasien.

Frauen werden in den Filmen zum Objekt gemacht und erniedrigt.
Oft werden gewalttätige Praktiken gezeigt.
Halten sie es für emanzipatorisch und befreiend für eine Frau, wenn ihr in jede ihrer Öffnungen ein Penis gerammt wird ?
Ich nicht. Wenn sie das reaktionär finden, bitte sehr.


QuotePetrucciation #8.4

"Pornofilme bedienen männliche Sexualphantasien."

Es stimmt sicherlich, dass in der Pornoindustrie nach wie vor vorallem der männlichen Phantasiesektor eine Rolle spielt. ... Die Zeit selbst hat dazu in den letzten Monaten so einige Artikel rausgebracht, auch mit dem Fokus auf feministische Richtungen hier.

"Frauen werden in den Filmen zum Objekt gemacht und erniedrigt."

Hm, also es gibt sicher auch eine Menge SM-Pornos, in denen die Rollen dann doch etwas vertauscht sind. Etwas weniger schwarz weiß wäre bei der Debatte vielleicht doch hilfreicher.


QuoteLeast Gentleman Alive #8.6  —  vor 1 Stunde

Entweder suchen Sie gezielt nach genau dieser Art von Porno oder Sie haben keine Ahnung vom Thema. Im Internet gibt es für jeden Geschmack die richtigen Filmchen, man muss nur nach den entsprechenden Begriffen suchen.

Rule 34 ist wahrer, als man auf den ersten Blick vielleicht glaubt.

Die Gründe für die Verbreitung von Rule 34 sind unbekannt. 2006 fand ein Eintrag in einem der meistgelesenen Internetwörterbücher, dem Urban Dictionary statt. Demzufolge ist ,,Rule 34 eine allgemein akzeptierte Internetregel, die feststellt, dass sich aus jedem vorstellbaren Gegenstand sexuell ausgerichtetes Material herstellen lässt."
Zahlreiche Medien und Medientheoretiker beschrieben ab etwa 2009 Rule 34 als eines der Top-10-Gesetze des Internets.[3] Es gibt dazu inzwischen viele Varianten und Zusätze, etwa Rule 35, manchmal auch Rule 34b genannt: ,,If no porn is found at the moment, it will be made." (Falls im Moment kein pornografisches Material zu finden ist, wird es hergestellt werden.)

https://de.wikipedia.org/wiki/Rule_34 (https://de.wikipedia.org/wiki/Rule_34)


QuoteIkarus95 #8.9

"Mag sein, allerdings haben die auch wohl mit Abstand den prüdesten und widersprüchlichsten Umgang damit wiederum, vorallem wenn man die Relation zur sonstigen Darstellung und Ausübung beispielsweise von Gewalt sich dort ansieht."

Da sehe ich in der Tat einen direkten Zusammenhang.


Quoteviolettagetyourgun #8.10

Wer Pornographie kritisiert, ist ein Moralhüter oder eine altmodische Feministin ?

Pornographie zerstört die Erotik.

Die meisten Frauen stehen nun mal nicht auf seelenloses Rammeln und wollen auch nicht das nachturnen, was in den Filmen gezeigt wird.
Sie haben auch kein Interesse, mit den genormten Körpern in Konkurrenz zu treten.
Und mit den Liebhaberqualitäten vieler Männer scheint es auch nicht gerade zum besten zu stehen.
Vielen mangelt es an Kenntnissen des weiblichen Körpers und an Phantasie.
Der Verkauf von Vibrationen und Womanizern nimmt stetig zu.
Männer, die ständig onanierend vor ihren Filmchen sitzen, sind uninteressant.

Ich schaue keine Pornofilme. Schade, wenn Menschen keine eigenen Phantasien haben und für alles eine Vorlage brauchen.


QuotePetrucciation #8.13

"Schade, wenn Menschen keine eigenen Phantasien haben und für alles eine Vorlage brauchen."

Es gibt auch etwas, das nennt sich Inspirationssuche. Nicht jeder Pornokonsument ist sicher per se ein seelenloser Süchtie, der seine eigene Phantasie zu den Akten gelegt hat. ...


QuoteIkarus95 #8.14

"Wer Pornographie kritisiert, ist ein Moralhüter oder eine altmodische Feministin ?"

Ich kritisierte Ihre Tonalität, nicht, das Sie Pornographie kritisieren. Sie erwecken den Eindruck, als würden Sie für 'viele Frauen' sprechen. Weshalb?

"Pornographie zerstört die Erotik."
Das ist so der Klassiker. Das mag für Sie ja zutreffend sein, aber Ihr permanenter Drang, Ihr Empfinden zur allgemeingültigkeit erklären zu wollen, stört mich.

"Die meisten Frauen stehen nun mal nicht auf seelenloses Rammeln und wollen auch nicht das nachturnen, was in den Filmen gezeigt wird."

Woher wissen Sie, das das auf 'die meisten' Frauen zutreffend ist? Wieso stellen Sie diese Frage nicht in Bezug auf Männer?Oder glauben Sie, das man(n) nach einem Porno nur noch 'seelenlos herumrammelt' und das auch schön findet?

"Sie haben auch kein Interesse, mit den genormten Körpern in Konkurrenz zu treten."

Das ist Ihre persönliche Wahrnehmung, ich sehe mich auch nicht in Konkurrenz zu 25cm penissen oder zu irgendwelchen männlichen Sexsymbolen.

"Und mit den Liebhaberqualitäten vieler Männer scheint es auch nicht gerade zum besten zu stehen."
"Vielen mangelt es an Kenntnissen des weiblichen Körpers und an Phantasie."

Das tut mir persönlich leid für Sie, das Sie da keine oder wenig Befriedigung erfahren haben, aber es läge auch an Ihnen, Ihren PartnerInnen aufzuzeigen, was Sie gerne mögen.


Quoteche1967 #11

"Der republikanische Politiker James P. Bradley wollte sich nach dem Hören von WAP sofort "die Ohren mit geweihtem Wasser auswaschen"

Ich schmeiß mich weg...


Quoteyamato0815 #9

"Die Einzigen, die damit offenkundig immer noch ein Problem hätten, seien Männer, die sich vor Flüssigkeiten fürchteten, vor dem Geruch des Sekrets oder vor grindigen Rückständen auf ihrem Penis – und eine Schönheitsindustrie, die etwa in den "underwear challenges" auf Instagram aseptisch reine Frauenkörper feiert und normiert."

Ich glaub nicht das Männer sich vor feuchten M..... fürchten. Auf Pornoseiten sind m.W. sogenannte Squirting Videos sehr beliebt und Pornoseiten werden wohl mehrheitlich von Männern besucht. Vermutlich sogar von konservativen Männern.


QuoteOleJohansen #12

Von einem Extrem ins andere. Schwänze sind geil, Männer braucht keiner ... wo leben wir hier. Können wir endlich Mal auf den Teppich kommen. Weder mit langen dicken Schwänzen noch super feuchten Muschis bekommen wir die Herausforderungen der Zeit gebacken. Sind wir hier im Kindergarten, wo man Stunden lang über Pupse rumalbert. Es gibt Männer, die nicht wissen, was Frauen wollen und Frauen, die keine Ahnung haben, was Männer wollen. Wie wäre es Mal mit zeitgemäßer Bildung für alle. Das würde auch bei anderen Problemen helfen.


Quoteredshrink #15

Die USA oszillieren schon seit Jahrzehnten zwischen einer rigide-prüden Sexualmoral, welche vielfach ins Absurde entgleitet, und einer ungezügelten, kommodifizierten und oberflächlichen Sexualität, welche eher inszenierte Selbstdarstellung - und vermarktung darstellt als Verbundenheit mit einer anderen Person (und mit Verbundenheit meine ich nicht Paarbeziehung, sondern einfach nur Verbundenheit mit dem Sexpartner).

Dieses Video passt ganz in dieses Schema. Obszön, geschenkt. Es soll ja ,,mutig" Kontroverse schüren. In den USA geht das wohl auch; Deutschland und Kontinental-Europa stehen in einer anderen Tradition. Das hatten wir schon in den 20er Jahren in besser.

Was immer dieses Video ist, es erscheint mit masturbatorisch und trotz aller Show leer und belanglos. Auch wenn jetzt zwei chirurgisch maximierte Frauen für viel Geld im Video ,,selbstbewusst" den Macker machen, wirken sie eher zweidimensional und karikaturenhaft. Vielleicht für 12-jährige und ewig gestrige amerikanische Konservative noch ein Aufreger, aber ganz sicher keine Revolution.


QuoteNurmalamrande #21

Witzig. Das Besingen des eigenen Pillemanns und die Lobpreisung sexueller Leistungsfähigkeit im Rap empfand ich bisher eigentlich eher als genital-zentriertes Unvermögen, die Pubertät hinter sich zu lassen und zu gucken, was es sonst noch so gibt in der großen weiten Welt. Oft wird kritisiert, dass die Texte entweder direkt frauenverachtend seien oder Frauen nur als Objekt männlicher Lust vorkämen, dass im Zuge der Gleichberechtigung und Anerkennung der Frau als gleichwertig diese Art der Verobjektivierung des anderen Geschlechtes also schlicht dumm und nicht zeitgemäß seien. Deswegen witzig (s.o.), weil es jetzt als zeitgemäß, klug und gleichberechtigt angesehen wird, wenn Frauen GENAU DAS GLEICHE tun. D.h. nicht das Prinzip gilt als falsch, sondern die Tatsache, dass das falsche Prinzip nicht von allen befolgt wird.

Und was am Ende momentan fast IMMER dabei rauskommt, wenn eine neue Künstlerin oder ein Lied als Zeichen neuer Weiblichkeit und Selbstermächtigung der Frau gehypt wird, ist ein Video, das genau so viel Kleenex verbraucht wie in den Zeiten zuvor, d.h. das Visuelle, das den weiblichen Körper wieder nur zum Objekt macht, diesmal nur anders geframed, triggert wie schon zuvor und die prä-adoleszente Zielgruppe wird dies auch dankbar annehmen.


QuoteLatouche Tréville #22

Queens deserve it to be worshipped!


QuoteNurmalamrande #22.1

"Pose!"


...

"Pop-Feminismus 2.0 Meine Pussy gehört mir" Sabrina Markutzyk (06.09.2020)
Rap-Stars wie Cardi B und Megan Thee Stallion feiern Frauenkörper, Sex und Zusammenhalt. Damit repräsentieren sie ein neues feministisches Selbstverständnis.
https://www.tagesspiegel.de/kultur/pop-feminismus-2-0-meine-pussy-gehoert-mir/26161322.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/pop-feminismus-2-0-meine-pussy-gehoert-mir/26161322.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 27, 2020, 12:38:15 PM
Quote[...] Los Angeles - Nach ein paar Gitarrenakkorden setzt sie ein – die unverwechselbare Stimme, rau, mal flüsternd, mal ein wenig kreischend. ,,Ball and Chain" ist das letzte Lied, das Janis Joplin gemeinsam mit der Band Big Brother and the Holding Company auf dem Monterrey Festival im Juni 1967 in Kalifornien spielt. Die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer hatten wohl vorher noch nie von der damals 24-Jährigen gehört, die mit goldenen Schlaghosen, wildem Haar, Ketten um den Hals und sehr viel Energie und Leidenschaft die Bühne einnimmt.

In einem Video des Auftritts verlässt die Kamera für einen Moment Janis Joplin und schwenkt ins Publikum. Zu sehen ist eine Frau, die mit offenem Mund begeistert ihrem Gesang lauscht. Wir können nicht hören, was sie sagt, aber ihr Mund formt offenbar das Wort ,,wow". Es ist die Sängerin Cass Elliot von der Band Mama and the Papas.

,,No one to that point had seen a white girl sing the blues like she sangs it", sagt Mitveranstalter und Musikproduzent Lou Adler vierzig Jahre später, niemand hatte bis dahin eine Weiße den Blues singen hören, wie Janis Joplin es tat. Es gibt viel Applaus, aber die Menge in Monterrey dreht nicht durch. Trotzdem gilt das dreitägige Festival, das ebenfalls Jimi Hendrix und The Who bekannt machte, als Joplins Durchbruch. Wenig später unterschreibt Janis Joplin mit der Band ihren ersten Plattenvertrag. Zwei Alben später ist sie ein gefeierter Superstar.

Ihre Songs ,,Me and Bobby Mc Gee", ,,Piece of my Heart" oder ,,Mercedes-Benz" wurden zu unvergessenen Klassikern, die unzählige Male gehört, gespielt, nachgesungen wurden. Ihr zweites Soloalbum ,,Pearl", das nach ihrem Tod veröffentlicht wurde, stand in den USA neun Wochen lang auf Platz 1 der Charts. Und verkaufte sich mehr als vier Millionen Mal.

Man kennt sie, die Eckpunkte von Janis Joplins kurzer Biografie. Geboren 1943 und aufgewachsen in einer Kleinstadt in Texas. Gestorben 1970 in einem Hotelzimmer an einer Überdosis Heroin. Auftritt beim Woodstock-Festival, rauchen und Whiskey trinken gehörte zu ihrem Image. Sie war drogensüchtig und alkoholabhängig, um genau zu sein. Sie ist trotzdem Stilikone, verkörpert Hippiekultur, den Spirit und Sound der Sixties und gehört zum Klub 27.

Janis Joplin war aber auch der erste weibliche Rockstar. In einer von Männern dominierten Musikszene Mitte der 1960er Jahre gab sie in ihren Bands den Ton an. Dass die Rockmusik ausgerechnet dieser Zeit sexistisch war, mag verwundern, repräsentierte sie doch sexuelle Freiheit und rebellierte gegen traditionelle Werte. Aber in den meisten Texten waren Frauen immer noch das Sex-Objekt und weibliche Performerinnen gab es kaum.

Die meisten Sängerinnen der 1950er und 60er waren eher Stereotypen und vor allem süß. Und selbst Girl-Rock-Groups verkörperten Sexiness in neuem Gewand. Ihre Texte waren oft wenig tiefgreifend. Janis Joplin brachte eine neue Weiblichkeit auf die Bühne und in die Köpfe der Menschen – vor allem in die der Frauen. Joplin wollte weder hübsch klingen noch aussehen, sie war für die meisten nicht süß oder sexy – und strengte sich auch nicht an, es zu werden.

Stattdessen wurde Joplin zu einer feministischen Heldin, weil sie Geschlechtergrenzen überschritt. Joplin nahm nicht nur die Bühne für sich ein, sie prägte auch einen neuen Style und revolutionierte Standards, die weibliche Schönheitsideale betrafen, schrieb der US-amerikanische Geschichtsprofessor Jerry Rodnitzky 1999 in einem Aufsatz. Die Sängerin trug weder einen BH, noch machte sie sich viel Arbeit mit ihren Haaren. Joplins wilder, individueller Look habe zahllose Frauen und Mädchen von Make-Up und Hüfthaltern befreit. Und Frauen Selbstbewusstsein gegeben, die nie als schön im klassischen Sinne angesehen worden seien.

Auch die Tatsache, dass Janis Joplin Frauenrechts-Organisationen ignorierte und keine offensichtlichen feministischen Slogans in ihren Songs auftauchten, machten sie nicht weniger zu einem feministischen Vorbild, so Rodnitzky. Einmal wird sie gefragt, ob sie von der Frauenbewegung angefeindet wurde. Ein Teil von ihnen schien es zu stören, dass Janis Joplin so offensiv mit Sex umgehe. ,,Nein", entgegnete Joplin, ,,wie könnten sie, ich stehe für alles, was sie angeblich wollen". Ihren Standpunkt machte Joplin klar, ohne sich direkt auf Forderungen oder Rechte der Frauen zu beziehen: Man sei doch das, womit man sich zufrieden gebe. ,,Und wenn man sich nicht damit begnügt, jemandem das Geschirr zu waschen und kämpft, kann man das sein, was man will."

Doch es gab auch eine Zeit, in der Janis Joplin noch lernen musste, sich zu behaupten, in der sie schön sein wollte. Sie sah allerdings nie so aus, wie die Frauen in den Magazinen. ,,Sie war ein wenig pummelig und hatte Pickel als Teenager", berichtet ihre jüngere Schwester in dem Dokumentarfilm ,,Little Girl Blue". Doch nicht nur das machte sie zur Außenseiterin. Joplin habe es zur Gegenkultur gezogen, sie kleidete sich wie ein Beatnik. Janis Joplin sah anders aus und rebellierte, dafür wurde sie gemobbt, berichtet ihre Schwester.

Wenige wissen, dass sich hinter Joplins wildem Lebensstil und dem scheinbaren Selbstbewusstsein auf der Bühne eine offenbar verletzte Seele verbarg. Die Anfeindungen begannen in der High-School, wurden auch auf der Uni nicht besser. ,,Janis benahm sich nicht, wie Frauen damals sein sollten, sie fluchte und war nicht sittsam", erinnert sich ein Schulfreund. Sie habe Grenzen verschoben. Auch wenn sie nach außen immer robust wirkte, habe es viel gegeben, was ihr zusetzte, sagt auch ein Bandkollege aus der College-Zeit.

Die Bühne ließ Janis Joplin fühlen, dass sie etwas zu bieten hatte. Als Teenager begann Janis Joplin Folk zu singen, im Chor, später in einer Band. Sie liebte Blues-Sänger wie Odette, Bessie Smith und Otis Reading. ,,Ich habe zufällig gemerkt, dass ich diese Stimme habe", erklärte Joplin in einem Interview. Aber auch später, als Star wurde sie angefeindet für das, was sie verkörperte. Treu geblieben ist sie sich trotzdem immer. Joplins Songs, die als autobiografisch gelten, sind voll von emotionaler Ehrlichkeit, in ihnen offenbarte sie Leidenschaft und ihre Sehnsüchte.

Zahllose Musikerinnen nach ihr fühlten sich von Joplin inspiriert, bis in die Gegenwart. Sie habe keine Angst vor ihrem Schmerz und ihrer Wahrheit gehabt, sagt etwa die Popmusikerin Pink. ,,Ich habe gemerkt, ich muss nicht anders sein, als ich bin." Sie habe einen Platz für Frauen in der Rockmusik geschaffen, so drückt es Melissa Etheridge aus. Die Sängerin hielt die Rede, als Janis Joplin 1995 in die ,,Rock and Roll Hall of Fame" aufgenommen wurde.

Etheridge erinnerte sich, dass sie als junge Frau so singen, so fühlen und auf der Bühne explodieren wollte, wie Janis Joplin. Sie habe ihr gezeigt, dass Frauen nicht Sekretärinnen und Hausfrauen sein müssen. ,,Wir können Rockstars sein." (Von Judith Köneke) 1960er Jahre: Gretchen Dutschke hat an der Seite ihres Mannes Rudi für eine freie, solidarische Gesellschaft gekämpft. Hinter der "antiautoritären Rebellion" steht sie bis heute.


Aus: "Rockstar Janis Joplin: Eine Ikone der 60er Jahre - Du bist, womit du dich zufriedengibst" Judith Köneke (27.08.2020)
Quelle: https://www.fr.de/zukunft/storys/75-lektionen-mut/du-bist-womit-du-dich-zufriedengibst-wie-janis-joplin-zum-ersten-weiblichen-rockstar-wurde-90031302.html (https://www.fr.de/zukunft/storys/75-lektionen-mut/du-bist-womit-du-dich-zufriedengibst-wie-janis-joplin-zum-ersten-weiblichen-rockstar-wurde-90031302.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 27, 2020, 03:30:09 PM
Quote[...] In großangelegten Werbekampagnen von Handel und Industrie sind sexistische Motive immer weniger zu finden. Dagegen werben Handwerksfirmen und kleinere Dienstleistungsunternehmen immer aggressiver mit geschlechtsdiskriminierenden Bildern und Slogans. ,,Werf' deine Alte raus", heißt es bei einem Sanitärunternehmen, das eine halbnackte Blondine in der neuen Badewanne zeigt. Ein anderes Beispiel: Eine Frau mit gespreizten Beinen auf dem Auto einer Rohrreinigungsfirma mit dem Werbespruch: ,,Wir kommen überall durch".

Rund 5000 solcher Beispiele hat die Frauenrechtsorganisation Pinkstinks im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über zwei Jahre hinweg gesammelt und bewertet. Das ,,Monitoring sexistischer Werbung" hat die Hamburger Organisation im September 2019 vorgelegt. Doch fast ein Jahr danach habe Pinkstinks keinerlei Reaktion erhalten von Seiten des Ministeriums.

,,Das sind 400.000 Euro, die uns gegeben wurden für zwei Jahre, um die Studie zu machen", erklärt Stevie Schmiedel, Geschäftsführerin von Pinkstinks. "Und jetzt interessiert sie niemanden. Wir haben überhaupt keine Rückmeldung von den PolitikerInnen bekommen, die letztendlich die Studie beauftragt haben. Das ist eigentlich nicht fair, den SteuerzahlerInnen gegenüber", beklagt sie.

Auch die Wirtschaftsjuristin Susanne Engelsing, Professorin an der Hochschule Konstanz, bedauert, ,,gegen frauenfeindliche Werbung wird zu wenig getan". Sie fordert schärfere Gesetze, weil die Selbstkontrolle der Werbewirtschaft durch den Deutschen Werberat leider nicht funktioniere. ,,Der Deutsche Werberat ist selbst Partei und hat die alleinige Deutungshoheit über das, was menschenverachtende Werbung ist", so Engelsing. "Man darf es aber nicht in den Händen der Werbewirtschaft lassen, sondern es müssen Gerichte eingeschaltet werden können."

...


Aus: "Sexistische Werbung: Nackte Haut für den Profit" (Frontal 21 vom 11. August 2020)
Quelle: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/sexistische-werbung-100.html (https://www.zdf.de/politik/frontal-21/sexistische-werbung-100.html)

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Quote[...] Die Moral hat es dieser Tage nicht leicht. Sie ist zum Ismus verkommen und damit zum Schimpfwort. Ganz neu ist die Debatte nicht, doch im Zuge der Migrationshysterie wurde aus dem augenzwinkernden ,,Moralin" der spaßbefreite ,,Moralismus". Die rechte Publizistik hyperventiliert sogar von einer ,,Moralismus-Diktatur" – und rückt so Moral sprachlich in die Nähe von NS-Regime oder DDR. Aber Moral, war das nicht eigentlich mal was Gutes?

,,Moral ist im Prinzip erst mal etwas Gutes. Also Moral brauchen wir ja auch, um den Gang der Gesellschaft irgendwie zu ordnen. Aber sobald Moral sich selbstständig macht, dann wird es eben schnell zum Moralisieren."

Die finnisch-deutsche Schriftstellerin Beile Ratut sprach sich deshalb im Deutschlandfunk für einen kritischen Blick auf moralische Belehrungen aus. Der Philosoph Alexander Grau diagnostizierte ebenfalls im Deutschlandfunk einen ,,Moralismus mit totalitären Zügen". Der verlangt dann auch nach einem neuen Superlativ, beziehungsweise Hyperlativ: dem Hypermoralismus.

,,Der Hypermoralismus ist ja nicht politisch neutral, sondern wir kennen ihn vor allem eigentlich aus dem linken oder linksliberalen Lager. Er ist der Versuch, die Gesellschaft anhand linker Ordnungsvorstellungen und eines weitestgehend links konnotierten Menschenbildes auszurichten und hat seine Wurzeln in der 68er-Bewegung und in der kulturellen Hegemonie, die in einigen Teilen der Gesellschaft zumindest dieser Linksliberalismus inzwischen erlangt hat."

Die viel gescholtenen ,,alten weißen Männer" scheinen besonders stark unter der vermeintlichen linken Moraldiktatur zu leiden: Broder, Hahne, Tichy und so weiter haben dem Moralismus den Kampf angesagt (Der Vorwurf des ,,links-grünen Moralismus").  ...


Aus: "Moralismus-Debatte: Hype um die Hypermoral" Christian Röther (10.08.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221 (https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 09, 2020, 10:38:43 AM
Quote[...] Wiener Neustadt – Weil er im Oktober 2019 seine Frau und seine beiden Kinder getötet haben soll, ist ein nunmehr 32-Jähriger am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt wegen dreifachen Mordes nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Mann wird außerdem in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingeliefert. Die Hauptfrage nach Mord wurden von den Geschworenen einstimmig bejaht.

Der österreichische Staatsbürger mit türkischen Wurzeln soll seine 29-jährige Partnerin am 27. Oktober 2019 im gemeinsamen Wohnhaus in Kottingbrunn (Bezirk Baden) mit vier Messerstichen in den Oberkörper umgebracht haben. Die zweijährige Tochter erlitt nach Angaben des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Wolfgang Denk zwei wuchtige Stiche mit demselben Küchenmesser mit einer 20,5 Zentimeter langen Klinge, der elf Monate alte Sohn starb an den Folgen eines mehrere Minuten andauernden Erstickungsversuchs. Nach Aussage des Beschuldigten war ein Streit, bei dem die Frau mit Scheidung gedroht hatte, Auslöser für die Tat. Der Mann bekannte sich am ersten Prozesstag in der Vorwoche schuldig.

Im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstages stand am Dienstag das psychiatrische Gutachten, das zwischen dem Sachverständigen Manfred Walzl und Verteidiger Wolfgang Blaschitz für längere Diskussionen sorgte. Walzl ortete beim Beschuldigten "eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägten narzisstischen und dissozialen Anteilen" sowie eine "hegemoniale Männlichkeit". Hinzu sei im Laufe des Ermittlungsverfahrens ein ausgeprägtes Simulationsverhalten gekommen, vor allem deshalb, weil der 32-Jährige während der Tat Stimmen gehört haben will.

Woran sich Verteidiger Blaschitz vor allem störte, war die Gefährlichkeitsprognose für seinen Mandanten. Walzl befand, dass davon auszugehen sei, dass der Angeklagte "zu Tathandlungen der gleichen Art bis hin zum Mord innerhalb der Familie" neigen werde und empfahl daher eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Zwei von Blaschitz kurzerhand ins Treffen geführte Gegengutachten vermochten das Schwurgericht letztlich nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Walzl und die ihn unterstützende psychologische Expertin Anita Raiger hätten in ihrer Expertise nachvollziehbar die Gefährlichkeit des 32-Jährigen darstellen können, sagte die vorsitzende Richterin im Rahmen der Urteilsverkündung.

In Sachen Strafbemessung wurden das Geständnis und die Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Als erschwerend erachtet wurden nach Angaben der vorsitzenden Richterin das Zusammentreffen von drei Verbrechen, die Verübung der Gewalttat gegenüber Kindern und der Ehefrau sowie das Verwenden einer Waffe. Erfolgs- und Handlungsunwert seien in dem Fall "so hoch wie in sonst kaum einem Strafverfahren" gewesen, betonte die Richterin.

Dem Vater seiner Frau muss der 32-Jährige 50.650 Euro bezahlen, der Mutter 45.000 Euro. Bruder und Schwester des Opfers erhalten je 10.000 Euro an Schmerzensgeld. Blaschitz meldete nach einer kurzen Unterredung mit seinem Mandanten Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an, die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel.

Im Zietraum 2014 bis 2019 kam es in Österreich zu einer Verdoppelung der Anzahl an jährlich ermordeten Frauen. Monatlich werden mittlerweile etwa 3 Frauen ermordet. Beim überwiegenden Teil der Frauenmorde bestand ein Beziehungs- oder familiäres Verhältnis (z.B. Partner oder Ex-Partner) zwischen Täter und Opfer. Im laufenden Jahr 2020 gab es laut Medienberichten bereits 16 Morde an Frauen (Stand: 6.8.2020). (APA, red, 8.9.2020)


Aus: "Lebenslang und Einweisung nach Mord an Frau und Kindern in Kottingbrunn" (8. September 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119871538/lebenslang-und-einweisung-nach-mord-an-frau-und-kindern-in (https://www.derstandard.at/story/2000119871538/lebenslang-und-einweisung-nach-mord-an-frau-und-kindern-in)

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QuoteHasnain Kazim
@HasnainKazim

... Shaheen Baloch war eine Künstlerin, eine Malerin (die Gemälde, die zu sehen sind, hat sie gemalt). Shaheena war auch Journalistin, sie moderierte im Fernsehen. Vor fünf Monaten heiratete sie. Ihrem Mann gefiel nicht, dass seine Frau so erfolgreich ist...

4:26 PM · Sep 8, 2020·Twitter


https://twitter.com/HasnainKazim/status/1303338859862929409 (https://twitter.com/HasnainKazim/status/1303338859862929409)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 13, 2020, 12:29:47 PM
Quote... "Stripperinnen sind entweder dumm und vögeln sich durch die Welt oder total geldgeil und eindimensional. Mit dem Kollektiv wollen wir mit diesem Stigma brechen." ...

Handelt ihr in eurem Job also immer selbstbestimmt?

Mia: Das ist auch so ein Argument von radikalen Feministinnen, das ich schon in mehreren akademischen Essays gelesen habe: Sexarbeiterinnen können gar nicht einvernehmlich handeln, Sexarbeit sei im Grunde Vergewaltigung. Das finde ich absurd. Warum müssen wir uns von radikalen Feministinnen bevormunden lassen, die an einem Schreibtisch sitzen und sich von Mami und Papi das Leben finanzieren lassen? Sie machen uns zum Objekt; zum reinen Gegenstand ihrer Argumente. Wenn wir sagen, dass wir einvernehmlich handelnde erwachsene Menschen sind, dann sind wir das. Das entscheiden wir und niemand anderes.

...


Aus: "Diese Berliner Stripperinnen brechen mit Klischees von Sexarbeit" Tim Geyer (11 September 2020)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/qj45np/fotos-diese-berliner-stripperinnen-berlin-strippers-collective (https://www.vice.com/de/article/qj45np/fotos-diese-berliner-stripperinnen-berlin-strippers-collective)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 13, 2020, 12:36:56 PM
Quote[...] Sexismus und sexualisierte Gewalt gehören zu unserem Alltag. Wir spüren die Blicke von Männern auf der Straße. Wir kennen das Gefühl, wenn unsere Körper gegen unseren Willen bewertet werden. Wir – Frauen, Lesben, inter und nichtbinäre Personen, Trans und Queers (FLINT*) – teilen die Erfahrung, objektiviert und sexualisiert zu werden. Schon in der Kindheit wurde uns gesagt, wie wir uns zu verhalten haben. Dass wir zu gefallen haben und gehorchen sollen. Und dass wir uns gleichzeitig vor Übergriffen schützen müssen. Es ist die Gewalterfahrung, die Erfahrung verletzbar zu sein und verletzt zu werden, die uns überall auf der Welt verbindet.

Anfang des Jahres 2020 wurde bekannt, dass ein Mann auf einem linken Festival, auf ,,Monis Rache", heimlich auf Dixie-Klos gefilmt hat. Er hat Videos von uns über das Streamingportal xHamster online angeboten, sie getauscht und verkauft. Solche Plattformen sind Räume, in denen Gewalt normalisiert wird und nicht konsensuelle Handlungen als ,,Porno" getarnt und vermarktet werden. Keine der gefilmten Personen wusste davon. Es gab Menschen im Umfeld des Täters, die von den Videos erfahren haben. Diese Personen haben unverantwortlich gehandelt, da sie sich ausschließlich mit dem Täter beschäftigt haben, aber weder Betroffene, noch Umfeld des Täters oder die Festivalorganisator*innen informiert haben.

Das ist nicht der erste Fall, das ist ein Beispiel von vielen.

Immer wieder versuchen Männer, Macht über unsere Körper zu bekommen. Nirgends sollen wir uns sicher fühlen, nicht einmal auf der Toilette. Heimlich werden FLINTS* gefilmt: beim Duschen, Pinkeln oder Umkleiden. Ungefragt wird auf der Straße unter den Rock oder in den Ausschnitt fotografiert. Das zeigen zahlreiche Fotos und Videos im Internet, die dort ohne unser Wissen und ohne unsere Zustimmung verbreitet und als "Porno" verkauft werden. Männer behaupten, sie würden mit den Videos ihrer ,,sexuellen Neigung" nachgehen. Doch es ist keine sexuelle Neigung, es ist kein Fetisch, wenn etwas gegen den Willen oder ohne das Wissen der Beteiligten passiert. Es ist eine gewaltvolle Ausübung von Macht, die unsere Selbstbestimmung und Persönlichkeit zutiefst verletzt. Das ist sexualisierte Gewalt!

...


Aus: "Demo: Rache am Patriarchat! My body is not your porn. Still <3ing my Choice" (Freitag, 14 Februar 2020)
Quelle: https://radar.squat.net/de/event/berlin/stressfaktor/2020-02-14/demo (https://radar.squat.net/de/event/berlin/stressfaktor/2020-02-14/demo)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 14, 2020, 10:01:52 AM
Quote[...] 2006 hatte Christina Motejl von ihren Eltern erfahren, dass ihr sozialer Vater nicht ihr leiblicher Vater ist. Sie war zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt. Sie bat Katzorke, den behandelnden Arzt ihrer Mutter, in einem Brief um Unterlagen der Uni-Klinik, mit denen sie Hinweise auf ihren leiblichen Vater finden könnte. Katzorke antwortete: nichts mehr vorhanden, ,,meines Wissens nach". Motejl gab nicht auf, sie erfuhr, dass die Klinik nur zehn Spender hatte, als ihre Mutter dort behandelt wurde. Damals war das Sperma noch nicht tiefgekühlt, also musste der Spender zur gleichen Zeit wie ihre Mutter in der Klinik gewesen sein.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1989 entschieden: Jeder Bürger hat ein Recht, seine eigene Abstammung zu kennen. Die Juristin Motejl weiß das, sie verklagte die Klinik. Diese erklärte, die Unterlagen seien geschreddert. Damals war die juristische Mehrheitsmeinung, dass Unterlagen nur zehn Jahre aufbewahrt werden müssten. Christina Motejl verlor vor Gericht. Die ,,Zeit" hatte den Fall detailliert beschrieben.
Motejl beschrieb ihre Geschichte auf einer eigenen Website und suchte Austausch mit anderen Spenderkindern. Irgendwann meldete sich Anne Meier-Credner. Zusammen mit weiteren Betroffenen gründeten sie 2009 den Verein ,,Spenderkinder". Danach entbrannte ein mediales Duell zwischen Christina Motejl und Katzorke. Immer ging es um das Schicksal von Spenderkindern. Katzorke schrieb etwa in einer Fachzeitschrift: ,,Familie ist eine soziale Konstellation; die sog. Blutsbande wurden in der Vergangenheit (...) überschätzt und mythisch erhöht." Motejl hielt öffentlich dagegen. Jahrelang ging das so. Niemand ahnte, dass sich hier Vater und Tochter stritten.

Christina Motejl gab die Suche nach dem Namen ihres Erzeugers nicht auf. Sie machte weitere DNA-Tests, ließ sie in einer Datenbank prüfen, erfuhr, dass sie in Kanada einen Cousin ersten oder zweiten Grades namens Guido hat. Dann fand sie eine Todesanzeige von Guidos Vater. Zu den Trauernden gehörte dessen Neffe ,,Dr. Thomas Katzorke of Germany". Sie wurde hellhörig. Ein zweites Labor schrieb ihr. Es gebe eine Übereinstimmung, Kürzel ,,TK".

Jetzt war für die Juristin klar: Thomas Katzorke ist der Mann, den sie so lange gesucht hatte. Er hatte seine DNA in einer Datenbank speichern lassen, warum, ist unklar.

Christina Motejl ist nicht die einzige, die einer Samenspende Katzorkes entstammt. In einem Interview mit der ,,Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" räumte der Mediziner 2019 ein, dass er an der Uniklinik Essen ,,zwei, drei Mal" sein eigenes Sperma zur Verfügung gestellt habe. Als Notlösung quasi. Ein Spender habe einen vereinbarten Termin platzen lassen, da sei er eingesprungen. Damals, als Christina Motejl gezeugt wurde, habe ,,Pionierzeit" geherrscht. Und in solchen Zeiten gehe es eben, auch was Dokumentationen betreffe, schon mal ein bisschen wild und unordentlich zu. Ob sich andere Kinder von Katzorke gemeldet haben, ist nicht bekannt.

... Motejl habe Katzorke einen Brief geschrieben, sagt Meier-Credner, sie hätten miteinander telefoniert, ein Treffen war angedacht, sei aber letztlich gescheitert. Katzorke habe nicht über Persönliches reden wollen. Auch auf eine Anfrage des Tagesspiegels reagiert er nicht, sein Anwalt teilt mit, er wolle vor dem Prozess keine Stellung nehmen. Auch Christina Motejl ließ eine Anfrage unbeantwortet.

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Aus: "Frauen eigenes Sperma injiziert: Wenn Ärzte Vertrauen missbrauchen" Frank Bachner (14.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/frauen-eigenes-sperma-injiziert-wenn-aerzte-vertrauen-missbrauchen/26183324.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/frauen-eigenes-sperma-injiziert-wenn-aerzte-vertrauen-missbrauchen/26183324.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 14, 2020, 10:25:44 AM
Quote[...] Wann fühlt sich ein Orgasmus für Frauen besser an: Wenn sie sich selbst befriedigen oder wenn sie mit einem Mann schlafen? Shere Hite war Anfang 30, als sie mit anderen Feministinnen in New York zusammensaß und diese Frage diskutierte. Das war 1972, Hite engagierte sich da erst seit Kurzem feministisch. Weibliche Sexualität war das große Thema. 

Die Frauen konnten sich nicht einigen, ob ein Penis nun wichtig war. Irgendwann schwiegen die meisten von ihnen, dann schlug eine vor, Shere Hite sollte der Frage nachgehen. So erzählte es Hite später in ihrer Autobiografie. Sie hatte für ihre Dissertation ohnehin über weibliche Sexualität forschen wollen, was an der Columbia University in New York nicht ging. Nun tat sie es als Leiterin des Feminist Sexuality Project der National Organization of Women.

Sie verschickte 3.000 Fragebögen an Frauenorganisationen im ganzen Land. "Masturbieren Sie gerne?", fragte sie darin etwa, oder "Täuschen Sie manchmal einen Orgasmus vor?" Hite bekam seitenlange Berichte zurück. Frauen erzählten davon, wie genau sie masturbierten, warum ihnen Sex mit Männern oder mit Frauen wichtig war. Shere Hite veröffentlichte die Antworten 1976 in ihrem Buch The Hite Report: A Nationwide Study of Female Sexuality (auf Deutsch erschien Das sexuelle Erleben der Frau ein Jahr später). Es war eine Studie, wie es sie zuvor nicht gegeben hatte, mehr als 500 Seiten über Sex aus weiblicher Perspektive.

Mit dem Hite-Report hat Shere Hite Frauen eine mächtige Stimme gegeben, die bis heute viele fasziniert. So direkt und offen waren die Berichte. So vielseitig hatten Frauen nie über Sex gesprochen. Manche derer, die auf die Fragebögen antworteten, waren wütend, andere nachdenklich. Ihre Berichte wurden breit diskutiert, ja, über sie wurde gestritten. Das Buch wurde knapp 50 Millionen Mal verkauft. Feministinnen fühlten sich darin bestätigt, dass weibliche Sexualität immer noch weitgehend unterdrückt war. In der feministischen Forschung kommt bis heute niemand daran vorbei. Hites Fragebögen waren ein feministischer Coup.

Der Hite-Report erschien auf dem Höhepunkt des Siebzigerjahre-Feminismus – in den USA auch "Zweite-Welle-Feminismus" genannt. Die "erste Welle" hatte sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem um das Frauenwahlrecht bemüht. In den Siebzigerjahren beschäftigten sich Feministinnen nun ausführlich mit dem weiblichen Körper, mit sexuellen Normen, mit Vergewaltigung, Homosexualität, Pornografie. Die Autorin Erica Jong schrieb Fear of Flying (1973), einen Roman über die sexuellen Fantasien der Protagonistin. Das Buch prägte den Begriff des "zipless fuck", der meint, dass man als Frau auch einfach Bock auf Sex haben kann. 

Die Frauen, die Hites Fragebögen ausfüllten, fühlten sich allerdings gar nicht frei. Viele von ihnen hielten die sexuelle Liberalisierung, die die Popkultur und die Mode seit den Sechzigerjahren versprachen, für eine Illusion. Shere Hite zeigte in ihrem Buch genau dies: Wie sehr Vorstellungen von weiblicher Sexualität an alte Mythen gekettet waren. Im Hite-Report geht es vor allem um den des weiblichen Orgasmus.

Sexualforscherinnen und -forscher wie Virginia Johnson und William Masters oder Helen Kaplan hatten bereits in den Sechzigerjahren gezeigt, dass jeder Orgasmus auf die Stimulierung der Klitoris zurückgeht. Die Frauen, die Hite antworteten, unterschieden in ihren Antworten aber selbst immer wieder zwischen einem "klitoralen Orgasmus" ("without a penis inside") und einem "vaginalen Orgasmus" ("with a penis inside"). Nach wie vor herrschte die patriarchale Idee, dass ein Orgasmus während der Penetration mehr bedeuten musste als einer während der Selbstbefriedigung. Auf Hites Fragebögen schrieben die Frauen aber nun: "Mit Penis sind meine Orgasmen leichter, und sie verflüchtigen sich schneller", "schwer zu sagen, aber ich finde einen vaginalen Orgasmus eher verschwommen", "ich spüre weniger". Wenn sie sich selbst befriedigten, schrieben viele Frauen, "ist mein Orgasmus mehr fokussiert", "intensiver", "elektrifizierend".

So sehr die feministische Forschung die Studie beachtete, so sehr verurteilten andererseits vor allem männliche Kritiker Hite dafür. Sie warfen ihr vor, "Ehen zu zerstören", im Playboy nannte man ihr Buch "Hate Report". Vertreter der christlichen Rechten in den USA kritisierten Hite dafür, ihr eigenes "unorthodoxes" Verständnis von Familie zu propagieren.

Shere Hite selbst ist tatsächlich eher unkonventionell aufgewachsen. 1942 wurde sie als Shirley Diana Gregory im US-amerikanischen Bundesstaat Missouri geboren, da war ihre leibliche Mutter 16 Jahre alt. Die trennte sich bald von Shirleys Vater, den Namen Hite bekam die Tochter vom zweiten Mann der Mutter, ihrem Stiefvater, der Shirley adoptierte. Sie selbst nannte sich Shere (ausgesprochen: "share"). Eine Weile lang lebte sie bei ihren Großeltern, später bei einer Tante in Florida. Ihr feministisches Engagement hat Shere Hite selbst einmal darauf zurückgeführt, dass sie "von drei Müttern" großgezogen worden sei.

Immer wieder wurde Shere Hite auch für ihre Forschungsmethode kritisiert. Die Antworten auf den Fragebögen seien "nicht repräsentativ" gewesen, "eine Art Journalismus im Wissenschaftsgewand", hieß es. Es hätten zu wenige Frauen geantwortet und wenn, dann vor allem solche, die in ihrer Ehe unglücklich gewesen seien. Die Fallbeispiele mochten eine bestimmte Perspektive zeigen. Doch was nicht von der Hand zu weisen war: Der Hite-Report zeigte, wie wenig bis dahin über weibliche Sexualität geforscht worden war. Bis heute beruft sich Sexualforschung auf Hite. 

Zugleich wurde die Kritik an Hite schon vor gut drei Jahrzehnten zunehmend persönlich. Da hatte sie zwei weitere Bücher veröffentlicht, Hite-Report: Das sexuelle Erleben des Mannes (1982) und Women in Love (1990). Hite erhielt daraufhin Drohbriefe, sah ihre Forschungsfreiheit eingeschränkt. 1989 zog sie mit ihrem deutschen Mann nach Köln, 1995 tauschte sie ihren US-Pass gegen einen deutschen ein. Sie lehrte weiterhin international, zuletzt länger in Paris. Am vergangenen Mittwoch ist Shere Hite im Alter von 77 Jahren gestorben.


Aus: "Die Frau, die Frauen eine mächtige Stimme gab" Sarah Schaschek (13. September 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-09/shere-hite-tot-sexualforscherin-feministin-nachruf/seite-2 (https://www.zeit.de/kultur/2020-09/shere-hite-tot-sexualforscherin-feministin-nachruf/seite-2)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 26, 2020, 11:01:00 AM
Quote[...] Den Gesichtsausdruck von Linda Teuteberg, der am Samstag auf dem FDP-Bundesparteitag aufgenommen wurde, kennt jede Person, die schon mal in der Öffentlichkeit, in kleinem Rahmen oder auf größerer Bühne, in welcher Form auch immer, gedemütigt wurde und sich irgendwie dazu verhalten musste.

Frauen kennen diesen Gesichtsausdruck, wenn sie in einer Männerrunde einen degradierenden Witz über sich ergehen lassen müssen. Auch Ostdeutsche und/oder Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund kennen ihn, wenn sie gequält lächelnd irgendeine stereotypische Zuschreibung hinnehmen. Homosexuelle kennen ihn, wenn in einer Runde voller Heterosexueller jemand gönnerhaft zu ihnen sagt: ,,Solange keine Kinder betroffen sind, hab ich kein Problem mit eurem Lebensentwurf."  ...


Aus: "In your face!" (22. September 2020)
Quelle: https://uebermedien.de/52994/in-your-face/ (https://uebermedien.de/52994/in-your-face/)

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Quote[...] Der Begriff "Altherrenwitz" ist eigentlich irreführend. Er vermittelt, dass sexistische Sprüche für in die Jahre gekommene Männer reserviert sind. Man denkt an Männer wie den FDP-Politiker Rainer Brüderle, der 2013 die Journalistin Laura Himmelreich sexistisch belästigte, worauf eine Debatte über Sexismus losbrach. Wissen Sie, heißt es dann oft von solchen älteren Herren auch heute noch, ich bin in einer anderen Zeit aufgewachsen, damals war das halt alles noch anders.

Was für eine schwache Ausrede. Denn erstens war früher bezüglich Sexismus gar nicht so viel anders, und zweitens hat Sexismus nichts mit dem Alter zu tun.

Den lebenden und jungen Beweis hierfür finden wir wieder in der FDP. Parteichef Christian Lindner, geboren 1979, hätte auf dem Parteitag am Samstag eigentlich die nunmehr ehemalige Generalsekretärin der FDP, Linda Teuteberg, halbwegs würdevoll verabschieden sollen. Das hätte ihm schon allein deshalb gut angestanden, weil er es war, der ihren Abgang wollte – obwohl Teuteberg im April 2019 mit 93 Prozent der Stimmen zur Generalsekretärin gewählt wurde.

Anstatt gerade deshalb ein bisschen Respekt zu zeigen, kam das dabei heraus: "Ich denke gern daran, Linda, dass wir in den vergangenen 15 Monaten ungefähr 300-mal den Tag zusammen begonnen haben." Lindner legt eine Pause ein, wie sie Komiker*innen machen, damit ihr Publikum Zeit hat, den Schmäh zu verstehen und loszulachen. Nach dieser kurzen Pause dann: "Ich spreche über unser tägliches morgendliches Telefonat zur politischen Lage, nicht, was ihr jetzt denkt."

"Was ihr jetzt denkt"? Nun, ein paar denken sich das vielleicht, ein paar anderen kommt aber auch ziemlich sicher ein "Was für ein Idiot" oder "Um Himmels willen, ist das peinlich!" in den Sinn. Dieser Nachsatz von Lindner ist unterirdisch: dass alle im Saal jetzt denken würden, er habe ein Verhältnis mit Teuteberg gehabt, und das müsse er jetzt mit einem jovialen Grinsen im Gesicht richtigstellen.

Erst hat er die Politikerin selbst abgesägt, dann bringt er auf ihre Kosten einen sexistischen Sager. Das ist an grausligem Sexismus in aller Öffentlichkeit kaum zu überbieten.

Nach Kritik vonseiten der Grünen, der CDU und anderen auf Twitter zeigt Lindner, dass er es offenbar recht cool findet, mit Sexismus zu kokettieren.

    Ich bitte um Nachsicht: Die Erwähnung der morgendlichen Telefonkonferenz mit der Generalsekretärin war kein Witz - vereinzeltes Lachen hat mich irritiert. Es war also nur eine missverständliche Formulierung. Einmal auf Twitter bitte im Zweifel für den Angeklagten... CL #bpt20
    — Christian Lindner (@c_lindner) September 19, 2020


Erst gammeligen Sexismus rauszuhauen und dann noch mit "Missverständnis" zu argumentieren, obwohl allen klar ist, dass das Unsinn ist: Das hat nicht den Touch eines widerständigen Kerls, der auf Konventionen pfeift. Denn sexistische Sprüche sind noch die Konvention, auch wenn Empörungsstürme auf Twitter in vielen Filterblasen einen anderen Eindruck vermitteln. Sie sind das Übliche, das Alltägliche. In Sitzungen, in persönlichen Gesprächen, auf der Straße. Sie sind immer übel, aber auf der Bühne eines Parteitags einer liberalen Partei sind sie vor allem peinlich. (Beate Hausbichler, 21.9.2020)


Aus: "Über die Verhältnisse: Junge Männer und ihre Altherren-"Witze""  Kolumne
Beate Hausbichler (21. September 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000120143162/junge-maenner-und-ihre-altherren-witze (https://www.derstandard.at/story/2000120143162/junge-maenner-und-ihre-altherren-witze)

Quote
Schlabberknack

Früher saßen die Moralisten hinter feuchten, kalten Klostermauern und in schummrigen Pfarrhöfen, heute sitzen sie in den hell erleuchteten Schreibstuben linker Zeitungen. Los werden wir sie wohl nie.

Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt (Samuel Beckett).


Quote
Snake Plissken

ich habe garnichts gegen sexistische Witze, wenn sie wirklich lustig sind, was bei der "pointe" vom lindner nicht der fall war.


Quote
Brillenschlange01

Wer noch nie einen Altherrenwitz erzählt hat, werfe die erste Zitrone.


Quote
roman g

An alle hiesigen lindner-schmäh-affinen humorkanonen, die christians witze als eh völlig normal und halb- oder ganzlustig empfinden:

Ich hab heute in der früh auf eure mutter abgespritzt!

Hihi


Quote
Honkytonkman

Um 1976, Nussdorf, Wiener Vorstadt
Heurigenauftritt der Wiener Spitzbuben rund um Anton ,,Daune" Strobl:

Eine Frau kommt zum Schneider und hätte gerne ein tief dekolletiertes Kleid.

Schneider bei der Anprobe: Haben Gnä Frau Haare auf der Brust?

Nein!

Na, dann is' z'tief


Quote
Jake Gittes

Was hat das Sexismus zu tun? Das ist einfach infantiler Humor.


Quote
vizeleutnant hondrocek

Extrem peinlicher Witz. Nur peinlicher sind nur die Leute, die sich ernsthaft über so was aufregen können.


Quote
Endstation Ponyhof

Ein Witz, der sich auf Sex bezieht ist nicht automatisch sexistisch, auch wenn er nicht gut ist.


Quote
WLG

Sexismus ist unter anderem die Anders- und Schlechterbehandlung aufgrund des Geschlechts. Wir können davon ausgehen, dass Lindner diesen Witz (sozusagen "ich habe Sex mit meiner Untergebenen") bei einem Mann nicht gemacht hätte. Damit ist die Definition erfüllt.
Es mag noch gravierendere Beispiele von Sexismus geben. Das ändert nichts daran, dass das hier auch darunterfällt.


Quote
Botenstoff

Lindner hätte diesen Witz mit einem Mann deswegen nicht gemacht, weil das ihn als homosexuell "geoutet" hätte (wäre er das, hätte er den Witz aber vielleicht gemacht). Klarerweise gibt es eine Andersbehandlung aufgrund des Geschlechts bei sexuellen Anspielungen.


Quote
pike bishop

Bei uns auf einer Uni (nicht in Ö) gibt es ein Zimmer fürs Lehrpersonal mit einem Fernseher, da war gelegentlich die Champions League. Die jungen Frauen, die manchmal sassen, haben ausschliesslich die Beine und andere erotische Eigenschaften der Fussballer kommentiert, mit hui und uh und Gekicher. Jetzt stelle ich mir vor, da wäre ein Frauensport und wir Männer würden so anfangen. ...


Quote
Beratungsstelle für galaktischen Kleinkram

Jetzt entspannt's euch endlich mal ... !


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 08, 2020, 10:44:58 AM
Quote[...] Berlin - Einfache Beats, drei Akkorde, eine Mädchenstimme fängt an dilettantisch zu rappen. "Kurde verreck', weißt du was, du Hurensohn, du hast es nicht gecheckt: Türken sind am Start, also geh weg!"

Das sind noch die harmlosen Beleidigungen in einem YouTube-Video, das in neun Monaten mehr als 79.000 Mal abgerufen wurde. Fäkalausdrücke und brutale Drohungen werden hier in schlechtem Deutsch aneinander gereiht.

Eine der jüngsten Antworten von kurdischer Seite sieht so aus: "Wir sind Killerkurden, kämpfen für die Freiheit unseres Landes Kurdistan gegen euch Missgeburten!", rappt ein Junge in einem Video mit schlechter Tonqualität. Im Hintergrund sieht man Kemal Atatürk, den Vater der Türken, mit einem Hundekörper, der gerade auf die Türkeifahne pinkelt. Die Rapperstimme schimpft weiter: "Das ist kein Scheiß, ich mein's ernst, wenn ich Krieg sag. Ich ficke jeden Bozkurt!" Aufrufe des Videos: 1100 in einer Woche.

[...] Der Extremismus-Expertin zufolge ziehen die Jugendlichen aus den jeweiligen Ideologien die Symbole von Macht und Überlegenheit – auch um ihr Verlierer-Dasein zu überwinden. Wohl deshalb geht es in den Internetforen so hart her: "Meine Kugel trifft deinen Kopf", rappen türkische Jungs - und kurdische antworten: "Die Straße gehört uns."

"Es handelt es meist um perspektivlose Jugendliche, die sich hier nicht angenommen fühlen, die sich in ihre ethnische Identität zurückziehen und daraus ihr Selbstwertgefühl schöpfen", sagt Dantschke. Das Problem sei "von hier" und "nicht etwa aus der Türkei importiert".


Aus: "HASSVIDEOS VON TÜRKEN UND KURDEN: "Die Straße gehört uns"" Von Ferda Ataman (18. Dezember 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,523367,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,523367,00.html)

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Quote[...] Es war ein altbekanntes Manöver: Im TV-Duell gegen Joe Biden richtete sich Donald Trump, anstatt sich von White Supremacy (dem Glauben an die Überlegenheit Weißer) zu distanzieren, an die "Proud Boys". "Haltet euch zurück und haltet euch bereit." Außerdem müsse jemand etwas gegen die "Antifa" unternehmen. Die Reaktionen waren absehbar: Rechtsextreme jubelten, Republikaner gaben sich konsterniert, nach ein paar Tagen verurteilte Trump dann schließlich White Supremacy. Ein Medienzirkus, wie er ihn schon viele Male durchgespielt und der diesmal die "Proud Boys" ins Scheinwerferlicht gerückt hat.

Doch die "Proud Boys" sind mehr als eine weitere Neonazi-Schlägertruppe. Sie sind das Ergebnis einer vielschichtigen Verflechtung von Popkultur, Neo-Faschismus, Porno, Troll-Kultur und Incels (Involuntary Celibates). Der Code ist dezidiert uneindeutig, schon allein visuell: Sturmgewehr, Tarnhose und Trumps rotes "Make America Great Again"-Basecap mag man auch von anderen rechten Milizen kennen, jedoch eher nicht die mal gezwirbelten und mal zotteligen Hipsterbärte sowie schwarz-gelbe Polohemden des Modelabels Fred Perry (das jüngst verkündet hat, die Produktion dieser Modelle einstellen zu wollen). Dass die Mitglieder der "Proud Boys" meist eher bullige Männer zwischen 20 und 40 sind, die zurück wollen zu einer brachialen, gewalttätigen Männlichkeit, ist unzweifelhaft. Andererseits baut das aber erklärtermaßen auf einem "Fight Club"-Gedanken auf. Sollte der Bürgerkrieg, wenn er denn – "Haltet euch bereit" – wirklich kommt, ernsthaft in einem Topos gründen, dem das liberale Hollywood zu entscheidender Bekanntheit verholfen hat?

Gegründet wurden die Proud Boys 2016 vom Kanadier Gavin McInnes, 1994 ebenfalls Mitgründer von Vice Media, nicht unbedingt ein bevorzugtes Medium der Alt-Right. McInnes fiel schon vor seinem Abschied bei Vice im Jahr 2007 (wegen "kreativer Differenzen") mit frauen- und minderheitenfeindlichen Polemiken auf. Doch er nahm auch etwas von dort mit: Dem Hipster-Kosmos entlieh er neben äußerlichen Attributen das Stilmittel der Ironie und der Tirade, von der man nie ganz genau sagen kann, ob sie sich nicht eventuell selbst persifliert. Damit werden dann heute antisemitische Hetzreden wie "10 Dinge, die ich an Israelis hasse" verbrämt.

Der Name "Proud Boys" leitet sich aus einem Lied des Disney-Films "Aladdin" ab, das "Proud of your Boy" heißt. Der Wahlspruch der Gruppe ist das swahilische "Uhuru", "Freiheit". Neue Mitglieder werden zur Initiation verprügelt, bis sie fünf Sorten Cornflakes genannt haben. All diese Dinge führen dazu, dass die "Proud Boys" im Gegensatz zu anderen gewaltbereiten Banden eher als skurril oder gar albern wahrgenommen werden können. Zudem behaupten sie gern, sie seien keine White Supremacists, weil sie ja auch – bis hin zum heutigen Vorsitzenden Enrique Tarrio – BPOC (Black People of Colour)-Mitglieder hätten. Dazu passt, dass sie nicht etwa eine weiße oder arische, sondern eine neue "westliche" Männlichkeit verkörpern wollen.

Was die "Proud Boys" nun aber so gefährlich macht, ist zum einen die Nähe zu Trump und seinen Kreisen. Gegründet im Jahr seiner Wahl, wird ihre Mitgliederzahl inzwischen auf mehrere hundert geschätzt. Sie stellten unter anderem schon für den rechten Blogger Milo Yiannopoulos und die rechte Publizistin Ann Coulter bei Veranstaltungen die Security, teils mit chaotischen Ergebnissen. Und auch Roger Stone, ehemaliger Trump-Berater, hat die "Proud Boys" bereits als Bodyguards angeheuert. Erst kürzlich bedankte sich die republikanische Kandidatin für den Senat in Delaware, Lauren Witzke, bei der Gang für ihre "kostenlose Security" auf ihrer Wahlkampfveranstaltung. Man muss nicht gleich zur Saalschutz-Funktion der SA gehen, um diese Nähe zur rechten (Medien-)Macht bedenklich zu finden. Ein Verweis auf die Hells Angels, die in den späten 60er-Jahren "nur" bei Konzerten Angst und Schrecken verbreiten durften, tut es vielleicht auch.

Zum anderen ist es wichtig, den vermeintlich eher harmlosen Zusatz "westlich" im Kontext von rechtsextremen Codes zu verstehen: Angestrebt wird hier eindeutig eine von Weißen dominierte, heteronormative, patriarchale Welt. Die Ideologie baut auf Elemente der rechtsradikalen Verschwörungserzählung von einem angeblich drohenden "Weißen Genozid". Nach diesem Narrativ steht die "westliche" Kultur "unter Belagerung" von nicht-weißen Kräften und droht auszusterben. Es ist ein Verschwörungsmythos, der inhärent antisemitisch, islamophob und antimigrantisch geprägt ist. Neben Gemeinsamkeiten beim optischen Durchbrechen neonazistischer Codes finden sich hier auch ideologische Parallelen zur "Identitären Bewegung" in Europa und ihrer Erzählung vom "großen Austausch".

Jeder Mann könne Mitglied der "Proud Boys" werden, heißt es – aber nur, solange anerkannt wird, dass "weiße Männer nicht das Problem sind". In ihren zehn Grundprinzipien sprechen sich die "Proud Boys" gegen "rassischen Schuldkult" (racial guilt) und politische Korrektheit aus. McInnes sagte im Oktober 2018, er lehne Rassismus ab, fällt aber immer wieder mit rassistischen Statements auf. Mit den "Proud Boys" hat das allerdings nur noch bedingt zu tun, erklärte McInnes doch wenig später seinen Austritt aus der Gruppe, um sie zu schützen. Zuvor hatte das FBI "Proud Boys" (es gibt widersprüchliche Angaben, ob nun die ganze Gruppe oder nur einzelne Mitglieder) als extremistisch eingestuft und ihnen Verbindungen zum "weißen Nationalismus" attestiert.

Die "Proud Boys" selbst sehen sich als Erleuchtete: Durch "Red Pilling", das Schlucken einer metaphorischen "roten Pille" (eine Matrix-Anspielung), "erwachen" zukünftige Mitglieder und erkennen plötzlich, dass fremde Kulturen die "westliche" bedrohen. Relevant für die Konstruktion einer neuen "westlichen" Männlichkeit ist die Cuckold-Pornografie. Es handelt sich dabei um ein Genre, in dem meist ein weißer Mann zusieht, wie seine Frau mit einem schwarzen Mann Sex hat, wodurch ihr Partner erniedrigt und entmännlicht wird. Die "Proud Boys" übertragen diesen Fetisch allerdings auf die heutige Gesellschaft: Gemäßigte Konservative und Linke seien "cucks", die sich von Schwarzen und anderen Minderheiten vorführen ließen. Der Begriff "cuck" ist mittlerweile ein fester Bestandteil neurechter Codes im Internet geworden. Dieser Entmännlichung könne man sich nur entziehen durch das Aufgehen in Gewalt und strenge Masturbationskontrolle. Das soll den Zusammenhalt der Gruppe stärken und zudem motivieren, sexuellen Frust nicht selbst abzubauen, sondern "rauszugehen" und Frauen zu treffen. Diese Gedankengänge sind auch der Incel-Szene nicht fremd.

Um dieser, nach eigener Aussage "pro-westlichen Bruderschaft" beizutreten, müssen laut dem "Southern Poverty Law Center", einer gemeinnützigen Organisation, die rechtsextreme Gruppen beobachtet, vier Grade durchlaufen werden: Am Anfang steht die öffentliche Erklärung: "Ich bin ein westlicher Chauvinist und ich weigere mich, mich für die Schaffung der modernen Welt zu entschuldigen." In einem zweiten Schritt folgt das Cornflakes-Prügelritual – das diene der Adrenalin-Kontrolle. Außerdem müssen sich Mitglieder an das Masturbationsverbot halten. Pornografie ist übrigens verboten. Ein Mitglied des dritten Grades muss sich ein "Proud Boys"-Tattoo stechen lassen. Der vierte Grad ist dann erreicht, wenn der Anwärter öffentlich Gewalt gegen angebliche Angehörige der in rechten Kreisen verhassten "Antifa" ausübt. Spätestens hier wendet sich also die Gewaltbejahung gegen das gesellschaftliche Außen, wird ein zutiefst toxisches und rein physisch ausgerichtetes Männlichkeitsideal zu einer realen Bedrohung.

Zu dieser Weltanschauung gehört selbstverständlich auch ein aggressiver Antifeminismus: Gründer McInnes, der sich noch nach seinem Weggang von Vice mit lustigen Homevideos als moderner Vater inszenierte, ist bekannt dafür, Feminismus als "Krebs" bezeichnet zu haben und zu behaupten, Frauen wollten misshandelt werden – gleichzeitig dienen ihm Stereotype über Frauenhass in der islamischen Welt für rassistische Diffamierung. Stattdessen wünschen sich die "Proud Boys unter dem Wahlspruch "Verehrt die Hausfrau" ein (vermeintliches) Ideal der 50er-Jahre zurück. Das beinhaltet auch Stress für Männer: Die "Proud Boys" verabscheuen Dinge, die sie für "verweichlicht" halten – ein amerikanischer Mann soll lieber Steaks essen und Äxte werfen, anstatt zu lesen.

Gelesen wird aber manchmal trotzdem, und das ist durchaus verräterisch in Bezug auf die Behauptung, nicht einer Ideologie der White Supremacy anzuhängen: Der Gründer fasste den Charakter der Treffen mal mit "saufen, kämpfen und laut aus Pat Buchanans Der Tod des Westens vorlesen" zusammen. Buchanan, ein ehemaliger Redenschreiber für Präsident Richard Nixon und mittlerweile ein White Supremacist, behauptet in dem Buch, dass das weiße Christentum durch Immigranten verdrängt werde, die Verschwörungserzählung des "Weißen Genozids" klingt auch hier an.

Gleichzeitig wirkt auch das Saufen-Kämpfen-Lesen-Statement eher schräg als initial bedrohlich. Dahinter steckt eine Strategie: Wer nicht ernst genommen wird, kann sich besser ausbreiten. Wer weiß schon, dass die Verwendung von "Uhuru" die Verhöhnung eines Aktivisten ist, der mit demselben Wahlspruch in einem Video Reparationen für die Versklavung Schwarzer forderte? Oder, dass McInnes als Grund für die Cornflakes-Prügel nennt: "Den Westen gegen Menschen, die ihn zerstören wollen, zu verteidigen, ist wie sich an Cornflakes zu erinnern, wenn du mit zehn Fäusten bombardiert wirst. Die Kameradschaft und Bindung, die diese Gewalt produzieren, ist inspirierend."

Die "Proud Boys" sind eine neofaschistische, frauenfeindliche und rassistische Gang, die sich in Einschüchterung und Gewalt übt. Der Richter Mark Dwyer, der 2019 zwei "Proud Boys" zu vier Jahren Haft verurteilte, nachdem sie antifaschistische Demonstrierende angegriffen hatten, sagte: "Ich weiß genug über Geschichte um zu wissen, was in den Dreißigerjahren in Europa passiert ist, als die Justiz politischen Straßenkämpfen nicht Einhalt gebot." Besonders bedrohlich ist das auch deshalb, weil sich die "Proud Boys" eben kaum noch zurückhalten, wie Trump es vorerst gefordert hat: Sie tauchen mittlerweile immer öfter auf Black-Lives-Matter-Demonstrationen auf und versuchen, Gewalt zu provozieren. Die "Proud Boys" verfügen außerdem über eine paramilitärische Untergruppe, die sich "Fraternal Order of the Alt-Knights" nennt – eine klare Anspielung auf den Terminus "Alt-Right". Von dem distanzierten sich Sprecher der Gruppe dann ganz gemäß der Taktiken des Trollens mit Vor- und Zurückrudern und Es-nicht-so-und-im-Zweifel-nur-ironisch-Gemeinthabens.

Trumps Aufruf an seine Fans, im November in Wahllokalen "für Sicherheit" zu sorgen, dürfte bei den "Proud Boys" auf Begeisterung gestoßen sein. Sie verkaufen mittlerweile Fanartikel mit Trumps Aufforderung "Stand Back and Stand By". Der Gründer des neonazistischen Daily Stormer schreibt dazu: "Ich habe Gänsehaut. Ich habe immer noch Gänsehaut, er [Trump] sagt den Leuten, sie sollen sich bereithalten. Bereit für den Krieg." Am Samstag wurde Gavin McInnes vor dem Walter-Reed-Krankenhaus gesichtet.


Aus: ""Proud Boys": Mehr als nur ein Neonazi-Schlägertrupp" Eine Analyse von Annika Brockschmidt (7. Oktober 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-10/proud-boys-us-wahl-white-supremacy-gavin-mcinnes-rechtsextremismus/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2020-10/proud-boys-us-wahl-white-supremacy-gavin-mcinnes-rechtsextremismus/komplettansicht)

QuoteHFLM #1

As Gay Twitter reclaims #ProudBoys hashtag, Proud Boys change name to "Leather Men"
https://www.thebeaverton.com/2020/10/as-gay-twitter-reclaims-proudboys-hashtag-proud-boys-change-name-to-leather-men/ (https://www.thebeaverton.com/2020/10/as-gay-twitter-reclaims-proudboys-hashtag-proud-boys-change-name-to-leather-men/)


QuoteOnlyOnePlanet #1.3

... Ist der Beaverton so was wie der Postillion hier?


QuoteSir Lawrence #1.7

"Ist der Beaverton so was wie der Postillion hier?"- Yep


Quotenucleolus #1.10

"Übrigens: Sich lustig machen über vermeintliche Homosexualität von offen homophoben Gruppen ist immer insofern schwierig, als dass das nur dann funktioniert, wenn man selbst Schwulsein als Witz begreift."

Stimmt nicht. Der Witz hier ist die Ironie, das Heuchlerische. Dass mit Klischees gespielt wird, liegt wiederum an der Natur von Witzen.


QuoteSchievel2 #1.11

Ne?
Man kann kann auch Homosexualität ernst nehmen und sich trotzdem darüber lustig machen, wenn sich homophobe darüber aufregen mit homosexuellen in Verbindung gebracht zu werden. Warum soll das in Ihren Augen ein Widersprich sein?


QuoteSonderze.chen #1.15

Und extremreligiöse Männer sind dann auch nie frauenfeindlich, weil sie ja Frauen heiraten? ...


QuoteNobelix #2

Die queeren Jungs, die den hashtag "ProudBoys" gekapert haben, sind da doch deutlich symphathischer. Wenn Trump das auch so sehen würde, wäre noch ein Hauch von Hoffnung gegeben.


QuoteCantHappenHere #4

"aber sie sind popkulturell vielschichtig, arbeiten mit Albernheiten und Ironie. Das bedeutet Gefahr."

...und, im Rahmen der Gesetze, auch zunächst mal schlicht politische Meinungsäußerung. Will sagen: die Ideologie macht sie wenn dann gefährlich, nicht die Tatsache, dass auch Rechtspopulisten bis hin zu Neonazis sich inzwischen intelligenterer Mittel bedienen als der tumben Herummarschiererei in Springerstiefeln.


Quoter.schewietzek #4.2

Joah. Aber diese Fixierung aufs Masturbationsverbot lässt tief blicken. Freud lässt grüssen.


QuoteDer Reimer #4.3

Jedenfalls ist die ganze Angelegenheit letztlich wieder SO ne Seifenblase der Medien.
Diese "Proud Boys" sind letztlich einfach eine unter vielen mehr oder weniger reaktionären unzähligen Gruppen, die es in den USA halt wohl gibt, sicher weder die gefährlichste noch die bedeutsamste.
Der Name wurde halt von Trump ins Spiel gebracht, weil er da selber wohl mal was von gehört hat, bei FOX vermutlich...letztlich taugen die allenfalls als Synonym.

Immerhin ne nette Werbeaktion für die, schätz ich mal. Sachlich konkret ne Albernheit.


QuoteMeefrangge #4.14

Ich gebe dem Mitforist nicht zu 100% Recht, aber was Wahres ist nunmal dran.

Beispiel Feminismus - für viele Frauen der Grund, sich "endlich auch mal wie die Machos der 80er aufzuführen".
Dann gibt's noch die Schwarzer Fraktion, die einen Kachelmann auch dann noch als Vergewaltiger betitelt, obwohl rechtskräftig klar ist dass seine Frau gelogen hat.
Dann die, die sich in die rhetorische Opferrolle begeben, und auf Mitleid pokern.

Wenn Biden also im Interview Trump so einen Knochen hinwirft, und der Journalismus macht das hier draus, frage ich mich schon wer hier eigentlich der Brandstifter ist.
Und ja, man hat ein Recht auf seine eigene, vielleicht falsche Meinung, solange sie von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Lieber ein Chauvinist, der zugibt einer zu sein, als einer, der mir mit Honig um den Maul hinterfotzig gegenüber tritt.
Da weiß ich wenigstens woran ich bin.


QuoteRaymond Luxury-Yacht #9

Hmmm... Mal eine ganz spannende Zusammenfassung einer bisher vollkommen unbekannten Gruppe. Die Gruppe als Symptom ist ganz interessant. Die massive Betonung des liberalen Topos von der "toxischen Männlichkeit" bis zum "Mann, als Ursache für alles Übel von Frauen oder Minderheiten"... Es war damit zu rechnen. Ich glaube nicht, dass das eine Massenbewegung wird aber die Ursachen so einer Reconquista des Meinungsspektrums liegen auf der Hand.


Quoter.schewietzek #9.1

Frauen sind nicht mehr gehorsam genug?


QuoteRaymond Luxury-Yacht #9.2

Bei mir war diesbezüglich von Anfang an Hopfen und Malz verloren... LOL


QuoteM_Schæfer #10

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/tg


QuoteRaymond Luxury-Yacht #10.1

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quotewackelnde Gardine #13

Was ist das eigentlich für eine neue Masche mit diesem "werden als ... gelesen"?
Ist das selbstentlarvendes Korrektsprech für "werden in die Schublade ... gesteckt"?


QuotePedro Navaja #14

Testosteronstau, sexuelle Frustration und politisch vergiftete Stimmung sind ein sehr, sehr gefährliches Cucktail...sorry Cocktail.


Quotehumboldt_redivivus #16

Sehr aufschlussreicher Bericht, also eben dieser Mix aus Macho-Gehabe, Frauen- und Fremdenfeindlichkeit usw. usw. Problem sehe ich auch, doof sind die nämlich nicht alle und ja - vom Outfit teilweise ziemlich cool. Ich glaube, wir alle müssen uns vom dem antiquierten Nazibild mit Springerstiefeln definitiv verabschieden. Die Rechtsextremisten sind vielschichtiger, fast hätte ich queerer gesagt. und deshalb viel gefährlicher, diese Identitären kommen ja rein optisch teilweise auch recht cool rüber!

Ergänzung: Beim nochmaligen Lesen des Artikels scheint mir eine gewisse homoerotische Aufladung, wie bei anderen Männerbünden, auch noch vorzuliegen und da können dann ja doch Parallelen zur SA ("Röhm-Putsch") gezogen werden.


Quoter.schewietzek #17

Dass die Mitglieder der "Proud Boys" meist eher bullige Männer zwischen 20 und 40 sind, die zurück wollen zu einer brachialen, gewalttätigen Männlichkeit, ist unzweifelhaft.

----

Vielleicht werden sie nur nicht damit fertig, daß sie ihr Geschirr selber spülen müssen und ihre Wäsche selber waschen müssen - eigentlich keine Fertigkeiten, die besondere Intelligenz oder Aufnahmefähigkeit verlangen....
Die meisten Männer schaffen das problemlos.


Quotetamsin paine #17.1

Die meisten Männer, die ich kenne, waschen ihre Wäsche und spülen ihr Geschirr normalerweise nicht selbst. Dazu gib es auch Statistiken. Es sei denn, sie sind nicht verpartnert, und das Inceltum scheint ja bei den Proud boys das Problem zu sein.


QuoteJosef Bologna #17.2

Spülen ist die Hölle!


QuoteJ.P._Merz #35

Immer wenn ich Proud Boys höre habe ich sofort einen Hit von Duran Duran im Ohr.


QuoteWurstkuchlbub #35.1

Und ich denke bei den Proud Boys an Kleinkinder, die stolz sind, das erste mal allein aufs Klo gegangen zu sein...


QuoteAbdul Alhazred #38

Ist das sowas wie unsere IB?


QuotePascal P #38.1

Nur mit Waffen...


QuoteTordenskjold #38.2

Wohl eher eine Mischung aus IB und SA.


QuoteManus Cornu #38.5

Eigentlich kein schlechter Vergleich. Zumindest ist das Ziel wohl Ähnlich: Niemand will gerne mit Glatze und Springerstiefeln bzw mit schlechten Zähnen und Schrotflinte in Verbindung gebracht werden, also schaut man, welche Subkultur sonst gerade ~hip~ ist und kopiert deren Ästhetik.


QuoteKlara Denken #60  —  vor 6 Stunden

... "Neue Mitglieder werden zur Initiation verprügelt, bis sie fünf Sorten Cornflakes genannt haben."

Entschuldigung: Was ist denn der Untershied zu schlagenden Verbindungen? Backe hinhalten, aufschlitzen und dann stolz die Narbe vorzeigen.

"All diese Dinge führen dazu, dass die "Proud Boys" im Gegensatz zu anderen gewaltbereiten Banden eher als skurril oder gar albern ..."

Jetzt soll mir mal einer erzählen daß farbentragende Burschenschaften mit ihren Uniformen, Kommersen, Saufgelagen etc. nicht skurril oder albern sind. ...

"Gleichzeitig wirkt auch das Saufen-Kämpfen-Lesen-Statement....".

OK, da gebe ich zu Deutsche Verbindungsstudenten tun nur die ersten zwei Dinge.

"...Taktiken des Trollens mit Vor- und Zurückrudern und Es-nicht-so-und-im-Zweifel-nur-ironisch-Gemeinthabens....".

Genau dasselbe, die Desdensia-Rugia meint es garnicht so, wenn sie die Nachbarschaft mit Goebbels Reden beschallt, wir es mir vor langer Zeit als Student in Gießen passiert ist, als ich das Unglück hatte in der Nachbarschaft zu wohnen.

Wir haben diese "Proud Boys' seit 172 Jahren. Ganze DAX Vorstände bestehen aus solchen Seilschaften.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 13, 2020, 12:01:12 PM
Quote[...] In Leona Stahlmanns Romandebüt ,,Der Defekt" findet eine junge Masochistin sich selbst

Ein Roman über eine Pubertierende, die sich von ihrem Freund schlagen, würgen und anspucken lässt? Die sich vorschreiben lässt, kein Deo mehr zu benutzen, weil ihr Freund wissen will, wie sie ,,stinkt"? Das weckt nicht erst in MeToo-Zeiten höchst unbehagliche Gefühle. Doch Vorsicht mit schnellen Urteilen. Denn es geht in Leona Stahlmanns Romandebüt weder um einen Fall von Hörigkeit noch um eine Missbrauchsgeschichte.

Die masochistische Heldin ihres provokanten Coming-of-Age-Romans heißt Mina. Dass sie zum Schmerz eine besondere Beziehung hat, weiß die Schülerin, seit sie als Fünfjährige versehentlich im Wald in Brennnesseln gegriffen hat – um sie dann wie im Rausch einfach nicht mehr loszulassen. Natürlich gibt es in dem Schwarzwalddorf, in dem die inzwischen 16-Jährige aufwächst, für derlei Abweichungen von der Norm keinen Platz; Mina behält ihr Bedürfnis nach Grenzerfahrungen daher klugerweise für sich. Zunächst ist es auch nur die rätselhafte Anziehungskraft einzelner Wörter, die das Mädchen beschäftigt, wie ,,Ordnung" oder ,,Disziplin". Was es mit ihrem Anderssein, ihrem vermeintlichen ,,Defekt", auf sich hat, das beginnt die Schülerin erst zu verstehen, als sie den zwei Jahre älteren Vetko kennenlernt.

Der Einzelgänger wird von der 32-jährigen Hamburger Autorin als skurrile Mischung aus englischem Baron und Papagei beschrieben. Er ist quasi der dominante Deckel auf Minas unterwerfungsfreudigem Topf und lenkt ihr pubertäres Gefühlschaos in seine ganz eigene Ordnung. Dank Vetko kann die jugendliche Protagonistin hinter dem Rücken ihrer Eltern und Mitschüler den Kick am Kontrollverlust erkunden. Etwa indem sie auf seine Anweisung hin auf einem Stoppelacker kniet, nackt und mit verbundenen Augen, ohne zu wissen wie lange. Noch die erwachsene Heldin erinnert sich gegen Ende des Romans an die ,,höllische Freude", die ihr diese halbe Ewigkeit völligen Ausgesetztseins bereitet hat.

So dauert es nicht lange und Mina kann nur noch müde lächeln, wenn ihre beste Freundin auf dem Pausenhof mit ihrem ersten Knutschfleck Eindruck schinden will. Vordergründig ist natürlich Vetko der aktive Part in dieser Beziehung. Denn er ist es, der Mina mit seiner Verachtung für gewöhnlichen Sex – er spricht vom ,,Geschlamper der Geschlechter" – über ihre Grenzen zu treiben versucht. Bis hin zur bewussten Einnahme von K.o.-Tropfen, um sich ihm völlig auszuliefern, als größtmöglichen Ausdruck von Vertrauen, wie er findet.

Doch erzeugt der junge Mann mit seiner halbgaren Gefühlsphilosophie eher ambivalente Reaktionen bei Mina. Überhaupt sind die Machtverhältnisse zwischen den beiden Erfahrungsjunkies in Wahrheit genau umgekehrt. Vetko ist letztlich wenig mehr als Minas Instrument, mit dem sie ihre Grenzen erforscht und ihre Identität findet. Wird ihr etwas zu viel, wie seine Forderung, sich den Kopf rasieren zu lassen, lässt sie Vetko einfach stehen, der plötzlich recht hilflos dreinschaut. Und die K.o.-Tropfen nimmt sie am Ende ganz allein ein.

Dass unklar bleibt, woher der Möchtegern-Dom die Erfahrung für seine gefährlichen Spiele nimmt, ist eine der Schwächen von Stahlmanns Romandebüt. Eine andere sind die manchmal allzu labyrinthischen Bandwurmsätze. Zu den Stärken zählt dagegen die bilderreiche, sinnliche Sprache der Autorin. Und nicht zuletzt die implizite Gesellschaftskritik, die deutlich wird, wenn sich etwa Minas Schulfreundinnen den sterilen Vorstellungen von Weiblichkeit à la ,,Germanys Next Topmodel" hingeben, um nicht zu sagen: unterwerfen.

Bleibt die Frage: Erzählt Leona Stahlmann hier eigentlich eine Liebesgeschichte? Wenn man wie ihre Protagonisten bereit ist, eine Ohrfeige als Geste größtmöglicher Zärtlichkeit zu empfinden, dann sicherlich. Für Menschen wie Mina und Vetko ist eben vieles anders – ist Sexualität letztlich eine Sache des Kopfes, nicht der Genitalien. Es ist bemerkenswert, mit welcher Leichthändigkeit es der Autorin gelingt, diese andere Form von sexueller Identität ihren Lesern nahezubringen. Und das, obwohl das Thema Sadomasochismus nach dem Kunstlederkitsch von Fifty Shades of Grey für die Literatur erledigt zu sein schien. Das ist keine geringe Leistung für einen Debütroman.

Leona Stahlmann: Der Defekt.
Kein & Aber Verlag, Zürich 2020.
271 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783036958217


Aus: "Gegen das ,,Geschlamper der Geschlechter"" Oliver Pfohlmann (2020)
Quelle: https://literaturkritik.de/stahlmann-defekt,27164.html (https://literaturkritik.de/stahlmann-defekt,27164.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 15, 2020, 02:00:01 PM
Quote[...] Vor 50 Jahren Auf dem Laufsteg wird er als Lieblingskind der Mode gefeiert, Boutiquen und gutbürgerliche Bekleidungshäuser räumen ihm bereitwillig Platz in der Vitrine ein. Und auch im modischen Straßenbild bedeutet er längst eine Selbstverständlichkeit. Im Büro, am Arbeitsplatz aber ist der Hosenanzug als ,,korrekte Kleidung" noch umstritten, um nicht zu sagen, verpönt. Während Miniröcke den durchaus wohlwollenden Blick vieler Chefs ernten, sind die durch lange Hosen züchtig bedeckten Beine – sofern sie überhaupt im Büro aufmarschieren – auch im Jahr 1970 bei einigen Firmen Stein des Anstoßes. Für das Mißfallen, das Hosen an Damenbeinen bei Personalchefs offenbar auch im Zeitalter der Frauenemanzipation manchmal noch erregen können, gibt es ein verblüffendes Beispiel: Vor kurzem wurde bei einer Bremer Filiale einer Weltfirma eine Kontoristin entlassen. Der Kündigungsgrund: eine rote lange Hose und die Weigerung der Trägerin, in Zukunft auf diese ,,nicht passende Aufmachung" zu verzichten. (30./31. Mai 1970)   

Hintergrund Man mag es kaum für möglich halten, aber das Thema Hosenanzug rief im Frühjahr 1970 einen handfesten Skandal hervor. Dafür sorgte eine gebürtige Bremerin, die frisch gewählte SPD-Bundestagsabgeordnete Lenelotte von Bothmer (1915-1997) aus Isernhagen bei Hannover. Bis dahin hatte es noch keine Frau gewagt, das Parlament in Hosen statt mit Rock zu betreten und damit gegen die ungeschriebene Kleiderordnung zu verstoßen.

Doch als der damalige Bundestagsvizepräsident Richard Jaeger (CSU) kundtat, er werde keiner Frau erlauben, mit Hosen im Plenum zu erscheinen und erst recht nicht, in einer solchen Aufmachung auch noch das Wort zu ergreifen, stachelte das den Widerstand einer kleinen Gruppe gewählter Volksvertreterinnen an. Dabei konnte die Sozialdemokratin keineswegs als junge Wilde durchgehen, im Gegenteil: Die damals 54-Jährige musste sich ihren beigen Hosenanzug extra kaufen, eigentlich bevorzugte sie den Rock. Aber die patriarchalische Haltung Jaegers entfachte nun einmal ihren Zorn, es ging ums Prinzip.

Als Lenelotte von Bothmer sich im April 1970 erstmals in Hosen im Bundestag blicken ließ, ging ein Raunen durch die Reihen, etliche Stimmen fürchteten um die Würde des Hohen Hauses. Dass sie bei dieser Gelegenheit noch nicht einmal eine Rede hielt, spielte keine Rolle. Ein mächtiges Rauschen durchzog den medialen Blätterwald, alarmierte Bürger ergingen sich in wüsten Beschimpfungen. ,,Armes Deutschland, so tief bist du gesunken mit den roten Parteiweibern", hieß es in einer anonymen Zuschrift. Freilich beruhigten sich die Gemüter auch bald wieder. Entgegen gern kolportierter Ansicht tobte der Saal keineswegs, als die unerschrockene Politikern am 14. Oktober 1970 ihr Rededebüt im Hosenanzug gab. Das Protokoll vermerkt nur einen einzigen, vergleichsweise harmlosen Zwischenruf des CDU-Abgeordneten Berthold Martin: ,,Die erste Hose am Pult!"

Bereits in den 1930er-Jahren hatten Schauspielerinnen wie Marlene Dietrich einen Hosenanzug getragen. In breiteren Schichten setzte sich die Kombination aus Jacke und Hose aber erst in den 1960er-Jahren durch, ironischerweise erregten die doch eigentlich untadeligen Hosenanzüge fast noch mehr gesellschaftlichen Disput als die zeitgleich aufkommenden Miniröcke. Das Beispiel der angefeindeten Bremer Kontoristin zeigt, wie schwer sich manche Firmen taten, den Hosenanzug als Alternative zum Rock zu akzeptieren. Dazu der WESER-KURIER: ,,Was im Bonner Bundestag möglich ist, sollte in einem Bremer Büro eigentlich nicht unmöglich sein." Inzwischen sind Hosenanzüge längst salonfähig, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sogar eine ausgesprochene Vorliebe dafür.

Aus: "Vor 50 Jahren - ,,Der Kündigungsgrund: eine rote lange Hose"" Frank Hethey (30.05.2020)
Quelle: https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-der-kuendigungsgrund-eine-rote-lange-hose-_arid,1915827.html (https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-der-kuendigungsgrund-eine-rote-lange-hose-_arid,1915827.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 20, 2020, 12:31:38 PM
Quote[...] Wie Instagram, nur nackter. So oder so ähnlich wird die Plattform Onlyfans oft beschrieben. Denn obwohl das Unternehmen versucht, vom Porno-Image Abstand zu nehmen, wird Onlyfans vor allem von Menschen genutzt, die hier freizügige Bilder und Videos gegen Geld anbieten. Inzwischen ist die 2016 gestartete Plattform im Mainstream angekommen. Spätestens, seit Beyoncé im Remix von Megan Thee Stallions Song Savage (2020) sang: ,,She might start an Onlyfans."

Tatsächlich funktioniert Onlyfans ähnlich wie Instagram: Menschen teilen Bilder und Videos in ihrem Feed. Followers können die Inhalte liken, kommentieren und privat mit den Anbieter*innen kommunizieren. Der entscheidende Unterschied: Bei Onlyfans muss man für jeden Inhalt zahlen. Nur wer für ein Abo im Schnitt 14 Dollar pro Monat zahlt, hat Zugriff auf den jeweiligen Feed und kann Nachrichten an die Anbieter*innen verschicken. Besonders pikante Bilder und Videos kosten in der Regel extra – und je mehr man zahlt, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt man von den Urheber*innen.

Auf diese Art und Weise verdienen in Deutschland laut Angaben von Onlyfans momentan knapp 4.000 Menschen Geld – und manche ihren gesamten Lebensunterhalt. Eine davon ist die 22-jährige Yma Louisa Nowak, die seit Februar 2020 auf Onlyfans aktiv ist. Heute gehört sie zu den erfolgreichsten zwei Prozent weltweit. Nach eigenen Angaben verdient sie zwischen 1.500 und 5.000 Euro im Monat. In einem Interview mit dem Spiegel bezeichnete Nowak OnyFans als einen Ort der Selbstbestimmung. Dass sie über Onlyfans mit Nacktaufnahmen Geld verdient, sei für sie Ausdruck eines modernen und sexpositiven Feminismus. Auf Instagram habe sie immer wieder mit Sperrungen und Einschränkungen zu kämpfen gehabt, da ihre Bilder zu viel nackte Haut zeigten.

Im Gegensatz zum Mainstream-Porno sind die Inhalte auf Onlyfans diverser. Queere Personen, People of Color, Menschen mit Behinderung oder jene, die gängigen Schönheitsidealen nicht entsprechen, werden hier nicht zu nischigen Kategorien gemacht und fetischisiert. Sie sind nicht länger auf Agenturen oder Managements angewiesen, sondern können selbst Inhalte anbieten und sich eine Fanbase aufbauen. Durch die Chatfunktion können sie direkt mit ihrer Followerschaft kommunizieren; die Anonymität von Pornhub oder Youporn weicht hier einer nahezu intimen digitalen Beziehung. Sie können selbst entscheiden, wem sie was für welchen Preis zeigen wollen, sie können übergriffige Personen blockieren. Außer ihnen profitiert nur die Plattform finanziell.

Diese Vorteile haben im Zuge der Corona-Pandemie und des Tätigkeitsverbots auch viele Sexworker*innen und Pornodarsteller*innen zu Onlyfans gebracht, die zuvor eher offline arbeiteten. Im April dieses Jahres – als die Arbeitslosenzahlen in der Branche in die Höhe schnellten – stiegen die Neuanmeldungen bei Onlyfans nach Angaben des Unternehmens um 75 Prozent. Auch die Nachfrage stieg durch Social Distancing und Lockdown enorm: Im Mai meldeten sich täglich 200.000 neue User an.

Wie immer, wenn es um Sexarbeit und Feminismus geht, gibt es aber auch starke Einwände. Denn selbstverständlich geht es auch bei Onlyfans vor allem darum, dass Frauen ihren Körper Männern gegen Geld zur Verfügung stellen. Wer das per se unfeministisch findet, der wird auch Onlyfans keine emanzipatorische Nuance abgewinnen können. Es wird zudem zu Recht hinterfragt, wie selbstbestimmt die Arbeit wirklich ist, solange das Unternehmen saftige 20 Prozent des Umsatzes einkassiert.

Der sehr einfache Einstieg in die Plattform kann außerdem dazu führen, dass junge Menschen auf der Suche nach schnellem Geld unbedacht beginnen, pornografische Inhalte zu teilen – ohne sich der Risiken und der Stigmatisierung bewusst zu sein. Wer einmal auf Onlyfans erfolgreich ist, der kann nur schwer in eine andere Branche zurück. Und obwohl Onlyfans bei der Registrierung nach einem Ausweisdokument fragt, ist es einer BBC-Recherche zufolge für unter 18-Jährige nicht allzu schwer, sich anzumelden.

Auch Piraterie ist ein Thema, denn Inhalte von Onlyfans tauchen nicht selten gratis auf Plattformen wie PornHub oder Reddit auf. Man muss also damit rechnen, digitale Spuren zu hinterlassen, die nicht mehr gelöscht werden können. Außerdem sind viele finanziell abhängig von der Plattform: Ändert Onlyfans die Nutzungsbedingungen, dann kann das Existenzen bedrohen.

Genau das ist im August geschehen, als der ehemalige Disney-Kinderstar Bella Thorne Onlyfans beitrat. Innerhalb eines Tages verzeichnete die 23-Jährige einen Umsatz von einer Million Dollar – nach einer Woche waren es zwei Millionen. Das Problem: Anders als angekündigt gab es auf Thornes Onlyfans-Account gar keine Nacktbilder, sondern lediglich Bikinifotos zu sehen – für 200 Dollar pro Foto. Tausende Menschen wollten ihr Geld zurück.

Anschließend verschärfte das Unternehmen ohne Ankündigung die Nutzungsbedingungen: Für exklusive Fotos darf man nun maximal 50 Dollar verlangen; Trinkgelder können maximal 100 Dollar betragen. Zuvor gab es keine Limitierung. Außerdem behält Onlyfans nun die Umsätze von Nutzer*innen für 30 Tage ein. Für viele Anbieter*innen war das existenzbedrohend – und entsprechend groß war die Wut auf Bella Thorne. Onlyfans selbst dementierte später, dass Thorne der Grund für die Verschärfungen gewesen sei.

Die Schauspielerin selbst entschuldigte sich und erklärte, sie habe Aufmerksamkeit für die Plattform generieren wollen, um so das Stigma um Sexarbeit abzubauen. Die Anmeldung auf der Plattform sei außerdem Teil der Vorbereitung für einen Film gewesen, den sie bald drehe – sie habe eine authentische Erfahrung als Onlyfans-Neuling angestrebt. Dass diese für einen Ex-Disney-Star nicht besonders repräsentativ ausfällt, bemerkte sie wohl spätestens, als die erste Million auf ihrem Konto landete.

Diese Gentrifizierung von Onlyfans durch prominente Personen mit großer Anhängerschaft – wie beispielsweise auch die 90er-Pop-Sensation Aaron Carter oder Rapperin Cardi B – wird von nicht prominenten Anbieter*innen seither kritisch diskutiert und verurteilt. Je mehr Menschen mit großen Followerzahlen auf anderen Plattformen wie Instagram oder Tiktok zu Onlyfans strömen, desto härter wird der Wettbewerb für die, die finanziell wirklich von der Plattform abhängig sind. Onlyfans selbst übernimmt bisher keine Verantwortung für die Gentrifizierung der Plattform und die Folgen – und dürfte glücklich darüber sein, dass sich die Wut vor allem gegen die prominenten Nutzer*innen richtet.

Mit knapp 30 Millionen Nutzer*innen weltweit ist Onlyfans zwar im Vergleich zu Facebook (2,5 Milliarden) oder Instagram (500 Millionen) noch mikroskopisch klein, doch es scheint erfolgreich zwei Tendenzen zu vereinen, die auch auf allen anderen Social-Media-Plattformen eine Rolle spielen: sexuelle Enttabuisierung und die konstruierte Authentizität und Nahbarkeit der klassischen Influencer*innen. Heraus kommt eine neue Art von Intimfluencer*innen, die der Anonymität und Unpersönlichkeit des klassischen Pornos ein Ende setzen. Ist diese Entwicklung Ausdruck einer neuen sexuellen Befreiung, die Sexworker*innen mehr Autonomie ermöglicht und sie aus der Anonymität holt? Oder handelt es sich um eine erneute, noch radikalere Objektifizierung von (Frauen-)Körpern? Wir sollten uns drauf einstellen, diese Diskussion nun öfter zu führen.


Aus: "Nackte zahlen" Johanna Warda (Ausgabe 42/2020 )
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/jowa/nackte-zahlen (https://www.freitag.de/autoren/jowa/nackte-zahlen)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 20, 2020, 12:43:24 PM
Quote[...] Seit dem 20. November findet man die reine Frauenverbindung auf Facebook, der erste Eintrag zeigt einen Fackelmarsch an der Münchner Ruhmeshalle. Auf den ersten Blick wirkt alles wie bei einer traditionellen Burschenschaft, die in Deutschland seit über 200 Jahren in altertümlichen Uniformen Trinkgelage veranstalten und teilweise deutschtümelnde bis rechtskonservative Gesinnungen vertreten. Auch die Burschenschaft Molestia trägt schwarz-weiß-gelbe Couleur. Doch spätestens beim Wappentier – einer Muräne – wird klar, dass hier einiges anders – und unterhaltsamer – laufen dürfte als bei anderen Verbindungen.

Therese von Bayern, die die Verbindung angeblich bereits 1871 in München gegründet hat, habe insbesondere Nasenmuränen erforscht, die als Männchen zur Welt kommen und im Laufe ihres Lebens eine Geschlechtsumwandlung zum Weibchen durchliefen, heißt es auf der Facebook-Seite.

... Die Molestia (zu Deutsch: Belästigung) lehnte eine Interviewanfrage von VICE ab, sie stehe nicht für Pressegespräche zur Verfügung. "Die vermehrten Berichte über die Urburschenschaft Hysteria haben leider gezeigt, dass die Presse massiv mit Fake News arbeitet, und die Burschenschaft als Satire- oder Kunstprojekt bezeichnet", schreibt die Verbindung in einer Mail. Auch unser verzweifelter Verweis auf die in Paragraph 143 der Frankfurter Reichsverfassung erklärte Pressefreiheit konnte die deutschen Herzen der Burschenschafterinnen nicht erwärmen.

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Aus: "Verbindungen - "Heil Molestia!": Deutschland hat jetzt eine feministische Burschenschaft" Tim Geyer, Rebecca Baden (30 November 2017)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/wjzen9/heil-molestia-deutschland-hat-jetzt-eine-feministische-burschenschaft (https://www.vice.com/de/article/wjzen9/heil-molestia-deutschland-hat-jetzt-eine-feministische-burschenschaft)

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Quote[...] Molestia ist Teil eines internationalen ,,Korporationsrings" weiblicher Burschenschaften. Die erste war die ,,Hysteria" zu Wien, zu der die bekannte österreichische Künstlerin und Autorin Stefanie Sargnagel gehört. Inzwischen gibt es in Deutschland und Österreich zahlreiche ,,Schwesternburschenschaften": In Berlin und Innsbruck (,,Furia"), Leipzig (,,Lascivia"), Frankfurt (,,Gynokratia"), Jena (,,Lethargia"), Linz (,,Infamia") und Klagenfurt (,,Paracelsia").

Aber was machen die Burschenschaftlerinnen eigentlich? Die Ziele sind ganz klar formuliert: Die Herbeiführung des goldenen Matriarchats und das Beschützen des schwachen Geschlechts – unserer Männer. In der Tradition des Matriarchats und des Männerschutzes werden immer wieder Kameradschaftsaufmärsche, Kneipenabende, Informationsveranstaltungen und andere Aktionen veranstaltet.

Zur Verabschiedung des Polizeiaufgabengesetzes schreiben sie: ,,Liebe Polizei, ihr seid sicher, wir beschützen euch!" und posieren stramm vor einem Polizeiauto. Zu CSU-Klausurtagung schreiben sie einen offenen Brief an Karin Seehofer und Karin Baumüller-Söder und appellieren: ,,Männerschutz ist jetzt wichtiger denn je!". Von einem Artikel der VICE distanzieren sie sich mit den Worten ,,Der Mann darf bei uns ganz Mann sein; er darf sich endlich wieder dem widmen was er am besten kann: seine Frau im geschützten Bereich des Häuslichen verwöhnen!".

Und die Affäre um den Verfassungsschutz im letzten Jahr kommentiert die Burschenschaft Hysteria nur mit ,,Männer sind für politische Tätigkeiten schlichtweg ungeeignet und benötigen dringend weibliche Führung." Zur Wahl in Österreich verteilen sie in Wien Flyer mit der Aufschrift ,,Nein zum Männerwahlrecht!".

All das mutet satirisch an, aber die Burschenschaftlerinnen verneinen diese Annahme immer wieder vehement: Wenn sie zum Beispiel Presseanfragen ablehnen, weil sie zu oft fälschlicherweise als Satire- oder Kunstprojekt bezeichnet worden seien. Die Burschenschaft habe schließlich eine uralte Tradition, die es zu respektieren gelte.

Damit fordern die Burschenschaftlerinnen letztlich einfach nur das selbe Maß an Toleranz an, dass ihren männlichen Pendants in Deutschland und Österreich heute – im Patriarchat – zukommt. Das ist vielleicht Satire, aber vielleicht auch einfach konsequent.

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Aus: "Molestia: Münchens erste Burschenschaft für Frauen" Johanna Warda (2019)
Quelle: https://muenchen.mitvergnuegen.com/2019/molestia-burschenschaft-frauen/ (https://muenchen.mitvergnuegen.com/2019/molestia-burschenschaft-frauen/)

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Quote[...] "Du bist dem Ruf der Scheide gefolgt", rufen die Aktionistinnen der Burschenschaft Molestia zu Anfang. Sie tragen schwarzes Jacket und Hose, weißes Hemd, dazu gelbe Schärpe und die für Burschenschaften obligatorische Schirmmütze. "Nun stehst Du am Tor zum Scheideweg", sagen sie und weiter: "Bereit für die Reise zum reinigenden Feuer des Matriarchats." Die BesucherInnen der Aktion seien Auserwählte, denen von der Burschenschaft Molestia die wahre Welt vor Augen geführt werde.

Drei Stunden dauert die Performance, eine Mischung aus Aktionskunst und Gesamtkunstwerk, der Vermischung von Wahrheit und Schauspiel zu Diensten. Auf dem Programm stehen neun Stationen, darunter ein Orakel, das Vulva-Futura, die Weise des Matriarchats, spricht: Sie sitzt im Schneidersitz auf der Ladefläche eines Transporters und blickt mithilfe eines Hoden-Pendels, einer Menstruationstasse oder mittels Karten in die Zukunft der Auserwählten.

Die Performances wechseln ab mit professioneller Beratung für den Umgang mit Verschwörungstheorie-AnhängerInnen von Kira Ayyadi, einer Expertin für Rechtsextremismus. Sie wird aus der Juristischen Bibliothek des Münchener Rathauses zugeschaltet. Darauf folgt eine Gedenkfeier für ermordete Frauen in Südamerika oder im Iran, ein Hodenreinigungsritual mit Menstruationsseife und allerhand Volkshygienetipps am Brunnen vor der Bayerischen Akademie der Wissenschaften oder eine Bierpause in den Maximiliansanlagen.

Anfangs jedoch muss frau sich erst einmal am Alten Südfriedhof am Rand des Glockenbachviertels einfinden. Es gelte, so die Aktionistinnen, erst einmal die "Rache und Stärke der Ahninnen wahrzunehmen" - Energien, die man gut gebrauchen könne, schließlich gehe es auf dem Scheideweg um nichts weniger als um eine neue Weltordnung im Zeichen eines goldenen Matriarchats. So lassen es die Anschubkräfte der Münchener Burschenschaft Molestia, einem reinen Frauenbündnis übrigens, verlauten. Ihr Motto, in Frakturschrift geschrieben, lautet "Blut und Hoden".

Ansonsten ist der Ablauf des Stationenspektakels minuziös durchgeplant und perfekt inszeniert: Stramme Ordnung wie es sich für Burschenschaften gehört, wird hier parodiert, unterstützt von gelegentlichen "Heil Molestia"-Rufen der weiblichen Burschenschaftler.

Wappentier der Burschenschaft Molestia ist übrigens eine zähnefletschende Muräne. Im Fokus steht bei diesem Verein naturgemäß die Zerstörung des Patriarchats. Allmählich entsteht während der Performance ein Parcours zwischen Aktions-, Konzept- und Multimediakunst zur Rekrutierung von Kämpferinnen Klitorias.

Für jeden sogenannten "Scheidepunkt" ist zudem ein Passwort aufzusagen: "Operation Östrogenia", "Hygiene- Demo" oder "Ehre, Freiheit, Vatermord" lauten sie. Auf den Wegen zwischen den Stationen leuchten Audiofiles, die frau sich zuvor aufs Smartphone laden konnte, die Abgründe von Verschwörungstheorien und Gerüchteküchen aus.

Molestia zelebriert also das Pathos männerbündischer Auftritte. Der von Burschenschaften vertretene Sexismus wird überspitzt formuliert und ins Gegenteil verkehrt. Die Aktivistinnen greifen zudem die Ästhetisierung der Politik durch Rechte auf und unterwandern ebenso spielerisch wie klug rechtsradikale Redeweisen und Rituale: Parodie als Kritik an der Macho-Gesellschaft.

Bei der Aktion "Blut und Hoden. Die Welt am Scheideweg" geht es auch um aktuelle Verschwörungs-Szenarien – mal humorvoll, mal ernst, immer an der Grenze zwischen Kunst und Nicht-Kunst. Molestia schafft mit Performance, Ernst, fröhlicher Groteske und Ironie Raum für wirkliches, für aufrichtiges Engagement.

Am Ende des Scheidewegs, nach kräftigendem Körpertraining steht schlussendlich dann ein Feuerritual. Alle Auserwählten bekommen eine schwarze, brennende Kerze in die Hand gedrückt: Das Feuer des Matriarchats, raunen die Molestia-Macherinnen verschwörerisch, sei nun entfacht. "Geh hin und verbreite die neue Weltordnung", empfehlen sie noch und karikieren damit das christlich-abendländische Missionsgebahren. ...


Aus: ""Blut und Hoden": Feministinnen gründen "Burschenschaften"" Christine Hamel (23.06.2020)
Quelle: https://www.br.de/nachrichten/kultur/blut-und-hoden-feministinnen-gruenden-burschenschaften,S2czS98 (https://www.br.de/nachrichten/kultur/blut-und-hoden-feministinnen-gruenden-burschenschaften,S2czS98)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 26, 2020, 10:41:23 AM
Quote[...] Die Wut der Frauen entlud sich in der Nacht auf Freitag vor dem Wohnsitz des Vizepremiers Jaroslaw Kaczynski. Es flogen Steine und Eier. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm mehrere Personen fest. Auch vor dem Parteisitz der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) und dem Verfassungsgericht kam es zu Protesten.

Denn dieses Gericht in Polen hatte am Donnerstag das bisherige Gesetz, das eine Abtreibung bei einer schweren Fehlbildung erlaubt, als verfassungswidrig eingestuft. Nun dürfen Abtreibungen allein bei Vergewaltigung, Inzest sowie Lebensgefahr für die Schwangere vorgenommen werden.

"Damit ist es faktisch ein totales Abtreibungsverbot. Bei einer Vergewaltigung traut sich kaum eine Frau, dies zu melden" so Anna Karaszewska, Vorsitzende des Interessenverbands "Kongress der Frauen" auf Anfrage. Karaszewska sieht die grundlegenden Rechte in Polen gefährdet. "Frauen werden nicht wie Menschen behandelt."

Denn 1.074 von den 1110 offiziellen Abbrüchen in Polen im vergangenen Jahr wurden wegen fehlgebildeten Föten vollzogen.Mit Fehlbildung ist auch das Down Syndrom gemeint, Frauen können jedoch nun auch gezwungen werden, sterbende oder tote Kinder zu gebären. Borys Budka, Vorsitzender der Oppositionspartei "Bürgerplattform" (PO) warf Kaczynski vor, "den Frauen eine Hölle zu bereiten". Staatspräsident Andrzej Duda begrüßte, dass "das Verfassungsgericht auf Seiten des Lebens steht". ...

In Polen werden nach Angaben von Frauenorganisationen jährlich 200.000 illegale Abtreibungen vorgenommen, mittellose Frauen nutzen dazu Kleiderbügel aus Draht, die bei Demonstrationen gegen das Abtreibungsverbot als Protest in die Höhe gehoben werden. Wohlhabendere Polinnen fahren ins säkulär geprägte Tschechien, wo ein liberales Abtreibungsrecht herrscht.

Nach dem im September berufenen Erziehungsminister Przemyslaw Czarnek, ein ehemaliger Dozent der katholischen Universität Lublin, seien Frauen von Gott vor allem zum Kinderbekommen berufen und dies möglichst früh, damit es viele werden. Dabei entspricht dieses konservative Rollenverhalten kaum der Realität - in Polen werden 28 Prozent der Unternehmungen von Frauen geführt, womit das Land auf Platz 5 in Europa steht.

Die Entscheidung des Gerichts wird nun zu weiteren Verwerfungen in der polnischen Gesellschaft führen.


Aus: "Polen: "Faktisch totales Abtreibungsverbot"" Jens Mattern (24. Oktober 2020)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Polen-Faktisch-totales-Abtreibungsverbot-4938021.html (https://www.heise.de/tp/features/Polen-Faktisch-totales-Abtreibungsverbot-4938021.html)

QuoteStefGer, 24.10.2020 17:16

Es gilt zu bedenken! - Aus christlicher Sicht.

Polen ist ein Land des reinen, unverkürzten 2000 Jahre alten Lehramtes unserer hl. Mutter Kirche. Der heilige Johannes Paul II. hat dies in seinem Pontifikat bestätigt. Die polnische Regierung wird von Männern des Glaubens und des Lehramts geführt. Sie ist nicht nur gewählt, sondern von Gott erwählt und gesalbt. Das Lehramt verbietet die Abtreibung, sie ist eine Todsünde. Sie ist mit der Tatstrafe der Exkommunikation zu bestrafen.

Gott spricht über den Apostel Paulus im Korintherbrief zu uns. Gott sagt dort (1. Kor. 14, 34):

"Mulier in ecclesia taceat."

Das ist kein Gebot. Das ist ein Befehl, den Gott dort ausspricht. Und er betrifft nicht nur das kirchliche Leben, Gott befiehlt es für die Gesamtheit der Gesellschaft.

Und im Römerbrief, Kapitel 13 geht Gott sogar noch weiter! Er verbietet die Abwahl oder Absetzung einer gottesfürchtigen Regierung. Gott spricht:

("1) Omnis anima potestatibus sublimioribus subdita sit non est enim potestas nisi a Deo quae autem sunt a Deo ordinatae sunt.

(2) Itaque qui resistit potestati Dei ordinationi resistit qui autem resistunt ipsi sibi damnationem adquirunt."

Wer sich gegen eine von Gott gesandte Regierung stellt, und das ist die polnische Regierung, den erwartet nach dem Tode das Gericht. Wer nun aber für Abtreibung ist und auch noch Gegner der von Gott gesandten Regierung wählt, bekommt das doppelte Gericht. Diese Sünde ist nicht durch den Kreuzestod Jesu Christi abgegolten.


QuoteTwo Moons, 24.10.2020 17:31

Re: Es gilt zu bedenken! - Aus christlicher Sicht.

Das ist Satire oder? Ja bestimmt, das muss Satire sein. Aber für meinen Geschmack nur sehr bedingt witzig.



QuoteFrank_Drebbin, 24.10.2020 15:30

Fundamentale Religiöse sind überall gleich sobald man sie politisch mitmachen lässt, richten sie Unheil an....
Ob das jetzt Christliche Fundamentalisten in den USA, katholische Parteien in Polen oder Gottesstaaten islamischer Geschmacksrichtung sind.....


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 29, 2020, 05:05:57 PM
QuoteMartin Lohmann (* 14. März 1957 in Bonn) ist ein deutscher römisch-katholischer Publizist und Journalist. ... Von 1983 bis 1987 war Martin Lohmann stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU). 1987 trat er in die Redaktion des Rheinischen Merkurs ein und wurde später Ressortleiter von Christ und Welt. Von 1994 bis 1997 war er dort stellvertretender Chefredakteur. Von 1998 bis 2004 war er Chefredakteur der Rhein-Zeitung, von 1996 bis 2002 Moderator der Münchner Runde, einer politischen Live-Talkshow des Bayerischen Rundfunks. 2002 gründete er zusammen mit Lothar Roos die Joseph-Höffner-Gesellschaft und war bis 2010 deren 2. Vorsitzender. Seit 2005 arbeitet er als freier Journalist. Seit 2007 ist er Kolumnist bei Bild. ...

Lohmann ist Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen. In der Talkshow Günther Jauch vom 3. Februar 2013, in der es um katholische Krankenhäuser ging, die einem Vergewaltigungsopfer keine Pille danach verschreiben wollten, vertrat er zudem die Ansicht, dass bei einer Vergewaltigung die sogenannte Pille danach gemäß katholischer Ansicht nicht erlaubt sei; zulässig sei lediglich eine Pille, die nur die Befruchtung verhindere, aber eine bereits befruchtete Eizelle unversehrt lasse. Zum Selbstbestimmungsrecht der Frau in dieser Frage sagte er, die ,,Sache mit der Selbstentscheidung der Frau" sei ,,ja vielschichtig", da er neben der Mutter auch den Embryo bzw. Fötus als lebenden Menschen betrachte. Auf die Frage, ob dies auch bei einer Vergewaltigung der eigenen Tochter so gelte, sagte er, dass er ihr helfen würde, ,,mit ihrem Schicksal klar zu kommen". In einem Interview mit dem Focus einige Tage später bekräftigte Lohmann, dass die Äußerungen in der Talkrunde ,,richtig und absolut katholisch" gewesen seien, äußerte allerdings selbstkritisch, dass er sein ,,Verständnis für andere, erst recht, wenn sie in Not sind" deutlicher hätte zeigen sollen. Jauchs Frage nach seiner Tochter bezeichnete er als ,,übergriffig", sie sei ein ,,mehr als grenzwertiger Eingriff in die Privatsphäre".

Im Dezember 2012 war Lohmann Gast in der ARD-Sendung hart aber fair. In der Diskussion verteidigte er die ,,christliche Ehe" und begründete seine Ablehnung der ,,gelebten Homosexualität", der Einführung der sogenannten Homo-Ehe und des vollen Adoptionsrechtes für eingetragene Lebenspartnerschaften. Am 12. Dezember 2012 wurde mittels anonymer E-Mail gedroht, ihn mit dem HI-Virus zu infizieren, worauf er Anzeige gegen unbekannt erstattete.

... Lohmann engagiert sich für zahlreiche Sozialprojekte im Heiligen Land. 2001 wurde er vom Kardinal-Großmeister Carlo Kardinal Furno zum Ritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt und am 12. Mai 2001 im St.-Paulus-Dom in Münster durch Anton Schlembach, Großprior der deutschen Statthalterei, in den Orden investiert. Er ist Mitglied im Deutschen Verein vom Heiligen Lande.

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https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Lohmann (https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Lohmann) (26. August 2020 um 15:33 Uhr, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Martin_Lohmann&oldid=203126698 (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Martin_Lohmann&oldid=203126698))

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"Warum die Aufklärung ein Torso blieb und der Freiheit nicht dient" Martin Lohmann (8. Oktober 2020)
Der Verlust der Wahrheit und die amputierte Vernunft. ...
https://www.tabularasamagazin.de/warum-die-aufklaerung-ein-torso-blieb-und-der-freiheit-nicht-dient/

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"Katholische Kirche: Kardinal Woelki verteidigt Segnungsverbot für homosexuelle Paare" (24. März 2021)
Kein Segen für schwule und lesbische Paare: Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki befürwortet die Vorgabe des Vatikans. Sie stärke das katholische Eheverständnis. ... Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat die umstrittene Ablehnung des Vatikans zur Segnung homosexueller Paare bestätigt. Er sehe in der Haltung "eine Stärkung des katholischen Ehe- und Familienverständnisses", teilte das Erzbistum Köln dem Bonner General-Anzeiger mit. Mitte März hatte die römische Glaubenskongregation jede Segnungsform, die eine homosexuelle Partnerschaft anerkennt, für unzulässig erklärt.  ... Die Position des Vatikans war in den vergangenen Tagen mehrfach kritisiert worden. So hatten sich mehrere Bischöfe, mehr als 200 Theologinnen und Theologen und auch katholische Laienorganisationen wie der Kölner Diözesanrat dagegen positioniert. Mit einer Unterschriftenaktion haben sich unter anderem Theologinnen, Priester, Ordensleute, Seelsorgerinnen, Pfarr- oder Gemeindereferenten gegen das Verbot ausgesprochen. Sie wollen Homosexuelle weiterhin segnen. Kardinal Woelki selbst steht derzeit wegen seines Umgangs mit mutmaßlichen Missbrauchstätern in der katholischen Kirche in der Kritik. Vergangene Woche war ein Gutachten veröffentlicht worden, welches mehreren Verantwortungsträgern des Erzbistums Pflichtverletzungen vorwirft. Woelki hatte das Schreiben lange zurückgehalten. Der Kardinal selbst wird in dem Gutachten entlastet, einen Rücktritt schließt er derzeit aus.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-03/katholische-kirche-rainer-maria-woelki-vatikan-segnungsverbot-homosexuelle (https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-03/katholische-kirche-rainer-maria-woelki-vatikan-segnungsverbot-homosexuelle)




Quoteviolettagetyourgun #4

Weltfremde, alte Männer, die vom Leben keine Ahnung haben und Homosexualität nur in den eigenen Kreisen akzeptieren.

Absurd.


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"Segnung für Homosexuelle: 2.600 Geistliche unterschreiben Kritik am Vatikan" (27. März 2021)
Nach der Absage des Vatikans an Segnungen homosexueller Paare kommt lautstarker Widerspruch von deutschen Katholiken. Viele wollen auch Schwule und Lesben weiter segnen. ... Etwa 2.600 katholische Priester, Gemeindereferentinnen, Diakone und Pastoralassistenten haben das Nein des Vatikans zur Segnung schwuler und lesbischer Paare kritisiert. Segen sei kein Besitz der Kirche, sondern ein Geschenk Gottes, sagte der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose. Er hatte mit dem Pfarrer Bernd Mönkebüscher am 15. März die Unterschriftenaktion #mehrSegen begonnen. ... "Angesichts der Absage der Glaubenskongregation, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, erheben wir unsere Stimme und sagen: Wir werden Menschen, die sich auf eine verbindliche Partnerschaft einlassen, auch in Zukunft begleiten und ihre Beziehung segnen", heißt es in der Unterschriftenaktion. "Wir nehmen nicht hin, dass eine ausgrenzende und veraltete Sexualmoral auf dem Rücken von Menschen ausgetragen wird und unsere Arbeit in der Seelsorge untergräbt." ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/segnung-homosexuelle-vatikan-katholische-kirche-mehrsegen (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/segnung-homosexuelle-vatikan-katholische-kirche-mehrsegen)

Quotedeep_franz #16

Es mag daran liegen, daß ich als Atheist mit Segnungen ohnehin nicht viel anfangen kann, aber ich frage mich:
Was will jemand mit dem Segen einer Kirche, die einem ablehnend oder gar feindlich gegenüber steht?


Quotenochmal nachgedacht #16.1

Das liegt an der Erziehung, an Wertvorstellung, an dem, was diesen Menschen wichtig ist... man könnte auch sagen, an der Gehirnwäsche seit Geburt. ...


QuoteDasToastbrot #17

2.600 Geistliche von etwa 13.000 Priestern in Deutschland.


Quotespacetramp #39

Das ganze Theater ist nur noch lächerlich.
Diese Leute haben sich doch ganz bewusst zur Mitarbeit in diesem Verein entschieden und sollten dementsprechend auch die Statuten kennen.
Ich gehe ja auch nicht zur Domina, wenn ich kuscheln möchte.


QuoteThomas_SF #22

Heterosexueller alter weisser Mann hier, der in einer Art zweiten Inkarnation mit 40 nochmal studiert hat, um Psychotherapeut zu werden.

NIEMALS werde ich vergessen, wie meine längst erwachsenen, mit beiden Beinen voll im Leben stehenden schwulen Studienkollegen in der Selbsterfahrung unter Tränen davon erzählten, wie viel Gewalt ihnen für ihr Schwulsein angetan wurde. Und wie sie - die sie gerne an einen Gott geglaubt hätten, einerseits von diesem Gott so gemacht wurden, und andererseits von seiner selbstdeklarierten irdischen Repräsentanz so verstossen wurden. ... Das Leid, das die Kirche hier verursacht hat ist unermesslich.

NIEMALS werde ich die Traurigkeit in diesen Augen vergessen.

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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 17, 2020, 10:53:51 AM
QuoteHans-Ludwig Kröber, 69, zählt zu den bekanntesten deutschen Kriminalpsychiatern. Bis zu seiner Emeritierung 2016 war Kröber Direktor der forensischen Psychiatrie an der Charité. Er erstellt bis heute Kriminalprognosen bei Straftätern. 117 Frauen wurden 2019 von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Psychiater Hans-Ludwig Kröber analysiert seit 30 Jahren die Täter.

Katja Füchsel: Herr Kröber, bei wie vielen Partnerschaftstötungen sind Sie als Gutachter hinzugezogen worden?

Hans-Ludwig Kröber: Das sind ja mehr als 30 Jahre, also sicherlich eine stattliche zweistellige Zahl.

Katja Füchsel: Dazu zählen Angeklagte, die vor Gericht standen, und Verurteilte, für die Sie am Ende der Haftzeit ein Prognosegutachten erstellt haben. Haben die alle etwas gemeinsam?

Hans-Ludwig Kröber: Das sind eigentlich durch die Bank Personen, bei deren Verhalten Frauen gegenüber man sich als Mann ein bisschen schämt, dass man dem gleichen Geschlecht angehört. Männer, die Mängel in ihrer sozialen Kompetenz haben, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Selbstständigkeit. Einerseits brauchen sie dringend eine stabilisierende Beziehung zu einer Frau, können sich Beziehung aber letztlich nur als Unterwerfung vorstellen. Es sind sozial nicht selten Loser, die sich nicht damit abfinden können, nun auch im privaten Bereich eine Niederlage zu erleiden.

Katja Füchsel: Wie wichtig ist denn der Faktor Emanzipation?

Hans-Ludwig Kröber: Der Zuwachs an sozialer Macht für Frauen ist ein wichtiger Faktor. In dem Moment, wo es Emanzipationsprozesse gibt, gibt es Reibungsprozesse, erweist sich der Herrschaftsanspruch des Mannes als Anmaßung.

Katja Füchsel: Was heißt das konkret?

Hans-Ludwig Kröber: Als ich in den 80er Jahren in Heidelberg war, habe ich relativ viele türkische Täter begutachtet, die sich verpflichtet fühlten, ihre Frauen zu töten, weil diese sich nicht mehr unterwerfen wollten. Viele hatten sich in Deutschland viel besser emanzipiert als die Männer. Sie gingen arbeiten, hatten einen Führerschein gemacht, Freundinnen gefunden, wurden autonom und mächtiger als die Männer, die zusehen mussten, wie die Frauen ihnen und ihrer Herrschaft entwuchsen. Das schafft Konfliktstoffe, die in einer homogenen vordemokratischen Gesellschaft weniger ausgeprägt sind. Was die Männer, die das nicht akzeptieren können, nicht entschuldigen soll.

Katja Füchsel: Gibt es so etwas wie einen typischen Ablauf?

Hans-Ludwig Kröber: Häufig habe ich erlebt – und zwar bei türkischen, arabischen wie bei deutschen Männern –, dass es vor der Tötung eine längere Phase der Trennung gegeben hat. Wo es immer hin- und hergeht, sich die Frau trennt und es dann doch noch mal versucht. In dieser Zeit der Ungewissheit wächst beim Mann der Hass an und die Wut, die aber nicht zugelassen werden, weil man sich damit ins Unrecht setzt. Das schaukelt sich auf, spitzt sich zu. Die Männer schießen sich komplett ein auf diesen Konflikt, leben in einer Blase und glauben irgendwann, dass es keine andere Lösung gibt.

Katja Füchsel: Und irgendwann kommt es zum Showdown?

Hans-Ludwig Kröber: Eine fatale Situation habe ich in dieser Konstellation wieder erlebt: Frauen, die nach der Trennung Mitleid mit ihrem Ex hatten. Sie haben sich gesorgt, ob der Mann etwas zu essen bekommt und die Wäsche gewaschen wird, sind bei ihm zu Hause vorbeigekommen, um zu helfen. Das führt dazu, dass die Männer wieder hoffen, sich einbilden, dass sie eine zweite Chance bekommen. Diese Hoffnung wird aber jedes Mal wieder neu enttäuscht, die Männer frustriert. Bis es dann richtig kracht.

Katja Füchsel: Sind die Tötungen typischerweise das grausame Ende einer Eskalation der Gewalt? Fängt es oft an mit einem Schlag und endet im Mord?

Hans-Ludwig Kröber: Bei den Tötungsdelikten, die ich kennengelernt habe, gab es nur sehr wenige Männer, die vorher regelmäßig Gewalt angewendet hatten.

Katja Füchsel: Zeigen Gerichte zu viel Verständnis für die Männer?

Hans-Ludwig Kröber: Wenn wir nicht versuchen, einen Täter zu verstehen, lernen wir überhaupt nichts dazu. Wenn man im Prozess nachvollzieht, wie es zu dieser Tat kommen konnte, heißt das ja nicht, dass man den Angeklagten milder bestraft. Ich kenne eine Reihe von Urteilen, die zum Schluss kamen, dass der Angeklagte die Trennung nicht verkraftet habe, weil er die Frau als seinen persönlichen Besitz betrachtete. Das sei ein niedriger Beweggrund und erfülle damit den Tatbestand des Mordes. Bisweilen sind die Taten selbst auch heimtückisch. Die rechtlichen Möglichkeiten, einen Mann wegen Mordes abzuurteilen, sind gegeben.

Katja Füchsel: Hört man den Verteidigern zu, kann man den Eindruck bekommen, die Opfer seien selbst schuld gewesen.

Hans-Ludwig Kröber: Natürlich muss man im Prozess die Rolle der Frau beleuchten und verstehen. Fast nie hat eine Frau provoziert, sie machten nur oft den Fehler mangelnder Eindeutigkeit. Der verlassene Mann aber fühlt sich ungerecht behandelt und glaubt, er sei zur ,,Gegenwehr" berechtigt.

Katja Füchsel: Hat sich die Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten verändert?

Hans-Ludwig Kröber: Früher wussten die – deutschen – Angeklagten das ganze Mitgefühl der alteingesessenen konservativen Berufsrichter hinter sich, die oft zum Schluss kamen, dass die Frau ja alles provoziert habe. In den 50ern war das noch ein Klassiker, wo solche Männer tatsächlich öfter dekulpiert und milder bestraft wurden. In den 70er Jahren bis in die 80er Jahre hinein gab es dann Tendenzen der Strafverteidiger, zu behaupten, dass ihre Mandanten im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hätten, weil sie von ihrem Affekt hingerissen wurden.

Katja Füchsel: Die Männer reden dann oft von einem Blackout ...

Hans-Ludwig Kröber: ... und die Erinnerung setzt erst wieder ein, als sie im Polizeiauto sitzen. Diese amnestische Lücke beweist dann angeblich die tiefgreifende Bewusstseinsstörung. In aller Regel ist das gelogen, so etwas passiert in der Wirklichkeit nicht. Eine klassische Verteidigungsfinte.

Katja Füchsel: Es gibt die Kritik, dass die Taten als schicksalhafte private Verstrickungen verharmlost werden. Die Femizide seien ein gesellschaftliches Massenphänomen. Stimmen Sie dem zu?

Hans-Ludwig Kröber: Wenn 120 von insgesamt 40 Millionen Frauen im Jahr von ihren Männern getötet werden, kann man nicht sagen, dass das eine typische Folge der Sozialstruktur ist. Das ist geradezu absurd.

Katja Füchsel: Welche Rolle spielen geschlechtsspezifische Stereotypen?

Hans-Ludwig Kröber: Natürlich wird das Geschehen von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst, von den Rollenzuschreibungen einer Frau innerhalb der Gesellschaft, wie sie sich sozial entwickeln und entfalten kann. Aber bei uns spielen doch die individuellen Bedürftigkeiten und Schwächen von zwei Personen eine wesentliche Rolle. Frauen, die schwierige Männer retten wollen, bis sie es aufgeben, und Männer, die es nicht schaffen, hinreichend selbstbewusste und verantwortungsbereite starke Männer zu werden. Zumeist liegt ein Konflikt zugrunde, der alten Rollenklischees folgt, der aber am Ende nur noch sehr wenig mit der Sozialstruktur der Gesamtgesellschaft zu tun hat.

Katja Füchsel: Neigen diese Männer nach der Haftzeit zum Rückfall?

Hans-Ludwig Kröber: Beziehungen führen viele dieser Männer nach einer Art Schablone, die durchaus Wiederholungsgefahr birgt. Jemand, der seine erste Frau umgebracht hat, ist jedenfalls nicht davor gefeit, seine nächste Freundin umzubringen.


Aus: "Warum töten Männer ihre Frauen? ,,Mitleid mit dem Ex ist fatal"" (17.11.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/warum-toeten-maenner-ihre-frauen-mitleid-mit-dem-ex-ist-fatal/26621506.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/warum-toeten-maenner-ihre-frauen-mitleid-mit-dem-ex-ist-fatal/26621506.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 17, 2020, 11:24:12 AM
Quote[...] Die zweite Coronawelle schwappt über Frankreich, und seine Medien debattieren eifrig über Themen wie Schutzmasken, Sperrzonen oder Wirtschaftsfolgen. Anders Caroline De Haas. Als die Regierung in Paris Ende Oktober neue Ausgangssperren ankündigte, twitterte die bekannteste Pariser Feministin: "Jedes Mal, wenn man von einem teilweisen oder vollständigem Lockdown spricht, denke ich an die 213 000 Frauen, die in Frankreich mit einem gewalttätigen Partner zusammenleben."

Die Zahl ist natürlich nicht aus der Luft geholt: Sie entspricht den jährlichen Meldungen wegen Ehegewalt in Frankreich. Im Unterschied zu Ländern wie Italien oder den USA ist die Tendenz in Frankreich in der Coronaphase steigend. In der ersten Welle haben die Anzeigen bei der Polizei um 30 Prozent zugenommen. Überdurchschnittlich betroffen sind sozial randständige Viertel, wo die Wohnfläche pro Person entsprechend gering ist. Wo also Familien nahe beieinander leben. Um nicht zu sagen aufeinander. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt ein Blick in die Facebook-Adresse "Féminicides par compagnons ou ex", zu Deutsch etwa: "Morde an Frauen durch ihre aktuellen oder ehemaligen Partner." Im Schnitt alle drei Tage kommt ein neuer Fall zusammen, was aufs Jahr landesweit über hundert Femizide ausmacht. Es ist eine schreckliche, tragische, bisweilen makabre Liste, die von Alkohol und Arbeitslosigkeit, blanken Nerven und Dominanz, ja den Abgründen einer Alltagsbeziehung berichtet. Mit Opfern, deren langes Leiden vor der Ermordung wohl nicht einmal zu erahnen ist.

Das Problem ist in Frankreich natürlich nicht erst seit dem Aufkommen des Coronavirus erkannt und bekannt. Schon während der ersten Welle im März und April gab es zahlreiche Initiativen, um den betroffenen, häufig isolierten Frauen eine Kontaktmöglichkeit zu bieten. Mehrere Notrufnummern wurden aktiviert oder reaktiviert.

Dazu kommen nun neue Apps wie "Arrêtons les violences" (Stoppen wir die Gewalt) oder "En Avant Toutes" (Vorwärts alle Frauen). Eine originelle Operation erlaubte es Frauen schon im Frühjahr, sich direkt beim Einkaufen im Supermarkt an Psycholog*innen und Jurist*innen zu wenden (die FR berichtete) – diese Operation wird nun auf einzelne Apotheken ausgedehnt. Ziel ist es, verletzten Frauen eine unauffällige Hilfe unter Umgehung männlicher Kontrollversuche zu bieten.

Ein beträchtlicher Schritt für das bürokratische Land ist die Ankündigung, dass Gewaltopfer kein Covid-Ausgeh-Formular vorzuweisen haben. Vielmehr können sie einen Uber-Beförderungsdienst rufen, auch wenn ihnen ihr Mann kein Geld gelassen hat; die Behörden tragen die Unkosten. Wohl noch wichtiger: Das Ministerium für Geschlechtergleichheit organisiert insgesamt 10.000 Hotelzimmer für verfolgte Frauen und ihre Kinder – und teilweise sogar für gewalttätige Männer.

Diese konkrete Reaktion ist auch eine Folge harter Kritik durch Frauen wie Caroline De Haas. Sie hatte das Schutzdispositiv der ersten Welle für verfolgte Frauen als völlig ungenügend bezeichnet. Für flankierende Maßnahmen brauche es "nicht eine Million, sondern eine Milliarde Euro", sagte sie; nur so lasse sich ein genügender Ausbau der Familiengerichte und ihrer Sozialstellen finanzieren. Bis heute bleiben in Frankreich fast 90 Prozent aller Gerichtsklagen ohne wirkliche Rechtsfolgen. Auch der Umstand, dass 41 Prozent der von ihrem Partner getöteten Frauen zuvor erfolglos Anzeige erstattet hatten, wirft ein Schlaglicht auf die fehlenden Mittel der Justiz.

Gleichheits-Ministerin Elisabeth Moreno will nun immerhin Therapieeinrichtungen für gewalttätige Männer subventionieren. Das soll ihre Rückfallquote halbieren. Auch sollen die Opfer schon im Krankenhaus Kontakt zu zuständigen Gerichten aufnehmen können. Das setzt eine Zusammenarbeit von Gesundheits- und Justizbehörden voraus, was in Frankreich viel Zeit in Anspruch nimmt. Noch ungeklärt ist zudem, wie weit Gynäkolog*innen und andere Mediziner*innen vom Arztgeheimnis entbunden werden sollen, um der Polizei häusliche Gewaltakte zu melden. Die Ärzteschaft ist vehement dagegen, nicht zuletzt, weil sie selbst Attacken gewalttätiger Männer befürchtet. (Stefan Brändle aus Paris, 15.11.2020)


Aus: "Gewalt gegen Frauen: Frankreich will es in der zweiten Welle besser machen" (15. November 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000121681776/frankreich-will-es-in-der-zweiten-welle-besser-machen (https://www.derstandard.at/story/2000121681776/frankreich-will-es-in-der-zweiten-welle-besser-machen)



Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 22, 2020, 12:22:00 PM
Quote[...] Was haben Katja Krasavice und Andrew Onuegbu gemein? Sie sind Opfer von Zwangsbeglückern geworden. Zwangsbeglücker sind Menschen, die anderen auf den richtigen Weg helfen wollen. Klingt gut, hat aber einen Haken: Was der richtige Weg ist, entscheiden sie.

Onuegbu ist aus Nigeria und Wirt. In Kiel betreibt er das Restaurant ,,Zum Mohrenkopf". Er hat sich den Namen selbst ausgesucht und kein Problem damit. Andere haben jedoch eins. Der Name seines Lokals sei rassistisch und müsse weg, bekommt er immer wieder zu hören. Seine Antwort: ,,Nö, der Name gefällt mir."

Kürzlich trat der Nigerianer im Fernsehen auf, bei ,,hart aber fair". Der Mohrenkopf stehe für Qualität, sagte er, das sei schon im Mittelalter so gewesen, deswegen habe er den Namen gewählt. Im Übrigen brauche er keine Weißen, die ihm erklären, wann er sich gekränkt fühlen soll.

Onuegbu möchte nicht zwangsbeglückt werden: ,,Ich finde es schlimm, wenn Menschen mir sagen, wann meine Gefühle verletzt sind. Ich bin alt genug und habe genug Verstand, um selbst zu wissen, wann mich jemand verletzt."

Katja Krasavice ist eine Internetberühmtheit kurz vor der Grenze zum Pornostar, mehrfach operiert, schmales Näschen, dicke Lippen, falsche Brüste, von allem zu viel, zu blond, zu geschminkt, eine lebende Kunstfigur, eigentlich heißt sie Katrin Vogel und kommt aus Sachsen. Sie ist erfolgreich, hat mit ihren 24 Jahren schon ihre Autobiografie veröffentlicht, ,,Die Bitch Bibel" erreichte Platz 2 der ,,Spiegel"-Sachbuchbestsellerliste.

Musik macht sie auch: Ihr Debütalbum ,,Boss Bitch" stieg in diesem Jahr auf Platz 1 der Albumcharts. Das Lied ,,Doggy", in dem sie trällert, wie gerne sie von hinten genommen wird, wurde auf Youtube 31 Millionen Mal angesehen. An Krasavice stören sich – was sonst – Feministinnen. Schließlich stellt sie sich als Sexobjekt dar. Krasavice selbst findet das prima.

Die ,,Zeit" widmete ihr im September ein ganzseitiges Interview, in dem sie ähnlich entwaffnend wie der Kieler Wirt einfach nicht sieht, was das Problem ist. Na klar sei sie ein Sexobjekt, bestätigt sie, sie sei aber völlig selbstbestimmt.

,,Wenn ich zum Beispiel rausgehe, wird mich kein einziger Typ klarmachen, denn ich suche mir den Typen aus", sagt sie in dem Interview. In ihrem Buch findet sich der Satz: ,,Eine emanzipierte Gesellschaft muss es ertragen können, wenn eine Frau über Sex redet, Künstlichkeit feiert und sich der Klischees bedient, die andere als Zeichen männlicher Unterdrückung verstehen."

Wer hat jetzt das Problem? Schadet sie damit dem Feminismus? Oder hat sie nicht eher dessen Ziele perfekt umgesetzt, nämlich die Emanzipation der Frau, bloß anders, als die Vertreterinnen des Feminismus sich das vorgestellt haben?

Die eigene Position infrage zu stellen, kommt den Zwangsbeglückern nicht in den Sinn. Aber was bringt es ihnen eigentlich, Leute disziplinieren zu wollen, die sie für ,,unterdrückt" halten, die sich blöderweise aber gar nicht so fühlen?

Man kann annehmen, dass es ihnen um die Sache gar nicht geht – sondern um das eigene Gefühl der moralischen Überlegenheit. Sie brauchen die ,,Unterdrückten" mehr als diese sie – denn ohne sie hätten die Zwangsbeglücker keine Mission mehr und müssten verstummen. Oder in den Worten von Krasavice: ,,Meine Seele fühlt sich gut, wenn sie Silikonbrüste hat."



Aus: "Sexobjekt und zufrieden damit Eine Gesellschaft muss auch Silikonbrüste aushalten können" Fatina Keilani (20.11.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/sexobjekt-und-zufrieden-damit-eine-gesellschaft-muss-auch-silikonbrueste-aushalten-koennen/26640966.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/sexobjekt-und-zufrieden-damit-eine-gesellschaft-muss-auch-silikonbrueste-aushalten-koennen/26640966.html)

QuoteCharlyBrensberger 21.11.2020, 17:25 Uhr

Sehr schöner Artikel. Und ja, jede(r) Angehörige einer Minderheit kennt das: Die selbsternannten Lobbyisten und "Kümmerer" drängen einem auf (vorschreiben wäre zuviel gesagt), worüber man sich bitteschön aufzuregen und wogegen man zu protestieren habe. Will ich mich aber tatsächlich zu selber wahrgenommenen postiven oder negativen Umständen äußern, kann es passieren dass die Lobbyisten mir über den Mund fahren. Der Duktus ist dann: Du als Betroffene(r) hast ja keine Ahnung, wir können das besser beurteilen.

Das war jetzt bewusst sehr allgemein formuliert, weil auch dieses Phänomen leider omnipräsent ist.

...

Quotedorfler 20.11.2020, 19:16 Uhr

Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen wird, so sieht man, von verschiedenen Seiten auf unterschiedliche Art bedroht. Will eine Frau ein Kopftuch tragen, wird sie von der AfD angegangen, will sie Ihr Geld in der Sexarbeit verdienen, wird Herr Lauterbach sie in die Illegalität treiben wollen, entscheidet sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch, machen sog. "Lebensschützer" daher Stress. Silikonbrüste - wo kommen wir denn dahin?

Immerhin sind die Silikonbrüste Frau Krasavices legal, während Abtreibung, Sexarbeit und Kopftuch entweder verboten sind oder das Verbot von bestimmten Leuten gefordert wird.

Vorschlag: Kann wenigstens der Staat bitte allen geschäftsfähigen Menschen das Recht zugestehen, mit ihrem Körper zu machen was sie wollen? Ob "body modification", Sexarbeit, Abtreibung, diese oder jene Kleidung, ob nun Kopftuch oder FKK?


QuoteSchartinMulz 20.11.2020, 20:08 Uhr
Antwort auf den Beitrag von dorfler 20.11.2020, 19:16 Uhr

Sie wollen im Ernst, dass demnächst auf den Straßen Nackte herumlaufen?


QuotePartypapst 21.11.2020, 12:11 Uhr
Antwort auf den Beitrag von SchartinMulz 20.11.2020, 20:08 Uhr

Welche negativen Konsequenzen hätte es denn? Wer es nicht sehen will, der kann wegschauen...


Quotealleswirdbesser 21.11.2020, 17:31 Uhr
Antwort auf den Beitrag von dorfler 20.11.2020, 19:16 Uhr

Ich glaube Sie bringen da ganz schön was durcheinander. Das z.B. mit dem Kopftuch haben Sie auch nicht verstanden. Ich habe noch nie gehört das Eltern ihre 13-14 jährigen Mädchen dazu drängen jetzt FKK zu machen. Das mit dem FKK ist nämlich 100% freiwillig im Gegensatz dazu das Kopftuch tragen.


Quoteder_vom_storch 20.11.2020, 18:03 Uhr

In meinen Augen sind diese ganze Zwangsbeglücker, Meinungs- und Deutungshoheitler einfach nur mit sich selbst unzufriedene Menschen.


Quoteberlinonzin 20.11.2020, 17:28 Uhr

Ein Plädoyer für Liberalität, Selbstbestimmung und Freiheit.
Früher hielt ich sowas tatsächlich für links. Wie naiv.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 26, 2020, 06:52:55 PM
QuoteAylin Karabulut
@_aylinkarabulut
·
Nov 25
#TagGegenGewaltAnFrauen
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tagesschau
@tagesschau
· May 15, 2017
Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit 20 Jahren strafbar. Bis dahin war es ein langer Weg.

https://twitter.com/_aylinkarabulut/status/1331524369013747712?s=03 (https://twitter.com/_aylinkarabulut/status/1331524369013747712?s=03)

https://twitter.com/tagesschau/status/864177990229528576 (https://twitter.com/tagesschau/status/864177990229528576)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 17, 2020, 11:07:56 AM
Quote[...] In Hijab-Pornos haben Kopftuchträgerinnen Sex mit weißen Männern. Ihr Reiz geht von rassistischen Narrativen aus: der vermeintlichen Unterdrückung der muslimischen Frau.
Seit 2015 boomen sogenannte Refugee- und Hijab-Pornos. Darin ist meist eine bis aufs Kopftuch nackte Darstellerin beim Sex mit einem weißen cis-Mann zu sehen. Der Plot ist stereotypisch aufgeladen: Sie sucht eine Wohnung, braucht einen Ausweis oder Job und bezahlt dafür mit ihrem Körper. Oder sie wird für schlecht verrichtete Hausarbeit bestraft.
Der weiße, männliche Blick giere danach, die muslimische Frau zu exotisieren und zu erniedrigen, sagt Claude C. Kempen. Er*sie hat am Berliner Leibniz-Zentrum Moderner Orient zu anti-muslimischem Rassismus und Sexismus in Pornos publiziert. Im Interview mit ze.tt erklärt Kempen, was wir aus diesen Pornos über weiße Zerbrechlichkeit, gesellschaftliche Machtverhältnisse und die Fetischisierung des Kopftuchs lernen können.  ... Ich denke, es ist nicht besonders realistisch oder sinnvoll, diese Filme zu verbieten. Jede muslimische Frau, die im Kopftuch Pornos drehen will, sollte das auch tun dürfen. Das kann sehr emanzipatorisch wirken, wenn es einvernehmlich passiert und allen Teilnehmenden Spaß und Lust bereitet. Außerdem sollten wir nicht den Boten, also das Medium Pornografie, mit der Nachricht, hier Rassismus und Sexismus, verwechseln.  ... Durch Pornos können vermeintliche gesellschaftliche Tabus sichtbar gemacht und dadurch sogar zelebriert werden. So kann das Untersuchen von Pornos Teil feministischer und antirassistischer Praktiken sein. Pornos geben uns die Möglichkeit, weiße männliche Dominanz, Gewaltfantasien und den stereotypen Blick auf Frauen of Colour zu verstehen. Somit können wir auch eine Verteufelung von Pornos umgehen und diese stattdessen als zugängliches und vielfältiges Medium für uns als Feminist*innen nutzbar machen.  ...

Aus: "Antimuslimischer Rassismus in der Pornografie: "Es ist die Fantasie der prüden Schlampe, der Heiligen und der Hure"" Meret Reh (14. Dezember 2020)
Aus: https://www.zeit.de/zett/liebe-sex/2020-12/antimuslimischer-rassismus-pornografie-hijab-pornos-fetisch-sexismus/ (https://www.zeit.de/zett/liebe-sex/2020-12/antimuslimischer-rassismus-pornografie-hijab-pornos-fetisch-sexismus/)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 17, 2020, 11:22:12 AM
Quote[...] An Schulen und Universitäten in Rumänien dürfen weiterhin Gender-Studies unterrichtet werden. Das rumänische Verfassungsgericht hat ein entsprechendes Verbot durch das Parlament gekippt. Die Änderung des "Gesetzes zur nationalen Bildung" sei verfassungswidrig, hieß es vom Gericht. Die im Juni verabschiedete Gesetzesänderung umfasste ein Verbot zur Verbreitung von "Theorien oder Meinungen zur Geschlechtsidentität, wonach das Geschlecht ein vom biologischen Geschlecht getrenntes Konzept ist".

Kritikerinnen des Gesetzes befürchteten ein illiberales Abdriften, das an das Vorgehen von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán erinnere. Rumäniens Präsident Klaus Johannis hatte das Gesetz vor dem Gericht angefochten. Er sah dieses "im Widerspruch zu mehreren Verfassungsprinzipien, einschließlich der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz und dem Zugang zu Bildung".

Bereits im September hatten mehrere rumänische und ausländische Universitäten, unterstützt von fast 900 Professorinnen und Forschern, das Gericht aufgefordert, das Verbot aufzuheben. Sie begründeten den Schritt unter anderem mit der "Verletzung der Universitätsautonomie".



Aus: "Verbot von Gender-Studies in Rumänien gekippt" (16. Dezember 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-12/rumaenien-gender-studies-universitaeten-schule-studienfach (https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-12/rumaenien-gender-studies-universitaeten-schule-studienfach)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 27, 2020, 12:45:27 PM
"Streitgespräch Prostitution: ,,Nicht mal genügend Bettwäsche""  Das Interview führte Patricia Hecht (27. 12. 2020)
Die SPDlerin Leni Breymaier will den Kauf von Sex verbieten, die CDUlerin Sylvia Pantel die Rechte von Sexarbeiterinnen verbessern. Ein Streitgespräch.
https://taz.de/Streitgespraech-Prostitution/!5735935/

Quoteoutsourced

Der Seitenhieb zum Thema Feminismus in der taz hat mich an ein Grundproblem erinnert:

Ich habe es schon ein zwei mal in Zusammenhang gesetzt und werde es auch erneut tun

Wie viel wert hat ein Feminismus der sich auf Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung beruft und dann aber Missstände unter diesem Aspekt laufen lässt. Sexualität gerade zwischen Mann und Frau sind häufig geprägt von Macht und eben Ausbeutung. Da muss Mann weder ins Bordell noch an die Straßenecke - da reicht schon der Klick in die nächste Free-Porn Seite. Und auch Pornographie kritisiere ich scharf, denn wer Feminismus schreit und sich dann einem Milliardenmillieu hingibt was auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert, der hat etwas nicht verstanden. Selbstbestimmung hin oder her - solange der Kapitalismus vorherrscht können wir nicht von Selbstbestimmung reden - denn jeder dreckigste Niedriglohnvertrag würde selbstständig unterschrieben. Das hat mit Selbstbestimmung wenig zu tun - es bleibt Ausbeutung. ...


QuoteTobsen

Frau Breymaier entlarvt sich hier als Vertreterin eines widerlichen reaktionären Pseudo-Feminismus. Ich kann kaum glauben, dass Sie als Expertin zu dem Thema nicht weiß welche negative Folgen das Sexkaufverbot in Schweden für die Sicherheit der Prostituierten hat. Man muss wohl davon ausgehen, dass Sie diese Gefährdung von Frauen (und auch Männern, ganz nebenbei gesagt) billigend in Kauf nimmt für den Zweck sich selbst als ach so hochmoralisch zu inszenieren.

Wenn es ihr Ernst damit wäre, Frauen in Notsituationen zu schützen, würde Sie wohl kaum von der Liberalisierung der Prostitution unter Rot-Grün reden, die ja im Ernst nur die vergleichsweise bessergestellten Prostituierten betraf. Sondern eher um den Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Armutsprostitution und der Einführung von Hartz IV.

Aber alleine das Wort Armutsprostitution möchte Sie natürlich nicht in den Mund nehmen, weil das ihrer Taktik zuwiderläuft jegliche Differenzierung zu übertünchen. So zum Beispiel hin und her zu springen zwischen "Es geht um Menschenhandel!" und "Glauben Sie etwa irgendjemand arbeitet gerne als Prostituierte?" Offensichtlich geht es hier um zwei verschiedene Themen. Aber wer den grundsätzlichen Arbeitszwang im Kapitalismus nicht problematisieren will, dem bleibt wohl nichts anderes übrig.

Tatsache bleibt: Ob wir nun Sexarbeiterin sind oder Supermarktkassierer, Schlachthofmitarbeiter oder SPD-Politikerin. Prostituieren müssen wir uns in diesem System alle, wenn wir nicht gerade mit dem goldenen Löffel im Mund geboren sind. ...


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 30, 2020, 01:11:01 PM
Quote[...] Das Abtreibungsverbot in Argentinien wurde durch ein Senatsvotum gekippt. Befürworter*innen sprechen von einem ,,historischen Moment". ... BUENOS AIRES taz | Argentiniens Senat stimmt für die Liberalisierung des Abtreibungsrechts. 38 Senator*innen votierten am frühen Mittwochmorgen mit Ja, 29 mit Nein – bei einer Enthaltung. Bei der Abstimmung ging Pro und Contra quer durch die Parteien. Das Abgeordnetenhaus hatte bereits vor gut zwei Wochen zugestimmt. Damit ist das 100-jährige Abtreibungsverbot gefallen. ,,Historisch" war denn auch das Wort der Stunde.
,,Ya es ley – Es ist Gesetz" jubelten die Befürworter*innen vor dem Kongressgebäude, erkennbar an den grünen Halstuch, dem Symbol der Kampagne für das Recht auf eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung. Dagegen herrschte unter den mit hellblauen Halstüchern bestückten Gegner*innen Entsetzen und Enttäuschung.  ... Schätzungsweise gibt es in Argentinien jährlich 300.000 bis 500.000 heimliche Abtreibungen. ,,Die Abtreibung ist ein Problem der öffentlichen Gesundheit", so die Position des Präsidenten. Seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1983 seien mehr als 3.000 Frauen an den Folgen einer klandestinen Abtreibung gestorben, viele seien durch eine schlecht durchgeführte Abtreibung gesundheitlich geschädigt, erklärte Fernández. ,,Es gibt ein heuchlerisches Argentinien, das die Abtreibung leugnet, wie es zuvor die Homosexualität geleugnet hat", sagte er. ...


Aus: "Argentinien kippt Abtreibungsverbot: Abbrüche nun legal" Jürgen Vogt Korrespondent Südamerika (30.12.2020)
Quelle: https://taz.de/Argentinien-kippt-Abtreibungsverbot/!5740895/ (https://taz.de/Argentinien-kippt-Abtreibungsverbot/!5740895/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 31, 2020, 02:36:35 PM
Quote[...] Die Angst kommt in Schüben. An guten Tagen denkt Anna: Ja, es gibt Nacktbilder von mir im Internet. Ich weiß nicht, wie sie dort hingelangt sind. Sie werden vermutlich immer wieder auftauchen. Aber das zerstört nicht mein Leben. Es ist nicht meine Schuld.

An schlechten Tagen kriecht die Angst in der 29-Jährigen hoch. Sie fühlt sich verfolgt. Weil sie fürchtet, jemand könnte in ihre Wohnung eindringen, schließt sie alle Räume ab und sich selbst im Schlafzimmer ein. Sie spürt die Blicke von Fahrgästen in der Straßenbahn. Schaut der Mann mich einfach nur so an? Oder weiß er Bescheid?

Am 18. März 2019 bekommt Anna um 18.16 Uhr eine WhatsApp-Nachricht von einem alten Schulkameraden, mit dem sie auf dem Gymnasium in dieselbe Klasse ging: "Hey Anna, kannst du mich bitte schnellstmöglich anrufen? Ist wichtig!" Befreundet sind die beiden nicht. Zuletzt hat er Anna im Jahr 2016 zum Geburtstag gratuliert. Annas letzte Nachricht an ihn ist von 2013, ebenfalls ein Gruß zum Geburtstag.

Als Anna ihn anruft, merkt sie, dass er zögert. Ihm scheint etwas unangenehm zu sein. Aus dem Gespräch erinnert sie sich bis heute an einen Satz: "Da sind Sachen von dir im Internet, die da nicht sein sollten." Diese Sachen sind insgesamt 25 Bilder und zwei Videos von Anna, die auf pornografischen Plattformen hochgeladen wurden. Manche Fotos zeigen ihr Gesicht und ihre nackten Brüste, andere ihren kompletten nackten Körper. Ihr Schulkamerad hat diese Aufnahmen auf xHamster entdeckt, einer der meistbesuchten Pornoseiten Deutschlands. Er schickt ihr im Anschluss an das Telefonat die Links.

Die Fotos und Videos sind mehrere Jahre alt. Anna hatte sie ihrem Freund per WhatsApp geschickt, als dieser 2013 im Auslandssemester in Spanien war. Die beiden sind bis heute ein Paar, wohnen seit einem Jahr zusammen in einer deutschen Großstadt. Ihr Freund habe die Aufnahmen nie weitergeschickt oder hochgeladen. Wie sie im Internet landen konnten, kann sich Anna damals nicht erklären; bis heute hat sie nur Vermutungen.

Was Anna passiert ist, wird oft "Revenge Porn", Racheporno, genannt. Wenn Nacktbilder gegen den Willen der abgebildeten Person verbreitet werden, handelt es sich aber nicht um Pornografie, sondern um eine Straftat. Die Täter*innen können Ex-Partner*innen und andere Personen aus dem persönlichen Umfeld sein oder auch völlig Fremde, die die Aufnahmen gestohlen oder heimlich aufgenommen haben.

In diesem Text werden diese Taten deshalb als das bezeichnet, was sie sind: digitale Gewalt. Das Ausmaß ist unklar. Auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion von November 2018, wie oft Formen digitaler Gewalt – unter anderem sogenannter Revenge Porn – in den vergangenen fünf Jahren angezeigt und verurteilt wurden, antwortete die Bundesregierung, dass der Justiz hierzu keine Erkenntnisse vorliegen.

Nicht auf allen Fotos, die hochgeladen wurden, ist Anna nackt. Manche zeigen sie auch mit ihrem Freund oder mit Freund*innen beim Feiern. Auf einem ist sie minderjährig, um die 15 Jahre alt, schätzt Anna. Die Bilder hatte sie vor Jahren auf ihrem Facebook-Profil veröffentlicht. Nun stehen sie auf xHamster und anderen kleineren Pornoseiten zusammengestellt mit den Nacktfotos in einer Galerie. Dort ist auch ihr Vor- und Nachname und ihr Heimatort angegeben. Anna heißt eigentlich nicht Anna. In diesem Text wird sie so genannt, um ihre Privatsphäre zu schützen.

Neben den Fotos wurde ein Screenshot ihres Facebook-Profils veröffentlicht. Erst nach dem Telefonat mit ihrem Schulkameraden bemerkt Anna, dass sie dort in den vergangenen Tagen mehrere Anfragen bekommen hat. Von Männern, die ihr die Nacktfotos und anzügliche oder beleidigende Nachrichten schicken, oder Bilder von ihren erigierten Penissen. Bis heute sind diese Nachrichten Annas Alarmsignal, dass vermutlich wieder irgendwo Nacktbilder von ihr online aufgetaucht sind.

Als ihr Schulkamerad auflegt, steht Anna allein mit dem Handy in der Hand vor einem Pariser Hotel, sie ist gerade auf einer Dienstreise in Frankreich. Auf ihrem Hotelzimmer beginnt sie ihren Namen bei sämtlichen Suchmaschinen einzutippen, fügt Schlagworte wie porn oder young girl hinzu. Sie macht Screenshots, um zu dokumentieren, was sie findet. Sie löscht ihren Instagram-Account und lässt ihr Foto und ihren Nachnamen auf der Homepage ihres Arbeitgebers entfernen. Sie geht ihre Kontaktliste durch und überlegt, wer ihr helfen könnte: Wen kenne ich, der oder die Jura studiert hat? Oder IT? Oder sogar bei einer Pornoseite arbeitet? Erst nach mehreren Stunden hört sie erschöpft auf. Bei der Arbeit sagt sie am nächsten Tag, es gebe einen Notfall in ihrer Familie.

Zurück in Deutschland erstattet Anna Anzeige bei der Polizei. Die Telefonate mit den Beamt*innen beschreibt sie als frustrierend. Statt ihr dabei zu helfen, die Fotos so schnell wie möglich aus dem Internet zu entfernen, habe man ihr Fragen gestellt wie: "Sind Sie sicher, dass Sie die Bilder nicht selbst hochgeladen haben?" Oder: "Wieso haben Sie überhaupt solche Fotos von sich gemacht?" Die Ermittlungen werden schließlich eingestellt.

Es gibt kein Gesetz in Deutschland, das Betroffene von Revenge Porn explizit schützt, sagt Juristin Josephine Ballon, die bei der Organisation HateAid Betroffene digitaler Gewalt berät. Der Begriff findet sich nicht im Strafgesetz. Wurde ein Bild unerlaubt hochgeladen, das mit Einverständnis der abgebildeten Person erstellt wurde, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach dem Kunsturhebergesetz. Ist das verbreitete Bild unerlaubt entstanden, zum Beispiel in einer Wohnung oder einem besonders geschützten Raum, kann der Paragraf 201a im Strafgesetzbuch greifen: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen.

Um nackt im Internet zu landen, braucht es – anders als in Annas Fall – gar keine realen Nacktaufnahmen: Im Oktober 2020 berichtete die IT-Sicherheitsfirma Sensity, dass auf der Messengerplattform Telegram mithilfe eines Bots gefälschte Nacktfotos von über 100.000 Frauen erzeugt wurden – sogenannte Deepfakes. Vermutlich sei dafür die Software DeepNude genutzt worden. Die Bilder wurden im Anschluss öffentlich geteilt. Es handelt sich bei den betroffenen Frauen vor allem um Privatpersonen, manche sollen sogar minderjährig sein. Auf diese Weise kann es theoretisch jede Person treffen, mit fingierten Nacktbildern bloßgestellt oder erpresst zu werden.

Anna kontaktiert die Pornoplattformen. Bei xHamster füllt sie dafür ein vorgefertigtes Onlineformular aus, den kleineren Seiten schreibt sie E-Mails mit der Aufforderung, die Fotos und Videos herunterzunehmen. Es klappt: Bei xHamster ist die Bildergalerie bereits nach 24 Stunden von der Seite genommen. Dazu sind Plattformen auch verpflichtet, sobald sie davon erfahren, dass Aufnahmen gegen den Willen der gezeigten Person hochgeladen wurden.

Wenige Monate später bemerkt Anna jedoch, dass ihre Fotos wieder im Internet sind, zunächst nur auf kleineren Seiten. Sie vermutet erst, dass sie vielleicht etwas übersehen hatte und erwirkt bei den Betreiber*innen wieder die Löschung. Im Juni 2020 sind ihre Aufnahmen aber auch erneut auf xHamster und erstmals in der Google-Suche zu finden. "In dem Moment dachte ich: Scheiße, die kommen echt immer wieder. Ich habe mich einfach nur ohnmächtig gefühlt", sagt Anna. Sie erstattet zwei weitere Male Anzeige bei der Polizei, ohne Erfolg. Dort rät man ihr, doch mal bei Google anzurufen.

Wenn Täter*innen im Internet nicht unter Klarnamen agieren, werden die Ermittlungen oft eingestellt, sagt Josephine Ballon. Insbesondere auf Plattformen, wo nicht einmal ein Account angelegt werden muss, um etwas hochzuladen, sei es schwierig, Täter*innen zu identifizieren. "Viele Staatsanwaltschaften und Ermittlungsbehörden sind gar nicht darauf spezialisiert, diese Ermittlungen im Netz durchzuführen und es mangelt ihnen an rechtlichen Möglichkeiten. Die Pornoseiten selbst sind meist auch nicht kooperativ", sagt Ballon.

Derzeit fallen pornografische Plattformen nicht unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Dieses ermöglicht, dass in sozialen Medien illegale Inhalte gemeldet werden können und schafft eine gesetzliche Pflicht für Plattformen, diese auch innerhalb einer bestimmten Frist zu löschen. Betreiber*innen müssen außerdem regelmäßig über ihren Umgang mit Beschwerden zu rechtswidrigen Inhalten auf ihrer Plattform berichten und eine*n inländische*n Ansprechpartner*in stellen.

Die Regulierungen gelten allerdings nur für Plattformen mit mehr als zwei Millionen registrierten Nutzer*innen in Deutschland. Auf xHamster und PornHub muss man jedoch nicht registriert sein, um Inhalte anzusehen. Auf Nachfrage von ze.tt, wie viele registrierte Nutzer*innen xHamster in Deutschland hat, verweist ein Sprecher auf den Datenschutz.

Was sich für Anna als problematisch erweist: Derzeit prüfen die Betreiber*innen bei einem Upload nicht, ob das Material möglicherweise schon einmal gelöscht wurde. Es kann also nicht wirksam verhindert werden, dass Bilder und Videos erneut hochgeladen oder wenigstens schnell wieder entfernt werden können. Auf Nachfrage von ze.tt, ob xHamster plane, etwas dagegen zu unternehmen, teilt ein Sprecher mit, dass man Fälle von sogenanntem Revenge Porn sehr ernst nehme, jedoch keine näheren Angaben zu technischen Abläufen machen könne.

Zusammen mit einer anderen Betroffenen, HateAid und der Plattform Am I in Porn? hat Anna eine Petition an das Bundesjustizministerium gestartet. Darin fordern sie unter anderem, Pornoseiten in den Geltungsbereich des NetzDG aufzunehmen, eine Auskunftspflicht gegenüber Betroffenen einzurichten und die Betreiber*innen dazu zu verpflichten, Bild- und Videomaterial vor der Veröffentlichung intern zu prüfen. Über 62.000 Personen haben bereits unterschrieben.

Wer die Fotos und Videos hochgeladen hat und wie die Täter*innen überhaupt an das Material gekommen sind, weiß Anna bis heute nicht. Über eine Freundin bekommt sie Kontakt zu zwei Männern, die als IT-Forensiker bei einem internationalen Wirtschaftsunternehmen arbeiten. Anna vermutet seither, dass ihre Cloud gehackt wurde. Mit dem Identity Leak Checker des Potsdamer IT-Instituts Hasso Plattner kann jede*r eine Mailadresse daraufhin überprüfen lassen kann, ob persönliche Daten im Rahmen eines bekannten Hacks oder Datenlecks gestohlen wurden. In Annas Auswertung, die ze.tt vorliegt, taucht dabei unter anderem Dropbox auf. Der Hack fand im September 2012 statt, Annas Mailadresse und Passwort sollen demnach betroffen gewesen sein.

Erst 2016 wurde das ganze Ausmaß des Hacks öffentlich – mehr als 68 Millionen betroffene Accounts – und Dropbox forderte Nutzer*innen auf, ihre Passwörter zu ändern. Anna hatte das seit der Einrichtung ihres Accounts nicht getan. Auf Nachfrage von ze.tt heißt es, Dropbox habe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf diese Accounts unerlaubt zugegriffen wurde.

Anna hatte sich den Account im Studium zugelegt und die Cloud mit ihrem Laptop synchronisiert. Heißt: Alle Dateien, die sie auf ihrem Laptop hatte, befanden sich in der Cloud – auch die Nacktbilder, vermutet Anna. Aktuell ist sie mit Dropbox in Mailkontakt: Anna fordert auf Basis der DSGVO, die Login-Files ihres Accounts einsehen zu dürfen. Sie hofft, damit mögliche auffällige Aktivitäten aus der Zeit nach dem Hack nachvollziehen zu können.

Die Angelegenheit verlaufe zäh, was aber auch an ihr liege, gibt Anna zu. Sie antworte auch mal einen Monat nicht auf eine Mail – wenn die Kraft nicht reiche. Dann öffne sie keine Nachrichten, hake nicht bei der Polizei nach und blocke ab, wenn jemand das Thema anspricht. Anna will noch ein anderes Leben haben als das, in dem sie die mit den Nacktbildern im Internet ist.

Dann sei es ihr Freund, der nachschaut, ob wieder etwas online ist. Im Juni 2020 durchsuchte auch er bis ins letzte Detail die Plattformen nach Annas Bildern. Er sei vor allem wütend darüber, was ihr angetan wurde, sagt Anna. Und frustriert, dass er ihr dabei kaum helfen könne. Anna selbst sieht das nicht so: Für sie ist ihr Freund und sein Verständnis eine der wichtigsten Stützen. Der Umgang mit den Nacktbildern sei ein Balanceakt: "Lange wollte ich nicht als jemand gesehen werden, den das so mitnimmt. Ich dachte, dann haben die Täter erreicht, was sie wollten. Aber mir wurde Gewalt angetan und ich muss zugeben können, dass das wehtut. Immer noch."

Anna sagt, sie schäme sich gar nicht so sehr für die Bilder selbst oder bei dem Gedanken, dass Kolleg*innen oder Bekannte sie so sehen könnten. Sie habe seither auch wieder Nacktaufnahmen von sich gemacht und verschickt. Vielmehr schäme sie sich dafür, dass sie sie damals nicht besser geschützt hat und man sie für leichtsinnig und naiv halten könnte. Heute nutzt sie Signal oder Threema, seinerzeit versendete sie die Aufnahmen an ihren Freund jedoch unverschlüsselt per WhatsApp. Möglicherweise sind sie auch so ins Internet gelangt.

In ihrem Freundeskreis wissen alle Bescheid, niemand habe ihr dort je Schuld an der Situation gegeben. Anders sei es bei ihren Eltern, die bisher noch nichts von all dem wissen. Bei ihnen überwiegt für Anna doch die Scham und die Angst, sie damit zu enttäuschen. Dieses Jahr an Weihnachten will Anna es ihnen aber doch endlich erzählen. Viele Dinge, die sie beschäftigten, müsse sie ihnen bisher verheimlichen, zum Beispiel die Arbeit an der Petition. Anfang des Jahres gründete Anna außerdem Anna Nackt – eine Plattform, auf der sich Menschen austauschen können, die ebenfalls nackt im Internet bloßgestellt wurden. Sie hat dort eine Liste mit Tipps für erste Schritte zusammengestellt. Genau das, was sie sich selbst gewünscht hätte.

Vielleicht sind in diesem Moment wieder Nacktfotos von Anna online. Sie weiß es nur noch nicht, oder sie sind ohne ihren Namen veröffentlicht, was es schwerer macht, sie zu finden. Es gebe noch mehr Fotos, die sie noch expliziter zeigten, sagt Anna. Möglich, dass auch die irgendwann im Netz auftauchen. Aber die Angst, dass diese Aufnahmen alles zerstören könnten, die sei kleiner geworden – weil es die letzten drei Male nicht so gekommen sei.


Aus: "Revenge Porn: Nackte Angst" Nina Monecke  (27. Dezember 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/zett/politik/2020-12/digitale-gewalt-revenge-porn-nacktfotos/komplettansicht (https://www.zeit.de/zett/politik/2020-12/digitale-gewalt-revenge-porn-nacktfotos/komplettansicht)

QuotePrincess Poppy #8

Im Sommer 2014 gab es den sogenannten Cloud Hack, auch bekannt unter dem Titel "THE FAPPENING". Der Hackerangriff auf private Fotos von Prominenten 2014 (in der Netzkultur auch Celebgate genannt) bezeichnet den Diebstahl und die Veröffentlichung privater Fotos von jungen, überwiegend weiblichen Prominenten in den USA, die offenbar aus geknackten Accounts des Apple-Dienstes iCloud stammen. Es traf aber eben nicht nur Prominente, sondern auch wahllos Personen, die nicht prominent sind. Das im Artikel genannte Zeitfenster passt dazu perfekt.
Der US-amerikanische Hacker Ryan Collins wurde im Oktober 2016 zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem er sich schuldig bekannt hatte, unberechtigt auf 50 iCloud-Konten und 72 Google-Mail-Konten zugegriffen zu haben. Den Ermittlungen zufolge hatte er zwei Jahre lang durch Phishing die Zugangsdaten zu Konten gesammelt. Es wurden später drei weitere Hacker, darunter George G., verurteilt. Letzterer hatte sich Zugang zu mehr als 550 iCloud und Gmail Accounts verschafft.


Quotefipps #6

Liebe "Anna",

Mir ist mal ein ähnlicher Fall untergekommen. Eine Kollegin bat mit völlig verzweifelt um Hilfe, weil sie das Gefühl hatte ein aufdringlicher Verehrer/Studienkollege könne ihren Whatsapp Chat lesen.

Was war passiert? Sie war mit ihm Cafe lernen, und als Sie aufs Klo ist hatte sie ihr Handy in auf dem Tisch liegen gelassen. Er hatte sich wohl ihr Entsperrmuster gemerkt und während er seinen Laptop dabei hatte einfach sich mit Whatsapp Web verbunden - das geht sehr schnell und dauert nur ein paar Sekunden. Danach hatte er Vollzugriff auf ihr Konto, konnte alles mitlesen und natürlich auch auf alle Dateien zugreifen. Da es ein paar Jahre her ist war es auch nicht so aufdringlich als Symbol am Handy angezeigt wie das heute bei Whatsapp der Fall ist, sie hatte es also schlicht nicht bemerkt und er hatte über Wochen Zugriff auf ihren Account. Mit den richtigen Browsereinstellungen kommt man übrigens immer wieder rein ohne nochmal Scannen zu müssen. Da hilft nur die Verbindung manuell auf dem Handy zu unterbrechen.

Vielleicht ist Dir ja ähnliches passiert, da im Bericht stand es war Whatsapp im Spiel. Selbiges geht übrigens auch mit anderen Messengern wie Telegram etc.

...

Lg


Quotejohannesbln #10

Ich hab schon jede Menge Nacktbilder und pornographisches Material von mir aufgenommen, verschickt und gespeichert.

Die wichtigste Regel ist nie etwas zu fotografieren was nie jemand sehen soll. Bei mir also nichts mit Kopf...
Und danach eben sichere Passwörter, am besten eine spezielle passwortgesicherte App oder verschlüsselte Volumes.
Es gibt immer Arschlöcher...sich dagegen zu schützen ist Aufgabe eines jeden einzelnen.


QuoteCIVIL #15

Der Artikel könnte auch von 2010 sein. Grundsätzlich gilt, was digital verbreitet wird kann überall auftauchen.


QuoteWendekind1989 #23

Was man online versendet ist da für immer.
Egal an wen, egal wann, egal was.
Das gehört zum kleinen 1x1 des Internets.
Auch der vertrauenswürdigste Freund oder fest Partner kann gehackt werden. Onlinespeicher angezapft oder sonstwas schief gehen.
Natürlich denkt man darüber in dem Moment nicht nach, aber so ist es nunmal.
Ein digitales Medium wird auch nicht wie ein einmaliger Druck geklaut, es wird kopiert und vervielfältigt sich. Am Ende weiß niemand woher es nun kommt oder wohin es geht. Es wandert frei und läuft "Informationsamok" und ist unaufhaltbar. Man kriegt es da auch nicht mehr weg. Irgendwer, irgendwo hat es auf seiner Platte und in der nächsten Onlinesammlung vor "Mädels mit Haarfarbe x/eigenschaft y" kann es einfach wieder auftauchen. Unvermittelt, plötzlich und vom Opfer auf Jahre unbemerkt.

Als Opfer bleibt eigentlich nur eines:
"Bodyposivity. Das bin ich. Das ist mein Körper zu dem ich stehe. Ich wollte nicht, dass es online ist, aber so es nun eben. Ich schäme micht nicht für mich selbst und bin deswegen keine *hier Herabwürdigung einfügen*. "
Und das als stures Mantra. Der Körper gehört nur einem selbst, dabei ist es letztlich egal wie viele ihn gesehen haben. Das schmälert nicht "Wert", Würde oder was auch immer.
Weniger: Wie halte ich das auf?
Mehr: Wie gehe ich damit um.


QuoteLiisa #23.1

Trotzdem existiert das Recht am eigenen Bild. Googeln Sie mal danach.


QuoteOdalis #23.2

Sicher tut es. Hilft aber nichts, wenn man es nicht durchsetzen kann.


Quotefat_bob_ger1 #29

Es scheint mir, als ob manche nicht so richtig zwischen Täter und Opfer unterscheiden können. In einer digitalen Welt kann alles an die Öffentlichkeit geraten. Wer ist schon begeistert, wenn gehackte Bankdaten über einen ins Internet gestellt werden, weil das Kreditinstitut keinen sicheren Server hatte. Ist daran etwa der Bankkunde schuldig? Hätte er vor Eröffnung eines Bankkontos einen IT Sicherheitsbeauftragten konsultieren sollen?

Jeder kann Pech haben. Auch ein sehr kleiner Fehler kann sich später fatal auswirken. Wer in den Fokus eines Profihackers gerät, der ist nahezu chancenlos. Wenn die eigenen Sicherheitsmaßnahmen nicht ausreichend waren oder man Pech hatte, dann muss sich der Betroffene überlegen, wie er damit umgeht. Dazu gehört m. E. (1) der Versuch, den/die Schuldigen zu finden und ggf. zu bestrafen, (2) die Frage, wie man mit dem Problem weiter umgeht, wo man sich Hilfe sucht... und (3) die Fähigkeit, es dem Vorgang nicht zu gestatten, das eigene Leben dauernd zu beeinträchtigen. Ich drücke der "Anna" in jedem Fall die Daumen, dass sie sich von der Verletzung ihrer Intimspähre erholt und möglichst die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen kann. Wenn die Schuldigen nicht gefunden werden können, dann wünsche ich ihr auch die nötige Gelassenheit bzw. Resilenz, die notwendig ist, um weitere Beeinträchtigungen zu minimieren.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 02, 2021, 01:30:39 PM
Quote[...] Das Hohe Gericht in Lahore verbietet die umstrittene Untersuchung als illegal und verfassungswidrig. Besonders Vergewaltigungsopfer waren betroffen.
MUMBAI taz | ,,Es ist ein kleiner Erfolg im langen Kampf gegen Vergewaltigungen, aber ein wichtiger", twitterte die pakistanische Journalistin Manal Faheem Khan. Sie reagierte damit auf eine Entscheidung des Obersten Gerichts der Stadt Lahore, das Überprüfungen der Jungfräulichkeit bei Frauen und Mädchen verboten hatte.
Diese umstrittene Praxis kam im Falle von Vergewaltigungen zum Einsatz. Bei der Untersuchung führte eine medizinische Fachkraft zwei Finger in die Vagina der Betroffenen ein, um zu prüfen, wie locker die Vaginalmuskulatur ist und ob das Hymen sich dehnen lässt. 

Das Hohe Gericht von Lahore erklärte den sogenannten ,,Zwei-Finger-Test" nun für illegal und verfassungswidrig. Zudem hieß es im Urteil von Richterin Ayesha A. Malik, dass der Test ,,keinen forensischen Wert im Fall von sexueller Gewalt hat" und ,,die persönliche Würde von weiblichen Opfern verletzt". Zwei Petitionen waren im vergangenen März beim Gericht eingegangen. Eine von der Politikerin Shaista Malik (PML-N), die andere von einer Gruppe von Menschenrechtlern, Anwält:innen und Journalist:innen.

Das Urteil aus Lahore, das alle Formen von Jungfräulichkeitstests verbietet, gilt für die pakistanische Provinz Punjab und könnte als Präzedenzfall dienen. Ein ähnlicher Fall wird derzeit in der Provinz Sindh vor Gericht verhandelt. Forderungen zur Abschaffung gab es schon in der Vergangenheit, da sie die Verfolgung von Straftaten an Frauen erschwert.
,,Von der Registrierung der Anzeige durch die Polizei bis zur Verurteilung des Täters hat die Frage, ob der Charakter des Opfers als züchtig oder rein gilt, einen weitaus größeren Einfluss auf den Ausgang des Falles als die Art der erlittenen Verletzung", erklärt die Anwältin Zainab Z. Malik. Die medizinische Praxis wurde zum Teil der Rechtsprechung. Bei Frauen mit sexueller Vorgeschichte wurde quasi angenommen, der Verkehr würde mit ihrem Einverständnis stattfinden und es handele sich daher nicht um eine Vergewaltigung.
Das Urteil aus Lahore macht aber deutlich, dass ,,das Sexualverhalten des Opfers völlig irrelevant ist". Erst im Dezember hatte der pakistanische Präsident Arif Alvi ein neues Anti-Vergewaltigungs-Gesetz unterzeichnet, wonach Sexualstraftätern künftig härtere Strafen drohen. Die Dunkelziffer an Straftaten wird als hoch eingeschätzt. Gründe dafür sind lasche Strafverfolgung sowie gesellschaftliche Hürden, Vergewaltigungen anzuzeigen.
Auch andere ehemalige britische Kolonien, darunter Indien, Malaysia und Bangladesch, haben begonnen, ,,Zwei-Finger-Test" rechtlich zu unterbinden. Im Nachbarland Indien hatte das Oberste Gericht in Gujarat die Tests im vergangenen Jahr als ,,veraltet und archaisch" bezeichnet und angewiesen, sie sofort einzustellen. Verboten wurden sie allerdings bereits 2013. In Bangladesch folgte ein Verbot im April 2018.

Aus: "Frauenrechte in Pakistan: Keine Jungfräulichkeitstests mehr" Natalie Mayroth, Reporterin (5.1.2021)
Quelle: https://taz.de/Frauenrechte-in-Pakistan/!5741364/ (https://taz.de/Frauenrechte-in-Pakistan/!5741364/)


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Quote[...] Im Nahen Osten verzeichnen Podcasts und Internetformate Corona-bedingt hohen Zulauf. ...  In der Ankündigung für die heutige Ausgabe von ,,Elephant in the Room" ist der junge Gast anonymisiert, es gibt keinen Namen, kein Foto. Vorsichtsmaßnahmen, die sowohl den zugeschalteten Ägypter als auch den Radiosender von Tala schützen sollen. Homosexualität ist – mit Ausnahme von einigen wenigen Ländern im Nahen Osten – nach wie vor ein Tabuthema. Darüber öffentlich zu reden, kann schwerste Konsequenzen haben.

Hinter Talas Sendung steckt ,,micro.radio", ein jordanisches Internetradio, 2019 gegründet. Dana und Sharaf sind beide in den Zwanzigern und haben die Plattform nach über einem Jahr der Planung ins Leben gerufen. Die beiden Jordanier waren genervt von der poplastigen Musikszene in Amman und wollten etwas Neues schaffen. ,,Es gab schon immer eine Szene in Amman, in der intensiv über Musik diskutiert wurde, in der Techno und Elektro gehört wird. Wir wollten dieser Nische Gehör verschaffen und kamen so auf die Idee, einen eigenen Radiosender zu gründen", sagt Dana, die eigentlich als Designerin arbeitet.

Neben dem musikalischen Schwerpunkt von micro.radio entschieden sich Dana und Sharaf dazu, Menschen und Themen ein Forum zu bieten, die sonst in der immer noch sehr traditionellen konservativen jordanischen Gesellschaft kein Gehör finden. Neben ,,Elephant in the Room" gibt es eine Sendung, in der über klassische arabische Musik und nahöstliche Geschichte gesprochen wird. In einer anderen verfolgen zwei Moderatoren das Konzept, dass es kein Konzept gibt. Über Stunden wird einfach über das geredet, was den beiden Sprechern in den Sinn kommt. Als Zuhörer fühlt man sich, als würde man mit einem Glas Wein gemeinsam mit den Moderatoren im Wohnzimmer sitzen.

Micro.radio versucht, die diversen Interessen einer jungen Generation abzubilden, die sich von der etablierten jordanischen Medienlandschaft nicht vertreten fühlt. Gesendet wird mittlerweile fast rund um die Uhr, nahezu ausschließlich auf Englisch.

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Aus: "Junges Forum in traditioneller und konservativer Gesellschaft: Arabische Radio-Revolutionen" (18.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/junges-forum-in-traditioneller-und-konservativer-gesellschaft-arabische-radio-revolutionen/25840738.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/junges-forum-in-traditioneller-und-konservativer-gesellschaft-arabische-radio-revolutionen/25840738.html)

Quotejonnyrotten 19.05.2020, 09:30 Uhr

Ein Hoffnungsschimmer, wie es aussieht.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 05, 2021, 07:04:16 PM
Quotemarla @prolepeach

The most important part of "sex work is work" imo is that it means "sex workers are workers." Treat us like workers in struggle, worthy of radicalizing and organizing and unionizing. Do not treat us like victims for you to project onto and pathologize.

6:34 nachm. · 4. Jan. 2021·Twitter


https://twitter.com/prolepeach/status/1346148131252137984 (https://twitter.com/prolepeach/status/1346148131252137984)

QuoteDiogenes the critic @Wardenclyfe1
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4. Jan. Antwort an @prolepeach

Fuck yeah!


QuoteBrassClubMember @BrassMember Antwort an @prolepeach und @GemmaParadiseXO

The wrong double standard of "sex workers are victims and at the same time 'guilty and responsible' of the same crime" is an eloquent explanation of why this world is so fucked up...


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 20, 2021, 09:57:32 AM
"Streit um Paragraph 219aSelbsternannte Lebensschützer gegen Frauenärzte" Gaby Mayr (09.04.2018)
Eine Gießener Ärztin wurde 2017 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf ihrer Homepage über Schwangerschaftsabbruch informierte. Das Urteil stieß auf Protest. Dabei ist sie nicht die Erste, die ins Visier von ,,Lebensschützern" geriet.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/streit-um-paragraph-219a-selbsternannte-lebensschuetzer.976.de.html?dram:article_id=415119 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/streit-um-paragraph-219a-selbsternannte-lebensschuetzer.976.de.html?dram:article_id=415119)

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"Abtreibung in DeutschlandUngewollt Schwangere werden immer schlechter versorgt" Lydia Heller (29.10.2020)
Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, geraten unter immer größeren Druck. Paragraf 219a des Strafgesetzbuches verbietet ihnen weitgehend, über ihre Methode zu informieren. Immer weniger Mediziner wollen Abtreibungen vornehmen. ...
https://www.deutschlandfunkkultur.de/abtreibung-in-deutschland-ungewollt-schwangere-werden-immer.976.de.html?dram:article_id=486619 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/abtreibung-in-deutschland-ungewollt-schwangere-werden-immer.976.de.html?dram:article_id=486619)

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"Paragraf 219a: Verurteilung wegen Werbung für Schwangerschaftsabbruch rechtskräftig" (19. Januar 2021)
Die Revision der Ärztin Kristina Hänel nach ihrer Verurteilung wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche wurde abgelehnt. Sie will nun Verfassungsbeschwerde einlegen. ... Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt hat die Verurteilung der Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche für rechtskräftig erklärt. Ihre Revision wurde somit zurückgewiesen. Hänel hat auf Twitter bereits angekündigt, nun eine Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen.  ...
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-01/paragraph-219a-schwangerschaftsabbruch-werbung-verurteilung-gerichtsurteil (https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-01/paragraph-219a-schwangerschaftsabbruch-werbung-verurteilung-gerichtsurteil)

QuoteMainzerin2015 #4

Viel Glück, Durchhaltevermögen und Kraft für Frau Hänel! Möge die Verfassungsbeschwerde Erfolg haben und Patagraf 219a endlich fallen!
Es kann doch nicht sein, dass Frauen relevante medizinische Informationen gesetzlich vorenthalten werden!


QuoteFrank Hannover #5

Kaum zu Glauben das dieses Urteil Heute in der BRD gefällt wurde. Aufklärung verboten? Wo leben wir denn?


Quoteknuthaub #6

In einer kuerzlich ausgestrahlten Dokumentation (ARD, 7 Tage in einer Abtreibungsklinik) wurde die Zahl fallengelassen das jede 4. Frau in Deutschland eine Abtreibung hatte. Vielleicht waere is in der Tat sinnvoll die rechtlichen Grundlagen zu modernisieren.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 22, 2021, 03:19:51 PM
"Amanda Gorman reminded America what poetry can do" [Youth poet laureate recites her stunning poem at Biden inauguration]
Opinion by Ashley M. Jones
Updated 1303 GMT (2103 HKT) January 22, 2021
(CNN) It is no secret what poetry can do. What Black poetry can do. Audre Lorde told us this in 1985. Although she spoke specifically to women, I hope she won't mind me saying that her words can apply to other folks, too. She wrote: "poetry is not a luxury. It is a vital necessity of our existence. It forms the quality of the light within which we predicate our hopes and dreams toward survival and change, first made into language, then into idea, then into more tangible action."
And it's true -- as I watched 22-year-old National Youth Poet Laureate Amanda Gorman read her piece, "The Hill We Climb," at President Joe Biden's inauguration Wednesday, I felt affirmed in my belief that art is the thing that has and will keep saving us. Poetry, by which I mean the words on a page and the life-force Lorde spoke of, is part of what will help us understand, as Gorman told us, that we must reckon with "the past we step into," that the work is in "how we repair it."
What is so important to me, a Black Southern woman who writes her authentic truth in verse, is the incredible door Gorman is opening and will keep opening for us in poetry. As I watched her, gorgeous as she is, walking up to that inaugural podium wearing her red Prada headband like a crown, in her striking yellow coat -- a sun only mirrored by the light emanating from her -- I was so proud of Amanda Gorman. ...
https://edition.cnn.com/2021/01/22/opinions/amanda-gorman-affirmed-poetry-and-me-ashley-m-jones/index.html (https://edition.cnn.com/2021/01/22/opinions/amanda-gorman-affirmed-poetry-and-me-ashley-m-jones/index.html)

https://de.wikipedia.org/wiki/Amanda_Gorman (https://de.wikipedia.org/wiki/Amanda_Gorman)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 02, 2021, 03:43:02 PM
Quote[...] Filme waren in meiner Kindheit in der hessischen Provinz ein Weg, um an der großen weiten Welt teilzuhaben. Auf dem Sofa reiste ich gemütlich durch Wüsten, prähistorische Dschungel oder in den Wilden Westen. Egal ob Piraten auf hoher See oder Captain Nemo 20.000 Meilen unter dem Meer – eines hatten die meisten dieser Filme gemeinsam: Auf Frauen konnten sie gut verzichten. Denn Frauen störten. Immer.

Sie kreischten, sie trugen im Dschungel hochhackige Schuhe. Sie stolperten – und das war das schlimmste – über die kleinste Wurzel des Waldes, um dann einfach liegenzubleiben, während das Monster immer näherkam. Im Fernsehprogramm suchte ich also bevorzugt nach Filmen, in denen es keine weiblichen Hauptrollen gab. Während Indiana Jones in geheimen Tunneln fast zu Tode gequetscht wird und dabei trotzdem lässige Sprüche klopft, heult nebenan die trotzige Kate Capshaw, weil ihr ein Fingernagel abgebrochen ist. In der Quatermain-Reihe mit Richard Chamberlain nörgelt sich Sharon Stone direkt in den Kochtopf eines – natürlich schwarzen – Kannibalenvolks. Kein Wunder, dass Mann sie für viele Abenteuer einfach direkt zu Hause ließ. Dann musste sie sich eben selbst aufs Boot oder ins Flugzeug schmuggeln, nur um den Helden so sehr zu nerven, dass dieser sie am Ende endlich heiratete. Wurde sie während des Abenteuers gerettet, trug der Held sie wie in Baby davon, während sympathische, männliche Nebencharaktere zu Tode kamen.

Das alles sah ich als kleines Mädchen – und fand es trotzdem großartig! Abenteuerfilme waren mein Ding und mit meiner Schwester spielten wir die Plots nach dem Abspann weiter. Die flachen Frauencharaktere eigneten sich dabei selten für ein feministisches Makeover, also erfanden wir eigene, die wir den männlichen Helden nachempfanden. Klingt "Indiana Jones" nicht sowieso viel eher wie ein Frauenname? Uns war klar, dass die Frauen auf der Leinwand mit uns nichts gemeinsam hatten: Sie waren schön, unnahbar – und nicht überlebensfähig. Und obwohl wir an uns selbst sahen, wie weit entfernt die Filmfrauen und -mädchen vom echten Leben waren, konnten wir uns nicht vorstellen, dass dieses Frauenbild völlig erfunden war. Warum stellte jeder Film Frauen als schwach und ängstlich dar, wenn das nicht stimmte? Log uns die Filmindustrie etwa an? Viel wahrscheinlicher war doch, dass Frauen tatsächlich schön aber nutzlos waren, und die "funktionstüchtigen" Frauen, die man aus dem Alltag kannte, nur sonderbare Ausnahmen.

Das Bild von der Frau als überdimensionalem Kind hielt sich ja auch in der Gesellschaft hartnäckig. Noch kurz vor den Achtzigern durften Frauen in Deutschland nicht ohne die Erlaubnis des Ehemanns arbeiten, erst im Jahr 1992 wurde das Nachtarbeitsverbot für Arbeiterinnen aufgehoben. Und im Jahr 1994 konnte der Ehemann seine Frau endlich nicht mehr dazu zwingen, seinen Nachnamen anzunehmen. Frauen zu bevormunden, galt lange Zeit als fürsorglich. Und das machte für mich auch Sinn. Das fiktive Gefahrenszenario, mit dem die Gesellschaft uns Angst einjagte, sah immer gleich aus: Aus dem Dunkeln fällt ein überstarker Mann eine zarte Frau an. Sie kann sich nicht wehren, denn Männer sind Frauen immer körperlich überlegen.

Tatsächlich hilft einem ein großer Bizeps vielleicht beim Armdrücken, sonst aber ist er recht nutzlos. In einer Gefahrensituation kommt es viel eher auf die Fähigkeit zu deeskalieren an. Im Zweifelsfall ist Wegrennen ohnehin die beste Lösung. In einer Zombie-Apokalypse hätte die Sprinterin Marion Jones mehr Chancen zu überleben als Dwayne "The Rock" Johnson. Felsen sind gute Zielscheiben.

Weibliche Hilflosigkeit wurde uns in den Achtzigern und Neunzigern immer noch vorgelebt, durchbrochen von überstarken Action-Heldinnen. Während Pretty Woman Julia Roberts ihr Leben durch ihre absolute Kompatibilität zu einem reichen Playboy verbesserte, retteten Sarah Connor und Ellen Ripley diverse Welten. Action-Heldinnen unterschieden sich oft nur im Outfit von ihren männlichen Pendants. Auch sie waren aggressiv, hatten tiefe Stimmen und kämpften mit roher Gewalt alleine gegen Monsterhorden.

Was allen Frauenfiguren abging, den Hilflosen ebenso wie denen mit Bizeps: Solidarität! Auch das hat Tradition: Bereits Schneewittchens böse Stiefmutter hat uns gelehrt, dass Frauen keine Konkurrentinnen dulden. In einer Welt, in der wahre Stärke nur der zeigt, der sich seinen Platz ganz alleine erkämpft, fühlt sich Solidarität ohnehin wie Schummeln an. Simone de Beauvoir beschreibt in Das andere Geschlecht, warum es Frauen schwerfällt, sich als ein "wir" wahrzunehmen. Frauen lebten, anders als andere Minderheiten, verstreut unter Männern, enger angebunden an ihre Brüder, Väter und Ehemänner als an andere Frauen. Warum sollten sie also fremde Frauen zu ihren Verbündeten machen, und dann eventuell sogar noch im Kampf gegen die eigene Familie?

Als Kind – hochgebildet durch Hollywoodfilme – kannte ich noch einen anderen Grund, warum man Frauen nie als Partnerinnen ins Boot holen sollte: Wer garantierte mir, dass sie im Eifer des Gefechts nicht alle reihenweise auf ebener Fläche ausrutschten und dann einfach wild durcheinanderschrien?

Natürlich nimmt man auch als Kind Filme nicht für absolut bare Münze. Natürlich weiß man, dass das echte Leben anders aussieht. Und natürlich lernte ich auch als Kind eine Menge toller Mädchen kennen, die witzig, clever und solidarisch waren. Manchmal hätte ich mir aber gewünscht, ich hätte für diese Lektion nicht erst hundert Jahre Hollywood-Geschichte durchschauen müssen. Zumal ich auch im "ernsten" Fernsehen, also den Nachrichten, nur die Geschichten von Männern sah. Meine Familie kommt ursprünglich aus Afghanistan, der Afghanistankrieg war also ständiger Begleiter meines Lebens. In den Tagesthemen wurde mir der Krieg als Kampf edler männlicher Krieger dargestellt, die die Freiheit des Westens gegen die gottlose Sowjetunion verteidigten. Leid und Mut der (afghanischen) Frauen war auch in den Nachrichten kein Thema.

Deswegen freut es mich umso mehr, dass ich heute mit meiner Tochter ganz andere Geschichten anschauen kann. Nicht unbedingt die sexy Superheldinnen, die im Minirock und mit hohen Stiefeln durch die Gräben von Verdun tänzeln, um ihre All-American-Liebhaber zu retten. Sowohl im Marvel- als auch im DC-Universum setzt man zum Teil immer noch auf das Konzept: "Eigentlich könnte dieser Held auch ein Mann sein, aber wir brauchen mehr Brüste!"

[...] Die alten Filme schauen wir übrigens trotzdem weiter. Ich hänge an den Klassikern und kann ihnen auch viel Gutes abgewinnen. Und wenn sie nur als Beispiel dafür dienen, wie weit wir es schon gebracht haben. So staunte meine Tochter nicht schlecht, als sie in Liebesgrüße aus Moskau sah, wie Sean Connery völlig ungeniert seiner Liebschaft eine Ohrfeige gibt. Als die Frau kurz darauf Sean Connery ihre Liebe gesteht, fiel meine Tochter fast vom Sofa. Meinem Mann und mir war diese Szene als Kinder nie aufgefallen. Auch im Film ist diese Form der häuslichen Gewalt nichts, was thematisiert wird. Just another day in the life of James Bond. ...


Aus: "Frauenbild im Film: Schön, unnahbar und nicht überlebensfähig"  Jasamin Ulfat-Seddiqzai (29. Januar 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2021-01/frauenbild-film-kino-vorbilder-actionheldinnen-weiblichkeit-emanzipation-gleichstellung/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2021-01/frauenbild-film-kino-vorbilder-actionheldinnen-weiblichkeit-emanzipation-gleichstellung/komplettansicht)

QuoteHirnbrei #57

Wer sich am Frauenbild in Indiana Jones stört sollte mal besser gleich einen großen Bogen um die die ganzen US-"Kultserien" der 80er Jahre machen. Da graust es streckenweise selbst mich als Mann. ...



QuoteCosmologic #9

Schöner Artikel. Aber: Diese Mainstream-Popcornfilme generell zur Analyse von "Frauenfiguren" herzunehmen, greift mir viel zu kurz. Also quasi nur die eigene Beobachtung herzunehmen. Filme beginnen ja etwas vor den quietschdummen 1980ern und der Indie-Reihe. Frauen waren extrem tough schon in den PreCode-Filmen der 1930ern (mit queeren Charekteren nur so voll). Dann die propagandistischen 1940er und die verklemmten 1950er usw. mit eher dämlichen Charakteren beiden Geschlechts. ...


Quoteviolettagetyourgun #9.2

Ich liebe die Filme und die Schauspielerinnen der 30 er Jahre. In den Pre-Code Filmen, den Screwball Comedies und den großen Dramen sind sie klug, emanzipiert, tough, witzig, sexy und im Geschlechterkampf nicht auf den Mund gefallen.

Katherine Hepburn, Marlene Dietrich, Mae West, Joan Crawford, Barbara Stanwyck, Carole Lombard, Claudette Colbert, Ginger Rogers, usw.

In den 40 er Jahren im Film Noir durften sie richtig böse sein ( Der schwarze Spiegel , Der Fall Paradin )oder mutig, und dem geliebten Mann das Leben retten ( Zeuge gesucht ).

Danach wurden die interessanten weiblichen Charaktere weniger, ganz furchtbar der deutsche Film.

Schwarzwaldmädel, Sekretärinnen, Frauen, die geheiratet werden wollten oder selten dämlich durch Abenteuerfilme stolperten.

Langweilig.

Von den " neueren " Filmen interessant fand ich die Alien Reihe, Nikita, Kill Bill,
Jackie Brown, Columbianaa, Salt, da lassen Frauen es mal krachen.

Sie brechen mit den alten Sehgewohnheiten.

Dennoch, von den Hollywood Klassikern der 30 er fühle ich mich wesentlich besser und intelligenter unterhalten.


QuoteZeitleser_Heidelberg #10

Ellen Ripley ist smart, antizipativ und gerissen. Ellen Ripley ist sehr solidarisch. Mit ihrer Crew, später mit den Kolonisten, vor allem mit dem Mädchen Rebecca, wieder später mit der als weiblich vorgestellten Figur Call (Winona Ryder), und immer und zuletzt mit der ganzen Menschheit. ...


Quoteherr.insekt #12

Wer aktionhelden als Vorbild nimmt, der möchte auch Dinosaurier züchten. Aber irgendwann ist man drüber hinaus. Deshalb sind auch nur äußert wenige männliche Jugendliche Indiana Jones geworden.


Quoteamc #18

Meine erste TV Heldin war Emma Peel !! Endlich eine, die nicht in Highheels flüchtete und dabei hysterisch rumkreischte (damit der Verfolger auch immer weiss, wo genau gerade hin gestolpert wird).


QuoteNelya #19

Mir ging es als Mädchen auch so wie der Autorin. Abenteuer, Action - supergerne! Aber bitte keine Frauen. Erst Jahre später fiel mir auf, dass es an der furchtbaren Darstellung der Frauenfiguren lag - oft schwach / dumm / sexualisiert / nervig usw. Ist mittlerweile zwar etwas besser geworden, aber auch leider oft genug immer noch so.


QuoteTaranis #20

Uns war klar, dass die Frauen auf der Leinwand mit uns nichts gemeinsam hatten: Und das soll bei den völlig überzeichneten Männerrollen anders sein? Völliger Quatsch, die haben mit Männern aus der Realität auch nichts gemeinsam. Vielleicht sollte man einfach aufhören seine Rollenbilder in völliger Fiktion zu suchen. Das geht nie auf.

Auch eigenartig finde ich die Beschwerde: "Eigentlich könnte dieser Held auch ein Mann sein"

Was denn nun, soll das Geschlecht irrelevant sein, dann ist es eben auch so, dass Rollen inhaltlich sowohl von Männlein als auch Weiblein gespielt werden können, oder soll man doch weiter anhand des Geschlechtes locker flockig, sexistisch unterscheiden? Für einen Standpunkt müsste man sich schon mal entscheiden.


QuotePaul Freiburger #20.1

Die Heldenrolle ist für die Jungs allerdings schmeichelhafter, eine Identifikationsfigur für die männlichen Zuschauer: Feinde besiegen, schöne Frau aus Not retten und gewinnen.
Natürlich ist das Illusion, nichtsdestotrotz wirksam.

...


QuotePaul Nemo #28

Bei den jungen Feministinnen hat man häufiger das Gefühl, dass sie über die Errungenschaften der Gleichberechtigung im (West)Deutschland der 1970er und 80er Jahre schlecht informiert sind, weil sie diese Zeit nicht erlebt haben. Deshalb ziehen sie alte Klischees heran, die schon nach 1968 weitgehend überholt waren. Sie versuchen medienwirksam einen Kampf zu imitieren, den ihre Mütter bereits erfolgreich ausgefochten haben ...


QuoteGinger_Collins #28.1

Erlebe ich genau so.
Die Frauen waren schon mal weiter.
Und auch freier.

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QuoteNidra #38

Danke, endlich. Eine schöne, klare Zusammenfassung meiner Gedanken und Gefühle beim Filme gucken. Frauen sind nicht vorhanden, zu doof zum Geradeauslaufen und / oder völlig mit sexy sein beschäftigt. ...


QuoteGequirlter Quark #40

Kam echt drauf an was man sich angesehen hat

Also ich fand ,, Miss Marple" immer super. Oder Bette Davis mit Joan Crawford. Es gab auch jede Menge selbstbestimmte Frauenrollen in französischen Filmen , unabhängig von BB
Ansonsten volle Zustimmung - Diese ständig kreischenden Frauen waren unerträglich. Aber das haben wir damals schon nicht ernst genommen.



Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 03, 2021, 10:13:19 AM
"Femizide in Italien:Sieben Tage, sieben Frauenmorde" Ein Artikel von Barbara Bachmann (2.2.2021)
Im Januar 2020 wurden in Italien an sieben Tagen sieben Frauen ermordet aufgefunden. Unsere Autorin hat sich auf Spurensuche begeben. ... Die sieben Frauen wurden auf unterschiedliche Arten getötet, unterschiedliche Hintergründe verbergen sich hinter ihren Geschichten. Zwei von ihnen teilen den Vornamen Rosalia, und allen gemeinsam ist ein Fakt, der auf einen Großteil der Frauenmorde zutrifft: Die Frauen kannten ihre Mörder. In den allermeisten Fällen besaßen sie denselben Wohnungsschlüssel. So wie in der letzten Januarwoche 2020 fanden auch in den Jahren zuvor in Italien die meisten Verbrechen zu Hause statt, hinter verschlossenen Türen. 2018 wurden 78 Frauen in Italien, bei einer Gesamtzahl von 60,5 Millionen Einwohnern, durch ihren Ehemann, Lebensgefährten, Expartner getötet.
In Deutschland waren es im gleichen Jahr 122 Frauen, die durch ihre Partner ums Leben kamen. Im Verhältnis zur Bevölkerungsanzahl ist die Rate in Deutschland damit höher als in Italien. (1:775.641 Einwohner in Italien; 1:680.327 Einwohner in Deutschland). Vergleicht man die Femizid-Rate mit dem weiblichen Bevölkerungsanteil, liegt Italien mit seinen Zahlen unter dem europäischen Mittelwert.
https://taz.de/Femizide-in-Italien/!5744030/ (https://taz.de/Femizide-in-Italien/!5744030/)

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Quote19.46 Uhr: Nach den tödlichen Schüssen in der Innenstadt von Wiesbaden am Montagmorgen (01.02.2021) dauern die Ermittlungen der Polizei weiter an. Die schwer verletzte Schwester der getöteten Frau sei nach wie vor nicht vernehmungsfähig, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag (02.02.2021). Auch die Ergebnisse der Obduktionen stünden weiterhin aus.

Bei dem Femizid in Wiesbaden, hatte ein 56 Jahre alter Mann nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich zuerst seine 49 Jahre alte Ehefrau erschossen, danach deren 48 Jahre alte Schwester schwer am Kopf verletzt und anschließend sich selbst getötet. Die Polizei geht nach eigenen Angaben von ,,familiären Problemen als Tatmotiv" aus. ...


Aus: "Femizid in Wiesbaden: Mann tötet Ehefrau nach Trennung" Joel Schmidt, Marcel Richters (03.02.2021)
Quelle: https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/wiesbaden-schuesse-innenstadt-femizid-ehe-familie-zwei-tote-schwerverletzte-polizei-zr-90186884.html (https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/wiesbaden-schuesse-innenstadt-femizid-ehe-familie-zwei-tote-schwerverletzte-polizei-zr-90186884.html)

Anzahl der Opfer von Mord und Totschlag in Partnerschaften
https://de.wikipedia.org/wiki/Mord_(Deutschland)#Anzahl_der_Opfer_von_Mord_und_Totschlag_in_Partnerschaften (https://de.wikipedia.org/wiki/Mord_(Deutschland)#Anzahl_der_Opfer_von_Mord_und_Totschlag_in_Partnerschaften)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 11, 2021, 07:46:52 PM
Quote[...] Gina-Lisa Lohfink (* 23. September 1986 in Seligenstadt, Hessen) ist ein deutsches Model. Bekannt wurde sie 2008 durch ihre Teilnahme an der dritten Staffel von Germany's Next Topmodel. Seitdem wirkte Lohfink in verschiedenen Formaten des Reality-TV mit. Gelegentlich tritt Lohfink auch als Moderatorin, Schauspielerin und Sängerin in Erscheinung.

Im Sommer 2016 stellte sie nach Veröffentlichung eines Amateurpornos, auf dem zwei Männer sexuell mit ihr verkehrten, Strafanzeige wegen Vergewaltigung. In der Folge wurde sie wegen falscher Verdächtigung angeklagt und letztlich rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 250 Euro verurteilt.[1] Der Fall bewirkte große mediale Aufmerksamkeit und eine breite öffentliche Debatte, nicht zuletzt um das Sexualstrafrecht.

... 2008 erschien ein Amateurporno mit Aufnahmen von Lohfink und ihrem vormaligen Partner Yüksel D., der über zehn Millionen Mal heruntergeladen wurde.[45] Lohfink gibt an, mit der kommerziellen Veröffentlichung der privat gemachten Aufnahmen nicht einverstanden gewesen zu sein. Versuche, die Verbreitung des Videos und die Berichterstattung darüber zu unterbinden, seien nicht erfolgreich gewesen.[46]

Im Sommer 2012 wurde ein Video verbreitet, das Lohfink beim Sex mit zwei Männern zeigt. Später wurden weitere Videosequenzen auf einem Handy als Beweismittel sichergestellt; nur ein Teil der insgesamt 12 Sequenzen sind als Videoclip im Internet zu finden.[47] Die Videos wurden teils bei Nacht aufgenommen, teils als es taghell war.[48]

Rechtsanwalt Burkhard Benecken erklärte, dass Lohfink erst nachdem sie das Video von sich gesehen hatte zu der Annahme kam, dass es sich um eine sexuelle Straftat handeln könnte. Dies würde die liebevollen Botschaften an Pardis F. erklären, die nach der angeblichen Tatnacht ausgetauscht wurden.[49] Daraufhin erstattete sie gegen die Männer Anzeige und behauptete, sie habe die Vermutung, mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt worden zu sein. Die Männer erhielten Strafen aufgrund widerrechtlicher Verbreitung der Videoaufnahmen. Der Vorwurf der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung wurde im folgenden Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten jedoch von der Staatsanwaltschaft fallen gelassen. Ein toxikologisches Gutachten hatte anhand des sichergestellten Videomaterials und der Aussagen von Lohfink keine Anhaltspunkte für die Verabreichung von K.-o.-Tropfen ergeben.[50] Der Gutachter beschrieb Lohfink als wach, aktiv, orientiert. Auch bei den sexuellen Handlungen konnte er keine Störung der Wachheit, der körperlichen Koordination oder der Orientierung feststellen.[51]

Lohfink erhielt daraufhin aufgrund falscher Verdächtigung nach StGB §164 der zwei Männer einen Strafbefehl in Höhe von 60 Tagessätzen je 400 Euro (24.000 Euro).[52] Gegen diesen legte Lohfinks Anwalt Einspruch ein.[53] Die von Lohfink beschuldigten Männer stellten gegen sie Strafanzeige wegen Verleumdung und Beleidigung.[54] Im Amtsgericht Tiergarten wurde sie am 22. August 2016 zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen je 250 Euro (20.000 Euro) wegen falscher Verdächtigung verurteilt.[55] Im Revisionsverfahren am 10. Februar 2017 wurde die Verurteilung Lohfinks wegen Falschverdächtigung rechtskräftig bestätigt; nur die Berechnung der Höhe der Tagessätze wurde als fehlerhaft und damit neu festzulegen erkannt, dieselbe Summe in der Neuberechnung jedoch bestätigt.[56]

Der Fall wurde medial breit rezipiert und kontrovers kommentiert.[57] Lohfink galt manchen als ,,Sinnbild für eine überfällige Reform des Sexualstrafrechts", andere Stimmen verwiesen auf die Vereinnahmung durch Politik und feministische Vertreter: ,,Von der Trash-Ikone zum neuen Symbol der Feministinnen: Gina-Lisa Lohfink, das It-Girl und Model, wird von allen benutzt."[58] Der Richter kritisierte Lohfink: ,,Sie haben sich öffentlich als Verteidigerin der Frauenrechte geriert. Aber allen wirklichen Vergewaltigungsopfern haben Sie einen Bärendienst erwiesen."[59][60][61] Staatsanwältin Corinna Gögge sagte, der Fall sei ,,eine Verhöhnung und Irreführung aller Frauen und Männer, die tatsächlich Opfer einer Straftat geworden sind".[62] Besonders kritisiert wurde in den Medien auch die Rolle des Anwalts Burkhard Benecken, dem über die schlagzeilenreiche Verteidigung von C-Promis vor allem daran gelegen sei, seinen Bekanntheitsgrad zu steigern.[63]

Der Journalist und Jurist Christian Bommarius kritisierte die vorschnelle Solidarisierung von Politikerinnen wie Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit Lohfink und schrieb: ,,Lohfink ist wegen falscher Verdächtigung verurteilt worden – das Urteil dürfen ihre Unterstützerinnen auch auf sich selbst beziehen."[64] Schwesig hatte u. a. die Twitter-Gruppe Team Gina Lisa mit eigenen Tweets unterstützt[65], was auch in anderen Medien kritisch kommentiert wurde.[66] Kritik an Schwesig und den Demonstrationen vor dem Gerichtssaal kam auch vom Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes Jens Gnisa, der dazu aufforderte, solche Debatten ,,mit weniger Emotionen und mit mehr Sachkenntnis" zu führen.[67]

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https://de.wikipedia.org/wiki/Gina-Lisa_Lohfink#Auseinandersetzungen_und_Strafverfahren (https://de.wikipedia.org/wiki/Gina-Lisa_Lohfink#Auseinandersetzungen_und_Strafverfahren) ( 7. Februar 2021)

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the implausible grrrrl @verclairt
Einer der Männer, die Gina Lisa Lohfink vergewaltigt haben, wird wegen "Vergewaltigung, Körperverletzung und Nötigung [...], außerdem den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln" angeklagt - alles Dinge, die ihm auch im Kontext seiner vergangenen Tat vorgeworfen werden können.
8:47 nachm. · 10. Feb. 2021
https://twitter.com/verclairt/status/1359589778975506437 (https://twitter.com/verclairt/status/1359589778975506437)


"»Stealthing«-Prozess in Berlin Mann aus Lohfink-Verfahren wegen Vergewaltigung vor Gericht" Ansgar Siemens (10.02.2021)
In Berlin steht ein Mann vor Gericht, weil er beim Sex mit einer Prostituierten das Kondom abgenommen haben soll – ohne Einverständnis der Frau. Der Mann war 2016 eine zentrale Figur im Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink. ... Laut Anklage, die dem SPIEGEL vorliegt, hat V. beim Sex mit einer Prostituierten gegen den Willen der Frau das Kondom abgezogen. Als die Frau den Verkehr daraufhin abrupt beendete, soll V. sie auf den Hinterkopf geschlagen haben. Der Anklage zufolge versuchte er, die Frau am Verlassen der Wohnung zu hindern. Sie schaffte es den Angaben zufolge dennoch und erstattete Anzeige. ... 2012 hatte Gina-Lisa Lohfink ausgesagt, V. habe gegen ihren Willen Sex mit ihr gehabt. Die Staatsanwaltschaft glaubte ihr nicht und warf ihr falsche Verdächtigung vor. Der Verkehr sei einvernehmlich gewesen. Weil Lohfink einen Strafbefehl nicht akzeptieren wollte, stand sie im Sommer 2016 vor Gericht. Das Verfahren fand in der Öffentlichkeit große Resonanz. ...
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-mann-aus-verfahren-gegen-gina-lisa-lohfink-wegen-vergewaltigung-vor-gericht-a-5f840512-0084-4281-ac38-860744b9fb52 (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-mann-aus-verfahren-gegen-gina-lisa-lohfink-wegen-vergewaltigung-vor-gericht-a-5f840512-0084-4281-ac38-860744b9fb52)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 16, 2021, 12:10:37 PM
Quote[...] For all the talk of young people misinterpreting porn, fully grown adults routinely fail to grasp the distinction between fantasy and reality, or else fear the power of the former. Nowhere is that more evident than the current resurgence of morally and religiously motivated attacks on porn that some have described as a "holy war", and which has been devastating for sex workers.

... Often, sex workers are discouraged from speaking out to begin with, "for fear that our opponents will use our trauma against us to further crack down on our industry", as Selena the Stripper writes in the new anthology We Too: Essays on Sex Work and Survival.

https://www.feministpress.org/books-n-z/we-too (https://www.feministpress.org/books-n-z/we-too)

... Fantasies themselves are often driven by moral prohibition. In his survey of thousands of Americans, Kinsey Institute researcher Justin Lehmiller found that some of the most common sexual reveries involved themes of multiple partners, power, taboo and erotic flexibility. "To me, this collection of themes suggests that the American id is primarily characterized by desires to break free from cultural norms and sexual restraints," he writes in his book Tell Me What You Want: The Science of Sexual Desire and How It Can Help You Improve Your Sex Life, noting that the majority of Americans are brought up with narrow and idealized notions of heterosexual, monogamous, cisgender, procreative sex.

Fantasies are an escape hatch – and so much more. They can symbolically process hopes and fears, pleasure and trauma, like only the richest of dreams. They certainly can't be interpreted literally or predictably.

The therapist Esther Perel, author of Mating in Captivity: Unlocking Erotic Intelligence, calls fantasy the "central agent of the erotic", noting that it can "connect us to hope, playfulness, and mystery." She goes so far as to write: "I believe, if we didn't have fantasy, we couldn't live."

...


From: "My porn life: what my years as a sex writer taught me about my desires" Tracy Clark-Flory (Tue 16 Feb 2021)
Source: https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2021/feb/16/want-me-tracy-clark-flory-excerpt-sex-writer-reporter (https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2021/feb/16/want-me-tracy-clark-flory-excerpt-sex-writer-reporter)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 22, 2021, 06:26:50 PM
"Half of men have had unwanted sexual experiences, UK study finds" (Kevin Rawlinson, Tue 16 Feb 2021 15.39 GMT)
About half of men have had an unwanted or non-consensual sexual experience, research suggests, as a leading charity calls for more attention to be paid to sexual abuse survivors who identify as male.
Mankind UK said many men who had such experiences often felt unable to talk about them and often took decades to tell anyone what had happened to them.
"I didn't want to believe that it had happened. I wanted to deny that it had happened," said the playwright Patrick Sandford, who for a quarter of a century told no one about the abuse he suffered as a schoolboy.
Sandford told the Guardian he spent decades fearing being stigmatised if he spoke out. "There is this huge thing that if a man admits to having had some kind of sexual victimhood, that is seen as weak."...
Savanta ComRes interviewed 1,011 UK male adults aged 18 or older online from 5 to 7 February 2021. It said 1,174 men were asked if they were happy to answer the question, with 163 declining and the rest answering. The data was weighted to be representative of population by age, region and social grade. ...
https://www.theguardian.com/society/2021/feb/16/half-men-unwanted-sexual-experiences-uk-study-mankind (https://www.theguardian.com/society/2021/feb/16/half-men-unwanted-sexual-experiences-uk-study-mankind)

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Quote... Die Nationalsozialisten verfolgten Homosexuelle. Doch der schwule Autor Friedo Lampe arrangierte sich mit ihnen. Ein Buch erzählt sein zerrissenes Leben.  ...  Friedo Lampes Roman ,,Am Rande der Nacht" ist selber ein Tanz, wie in einem Reigen begleitet er seine nur lose miteinander verbundenen Figuren von der Dämmerung bis zum Morgengrauen.
Lampe erzählt artistisch und avantgardistisch, Christopher Isherwoods Bekenntnis ,,I am a camera" gilt auch für ihn. Ihm schwebten ,,lauter kleine, filmartig vorübergleitende, ineinander verwobene Szenen" vor. Das Buch kam Ende 1933 im Rowohlt Verlag heraus. Kurz darauf wurden alle noch nicht verkauften Exemplare aus ,,sittlichen Gründen" von der Gestapo beschlagnahmt und eingestampft.
Denn zentrale Protagonisten des Romans sind erkennbar schwul, schwärmerisch wird die Schönheit des männlichen Körpers beschrieben. Suspekt war den Zensoren auch die Liebe zwischen einer Deutschen und einem Schwarzen. Ob sein Text ,,sehr anstößig" sei, hatte Lampe einen Freund in einem Brief gefragt und hinzugesetzt: ,,Ich habe Angst." Angst davor, dass sein Debüt als Coming-Out verstanden werden könnte.  ,,Am Rande der Nacht" gilt inzwischen als Klassiker der deutschen Zwischenkriegsmoderne. Der französische Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano erzählt in seinem Roman ,,Dora Bruder" von Lampes Bedrängnis. Nun ist eine Biografie über den Schriftsteller erschienen, die sein Werk preist und sein zerrissenes Leben schildert. Denn Lampe verstand sich zwar als unpolitisch, doch als Homosexueller musste er zwangsläufig mit der Politik in Konflikt geraten.
Den Paragraph 175, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte, verschärften die Nationalsozialisten 1935. Etwa zehntausend Homosexuelle landeten im Konzentrationslager, 1942 wurden Zwangssterilisationen ,,legalisiert". Lampe war bedroht, sein Biograf Johann-Günther König spricht von einem ,,Damoklesschwert". Aber der Schriftsteller arrangierte sich mit dem Regime an, er machte sogar Karriere.
Friedo Lampe, Jahrgang 1899, war in einer gut situierten Patrizierfamilie in Bremen aufgewachsen, der Stadt, wo später ,,Am Rande der Nacht" spielen sollte. Nach einem ,,Bummelstudium", das er mit einer Dissertation über den Rokoko-Dichter Goeckingk abschloss, ließ er sich zum Volksbibliothekar ausbilden. Lampe sei von Anfang an ,,bedingungslos gegen den Nationalsozialisten eingestellt" gewesen, attestiert ihm eine Freundin nach dem Krieg. Der Autor Axel Eggebrecht rechnet ihn der ,,stillen Opposition" zu.
Wie passt es dazu, dass Lampe 1935 zum Leiter der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen aufsteigt? Dort beteiligt er sich an der angeordneten ,,Säuberung" der Bibliotheksbestände von ,,zersetzender, art- und volksfremder Literatur". Bereits ab April 1933 ist er Mitglied einer ,,Kommission für auszusondernde Bücher".
Mehr als 5000 Bücher landen auf dem Index, darunter auch Werke von John Dos Passos, mit dessen Montagetechnik Friedo Lampes Debütroman in zeitgenössischen Rezensionen verglichen wurde, und von Kurt Pinthus, der seinen Stil als ,,Gedichte in Prosa" lobte. Wenig spreche dafür, dass sich Lampe als Volksbibliothekar gegen die Barbarei gewehrt hab, urteilt König. Ein verbotener Autor, der selbst mitmachte beim Verbieten.
Im Privaten war Friedo Lampe mutiger. ,,Der Dichter träumt von wölfischen Zeiten – aber draussen ist wölfische Zeit noch immerzu!", schreibt er ins Gästebuch von Hans Fallada, der im mecklenburgischen Örtchen Carwitz haust. Lampe arbeitet ab 1937 als Lektor des Rowohlt Verlags in Berlin, sein wichtigster Klient ist Fallada. Der finanziell angeschlagene Verlag hofft, sich mit dem Roman ,,Wolf unter Wölfen" des Bestsellerautors zu sanieren.
Rowohlt ist nicht nur wirtschaftlich bedroht, das Unternehmen steht unter Beobachtung. 1933 war die Hälfte seiner lieferbaren Bücher verboten und verbrannt worden. Jüdische Mitarbeiter wie der Lektor Franz Hessel konnten heimlich weiterarbeiten. Verleger Ernst Rowohlt wurde 1938 wegen ,,Tarnung jüdischer Schriftsteller" aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen, was einem Berufsverbot gleichkam. Er emigrierte vorläufig nach Brasilien.
In Lampes zweitem Roman ,,Septembergewitter" gleitet ein Heißluftballon durch den norddeutschen Himmel. Von dort stürzt die Erzählung wie mit der Filmkamera hinab in eine Stadt, zu einer Kinderbande, auf einen Exerzierplatz und in einen Park, wo eine Frau ermordet wurde. Das Buch wird bei seinem Erscheinen im Jahr 1937 kaum beachtet, ebensowenig wie der magisch-realistische Erzählband ,,Von Tür zu Tür" (1944). ,,Ich habe eben immer Pech mit meinen Büchern", klagte Lampe.
Eins hatte er aus dem Desaster von 1933 gelernt: Künftig vermied er jede ,,anstößige" Stelle, alles, was als Anspielung auf Homosexualität gedeutet werden könnte. Der Schriftsteller sah bereits ,,die Sittenpolizei vor meiner Tür" stehen. Beinahe wäre es tatsächlich dazu gekommen. 1943 wurde Lampe von einem Strichjungen erpresst. ...

[Johann-Günther König: Friedo Lampe. Eine Biographie. Wallstein Verlag, Göttingen 2020. 388 S.]

Aus: "Opposition und Mitläufertum Friedo Lampe schrieb schwule Literatur – und machte im NS Karriere" Christian Schröder  (09.03.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/opposition-und-mitlaeufertum-friedo-lampe-schrieb-schwule-literatur-und-machte-im-ns-karriere/26985362.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/opposition-und-mitlaeufertum-friedo-lampe-schrieb-schwule-literatur-und-machte-im-ns-karriere/26985362.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 10, 2021, 01:13:58 PM
"USA: Arkansas verschärft Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen" (10. März 2021)
Auch nach Inzest oder Vergewaltigung sollen Schwangerschaftsabbrüche im US-Bundesstaat Arkansas verboten werden. Bürgerrechtler kritisieren das als grausam. ... Im US-Staat Arkansas soll ein fast vollständiges Verbot für Schwangerschaftsabbrüche in Kraft treten. Gouverneur Asa Hutchinson unterzeichnete ein Gesetz, das diese Abbrüche nur noch bei Gefahr für das Leben der Mutter erlaubt. Ausnahmen für Schwangerschaften nach Vergewaltigung oder Inzest sind nicht mehr vorgesehen. Arkansas ist einer von mindestens 14 US-Staaten, in denen Abgeordnete umfassende Verbote für Schwangerschaftsabbrüche eingebracht haben.
Unterstützer der Maßnahme in Arkansas hoffen, dass sie den obersten US-Gerichtshof dazu zwingen wird, die Grundsatzentscheidung zugunsten von Schwangerschaftsabbrüchen, auch bekannt als Roe v. Wade, auf den Prüfstand zu stellen. ...
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-03/usa-schwangerschaftsabbruch-arkansas-abtreibung-gesetz-hutchinson (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-03/usa-schwangerschaftsabbruch-arkansas-abtreibung-gesetz-hutchinson)

QuoteThe D #8

Das geht selbst mir als bekennenden Abtreibungsgegner zu weit. Bei Kindern, die durch Vergewaltigung oder Inzest gezeugt wurden, sollte eine Abtreibung legal sein. Da die Zeugung in diesen Fällen gegen den Willen der Frau geschieht, ist dies auch rechtlich unbedenklich.


Quotedie Wolkenpumpe #5

Ich denke solche Gesetze dienen, wie überall auf der Welt, nur dazu bigotten Fundamentalisten ihre Vorstellungen einer männlich dominierten Welt ins Werk zu setzen. Ihre geradezu mittelalterlich anmutende Rückwärtsgewandtheit ist auch Ausdruck einer tief sitzenden Angst vor einer immer komplexer erscheinenden Welt.


QuotePlatero #14

Im 21.Jh sollte man davon ausgehen, dass Frauen selbst entscheiden können, ob das
zukünftige Leben mit Kind für Beide lebenswert sein wird. ...


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 14, 2021, 03:37:40 PM
Quote...

Anna Fastabend: Wer sucht Hilfe bei Ihnen?

Eva Hubert: 85 Prozent sind Frauen, der Rest Männer.

...

Anna Fastabend:  Von wem gehen die Grenzübertritte üblicherweise aus?

Eva Hubert: Bei den 177 Fällen gingen 126 von Höhergestellten und Vorgesetzten aus, 44 Fälle ereigneten sich auf gleicher Ebene und 7 Fälle auf einer Ebene darunter. Das klassische Schema ist demnach schon, dass jemand aus einer Machtposition heraus sexuelle Gefälligkeiten erpresst.

...


Aus: "Eva Hubert über Sexismus am Theater: ,,Die Grenzen verschwimmen"" (13.3.2021)
Quelle: https://taz.de/Eva-Hubert-ueber-Sexismus-am-Theater/!5754697/ (https://taz.de/Eva-Hubert-ueber-Sexismus-am-Theater/!5754697/)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on March 23, 2021, 01:44:43 PM
Quote[...] Es gibt diese schöne Kurzgeschichte von Italo Calvino mit dem Titel Der nackte Busen, in der ein Herr Palomar am Strand spazieren geht. Herr Palomar sieht eine Frau, die oben ohne in den Dünen liegt und sich sonnt. Während er an ihr vorbeigeht, starrt er stur geradeaus, damit sich die Frau nicht gestört fühlt durch seine Anwesenheit.

Im Nachhinein ärgert sich Herr Palomar aber, denn erstens hat er das Gefühl, dass das eine ganz schön verklemmte Aktion von ihm war, und zweitens hätte er einfach gern geguckt. Zum Glück liegt die Frau immer noch in der Sonne, als Herr Palomar auf dem Rückweg ist. Diesmal schaut er ihr ganz beiläufig auf die Brüste, so, wie er zuvor auch die Wellen, die Wolken, die Bäume betrachtet hat.

Auch das aber scheint Herrn Palomar nicht das richtige Verhalten zu sein. Brüste sind doch nicht das Gleiche wie Bäume. Sie sind doch viel mehr, sie nicht zu feiern, ist in Wahrheit ein Ausdruck der Prüderie und der männergemachten Ordnung der Welt, die das Weibliche nicht würdigt.

Er nimmt also seinen Mut zusammen, dreht um und läuft ein drittes Mal an der Frau vorbei, diesmal ihren Busen mit Ehrfurcht und Freude und ohne Hemmung anstarrend. Die Frau schnappt sich ihre Klamotten und rennt weg. Herr Palomar ist ein bisschen angepisst und denkt sich: Es ist schwer, ein aufgeklärter Mann zu sein, wie schade, dass sein reines Herz so grob missverstanden wurde.

Die Erzählung stammt aus dem Jahr 1983, aber ich finde, sie ist auch heute noch eine gelungene Parabel dafür, wie die Auseinandersetzung von Männern mit dem Thema Sexismus aussieht. Sie ist scheinheilig, oberflächlich und empathielos. Nicht selten nehmen Typen daran nur teil, um sich selbst zu bestätigen, dass sie doch ganz okay sind. Und vielleicht eine dieser heißen Feministinnen kennenzulernen.

Die #MeToo-Bewegung hat daran nichts geändert. Der Mord an der 33-jährigen Sarah E. in London wird daran nichts ändern. Die Anschläge auf die Massagesalons in Atlanta werden daran nichts ändern. Dass statistisch gesehen jeden dritten Tag eine Frau in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet wird, ändert nichts am Verhalten der Männer. Dass laut einer EU-Studie jede vierte Frau in Europa irgendwann in ihrem Leben Opfer sexueller Gewalt wird, dass Frauen bei fast jedem Besuch in einer Bar, in einem Club sexuell belästigt werden, ändert daran nichts. Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer laut BKA zu mehr als 98 Prozent weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es 89 Prozent. Experten schätzen, dass überhaupt nur fünf bis 15 Prozent der Frauen, die solche Vorfälle erleiden müssen, diese zur Anzeige bringen. Trotz all dieser Zahlen: Dass Frauen sich permanent mit Fragen der eigenen Sicherheit [https://www.zeit.de/zeit-magazin/2021-03/sexismus-frauen-joggen-cat-calling-belaestigung-angst-erfahrung (https://www.zeit.de/zeit-magazin/2021-03/sexismus-frauen-joggen-cat-calling-belaestigung-angst-erfahrung)] beschäftigen müssen, fällt Männern meist noch nicht mal auf. Geschweige denn, dass sie sich fragen, welche Rolle sie selbst dabei spielen. Männer leben in einer anderen Welt als Frauen.

Während ich das schreibe, fühle ich zwei Dinge: Scham und Verwirrung.

Scham, weil ich nicht besser bin als die Männer, über die ich hier rede. Ich meine das nicht als Floskel, das ist kein Trick aus dem Rhetorikhandbuch. Bis auf ein paar Versuche im Privaten, mich mit Sexismus zu beschäftigen, habe ich nichts vorzuweisen. Und ohne Bezahlung würde ich diesen Text nicht schreiben, so ehrlich muss ich dann wohl auch sein, das hier ist kein altruistischer Dienst in Sachen Geschlechtergerechtigkeit.

Scham, weil ich das Gefühl habe, den Raum für diesen Text sollte jemand in Anspruch nehmen dürfen, der sich besser mit dem Thema auskennt. Allein die Tatsache, ein weißer cis Mann zu sein, der sich zum Thema Sexismus äußert, reicht offenbar aus, als Autor angefragt zu werden. Während meine Freundin die Wohnung putzt. Das ist kein Witz. Während ich über kritische Männlichkeit schreibe, putzt nebenan meine Freundin. Sie ist ebenfalls Autorin, hat zum Thema Sexismus garantiert mehr zu sagen als ich, aber ich sitze hier, bekomme den Auftrag, den sie nicht bekommt, bekomme die Honorare, die sie nicht bekommt. In jeder kreativen Branche müssen Frauen härter arbeiten als Männer, um das Gleiche zu verdienen und zu erreichen. Und in den Jobs, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, zum Beispiel in der Pflege oder im Einzelhandel, sind die Arbeitsbedingungen für sie trotzdem meist härter, die Bezahlung schlechter.

Scham, weil ich insgeheim dann doch oft genug gedacht habe, irgendwie klüger zu sein als sie. Oder besser organisiert. Besser vernetzt. Manchmal habe ich solche Dinge auch laut gesagt. Wenn ich schon die Kohle heimbringe, dann kann sie doch jetzt mal den scheiß Abwasch machen, mein Gott. Türen knallen, Suff. An irgendetwas muss es doch liegen, dass der Erfolg für mich einfacher zu haben ist? Scham, weil die Erkenntnis, dass Sexismus der wohl wichtigste Grund dafür ist, auch erst so langsam durchsickert bei mir.

Verwirrung, weil meine Partnerin und ich in Situationen wie diesen merken, wie kompliziert es ist. Die Tatsache, dass wir unsere Haushalte zusammengelegt haben, führt uns Ungleichheiten noch deutlicher vor Augen, drängt uns gleichzeitig aber oft zu einem gemeinsamen Handeln, das sexistische Handlungsmuster wiederholt. Wenn ich arbeite, verdiene ich mehr als sie. Im Moment – und dieser Moment ist bei freien Autorinnen und Autoren eigentlich immer – können wir jeden Euro gut gebrauchen, denn wir sind gerade umgezogen. So ist dieser Artikel zynischerweise ein Produkt dieser alten Rechnung: Ich gehe meinem Beruf nach, damit Geld reinkommt. Sie macht in der Zwischenzeit den Haushalt.

Es ernst zu nehmen mit dem Feminismus würde für mich konkret bedeuten, dass wir die Hausarbeit trotzdem gleich untereinander aufteilen, auch wenn ich diesen Monat wieder mal einen Artikel mehr veröffentliche als sie. Aber am Sonntagnachmittag im Radio ein Fußballspiel zu verfolgen, ist für mich dann doch wichtig genug, um zu sagen: Sorry, aber jetzt gerade ist schlecht.

Was mich wirklich profund verwirrt, ist, wie es möglich war, so lange durch diese Welt zu laufen und vom Thema Sexismus so gar keine Ahnung zu haben. Ich werde fürs Denken und Schreiben bezahlt, ich halte mich für einen einigermaßen reflektierten Typen, und mit Mitte 30 bin ich auch nicht mehr ganz neu auf der Welt. Trotzdem war es für mich absolut prima möglich, das Problem nicht nur zu ignorieren, sondern von dessen Existenz insgesamt unberührt zu bleiben. Und trotzdem ganz selbstverständlich zu behaupten, dass ich meine Partnerin liebe und meine Kolleginnen schätze. Obwohl ich offensichtlich nie Zeit und Lust hatte, ihre Perspektive der Welt zu verstehen. Dabei hat es nicht viel gebraucht, damit sich das ändert: Vor fast fünf Jahren fragte mich eine Kollegin, was ich denn so zu #MeToo denke. Ich hatte nichts zu sagen, denn das Thema hat mich nicht interessiert. Um einen Text zu schreiben, begann ich, mich mit Sexismus auseinanderzusetzen. Seitdem kenne ich erst die Zahlen, die ich weiter oben so großkotzig vorgetragen habe, und sie haben mich betroffen gemacht.

Ich fühle Scham, weil ich mich danach zwar gern zu Podiumsdiskussionen einladen und mich vom Fernsehen interviewen ließ. Mir aber nicht die Frage gestellt habe: Wo bin ich denn selbst Sexist? Im Hier und Heute, nicht in irgendwelchen selbstreflektierten Geschichten von früher, die ich eigentlich nur erzähle, um zu zeigen, dass ich doch eigentlich ein ganz feiner Kerl geworden bin? Wo bin ich selbst zum Täter geworden? Was kann ich jetzt gegen Sexismus tun – wenigstens in meinen eigenen Beziehungen? Was bedeutet es denn für die Frauen in meinem Leben, wenn ich als Mann so viele Privilegien habe? Wie wäre es denn möglich, auf meine Privilegien zu verzichten?

Ich schäme mich, weil ich honoriert werde, wenn ich mir diese Fragen stelle, während Frauen – und das ist ein ganz wesentlicher Teil des Problems Sexismus – diese Fragen unermüdlich unverständigen Männern gegenüber beantworten müssen – und doch nicht gehört werden. Eher beleidigt, ausgelacht.

Es hat fünf Jahre gedauert, bis mir meine Freundin zum ersten Mal erzählt hat, dass sie vergewaltigt wurde. Ich habe mich geschämt. Denn ich verstand intuitiv, warum sie es mir nicht eher erzählt hatte. Wahrscheinlich hätte ich scheiße reagiert. Es geschafft, es irgendwie runterzuspielen, nach ihrer eigenen Schuld zu fragen, Tipps zu geben. Vielleicht auch nicht. Aber anzunehmen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Kackreaktion meinerseits hoch war, hielt ich jedenfalls für sehr legitim.

Als die Bars noch geöffnet hatten, hatte ich einen Minijob als Barkeeper. Ich liebe es, nach einer langen Schicht am verrauchten Tresen durch die leeren Straßen des frühen Morgens zu latschen, mit ihren angekippten Fenstern und blinden Ampeln. Wenn mir unterwegs Männer begegnen, sind sie meist betrunken. Wenn mir Frauen begegnen, sind sie meist am Telefonieren. Witzig, dachte ich immer. Mit wem telefoniert man denn früh um vier?

Es hat fast acht Jahre gedauert, bis mich meine Freundin zum ersten Mal anrief, weil sie sich auf dem Nachhauseweg von einem Typ belästigt fühlte. Genauer gesagt war sie überhaupt nur auf dem Heimweg, weil der Typ sich aus 20 freien Parkbänken ausgerechnet die Bank ausgesucht hatte, um in seinem Buch zu lesen, auf der schon meine Freundin saß. Tat so, als wäre sie gar nicht da. Als sie aufstand und ging, folgte er ihr.

Es hat eine Weile gedauert, bis der Groschen fiel bei mir. Es war ein Dienstagabend, noch nicht mal dunkel, ich moderierte ein Pub-Quiz. Warum ruft sie jetzt an, fragte ich mich. Wie es mir gehe? Ja, gut, du weißt doch, ich moderiere das Pub-Quiz. Muss gleich die Fragezettel wieder einsammeln. Was ist denn?

Und selbst als sie mir erzählte, was war, war da neben Besorgnis immer noch ziemlich laut im Hinterkopf eine Stimme, die sagte: Mann, das nervt jetzt aber, ich hab doch hier zu tun. Ich entschloss mich, dranzubleiben. Und fragte mich später, warum sie vorher noch nie meine Nummer gewählt hatte in einer solchen Situation. Sicher lag es nicht daran, dass sie sich vorher nie von einem Mann bedroht gefühlt hatte. Wie die meisten Frauen hat sie für solche Fälle gute Freundinnen. Mit wem telefoniert man denn früh um vier?

Natürlich würden Männer auch etwas gewinnen, wenn wir die Gründe für den systemischen Sexismus in unserer Gesellschaft beheben könnten. Auch sie könnten ohne ihren ganzen toxischen Maskulinitätsmist freier und glücklicher werden. Sie haben aber einfach nicht genug zu verlieren, um sich ändern zu wollen. Denn das ist es, was es erfordert: sich zu ändern. An sich zu arbeiten. Das Zuhören lernen zum Beispiel. Raum aufgeben, auf dem Zweisitzer im Bus wie im Gespräch. Andere Männer mit ihrem Fehlverhalten konfrontieren. Wir alle kennen Vergewaltiger. Und fast alle kommen sie einfach davon.

Und unser Herr Palomar? Wie sollte er reagieren, wenn er früh um vier die frische Morgenluft genießend durch die leeren Straßen der Stadt schlendert, und ihm begegnet eine telefonierende Frau? Mach dich klein, Herr Palomar, halte Abstand, mach deutlich, dass du gerade nicht an ihren Busen denkst oder ihren Arsch. Sondern an ihr Gefühl, sicher zu sein, und dein Privileg, darüber bestimmen zu können.


Aus: "Sexismus: Wir sollten uns schämen" Christian Gesellmann (22. März 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2021-03/femismus-sexismus-mordfall-sarah-everard-belaestigung-maenner/komplettansicht (https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2021-03/femismus-sexismus-mordfall-sarah-everard-belaestigung-maenner/komplettansicht)

QuoteBadum-tss #9

Danke für den Artikel und die ehrliche, persönliche Einsicht!


Quotejohnny wumpe #1.18

Der Autor schämt sich auch nicht für die Taten anderer, sondern seine eigenen. Ihm ist aufgefallen, dass er sich auch selbst sexistisch verhält.
Ach so, der Titel des Artikels Wir sollten uns schämen ist demnach als Pluralis Majestatis zu begreifen. Hatte mich schon aufgeregt, lasse mich nämlich nicht gern unter Generalverdacht stellen.


QuoteJoeeee #1.19

Was genau ist denn Ihr persönlicher Beitrag?


QuoteLaraMorgenstern #1.35

Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Wir verhalten uns alle sexistisch.. und schaffen damit den Nährboden für geschlechtsspezifische Gewalt. bevor wir das nicht hinterfragen, passiert nichts. Aber klar, wir haben ja Frauenhäuser für die Opfer vewirrter Einzeltäter.


Quoteickvonhier #1.41

"Schon allein die Tatsache, dass man(n) nachts nur als Mann unbelästigt durch die Straßen gehen kann... oft trifft das auch bei Tage zu, und sich so gar nichts dabei denkt, zeigt das Problem."

Das zeigt, dass Sie das Problem gar nicht erkennen. AUCH Mann wird belästigt und wenn, dann wird deutlich häufiger als gegen Frauen Gewalt angewandt. Männer schlagen Männer deutlich häufiger als Frauen. Wie wäre es, wenn man als Gesellschaft gemeinsam etwas gegen diese aggressiven Gewalttäter täte und nicht 50% der Gesellschaft irgendeine Toxigkeit zuschreibt.


Quotewieweitwirgehn #1.42

Nein, natürlich nicht, jede Gewalt ist abzulehnen. In diesem Artikel aber geht es um Gewalt gegen Frauen....


QuoteM. Schäfer #1.48

Wegen mir gibt's Frauenhäuser jedenfalls nicht.


QuoteTzaduk #1.101

Meine Güte, hier sind aber echt viele, die einfach nicht verstehen WOLLEN. Kann ich wiederum verstehen - nicht nachvollziehen, dafür solidarisiere ich mich zu stark mit dem Autor, der sicherlich genau wusste, wie stark sein Beitrag genau die Richtigen stört. Diejenigen, die zu dem Punkt (für sich) gekommen sind, dass sie sagen: Ich brauche keinen Weltfrauentag, ich schlage keine Frauen. Diese zarten, schutzbedürftigen, hilflosen und grundsätzlich unterlegenen Wesen. Ich bin dafür intellektuell viel zu überlegen, ich kann meine Dominanz ganz anders zeigen. Zum Beispiel werde ich ja besser bezahlt, das MUSS Beweis genug sein. Und wenn nicht, dann beweise ich es eben darüber, dass ich genießen kann, wieviel Angst eine Frau unterwegs haben muss... und ich eben nicht. Aber diese Unterlegenheit muss ich halt nicht ständig raushängen lassen. Ich weiß ja dass mir in meinem Status nichts passiert...

Aber wehe, es geht dem Überlegenen an die Privilegien. ...


QuoteWarnieweg #1.125

"Mir nicht. Mich plagen keine Schuldgefühle für die Taten anderer. Fremdscham überkommt mich höchstens als unmittelbarer Zeuge."

Gerade woanders gelesen. Passt gut auf Ihr Statement: "Wenn jeder die Gelegenheit sucht, zu sagen, dass man damit nichts zu tun hat – dann wird sich für keinen etwas bewegen oder verbessern."


QuoteDonnacappuccina #1.126

Erwachsene Frauen in der Türkei, zum Beispiel? In Somalia? Syrien? China? Einfach überall auf der Welt und auch hier?
Wie entspannt kann ein Kind sein, das sieht, wenn seine Mutter oder große Schwester gedemütigt wird und sie aus Angst nichts macht, weil es einfach schon immer so war?


QuoteWarnieweg #1.153

"Die meisten Opfer von Gewalttaten sind Männer."

Die meisten Gewalttäter auch. Und Frauen werden meist Opfer von männlichen Gewalttätern.

"Den das Problem spielt sich auch in der Gefühlswelt ab, denn wenn man sich auf der Straße unwohl fühlt hat das oft nichts mit einer konkreten "Bedrohung" zu tun."

Muss es ja auch gar nicht. Einmal eine konkret gewalttätige Situation auf der Straße erlebt reicht völlig aus, um sich "unwohl" zu fühlen.


QuoteLaraMorgenstern #1.156

Also schauen Sie mal nach Homicides und Femides (denke Yearbook of Crime - vom Conseil de l'Europe schlüsselt die polzizeilich registrierten Delikte nach Geschlechtern auf). Natürlich begehen auch Frauen Verbrechen, aber tatsächlich viel seltener. Auch Männer können von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sein, sie sind das aber tatsächlich ungleich seltener.

Geschlechtsspezifische Gewalt betifft vor allem Frauen, das lässt sich in vielen Studien belegen. Schauen Sie sich mal Voträge von Prof. Sylvia Walby an. Das ist wirklich sehr erhellend.


QuoteWarnieweg #1.158

"Es sei denn von der Qualitätspresse nach der Kölner Sylvesternacht?"

Nun. Gestört hat daran die meisten doch nur, dass es keine weißen Hände waren, die da die Frauen angefasst haben. Andernfalls hört man nämlich nur, dass es sich um ein Missverständnis handele, man ja gar nicht mehr wissen, was man noch sagen dürfe etc. pp.


Quotejapanbash #1.187

"Nein. Wenn der Chef beim Meeting kritische Fragen mit " Hast du deine Tage?" kommentiert, würde ich von meinen Arbeitskollegen aber schon Protest erwarten."

Absolute Zustimmung, dümmer gehts nicht.


QuoteWanderertom #1.181

Dann gehen Sie als Mann doch mal in rosa Leggins durch die Stadt. Und berichten anschließend hier über Ihre Erfahrungen. Ich bin gespannt.


QuoteMr. Kritisch #3

Es fällt besonders Männern schwer eine gesunde Selbstkontrolle zu den eigenen Trieben zu erlangen. Das sage ich als Mann. Ich hoffe mehr Männer schaffen die Balance zu einer gesunden Selbstkontrolle. ...


QuoteWeitgedacht #3.21

Ich brauche dafür keine Lehrbücher. Ein gesundes Maß an Empathie reicht vollkommen. Nicht jeder Mann ist ein hormongesteuerter Neantertaler, der seine Triebe nur mit Mühe im Zaume hält.


Quotewieweitwirgehn #19

Ich finde das mit dem Herunterspielen und Nichtwahrhabenwollen durch die "guten" Männer, die wirklich selbst nichts Böses tun würden, besonders schlimm und würde auch diese nicht mehr ins Vertrauene ziehen. Das Arschlöcher Arschlöcher sind, ist das eine, aber wenigstens auf die anderen hätte ich gern gebaut.
Ist leider nicht...Habe vor Kurzem mal immer noch heulend meinem Freund und einem sehr guten Bekannten erzählt, dass der Doktor, der gerade bei mir einen Schilddrüsenultraschall durchgeführt hatte, seine Hände und Arme auf meinen Brüsten sehr gemütlich abgelegt hatte.
Beide haben mir bescheinigt, dass ich da wohl zu empfindlich wäre und irgendetwas herbeifantasieren würde und mich doch wieder einkriegen solle...und das sind wirklich zwei gute Männer....


QuoteOmegaPhi #19.1

Das Problem kenne ich leider auch. Mein (Ex-) Freund, der von sich behauptet, einer von den "netten" und "guten" zu sein, hat seinen betrunkenen Freund ich Schutz genommen, als der mich auf einer Feier angefasst hat. "Ist doch ok, wenn ich den jetzt trotzdem noch mag, oder?" - das war seine ganze emphatische Reaktion auf die für mich mehr als unangenehme Situation. Zum Glück ist das vorbei.


QuoteHighground #22

Ich bin überrascht, dass der der Autor denkt, wir alle würden Vergewaltiger kennen. Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass einer meiner Freunde mir etwas verheimlicht. Aber schon rein statistisch wundert mich diese Aussage.


QuoteAnd_Meier #22.1

Und ich bin überrascht, dass dies Ihre einzige Sorge ist.


Quotepamina51 #24

Wahre Worte. Männer haben keine Ahnung, was allein die potentielle physische Unterlegenheit mit einer Frau macht, nur das reine Wissen darum,morgens um 4 in den Straßen und zuhause in der Familie.
Ich hatte einen teils schwer gewalttätigen Vater. Wenn ich das später Männern erzählt habe, war die Reaktion manchmal seltsam abwehrend. Als ich hätte ich doch irgendwie was damit zu tun gehabt und als rückten sie ein Stück ab von mir. Eine Frau, die als Mädchen geschlagen wurde, ist nicht mehr so ganz meine angebetete Holde, der Vater wird schon irgendeinen Grund gehabt haben, irgendwie so in die Richtung.
Dabei dachte ich immer, die müssen doch jetzt anspringen, empört sein.
Ich erzählte ihnen das irgendwann nicht mehr.


QuoteOmegaPhi #24.1

Seltsame Reaktion, die mir leider sehr bekannt vorkommt.


QuoteLeCarlin #26

"Warum fällt es Männern so schwer, ihre Rolle dabei zu reflektieren – und ihr Verhalten zu ändern? "

Was soll diese Verallgemeinerung ?
Es gibt nicht: Die Männer.
Jeder Mensch, also auch jeder Mann, ist anders.


QuoteAnd_Meier #26.5

Beispiel für ein fragiles Ego, Nummer Tausendundeins.


QuoteSchreibturm #26.1

Gönnen Sie dem Autor doch eine Atempause, beim Kapitel Sexismus gegen Männer ist er noch nicht angekommen.



QuotePiyo #27

Danke für diesen Artikel.

Wenn ich an mein eigenes Erwachsenwerden zurückdenke, dann war Sexualität immer geprägt von ,,Eroberung". Der Mann macht den ersten Schritt. Du musst zeigen, dass du sie wirklich willst. Etc.
Und dann gab es die Erfolgskontrolle: Kannst du mit dem Mädchen knutschen? Landet ihr zusammen im Bett?

Manchmal ertapp ich mich dabei mich zu fragen, wer denn all diese Frauen belästigt und nötigt, dass so viele so negative Erfahrungen gemacht haben. Und manchmal kommt mir gar der Zweifel, ob das nicht ich war. Als dummer unerfahrener Junge, der es schlicht nicht besser wusste. Als dummer Student, von Alkohol ziemlich enthemmt.

Aber Sexualkunde in der Schule war ja auch immer nur das rein Körperliche. Das alte Rein-Raus-Spielchen, Rasieren in der Bikinizone, der weibliche Körper als Gebährmaschine. Und Kondome. Aber das wirklich wichtige hat man als Mann halt nie gelernt.


QuoteWacholderin #27.1

Danke!


QuoteNautilain #30

Ich wurde schon hundertfach sexuell belästigt, gerne durch Sprüche von Männern in größerer Runde. Ich habe dabei noch nie erlebt, dass ein Mann in dieser Runde den Wortführer zurecht gewiesen hätte. Stattdessen ekelhaftes Gelächter der ganzen Gruppe. Mir kann keiner erzählen, dass sexistisches Verhalten nur einige wenige Männer betrifft. Und es fängt im Kleinen an: Mal überlegen, wer z. B. Geschirr abräumt und die Küche aufräumt, wenn mehrere heterosexuelle Pärchen ein gemeinsames Abendessen zuhause hatten (als das noch ging) und wer sitzenbleibt. Danke an den Autor, Selbstkritik ist ein wichtiger Anfang.


QuoteJ.P._Merz #30.2

Nur mal eine Frage, und ich hoffe diese ist nicht anstößig: Welcher Jahrgang sind Sie? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das beschriebene Verhalten bei jüngeren Generationen noch so stark vertreten ist.


QuoteKnosa #30.5

Gerade ist meine 15jährige Tochter von der Schule nach Hause gekommen, die sich darüber beschwerte, dass irgendwelche wildfremden Männer ihr hinterhergerufen hätten was für einen geilen A... sie hätte. Scheint auch die aktuelle Generation zu betreffen.


QuoteGert Lush #30.6

Ich (cis hetero Mann) wurde auch schon mehrfach von Männern sexuell belästigt und sogar von Frauen. War ein komisches Gefühl und reichte mir, meinen antrainierten "Jagdinstinkt" bei Frauen zu überdenken.

Also in der gemischten Sauna gelangweilt wegschauen oder beim Joggen, Einkaufen, etc. Platz machen und in jedem Fall Augenkontakt vermeiden bzw. auf Körperteile starren. Aber ganz ausschalten lässt er sich noch nicht, also bei Höflichkeitsritualen wie Tür aufhalten oder freundlich Lächeln an der Kasse.

Denke, viel wird Jungs durch Erziehung und Konditionierung antrainiert, also Frauen nach Optik auszuwählen, die Schönste/Attraktivste zu erobern, bei jeder Gelegenheit zu flirten, sie zu umgarnen, Tür aufhalten, etc. aber auch ein verklemmter Umgang mit Sexualität, also z.B. was Selbstbefriedigung und Pornographie betrifft ist homemade.

Soll jedoch keine Ausrede sein.

Grundsätzlich schaffen es ja auch viele, zu reflektieren und ihr Verhalten anzupassen.


Quotesonneleipzig #30.9

"Also in der gemischten Sauna gelangweilt wegschauen oder beim Joggen, Einkaufen, etc. Platz machen und in jedem Fall Augenkontakt vermeiden bzw. auf Körperteile starren. Aber ganz ausschalten lässt er sich noch nicht, also bei Höflichkeitsritualen wie Tür aufhalten oder freundlich Lächeln an der Kasse."

Bitte gern und oft in die Augen schauen. Darauf kommt es doch an. In die Augen schauen, freundlich lächeln und die Frau gegenüber als ganze Person mit Körper UND Geist wahrnehmen. Das gilt auch in der Sauna. Ich (Frau) habe in der Sauna auch schon ganz entspannt geflirtet und gescherzt. Gerade da ist in die Augen schauen und miteinander reden eine gute Sache.

Es macht mich eher total traurig wenn ich Menschen die mir auf der Straße entgegen kommen nicht in die Augen schauen kann. Genau da kann man doch erst erkennen ob das Gegenüber vertrauenswürdig ist oder ob man einen Bogen drum machen sollte.


QuoteBernd16 #32

Irgendwie hätte ich es der Frau gegönnt, den Artikel zu schreiben. Vielleicht wäre dann sogar etwas sinnvolles herausgekommen.

Nein ich schäme micht nicht fremd für einige wenige Idioten, die es leider gibt.
Nein ich bin nicht dafür verantwortlich, dass Frauen sich immer unsicher fühlen, obwohl es immer weniger Gewaltverbrechen gibt, auch wenn das immer noch zu viele sind.
Nein ich kenne keinen Vergewaltiger auch nicht im erweiterten Bekanntenkreis.
Nein bei uns macht im Haushalt immer der etwas, der es entweder am besten kann (z,B. kochen, Garten, etc.) oder der gerade Zeit dafür hat.
Nein in unseren Berufen muss keine Frau mehr leisten/arbeiten, um gleich bezahlt zu werden.
Nein die meisten Gewaltopfer sind Männer. Und ja, denen ist das Geschlecht des Täters völlig egal im Gegensatz zu Frauen, die anscheinend darauf fixiert sind.
Nein meine Frau wurde in noch keiner Bar sexuell belästigt - ich auch nicht. Und wir haben schon einige Jahre auf dem Buckel
Nein MeToo ist in meiner Welt irrelevant. Wir gehen hier in der Arbeit mit allen Menschen respektvoll und professionell um.
Nein ich hätte sicherlich nicht "scheiße" reagiert, wenn mir meine Frau erzählt hätte, dass Sie vergewaltigt wurde. Sie hätte bei mir aber auch nicht 5 Jahre gewartet.
Nein meine Frau und ich haben keine Angst vor Menschen, die Bücher lesen und die so tun, als wäre man gar nicht da. Und wir sind jetzt nicht besonders mutig.


Quoteviolettagetyourgun #32.14

Ihr Kommentar ist an Ignoranz und Empathielosigkeit nicht mehr zu überbieten. Würde man ihn ernst nehmen, könnte man meinen, Frauen bilden sich Sexismus, sexuelle Übergriffe und Gewalttaten bis zu Femiziden nur ein, weil es das alles ja gar nicht gibt.

Absurd.


Quote.schewietzek #32.11

Fragen Sie doch mal Ihre Frau, weibliche Verwandte und Bekannte, ob die noch nie sexuell belästigt wurden. Sie könnten ins Staunen geraten.


QuoteJohanna 62 #32.5

Nein, Sie sind sich bestimmt nicht bewusst, dass die weitaus meisten Vergewaltigungen nicht zur Anzeige gebracht werden.


QuoteAnd_Meier #32.6

"Nein die meisten Gewaltopfer sind Männer. Und ja, denen ist das Geschlecht des Täters völlig egal im Gegensatz zu Frauen, die anscheinend darauf fixiert sind."

Glückwunsch zur Täter-Opfer-Umkehr. Sie sind offenkundig Teil des Problems.


QuoteBernd16 #32.15

Also bei meiner Frau war hier Fehlanzeige. Da gibt es schon mal nix zu bestaunen.
Mein Sohn wurde schon "sexuell belästigt" - das fand er aber einigermaßen witzig, weil er sich nicht so schnell ins Boxhorn jagen lässt.

Ach ja - ich wurde auch schon sexuell belästigt. Fand ich natürlich auch weniger schön. Aber das war eben ein Einzelfall und ich käme im Traum nicht darauf, jetzt alle Menschen dieses Geschlechts zu verdächtigen.

Und jetzt?


QuoteDieMachtseinichtmitdir #36

Ich bin eine Frau und über 50 Jahre alt. Früher dachte ich, meine "Frauenprobleme", die ich durch Sexismus, Anmache, Bedrohungen etc. erdulden musste seien offensichtlich und für jeden bemerkbar/sichtbar. Inzwischen weiß ich, dass die meisten Männer (und unehrliche oder naive Frauen) sehr gut um das Problem herumdenken können und wollen. Sie empfinden es als irgendwie anstössig und unwichtig. Ich war auch total erstaunt darüber, wieviele Männer von #metoo überrascht sind und gar nicht glauben können, welchen Angriffen viele Frauen tagtäglich ausgesetzt sind. Die bekannten Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs!

Inzwischen finde ich, dass viele Männer bzgl. Sexismus sehr unloyal sind, sogar ihren eigenen Freundinnen/Frauen gegenüber und auch gegenüber ihren Müttern, Schwestern, Töchtern!

Allerdings beobachte ich, dass Frauen dies häufiger als früher nicht mehr akzeptieren. Frauen müssen dieses Thema viel häufiger und offensiver artikulieren und anprangern, im Beruf, im Privatleben, in der Erziehung der Kinder, in der Presse,... Und Männer müssen ihr Verhalten ändern.


Quoteok #37

Dieser Kommentar vermischt partnerschaftliche Organisation, Gewalt gegen Frauen und Identitätspolitik so schlecht miteinander, dass man aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskommt...


QuoteKlaus aus DD #37.1

...mich erschüttern eher die Kommentare.


QuoteGregor T #39

Ihre Scham bezüglich der Arbeit macht bei mir auch etwas. Ich arbeite in einem Beruf, bei dem der Frauenanteil im Studium sehr sehr gering war. Wenn man dann mal mit einer Frau zusammenarbeitet verhält man sich tatsächlich etwas anders. Ich schaue genauer hin, setze weniger voraus, bin verblüfft und etwas irritiert, wenn sie ihre Arbeit gut macht. Zumindest bei den ersten 2 oder 3 Mal. Das war nicht böse gemeint, es war einfach das, wie es war und wenn man da nie drüber reflektiert, bleibt es vielleicht auch dabei. Jetzt hab ich das vermutlich überwunden, aber am Anfang war da auf jeden Fall eine sexistische Komponente, die beim Einordnen der Person und ihrer Arbeit gestört hat.
ich hatte aber auch schon mit Frauen zu tun, die wirklich vom Fach keinen Schimmer hatten. Wo ich mir dann blöd vorkam und nicht genau wusste, wie ich ihr Feedback geben soll, ohne ein sexistisches Arschloch zu sein. Gar nicht so einfach, wenn sie nicht viel kapiert, auf die Frage, ob sie es verstanden hat mit "Ja" antwortet und dann kein Wort von dem, was ich von ihr wollte, wiedergeben kann. Aber das war ein Einzelfall (Praktikantin). Da waren die Praktikanten, die sonst vorbeikamen einfach deutlich weiter.


QuoteCamelCase #39.1

Ich möchte als eine in einer sogenannten Männerdomäne arbeitende Frau ergänzen, dass man das durchaus spürt, wenn einem weniger zugetraut wird oder die Kollegen verblüfft sind, wenn man seinen Job trotz seines vermeintlichen, im Geschlecht begründeten, Handicaps ganz gut macht.
Es fällt auf und es fühlt sich ätzend an.


QuoteMartin aus Wien #45

Auch für Männer gilt, was einst Simone de Beauvoir über Frauen sagte:

,,Man kommt nicht als Mann auf die Welt, man wird es."


QuoteSonne397 #50

Danke für den Artikel. Er spricht von einem Verständnis, das mich sehr berührt hat.


Quotejan120 #56

Krass, bin genau das Gegenteil vom Autor ... beschäftige mich Sexismus und Feminismus seit dem ich 17 bin, verdiene weniger als meine Frau und mache den Haushalt inklusive Kinderbetreuung und wir sind alle happy. So unterschiedlich können Realitäten sein.


QuoteJohn French #62

Der Beitrag ist ein typisches Beispiel für die Probleme einer gutsituierten, akademischen linksliberalen Elite, die ihre eigenen Bauchnabel beschaut. Es wird das Hallali auf den jungen und alten weißen Mann geblasen. Nach meiner Beobachtung sind die meisten Männer in ihren Bemerkungen und Blicken Frauen gegenüber zurückhaltend mit einer ständigen Schere im Kopf- und damit langweilig. Die landläufigen Machos und Womanizer haben immer noch ein Stein im Brett bei der Damenwelt aller Couleur, da sind sexistischen Sprüche und die schlüpfrigen Bemerkungen kein Problem. Das läuft da unter Charme. Als verheirateter alter Mann tun mir die jungen weißen Männer leid, die sich unter diesen Bedingungen um eine Partnerin bemühen. Die stehen immer mit einem Bein im Gefängnis. Für den Autor gibt es einen Begriff, aber um der guten Sitten willen, lasse ich das besser. Am Ende steht immer noch die Frage was bringt unter diesen Aspekte eine Partnerschaft für den Mann....


QuoteAurora1234 #62.1

Was das bringt? Eine Beziehung auf Augenhöhe.


QuoteWacholderin #62.4

"Die landläufigen Machos und Womanizer haben immer noch ein Stein im Brett bei der Damenwelt aller Couleur, da sind sexistischen Sprüche und die schlüpfrigen Bemerkungen kein Problem. "

Schon alleine die "Damenwelt" geht für mich nicht und in meinem Umfeld gibt es keine einzige Frau, die sexistische Sprüche und schlüpfrige Bemerkungen von Männern schätzt. Weder öffentlich noch hinter vorgehaltener Hand. Die Frauen in meinem Umfeld benutzen Männer nicht und verhalten sich auch nicht wie "Damen" - das sind einfach Frauen. Und die Männer in meinem heutigen Umfeld sind offene Menschen und würden niemals von "Damenwelt" reden.

Und wer bei Beziehungen mit einem Bein im Gefängnis steht, weil er sich Frauen gegenüber so verhält, dass es als Straftat gelten kann, sollte sich vielleicht überlegen, ob er sein Selbstwertgefühl nicht anders stabilisieren kann, als über die Demütigung von Frauen und die Delegierung der Sündenbockfunktion für das schlechte eigene Verhalten an andere Menschen.


QuoteThomas Ldot #64

Es ist immer wieder bemerkenswert, dass es nur wenige Kommentare braucht um die grundlegende These solcher und ähnlicher Artikel zu bestätigen. Bei diesem war es einer.



QuoteKalbshaxeFlorida #69

Was für eine Kommentarspalte:

Frau fühlt sich von Artikel verstanden –> Männer verteidigen sich
Mann befürwortet den Artikel –> Männer verteidigen sich

Es gibt noch viel zu tun. Junge, Junge.


QuoteBernd16 #69.3

Tja, wenn man als (kommentierender) Mann nur deswegen angegriffen wird, weil es Männer gibt, die Frauen schlecht behandeln, dann sollte man sich schon verteidigen dürfen.
Immerhin ist "der" Mann in diesem Fall das Opfer eines ungerechtfertigten Angriffs.

Oder was würde man zu einer Frau sagen, die man angreift, weil eine andere Frau einen gewalttätigen Mann nicht anzeigt? Sind damit alle Frauen feige und haben somit Schuld oder zumindest die Verantwortung für weitere Taten?


QuoteKalbshaxeFlorida #69.4

Bitte heulen Sie leise. Um Himmels Willen.


QuoteBenno Groß #85

Während es gefühlt für Frauen und Mädchen unangenehmer ist, allein über die Straße zu gehen, weitet ein Blick in die Zahlen die Perspektive: Außer bei Sexualstraftaten sind die Opfer männlicher Gewalt, meist, ... Männer. Das betrifft etwa Mord und Totschlag, Raub und auch gefährliche und schwerere Körperverletzung.

Unbestreitbar sind Männer meist die Täter bei Gewaltverbrechen, was durchaus ein Problem ist. Aber das Privileg, speziell als Mann Tag und Nacht sicher über die Straße zu gehen, existiert nüchtern betrachtet nicht.


Quoteviolettagetyourgun #85.1

Fühlen Männer sich unwohl im öffentlichen Raum, auf Feldwegen, im Wald beim Joggen, in der Tiefgarage, mit einem anderen Mann allein im Fahrstuhl, haben sie oft Angst vor sexuellen Übergriffen ?
Ist das ihr alltägliches Empfinden ?
Ich glaube, kaum.


QuoteUnpopularOpinion #85.2

Ja, denn als jugendliche Mann wurde ich (war leider stark auf dem Weg nach Hause) von einem von einem homosexuellen Mann in der Innenstadt gegen ein Schaufenster eines Geschäftes gedrückt und (jetzt keine Details) über gefühlt 20 Minuten sexuell übergriffig belästigt.

Hat aber weder Freunde (Gelächter, "Mund ist Mund"), noch Freundinnen ("kannst du dich nicht wehren?", "Schlappschwanz") interessiert.

Und? Generalisiere ich nach diesem Ereignis von einem homosexuellen Mann auf alle homosexuelle Männer?

Spoiler alert: Nein, tue ich nicht.



QuoteLynx links #93

Ich habe letztes Jahr in einem der größten multilateral finanzierten Programme zu Beeindigung der weiblichen Genitalverstümmelung in Afrika mitgearbeitet. Wissen Sie was wir nicht getan haben? Väter oder Mütter angeklagt, pauschal über religiöse Führer beschuldigt oder die "Gesellschaft als solche" zum Problem erklärt. Stattdessen haben wir versucht Botschafter und Botschafterinnen aufzubauen, die eine positive Nachricht verbreiten.
Wissen Sie auch warum? Weil Anklagen immer genau zum Gegenteil von dem führen, was man eigentlich erreichen will. Kein Mann wird sich nach der Lektüre kritisch mit sich selbst auseinandersetzen, der es vorher nicht ohnehin schon getan hat. Außerdem zeigt sich positiv verhalten in den Taten nich in intellektueller Selbstgeißelung.
Kurzum, ich halte diesen Artikel, in seiner Pauschalisierung für komplett kontrproduktiv und eine intellektuelle Trockenübung. Aber wenigstens konnten wir uns mal wieder aufregen. Wenn Sie vorhatten, dass sich weniger Männer mit diesem Thema auseinandersetzen; herzlichen Glückwunsch, das haben Sie erreicht.


Quoteaadam #94

Ich hätte jetzt gerne einen Kommentar von Julian Reichelt gelesen.


QuoteMeisenbeobachterin #94.3

Julian Reichelt? Also der Julian, gegen den gerade bei BILD ein Compliance Verfahren wg Sexismus läuft? ;)


Quoteredshrink #96

Das ,,wir Männer" finde ich in etwa so hilfreich wie ,,die Männer" oder ,,die Frauen", nämlich gar nicht. Es ist vor allem eine Unterstellung, als Mann die gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht reflektiert zu haben, nicht mit ihnen mit zu fühlen, sich nicht zu kümmern. Und die pauschale Unterstellung halte ich für falsch.

Ich bin 57, Einzelkind und Sohn, mit einem arbeitenden Vater und einer Haufrau als Mutter aufgewachsen. Es war, kurz gesagt, zum Kotzen. Mein Vater wirkte wie der Bastard aus einem Aktenordner und einem Schreibtischset, emotional gehemmt und auf Abwehr gebürstet. Meine Mutter der Prototyp einer Diplomhysterikerin, gefangen zwischen Kleinmädchenträumen von Prince Charming und einer unerträglichen, sich unendlich wiederholenden Realtität aus Putzen, Kochen, Waschen und Einkaufen und Warten, dass jemand nach Hause kommt, dass etwas passiert, dass jemand anruft. Ich wusste, dass sie sterbensunglücklich war; sie meinte, es verneinen zu müssen. Jeden Morgen unerklärliche Tränen, dann Panikattacken, Tabletten, Selbstmordversuche, verrückte Affären. Sie war auch gewalttätig und zwar mir gegenüber und vollkommen unkontrolliert. Ich verbrachte meine Kindheit damit, zu versuchen, sie zu stabilisieren; es gelang mir nicht. Sie durfte nicht arbeiten. Mein Vater verstand nichts, Frauen halt.

Heute she ich meinen Vater und Männer auch mit anderen Augen, nicht nur also Opfer ihrer selbst, sondern auch als Opfer von Eltern, die ihre Traumen immer weiter vererben.


Quotenon falsum #104

Manchmal ist es kompliziert.

Eine Freundin wird in der Bar von einem Typen in ein Gespräch verwickelt, er legt den Arm um sie, sie hat einen Freund.

1. Ich sitze paar Tische weiter, bekomme es nur am Rande mit, bin aber mit ihr hin und sollte ja irgendwie bisschen "aufpassen". Rede ich nun mit ihr, dann "spiele ich mich auf, weil ich Mann bin". Unterlasse ich es, bin ich ignorant und der Blöde weil ichs nicht ernst genommen hab.

2. Ich sitze neben einer Frau in der Bar, sie stellt sich neben mich und bestellt einen Drink. Ich rufe "zwei", zahle und rede mit ihr. Bin ich Sexist weil ich ihr das Getränk so selbstverständlich zahle? Unterstelle ich damit, dass sie nicht genug verdient? Manche vertreten diese Ansicht mittlerweile.
Wir reden eine Weile, sie lacht öfters & ich lege meinen Arm um sie, weil ich ihr Verhalten so deute als fände sie mich sympathisch. Ist das übergriffig? Wollte sie nur höflich sein, weil ihr Bruder und ich im gleichen Verein Fußball spielen und hat deshalb gelacht? Fand sie mich sympathisch freut sie sich, war sie nur höflich, war ich übergriffig. Also fragen "darf ich meinen Arm um dich legen?" Da würden 90% der Frauen denken "der hat nen Schaden".

Ich schäme mich übrigens nicht für Männer die Frauen Zeug hinterherrufen, sie angrapschen oder Schlimmeres. Außer meinem Geschlecht habe ich nichts mit ihnen gemein, ich verabscheue die Taten. Härter ahnden sollte man es trotzdem, die Statistiken sind deutlich und nicht hinnehmbar.


QuoteFrau Funcke #104.1

Wenn Sie Körpersprache lesen können, dann erübrigen sich viele Fragen. Sowohl beim ersten Beispiel, als auch beim zweiten.


QuoteCandy133 #105

Ich kann die Männer nicht verstehen, die jetzt hier rumheulen und sich für ganz fein halten. Nicht über einen Kamm geschoren werden wollen. Als Mann sage ich: einmal Ruhe und innehalten, bitte. Wer sich hier rechtfertigt, ist getriggert. Und damit Teil des Ganzen wie jeder andere, jeder einzelne Mann. Dont protect your daughter, educate your son! Jeder von uns hat Hausaufgaben zu machen.


QuoteAtevi #120

Ich hatte nach der Lektüre dieses Artikels eine interessante Unterhaltung mit meinem Partner und mehrere Erkenntnisse:
1. spontan hätte ich gesagt, dass ich nie sexuelle Übergriffe erlebt habe . Nach 10 min drüber reden ist mir eingefallen, dass meine Mutter mich und meine Freundin in zarten Alter von 5 oder sechs hinter einer gartenhütte gefunden hat, und ein Mann aus der Nachbarschaft hatte mich zwischen den Knien und seine Hände unter meiner Jacke. Die Situation war mehr als eindeutig, zum Glück aber noch nicht Sehr weit fortgeschritten.
2. dem ersten pograpscher im Schwimmbad habe ich eine runtergehauen. Als ich das meiner durchaus feministischen Mutter erzählt habe, war sie entsetzt, weil das gefährlich sein könnte, wenn sich als Frau wehrt. Da war ich zwölf.
3. als Au- pair in Frankreich war ich mit zwei Freunden der Au-pair Familie auf einem Fischerboot. ( ich und ein alter und ein junger Mann. Plötzlich fing der ältere an mich zu bedrängen und anzufassen. Der Junge hat weggeschaut. Ich habe mich dann rausgewunden und er hat dann aufgehört, aber das war eine ziemlich bedrohliche Situation , in der ich total ausgeliefert war und die ich so nie erwartet hätte ( Freunde meiner Gastfamilie )
4. Ich saß in einem Übernachtbus ( ganz voll belegt) und mein Nebensitzer fing an mich zu bedrängen und zu begrapschen. Das haben einige bemerkt, aber niemand!!!! Hat eingegriffen.
5. Ich saß in einer leeren s- Bahn ( am Tag) und ein sichtlich bekiffter Typ setzen sich nebenMich und befriedigte sich selbst. Ich habe sich drei mal umgesetzt und er kam immer hinterher und machte weiter. Kein Nein und kein Stopp half.

Das wAren jetzt alles keine Vergewaltigungen aber es zeigt wie normal das alles war und dass nicht eingegriffen wurde. Ich glaube sogar dass der ,,Kindergrapscher" im Viertel bekannt war, aber nichts getan wurde- er hatte ja Familie . Zumindest meine Mutter hat diese Begründung geliefert.... ( und es war im konkreten Fall ja auch noch nichts anzeigbares geschehen) . anstatt der Kinder hat man den Übergriffigen Mann geschützt- und genau darin liegt das Problem. Das ist zwar schon 35 Jahre her, aber so lange ist dasnicht - viele Männer die heute Väter sind sind so sozialisiert.

B) Ich finde es nicht mehr hinnehmbar dass es für eine Frau normal ist, sich nachts draußen alleine unsicher zu fühlen- nur weil sie eine Frau ist. Für Männer ist die Situation grundsätzlich anders - klar kann man vermöbelt und beraubt werden, aber ein sexueller Übergriff auf einen Mann ist extrem unwahrscheinlich. Und alle Welt nimmt das hin und ermahnt die Töchter, vorsichtig zu sein!

...


Quoteponny23 #121

Ich bin jetzt schon einige Jahrzehnte Alt. Aber großartig geändert hat sich manches in meinem Leben bisher noch nicht.
Früher war es so, daß die größten Machos die tollsten Frauen hatten. Je schäbiger und aufdringlicher sie sich verhalten haben um so mehr Erfolg hatten sie bei Frauen.
Und heute wenn ich mich so umsehe hat sich nichts daran geändert.
Mein Chef ist ein absoluter Macho, trotzdem schleppt er immer wieder die hübschesten Frauen ab. Auch meine Kolleginnen umschwärmen ihn.
Wenn Frauen solche Männer nicht mögen und sogar verachten, dann frage ich mich warum werfen sich manche Frauen immer noch solchen Typen an den Hals.


QuoteMustergültig #121.3

Frauen mögen selbstständige, selbstbewusste Männer, gerne mit Macht und/oder Geld. Frauen haben i.d.R. auch nichts gegen gutes Aussehen, einen muskulösen Körperbau und wenn Männer grösser sind als sie selbst.
Was nicht bedeutet, dass man nicht auch eine Parnerin findet wenn man nicht jedes Atribut erfüllt. Der "aufgeklärte" Mann von heute, (früher nannte man die Turnbeutelvergesser) mag das doof finden, aber alles Identitätsideologische rumdiskutieren wird daran nichts ändern. Das ist als wenn sie versuchen einem Homosexuellen seine Preferenz für das gleiche Geschlecht abzuerziehen: Aussichtslos. Partnerwahl ist auch heute eher eine Frage von Trieben und Gefühlen.


Quotesonneundmond #121.4

Ach und ,,die tollsten Frauen" sind dann auch die hübschesten. Ich verrate jetzt mal was: Es gibt Frauen, die haben einen Kopf, der nicht nur dafür da ist Schminke aufzutragen. Die Charakter haben und Mut und denen es zu blöd ist nur das Schmuckstück für irgendeinen Angeber abzugeben. Vielleicht sollten sie sich einmal diese Frauen anschauen.

Aber anscheinend suchen sie auch nur etwas zum Schmücken?


QuoteDr. Wimmel #121.6

Tatsächlich eine Frage, der sich ZEIT irgendwie nicht annehmen möchte.


Quoteeinervonvieren #121.7

"Wenn Frauen solche Männer nicht mögen und sogar verachten, dann frage ich mich warum werfen sich manche Frauen immer noch solchen Typen an den Hals."

Es gibt halt nicht "die Frauen".
Genauso wenig wie es "die Männer" gibt.
Kommt in Kolumnen manchmal etwas kurz, sollte aber jedem klar sein.


Quoteponny23 #121.8

"Es gibt halt nicht "die Frauen"."

Bitte noch einmal ganz genau lesen, ich habe bewusst "MANCHE Frauen" geschrieben und nicht pauschal "DIE Frauen".


QuotePalak #121.9

Einmal wurde ich unbeabsichtigt Zeuge eines Gesprächs unter sechs Kolleginnen, die sich unter sich wähnten und meine Anwesenheit in der Kantine nicht bemerkt hatten. Zitat: "Gebt´s doch einfach zu, Mädels, im Grunde stehen wir Frauen auf Arschlöcher." Die Äußerung blieb unwidersprochen im Raum, dann wurde meine Anwesenheit bemerkt, und es war allen Beteiligten sehr unangenehm. Ich will das Zitat nicht überstrapazieren und den ausgebliebenen Widerspruch der Kolleginnen nicht als Zustimmung deuten. Aber es ist eben auch ein Aspekt, der nicht ganz ignoriert werden kann, und der einen gewissen Anteil des Männergehabes erklärt.


QuoteTommahawk #121.13

,, Wenn Frauen solche Männer nicht mögen und sogar verachten, dann frage ich mich warum werfen sich manche Frauen immer noch solchen Typen an den Hals"
Weil auch Frauen ihr Rollenverhalten nicht ablegen (können und in Zukunft werden!). ...


QuoteAurora1234 #121.12

Ich als Turnbeutelvergesserin habe einen Turnbeutelvergesser aus Liebe geheiratet und verdiene sogar mehr als er. Wieso? Weil ich selbstständig bin, nicht beschützt werden muss und mir die Fähigkeit auf Augenhöhe zu kommunizieren wichtiger ist als die Fähigkeit mancher Männer andere Männer klein zu schlagen - seit einigen Jahrhunderten ist diese Fähigkeit immer unwichtiger geworden. Und unseren Trieben geht es dabei immernoch hervorragend. Aber Sie dürfen gerne weiterhin an ihre Klischees glauben, auch wenn diese bestenfalls bedingt der Realität entsprechen.


QuoteFrau. Huber #121.16

Ich glaube, die Wahrnehmung, welche Frauen die tollsten sind, variiert sehr stark. In den Augen von Machos war ich zu.B. keine "tolle Frau", denn ich investierte denen zu wenig Zeit in mein Erscheinungsbild und war ganz schlecht im hilflos sein und Männer anhimmeln.


Quoterührfix #123

Und wieder wälzen wir Klischees, was auch sonst, worüber sollte man schreiben, in einer Welt, in der jeder Ort, jede Wohnung, jede Familie überhaupt jeder jedem anderen immer ähnlicher wird?...


QuoteHendess #133

Ein Nachbar, knapp 80, Gay, Jurist, Ex-Banker und nach eigener Aussage "sehr sensibel", hielt es nicht nur im Zusammenhang mit Weinstein für nötig, mir zu erklären, dass eine moderne, selbstständige, gestandene Frau wie ich doch zu wissen habe, wie sie sich zu wehren hat. ...


QuoteLululululu #141

Ganz ehrlich: Ich als Frau habe mir über Sexismus, #metoo & co. auch nie gross Gedanken gemacht. Meiner Meinung nach ist der Autor zu hart zu sich. Das Hauptproblem sind nicht diejenigen, die etwas ahnungs- und empathielos durch die Welt laufen. Sondern die, die vergewaltigen, zuschlagen, ihre Ex-Partnerin bedrohen und andere Menschen im öffentlichen Raum belästigen. Dieses "jeder Mann ist ein bisschen Schuld" ist genau so falsch und verharmlosend wie "jeder Weisse ist ein bisschen rassistisch". Wir sollten nicht verharmlosen, sondern uns auf die echten Täter konzentrieren.


QuoteAndidi #165

Es ist deprimierend, die vielen relativierenden Kommentare unter diesem ehrlichen und guten Artikel zu lesen. Sie zeigen zwei der Wurzeln des Problems: Mangelnde Empathie und ein oftmals von Selbstgerechtigkeit strotzender Verteidigungsreflex gegen einen vermeintlichen Angriff.

"Immerhin werden 75% der Frauen nicht belästigt" (aber dennoch diskriminiert und eingeschränkt)

"Ich kenne aber auch einen Mann, der Opfer wurde" (bei aller Empathie für das Opfer, ist das ein Ausnahmefall und negiert nicht die mehrheitlich gegen Frauen gerichtete Diskriminierung / Gewalt)

"Frauen können aber auch Sch*** sein" (ja. Offensichtlich. Sie können auch Gewalttäterinnen sein. Qualität und Quantität sind hier die Frage)

"Ich, also ich habe sowas nie getan, ich bin der Gute hier " (leise Zweifel, da Untätigkeit dazu beiträgt, das Problem zu betonieren)

Mehr Selbstreflexion von uns allen über die eigenen Privilegien und unbewussten toxischen Muster wäre wünschenswert.


QuoteFredericson #177  —  vor 3 Stunden

Bis in die 1960er Jahre hinein waren die Moralvorstellungen sehr rigide. Frauen hatten sich keusch zu kleiden, Liebesbekundungen in der Öffentlichkeit waren verpönt, zwischen unverheirateten Paaren sowieso. Zumindest in bürgerlichen Kreisen musste eine Frau erobert werden, sie hatte sich zu zieren und der Mann musste beweisen, dass er im Stande ist, ihr Herz zu gewinnen und für eine Familie zu sorgen.

Dann kamen Minirock, Antibabypille, die sexuelle Revolution der 1968er-Generation. Auf einmal schien alles möglich und nichts mehr tabu. Frauen wurden in Film und Werbung immer hüllenloser dargestellt. So manches Mal wurden sie damit auch zu Lustobjekten degradiert.

Gleichzeitig wurde der berechtigte Ruf nach Gleichberechtigung lauter und führte zu gesellschaftlichen Veränderungen. Frauen benötigten keinen Aufpasser und Beschützer mehr. Was früher Galanterie war, wurde nunmehr patriarchiales Gehabe.

Bei einigen Männern führte die Entwicklung dazu, dass sie dachten, Frauen seien nunmehr Freiwild, die jederzeit und überall angemacht werden könnten nach dem Motto: Minirock und tiefer Ausschnitt = Paarungsbereitschaft. Und sie hatten damit durchaus Erfolg.

Trotzdem liegt es einzig an den Männern, Frauen mit genauso viel Respekt und Würde zu behandeln, wie sie Männer behandeln und selbst behandelt werden möchten. Klar ist aber auch, dass sich niemals alle Männer daran halten werden. Ein Rest Unsicherheit wird in einer freiheitlichen Gesellschaft bleiben.


QuoteFuxx_1980 #181

Ich habe manchmal den Eindruck, das ist so ein generelles Frauending, dass sie Männer ändern möchten anstatt erst einmal bei sich selbst anzufangen.


QuotePolitik macht traurig #181.1

Also sind die Frauen selbst Schuld. Wie gut dass die Männer das wieder geklärt hätten.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 02, 2021, 06:32:03 PM
Quote[...] Neun Frauen. Die Zahl der weiblichen Opfer, die in diesem Jahr auf gewaltsame Art und Weise ihr Leben verloren hat, ist erneut angestiegen. Am Donnerstagabend gegen 20 Uhr, soll in Wien-Brigittenau eine 35-jährige Frau in ihrer Wohnung von ihrem Ex-Partner erschossen worden sein. Ein 42-jähriger Mann wurde von der Polizei in schwerem Rauschzustand im Hof des Gemeindebaus vorgefunden, er wurde – wie auch das 35-jährige Opfer – ins Krankenhaus gebracht. Die Frau erlag dort ihren Schussverletzungen in Kopf und Bein.

... Der Tatverdächtige, der am Donnerstagabend seine Ex-Freundin erschossen haben soll, war bereits am Freitagnachmittag ansprechbar, wie sein Rechtsanwalt erklärte. Er wurde zur polizeilichen Einvernahme als Beschuldigter vorgeführt. Dabei machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Er war zu keinen Angaben zum Tatgeschehen bereit, hieß es von der Landespolizeidirektion. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt sich um den sogenannten "Bierwirt", der durch seinen Prozess gegen Maurer bekannt wurde. (balm, ook, 2.5.2021)

...


Aus: "Gewaltschutz: Grüne kündigen nach Femizid breite Kampagne gegen Männergewalt an" Matthias Balmetzhofer, Oona Kroisleitner (2. Mai 2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000126318668/gruene-kuendigen-nach-femizid-breite-kampagne-gegen-falsche-maennlichkeit-an (https://www.derstandard.at/story/2000126318668/gruene-kuendigen-nach-femizid-breite-kampagne-gegen-falsche-maennlichkeit-an)

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Alleshalbsowild

Endlich haben die Grünen ein Thema gefunden und seine Heiligkeit lässt den kleinen Koalitionspartner ein wenig spielen. Leider erreicht man die Gruppe der gewalttätigen Männer und auch die wenigen gewalttätigen Frauen mit einer gut gemeinten Aktion sicher nicht. Die Gründe für diese Gewalt gehören bekämpft und das ist Arbeitslosigkeit, Sorgen, finanzielle Probleme, Alkohol, Drogen und noch einiges mehr.


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sofast

Religion....Ehrverständnis....


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sofast

Wir haben Jahrzehnte, etliche Jahrzehnte gebraucht bis es in der Allgemeinbevölkerung verankert war, dass Frauen und Kinder nicht Eigentum des Familienherrschers sind.
Ich erinnere: Die Familienrechtsreform war in den 1970ern.
Jetzt, 50 Jahre danach, ist in den Köpfen der Leute, die danach geboren und aufgewachsen sind klar, dass es nicht rechtens ist, Frauen und Kinder (und auch andere Männer!!!!) zu schlagen. Ausnahmen bestätigen die Regel. ...


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Fundoplicatio

Seit Jahrzehnten setzen sich die Grünen für Massenzuwanderung von genau solchen Kulturen ein, wo die Frau als Individuum nicht viel wert ist, und nun, man höre und staune, sind sie tatsächlich überrascht und empört, dass etwa 70% aller "Femizide" in ebendiesem Kulturkreis verübt werden. Es ist schon ziemlich skurril, wenn sich jetzt VdB, Maurer und Mückstein über die Situation in Österreich beschweren, die sie zum Gros selbst zu verantworten haben. Verkehrte Grüne Welt.


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Bazinga !

... Aber was soll eigentlich diese Unterscheidung zwischen Inländer und Ausländer ? ...


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Char Ming

Der Bierwirt ist ein Einheimischer.


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Loring Miner

"falschen Männlichkeit"

Präventions-Kampagne ?
So einfach wie Frau/ Mann sich die Sache vorstellt wird es nicht werden.
Da werden Jahrzehnte ins Land ziehen, bis sich etwas ändert.
Meine Prognose: Es wird schlimmer, wegen der Arbeitslosigkeit, Delta Arm/Reich, Migration, Versäumnisse in der Bildungspolitik udgl.


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_wtf_

Mehr Geld für Frauenhäuser und Einrichtungen, Entstigmatisierung und besserer Opferschutz. Eine medienwirksame Kampagne oder künstliche Empörung erreicht die Zielgruppe nicht und ist eine Feigenblattaktion.

2018 wurde von Schwarz/Blau das Budget gekürzt, zur Erinnerung:
"Frauenprojekten in Österreich wird massiv das Budget gekürzt"
Die Liste der betroffenen Vereine wird immer länger. Ein Überblick, um wie viel Geld und um welche Frauenvereine es sich handelt
Beate Hausbichler, 26. Juli 2018
https://www.derstandard.at/story/2000084071322/frauenprojekte-in-oesterreich-von-massiven-budgetkuerzungen-betroffen (https://www.derstandard.at/story/2000084071322/frauenprojekte-in-oesterreich-von-massiven-budgetkuerzungen-betroffen)


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Bhatura

Übrigens weil die Frauenhäuser angeblich Ehen zerstören würden.
Danke Schwarz(Türkis)/Blau!


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sofromt

In welchen sprachen wird's denn die Kampagne denn geben?
Frage für einen Freund...


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theWatcher14

Ja genau, weil der Bierwirt ja ein Migrant ist.


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Jorge Salcedo

Der Bierwirt nicht, aber die meisten anderen Frauenmörder im Jahr 2021 haben Migrationshintergrund.
Trotz niedrigem Anteil an der männlichen Gesamtbevölkerung ist diese Gruppe also bei Frauenmorden (und auch bei Morden generell) stark überrepräsentiert. So sehen nun mal die Fakten aus - diese sind ziemlich eindeutig.
P.S.: Wäre der Mörder nicht der Bierwirt, sondern ein Afghane gewesen, hätte es die Pressekonferenz der Grünen heute wsl. nicht mal gegeben.


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Surfer

Acht Morde schweigen und dann der Bierwirt....
Und jetzt bewegt sie sich....


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john tender

Die augenscheinlichste Gemeinsamkeit ist: die Täter sind alles Männer.
Der Rest ist rassistischer Dreck.


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Quote[...] WIEN taz | Tatort: ein Gemeindebau in Wiens 20. Bezirk Brigittenau. Donnerstag gegen 20 Uhr überwältigten Beamte der Polizei-Sondereinheit WGA einen volltrunkenen Mann, der im Hof mit einer Pistole hantierte. In einer Wohnung des weitläufigen Baus rang eine 35-jährige Frau nach einem Kopfschuss mit dem Tod. Wenige Stunden später starb sie im Krankenhaus. Der mutmaßliche Täter: ein Mann, der als ,,Bierwirt" eine gewisse Bekanntheit erlangt hat.

Der 42-jährige Wiener, der ein Craftbeer-Lokal betreibt, focht jahrelang einen Rechtsstreit mit der Fraktionschefin der Grünen, Sigrid Maurer, aus. Sie war auf ihrem Weg zur Arbeit immer wieder von Männern, die vor dem Lokal ihre Bierkrüge stemmten, verbal belästigt worden. Eines Tages erhielt sie über Facebook Botschaften aus der Kneipe, die den Gewaltfantasien eines sexuell Frustrierten entsprungen sein mussten. Als sie diese öffentlich machte, wurde sie vom Bierwirt verklagt: üble Nachrede. Nach längerem Hin und Her vor dem Wiener Landesgericht zog er schließlich seine Klage zurück.

Der Mann, der der Öffentlichkeit seit dieser Affäre als ,,Bierwirt" bekannt ist, soll jetzt seine ehemalige Lebensgefährtin vor den Augen ihrer zwei Kinder und ihrer Mutter erschossen haben. Die Frau, die vor Gericht noch ein tadelloses Leumundszeugnis für ihn abgeben hatte, wollte ihn offenbar endgültig verlassen.

Sigrid Maurer reagierte betroffen: ,,Wir kennen die Mechanismen hinter der Gewalt: Frauenverachtung, Unfähigkeit, Konflikte zu lösen, die Wahrnehmung, Männer wären Frauen übergeordnet". Vor Gericht hatte der Mann das Reden seinem Anwalt überlassen. Reue war ihm nicht anzumerken.

In den bestürzten Analysen des jüngsten Frauenmordes ist viel von toxischer Männlichkeit die Rede. ,,Männer werden immer kränkbarer, dünnhäutiger, und sie können diese Gefühle nicht ansprechen. Damit kocht und wuchert die Aggression innerlich weiter", sagt der Psychologe Reinhard Haller im Kurier. Der Narzissmus sei früher eine Sünde gewesen: ,,Heute wird er zum Lebensideal. Trump hat es vorgelebt. Doch dazu gehört eben auch die Kränkbarkeit, die dann zur Achillesferse wird."

In der Tat kann man bei den bisher neun Femiziden in Österreich seit Jahresbeginn ein Muster verfolgen: gekränkter Mann will die Trennung seiner Frau/Freundin/Lebensgefährtin nicht hinnehmen und bringt sie um. Neun Frauen sind bisher nach diesem Muster ermordet worden. Die meisten Täter haben sich gestellt. Einer hat die Frau in ihrem Zeitungskiosk mit Benzin übergossen und angezündet. Dann verschloss er die Tür und warf den Schlüssel weg. Die Frau starb vier Wochen später an ihren schweren Verbrennungen.

Unter den bisherigen Tätern finden sich Zuwanderer genauso wie autochthone Österreicher. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), die bisher wenig für den Schutz von Frauen geleistet hat, will jetzt einen Gipfel gegen Gewalt gegen Frauen einberufen.




Aus: "Femizide in Österreich: Erst pöbeln, dann morden" Ralf Leonhard Auslandskorrespondent Österreich (2.5.2021)
Quelle: https://taz.de/Femizide-in-Oesterreich/!5765065/ (https://taz.de/Femizide-in-Oesterreich/!5765065/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 05, 2021, 01:30:22 PM
Quote[...] Mit falschen Versprechen und manipulativen Methoden brachte die Plattform "Girls Do Porn" ab dem Jahr 2009 hunderte junge Frauen dazu, an pornografischen Filmen mitzuwirken. Zugesagte Zahlungen wurden kurzfristig gekürzt, Videos entgegen anderslautenden Zusicherungen breit zugänglich gemacht und beworben – und darüber hinaus Daten der Opfer veröffentlicht.

22 von ihnen zogen vor Gericht, 2020 wurden ihnen gerichtlich mehrere Millionen Dollar als Wiedergutmachung zugesprochen. Der Fall beschäftigt die US-Behörden aber heute noch. Zwei der Betreiber, Ruben Garcia und Teddy Gyi, bekannten sich erst im Dezember verschiedener Tatbestände schuldig, die Buchhalterin Valerie Moser im April. Ein Eigentümer, Matthew Wolfe, wartet noch auf sein Verfahren. Sein Geschäftspartner, Michael Pratt, ist flüchtig, dürfte das Land verlassen haben und steht auf der Most-Wanted-Liste des FBI.

Zudem erfolgten auch mehrfach Klagen gegen den kanadischen Konzern Mindgeek, der eine Reihe von Pornoplattformen im Netz – darunter Redtube, Youporn und Pornhub – betreibt, weil dort viele der widerrechtlich entstandenen Aufnahmen weiter abrufbar waren und auch auf Verlangen nicht entfernt wurden. Unter den Klägern sind auch 40 Girls "Do Porn"-Opfer, die seit April jeweils eine Million Dollar Schadenersatz einfordern und dem Unternehmen vorwerfen, aus Profitgier untätig geblieben zu sein, obwohl man über die Praktiken des Geschäftspartners im Bilde war.

Das löste auch eine Diskussion über die Existenz zahlreicher nonkonsensualer Aufnahmen und Missbrauchsvideos auf derlei Plattformen aus. Mindgeek reagierte schließlich auf die Klagen und den öffentlichen Druck, löschte zuerst Clips von "Girls Do Porn" und später zigtausende Videos, deren Entstehung in Zweifel steht. Zudem führte man neue Verifikationsmechanismen ein. Es laufen aber weiterhin Verfahren gegen die Firma.

Während die Täter zur Rechenschaft gezogen werden und die Mühlen der Justiz arbeiten, kämpfen die Betroffenen noch heute. "Motherboard" schildert etwa ein Gespräch mit einer Frau, die 2015 in die Falle ging. https://www.vice.com/en/article/k78avm/girls-do-porn-still-fighting-harassment-youtube (https://www.vice.com/en/article/k78avm/girls-do-porn-still-fighting-harassment-youtube)

Die Studentin ("Jane", Name geändert) im zweiten Jahr folgte der Einladung eines "Modeling-Scouts", der ihr eine schnell verdiente, hohe Geldsumme versprach. Sie wusste im Vorfeld, dass es um nicht jugendfreie Aufnahmen gehen würde, aber keine weiteren Details. Obwohl sie anfangs verunsichert war, ließ sie sich zur Teilnahme überzeugen, da sie mit dem Geld ihre Eltern unterstützen wollte. Statt in einem Filmset landete sie in einem Hotelzimmer mit einer Visagistin, die bald darauf verschwand, und zwei Männern. Sie erfuhr auch, dass sie Sex mit einem der beiden Männer haben solle. Nachdem sie sich vor der Kamera ausgezogen hatte, wurde ihr mitgeteilt, dass ihr aufgrund von Narben und Zellulitis der in Aussicht gestellte Betrage um mehrere tausend Dollar gekürzt werde.

Jane entschuldigte sich kurz und ging ins Badezimmer, wo sie feststellte, dass ihre Regelblutung eingesetzt hatte. Also hoffte sie, dass dies eine Verschiebung des Drehs und ihr einen Ausweg aus der Situation bescheren könnte. Als sie wieder aus dem Bad kam, war ihr Gewand samt Geldbörse und Ausweis verschwunden. Nachdem sie auf ihre Menstruation hingewiesen hatte, führte ihr einer der Männer, ohne um Erlaubnis zu fragen, ein Schwämmchen ein.

Danach, so sagt sie, hatte sie Angst, abzusagen, da sie den zwei Männern weitere Gewalt zutraute. Der Vertrag wurde nur eilig durchgeblättert und sie zur Unterschrift gedrängt. Der als "kurz" angekündigte Dreh fand statt. Mehrere Bitten, aufgrund von Schmerzen abzubrechen, wurden ignoriert. Nach fünf Stunden verließ sie das Hotel.

Ihr war zugesichert worden, dass die Aufnahmen nur auf DVD an "Sammler" in einschlägigen Geschäften in Neuseeland und Australien verkauft werden würden. Stattdessen tauchte das Material im Netz auf, wo auch Freunde von ihr darauf stießen. Die Betreiber bewarben die Videos aktiv auf anderen Seiten. In ihrem Umfeld waren bald alle informiert.

Nicht nur das: Von Ende 2015 bis Mitte 2016 gehörte den Betreibern auch die Seite "PornWikileaks". Dort veröffentlichten sie Namen, Adressen, Telefonnummern, Mailadressen und Social-Media-Accounts von ihnen und ihren Familienmitgliedern – eine Praxis, die man auch als "Doxxing" kennt. Freunde und ihre Cheerleadergruppe stützten sie in dieser Zeit gegen Hassbotschaften.

Mittlerweile sei die Situation besser geworden, aber immer noch werde sie angegriffen. Nachdem Jane beruflich in der Finanzbranche erfolgreich aufgestiegen war, landete eine E-Mail bei ihrem Chef, die ihre Vergangenheit einmal mehr offenlegte. Wenngleich das Unternehmen sich hinter sie stellte, fürchtet sie sich davor, dass beruflicher Erfolg ihren Namen zu bekannt machen und eine neue Welle digitaler Belästigung und Doxxing auslösen könnte. Sie wechselte schließlich ihren Arbeitsplatz. Die traumatischen Erlebnisse beeinträchtigen auch ihr Beziehungsleben.

Sie hat zudem die Erfahrung gemacht, dass etwa Youtube und Twitter stumm bleiben, wenn sie inkriminierende Beiträge meldet. In einem Fall hatte sich jemand unter ihrem Namen auf Youtube angemeldet, Screenshots ihrer beruflichen Laufbahn von Linkedin zusammengeschnitten und dazu eine Anleitung verfasst, wie man per Suchmaschine die Aufnahme finden kann. Denn ihr Video aus dem Hotelzimmer ist nach langem Kampf zwar von den meisten Seiten entfernt worden, aber auf manchen immer noch gehostet. Es dauerte fünf Monate, ehe die Plattform erst auf Anfrage von "Motherboard" reagierte.

Kritik gibt es auch von Charles DeBarber, Privacy-Analyst bei einer Kanzlei, die sich auf die Entfernung nonkonsensualer Pornoaufnahmen spezialisiert hat. Youtube sei seiner Erfahrung nach jenes Portal, das am schwersten dazu zu bewegen sei, etwas zu tun. Auch auf ihn hatte man nicht reagiert, als er im Auftrag von Jane Kontakt aufgenommen hatte. Youtube anzuschreiben sei "wie ins Leere zu schreien". Die Plattform würde sich nicht an ihre eigenen Nutzungsbedingungen halten.

Janes Fall steht auch für viele andere Betroffenen, die bisher bei Prozessen ausgesagt haben. Auch sie berichten von vielen falschen Versprechungen und einer Situation, an der sie sich letztlich aus Angst vor Gewalt am Dreh beteiligt haben. Und längst nicht alle erfuhren nach Bekanntwerden der Aufnahmen Unterstützung durch Verwandte und Freunde.

"Niemand in dieser Situation hat jemals 'gewonnen', selbst wenn seine Gerichtsverfahren gut laufen", sagt DeBarber. "Es ist so einfach, Opfer zu beschuldigen, viel einfacher, als ihnen zu helfen. Bei vielen meiner Klienten frage ich mich, wie sie jemals wieder irgendwem vertrauen können." (gpi, 4.5.2021)


Aus: "Gefilmter Missbrauch: Opfer von "Girls Do Porn" werden auch Jahre später noch belästigt" (5. Mai 2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000126389264/gefilmter-missbrauch-opfer-von-girls-do-porn-werden-auch-jahre (https://www.derstandard.at/story/2000126389264/gefilmter-missbrauch-opfer-von-girls-do-porn-werden-auch-jahre)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 12, 2021, 01:27:12 PM
Quote[...] An einem späten Abend im Februar wird Lale Gül klar, dass sie das alles unterschätzt hat. Zwei Tage ist es erst her, dass ihr Buch ,,Ik ga leven" veröffentlicht wurde. Nun ist sie auf dem Heimweg von ihrer ersten Talkshow, und ihr Telefon steht nicht mehr still. 20-, 30-, 40-mal klingelt es. Die Anrufer, Verwandte oder Bekannte, empören sich, dass sie soeben forderte, in den Moscheen des Landes solle auf ­Niederländisch gepredigt werden. Und dann äußerte sie sich auch noch abschätzig über Koranschulen!

Was Gül nicht weiß: Dies war nur der Anfang. Als die 23-Jährige Studentin der niederländischen Literatur, geboren und aufgewachsen als Tochter anatolischer Gastarbeiter in Amsterdam, die Wohnung der Familie betritt, sitzt dort die halbe Nachbarschaft im Wohnzimmer. Alle zugleich fallen über sie her, die Vorwürfe fliegen ihr um die Ohren: ,,Wir Muslime haben es schon schwer genug!" – ,,Schämst du dich nicht? " – ,,Wie kannst du nur so ein Buch schreiben? Das sorgt für Hass und Rassismus!"

Das Erste, was auffällt, wenn Lale Gül über all das spricht, ist, wie abgeklärt sie dabei klingt. Dabei hat ,,Ich werde leben", so der Titel ihres Debüts auf Deutsch, ihr Leben gelinde gesagt auf den Kopf gestellt. Sie ist untergetaucht, wohnt an einem unbekannten Ort, Treffen mit Journalisten sind nur im Geheimen möglich. Eben stieg sie aus dem Taxi, auf das sie derzeit angewiesen ist, aus Sicherheitsgründen. Oft wird sie von jemandem aus ihrem Verlag begleitet. Wenn sie ihr Buch, das seit elf Wochen auf der Bestsellerliste steht, irgendwo signiert, geschieht das immer unangekündigt.

Lale Gül ist eine elegante Erscheinung. Das lange Haar trägt sie offen, dunkle Bluse und Hose, viel Schmuck. Sie hat einen langen Weg hinter sich, der in der Kolenkitbuurt begann. Dieses Viertel ganz im Westen Amsterdams, jenseits der Stadtautobahn, war vor Jahren als schlechtestes des Landes verrufen. Hier wurde sie als Kind täglich mit einem Euro zum Supermarkt geschickt, um diesen je zur Hälfte in Weißbrot und Frischkäse zu investieren, ihr Standardfrühstück und -mittagessen. In der Stadtteilbibliothek fand sie die Inspiration, weiter zu denken, über die graubraunen Wohnblocks mit beengten Behausungen hinaus. Die Bücher erschlossen ihr eine andere Welt.

Zu Beginn des Treffens ist sie sachlich und abwartend. Ihre Stimme klingt warm, sie wirkt ruhig und gefasst. Die eigene Situation beschreibt sie mit analytischer Schärfe: Sicherer fühlt sie sich, jetzt, da niemand sie zu finden weiß. ,,Ich habe mehr Ruhe in meinem Kopf." Andererseits: Sie vermisst ihren Bruder und die kleine, achtjährige Schwester, die sie über alles liebt und für die sie sich verantwortlich fühlt. Aber: ,,Ich musste weg von zu Hause. Ich konnte so nicht weiterleben." Die Stadt hilft ihren zwischenzeitlichen Unterschlupf zu bezahlen.

Es war irgendwann im März, als sie untertauchte, nach Dutzenden islamistischen Morddrohungen, die sie über Social-Media-Kanäle erhielt. Von jeder einzelnen hat sie Screenshots gemacht. ,,Schau hier", sagt sie und zeigt die Beweisstücke des Shitstorms an Militanz, der über sie hereinbrach, auf dem Bildschirm ihres Telefons. Ein Gruselkabinett erscheint, das sie präsentiert, ohne eine Miene zu verziehen: ,,Fotos von Waffen. Eine Pistole. Ein Maschinengewehr. Ein Video mit einem IS-Lied." Hat sie Anzeige erstattet? ,,Selbstverständlich. Jede Woche."

Was Lale Gül all diesen Hass eingebrockt hat, ist ihre mehr als 300-seitige Abrechnung mit dem stockkonservativen, türkisch-nationalistischen Milieu, in dem sie aufgewachsen ist. Sie empfindet es als ein Korsett aus erstickender Moral, in dem Musik und figurbetonte Kleidung verboten sind, doch das Kopftuch ab der ersten Periode obligatorisch ist. Ausgehen, flirten, Beziehungen gar werden ihr als junger Frau untersagt, selbst Freundschaften mit Jungs. Zwölf Jahre lang steht jedes Wochenende Indoktrinierung in der Millî-Görüş-Koranschule an, dazukommt die tägliche türkische Fernsehpropaganda aus der Satellitenschüssel.

Aus Sicht der Protagonistin Büsra geschrieben, ist ,,Ik ga leven" auch die Chronik einer jugendlichen Dissidenz bis hin zum Abfall vom Glauben. Schon früh lehnt sie sich gegen das strikte Regime der ultrareligiösen Mutter auf. Sie verschlingt Bücher in einem Haushalt, in dem außer dem Koran nichts gelesen wird. Drei Jahre lang hat sie eine geheime Beziehung zu einem Nichtmuslim in Den Haag, und die Beschreibung ihres sexuellen Erwachens ist so euphorisch, wie der Drang zum Ausbruch aus dem Tugenddiktat tief sitzt.

Die Essenz des Buchs, das die Niederlande seit Monaten in Atem hält, über das in allen Medien berichtet und in Freundeskreisen diskutiert wird, ist die eines individuellen Lebensentwurfs, der sich mit Verve gegen ein autoritäres Kollektiv richtet: ,,Kind Gottes, Dienstmädchen, konformistisches Mitglied des Gemeinwesens, keusche Ehefrau eines koranfesten Gatten. Ich bekomme Flecken im Gesicht, wenn ich daran denke." Mit diesen Worten verweigert die Protagonistin den ihr zugedachten Platz. Sie legt ihr Kopftuch ab und entzieht sich allen Versuchen einer arrangierten Hochzeit.

Gründlich seziert sie dabei immer wieder ihre Umgebung, erklärt die eigene Gedanken- und Gefühlswelt, die Frustrationen, die Wünsche, die Schlussfolgerungen. Vielfach springt sie zwischen autobiografischem Roman und Essay hin und her, und natürlich ist das Ganze auch ein Manifest im Namen von Aufklärung und individueller Freiheit. ,,Ich dachte", sagt Lale Gül, ,,dass man gar nicht anders könnte, als mich zu verstehen, wenn ich das alles so gründlich es geht erkläre. Aber da war ich wohl etwas naiv."

Rückblickend muss sie fast lachen darüber, wie unvorbereitet sie auf diesen Sturm war. Je mehr sie ins Plaudern gerät, desto mehr vermitteln kleine Details einen Eindruck vom Entstehungsprozess dieses Buchs. Etwa, dass sie den Eltern erst nichts davon erzählte, bis der Vater unvermittelt den Karton mit den Autorin-Exemplaren in Empfang nahm. ,,Hast du ein Buch geschrieben?", fragte er verdutzt, als er ihr Foto auf dem Umschlag sah. ,,Ach, nur eine Liebesgeschichte", so ihre lakonische Antwort. ,,Ich dachte, ein paar Interessierte würden es lesen, Freundinnen, Bekannte. Und dass sich einige in der gleichen Lage darin wiederfinden."

Womit sie nicht rechnete, war das Medieninteresse und die Dynamik, die daraus folgte. Ihr Alltag wird zum Spießrutenlauf: Empörte Nachbarn klingeln, es hagelt aggressive Anrufe von Verwandten aus der Türkei, auf der Straße wird sie beschimpft und bespuckt. Dazu kommen die Morddrohungen. Eine Zeit lang traut sich die Debütantin kaum noch aus dem Haus.

,,Mein Vater ist der Briefträger im Viertel. Jeder dort weiß, wo ich wohne." Auch aus den Medien zieht sie sich in dieser Zeit zurück. Sie erwägt, die gerade erst begonnene literarische Karriere gleich wieder zu beenden. Später beschließt sie, nicht mehr über den Islam zu schreiben, weil das Leben ihr zu lieb ist.

Auch das Verhältnis zu den Eltern ist nun zum Bersten gespannt. Sie sorgen sich um sie und sind zugleich wütend und verletzt. Der Vater wird überall auf seine vermeintlich ehrlose Tochter angesprochen, bis ihm permanent die Hände zittern. Die Mutter, schon länger depressiv, droht mit Selbstmord und sagt ihrer Tochter, sie hätte lieber einen Stein geboren. Wer sich wundert, wie die Frau mit 23 Jahren in dieser Situation so ruhig wirkt, findet hier einen Hinweis. ,,Irgendwann schaltest du deine Emotionen aus", sagt Lale Gül.

Anfang März gibt sie in der Tageszeitung Trouw ein bemerkenswertes Interview. ,,Die Niederlande sind ein individualistisches Land. Im Rest der Welt ist es ziemlich normal, dass du deine Familie behalten willst", sagt sie dort. Und dass es sie nicht glücklich machen würde, mit ihr zu brechen. Sie berichtet von Abenden auf dem Sofa, mit Tee und türkischen Seifenopern im Fernsehen. ,,Dann geht es nicht um ideologische Unterschiede, sondern wir sind eine gesellige Familie, und das finde ich auch wieder schön."

In einer Situation freilich, die derart unter Spannung steht, wird der Raum für solche Zwischentöne mehr als knapp. Im Nachhinein sieht sie die Sache so: ,,Deine Familie ist eigentlich dein safe house, wo du immer hinkannst, wenn es dir nicht gut geht. Eine Beziehung kann enden, Freundschaften können sich verlieren. Darum wollte ich den Kontakt nicht abbrechen. Meine Eltern sind keine schlechten Menschen, nur sehr konservativ. Aber ihre Liebe ist eben nicht bedingungslos. Irgendwann hätte ich mein Glück ihrem opfern müssen."

Dass niemand anderes als der rechtspopulistische Politiker Geert Wilders indirekt den endgültigen Bruch auslöste, ist bezeichnend dafür, wie tief Lale Gül zwischen die Fronten einer chronisch überhitzten Debatte geraten ist. Bei der letzten Fernsehdebatte vor den Parlamentswahlen Mitte März lobt Wilders ,,diese tapfere türkische Frau, die den Islam verlassen hat und nun bedroht wird. Das ist der Beweis, dass der türkische Islam sich in den Niederlanden nicht integriert". Lale Gül erklärt später in niederländischen Zeitungen: ,,Die Hölle brach los, als ich von Geert Wilders gepriesen wurde. Das war der Tropfen, der das Fass überlaufen ließ."

Obwohl der Wahlkampf von der Coronakrise dominiert wird und das Thema Identität keine große Rolle spielt, bekommt die Debatte um ihr Buch in dieser Zeit zusätzliche Brisanz. Zeki Baran, Vorsitzender des ,,Mitbestimmungsorgans der Türken in den Niederlanden" und Mitglied der sozialdemokratischen Arbeitspartei, nennt es ,,Hetzerei" und wittert eine Verschwörung: Absichtlich sei es kurz vor den Wahlen veröffentlicht worden, um die politische Rechte zu stärken.

Die Partei DENK wiederum, besonders stark im Milieu der ,,Nederturken", plaziert eine Anzeige auf der Website einer türkischen Zeitung, wonach sie gegen ,,Feinde des Islams" vorgehen werde – just über einem Artikel, der Lale Gül als eben solche bezeichnet. Ein Parteisprecher macht dafür einen Algorithmus verantwortlich. Der DENK-Vorsitzende im Amsterdamer Stadtrat, Numan Yılmaz, kritisiert kurz darauf die Bedrohungen gegen die Schriftstellerin, wirft ihr aber zugleich vor, sie sei islamophob und verfolge eine PR-Kampagne.

Freilich hat sich Lale Gül in ihrem Buch auf eine Art exponiert, wie es innerhalb der türkischstämmigen Communitys selten geschieht: Als ihr der Vater durchaus aufdringlich dazu rät, den DENK-Gründer Tunahan Kuzu zu wählen – ,,der Einzige im Parlament, der an unsere Interessen denkt" –, lässt sie ihn abblitzen: ,,Er steht für identitäre Bubble-Interessen." Der Vater nennt sie daraufhin eine ,,Nestbeschmutzerin, die sich als Maskottchen der rassistischen Niederlande hergibt". Die Tochter sieht in dieser Rhetorik freilich einen Hinweis darauf, wie ähnlich sich die migrantische DENK und die Rechtspopulisten in ihrem Fokus an die vermeintlich eigene Bevölkerungsgruppe sind.

Eigentlich kann sie schon mit diesen Kategorien rein gar nichts anfangen, weil sie ihre Identität ganz anders definiert. Türkisch, niederländisch, amsterdamerisch: Sie ist all das – und vor allem Letzteres. Man hört ihr das an. Und es klingt auch im Buch durch, das sich nicht nur ab und zu in akademischen Diskursen über Gruppenidentität oder Integration ergeht, sondern auch den Straßenslang der Hauptstadt geradezu kultiviert. Es sind die beiden Welten der Grenzgängerin Lale Gül, die im Gespräch berichtet, dass just der raue Amsterdamer Einschlag von Lesern anderswo im Land oft als zu grob empfunden werde.

Offensiv ist das Werk auch in einem übertragenen, symbolischen Sinn: Von Beginn an kann man ihr dabei zusehen, wie sie ihr eigenes geistig-kulturelles Terrain absteckt, das weit über den Horizont eines Migrantenkinds aus der Kolenkitbuurt herausgeht. Einem Nietzsche-Zitat folgen gleich fünf von Eduard Douwes Dekker, der unter seinem Pseudonym Multatuli zum Klassiker der niederländischen Literatur wurde. Und kann es für eine Schriftstellerin wie sie eine deutlichere Standortbestimmung geben, als der Leserschaft gleich im ersten Absatz einen ,,Cruijff'schen Ratschlag" zu erteilen? Was Lale Gül mit Johan ­Cruijff, dem begnadeten Amsterdamer Fußballspieler der 1970er und 1980er Jahre, verbindet, ist dieser Lokalkolorit, der nach armem Viertel riecht.

Ähnlich selbstbewusst markiert Lale Gül ihre gesellschaftliche Position: ,,Ich identifiziere mich mit säkularen Türken, aber nicht mit religiösen, und genauso wenig habe ich was mit religiösen Niederländern am Hut", erklärt sie. Ihr Buch, das sich nicht selten wie sarkastische ethnografische Erkundungen liest und dabei durchaus Humor beweist, spiegelt dies wider: Da vergleicht sie die orthodoxen Muslime mit dem niederländischen Städtchen Staphorst im fundamentalistisch-calvinistischen bible belt und nennt ihr Umfeld in Amsterdam-West ,,eine Art orientalische SGP". Letztere ist die Partei der Hardcore-Calvinisten, die erst im Jahre 2013 Frauen auf ihren Wahllisten zuließ.

Was Lale Gül schwer gegen den Strich geht, ist der kulturelle Relativismus manch Progressiver im Land. ,,Sie denken, die islamische Kultur besteht aus schönen Kopftüchern und der Geselligkeit des Ramadans." Vergessen werde dabei, dass sich Schwule in solchen Communitys nicht outen können und man Frauen, die über ihr Leben selbst bestimmen wollen, als ,,Huren" bezeichnet. ,,Neulich wurden in einem Artikel Feministinnen zitiert, die mich mutig fanden, sich aber kein Urteil anmaßten, weil es sozusagen nicht ihre Kultur sei."

Es gibt einen Aspekt, der diese Frau aus den gängigen Mustern und Gesetzmäßigkeiten des niederländischen Diskurses hervorhebt. Mehrfach kam es vor, dass IslamkritikerInnen oder Abfällige wie durch magnetische Kräfte von rechten Parteien angezogen wurden. Lale Gül scheint für diese Dynamik nicht empfänglich. Was vielleicht damit zu tun hat, dass der Vater ihres Exgeliebten Geert Wilders' PVV nicht nur wählt, sondern auch mit Spenden unterstützt. Und ausgerechnet zu diesem Vater, der sie am Anfang wegen des Kopftuchs, das sie damals noch trug, kritisch beäugte, baute sie eine besonders herzliche Beziehung auf.

Der Rahmen dieser Beziehung spiegelt den asymmetrischen Frontverlauf der ganzen Debatte. Auf den Straßen Den Haags schlägt dem jungen Paar immer wieder unverhohlen Rassismus entgegen. Doch ausgerechnet der väterliche Wilders-Wähler bietet ihnen irgendwann an, sie zu verteidigen – körperlich, versteht sich. An seinen politischen Vorlieben indes ändert das nichts. Und während er die Freundin seines Sohns fest in sein Herz geschlossen hat, darf seine Tochter auf gar keinen Fall mit einem muslimischen Jungen nach Hause kommen. Eine Logik, die Lale Gül von ihrer eigenen Familie in Amsterdam seltsam bekannt vorkommt.

Nun, da sie diese, ihre eigene Familie hinter sich gelassen hat, liegt vor ihr ein neues Leben mit Freiheiten, die sie zuvor niemals besaß. Vorerst aber kann Lale Gül davon wenig genießen. Sie lebt weiter im Versteck, auch wenn die Bedrohungen nach zwei Festnahmen inzwischen abgenommen haben. Während die Niederlande langsam die ersten Coronabeschränkungen aufheben, dauert Lale Güls Lockdown an. Wenn in diesen Tagen an ihrer Universität die Vorlesungen wieder beginnen, ist ihr bei diesem Gedanken mulmig zumute. Sie fragt sich, wie sie dort überhaupt hinkommen soll.


Aus: "Bedrohte Autorin in den Niederlanden: Zwischen allen Fronten" Ein Artikel von Tobias Müller (5.5.2021)
Quelle: https://taz.de/Bedrohte-Autorin-in-den-Niederlanden/!5765575/ (https://taz.de/Bedrohte-Autorin-in-den-Niederlanden/!5765575/)

QuoteKatholischer Atheist
5. Mai, 17:53

Na, da bin ich ja mal gespannt auf die Kommentare ...


QuoteVolker Scheunert
6. Mai, 11:14

Was mich - selbst Vater einer Tochter - erschuettert, ist Folgendes:

"Aber ihre Liebe ist eben nicht bedingungslos. Irgendwann hatte ich mein Glueck ihrem opfern muessen." Was geht in den Koepfen solcher Eltern ab? Es gibt bestimmt auch heute noch "bio-"deutsche oder -niederländische Eltern, die ihren Toechtern sagen: "Mit einem Auslaender brauchst Du Dich bei uns nicht mehr blicken zu lassen." Dieser Wahn aber, als kleine, aber im Selbstverstaendnis einzige nach Gottes Willen lebende, Gemeinschaft in einer zutiefst gottlosen und rassistischen Umgebung, von jedem Mitglied, besonders den weiblichen, absolute Loyalitaet zu fordern, hat etwas zutiefst Paranoides. Das laesst sich auch bei manchen christlichen Gruppierungen, bei rechtsradikalen Sekten, und, zumindest frueher, durchaus auch bei lesbischen Separatistinnen beobachten. Abweichler:innen, Ketzer:innen, Individualist:innen, Aussteiger:innen und "Verraeter:innen" können da froh sein, wenn man sie ohne allzuviel Psychoterror oder gar Morddrohungen ziehen laesst. Ich wünsche Lale Guel weiterhin viel Kraft und jede Menge gute "Wahlverwandtschaft" (nicht Geert Wilders!), auf dass sie ihren eigenen Weg weitergehen kann. Wer weiss, vielleicht kommt auch ihre Familie irgendwann zur Besinnung, und sieht ein, dass ihre freiheitsliebende Tochter ihre Liebe und Loyalitaet verdient, und nicht ihre konformistische Gemeinschaft.


QuoteSonntagssegler
Montag, 14:07

@Volker Scheunert Unsereins muss sich natürlich mit schlecht fundierten Analysen über einem ferne Communities zurückhalten.

Mir ist allerdings in dem Artikel die extrem konservative Mutter aufgefallen. Ich erinnere mich, das dieses Verhalten bei Frauen in Migrantengruppen oft darauf zurückzuführen ist, dass Frauen bei der Integration in die "neue" Welt" extrem benachteiligt sind und sich außerhalb der Familie keine respektvolle Position erarbeiten können.

Daher reduzieren sie ihre Position auf Kompetenzen, die sie aus ihrer alten Heimat mitnehmen konnten, also Familie und Tradition.

Mit zunehmender Bildung der Mädchen/Frauen zerfällt das Muster.

Im Übrigen scheinen ja auch diese Leute in dem Viertel ziemlich krass zu sein. Unsere türkischen Nachbarn wären entsetzt.


QuoteWaldo Montag, 13:59

Starke Frau ....


QuoteSonntagssegler Montag, 13:58

Selten wird ein Mensch bei der taz so uneingeschränkt angehimmelt. Hat es etwa den Autor beim Schreiben erwischt - und womöglich mich beim Lesen mitgerissen?


QuoteJohnBowie
gestern, 20:52

@Sonntagssegler Sehr frustrierend finde ich, dass sich wohl in den letzten 40 Jahren sehr wenig getan hat.

Ich hatte mit zarten 14 Jahren eine türkische Freundin und wurde freundlich von jungen Türken, die irgendwie von unserer realtiv heimlichen Beziehung erfahren hatten, mit gut gemeinten, freundlichen Worten bedroht.

Uns blieb keine Wahl.

Wenige Jahre später reagierte eine junge Frau mit Kopftuch beim Einkauf im Supermarkt auf mich. Ihr Mann, der ihr vorausging, bemerkte etwas und wurde argwöhnisch. Wir gingen schnell und unauffällig weiter.

Niemand sonst nahm Notiz.


QuoteinsLot
6. Mai, 10:06

Zitat: Neulich wurden in einem Artikel Feministinnen zitiert, die mich mutig fanden, sich aber kein Urteil anmaßten, weil es sozusagen nicht ihre Kultur sei.

Ich finde, dieser Satz ist Beispielhaft für das Kernproblem der Identitätspolitik! Ansonsten sehr interessanter Artikel.


QuoteMarco Moreno
6. Mai, 07:33

Danke Tobias Müller für diesen Artikel. Er macht mir einmal mehr deutlich, wie sehr es darum geht den anderes Denkenden auszuhalten, einmal in den multiethischen Gegenden. Rassistische Pöbeleien durfte ich von Biodeutschen und Niederländern ebenso erfahren, wie religiös motivierte Verurteilungen, vollkommen unabhängig davon, welchem Gott gehuldigt wird. Hier wie dort darf, in erster Linie Mann, ein Nazi, oder irgendein Fundamentalist sein, der permanent damit beschäftigt ist, mich, oder mein Liebsten, in unserer/ meiner Freiheit und Würde herabzusetzen. Ich bin so müde dieser Anfeindungen, dieser geistigen Enge, Kleinherzigkeit und Ignoranz, dass ich mich frage wie lange ich noch bereit bin, die anderen zu ertragen. Nochmals danke für den Artikel und ja, auf das auf die Lale gut aufgepasst wird.


Quotehessebub
5. Mai, 22:38

Aufklärung all over again. Man sollte Frau Gül mit Lessing-Preisen und Schiller-Medaillen überhäufen.


QuoteDr. McSchreck
5. Mai, 21:57

Klasse Artikel, der gerade gegen Ende die typischen Gut-Böse-Schemata komplett hinter sich lässt. Ein bisschen wie ein alter Bruce-Springsteen-Song....


QuoteKarl Kraus
5. Mai, 21:20

Warum sind eigentlich so viele Leute so wahnsinnig bescheuert?


QuoteLowandorder
6. Mai, 08:44

@Karl Kraus Eine gute eine Frage. Erschütternd das Ganze.


Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on May 20, 2021, 12:42:33 PM
Quote[...] In den USA ist ein weiteres verschärftes Abtreibungsgesetz in Kraft getreten. Der texanische Gouverneur Greg Abbott unterzeichnete eine Bestimmung, die Abtreibungen verbietet, sobald der Herzschlag des Fötus festgestellt worden ist. Das kann bereits ab der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall sein – also zu einem Zeitpunkt, zu dem viele Frauen noch nicht wissen, dass sie schwanger sind. Dies soll selbst nach Vergewaltigungen oder Inzest gelten. Bislang waren in Texas Abtreibungen nach 20 Schwangerschaftswochen verboten, außer die werdende Mutter befand sich in Lebensgefahr oder der Fötus hatte schwere Fehlbildungen.

So genannte Herzschlag-Gesetze gelten bereits in etwa zehn weiteren republikanisch regierten US-Staaten. Das Besondere in Texas ist, dass es nicht von staatlichen Stellen durchgesetzt werden darf. Vielmehr hat jeder und jede das Recht, diejenigen zu verklagen, die eine verbotene Abtreibung vornehmen oder unterstützt haben, wobei jede einzelne Person mit bis zu 10.000 Dollar Strafe belegt werden kann.

Kritiker warnen, damit bekämen Abtreibungsgegner selbst außerhalb von Texas die Möglichkeit, Gerichte mit Klagen zu überhäufen und Beteiligte zu drangsalieren – etwa Ärzte, Patienten, Krankenschwestern, Berater für häusliche Gewalt, einen Freund, der eine Frau in eine Klinik gefahren hat, oder sogar ein Elternteil, das für einen Eingriff bezahlt hat.

Alle bisherigen restriktiven Abtreibungsgesetze dieser Art wurden jedoch von Gerichten abgelehnt, da sie im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichts der USA stehen. Mit dem Fall Roe v. Wade wurden 1973 Schwangerschaftsabbrüche in den USA bis zum sechsten Monat legalisiert. Das Abtreibungsrecht gehört seit Jahrzehnten zu den strittigsten innenpolitischen Themen in den USA. Viele Konservative hoffen, dass der Supreme Court sein Urteil von 1973 revidiert.

Erst vor einigen Tagen beschloss der Supreme Court, sich erneut mit dem Abtreibungsrecht zu befassen. Anlass ist ein Gesetz des Bundesstaats Mississippi. Es verbietet – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche.


Aus: "Texas verschärft Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen" (20. Mai 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/usa-texas-schwangerschaftsabbrueche-gesetz-sechs-wochen (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/usa-texas-schwangerschaftsabbrueche-gesetz-sechs-wochen)

QuoteGuero #4

Bestimmen mal wieder alte Männer was Frauen machen dürfen und was nicht?


QuoteThantalon #4.1

Ich wüsste ja ganz genre mal was raus käme, wenn es einmal genau anders herum liefe. Junge Frauen bestimmen was alte Männer machen dürfen.


QuoteProvo-Kant #4.3

Bestimmen mal wieder alte Männer was Frauen machen dürfen und was nicht?

Eine "hippe" Äußerung- die sachlich (wie leider oft) völlig daneben geht.
Wenn Sie sich das "konservative" Klientel in den USA ansehen werden sie feststellen das sich das quer durchzieht- durch Alte und Junge, Männlein und Weiblein.
Das was wirklich zutrifft (es sind sehr überwiegend > "Weisse") lassen Sie dagegen außen vor- genau so wie die Tatsache das es wohl auch 50% der "alten Männer" gibt die das zum kotzen finden.
Pauschalisierungen, auch wenn Sie zwanghaft "woke" erscheinen wollen, sind nicht besonders schlau (freundlich ausgedrückt!)


QuoteHapsch #4.4

Laut Exit Polls haben bei der Wahl zum Governor in Texas 2018 auch 50% Abbott gewählt. Der hätte auch gewonnen, wenn nur Frauen gewählt hätten. und seine Pläne was Abtreibung angeht hat er nie verheimlicht. Das sollte man auch bedenken.


QuoteNemo Nolan #8

Woher kommt dieser Drang, Frauen bis in den Uterus hinein vorzuschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben?


QuoteRoyce from Scharbeuce #8.4

Panik vor der eigenen Bedeutungslosigkeit. Man macht sich wichtig, indem man über das Leben und die Freiheit anderer bestimmt. ...


QuotePetrucciation #8.5

"Woher kommt dieser Drang, Frauen bis in den Uterus hinein vorzuschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben?"

Naja, prinzipiell steht ja erstmal Leben gegen Entscheidung über den eigenen Körper, also Grundrecht vs. Grundrecht. Aber selbst im Vergewaltigungsfalle das so zu fordern und schon so früh in der Kindesentwicklung (wo es noch keine wirklich höhere Hirnaktivität mit Bewusstseinsstufen und Schmerzempfinden geben kann) zeigt schon arg, wie rein ideologisch verbohrt das Ganze ist ohne eben Rücksicht auf andere Grundrechte und Aspekte des Ganzen.


QuoteAlsoechtjetzt #8.7

Eigentlich nicht anders als in streng islamischen Ländern. Religiöser Fanatismus. Nur weil die Leute aussehen wie wir, sind sie nicht wie wir. Sieht man auch in Teilen Polens. Wir haben uns nur daran gewöhnt, dass so etwas immer aus dem arabischen Raum kommt. Aber religiöse Verblendung gibt es überall.


QuoteFranz1971 #11

Der Einfluss der evangelikaler Radikalchristen ist überdeutlich . Überzeugt das Leben im Namen eines imaginären Freundes zu schützen treten das Selbstbestimmungsrecht der Frauen mit Füßen und schwingen sich zu Richtern auf . Meine persönliche Meinung zur Abtreibung ist sehr ambivalent . Aber auch völlig egal , nur die einzelne Frau hat das Recht darüber zu entscheiden ob sie ein Kind möchte oder eben nicht .


Quoteartefaktum #14

Und demnächst wird dann wieder gepriesen, der Staat solle sich aus dem Leben der Bürger raushalten! In das Privateste aber soll sich einmischen. Besonders rational ist dieses urkonservative Denken nicht.

Völlig absurd wird es dann, wenn man dann auch noch gleichzeitig für die Todesstrafe ist - die es in Texas selbstredend noch gibt.


QuoteSebastian G. #21

Ich finde es ja immer wieder faszinierend, wie vehement sich die Abtreibungsgegner für die ungeborenen Föten einsetzen und wie vollkommen egal ihnen dann die geborenen Kinder sind. Ganz speziell die Republikaner tun sich ja immer wieder mit massiven Kürzungen im sozialen Bereich oder bei der Bildung hervor.


QuoteAlanFord #23

Ich gratuliere Texas auf seinen Weg zum Gottesstaat (Jesus wollte es so!)
ungeborene Föten gehören beschützt......und Menschen gehören auf den elektrischen Stuhl (sind ja keine Föten mehr)
Waffen für alle !...


QuoteNemo99 #24

Das Traurige ist nur, dass es den Abtreibungsgegnern in den USA häufig nur um ungeborenen Leben geht. Mehr Unterstützung für z.B. Alleinerziehende wäre ja sozialistisch, Kinderkrippe und sehr gute Ausstattung von Kinderheimen würde Geld kosten, das man nicht ausgeben will  ...


QuoteRon Siderius #25

Die republikanisch geführen Staaten werden die Abtreibungsgesetze verschärfen, auch wenn diese von den Gerichten wieder gekippt werden. Eines Tages wird sich der Supreme Court mit dieser Thematik beschäftigen und womöglich Roe vs. Wade revidieren. Die Revision wird dann die nächsten Dekaden gelten. Donald Trump hat mit der Wahl der Supreme Court Richter die Gelegenheit gehabt das konservative Amerika über seine vierjährige Amtszeit zu stärken.


QuoteSamsonit #26

"Der US-Bundesstaat verbietet Schwangerschaftsabbrüche künftig ab dem ersten Herzschlag des Kindes, auch nach einer Vergewaltigung. Jeder soll Beteiligte verklagen dürfen. "

Die perfideste, mit enormer Energie fabrizierte Machtdemonstration gegenüber Frauen die man sich vorstellen kann.


Quotehelmutleitz #33

Abtreibungsverbot nach Vergewaltigungen kannte ich eigentlich nur aus finster-katholischen Ostblockstaaten.

Seltsamer Weg auf dem die USA da gerade sind...


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on June 23, 2021, 12:34:31 PM
Quote[...] Zu den Fakten: Während des etwa vierwöchigen Zyklus einer Frau bereitet sich die Gebärmutter auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Kommt es zu keiner, setzt die Menstruation ein. Neben der Gebärmutterschleimhaut werden Blut, Wasser und Vaginalsekret ausgeschieden. Rund fünf Tage im Monat und sieben Jahre ihres Lebens verbringt eine Frau im Schnitt menstruierend. Währenddessen haben mehr als zehn Prozent aller Frauen so starke Beschwerden, dass sie ihrer Ausbildung oder ihrem Beruf nicht nachgehen können.


Hat eine Frau Blutfluss und ist solches Blut an ihrem Körper, soll sie sieben Tage lang in der Unreinheit ihrer Regel verbleiben. Wer sie berührt, ist unrein bis zum Abend. Alles, worauf sie sich in diesem Zustand legt, ist unrein; alles, worauf sie sich setzt, ist unrein." So steht es in der Bibel, Levitikus 15, Vers 19.

Der unreine Blutfluss, um den es geht, ist die weibliche Menstruation. Im Judentum war die menstruierende Frau lange von allen rituellen Handlungen ausgeschlossen, im Christentum galt die Menstruation Mönchen als Strafe für Evas Sündenfall. Ausgenommen davon war nur die Mutter Gottes: Die nämlich, so Theologen, habe unbefleckt empfangen und ohnehin nie menstruiert.

Mit den magischen Kräften und Unreinheiten der Menstruation beschäftigten sich jahrtausendelang vor allem Männer. Aristoteles sah in ihr einen Beweis für die weibliche Minderwertigkeit: Frauen seien nicht wie Männer imstande, Blut in Sperma zu verwandeln und müssten es deshalb monatlich ausscheiden. Plinius der Ältere beschrieb, dass in der Nähe menstruierender Frauen der Wein verderbe, Bienen stürben und Saatgut unfruchtbar würde. Und Paracelsus stilisierte die Blutung gar zur Bedrohung der Menschheit: ,,Es gibt kein Gift in der Welt, das schädlicher ist als das menstruum."

Um Gift ging es überhaupt lange: 1520 beschrieb Paracelsus die Existenz des ,,Menotoxin". Die Auffassung, dieses finde sich in Blut und Schweiß menstruierender Frauen und lasse etwa Blumen welken, wurde noch bis weit ins 20. Jahrhundert diskutiert.

Um die Bedürfnisse von Frauen allerdings geht es noch nicht allzu lange. Zwar kennen schon nahezu alle alten Kulturen Hilfsmittel, um das Blut aufzusaugen, darunter Binden aus Bast, Gras oder Leinen. In Deutschland kam 1894 die erste kommerzielle Wegwerfbinde auf den Markt, 1947 wurde der erste Tampon für den hiesigen Markt patentiert: der o.b. (,,ohne Binde"). Doch etwa in der Werbung war die Flüssigkeit, die die Saugfähigkeit von Tampons und Binden beweisen soll, lange unverfänglich blau. ,,Sauber und diskret" sollte die Menstruation vor allem sein.

Global ranken sich noch immer viele Mythen um sie https://taz.de/Autorin-Heike-Kleen-ueber-Menstruation/!5474499/ (https://taz.de/Autorin-Heike-Kleen-ueber-Menstruation/!5474499/). Zwar feiern einige Kulturen das erstmalige Auftreten der Menstruation, die sogenannte Menarche https://taz.de/Spirituelles-Ritual/!5471880/ (https://taz.de/Spirituelles-Ritual/!5471880/), als Fest, das auch mit einem positiven Zugang zum weiblichen Körper zu tun haben kann. Weit häufiger jedoch haben Frauen damit zu tun, zu informieren und das Stigma abzubauen, das für potentiell die Hälfte der Menschheit mit ihrer Blutung verknüpft ist.

Zum Teil wird das Problem dadurch verstärkt, dass es keine geeigneten Produkte gibt, um die Blutung aufzufangen, oder diese nicht bezahlbar sind, weshalb Mädchen und Frauen auch weiterhin nicht zur Schule gehen oder an anderen Bereichen des sozialen Lebens teilnehmen können. Auch der Zugang zu ausreichend sauberem Wasser, etwa in schulischen Einrichtungen, ist längst nicht überall gewährleistet. Und schließlich haben viele Familien im vergangenen Jahr ihr Einkommen durch die Pandemie verloren, so dass sie sich Hygieneprodukte kaum noch leisten können.

Zum Weltmenstruationstag, der 2014 von Frauenrechtsinitiativen ins Leben gerufen wurde, warnt die Hilfsorganisation Care davor, dass die Zahl der aktuell etwa 500 Millionen Mädchen und Frauen, die während ihrer Menstruation ohne Hygieneprodukte auskommen müssen, weiter zu steigen droht. In Äthiopien, Uganda, Niger und Kenia etwa seien bis zu 70 Prozent der Frauen und Mädchen gezwungen, ohne ausreichend sauberes Wasser, Hygieneprodukte oder medizinische Versorgung zurechtzukommen. https://taz.de/Trinkwassermangel-in-Kenia/!5713749/ (https://taz.de/Trinkwassermangel-in-Kenia/!5713749/)

Care fordert die internationale Gemeinschaft auf, Menstruationshygiene in alle humanitären Hilfspläne aufzunehmen, genügend finanzielle Mittel dafür bereitzustellen und die politische Teilhabe von Frauen an diesen Entscheidungen zu gewährleisten.

... Ausgerechnet die Debatte um die Monatsblutung brachte Stella Nyanzi, Ugandas führende Feministin, ins Gefängnis. Es war kurz nach den Wahlen 2016. Präsident Yoweri Museveni hatte im Wahlkampf kostenlose Binden an Schulen versprochen und damit bei Frauen viele Stimmen geholt. Denn ein Großteil der Mädchen in Uganda bleibt während ihrer Monatsperiode regelmäßig der Schule fern. Viele Familien können sich die Binden nicht leisten, und in den meisten Schultoiletten gibt es kein fließendes Wasser, um sich zu waschen. Indem sie auf sich aufpassen, vermasseln sich viele Mädchen den Abschluss.

Nach der gewonnenen Wahl fiel die kostenlose Binde still und heimlich vom Tisch. Zwar hatte der Präsident seine Frau Janet zur Bildungsministerin ernannt und damit Hoffnungen geweckt, dass er sein Wahlkampfversprechen ernst gemeint haben könnte. Doch als Ministerin musste ,,Mama Janet", wie sie landauf, landab genannt wird, feststellen: Es mangelt an Geld im Staatshaushalt, um Binden anschaffen zu können.

Dies brachte Stella Nyanzi, promovierte Akademikerin für Genderstudien und Sexualwissenschaft an Ostafrikas renommiertester Universität Makerere in Ugandas Hauptstadt Kampala, auf die Palme. ,,Wir haben jetzt jede Menge Vaginas im Parlament sitzen, aber sie müssen auch beweisen, dass sie ein Gehirn haben", schimpfte sie damals gegenüber der taz. Janet Museveni sei nur Bildungsministerin geworden, ,,weil sie mit dem Präsidenten ins Bett geht." Auf Facebook bezeichnete sie das Präsidentenehepaar als ,,ein Paar Arschbacken".

Das wurde ihr zum Verhängnis. Denn für den 76-jährigen Präsidenten, seit 1986 an der Macht, war dies eine klare Majestätsbeleidigung. Von Unbekannten wurde sie aus ihrem Haus entführt und später wegen ,,Cyber-Belästigung" und Unruhestiftung angeklagt. Sie habe gegen das Gesetz über Computermissbrauch verstoßen, so die Vorwürfe des Staatsanwalts.

Monatelang saß Nyanzi im Jahr 2017 im Gefängnis, litt dort unter anderem an Malaria. Aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung wurde sie schließlich auf Kaution freigelassen. https://taz.de/Menstruations-Tabu-in-Uganda/!5396508/ (https://taz.de/Menstruations-Tabu-in-Uganda/!5396508/)

Vier Jahre später verhandelt jetzt Ugandas Verfassungsgericht über den Fall Stella Nyanzi. Kurz nach den Wahlen im Januar dieses Jahres war sie mit ihrer Familie ins Nachbarland Kenia geflohen. Doch seit Mai ist sie zurück und wirft nun den Verfassungsrichtern vor, das Regime würde ein aus der Kolonialzeit stammendes Gesetz über Geisteskrankheiten nutzen, um Oppositionelle wie sie mundtot zu machen. Kampfeslustig sitzt die Mutter von drei Kindern im Gerichtssaal. Und auch für Präsident Museveni hat sie eine neue Provokation parat. ,,Komm nicht in meinem Mund", heißt ihre gedruckte Gedichtsammlung, die Mitte Juni erscheinen soll. https://taz.de/Nach-den-Wahlen-in-Uganda/!5746587/ (https://taz.de/Nach-den-Wahlen-in-Uganda/!5746587/)

Derweil sind Binden in Uganda ein Politikum geblieben. In einer Crowdfunding-Kampagne über soziale Netzwerke hatte Stella Nyanzi, bevor sie inhaftiert wurde, umgerechnet fast 2.000 Euro eingesammelt. Das Geld spendete sie Nichtregierungsorganisationen, die Schülerinnen beibringen, sich selbst wiederverwendbare Stoffbinden zu nähen. Gereicht hat das nur für eine Handvoll Schulen. Aber seitdem führen immer mehr Schulen in Uganda auf Eigeninitiative Nähkurse für Mädchen ein, um Binden herzustellen. Nyanzis Idee hat sich verselbstständigt.

Carolina Ramírez und ihre Kolleginnen vom Projekt ,,Princesas Menstruantes" haben eine Mission: ,,Für uns ist das Wichtigste, uns komplett von der traditionellen Lesart der Menstruation zu lösen, die rein auf Reproduktion beruht", sagt Carolina Ramírez. ,,Wir sind überzeugt, dass dies die vielfache Unterdrückung von Mädchen und Frauen begünstigt hat."

Carolina Ramírez (39) ist Psychologin und Menstruationserzieherin. Zwölf Jahre lang hatte sie im Umland von Medellín in Kolumbien mit Frauen gearbeitet, von denen viele sexuelle Gewalt erlebt hatten. Immer wieder ging es um Menstruation – und wie man darüber mit den Töchtern spricht.

In der 9. Klasse, wenn in Kolumbiens Schulen Sexualkunde auf dem Lehrplan steht, wird Menstruation im besten Fall unter Fortpflanzungsaspekten behandelt. ,,Menstruieren ist aber nicht nur dazu da, um schwanger zu werden", sagt Ramírez. ,,Die Hormone sind gut für das Wohlbefinden der Frau, die Menstruation reinigt die Gebärmutter von Krankheitserregern."

So entstand die Idee, das Thema Menstruation liebevoller und lustiger für Mädchen aufzubereiten – und im Jahr 2016 das Buch ,,El vestido de Blancanieves se ha teñido de rojo" (Das Kleid von Schneewittchen hat sich rot gefärbt). Darin merkt Schneewittchen durch eine Blumenpracht, die plötzlich in ihr wächst und als roter Honig aus ihr heraus läuft, was für sie wichtig ist im Leben. Ein Prinz kommt nicht vor.

Das Buch gilt als erstes Kinderbuch in Lateinamerika zum Thema überhaupt. Seitdem hat Carolina Ramírez vier weitere Menstruationsmärchen geschrieben. Sie will mit alten Denkmustern aufräumen, welche die Menstruation nutzen, um Frauen von Orten oder Ämtern fernzuhalten.

Ihr Team hat in den Randgebieten von Medellín Mädchen befragt. Dabei stellte sich heraus: Der häufigste Grund, weshalb sie in der Schule fehlen, waren nicht fehlende Hygieneprodukte – sondern die Angst vor Flecken. ,,Und diese Angst lässt sich nur mit Bildung nehmen", sagt Carolina Ramírez. Eine weitere Erkenntnis: ,,Die Schule ist kein sicherer Ort zum Menstruieren. Es gibt keine Fürsorge, keine Begleitung, keine Binden, oft nicht einmal Wasser, Klopapier oder Türen, die richtig schließen." Viel zu oft lassen Leh­re­r*in­nen die Mädchen nicht auf die Toilette gehen und sagen: ,,Kontrolliere deinen Körper."

Das 2015 gegründete Projekt ,,Princesas Menstruantes" bietet Lehrmaterialien, Workshops für Mädchen und Erwachsene sowie eine Weiterbildung zur Menstruationserzieherin. Die ,,Escuela de Niñas poderosas" (Schule der mächtigen Mädchen) soll Mädchen im Alter von acht bis zwölf Jahren helfen, ihre Pubertät zu einer positiven Erfahrung zu machen und ihre Autonomie fördern. Das reicht von Menstruations- und Sexualkunde über Selbstfürsorge bis hin zu weiblichen Vorbildern und einer politischen Geschichte der Frauen. ,,Wir reden darüber, wie sie sich um sich selbst kümmern und ein Unterstützungsnetz aufbauen und eine Vertrauensperson finden, mit der sie reden können, wenn ihnen etwas passiert", sagt Ramírez.

Bis 2020 haben Carolina Ramírez und ihre Kolleginnen mehr als 12.000 Mädchen, Jugendliche und Frauen in Lateinamerika geschult. ,,Menstruationsbildung darf kein Privileg sein", sagt Carolina Ramírez. ,,Die Mädchen, die völlig vom Staat alleingelassen leben, brauchen uns am dringendsten. Wenn uns eine Schule anruft und sagt: Wir haben da 50 Mädchen, aber kein Geld – dann versuchen wir, es irgendwie aufzutreiben, und nehmen uns drei Tage frei."

Line Tabet Masri ist 35 Jahre und hat zwei kleine Töchter. Doch erst als sie mit 30 ihre Tochter bekam und sich ihre Menstruation dadurch verändert hat, hat sie angefangen, mit Freundinnen darüber zu sprechen. Nun sitzt sie in ihrer großzügigen Wohnung in Beirut im 16. Stock mit Blick auf die Berge und spricht passioniert über die Periode. ,,Die Würde einer Frau darf nicht abhängig sein vom Einkommen oder ihrer Herkunft", sagt sie bestimmt.

Der Schein des großen Wohnzimmers trügt. Masri hat ihre Ersparnisse verloren, weil Libanons Währung aufgrund der Finanzkrise 80 Prozent ihres Wertes verloren hat. Zehn von den günstigsten Binden kosten heute umgerechnet 4 Euro, eine kleine Packung Tampons fast 25 Euro.

Mit dem Währungsverfall begann Masri, Hilfspakete zu packen. ,,Dabei ist mir aufgefallen, dass wir Zahnpasta oder Desinfektionsmittel spenden, aber keine Binden." Eine sehr männliche Sicht. Deshalb initiierte die 35-Jährige gemeinsam mit ihrer Freundin Rana Haddad im Mai 2020 das Projekt ,,Dawrati" (,,Meine Periode"). Sie arbeitet mit einem Bindenhersteller zusammen, hat Spendenboxen in Apotheken aufgestellt und nimmt auch Einzelspenden an der Haustür an. Alles ehrenamtlich.

Durch diese Arbeit hat sie gemerkt, wie privilegiert ihr Umgang mit der Menstruation bisher war. Sie erinnert sich, wie ihre Mutter mit ihr in den Supermarkt ging und sie sich verschiedene Binden aussuchte. ,,Dass ich verschiedene Modelle kaufen und ausprobieren konnte – das ist ein Privileg."

In der Schule hatten sie bereits über das reproduktive System gesprochen. Doch in konservativen Haushalten und bei der älteren Generation sei Menstruation ein Tabuthema. ,,Der Verkäufer in kleineren Läden packt dir die Binden in eine schwarze Tüte, damit niemand sieht, was darin ist."

Entsprechend schwer sei das Gespräch. Selbstgenähte Binden funktionieren nicht, wenn sie zum Trocknen auf eine Leine gehängt werden müssen und die Nachbarschaft sie sieht. Und: ,,Ich kann nicht einfach Freiwillige schicken, die dann mit Frauen über ihre Periode sprechen. Für so etwas braucht es einen Safe Space, Freun­d*in­nen und Komfort." Dafür hätten die Frauen im Libanon gerade keinen Kopf. Sie kämpfen mit Kinderbetreuung, Haushalt, Job und der Frage, wie sie im nächsten Monat das Essen bezahlen sollen.

...

[...]



Aus dem Artikel "Internationaler Tag der Menstruation: Das Blut der Unterdrückung"
Julia Neumann, Natalie Mayroth, Ilona Eveleens, Katharina Wojczenko, Simone Schlindwein, Patricia Hecht (28.5.2021)
Quelle: https://taz.de/Internationaler-Tag-der-Menstruation/!5775167/ (https://taz.de/Internationaler-Tag-der-Menstruation/!5775167/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 02, 2021, 04:37:58 PM
Quote[...] Wer in den letzten Wochen an Berliner Erholungsorten unterwegs war, dürfte einen Trend wahrgenommen haben: Immer mehr junge Frauen tragen zum Sonnen und Schwimmen kein Oberteil. Das führt zu nahtloser Bräune und einem Gefühl von luftiger Freiheit. Und ist, ob beabsichtigt oder nicht, ein feministischer Akt. Denn offenbar haben selbst in Berlin Frauenbrüste nicht die gleichen Rechte wie die von Männern.

Dass dem so ist, zeigt der Fall der in Berlin lebenden Französin Gabrielle Lebreton, über den der Tagesspiegel am Mittwoch berichtete [https://plus.tagesspiegel.de/berlin/nein-doch-ohh-berlinerin-loest-mit-nackten-bruesten-auf-dem-spielplatz-polizeieinsatz-aus-172569.html (https://plus.tagesspiegel.de/berlin/nein-doch-ohh-berlinerin-loest-mit-nackten-bruesten-auf-dem-spielplatz-polizeieinsatz-aus-172569.html)]. An einem heißen Tag besucht sie mit ihrem sechsjährigen Sohn die Plansche, einen Wasserspielplatz im Plänterwald. Dort wird sie von zwei Parkaufsehern aufgefordert, sich einen BH anzuziehen oder das Gelände zu verlassen. Dieses sei kein FKK-Bereich.

Lebreton entgegnet, sie sei nicht nackt, sondern nur oberkörperfrei – genau wie viele Männer. Sie fühle sich diskriminiert. Die Parkaufseher verweisen auf das Hausrecht und rufen schließlich die Polizei. Lebreton und ihr Sohn gehen.

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick bestätigte den Fall. Demnach habe das Sicherheitspersonal auf Grundlage des Paragrafen 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gehandelt. Dieser bezeichnet eine ,,grob ungehörige Handlung", die geeignet sei, ,,die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen".

Eine Sprecherin sagte der dpa, ein am Eingang der Anlage angebrachtes Schild weise keine FKK-Freigabe aus – jedoch auch keinen Hinweis auf ein FKK-Verbot. Man berate nun über mögliche Reaktionen auf den Vorfall – zum Beispiel, ob man einen FKK-Bereich einführen sollte. Oder deutlicher darauf hinweisen, dass FKK an der Plansche nicht erwünscht ist.

Ob man eine entblößte Brust in einem Park als ,,grob ungehörige Handlung" bezeichnen kann, ist natürlich Auslegungssache. Nacktheit an sich ist per Gesetz nicht verboten, so lange sie keine Belästigung darstellt (wie zum Beispiel bei Exhibitionisten).

Und natürlich kann man sich in einem Kulturkreis, in dem es allein des Wetters wegen normal ist, in der Öffentlichkeit bekleidet zu sein, in gewissen Situationen von nackten Menschen irritiert fühlen – im Restaurant zum Beispiel, oder im Supermarkt, wo man einander ungewollt nah kommt.

Doch die Reaktion des Bezirksamtes zeigt, wo das eigentliche Problem liegt: Warum gelten für Frauen andere Regeln als für Männer? Warum dulden auch soziale Netzwerke wie Instagram keine weiblichen Nippel, während Männer ihre ungehindert in jede Kamera halten können?

Das Problem ist die Sexualisierung und Tabuisierung des weiblichen Körpers. Mädchen wird früh beigebracht, dass ihr Körper etwas Verbotenes ist: die Brüste müssen bedeckt werden, der Rock darf nicht zu kurz sein, die Periode sollte man lieber verstecken. Das ist das Gegenteil von Selbstbestimmung. Während der männliche Körper Privatsache ist, ist der weibliche politisch, immer Thema gesellschaftlicher Auseinandersetzungen.

Dass die Parkaufseher Gabrielle Lebreton sagten, sie solle sich anziehen, weil Kinder im Park sind, verdeutlicht die Absurdität der Debatte: Kinder nehmen Brüste nicht instinktiv als etwas Sexuelles oder Anstößiges wahr. Diese Sichtweise wird ihnen beigebracht ...


Aus: "Polizeieinsatz wegen nackter Brüste in Berlin: Es geht hier nicht um FKK – sondern um fehlende Gleichberechtigung" Aus einem Kommentar von Jana Weiss (01.07.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizeieinsatz-wegen-nackter-brueste-in-berlin-es-geht-hier-nicht-um-fkk-sondern-um-fehlende-gleichberechtigung/27384380.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizeieinsatz-wegen-nackter-brueste-in-berlin-es-geht-hier-nicht-um-fkk-sondern-um-fehlende-gleichberechtigung/27384380.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on July 10, 2021, 03:43:04 PM
Quote[...] Wegen einer tödlichen Attacke in einem Massagesalon nahe der US-Stadt Atlanta ist ein 22-Jähriger zu vier Mal lebenslanger Haft plus 35 Jahre verurteilt worden. Aussicht auf Bewährung hat er nicht. Der Angeklagte gab am Dienstag vor Gericht in Cherokee County zu, im März vier Menschen in einem Massagesalon im südlichen Bundesstaat Georgia getötet zu haben. Dem Mann steht allerdings noch ein weiteres Verfahren bevor. Ihm wird vorgeworfen, in zwei anderen Salons vier weitere Menschen getötet zu haben.

"Heute wurde der Gerechtigkeit Genüge getan und der Angeklagte bekannte sich in allen Anklagepunkten schuldig und wurde zu vier aufeinanderfolgenden lebenslangen Haftstrafen ohne die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung verurteilt", sagte Staatsanwältin Shannon Wallace nach der Anhörung in einer Pressekonferenz. In dem zweiten Verfahren im benachbarten Bezirk Fulton droht ihm die Todesstrafe. Hier will die zuständige Staatsanwältin die Tat als Hassverbrechen einstufen lassen.

Die Opfer bei den drei Angriffen, die der junge Mann alle am selben Tag kurz nacheinander durchführte, waren überwiegend asiatischstämmig. Ein Mann überlebte mit schweren Verletzungen. Der Schütze hatte angegeben, nicht aus rassistischen, sondern sexuellen Motiven gehandelt zu haben. Er sei sexsüchtig und habe "Versuchungen" beseitigen wollen. Die Tat hatte in den USA die heftige Debatte über zunehmenden Hass und Gewalt gegenüber asiatischstämmigen Amerikanern angeheizt.

Der 22-Jährige schilderte bei der Anhörung, dass er zunächst eine Waffe gekauft habe, um sich selbst zu töten. Schließlich habe er sich betrunken und sei zum ersten Massagesalon gefahren, um dort auch sexuelle Dienste in Anspruch zu nehmen. Noch im Auto habe er beschlossen, die Menschen dort zu töten. Er gab an, er habe sie "bestrafen" wollen. "Es war im Wesentlichen eine Abwälzung der Schuld für mein Handeln auf sie", sagt er. Der Angeklagte erklärte, nach seinem Verständnis sei Sex nur in der Ehe in Ordnung.

Quelle: ntv.de, ino/dpa


Aus: "Morde in Massagesalons: 22-Jähriger kommt nie wieder frei" (Mittwoch, 28. Juli 2021)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/22-Jaehriger-kommt-nie-wieder-frei-article22708337.html (https://www.n-tv.de/panorama/22-Jaehriger-kommt-nie-wieder-frei-article22708337.html)


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Quote[...] Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland stark verbreitet: Etwa 115.000 Frauen wurden im Jahr 2019 Opfer häuslicher Gewalt. Im Schnitt versucht jeden Tag ein Mann, seine Partnerin oder Expartnerin zu töten. An jedem dritten Tag wird es traurige Realität. Obwohl Gewalt gegen Frauen alltäglich ist, beschränken sich Medien in der Berichterstattung oft nur auf den Einzelfall. Strukturellen Hintergründen wird wenig Raum gegeben. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung.

Mit mehr als 69.000 Fällen war vorsätzliche Körperverletzung die häufigste Form der Gewalt. Laut Bundesfamilienministerium, kommt es dazu besonders häufig im Zusammenhang mit Trennungen und Scheidungen. So verwundert es nicht, dass in mehr als der Hälfte der Fälle (Ex-)Partner oder Männer aus dem persönlichen Umfeld der Betroffenen zu Tätern werden.

Diese alltägliche Gewalt kommt in der Berichterstattung aber kaum vor, was die Untersuchung "Tragische Einzelfälle - Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten" zeigt.

https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/AP47_Tragische_Einzelfaelle.pdf (https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/AP47_Tragische_Einzelfaelle.pdf)

Lediglich 18 Prozent der Berichte haben Körperverletzungen zum Gegenstand und weniger als jeder vierte Bericht thematisiert Gewalt in der Partnerschaft. "Offensichtlich ist Gewalt gegen Frauen und vor allem Gewalt in intimen Beziehungen immer noch ein großes Tabu - in der Gesellschaft wie auch bei den Medienschaffenden", konstatiert Studienautorin Christine Meltzer. Gewalt gegen Frauen werde nur dann in den Medien aufgegriffen, so Meltzer weiter, wenn sie eine besonders brutale Form annimmt und etwa mit dem Tod des Opfers ende - was in der Realität aber nur einen Bruchteil - weniger als ein Prozent - der verübten Gewalt ausmache.

Für die Studie hat die Forscherin von der Universität Mainz rund 3.500 Beiträge ausgewertet, die in überregionalen und regionalen Tageszeitungen sowie Boulevardzeitungen abgedruckt wurden. Im Fokus lag die Berichterstattung von 17 deutschen Medien zwischen den Jahren 2015 und 2019. Ein Ergebnis der Untersuchung ist, dass bestimmte Gewalttaten überbetont werden, während andere viel zu wenig beleuchtet werden. Es klafften große Lücken zwischen den Zahlen der Kriminalstatistik und deren medialen Bedeutung.

Ein anderer Befund war, dass mit rund 70 Prozent die überwiegende Mehrheit der Artikel die Taten wie Einzelfälle beschreiben. Eine sachliche Einordnung - inklusive des Aufzeigens von Gründen, Lösungswegen und präventiven Maßnahmen bei Gewalt gegen Frauen - finde kaum statt.

"Es ist klar, dass nicht jeder einzelne Fall im Kontext struktureller Entwicklungen dargestellt werden kann", so Meltzer. "Es kann jedoch mit wenigen Mitteln, beispielsweise dem Verweis auf Statistiken und dem Einbezug von Sachverständigen, zum schrittweisen Verständnis für die Dimensionen des gesellschaftlichen Problems beigetragen werden." Medien könnten so das Problem sichtbar machen, die Gesellschaft sensibilisieren und auch zum Gewaltschutz beitragen.

Zugleich stellt die Studienautorin fest, dass sei den Ereignissen der Kölner Silvesternacht 2015/16 die Herkunft der Täter immer öfter genannt werde. Auch wenn sich im Vergleich zur polizeilichen Kriminalstatistik nicht zeigen lasse, dass die Herkunft nichtdeutscher Tatverdächtiger über Gebühr veröffentlicht werde, so werde ein anderes Problem sichtbar: Werden die Taten Nichtdeutschen zugeschrieben, werde die Gewalt zum Politikum gemacht und kulturalisiert. (Bernd Müller)


Aus: "Wenn aus Femiziden tragische Einzelfälle werden" Bernd Müller (10. Juli 2021)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Wenn-aus-Femiziden-tragische-Einzelfaelle-werden-6134047.html (https://www.heise.de/tp/features/Wenn-aus-Femiziden-tragische-Einzelfaelle-werden-6134047.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 07, 2021, 10:54:35 AM
Quote[...] In Berlin sollen zwei Brüder aus Afghanistan einen sogenannten Ehrenmord an ihrer älteren Schwester verübt haben. Weil die beide Afghanen sich offenbar in ihrer Ehre von ihrer Schwester gekränkt fühlten, sollen sie die Frau umgebracht haben.

Die Ermittler gehen offiziell von einem sogenannten ,,Ehrenmord" an der 34-Jährigen aus, die in Berlin lebte. Der Lebensstil der zweifachen Mutter, die geschieden lebte, habe nicht den Moralvorstellungen der Brüder entsprochen, stellte ein Richter im Haftbefehl gegen die Männer fest.

Die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Berlin ermitteln gegen die beiden 22 und 25 Jahre alten Männer, sie stehen unter dringendem Tatverdacht, ihre Schwester am 13. Juli 2021 ,,aus gekränktem Ehrgefühl gemeinschaftlich getötet" zu haben. Den Angaben zufolge sitzen beide seit Mittwoch in Untersuchungshaft. "Wir ermitteln wegen des Verdachts auf einen sogenannten Ehrenmord", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Laut Staatsanwaltschaft sollen die Männer ihre Schwester gemeinsam getötet und noch am Tattag die Leiche in einem Koffer mit der Deutschen Bahn zum Wohnort des 25-Jährigen nach Bayern gebracht haben. In Neuburg an der Donau sei die Leiche - wohl von beiden zusammen - vergraben worden.

Die Frau war zunächst als vermisst gemeldet worden, die Hinweise darauf, dass sie getötet worden sein könnte, verdichteten sich jedoch. Zehn Tage nach dem Verschwinden der Frau, am 23. Juli, rückten Mordermittler und Kriminaltechniker an und durchsuchten eine Wohnung in Hellersdorf. Ob dort das Opfer oder einer ihrer Brüder lebte, dazu wollte die Staatsanwaltschaft nichts sagen. Laut Anwohner sollen dort auch Kinder gelebt haben.

Aufgrund der Auswertung von Videoaufnahmen von Überwachungskameras eines Fernbahnhofs in Berlin, Funkzellenauswertungen und Zeugenaussagen erhärtete sich der Mordverdacht gegen die Brüder. Die Staatsanwaltschaft erwirkte daraufhin Haftbefehl gegen beide.

Nach Ermittlungen in Bayern gemeinsam mit den dortigen Behörden konnte am Donnerstag die Leiche einer Frau in der Nähe des Wohnortes des 25-Jährigen in Neuburg an der Donau gefunden werden. Die Obduktion ergab am Freitag, dass es sich um die Schwester handelt – und dass sie getötet wurde.

Weitere Ergebnisse der Obduktion etwa zum Tathergang wollte die Staatsanwaltschaft nicht mitteilen. Die Geschwister haben den Angaben zufolge die afghanische Staatsangehörigkeit und leben seit einigen Jahren in Deutschland.

Der Fall erinnert den Tod Hatun Sürücüs. Am 7. Februar 2005 war die damals 23-Jährige in einer Bushaltestelle in Tempelhof von ihrem jüngsten Bruder mit drei Kopfschüssen ermordet worden. Sie hatte sich aus der Ehe mit ihrem Cousin befreit und war mit ihrem Sohn Can von Istanbul zurück nach Berlin gezogen.

In Berlin holte sie ihren Hauptschulabschluss nach und stand kurz vor ihrer Gesellenprüfung als Elektroinstallateurin. Doch ihre Verwandten sahen durch den westlichen Lebensstil der Frau die Ehre der Familie verletzt.


Aus: "Ermittlungen wegen ,,Ehrenmordes" an 34-jähriger Afghanin aus Berlin"  Tilman Schröter, Alexander Fröhlich (06.08.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/offenbar-von-den-eigenen-bruedern-getoetet-ermittlungen-wegen-ehrenmordes-an-34-jaehriger-afghanin-aus-berlin/27490090.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/offenbar-von-den-eigenen-bruedern-getoetet-ermittlungen-wegen-ehrenmordes-an-34-jaehriger-afghanin-aus-berlin/27490090.html)

"Ehrenmorde unter Berücksichtigung rechtlicher, soziologischer, kultureller und religiöser Aspekte"
von Prof. Christine Schirrmacher [Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) – Deutsche Sektion e. V. ist eine der ältesten Menschenrechtsorganisationen in Deutschland. Sie wurde 1972 in Frankfurt am Main von ehemaligen politisch Verfolgten und engagierten Menschen gegründet. Wir setzen uns für die weltweite Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein, darunter die Presse- und Meinungsfreiheit, Gewissens- und Religionsfreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Das schließt den Einsatz für die Religionsfreiheit aller Religionen und ihrer friedlichen Anhänger ein. Die IGFM verurteilt Menschenrechtsverletzungen im Namen der Religion.]
https://www.igfm.de/ehrenmorde-zwischen-migration-und-tradition/ (https://www.igfm.de/ehrenmorde-zwischen-migration-und-tradition/)


https://www.tagesspiegel.de/wissen/forschung-zu-ehrenmorden-auch-deutsche-toeten-ihre-frauen/25519340.html (https://www.tagesspiegel.de/wissen/forschung-zu-ehrenmorden-auch-deutsche-toeten-ihre-frauen/25519340.html)

https://www.tagesspiegel.de/berlin/ehrenmord-jaehrt-sich-zum-15-mal-hatun-sueruecues-vermaechtnis/25520314.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/ehrenmord-jaehrt-sich-zum-15-mal-hatun-sueruecues-vermaechtnis/25520314.html)

Quotemorgensum5 06.08.2021, 18:53 Uhr

Beim Lesen des Artikels wurde mir schlecht. Wie kann man nur seine eigene Schwester ermorden!? ...


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QuoteJournalisten, die allen Ernstes in ihrer Berichterstattung von einem Verbrechen das Wort ,,Ehrenmord" benutzen, tragen die Selbstrechtfertigung des Mörders weiter, geben ihr damit Gewicht und treten mit ihrem Tintengekleckse noch einmal kräftig auf ein schon totes Opfer ein. Sie sind genau so psychopathisch-asozial wie ein für jedes zivilisierte menschliches Miteinander ungeeigneter Mörder, der im Wahnrausch in einer erlittenen narzisstischen Kränkung bereits genügend Grund sieht, einen anderen Menschen totzumachen.

Die hin und wieder um das Wort gesetzten Anführungszeichen sind ein klarer Beleg dafür, dass die so schreibenden Journalisten genau wissen, wie widerlich sie beim Schreiben sind, aber trotzdem nicht auf ihre psychopathische Würze verzichten mögen.


Aus: "Ehre" Filed under: Alarmrufe by Nachtwaechter (7. August 2021)
Quelle: https://tamagothi.wordpress.com/2021/08/07/ehre/ (https://tamagothi.wordpress.com/2021/08/07/ehre/)

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Quote[...] Berlins Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) sieht in der Tötung der 34-jährigen Afghanin Maryam H., die in Berlin mutmaßlich von ihren Brüdern umgebracht wurde, weil sie die westliche Lebensweise ihrer Schwester nicht gebilligt haben sollen, keinen Ehrenmord.

,,In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist kein Ehrenmord, das ist Femizid", sagte sie dem Tagesspiegel. ,,Und ich habe leider keine Idee, wie man Männer besser integrieren kann. Es geht nicht um die Herkunft und die Nationalität der Täter, es geht um die Frage des Geschlechts."

Die Staatsanwaltschaft Berlin geht davon aus, dass die beiden Brüder in Alter von 22 und 25 Jahren die Mutter von zwei Kindern ermordet haben. Die Männer sollen sie ,,aus gekränktem Ehrgefühl" getötet haben, es soll nicht den Moralvorstellungen der Verdächtigen entsprochen haben, wie die Frau lebte: Sie war geschieden, soll einen neuen Partner gehabt haben, sich geschminkt, westlich gekleidet haben – und ohne Kopftuch. Die Leiche sollen sie in einem Koffer per Bahn nach Bayern geschafft und dort vergraben haben.

Breitenbachs Einschätzung stößt beim CDU-Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhaus-Wahl, Kai Wegner, auf scharfe Kritik: "Solche Antworten sind ein Teil des Problems. Frau Breitenbach leugnet die Realität, um ihr brüchiges Weltbild zu stabilisieren. Wer die religiös-kulturellen Hintergründe von sogenannten Ehrenmorden abstreitet, schützt die Täter und lässt die Opfer im Stich. Wir brauchen aber eine Kultur des Hinsehens. Bei der Unterdrückung von Frauen im Namen einer vermeintlichen Ehre brauchen wir null Toleranz."

Wer aus Ländern mit archaischen Ehrvorstellungen in Deutschland um Schutz ersuche, solle in verbindlichen Integrationskursen die Grundlagen des Zusammenlebens vermittelt bekommen. "Jeder, der zu uns kommt, muss wissen: Die Gleichberechtigung der Geschlechter, die Religionsfreiheit, die sexuelle Selbstbestimmung und das Eintreten für den Schutz jüdischen Lebens sind unverhandelbar. Die Kurse müssen mit einer verbindlichen Integrationsvereinbarung abgeschlossen werden."

Wer sich der Integration verweigere und die Rechtsordnung missachte, müsse mit Konsequenzen  rechnen, die bis zum Verlust der Aufenthaltsberechtigung reichen können. Ein konsequentes Vorgehen gegen Ehrenmorde, Zwangsheiraten, Unterdrückung und familiäre Zwangsstrukturen sei man besonders auch Frauen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland in Freiheit und Selbstbestimmung leben wollten, schuldig.

Der deutsch-israelische Psychologen Ahmad Mansour sieht die Gefahr, dass man Ehrenmorde klein rede. Der arabisch stämmige Autor, der seit vielen Jahren mit Flüchtlingen arbeitet und sich mit Projekten gegen Unterdrückung im Namen der Ehre befasst, erklärte in einem Interview mit dem Tagesspiegel: ,,In der Gesellschaft herrscht kaum ein Wahrnehmungsbewusstsein für die Probleme, die es bei der Integration von Migranten gibt. Sehr viele verdrängen oder relativieren diese Probleme. Bei Ehrenmord wird von Femizid gesprochen, vom allgemeinen Phänomen von Gewalt gegenüber Frauen."

Natürlich gebe es es diese allgemeine Gewalt gegen Frauen, ,,aber wenn wir dabei die kulturellen und religiösen Hintergründe von bestimmten Phänomenen ausblenden, hilft das nicht weiter." Er habe den Eindruck, dass teilweise die allgemeine Diskussion über die Abwertung von Frauen und die Ablehnung von Emanzipation und Gleichberechtigung dazu führt, ,,dass wir im Speziellen nicht weiterkommen."

Benedikt Lux, der innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, sagte dem Tagesspiegel: ,,Wir haben sogenannte Ehrenmorde sehr früh in den Fokus genommen. Frauenhass müssen wir bekämpfen und patriarchale Strukturen aufbrechen, egal wo sie uns begegnen. Mit dem Hatun-Sürücü-Preis engagieren wir uns schon lange, um mehr Sichtbarkeit für die Thematik zu erzeugen und um klar zu sagen, dass Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen können müssen. Berlin hat in den letzten Jahren diverse Instrumente im Bereich Integration, Prävention und Schutz von Frauen ausgebaut."

Ob und wie es im vorliegenden Fall konkrete Maßnahmen gegeben habe, könne man noch nicht beurteilen. ,,Das muss ausgewertet werden, dann kann man konkrete Ableitungen treffen. Auf jeden Fall muss der Rechtsstaat solche abscheulichen Verbrechen konsequent verfolgen und Schutz- und Präventionsangebote besser bekannt machen."

Die Ermordete und ihre Brüder kamen als Flüchtlinge nach Deutschland. Nach Angaben der ,,BZ" sollen die Brüder immer wieder Druck auf ihre Schwester ausgeübt haben. Sie hätten versucht, den Kontakt zu allen anderen Menschen zu unterbinden. Die Mutter, die in einer Flüchtlingsunterkunft in Lichtenberg gelebt hatte, bevor sie nach Hellersdorf gezogen ist, habe in ständiger Todesangst gelebt.

Der Fall erinnert den Tod Hatun Sürücüs. Am 7. Februar 2005 war die damals 23-Jährige in einer Bushaltestelle in Tempelhof von ihrem jüngsten Bruder mit drei Kopfschüssen ermordet worden. Sie hatte sich aus der Ehe mit ihrem Cousin befreit und war mit ihrem Sohn Can von Istanbul zurück nach Berlin gezogen.


Aus: "Berlins Integrationssenatorin sieht in Tötung durch Brüder keinen ,,Ehrenmord"" Frank Bachner (08.08.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/habe-keine-idee-wie-man-maenner-besser-integrieren-kann-berlins-integrationssenatorin-sieht-in-toetung-durch-brueder-keinen-ehrenmord/27494510.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/habe-keine-idee-wie-man-maenner-besser-integrieren-kann-berlins-integrationssenatorin-sieht-in-toetung-durch-brueder-keinen-ehrenmord/27494510.html)

Quotej.quidde 18:25 Uhr

Jeder, der hier nur von Ehrenmord fabuliert, hat die Beziehungsmorde und Gewalttaten deutscher Männer gegen deutsche Frauen nicht vor Augen.

Der Fall hier, dass westlicher Lebensstil (Schminken, kein Kopftuch) ausreichte, um einen Mord zu begehen, bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass ein männlicher Afghane mit dem Pflegen von westlichem Lebensstil, Alkohol, Rauchen, Drogen, westliche Kleidung in Jeans etc. -  wie auch immer geartet  - religiös ruchlos, genauso einen Mord hätte fürchten müssen, wie eine Frau und hier Schwester der Mörder.

Es ist auch kein rein muslimisches Einwanderer-Phänomen nur in Deutschland. Femizide sind in Italien an der Tagesordnung, durch Einheimische an Einheimischen. Das christliche (katholische) Weltbild schützt Frauen dort keineswegs vor Vergewaltigung und Mord.

Insofern hat Elke Breitenbach Recht. Der Hass und die Verachtung gegenüber Frauen sind ursächlich, weder Religion noch Nationalität kann diese Art von männlicher Verfügbarkeit über den Tod hinaus kaschieren.


QuoteDuck_Soup 17:29 Uhr

    ,,Und ich habe leider keine Idee, wie man Männer besser integrieren kann. Es geht nicht um die Herkunft und die Nationalität der Täter, es geht um die Frage des Geschlechts."

Unglaublich, was die Frau von sich gibt. Mit derartigen Aussagen und der damit verbundenen Vernebelung von Ursachen kulturell bedingter Gewalt und des gleichzeitigen Generalverdachts gegen Männer disqualifiert sich diese linke Funktionsträgerin. ...


QuoteZweites_Ich 17:26 Uhr

    "Es geht nicht um die Herkunft und die Nationalität der Täter, es geht um die Frage des Geschlechts."

Doch Frau Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke), bei diesem speziellen Fall, geht es darum, genau darum!


QuoteLeoBerlin 18:20 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Zweites_Ich 17:26 Uhr
"An jedem dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet."

"In Deutschland beispielsweise hat der Bundesgerichtshof noch 2019 entschieden, dass der Umstand, dass das Tatopfer sich vor der Tat vom Mann getrennt hat, so beurteilt werden darf, dass er gegen die Niedrigkeit des Beweggrundes spricht. Das heißt, wenn ein Mann seine Ex-Partnerin tötet, weil sie sich von ihm getrennt hat, so gilt das als strafmildernd – ein Widerspruch zur Istanbul-Konvention, die seit 2018 auch in Deutschland völkerrechtlich bindend ist."

Diese Zitate stammen aus "Getötet, weil sie Frauen sind", einem Interview mit der Sozailwissenschaftlerin Monika Schröttle.


Es ist unerheblich, welche Nationalität die Täter haben. Sich darauf zu fokussieren, hieße, alle anderen Gewaltdelikte gegen Frauen auszublenden. Das Muster ist immer das Gleiche: die Frau müsse tun, was dem Mann gefällt. Nur seine Regeln gelten.


...

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Quote[...] Elke Breitenbach von der Linkspartei, die Berliner Senatorin für Soziales, Arbeit und Integration, hat die Kurve noch bekommen. Sie hat ihre hoch umstrittene Aussage im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen ,,Ehrenmord" an einer afghanischen Mutter durch ihre Brüder relativiert. Ursprünglich hatte sie erklärt, es handele sich nicht um einen Ehrenmord, obwohl die Staatsanwaltschaft genügend Hinweise hatte.

Für Breitenbach war die Tat ein Femizid, wie er jeden dritten Tag in Deutschland vorkomme. Es gehe bei den Tätern nicht um die Herkunft und die Nationalität der Männer. Am Montag dann die Kehrtwende: Femizid verwende sie, sagte die Senatorin, weil es bei Mord keine Ehre gebe. Breitenbach hatte fast zwei Tage lang an ihrer ursprünglichen Aussage festgehalten. Erst auf den öffentlichen Aufschrei hat sie dann schließlich reagiert.

Das Grundproblem aber bleibt. Der sogenannte Ehrenmord ist eine spezielle Form des Femizids, und man kann ihn nicht einfach unter diesem Oberbegriff verschwinden lassen. Natürlich: Auch deutsche Männer ermorden ihre Frauen, aus Eifersucht, aus einer Kränkung heraus, so gesehen spielt Nationalität tatsächlich keine Rolle. Es sind alles furchtbare Fälle.

Aber einen Unterschied zu den Ehrenmorden gibt es dann doch: Deren Täter stammen aus Ländern, in denen patriarchalische Strukturen in der Gesellschaft noch verankert sind. In Ländern wie Afghanistan oder Syrien ist es oft noch Tradition, dass Frauen kontrolliert und von männlichen Familienmitgliedern massiv unterdrückt werden. Die regionalen Sitten kennen keine sexuelle Selbstbestimmung, und oftmals wird den Frauen verboten, mit familienfremden Männern auch nur zu sprechen.

Wenn nun Männer, die so sozialisiert wurden, diese anerzogenen Gewissheiten hierzulande ausleben, spielt die Herkunft für die Problemanalyse sehr wohl eine Rolle. Und auch dafür, wie man dagegen vorgehen will und kann. Das ist umso wichtiger, als die archaischen Wertvorstellungen auch hierzulande noch weitergegeben werden. Es gibt genügend Lehrkräfte, die auf hiesigen Schulhöfen beobachten, wie Mädchen von ihren Brüdern eingeschüchtert oder drangsaliert werden.

Doch diese Strukturen kann man nicht aufbrechen, wenn man aus einem verengten Weltbild heraus dazu neigt, in Menschen aus anderen Kulturkreisen grundsätzlich nur vor Benachteiligung zu schützende Menschen zu sehen. Und dass sie so denkt, ist ein Eindruck, den man bei Berlins Senatorin haben kann. Es gibt genug ehemalige Flüchtlinge, die gut integriert sind, aber wer die Problemfälle ausblendet, der verliert nicht bloß die unterdrückten Frauen und Mädchen aus dem Blick, der schwächt die Akzeptanz der Bevölkerung für Integrationspolitik.


Aus: "Wer Probleme nicht benennt, wird sie nicht lösen" Frank Bachner (09.08.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-senatorin-zieht-ehrenmord-aussage-zurueck-wer-probleme-nicht-benennt-wird-sie-nicht-loesen/27497314.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-senatorin-zieht-ehrenmord-aussage-zurueck-wer-probleme-nicht-benennt-wird-sie-nicht-loesen/27497314.html)

QuoteOffenbach-am-Meer 09.08.2021, 18:24 Uhr

Danke für diesen differenzierten Kommentar, in eine ähnliche Richtung entwickeln sich meine Gedanken gerade ebenfalls.

Mit dem Begriff 'Ehrenmord' gehe ich zwar nach wie vor überhaupt nicht konform, weil bei der bloßen Wortübersetzung die verschiedene Begrifflichkeit auf der Strecke bleibt, aber allmählich rücke ich davon ab, stattdessen solche Verbrechen pauschal als 'Femizid' zu bezeichnen.

Femizid halte ich als Oberbegriff zwar immer noch für geeignet, aber es sollte genauer auf die jeweiligen Rechtfertigungsversuche von Tätern geschaut werden, zum einen wegen des Opferschutzes in Bedrohungslagen, zum anderen, weil die Präventionsarbeit mit möglichen Tätern davon maßgeblich abhängt.
Und deshalb komme ich allmählich zur Überzeugung, dass die alleinige Bezeichnung als Femizid beides erschwert und zu einer unscharfen Pauschalisierung führt, die weder den Opfern hilft, noch dazu beiträgt, dass Männer ihr Selbst- und Frauenbild ändern.


...

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Quote[...] Weil zwei Brüder sich dafür zuständig fühlten, über den Lebensstil ihrer Schwester zu wachen, die sich ihren Moralvorstellungen einfach nicht fügen wollte, ist sie jetzt tot. Maryam H. war 34 Jahre alt, geschieden und lebte in einer neuen Beziehung. Nach Erkenntnissen der Berliner Staatsanwaltschaft haben ihre Brüder sie am 13. Juli getötet und dann in einem Rollkoffer über einen Berliner Fernbahnhof nach Bayern transportiert, um sie in einem Waldstück zu vergraben. Maryam H. war Mutter von zwei Kindern. Ihre Familie stammte aus Afghanistan - und nicht zuletzt deshalb ist eine Debatte darüber entbrannt, ob die Vorstellungen ihrer Brüder von "Familienehre" im Zusammenhang mit dem Mord öffentlich benannt werden sollen.

Denn darum geht es eigentlich, wenn Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Die Linke) für folgende Aussage gegenüber dem Tagesspiegel kritisiert wird:

    In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist kein Ehrenmord, das ist Femizid.

    (Elke Breitenbach)


[...] wer Präventionsarbeit leisten will, muss dafür einen Ansatzpunkt finden, die Denkweisen der Täter analysieren und herausfinden, in welchen Milieus diese Denkweisen verbreitet sind. In einer Hippie-Kommune oder auf einem Techno-Festival Flyer zu verteilen, die darüber aufklären, dass arrangierte Ehen keine gute Idee sind, wäre sinnlos. Auch wenn das nicht heißt, dass Frauen und Mädchen dort hundertprozentig sicher vor Übergriffen sind und in der Technoszene nicht über andere Dinge - wie zum Beispiel die Wirkung synthetischer Drogen oder das "Nein heißt nein"-Prinzip - aufgeklärt werden müsste.

Es heißt auch nicht, dass keiner der lässigen westlichen Jungmänner dort je seine Partnerin oder Expartnerin töten wird. Aber sehr wahrscheinlich wird er sich weniger in das Beziehungsleben seiner Schwester einmischen, als es ein junger islamischer Fundamentalist für nötig hält. Somit ist es auch sehr viel unwahrscheinlicher, dass daraus ein Mordmotiv erwächst.

Elke Breitenbach hat ihre Aussagen an diesem Montag damit zu erklären versucht, dass es bei Mord keine Ehre gebe. Auch das ist richtig. Aber eben kein Grund, den Ehrbegriff der Täter zu ignorieren.


Aus: "Morde im Namen der Ehre oder "Das sind keine Äpfel, das ist Obst"" Claudia Wangerin (10. August 2021)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Morde-im-Namen-der-Ehre-oder-Das-sind-keine-Aepfel-das-ist-Obst-6159770.html (https://www.heise.de/tp/features/Morde-im-Namen-der-Ehre-oder-Das-sind-keine-Aepfel-das-ist-Obst-6159770.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 11, 2021, 12:16:40 PM
Quote[...] Mitte Juli wurde eine zweifache 34-jährige Mutter aus Berlin getötet. Dringend tatverdächtig sind ihre zwei Brüder, 22 und 25 Jahre alt, die mittlerweile beide in Untersuchungshaft sitzen. Am Freitag teilte die Polizei Berlin mit, dass die beiden Tatverdächtigen sich ,,gekränkt gefühlt haben, weil das Leben ihrer geschiedenen Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprochen hatte." Das Opfer und die zwei mutmaßlichen Täter besitzen die afghanische Staatsbürgerschaft. Die Polizei und Generalstaatsanwaltschaft sprechen von einem ,,dringenden Verdacht eines sogenannten ,Ehrenmordes'".

Dass Po­li­ti­ke­r:in­nen sich zu einzelnen Tötungsdelikten von Frauen äußern, kommt in der Regel nicht vor. Femizide nehmen, obwohl sie in Deutschland Alltag sind, in der politischen Debatte und auch in der deutschsprachigen Berichterstattung kaum Raum ein [https://taz.de/Gewalt-gegen-Frauen-in-den-Medien/!5784125/ (https://taz.de/Gewalt-gegen-Frauen-in-den-Medien/!5784125/)]. Geht es allerdings um einen sogenannten Ehrenmord, sind Forderungen von Po­li­ti­ke­r:in­nen meist nicht weit.

Dabei sind ,,Ehrenmorde" nur ein kleiner Teil der Gesamtzahl der Femizide. Laut einer Untersuchung des BKA von 1996 bis 2005 sind es durchschnittlich 12 pro Jahr, die Anzahl von Femiziden in Deutschland bewegt sich dabei jährlich im dreistelligen Bereich. Die Täter stammen dabei im Regelfall aus dem Nahbereich des Opfers, sind meistens die (Ex-)Partner.

Dieser Vergleich soll keine der Taten verharmlosen: Gewalt und Tötung von Frauen sind immer zu verurteilen. Doch der Vergleich legt ein Ungleichgewicht in der politischen Betrachtung und Berichterstattung offen. Und auch dieses Ungleichgewicht ist es, das schließlich das Leben von Frauen gefährdet – weil das Problem nicht in seiner kompletten Ausformung begriffen wird.

Nach der Tötung der 34-Jährigen ist die Debatte im vollen Gange. Im Interview mit dem Tagesspiegel sagte die Berliner Integrationssenatorin Elke Breitenbach: ,,In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist kein Ehrenmord, das ist Femizid."

Eine Aussage, die sofort auf Widerstand traf. Der CDU-Spitzenkandidat für die Berliner Abgeordnetenhauswahl im September, Kai Wegner, warf ihr vor, die Tat zu verharmlosen. Er sagte: ,,Frau Breitenbach leugnet die Realität, um ihr brüchiges Weltbild zu stabilisieren. Wer die religiös-kulturellen Hintergründe von sogenannten Ehrenmorden abstreitet, schützt die Täter und lässt die Opfer im Stich." Und auch die Berliner SPD-Spitzenkandidatin und jetzige Frauenministerin, Franziska Giffey, schrieb bei Twitter: ,,Es muss klar benannt werden, dass das nichts anderes ist als ein schrecklicher #Ehrenmord".

Doch schon der Begriff an sich folgt einem falschen Narrativ, denn er übernimmt die Weltanschauung der Täter. Nämlich, dass es tatsächlich eine ,,Ehre" gebe, die das Opfer verletzt habe. Ähnlich wie die Begriffe ,,Beziehungstat" oder ,,Eifersuchtsdrama" verharmlosen sie Tötungsdelikte an Frauen. Sogenannte Ehrenmorde sind die Folge einer patriarchalen Weltvorstellung, nämlich dass Frauen Männern unterstehen, ihnen zu gehorchen haben, und wenn sie das nicht tun, die ,,Ehre" der Familie verletzen würden. Strukturelle Frauenverachtung ist also die Grundlage für solch eine Tat und die Bezeichnung ,,Femizid", wie sie beispielsweise auch die WHO nutzt, angemessen.

Nicht nur die Verwendung des Begriffs ist problematisch. Wenn Morde im Namen der vermeintlichen Ehre verübt werden, folgt darauf meist eine rassistisch konnotierte Debatte. Anstatt über die nötigen Schutzmaßnahmen für Frauen, wie den Ausbau von Frauenhäusern, bessere Gewaltschutzverfahren oder die Stärkung von präventiven Maßnahmen für gewalttätige Männer zu diskutieren, dreht die Debatte sich weg von den Betroffenen hin zu Fragen von Integration und Asylrecht. Natürlich ist es wichtig, dass Po­li­ti­ke­r:in­nen das Töten zum Beispiel der 34-Jährigen verurteilen. Doch zahlreiche Studien belegen, dass immer wieder versucht wird, Femizide als ein Problem, das von ,,außen" in unsere Gesellschaft getragen wird, darzustellen.

Das zeigt sich einerseits in der Berichterstattung, die deutlich häufiger stattfindet, wenn die (mutmaßlichen) Täter Ausländer sind oder Migrationsgeschichte haben. Und auch in der Justiz: Verschiedene Studien der letzten Jahre zeigen, dass ,,Ehrenmorde" in Deutschland härter bestraft werden als andere Femizide. Denn während Ersteres berechtigterweise als strukturelles Problem wahrgenommen wird, werden Femizide, die durch (Ex-)Partner verübt werden, noch immer als Einzelfall behandelt.

Ob Täter nach einer Trennung Femizide verüben oder durch eine vermeintlich verletzte Ehre – die Ursachenbekämpfung muss in jedem Fall früher beginnen. Denn auch die Gewalt setzt deutlich früher ein. Diese Unterdrückungsmechanismen ausfindig zu machen und von Beginn an in Schulen, Gemeinden und an anderen gemeinschaftlichen Orten zu bekämpfen, sollte Priorität haben. Mit der Unterzeichnung der ,,Istanbul-Konvention" hat Deutschland sich auch zur Prävention von Gewalt gegen Frauen, Kindern und Queers verpflichtet. Diese nun 10 Jahre nach der Unterzeichnung endlich umzusetzen, sollte jetzt auf der politischen Agenda stehen.


Aus: "Femizid an 34-jähriger Afghanin: Im Namen des Patriarchats" Carolina Schwarz (9. 8. 2021)
Quelle: https://taz.de/Femizid-an-34-jaehriger-Afghanin/!5788157/ (https://taz.de/Femizid-an-34-jaehriger-Afghanin/!5788157/)

QuoteEmsch

Ich wundere mich immer wieder, wie angeblich emanzipierte Frauen, angebliche Feministinnen eine Gesellschaftsform verteidigen, die jeglicher Emanzipation widerspricht. Diese Männer haben offensichtlich innerfamiliär einen Mord geplant, weil ihnen die Lebensart ihrer Schwester nicht gefiel. Bestimmte Gesellschaften bezeichnen dies als verletzte Ehre. Damit ist dies ein Ehrenmord, genauso wie es Mord aus Eifersucht, Geldgier o.ä. gibt. Es gibt viele, viel zu viele Morde an Frauen aus verschiedenen Motiven. Ein Ehrenmord von einem Deutschen ohne Migrationshintergrund ist aber sicher eine absolute Rarität: kennt jemand ein Beispiel?


QuoteSchusters Bernd

@Emsch Und genau das von Ihnen geschriebene Verhalten ist im Artikel beschrieben...

Danke, dass Sie direkt die Beweisführung unterstützen...
Bei Ihnen geht es schon nicht mehr um den Mord an der Frau, sondern darum, wie die "böse fremdländische Kultur" der Grund unsere gute deutsche Kultur unterwandert und hier Dinge passieren, die ein guter Deutscher nie machen würde... Das ist (Entschuldigung) Blödsinn!

Es gibt eben viele "Gründe", warum Menschen ermordet werden, weil sie Frauen sind.

In der Regel von Männern, welche "gute Gründe" haben... Mal ist es "Ehre", mal "Eifersucht", "mal die schwierige Beziehung"... Alles "gute" Gründe, gegen die man halt als Mann nix tun kann, und man deshalb ja quasi schon halb unschuldig ist...

Das passiert leider viel zu oft in allen Gesellschaften. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten (fremden) Kultur hält dabei nur bestimmte (fremde) Erklärungen parat... Beinhaltet aber eigentlich nur das Gleiche... Mann steht über Frau

In Dtl. Leider noch oft genug, genauso wie in anderen Kulturen...


Quotefibe
gestern, 20:06

Ehrenmord bedeutet übrigens nicht automatisch Femizid.

Wikipedie: "Im Jahr 2011 führte das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (MPICC) in Freiburg im Breisgau im Auftrag des Bundesministerium des Innern eine Studie zu Ehrenmorden in Deutschland durch. Das Ziel dieser Studie bestand in der Dokumentation aller Fälle von Ehrenmorden in Deutschland im Zeitraum von 1996 bis 2005 auf der Basis von Prozessakten sowie Medienberichten. Es wurden 78 Taten untersucht, darunter zahlreiche Grenzfälle zur Blutrache und zur Partnertötung. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass von 122 Tätern 113 (93 %) männlich und neun (7 %) weiblich waren. Von den 109 Opfern waren 47 (43 %) männlich sowie 62 (57 %) weiblich. Der Anteil der männlichen Opfer war damit den Autoren der Studie zufolge erheblich größer, als es in der Öffentlichkeit und teils auch in der Fachdiskussion wahrgenommen wird. Der größte Teil der getöteten Personen war zwischen 18 und 34 Jahre alt, die Täter hingegen überwiegend 40 bis 49 Jahre.[22][23][24]

Die Auswertung des ethnischen und Migrationshintergrunds ergab den eindeutigen Befund, dass fast alle Täter außerhalb Deutschlands geboren wurden (91 %) und keine deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (92 %). 9,2 Prozent der Täter waren Migranten der zweiten Generation, d. h. sie wurden in Deutschland geboren. Die Täter waren zu 63 % in der Türkei geboren,[25] es folgten arabische Länder (14 %), Albanien und Länder des ehemaligen Jugoslawien (8 %) sowie Pakistan und Afghanistan mit 6 %. Ein einziger Täter war ethnischer Deutscher: ein Auftragsmörder, der von einem jesidischen Kurden bezahlt wurde."

Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehrenmord&oldid=214672616 (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehrenmord&oldid=214672616) (11. August 2021 um 11:00)


QuoteRudolf Fissner

Passende Begriffe, die man gerne passender hätte, sollten nicht durch nichtssagende Oberbegriffe ersetzt werden
"Femizid" ist ein alles verdeckender Oberbegriff für eine breite Palette von Mordursachen. Jeder politische Mord an eine Frau, jeder Foltermord, jeder bestialische Sexualmord ist als Femizid. nichtssagend.
Der Begriff "Ehrenmord" verharmlost nicht. Er weist konkret auf patriarchale antifeministische unfreiheitliche Traditionen eines Mordes hin.
Und selbst wenn man den Begriff ablehnt sagt er immer noch mehr aus als der Begriff Femizid.


QuoteSchusters Bernd

@Rudolf Fissner Ich glaube nicht, dass der Begriff Femizid verharmlost.

Er weißt nur darauf hin, dass das wesentliche Kriterium, warum jemand ermordet wurde, das ist, dass das Opfer eine Frau ist.
Und der Grund für den Mord wesentlich mit dem Geschlecht zu tun hat.
DAS ist auch wichtig zu benennen, genauso wie es bei politischen, religiösen, etc. Taten gemacht wird.
Warum Morde an Frauen oft durch den Zusatz von eher positiv besetzten Worten (Ehre), oder mit Erklärungen (Eifersucht) immer wieder verharmlost und relativiert werden, wird dagegen im Artikel benannt...

Ihrer Argumentation kann ich dagegen nicht folgen. Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, sollten auch als solche benannt werden.


QuoteJulianM

Danke für den sehr guten & richtigen Beitrag. Ein Blick in die Kommentarspalte macht eher skeptisch, ob er durchdringen kann.


QuoteJim Hawkins

Ist mir rätselhaft, warum sich die ganzen Jungs wieder mit Händen und Füßen gegen diesen Begriff wehren.
Dass Frauen von ihren Brüdern oder anderen Familienmitgliedern ermordet werden, weil ihnen deren Lebensweg nicht passt, das ist ja bedauerlicherweise schon öfter vorgekommen.
Kennt jemand einen Fall, in dem es andersherum war? Dass also die Schwestern oder andere Familienmitglieder einen Mann ermordet hätten, weil ihnen dessen Lebenswandel nicht passte?


QuoteNormalo

@Jim Hawkins Wie von Vielen der "Jungs" beschrieben: Ehrenmorde sind ein an sich geschlechtsunabhängiger Vorgang, der vor allem den Besitzanspruch von Clan und Kulturkreis am Individuum umsetzen soll. Dass die Kulturen in denen Ehrenmorde begangen werden, meist patriarchal geprägt sind, ist sicher kein Zufall, denn das Konzept, sich die beschmutze Ehre mit dem Blut des vermeindlich Schuldigen quasi reinzuwaschen, ist sicher auch ein eher archaisch-männliches. Das gleiche gilt für die ehrverletzenden Tatbestände, die den Anlass bieten: Auch hier haben wir es vielfach mit heteronormativ-patriarchalen Strukturen zu tun, die durch entsprechend abschreckende Sanktionierung des Ausbruchs vor dem Zerfall "geschützt" werden sollen. Aber es ist auch klar dass diese Kulturkreise und die sie erhaltenden Kräfte bei aller patriarchaler Prägung nicht nur männliche "Sittenwächter" haben.

Das Problem ist nun, das Alles mit Femiziden unter einen Hut zu bringen, die NICHT so umfassend in ihren kulturellen Hintergrund eingebunden sind. In Mitteleuropa gilt speziell die monogame heterosexuelle Beziehung schon lange nicht mehr als das Heiligtum, das eine Verteidigung bis aufs Blut rechtfertigt. Wer z. B. seine Frau umbringt, weil sie fremdgeht, ist aus unserer Sicht selbst bei positivst möglicher Wertung immer noch bedauernswerter (und schlechter) Verlierer - und eben ein Totschläger oder Mörder. Dass sich Leute trotz dieser Wertung zu Taten hinreißen lassen, die eine frauenfeindliche Einstellung verraten, kann man nicht so leicht über den selben kriminologischen/ soziologischen Kamm scheren wie die Ehrenmorde und auch gesellschaftspolitisch ist es schwer, das ganze unter dem guten alten feministischen Ansatz "Ihr Männer...!" in Angriff zu nehmen, wenn es nur einen kleinen Teil eines kulturell abgrenzbaren Teils der Gesellschaft betrifft und noch nicht mal klar ist, in wie weit auch die in diesen Kulturkreisen vorhandenen Frauen von den vorhandenen Strukturen profitieren und ein Wörtchen mitreden.


QuoteJim Hawkins

@Normalo Und wie wäre es damit:

Ein Bio-deutscher Mann, eine Kartoffel also, wird von seiner Frau verlassen, weil sie sich in einen anderen verliebt hat.
Das geht dem natürlich mächtig gegen den Strich, vielleicht könnte man sogar sagen, er fühlt sich in seiner Ehre als Mann gekränkt oder verletzt.
Und wie geht ein richtiger Mann mit Kränkungen um? Er wird gewalttätig. In diesem Fall bringt er etwa seine Ex-Frau. Um seine Ehre wieder herzustellen.
Ist das dann ein Ehrenmord? Oder begehen Bio-deutsche keine Verbrechen dieses Zuschnitts.
Gibt es das nur in ganz "fremden" Kulturen?
"Ehrenmord", das ist die ethnifizierende Beschreibung eines Femizids.
Und genau deshalb hat dieser Begriff seine Berechtigung.
De mon avis, auf jeden Fall.


QuoteDr. McSchreck

@Jim Hawkins In die Nähe eines Ehremordes würde es rücken, wenn der Familienkreis - vielleicht sogar einschließlich der Familie der "untreuen" Frau gemeinsam tagen und beschließen würde, dass deren Verhalten nur durch ihren Tod wiedergutgemacht werden kann.

Während es weder bei einem Türken noch einem Albaner noch einem Afghanen und eben auch nicht einem Deutschen ein "Ehrenmord" ist, wenn er die Frau bestrafen will und niederschießt oder -sticht.


QuoteJim Hawkins

@Normalo "gewisse Lobbyvertreter*_:Innen durch brachiale Begriffsvereinheitlichung versuchen, alle Unterschiede in der Wahrnehmung einzuebnen und das ganze zu einem pauschalen "Alle Männer vs. Alle Frauen"-Thema zu machen."

Welche Lobbyvertreterinnen meinen Sie denn?


QuoteArthur Helwich

@Jim Hawkins Ich persönlich habe absolut kein Problem damit, den Fall um den es hier geht, unter den Begriff des Femizids zu subsumieren. Das war es.

Das war aber eine besondere Form des Femizids, der als Ehrenmord bezeichnet werden kann.
Ich denke, abhängig davon, worüber genau gesprochen wird, kann von diesem Fall entweder als Femizid, oder von Ehrenmord gesprochen werden.
Wenn es aber darum geht, solche Taten in Zukunft zu verhindern, dann sollten schon die genauen Ursachen der Tat in den Blick genommen werden.
Und ich denke, bei einem Mann, der seine Frau aus Eifersucht ermordet hat, hätte in der Erziehung was anderes anders gemacht werden müssen, als bei einem Mann, der seine Schwerster tötet weil sie angeblich die Ehre der Familie beschmutzt hat.


QuoteKarl Kraus

@Arthur Helwich Gemeinsam haben diese Verbrechen, dass das Opfer eine Frau ist, die sich dem männlichen bzw. patriarchalischen Diktat widersetzt hat. Deshalb halte ich es für wichtig, Femizid als gezielt gegen Frauen als Frauen gerichtetes Verbrechen klar zu benennen. Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstehe, aber nicht jeder Mord an einer Frau ist automatisch als ein solcher Femizid zu werten. Das wäre in der Tat Quatsch. Z. B. bei Mord aus Geldgier oder so.

Die Idee scheint mir, dass der Begriff die mörderische Dimension männlicher Dominanz zählbar macht. Übrigens könnte man im Weiteren und davon sauberst unterschieden mal gucken, wann bei extremer Gewalt auch sonst diese Männlichkeitsscheiße eine Rolle spielt (andere "Ehren"morde z. B.). Vielleicht kann man dann auch mal sehen, wie krank das alles wirklich ist; wie viel Kaputtheit eigentlich auf das Konto dummbatziger männlicher Identitätsidiotie geht. Um es mal subtil zu formulieren. Schöne Woche euch allen! :)


QuoteOldFrank
heute, 08:42

@Karl Kraus "Gemeinsam haben diese Verbrechen, dass das Opfer eine Frau ist, die sich dem männlichen bzw. patriarchalischen Diktat widersetzt hat."

Gewagte Aussage wenn 30 bis 43% der Opfer Männer sind.


QuoteJim Hawkins

@Arthur Helwich "Und ich denke, bei einem Mann, der seine Frau aus Eifersucht ermordet hat, hätte in der Erziehung was anderes anders gemacht werden müssen, als bei einem Mann, der seine Schwerster tötet weil sie angeblich die Ehre der Familie beschmutzt hat."

Ich bin ja der Meinung, dass das alles Dreckschweine sind. Und dass sie alles Mögliche verdient haben, außer Verständnis.


QuoteNormalo

@Jim Hawkins "Verständnis" sollte man an der Stelle nicht sympathisierend verstehen. Zu verstehen, warum jemand etwas macht, heißt nicht, es gutzuheißen. Es geht mehr darum, was man - AUSSER, den Täter zu verurteilen und zu bestrafen - noch machen kann, um andere, heute noch quicklebendige Menschen vor solchen Taten zu schützen.

Dafür sucht man nach allgemeinen Schlüssen aus der Tat in Bezug auf ihre Ursachen und nach Hebeln, um diese Ursachen zukünftig zu beseitigen oder zumindest zu schwächen. Das geht nicht, ohne ein gewisses Verständnis dafür aufzubauen, was im jeweiligen Täter genau vorgeht bzw. bei der Tat vorging.

Einfach nur die Tat sehen und mit kalter, nicht näher hinschauender Verachtung aburteilen macht niemanden lebendig und birgt die Gefahr, sich selbst weiter über den Täter zu erheben als die eigene moralische Kompetenz reicht. Erst in im genaueren Hinsehen merkt man, wie nah oder fern deren Motivationsstruktur wirklich von der eigenen ist, und hält auch sich selbst dadurch geerdet. Gerade bei Femiziden werden Sie haufenweise Täter finden, die es vorher WEIT von sich gewiesen hätten, zu so etwas imstande zu sein. Hätten die besser gewusst, dass sie es eben doch sind, hätten sie sich vielleicht beherrschen können.


QuoteAnachronist87

@Jim Hawkins Hier findet man eine Menge zu dem Thema:

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/bka-studie-ein-drittel-aller-ehrenmord-opfer-sind-maennlich-a-778249.html (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/bka-studie-ein-drittel-aller-ehrenmord-opfer-sind-maennlich-a-778249.html)

Es werden auch Männer getötet. Nicht nur, weil sie jemandem "die Frau wegnehmen", sondern auch weil deren Sexualität der Familie nicht passen kann.

Dass Frauen dabei so selten Täter sind, wird indirekt ebenfalls thematisiert:

Die Familie ernennt jemanden, der den Mord ausführen soll. Männer scheinen da ganz klar "bevorzugt" zu werden. Und wenn sie sich weigern, landen sie ganz schnell ebenfalls auf der Abschuss-Liste.


QuoteKhaled Chaabouté

Egal mit welcher Wortneuschöpfung dieser Mord bezeichnet wird: Hauptsache es werden ganz besonders niedrige Beweggründe bei der Urteilsfindung geltend gemacht.

Den Begriff "Ehre" haben ja insbesondere die Nazis (SS-Leitspruch: Unsere EHRE heißt Treue) oder die Ehrenwerte Gesellschaft (Mafia) hinreichend beschmutzt; somit dürfte auch ein sogenannter Ehrenmord ein ganz besonders abscheuliches Verbrechen ohne mildernde Umstände sein. Femizid scheint mir hier nur eine Nebelgranate zu sein, um Kritik an bestimmten kulturellen Sozialisationen auszublenden.


QuoteMeister Petz

Ich halte das Argument - um den Begriff des Whataboutism nicht über Gebühr zu strapazieren - für eine gutgemeinte antirassistische Nebelkerze, die versucht, wie in der Bruchrechnung den kulturellen Hintergrund rauszukürzen.

Das fand ich schon bei der Gleichsetzung "Silvesternacht-Oktoberfest" mit diesem #ausnahmslos recht fragwürdig. Ich bin überzeugt, die Anhänger würden zutiefst protestieren, wenn die Konservativen nach einem Brand eines Asylbewerberheims eine Debatte über das Thema "Brandstiftung im Allgemeinen" fordern, um die nationalistischen Motive zu verschleiern.


QuoteAnachronist87

Die Frage ist halt, ob man die Motivation des Täters oder das Geschlecht des Opfers hervorheben möchte, je nachdem wovon man sich die spezifischeren Informationen verspricht bzw. welche zugrunde liegenden Komplexe man dahinter sieht.

Wenn man dem Narrativ des Artikels folgt, dann sagt ,,Femizid" bereits alles, weil mit dem Geschlecht des Opfers die Ursache des Mordes bereits als gegeben betrachtet wird. Die verschiedenen sozialen Strukturen, psychologischen Mechanismen und kulturellen Hintergründe sind dann irrelevant, weil letztlich ja das Patriarchat dahinter steht.

Andererseits kann man auch die konkreten Motive der Täter als Beurteilungskriterium wählen. Das bedeutet nicht, diese zu legitimieren oder zu verharmlosen, sondern beschreibt lediglich, was diese als Personen zu ihrer Tat bewegt hat (Erbschaftsmord, Eifersuchtsmord, Mord aus Notwehr, Ehrenmord etc.)

Ehrenmorde (auch wenn für vernünftige Leute nichts Ehrbares dahinter steckt) zum Beispiel sind auch oft Femizide, haben aber bestimmte Eigenheiten, welche sie von anderen Femiziden unterscheiden. Zum Beispiel steht das konkrete Verhältnis des Täters zu einer sozialen Einheit, nämlich der Familie, dahinter. Dadurch werden diese auch an Männern begangen. Und wie der differenziertere taz-Artikel ,,Ehrenloser Mord" darlegt, werden solche Ehrenmorde in Deutschland hauptsächlich von Migranten der ersten Einwanderer-Generation verübt.

Daran sieht man bereits, dass hier noch ganz andere Faktoren reinspielen als nur das Patriarchat. Und für die Kategorisierung und Auswertung solcher Morde sind mehr Informationen wichtig als nur das Geschlecht der Opfer.

Das bedeutet nicht, man sollte solche leider verbreiteten Faktoren wie strukturellen Frauenhass stillschweigend übersehen. Aber ich glaube auch, dass der ständige Verweis auf das Patriarchat keinen Lösungsansatz darstellt, sondern eher dazu führt, sich in abstrakten Begriffszuordnungen zu verlieren, anstatt sich Probleme konkret anzuschauen.


Quoterero

@Anachronist87 Sorry, es gibt keinen "Mord aus Notwehr".

Da eine schließt das andere aus.


QuoteNormalo

@rero Das ist EINE Meinung. Wir sind aber hier genug Juristen für mindestens fünf andere... ;-)


Quoterero

@Normalo Sie haben recht, Asche auf mein Haupt, ich ziehe meinen Kommetar zurück. :-)

Und Anachronist87 hat ja in der Sache recht.


QuoteCeridwen

Doch ich finde schon das der Begriff mehr als konkret ist, denn in erster Linie war es ein Femizid und nur in zweiter Linie ein Ehren-Mord. Ebenso wie ein Mord an dem homosexuellen Sohn oder auch der Tochter in erster Linie homophob, und daraus schlussfolgernd in gewissen ethnischen Kreisen als Ehrenmord angesehen werden kann. Mich würde interessieren worauf die Wort-Klauberei hinausführen soll.

Nur bedingt muss ein von afghanischen Brüdern geplanter Mord an der Schwester anders betrachtet werden, als die herangezogene ,,Beziehungstat" oder das ,,Eifersuchtsdrama" – wobei so ohne Details ich mal weiterspinne:

Selbst wenn der deutsche Mann seine Ex-Freundin im Affekt ermordet läuft es für mich im Grunde auf dasselbe hinaus: Mord ist Mord und eine Frau ist tot, weil sie den patriarchalischen Vorstellungen Ihres Umfeldes nicht entsprach. Denn in den meisten Fällen haben die Beziehungsdramen eben durchaus auch ähnliche Hintergründe: ein Mann der sich abgelehnt oder herabgesetzt – quasi in seiner Ehre gekränkt fühlt.

Gewalt gegen Frauen ist nichts Neues und beginnt bei Mobbing wenn die Kollegin nicht auf Avancen eingeht, setzt sich fort in Hass-Foren im Internet – in denen zurückgewiesene Männer ein ,,freiwilliges Zölibat" propagieren und zu Gewalttaten gegen Frauen aufrufen – über die Säureattacke gegen eine Frau welche sich nicht verabreden wollte bis hin zur Prügelei in der Partnerschaft und Vergewaltigung in der Ehe.

ME macht die Redakteurin völlig zurecht darauf aufmerksam, dass Femizide viel zu selten thematisiert und im Rechtssystem noch nicht korrekt verankert sind. Ein Rechtssystem das sich auch bei uns schwer tut mit der Frage, wie erzwungener Sex in der Ehe zu behandeln sei... nur mal so als Beispiel. Vielleicht läßt man mal grundlegend die Unterteilung und archaischen Vorstellungen von Ehre oder Ehrenmord, Beziehungsdrama und sonstigen fragwürdigen Labeln weg und betrachtet es als das was es ist: gelebte Gewalt durch körperliche Überlegenheit des Mannes (gerechtfertigt meinethalben durch abstruse Wertvorstellungen) gegenüber der Frau und das gehört weltweit bestraft.

Zugrunde liegen meiner Ansicht nach misogyne Dynamiken oder Tendenzen unabhängig von Herkunft, Bildung etc. weltweit haben wir Jahrhunderte mit Geschlechter-Asymmetrien gelebt – männliche Dominanz und Besitzansprüche sind vielseitig historisch belegt und keine Erfindung einer einzelnen Kultur. Und für alle die sich jetzt gern in Nebenschlachtfeldern ergehen und Gewalt gegen Männer anprangern gern Folgendes:

,,Laut BKA-Statistik wurden im Jahr 2019 insgesamt 114.903 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern bedroht, ihrer Freiheit beraubt, gestalkt, verletzt, sexuell genötigt, zur Prostitution gezwungen, vergewaltigt oder gar ermordet. Im gleichen Zeitraum waren auch 26.889 Männer von strafrechtlich relevanter Partnerschaftsgewalt betroffen. Das heißt, von den 141.792 statistisch erfassten Opfern von Partnerschaftsgewalt im Jahr 2017 waren insgesamt etwa 81 Prozent weiblich."

Keine Ahnung woher aber es ist was dran: Männer fürchten von Frauen ausgelacht zu werden und Frauen befürchten von Männern getötet zu werden.


Quoteshantivanille

Artikelzitat: "Sogenannte Ehrenmorde sind die Folge einer patriarchalen Weltvorstellung, nämlich dass Frauen Männern unterstehen, ihnen zu gehorchen haben, und wenn sie das nicht tun, die ,,Ehre" der Familie verletzen würden. Strukturelle Frauenverachtung ist also die Grundlage für solch eine Tat."

Gut formuliert. Damit ist die taz erheblich weiter als der SPIEGEL.

Noch besser gefällt mir die Definition von Terre des Femmes aus einer Studie zu "Ehrenmord" (gekürzt):

• Während ,,Gewalt im Namen der Leidenschaft" in der Regel von dem derzeitigen oder ehemaligen Partner der Frau ausgeht, wird ,,Gewalt im Namen der Ehre" in vielen Fällen von der ganzen Familie ausgeübt. Als Täter kommen demnach mehrere Personen in Frage: Der Vater, der Bruder, der Onkel, Cousin etc. Auch der Kreis der potentiellen Opfer ist dementsprechend größer (Schwester, Tochter, Cousine etc.).

• Die Gründe für Gewalt im Namen der Leidenschaft und Gewalt im Namen der Ehre sind unterschiedlich, können aber in einigen Fällen ineinander übergehen, da es in erster Linie um die Kontrolle der weiblichen Sexualität geht. Ein ,,klassischer Ehrenmord" wird z. B. von dem Bruder begangen, wenn seine Schwester voreheliche Kontakte zu einem Mann hat.

• Einem Ehrenmord geht häufig eine gemeinschaftliche Planung des Familien -voraus.

• Eine ,,verletzte Familienehre" ist erst dann bereinigt, wenn die Beschuldigte umgebracht ist. Die Frauen müssen sich demnach ihr ganzes Leben lang verstecken.

• Für die potentiellen Opfer eines Ehrverbrechens ist es daher sehr viel schwieriger, der Gewalt zu entkommen, da sie sich in der Regel an niemanden aus der Familie oder Gesellschaft wenden können.

070416_TDF_Studie_Ehrenmord.pdf (humanrights.ch)


QuoteBer.lin.er

Natürlich verharmlost der Begriff ,,Ehrenmord". Als wenn dieser Mord begangen wurde, weil eine Ehre auf dem Spiel gestanden hätte. Da haben zwei ehrlose Typen mit mittelalterlichen Lebensvorstellungen eine Frau ermordet, weil Sie eine Frau war, die gewisse Dinge gefälligst nicht darf. Dinge, die Männer dürfen.

Wer den Begriff ,,Ehrenmord" für richtig hält, sollte darüber nachdenken, ob es ihm dabei um die Stigmatisierung einer Religion und/oder einer Region geht.


QuoteSuryo

@Ber.lin.er Nun halte man mal die Menschen nicht dümmer, als sie sind. Jeder kapiert das Wort in seinem Kontext schon völlig richtig. Die Ehre, um die es beim Wort Ehrenmord geht, ist die kulturspezifische, nicht die, die der normale Westeuropäer meint, wenn er von seiner spricht. Beim Wort Lustmord denkt doch auch keiner, dass der Mord Lust macht.

Im übrigen: natürlich ist das Ganze kulturspezifisch. Im muslimischen Indonesien gibt es keine Ehrenmorde, sehr wohl aber bei Jesiden und auch Christen im Nahen Osten. Sorry, da müssen dann diese Kulturen eben durch, dass man mal den Augenmerk auf ihre negativen Aspekte lenkt. Anders lässt sich diese spezifische Form von Femizid nun mal nicht bekämpfen.


QuoteAmandas

Na, wie man sieht, gehen die Meinungen in Punkto "Verharmlosung" diametral auseinander. Ich bin aus einem ganz anderem Grund dafür den Begriff "Ehrenmord" beizuhalten: Er bezeichnet, im Gegensatz zum klassischen Femizid mitteleuropäischer Prägung, nicht die Tat eines in seinem Narzissmus aufs äußersten gekränkten Einzeltäters, sondern in vielen Fällen einen Mord, den ein einzelner (in diesem Fall zwei) im Auftrag einer Familie durchführt. Das ist schon ein Unterschied.


QuoteLife is Life

@Amandas Ach, es muss ja nicht immer Mord sein zugunsten der Familienehre.

Dieselben Mechanismen, "unangenehme" Dinge innerhalb der Familie zu deckeln, führt auch "bei uns" dazu, dass Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt (weit überwiegend Mädchen und Frauen) innerhalb einer Familie mehr oder weniger subtil dazu gedrängt werden, dies nicht öffentlich zu machen.

Man nennt es nur nicht "Ehre"......


QuoteAmandas

@Life is Life Es sind nicht exakt die selben Mechanismen. Differenzierung ist wichtig. Nur so kann man den Dingen an der Wurzel begegnen.


QuoteMarkus Michaelis

Ich glaube das ist nicht ganz so klar. Natürlich ist es sehr berechtigt alle Morde an Frauen, die durch Partner oder Familie begangen werden, zusammen zu sehen. Da gibt es Gemeinsamkeiten, gemeinsame Denkweisen, und die sollte man auch benennen. Das kann z.B. sein, dass eine Gesellschaft einem Partner-Mörder irgendwie etwas mildernde Umstände zugesteht, wenn er etwa verlassen wurde (oder andere Szenarien).

Nur gibt es viele Zusammenhänge, in die man solche Taten einsortieren kann. Es gibt wohl auch das Phänomen, dass Frauen von ihrer Familie wegen soetwas wie der Familienehre umgebracht und in viel mehr Fällen wohl gewaltätig angegangen werden. Hinter der Familienehre stehen auch gesellschaftliche Wertvorstellungen, die von vielen Menschen geteilt werden, und die haben eben an dieser Stelle auch ihre negativen Auswirkungen.

Das hat dann auch Komponenten, die von außen nach D getragen wurden, und das kann und soll man doch auch benennen. Damit wird nicht verneint, dass man dazu auch andere Zusammenhänge sehen kann, die dieser Artikel mehr betont.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 12, 2021, 10:18:36 AM
Quote[...] Zwei Männer werden festgenommen, der dringende Verdacht: Sie sollen in Berlin ihre ältere Schwester getötet haben. Mutmaßliches Motiv: "gekränktes Ehrgefühl", sagt die Polizei. Die beiden Tatverdächtigen aus Afghanistan sollen "sich gekränkt gefühlt haben, weil das Leben ihrer geschiedenen Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprochen hatte". Die 34-Jährige hinterlässt zwei Kinder.

Vieles, was man nach so einer unfassbaren Tat sagt, kann unangemessen klingen. Auch die Sätze der linken Berliner Integrationssenatorin Elke Breitenbach nach der Festnahme wirkten befremdlich relativierend: "In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist kein Ehrenmord, das ist Femizid." Die Berliner SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey widersprach: "Es muss klar benannt werden, dass das nichts anderes ist als ein schrecklicher Ehrenmord." Die Linguistin und Rapperin Reyhan Şahin schrieb, die Bezeichnung "Ehrenmord" sei rassistisch, da sie nur für Taten muslimischer, kurdischer oder jesidischer Männer benutzt werde, hingegen man bei weißen Männern von Trennungsmorden, Beziehungsdramen oder Verzweiflungstaten spreche.

Die Sache ist: Alle drei haben recht. Und sie widersprechen sich gar nicht so sehr, wie es zunächst scheint.

Tatsächlich wird in Deutschland jeden zweiten bis dritten Tag eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet, hat eine Studie des Bundesfamilienministeriums ergeben. 147 waren es im Jahr 2017. Feministinnen haben lange dafür gekämpft, dass dies nur noch selten "Familiendrama" genannt wird, sondern immer öfter Femizid. Das bedeutet: Die Frau wurde getötet, weil sie eine Frau ist. Und nicht selten sah sie der jeweilige Mann als sein Eigentum an, wenn er sie nicht haben kann, soll sie keiner haben. Das ist auch 2021 noch oft die patriarchale Motivlage bei Partnerschaftsgewalt.

Trotzdem hat auch Giffey recht, wenn sie sagt, dass die Tat "klar benannt" werden muss. Ein sogenannter Ehrenmord ist eine seltene Tat mit einem speziellen Motiv. Wenn die ohne Unterscheidungen unter alle anderen Femizide subsumiert würde, schwände damit auch die Möglichkeit, mehr über die Strukturen von Tätern und Betroffenen zu erfahren und damit auch für eine bessere Prävention.

Ein Anruf bei Julia Kasselt, die als Juristin und Kriminologin sogenannte Ehrenmorde wissenschaftlich untersucht hat. In den zehn Jahren des Untersuchungszeitraums zwischen 1996 und 2005 hat das Forschungsteam um Kasselt 20 Fälle von "Ehrenmorden im engeren Sinne" gefunden, das heißt: Eine Frau wird von ihrer Herkunftsfamilie, also Brüdern, Vater, oder Onkel, getötet, um eine vermeintliche Familienehre wieder herzustellen, die sie durch Fehlverhalten verletzt haben soll. Hier sind es also anders als bei Trennungstötungen laut Kasselt in der Regel nicht die (Ex-)Partner, die die Frauen aus Eifersucht oder Kränkung töten, sondern die eigene Familie. Die Taten sind übrigens nicht mit dem Islam begründet, sondern durch eine viel ältere Ehrkultur motiviert. "Es geht um die Familienehre, ein kollektives Gut, das aus Sicht der Täter über allem steht", sagt Kasselt. Zwei Drittel der Täter, deren Fälle sie untersucht hat, waren in der Türkei geboren und erst seit Kurzem in Deutschland oder schon lange da, aber schlecht integriert. 14 Prozent kamen aus "arabischen Ländern" und weitere aus Exjugoslawien, Deutschland, Afghanistan und Pakistan. Unter den Tätern gab es laut Kasselt auch Christen.

Und es gibt noch einen Grund, diese Taten genauer zu betrachten, bevor man sie den Femiziden zuordnen will. In einer weiter gefassten Definition von "Ehrenmord" sind mehr als ein Drittel der Opfer Männer, sagt Kasselt: Wenn die Familie auch den unerwünschten Partner der Tochter oder nur diesen tötet. 78 Fälle haben Kasselt und ihre Kolleginnen und Kollegen nach dieser engeren und weiteren Definition in zehn Jahren insgesamt in Deutschland gefunden.

Partnerinnentötung ist nach Kasselts Definition in den meisten Fällen also kein Ehrenmord, weil hier zwar auch oft ein patriarchales Besitzdenken eine Rolle spielt, aber der Täter sich selbst gekränkt fühlt und die Tat nicht wegen der "Familienehre" begeht. Ausnahme seien Fälle, in denen das Umfeld des Täters ihn zur Tat gedrängt habe. Sozialsenatorin Breitenbach präzisierte ihre Kritik später: Ihr liege es fern, Taten zu ignorieren oder kleinzureden "Aber so zu tun, als sei der Mord an Frauen importiert, ist auch nicht richtig."

Es ist also sinnvoll, diese Taten weiterhin gesondert zu benennen. Trotzdem ist der Begriff "Ehrenmord" dafür ungeeignet. Erstens impliziert er, dass es tatsächlich eine Ehre einer Familie gäbe, die durch eine selbstbestimmte Frau verletzt werden kann und durch ihre Ermordung wieder herzustellen sei, oder dass gar die Tat selbst etwas Ehrenhaftes sein könnte. Zweitens wird er allzu oft voreilig und teils mit rassistischen Motiven als Schlagwort verwendet, um eine Tat von Migranten als abscheulich anzuprangern, von der noch gar nicht genug bekannt ist.

Es ist auch sicher nicht hilfreich, wenn die Berliner Polizei ihre Meldung zu der Festnahme der beiden Brüder selbst mit "sogenannten 'Ehrenmord'" überschreibt, während das Motiv noch Gegenstand der Ermittlungen ist und die Staatsanwaltschaft natürlich wegen Mordes ermittelt, weil "Ehrenmord" nicht im Strafgesetzbuch auftaucht.

Vielleicht brauchen diese Taten einen neuen Namen. Wenn Sie eine Idee haben, schreiben Sie mir gern. Doch das Schädliche ist nicht, einen sogenannten Ehrenmord zu thematisieren. Schädlich für ein friedliches gesellschaftliches Zusammenleben ist aber, dass es eben in der Regel diese als "Ehrenmord" klassifizierten Morde an Frauen sind, die in der Öffentlichkeit Empörung und Abscheu hervorrufen und über die sehr viel berichtet wird – weniger aber über die zu alltäglichen Morde, die Männer an (Ex-)Frau und Kindern begehen. Dadurch entsteht auch in der öffentlichen Wahrnehmung eine Verzerrung.

Es muss doch zu schaffen sein, über beides zu sprechen – ohne eins davon relativieren zu wollen: über Morde zur Reparatur einer vermeintlichen Familienehre und Morde aus Kränkung und Besitzdenken – und ihre gemeinsame Wurzel in einer patriarchalen Kultur, die eben keineswegs auf die Türkei oder Afghanistan beschränkt ist, sondern sich auch in deutschen Familien findet.


Aus: "Keine Ehre, nur Leere" Eine Kolumne von Frida Thurm (12. August 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-08/ehrenmord-femizid-berlin-mord-debatte-begriff-moralvorstellungen (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-08/ehrenmord-femizid-berlin-mord-debatte-begriff-moralvorstellungen)

Quoteatlantik #12

Eine Frau war in ihrem Frausein nicht so, wie sich das andere Menschen vorstellten.
Dafür wurde sie ermordet. Das ist ganz klar ein Femizid.


QuoteJoergli #12.1

Ein Drittel bei Ehrenmorden sind Männer. Also ist der Oberbegriff Ehrenmord zutreffend, weil es dabei nicht um Frau oder Mann, sondern rein um den Begriff "Ehre" geht. Alles andere ist aus meiner Sicht eher Ursachennegierung.


QuoteIsmene7 #13

Den vielleicht berühmtesten ,,Ehrenmord" in der Literatur beschreibt Gabriel Garcia Marquez in der ,,Chronik eines angekündigten Todes". Die Novelle spielt in Kolumbien und das Opfer ist ein (mutmaßlicher) ehemaliger Liebhaber der Braut, die vom Bräutigam in der Hochzeitsnacht zurückgewiesen wird, weil sie keine Jungfrau mehr ist. Die Täter sind die Brüder der Braut, die die Tat eigentlich gar nicht begehen wollen und deswegen dem ganzen Dorf sehr ausführlich von ihren Plänen erzählen, in der Hoffnung, dass Opfer würde gewarnt, was leider nicht geschieht. Der Roman enthält meines Erachtens viele Aspekte, die für die Thematik relevant sind: Zum Beispiel, dass das Opfer durchaus ein Mann sein kann, und dass solche Taten auch in völlig anderen Kulturkreisen möglich sind beziehungsweise waren, sowie dass die Täter unter dem Druck einer Gesellschaft stehen, die die Taten insgeheim billigt beziehungsweise sogar erwartet. Ich bin nicht dafür, dies strafmildernd zu werten, aber wir brauchen ganz dringend intensive und bessere Aufklärungskampagnen in den entsprechenden Parallelgesellschaften, damit jedem, der hier bei uns aufwächst, klar ist, worum es sich handelt: um Mord aus niederen Beweggründen.


Quotevincentvision #14

Jeden dritten (!) Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem (Ex)Partner ermordet!

In Deutschland.

Von Deutschen.

Die Gründe für diesen Femizid sind maskuline Aggressionen, gekränkte (männliche) Eitelkeit, eine Neuorientierung der Frau, Aufkündigung der Beziehung, etc. - sprich: überall dort, wo das männliche Ego nicht erträgt, dass die (Ex)Partnerin sich neu orientiert oder ihr Leben leben will, dann kann und wird es zu diesen Taten kommen.

Und wenn sich die versammelte Rechte und die Konservativen, allen voran natürlich wieder die BILD-,,Zeitung" empören, wenn alle paar Jahre ein sogenannter ,,Ehrenmord" passiert, wie aktuell, wo zwei Afghanen ihre Schwester töteten, dann ist das heuchlerisch und bigott, mehr nicht.

Denn bei aller völlig berechtigten und Empörung und Verurteilung solcher Taten - aus den niederen Beweggründen eines ,,Ehrenmordes" das übliche fremdenfeindliche Narrativ zu formulieren, wie es die BILD so erbärmlich offensichtlich gerade wieder versucht, dabei aber die fast alltäglichen Morde an Frauen hierzulande zu ignorieren - ist ein intellektueller, rassistischer Offenbarungseid.


QuoteMagdeburger Jung #14.1

Für das Jahr 2020 gibt es 64 dokumentierte Ehrenmorde in Deutschland.

Damit würde mehr als die Hälfte der Femizide in Deutschland in diese Kategorie fallen.


Quoteerdbeeertoast #15

Worum genau geht es hier eigentlich?

Ich persönlich habe mit dem Wort "Ehrenmord" noch nie etwas Harmloses oder Ehrenhaftes verbunden, kann mir kaum vorstellen, dass das jemand anders empfindet.
Was ist mit dem Lustmord? Dürfen wir den Begriff auch nicht mehr verwenden? Es wird kaum möglich sein, einen Begriff zu finden, der die Abscheulichkeit der Tat adäquat wiedergibt.
(An der Stelle möge noch erwähnt sein, dass "Ehre" etwas ist, was der Mensch für sich selbst definiert. Insofern sehe ich hier überhaupt keinen Widerspruch. Offenbar hat der Täter einen anderen Ehrbegriff als ich. Seine Tat geschah -aus seiner Sicht- zum Schutze seiner für sich definierten Ehre. Dass das für mich nichts mit Ehre zu tun hat, steht dem doch nicht entgegen?)

So wie ich das verstehe, geht es darum, dass bei Tätern mit bestimmtem kulturellen Hintergrund zuweilen voreilig eine bestimmte Motivlage angenommen wird. Das ist allerdings kein Problem der Begrifflichkeit, sondern der Berichterstattung (genauer: der Vorurteile des Berichterstatters). Und rührt wohl auch daher, was die Leute in den Zeitungen gerne lesen wollen.

...


Quotebuikster #19

Dazu passend gibt es übrigens auch ein Interview mit Ahmed Mansour anlässlich der Ermordung der Afghanin in welcher er das wegsehen, relativieren und umdefinieren dieser Taten kritisiert und die leider in bestimmten Migrantengruppen verbreitete Ehrkultur und die gern verdrängte Unterdrückung der Frauen beschreibt: https://www.tagesspiegel.de/berlin/psychologe-ahmad-mansour-im-interview-unterdrueckung-im-namen-der-ehre/27492952.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/psychologe-ahmad-mansour-im-interview-unterdrueckung-im-namen-der-ehre/27492952.html)



QuoteUser xy #23

Was soll das wieder werden ?
Ehrenmord, Beziehungsdrama etc völlig egal.

Wer Hand an Kinder und Frauen legt ,der besitzt keine Ehre und noch viel weniger Charakter.

Wichtig wäre es , egal aus welcher Richtung und egal in welche Richtung .
Die richtigen Zeichen zu setzen und nicht aus falsch verstandener tolleranz und Rücksicht auf Befindlichkeiten.

Spart euch die Debatte wie man es nun nennen soll, lasst es nicht so weit kommen .
Und das beginnt schon im kleinen!


Quoteflashmarginal #24

Ich finde es sehr kritisch, diesen Mord ohne Gerichtsverhandlung sofort zu klassifizieren. Wenn jemand aus finanziellen Motiven mordet, dann steht auch nicht in der Berichterstattung "Armutsmord", was in seiner Bezeichnung gleich die Besitzenden mit beschuldigt.
Es regt mich schon lange auf, dass bei Morden innerhalb der Familie immer die Bezeichnung "Familiendrama" verwendet wird und nicht einfach die Bezeichnung "Mord". Mord ist eines der schwersten Verbrechen in unserer Gesellschaft und bei der Berichterstattung sollte man sehr genau darauf achten, ob man mit der Bezeichnung dieser Tat nicht unterschwellig dem gesamten Umfeld eine Mitschuld und Mitverantwortung unterstellt oder die Tat sofort relativiert.


QuoteIntegra-kini #29

Ich schreibe mal aus der Kenntnis von "so einer Kultur" heraus: im türkischen Sprach- und Kukturraum werden Morde, die das Ansehen der Familie wieder herstellen sollen, tatsächlich "Ehrenfall" genannt. Da wird nicht der Mord benannt, sondern der Umstand/der Kontext, in dem eine Frau geopfert wird. Es gibt zig Aufstände, Aufsätze und viel Aufmerksamkeit zu dieser Sache. Es gibt auch den Satz: "Die Ehre sucht man nicht zwischen den Beinen." In den türkischen Medien wurde auch darüber diskutiert, den Ehrenfall in die Überkategorie Femizide einzuordnen. Noch dazu möchte ich festhalten, was die Autorin schreibt, nämlich, dass es um eine uralte, stark verwurzelte Gefühlssache geht. Deshalb findet man solche Taten in der Türkei mehr im Südosten, in Gebieten in denen noch so Dinge wie Stammesrecht gelten etc. Dort herrscht auch nicht das Staatsrecht.


QuoteAtan #30

Vielleicht sollte man überhaupt auf medial oder aktivistisch erfundene Schlagworte verzichten, denn das Gesetz kennt bereits genügend Merkmale, um einen Mord zu erfassen. Und eine der großen Errungenschaften ist dabei die Gleichheit vor dem Gesetz, d.h. dass ein Mörder auch als solcher bestraft wird, ohne Ansehen der Person.
Diese Ideal sollte verteidigt werden, nicht die unsinnige Differenzierung nach fragwürdigen Vorstellungen ohne Rechtskraft.

Kriminologen, Staatsanwälte und Richter können Tatmotive auch ohne solche Schlagzeilen erforschen, da bin ich mir sicher. Und Politiker sollten sich davor hüten, solche Taten für ihre politische Agenda zu missbrauchen.


QuoteTordenskjold #34

Franziska Giffey spricht eine klare Sprache. Sie benutzt das Wort "Ehrenmord" so wie sie auch den Begriff "Clankriminalität" verwendet. Beides schwierige Begriffe, die aber beschreiben was ist.

Man sollte die Dinge beim Namen nennen, ansonsten erschwert man die Suche nach Möglichkeiten der Prävention. In diesem Falle verstehe ich nicht, warum man nicht von Femizid UND Ehrenmord spricht. Gegen den Begriff Ehrenmord spricht höchstens, dass er eventuell einer Vorverurteilung gleichkommt, die Ermittlungen laufen ja noch. Aber man kann ja das Wort "vermutlich" verwenden...

Natürlich ist der Begriff "Ehrenmord" schwierig, er kann als Relativierung verstanden werden, eventuell sogar als Entschuldigung. Allerdings beschreibt dieser Begriff eben auch einen kulturellen Hintergrund, den es nun mal gibt. Das man eine pauschale Affinität und Akzeptanz für Ehrenmorde pauschal bei allen Einwanderern aus entsprechenden Kulturkreisen vermutet, wäre rassistisch.

Aber es gibt Ehrenmorde und der Begriff beschreibt eine ganz besondere Motivation von Tätern. Diese Täter wurden vor der Tat entsprechend sozialisiert und wenn man hier Nebelkerzen wirft und den Begriff des Femizid als Ersatz einführt, dann blendet man Zusammenhänge aus. Jene Zusammenhänge und Muster, die man erkennen muss, wenn man Prävention betreiben will.


QuotePetersbacher #35

Man sollte die Bedeutung nicht allein dem WORT auferlegen.

Das ist ein Fehler, der allzu sehr sich eingeschlichen hat. Oder der von Fehlgeleiteten leider künstlich forciert wird. Sehr leider.

Die Betrachtungsweise ist einfach falsch und erweist allzuoft der Sache einen Bärendienst.

Sprache ist keine Mathematik und neben dem reinen Wortstamm ist die viele entscheidendere Frage, was die Leute drunter verstehen. Und das ist bei "Ehrenmord" eben ziemlich flächendeckend das gleiche: Mord wegen falsch verstandenem Ehrbegriff. Oder so. Und hat mit Ehre nix zu tun.

Das Wort "Ehre" ist ja sowieso nicht ohne Anführungszeichen denkbar - was ist "Ehre"? Man kann stolz/zufrieden/whatever dafür sein, dass man es schafft, persönlich ehrlich und aufrichtig durchs Leben zu gehen - aber schon eine Stufe höher ist das - die Ehre der Familie, der Firma, aufm Schlachtfeld - alles lächerlich. Oder ewiggestrig. Oder verrückt.

Also beinhaltet das Wort Ehrenmord schon die Beurteilung an sich. Und die ist nicht verkehrt.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 13, 2021, 09:44:17 AM
QuoteLuise Strothmann @lus_berlin
Mit @afro268 @seberb & @patrihecht konnte ich interne Dokumente einer der wichtigsten antifeministischen Organisationen Europas auswerten, die #Wikileaks jetzt veröffentlicht. Die Daten zeigen wie sich Abtreibungsgegner*innen vernetzen & professionalisieren.


https://twitter.com/lus_berlin/status/1423346220995592197 (https://twitter.com/lus_berlin/status/1423346220995592197)

"Angriff der christlichen Fundis" Ein Artikel von Anne Fromm, Luise Strothmann, Patricia Hecht, Sebastian Erb (5.8.2021)
Die rechtskonservative Plattform CitizenGo kämpft europaweit gegen Abtreibung und mehr LGBTIQ-Rechte. Ein Datenleak zeigt, mit wessen Geld. ... Der Brief, den der russische Oligarch Konstantin Malofejew im Jahr 2013 bekommt, beginnt förmlich. ,,Ich danke Ihnen sehr für die Möglichkeit, Ihnen persönlich unsere Idee von CitizenGo zu präsentieren", steht dort. Geschrieben hat ihn der spanische Antiabtreibungsaktivist Ignacio Arsuaga. Er braucht Geld. Und der Oligarch Malofejew hat Geld. ...
https://taz.de/Online-Petitionen-gegen-Abtreibung/!5786746/ (https://taz.de/Online-Petitionen-gegen-Abtreibung/!5786746/)

QuoteRasmuss, 6. Aug, 10:54

Es ist so herrlich einfach sich in solch schlichte Weltbilder zu verrennen.. Ein lieber Gott, Freunde, Feinde und Satan. Singen, beten und die Realität außen vor lassen. IGg machen es sich solche sog. Christen es sich sehr, sehr einfach.. Ich habe immer so das Gefühl, dass manchen Menschen die Realität zu kompliziert wird..


QuoteRainer Konietzka
6. Aug, 09:39

Das nenne ich guten Journalismus!

Der für mich wichtigste Satz: "Eine rechte Politik ist ohne die Kontrolle des weiblichen Körpers nicht denkbar." Und das nicht nur wegen einer Bevölkerungspolitik, sondern auch um mit einer männlichen Hegemonie vorgestrige Politik zu betreiben. Das sich hierfür immer wieder auch Frauen hergeben, ist mir einigermaßen unverständlich.


...

https://wikileaks.org/intolerancenetwork/press-release (https://wikileaks.org/intolerancenetwork/press-release)

https://wikileaks.org/intolerancenetwork/ (https://wikileaks.org/intolerancenetwork/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 16, 2021, 12:22:30 PM
"Interview: 'We always see sex from the man's view': Cammie Toloui, the peep show performer who peeped back" Diane Smyth (2021)
"As a rebellious preteen, I sat down and made a list of my life goals," writes Cammie Toloui in her photobook 5 Dollars for 3 Minutes. "It was pretty simple: 1. Sex. 2. Drugs. 3. Rock'n'roll."
Born in the San Francisco Bay Area in the Summer of Love, Toloui was in the right place to hit these targets, and by 1990 was a member of a feminist punk band, Yeastie Girlz, and working at the Lusty Lady strip club. Stripping was part-rebellion and part-necessity because Toloui was studying photojournalism at San Francisco State University and the Lusty Lady paid well, but when she was given an assignment to shoot her own life, it also became a project. Deciding not to photograph herself or her colleagues, because female nudes have been seen so many times before, she trained her camera on the customers. ...
https://www.theguardian.com/culture/2021/aug/16/cammie-toloui-camera-sex-worker-photojournalist (https://www.theguardian.com/culture/2021/aug/16/cammie-toloui-camera-sex-worker-photojournalist)

Cammie Toloui - She continues to document her life and uncover taboos through her photography,  her jewellery and her band the Yeastie Girlz. 
https://www.cammiet.com/
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on August 19, 2021, 10:31:02 AM
Quote[...] "Und natürlich danke ich meinen Ex-Freunden: Ihr habt mir Stoff für Jahre im Voraus geliefert." So lautet Mary Millers Danksagung auf der letzten Seite ihres Kurzgeschichtenbandes "Always Happy Hour". Damit schlägt sie schon außerhalb der Geschichten den Ton an, der ihre Literatur ausmacht: gutgelaunter Fatalismus.

... "Erste Klasse" heißt sie und erzählt von zwei Freundinnen, die - wie eigentlich alle Figuren dieses Bandes - spüren, dass sie an den falschen Dingen, Menschen, Routinen festhalten. Miller schreibt von dieser Einsicht und lässt uns gleichzeitig an den Momenten teilhaben, die ein Festhalten verständlich machen: Denn natürlich ist im falschen Leben nicht alles falsch. Auch in verkorksten Konstellationen stellen sich Momente der Schönheit, Sinnlichkeit und Fröhlichkeit ein. Nur können solche Momente Millers vielleicht allzu gern lamentierende, aber doch kluge Figuren nicht täuschen:

Das hier ist nicht mein Leben oder zumindest nicht das Leben, das ich führen sollte, deshalb kann ich so tun, als wäre es meins. Was ich dabei ignoriere, ist die Tatsache, dass dieses Leben mit jedem Tag mehr und mehr zu meinem wird, zu meinem echten Leben, während das, das ich eigentlich führen sollte, in immer weitere Ferne rückt und eines Tages unerreichbar sein wird.

... In diesem Clash zwischen Wunsch und Wirklichkeit findet Mary Miller [ ] ihren Ausgangspunkt, um so vieles zu erkunden, was das Leben ausmacht: Selbsterkenntnis und Selbstironie, die faule Hoffnung, irgendwann werde sich schon von allein alles ändern, aber eben auch die Nähe, die sich - ganz plötzlich und ohne guten Grund - zwischen zwei Menschen einstellen und sich ziemlich famos anfühlen kann.

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Aus: ""Always Happy Hour": Gutgelaunter Fatalismus von Mary Miller" Marie Schoeß (07.06.2021)
Quelle: https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Always-Happy-Hour-Gutgelaunter-Fatalismus-von-Mary-Miller,miller220.html (https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Always-Happy-Hour-Gutgelaunter-Fatalismus-von-Mary-Miller,miller220.html)

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Quote[...] Mary Miller: ,,Always Happy Hour"
Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs
Hanser Berlin, Berlin 2021
192 Seiten


Die Autorin Mary Miller erzählt in ihrem zweiten Kurzgeschichtenband ,,Always Happy Hour" von weißen Mittelstandsfrauen Anfang dreißig in den USA. Ihr Leben besteht aus Sex, Bier, flapsigen Kommentaren und jeder Menge Selbstzweifel.

Was tun, wenn man keine existenziellen Probleme hat, zugleich aber auch die nicht sehr glamouröse Aussicht, dass alles immer so weiter geht? Die jungen Frauen in Mary Millers zweitem Erzählband ,,Always Happy Hour" beantworten diese Frage mit Biertrinken, Rauchen, Kiffen und Pillen schlucken. Dazu kommen Affären, Kontakte mit Menschen, die ihnen gleichgültig sind – und Minderwertigkeitsgefühle.

So lebt die namenlose Schriftstellerin in der Erzählung ,,Eins nach dem Anderen" als Writer-in-Residence eine Zeit lang in einem Herrenhaus der Universität, an der sie auch unterrichtet. Ihre Tage und Nächte verbringt sie damit zu zählen, wie viele Monate sie noch ein festes Gehalt bekommt. Nachts steigt sie betrunken aufs Dach oder schleppt Männer ab.

... Für viele wäre das Dasein dieser Protagonistin wohl ein erfolgreiches: eine Autorin Anfang 30, die von ihrem Schreiben leben kann und sich nimmt, was ihr gefällt. Nun ist ökonomischer Erfolg keine Garantie für Zufriedenheit. Aber woraus ihre existenzielle Leere besteht, bleibt unklar.

In den elf Kurzgeschichten, die ,,Always Happy Hour" vereint, erzählt die Autorin Mary Miller von Frauen aus der Mittelschicht, die um sich selbst kreisen und kaum Interesse haben an Veränderungen. Themen wie Emanzipation oder Feminismus liegen nah, aber darum geht es in diesen Geschichten nicht. Die Probleme der Frauen und auch ihre Ursachen sind allerdings schwer greifbar.

Über ein paar selbstreflexive Kommentare zu ihrem Leben kommen die Protagonistinnen nicht hinaus: ,,Ich denke an all das, was es bei mir zu Hause sonst noch gibt – große Flachbildschirme (...) und drei verschiedene Sorten Blue-Bell-Eiscreme – und dass mir das alles nichts bedeutet", heißt es in ,,Big Bad Love".

Die Erzählerin arbeitet in einem Heim für misshandelte Kinder und langweilt sich in ihrer Ehe. In der Einrichtung hat sie Zugang zu dem stimulierenden Medikament Adderall, das zur Behandlung von ADHS eingesetzt wird. Sie nimmt es regelmäßig. Warum? Um die Zeit totzuschlagen.

Es sind die Konventionen des vermeintlich richtigen Lebens, an dem sich die Figuren unhinterfragt orientieren: in einer Beziehung sein, einen Seelenverwandten finden oder mit der guten Freundin einen Kurztrip nach Miami machen. Dass der Mann sie nicht mehr liebt oder sie ihn nicht mehr, die Seelenverwandtschaft eine online angebahnte Sex-Sache ist und sie die Freundin eigentlich nicht ausstehen können, nehmen sie dafür in Kauf.

... Mary Miller schreibt amüsant und in einem so flapsigen Ton über diese desinteressierten Frauen, dass eine einzelne Erzählung durchaus ein Lesevergnügen sein kann – auch wegen des einen oder anderen zynischen Kommentars. Als Sammlung erscheinen die Texte hingegen zum Teil oberflächlich und redundant.

Weder unterscheiden sich die Erzählstimmen noch die Themen und Horizonte der Protagonistinnen. Am Ende des Buches bedankt sich die Autorin bei all ihren Ex-Freunden, die ihr Stoff für Jahre im Voraus geliefert hätten. Und mehr steckt dann wohl auch nicht dahinter.


Aus: "Mary Miller: ,,Always Happy Hour: "Gepflegte Langeweile" (19.08.2021)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/mary-miller-always-happy-hour-gepflegte-langeweile.950.de.html?dram:article_id=501832 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/mary-miller-always-happy-hour-gepflegte-langeweile.950.de.html?dram:article_id=501832)

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Quote[...] These: Vielleicht ist Mary Miller, Texanerin, Anfang 40, so etwas wie die frühere Judith Hermann der USA. Sie hat ein feines Gespür für die diskursiven Schwingungen, die sie im banalen Alltag einfacher Amerikanerinnen (und Amerikaner) ausmachen kann; sie hat es mit einem Roman probiert, ist aber merklich auf der Kurzstrecke zu Hause und dort nahezu unschlagbar; sie ist die Repräsentantin einer Generation, die – hier beginnen die feinen Unterschiede – unterhalb der Mitte steht, also eher ,,White Trash" ist als akademisches Prekariat, und von der alten New Yorker Intelligenzija ist Miller so weit entfernt wie, sagen wir, Judith Hermann vom Nobelpreis für Literatur.

Obwohl, man weiß ja nie. ,,Always Happy Hour" heißt etwas platt Millers neues Buch. Es heißt allerdings schon im Original so (die Übersetzung von Stefanie Jacobs ist wie gewohnt nahezu fehlerfrei) und ist bereits 2017 erschienen.

Die Geschichten ähneln in der Grundstruktur denen, die Miller schon in ihrem ersten Band ,,Big World" gesammelt hatte: Geschichten aus dem einfachen Leben junger Frauen aus der amerikanischen Provinz – und ihrer Probleme mit sich selbst samt den dazugehörigen Männern. ,,Always Happy Hour" verfolgt dabei ein Konzept: Es sind Beziehungsgeschichten, Geschichten über Freunde und Ex-Freunde, und als solches ist das Buch auch explizit den Ex-Freunden der Autorin gewidmet.

Wobei man annehmen darf, dass die enthaltenen elf Geschichten eher Fallbeispiele sind als eins zu eins aus dem Leben der Autorin gegriffen. Einzig ,,Eins nach dem Anderen" ist eine autofiktionale Geschichte und vielleicht auch deswegen die stärkste. Hier erzählt Miller von ihrer Stipendiatinnenstelle an irgendeiner südstaatlichen Provinz­uni; sie erzählt, wie sie in Gedanken ihre Studenten verführt, während ihr ,,Freund" weit weg ist, und sie erzählt, wie sie mit der Langstrecke, also dem Roman hadert.

,,Das Haus liegt hinter einem großen Tor, auf vierzig hügeligen Hektar Land. Meine Freundin Leslie sagt, das Grundstück sei früher mal ein Cherokee-Friedhof gewesen; ein Mann, der mit mir ins Bett will, behauptet, hier im Wald würde der Geist von Geeshie Wiley herumspuken."

In anderen Geschichten geht es oft um Kinder, um die Kinder der anderen, meist der Männer, mit denen die Erzählerinnen zusammen sind. Und immer geht es um Frauen, die nicht unbedingt zur Mittelschicht gehören, und Miller beweist bis in die popkulturellen Zeichen und Produkte hinein durchgehend Klassenbewusstsein. Ohne allerdings in die Analyse zu gehen – oder irgendwelche Exit-Optionen zu fantasieren.

Insofern ist ,,Always Happy Hour" sehr amerikanisch: Es ist gut erzählt. Es hält sich dicht an die Rea­li­tät. Es hat ein Sensorium für Gefühle. Es ist kurz gehalten und verzichtet auf Überbau, Ausblick, Experiment. Manchmal ist das schade.

Auch dass Miller bei aller Entwicklung hier und da zu Wiederholungen neigt – oder dass man, wenn man ,,Big World" gelesen hat, erst einmal aufstöhnt, wenn wieder von Männern aus kleinkriminellen Milieus erzählt wird oder noch einmal ein Trailer in einem Trailerpark der Ausgangspunkt einer Geschichte ist.

,,Ich habe ihr erzählt, dass meine Brüder früher immer Waschbären gejagt, aber nicht gegessen, sondern an Schwarze verschenkt haben. Sie meinte, das wäre rassistisch, dabei ist es doch bloß die Wahrheit, das haben sie wirklich gemacht, und ich weiß echt nicht, was daran rassistisch sein soll. Vielleicht hätte ich einfach den Mund halten und nichts davon erzählen sollen."

Auch die weibliche Enttäuschung, die in den Protagonistinnen lauert, durch sie durchscheint, wird hier und da fragwürdig: Ja, glauben sie denn wirklich alle noch an die große Liebe? Scheint hinter der großen Illusion gar nichts auf, zum Beispiel eine Alternative zu bisherigen Liebeskonzepten? Auch die Kinder der anderen lassen sich auf die Kinderlosigkeit der Erzählerinnen beziehen: Ja und?, ist man manchmal geneigt zu fragen.

Das sind die Probleme, die auf so tolle Autorinnen wie Nicole Flattery, Elizabeth Ellen oder eben Mary Miller warten (Sally Rooney ist ein etwas anderer Fall): Sie müssen raus aus ihren Zonen, um neues Material zu gewinnen. Sie müssen nach oben. Oder noch tiefer. Aber tiefer geht kaum, das gilt zumindest für Mary Miller.


Aus: "Erzählungen von Mary Miller: Das Gefühlsding" René Hamann (14. 8. 2021)
Quelle: https://taz.de/Erzaehlungen-von-Mary-Miller/!5790992/ (https://taz.de/Erzaehlungen-von-Mary-Miller/!5790992/)

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Quote[...]  Rezensionsnotiz zu Die Welt, 07.08.2021

Rezensentin Marie-Luise Goldmann sieht in Mary Millers Erzählband eine aktualisierte Version von Flauberts Madame Bovary. Wie diese seien auch die Frauen in Millers Geschichten in einer alltäglichen Verzweiflung gefangen: Eine kranke Frau lässt sich auf einer Yacht von ihrem Mann "ficken", zwei Freundinnen fahren jedes Jahr zusammen in den Urlaub, ohne sich überhaupt zu mögen, eine Hundeliebhaberin traut sich nicht, einen eigenen Hund zu kaufen. Dennoch kommen die Erzählungen, wie Goldmann betont, weniger tragisch und düster als "grell" daher, mit pinken Luftmatratzen und einer "gelassenen Abgeklärtheit", auch in sprachlicher Hinsicht - und drängen gerade darin "wundersam zur Wahrheit", staunt die Kritikerin. ...


Quelle: https://www.perlentaucher.de/buch/mary-miller/always-happy-hour.html (https://www.perlentaucher.de/buch/mary-miller/always-happy-hour.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 05, 2021, 10:37:05 AM
Pussy Riot['pʊsɪ 'raɪət] (engl.; etwa ,,Muschi-Aufruhr") ist eine 2011 gegründete feministische, regierungs- und kirchenkritische Punkrock-Band aus Moskau. Sie gilt als Vertreterin des Riot Grrrl Movement und ihre Mitglieder geben Bands wie Bikini Kill als Vorbild an. Die Gruppe ist ein loser Zusammenschluss von etwa zehn jungen Frauen. Ihr Markenzeichen sind spontane Auftritte an öffentlichen Orten wie Metrostationen, auf Busdächern oder auf dem Roten Platz, bei denen sie Sturmhauben und leichte, grelle Kleider und Strümpfe tragen. Ihre Festnahme im März 2012 löste in den russischen und internationalen Medien zahlreiche Debatten über Kunst, Religion und Politik aus. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Pussy_Riot (https://de.wikipedia.org/wiki/Pussy_Riot)

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Pussy Riot!: A Punk Prayer For Freedom: Letters From Prison, Songs, Poems, and Courtroom Statements Plus Tributes to the Punk Band That Shook the World - 2013 von Pussy Riot
New courtroom statements from October 10 appeal, and tributes by Bianca Jagger, Peaches & Simonne Jones, Tobi Vail, Barbara Browning, Vivien Goldman.
On February 21, 2012, five members of a Russian feminist punk collective Pussy Riot staged a performance in the Cathedral of Christ the Savior in Moscow. Dressed in brightly colored tights and balaclavas, they performed their punk prayer, asking the Virgin Mary to drive out Russian president Vladimir Putin from the church. After just forty seconds, they were chased out by security. Three members of the collective, Maria Alyokhina, Nadezhda Tolokonnikova, and Yekaterina Samutsevich, known as Masha, Nadya, and Katya, were later arrested and charged with felony hooliganism motivated by religious hatred. As their trial unfolded, these young women became global feminist icons, garnering the attention and support of activists and artists around the world.
Pussy Riot! is an essential document of this galvanizing historical moment. It includes letters from prison, courtroom statements, defense attorney closing arguments, poems, the infamous punk prayer, and tributes by Yoko Ono, Johanna Fateman, Karen Finley, Justin Vivian Bond, Eileen Myles, and JD Samson.
https://nikomas.memoryoftheworld.org/Pussy%20Riot/Pussy%20Riot!_%20A%20Punk%20Prayer%20for%20Freedom%20(1663)/Pussy%20Riot!_%20A%20Punk%20Prayer%20for%20Freedom%20-%20Pussy%20Riot.pdf (https://nikomas.memoryoftheworld.org/Pussy%20Riot/Pussy%20Riot!_%20A%20Punk%20Prayer%20for%20Freedom%20(1663)/Pussy%20Riot!_%20A%20Punk%20Prayer%20for%20Freedom%20-%20Pussy%20Riot.pdf)

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Pussy Riot: Speaking Punk to Power (Russian Shorts) Eliot Borenstein
After their scandalous performance of an anti-Putin protest song in Moscow's Cathedral of Christ the Savior and the imprisonment of two of its members, the punk feminist art collective known as Pussy Riot became an international phenomenon. But, what, exactly, is Pussy Riot, and what are they trying to achieve? The award-winning author Eliot Borenstein explores the movement's explosive history and takes you beyond the hype.
https://nikomas.memoryoftheworld.org/Eliot%20Borenstein/Pussy%20Riot_%20Speaking%20Punk%20to%20Power%20(1661)/Pussy%20Riot_%20Speaking%20Punk%20to%20Power%20-%20Eliot%20Borenstein.pdf (https://nikomas.memoryoftheworld.org/Eliot%20Borenstein/Pussy%20Riot_%20Speaking%20Punk%20to%20Power%20(1661)/Pussy%20Riot_%20Speaking%20Punk%20to%20Power%20-%20Eliot%20Borenstein.pdf)

Eliot Borenstein is Professor of Russian & Slavic Studies and Senior Academic Convenor for the Global Network at New York University. He has three books forthcoming: Marvel Comics in the 1970s: The World Inside Your Head (Cornell, 2022), Meanwhile, in Russia...: Russian Internet Memes and Viral Video (Bloomsbury, 2022),  Soviet-Self-Hatred: The Secret Identities of Postsocialism (Cornell, 2023). He is now writing HBO's The Leftovers: Mourning and Melancholy on Premium Cable and Unstuck in Time: On the Post-Soviet Uncanny.
More information can be found on his website: https://www.eliotborenstein.net (https://www.eliotborenstein.net)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on September 18, 2021, 08:31:16 PM
Interview: Ultrakonservative gegen Abtreibung und Feminismus: ,,Es geht um den Austausch der Eliten" Friederike Meier (17.09.2021)
Die Soziologin Elzbieta Korolczuk über die weltweiten Netzwerke der Ultrakonservativen, die gegen Abtreibung und LGBTQ-Rechte kämpfen.
https://www.fr.de/politik/es-geht-um-den-austausch-der-eliten-90988168.html (https://www.fr.de/politik/es-geht-um-den-austausch-der-eliten-90988168.html)

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"Problem Potenzfeminismus: Streitschrift"
Ann-Kristin Tlusty analysiert, warum Frauen immer noch ,,süß" sein wollen
Marlen Hobrack | Ausgabe 39/2021
Tlustys Buch erläutert, wie verinnerlichte Handlungsanweisungen Frauen dazu bringen, Dinge zu tun, die sich mit ihren Wünschen nicht decken. Warum also emanzipierte Frauen plötzlich flirty und süß auftreten, obwohl sie dies unangenehm finden. Hierzu analysiert Tlusty drei Frauenfiguren: Die ,,sanfte", die ,,zarte" und die ,,süße" Frau werden jeweils im Kontext einer gesellschaftspolitischen Fragestellung beleuchtet. ...
https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/problem-potenzfeminismus (https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/problem-potenzfeminismus)


Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 10, 2021, 08:59:53 PM
Angélica Liddell (* 1966 in Figueres) ist eine spanische Performancekünstlerin und Theaterregisseurin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ang%C3%A9lica_Liddell (https://de.wikipedia.org/wiki/Ang%C3%A9lica_Liddell)

Quote[...] Radikal-Performerin Angélica Liddell hält nichts von Metoo ... Ihr Ziel ist nicht Provokation – und doch darf man sich von der zweiten Festivaleinladung provoziert fühlen: ,,The Scarlet Letter" spielt auf Nathaniel Hawthornes Roman an, der die Prüderie der Gesellschaft um 1850 beklagt. Die Inszenierung ist nicht deshalb provokant, weil einer der zehn nackten Männer der Performerin demonstrativ einen Finger in die Vagina schiebt oder sie den Penis eines anderen genussvoll in den Mund nimmt.

Sondern weil Liddell das Loblied auf den Mann als solchen singt, dem sie bis in alle Ewigkeit die Füße küssen möchte – während sie alle Frauen verbannen will. Jenseits der 40 würden Frauen zu überheblichen ,,Männerhasserinnen", die sagen: ,,Was früher kein Verbrechen war, ist heute eins."

Damit erteilt Liddell der MeToo-Bewegung, es war nicht anders zu erwarten, eine vehemente Absage. Viele Zuschauerinnen lachen, wenn Liddell die Männerwelt preist – doch ob tatsächlich Ironie im Spiel ist, darf man bezweifeln. Später tanzt sie in einer kryptischen Szene mit Affengebärden um einen nackten schwarzen Mann und besingt seine ,,schwarze Seele" – was immer das bedeuten soll.

Letztlich fordert die Künstlerin in ,,Scarlet Letter" einmal mehr unbedingtes Begehren, das sich keine Regeln auferlegen lässt. ...

... Liddell ist und bleibt ein so furioses wie notwendiges Korrektiv für ein Theater, in dem sich die lauwarme Besserwisserkunst brav darauf zurückzieht, auf der moralisch und politisch richtigen Seite zu stehen.

...


Aus: "Scheiß auf die Nachhaltigkeit" Barbara Behrendt (10.10.2021)
Quelle: https://taz.de/FIND-Festival-an-der-Berliner-Schaubuehne/!5804268/ (https://taz.de/FIND-Festival-an-der-Berliner-Schaubuehne/!5804268/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 14, 2021, 12:48:08 PM
Quote[...] Eine junge Dame im weiten, grünen Umhang flaniert über die Champs-Elysées, sie trägt die schwarze Halskrause eng, ihr gepunkteter Schleier legt sich über die gepuderten Wangen. Die Lichter des Boulevards lassen das Fell eines Schimmels blitzen, der eine Pferdekutsche hinter sich zieht. Die mysteriöse Dame in Louis Anquetins post-impressionistischem Gemälde ,,Femme sur le Champs-Elysee la nuit" von 1890 ist schwer einzuordnen. Sie scheint aus gutem Hause zu sein, aber was macht eine Frau von Stand mitten in der Nacht auf dem Boulevard?

Die spazierenden Damen der Zeit sind kaum unterscheidbar von ,,respektablen Damen", nur in ihren Codes. Und dann auch nur für die, die sie lesen können. Eine pierreuse, eine Bordsteinschwalbe, erkenne man am kurz aufblitzenden Stiefel unter dem beiläufig angehobenen Rock, lernt man in Balzacs ,,Glanz und Elend der Kurtisanen". Unsichtbar für den, der nicht weiß, wo hinzusehen.

Paris zwischen dem zweiten Empire und der Belle Epoque war die Hauptstadt der Vergnügung. Ob pierreuses, filles encartées oder insoumises – Prostituierte mit und ohne Lizenz waren allgegenwärtig. Pariser strömten zur heure de l'absinthe um 5 Uhr nachmittags in die Cafés, wo die Kellnerinnen nicht nur den Durst bedienten. Sie besuchten die maisons de tolérance, in denen Prostitution seit 1804 legalisiert war oder trafen sich mit den edleren Damen auf den Tribünen der Oper.

Maler und Bildhauer, Romanciers und Poeten, Dramatiker und Regisseure – sie alle waren fasziniert von der Halbwelt der käuflichen Liebe, die auf den zweiten Blick so halbseiden gar nicht mehr ist. Schon in den frühesten Fotografien wurden pornografische Experimente gemacht, fast immer übernahmen Prostituierte die Darstellung der Erotik in dieser prüden Zeit. Vor allem die bildende Kunst beschäftigte sich mit Prostitution: in Naturalismus, Impressionismus, Fauvismus, später auch Expressionismus. Im Pariser Musée d'Orsay kann man sich bis Januar noch durch die Geschichte der Prostitution als Muse führen lassen.

Die Geschichte der Prostitution ist eine von Glanz und Elend, der Spaziergang durch die Ausstellung bildet das nach. Begonnen bei den choreografierten Ritualen von sexuellem Angebot und Nachfrage auf den Straßen, wie bei Jean Bérauds ,,l'attente" (,,das Warten") und ,,la proposition" (,,das Angebot"). Stark dokumentarische Arbeiten über das Geschäft der Straßenprostitution. Über die ikonischen Bilder von Degas und Monet, der mit angewinkelten Armen wartenden verseuses in den brasseries de femmes (Cafés, die auch als Ort der Prostitution bekannt waren), Absinth im Glas, Zigarettenspitze in der Hand. Bis zu den verschwenderischen, flamboyanten Festen in den Tanzsälen der Theaterhäuser.

Die Glanzseite der Prostitution fand in den hohen Häusern der Kunst statt. Im Ballett, im Theater, aber vor allem in der Oper, dem Lieblingsort der Pariser Bourgeoisie und den feinen Herrschaften der Aristokratie. Zwischen ihnen tummelten sich die ,,Ratten", junge Mädchen aus bescheidenem Hause, von ihren Eltern auf die Ballettschule geschickt, in der Hoffnung auf eine Liebschaft mit einem feinen Herren und dem damit verbundenen sozialen Aufstieg. Diese Opernfeste inspirierten Édouard Manet. Auch der große Pariser Naturalist und Realist Henri Gervex dokumentierte diese Welt ausgiebig in seinem Werk, etwa in ,,Le Bal de l'Opéra, Paris" von 1886.

Gervex bekanntesten Arbeiten entstanden jedoch noch einen Schritt höher auf der Statusleiter der Prostitution. ,,Madame Valtesse de la Bigne" von 1879 etwa ist ein Porträt einer demi mondaine, einer fast Respektablen, einer grande horizontale. Die Maitressen der Aristokraten kamen meist aus dem Theater, spielten dort simple Rollen, waren eher wegen ihrer Schönheit auf der Bühne. Über ihre Verbindungen mit der Aristokratie erreichten sie nicht selten selbst Prominenz. In ihren fulminanten Kleidern wurden sie von den Operngängern bewundert, von der Presse beobachtet. Sie definierten den guten Geschmack. Dieses Überlappen der Welten der grandes horizontales und der ,,respektablen Damen", die Unmöglichkeit, sie zu trennen, war eine große Quelle der Faszination für die Künstler der Zeit.

Der wohl wichtigste bildliche Dokumentarist des Lebens von Prostituierten dieser Zeit war Henri de Toulouse-Lautrec. Während andere die Prostituierten als femmes fatales darstellten, als Gegenentwurf zum Anständigen, malte Toulouse-Lautrec sie als Frauen, die ein banales, alltägliches Leben im Bordell lebten. Anfangs fertigte er noch Lithografien an, wie in seiner Serie ,,Elles", die er vor Ort in den Bordellen vorzeichnete und die Frauen beim Alltag zeigt, wie beim Kämmen oder Waschen. Später malte er Frauen in Öl, ihre Schlafräume putzend, zu Abend essend, beim Arzt, beim Kartenspielen oder beim Anziehen der schweren, farbenfrohen Rüschenkleider der Zeit. Von 1893 bis 1894 lebte Toulouse-Lautrec mit den Prostituierten in der Rue des Moulins, im ersten Arrondissement. 1893 entstand so sein wohl bekanntestes Werk ,,Au Moulin Rouge". Vier Jahre nach Eröffnung des jetzt legendären Varietés, deren ikonische Plakate er später entwerfen würde.

In der aufkommenden Moderne zeigt sich immer stärker der Widerspruch zwischen der ganz offensichtlichen Prostitution wie am Moulin Rouge und dem prüden Gesellschaftsklima. Auch in der Kunst verbreitert sich das Spektrum vom ursprünglich Dokumentarischen in alle möglichen Malschulen. Vor allem im Fauvismus mit František Kupka, Auguste Chabaud um 1910 herum entstanden ikonische Abbildungen von Prostituierten, die noch heute nachwirken.

Es ist kein geringerer als Picasso, der das Bild der Prostitution zur Geburtsstunde einer neuen Kunstrichtung macht. Anfangs malte er dokumentarisch, fast karikierend und bunt wie Toulouse-Lautrec, dann mit einer Art naiver Vulgarität, die schlechte, maskenartige Schminke der Prostituierten nachfühlend. Später wie bei den Abbildungen von Patienten des Syphilis-Krankenhauses St. Lazare empathischer, tiefer, dem Thema eine Wichtigkeit aufbürdend, mit dem Anspruch eines psychologischen Portraits. Seine Formen radikalisieren sich und finden ihren Höhepunkt 1907 in den ,,Demoiselles d'Avignon", dem ersten Bild des Kubismus, das Picasso bekannt machte. Eines der wichtigsten Bilder der Kunstgeschichte – ein Bild von fünf nackten Prostituierten.

,,Splendeurs et misères – Images de la prostitution 1850 – 1910" ist im Pariser Musée d'Orsay bis 17.1.2016 zu sehen. Anschließend im Van Gogh Museum Amsterdam.


Aus: "Ausstellung zu Prostitution in Paris: Zur Stunde des Absinth" Fabian Federl (07.11.2015)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/ausstellung-zu-prostitution-in-paris-zur-stunde-des-absinth/12554094.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/ausstellung-zu-prostitution-in-paris-zur-stunde-des-absinth/12554094.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on October 26, 2021, 09:12:25 AM
Quote[...] Vanessa Fischer: Frau Kay, Sie sind bekannt als Journalistin, Mit-Initiatorin des Dyke*Marchs sowie als Mit-Herausgeberin der Magazine ,,Siegessäule" und des ,,L-Mag". Aber Sie gehören auch zu den Organisator*innen des Pornfilmfestivals. Wie kam das?
Das Festival wurde 2006 als weltweit erstes gestartet von Jürgen Brüning, der selbst Filmproduzent ist und schwule Pornos dreht. Er wollte damals zeigen, dass Pornografie viel bunter und vielfältiger ist als das, was man aus dem Internet kennt. Hinzu kamen feministische Perspektiven, ein politisches Bewusstsein und die Überzeugung, dass Pornos auch etwas sehr edukatives haben, also quasi ein Bildungsauftrag.

Manuela Kay: Das ist auch meine Motivation: Zu zeigen, dass es ganz viele Arten gibt, Sexualität zu leben und sich niemand für irgendwas schämen muss. Für mich war es außerdem wichtig, einen Raum zu schaffen, in dem Frauen ihre Filme zeigen können. Und die Möglichkeit, mit Männern und LGBT darüber ins Gespräch zu kommen: Wir können alle gemeinsam über Sexualität reden, auch wenn wir ganz unterschiedliche Sexualitäten leben.

Vanessa Fischer: Ist das auch der Grund, warum das Festival sich nicht explizit als queer oder feministisch bezeichnet?

Manuela Kay: Sich so zu nennen, finde ich anmaßend. Ich bezeichne mich als Feministin und alle, die beim Festival mitmachen auch. Aber wir können nicht sagen, das ganze Festival, also jeder Film, sei feministisch. Unser kleinster gemeinsamer Nenner ist Sexualität. Wir versuchen, mit der Auswahl der Filme ein Angebot zu machen, damit die Leute ins Gespräch kommen. Ich würde aber schon sagen, dass die Gesamtatmosphäre des Festivals bestimmte politische Themen und einen feministischen Umgang mit Sexualität befördert.


Vanessa Fischer: Einige Feministinnen sehen das anders und sprechen sich explizit gegen Pornos aus. Was entgegnen Sie denen?

Manuela Kay: Es ist okay, wenn man persönlich keine Pornografie mag. Aber aus einer feministischen Sicht finde ich, dass Pornos einen befreienden Effekt haben. Gerade für Frauen bieten sie eine Möglichkeit zur sexuellen Emanzipation: nämlich die Scham zu verlieren und sich mit der eigenen Sexualität auseinanderzusetzen. Ich bin der Meinung, je besser Pornografie ist, desto besser ist auch die Sexualität der Bevölkerung. Natürlich gibt es gewaltverherrlichende Pornos, aber es gibt auch gewaltverherrlichende Spielfilme und trotzdem ist man nicht allgemein gegen Spielfilme. Wie Annie Sprinkle schon sagte: Die Antwort ist nicht keine Pornografie, sondern gute Pornografie. Und die zeigen wir.


Vanessa Fischer: Was würden Sie Leuten sagen, die noch nie dort waren?

Manuela Kay: Fürchtet euch nicht! (lacht) Es ist eine tolle Atmosphäre und man kann auch kommen, wenn man keine Pornos mag. Wir haben viele nicht-explizite Filme, wo man sich theoretisch mit Sexualität auseinandersetzt: Dokus und Komödien. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Vanessa Fischer: Welche queeren Filme sind diesmal im Programm?

Manuela Kay: Mein persönliches Highlight ist der Film ,,Rebel Dykes" über die Londoner Lesbenszene der 80er Jahre, also genau meine Sturm- und Drangzeit. Auf diesen Film habe ich eigentlich mein ganzes Leben lang gewartet (lacht). Er dokumentiert eine Community, die sehr sex-positiv war, wilde Sexpartys feierte und einen eigenen Club hatte. Das ist etwas, das immer zu kurz kommt: Dass lesbische Bewegung auch mit Sexualität zu tun hat.
Und dann freue ich mich sehr auf die Retrospektive zum Thema HIV, die wir schon für letztes Jahr geplant hatten. Der Umgang mit ansteckenden Viren ist momentan ja ein großes Thema und wir sehen viele Parallelen im Umgang mit Corona und HIV.


Vanessa Fischer: Sie meinen die Frage nach dem Umgang mit Verantwortung?

Manuela Kay: Ja, aber auch Schuldzuweisungen, Moralvorstellungen, Denunziantentum und die Frage danach, was ,,safe" ist und was nicht. Das ist auf jeden Fall ein queeres Highlight in diesem Jahr und erinnert auch daran, wie HIV wirklich alles verändert hat, vor allem in der schwulen Welt.


Vanessa Fischer: Wie beeinflusst die Corona-Lage das Festival in diesem Jahr?

Manuela Kay: Wir wissen erst seit wenigen Tagen, dass wir die Kinosäle in voller Auslastung nutzen können. Es wird keine große Festivalparty geben und auch nur einen Workshop: über die Archivierung von Pornografie im Schwulen Museum. Aber für uns ist das Wesentliche ohnehin, dass die Lounge des Moviemento wieder offen ist. Dort am Tresen sind nicht nur viele Filme entstanden, sondern eigentlich eine ganze Szene, eine richtige Pornfilmfestival-Bewegung.


Aus: ",,Je besser die Pornografie, desto besser die Sexualität der Bevölkerung"" (24.10.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/manuela-kay-ueber-das-pornfilmfestival-je-besser-die-pornografie-desto-besser-die-sexualitaet-der-bevoelkerung/27731984.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/manuela-kay-ueber-das-pornfilmfestival-je-besser-die-pornografie-desto-besser-die-sexualitaet-der-bevoelkerung/27731984.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 21, 2021, 10:29:13 AM
Quote[...] Tausende Menschen sind in Paris gegen Gewalt an Frauen und Diskriminierung auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich rund 50.000 Demonstrierende an einem Protestmarsch durch das Stadtzentrum. Die Polizei meldete 18.000 Teilnehmende. Sie forderten von der Regierung weitere Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und die hohe Zahl sogenannter Femizide – also Tötungen von Frauen wegen ihres Geschlechts.

Die Demonstrationen sind Teil einer weltweiten Aktionswoche zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, der am kommenden Donnerstag, 25. November begangen wird. Zu den französischen Protesten hatten das feministische Kollektiv #NousToutes (Wir alle) sowie rund 60 Vereine, Gewerkschaften und politische Parteien aufgerufen.

Einer landesweiten Studie von 2017 zufolge werden pro Jahr in Frankreich mehr als 220.000 Frauen von ihren Partnern körperlich oder sexuell misshandelt. Nach Angaben von #NousToutes sind darunter 94.000 Vergewaltigungsopfer. Allein seit dem 1. Januar wurden demnach 101 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet.

Der grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot forderte mehr Mittel für Schulungen und Notunterkünfte. "Es ist nicht mehr möglich, diese Gewalt gegen die Hälfte der Menschheit zu tolerieren", sagte er bei der Kundgebung.

Dagegen verteidigte die beigeordnete Ministerin für Gleichstellung, Elisabeth Moreno, die von der Regierung bereits ergriffenen Maßnahmen zum Schutz von Frauen wie etwa die Schaffung von mehr Notunterkünften, Schulungen für Polizisten sowie Notruftelefone für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. "Jeder Femizid ist ein Femizid zu viel, aber man sieht, dass diese Maßnahmen allmählich Früchte tragen", sagte sie dem Radiosender Europe 1.

Nach Auffassung der Kundgebungsteilnehmenden reicht das nicht. Sie forderten weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen, die vor ihren gewalttätigen Partnern fliehen. Laut einem am Donnerstag von der Frauenstiftung veröffentlichten Bericht finden etwa 40 Prozent der geflüchteten Frauen keine Unterkunft und nur zwölf Prozent erhalten einen Platz, bei dem sie auch psychologischen und rechtlichen Beistand erhalten.

Bei ähnlichen Protesten vor zwei Jahren waren in der französischen Hauptstadt nach Angaben der Veranstalter 100.000 Menschen auf die Straße gegangen; die Polizei sprach damals von 35.000 Demonstrierenden.


Aus: "Tausende demonstrieren in Paris gegen Gewalt an Frauen" (20. November 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/frankreich-demonstration-paris-gewalt-an-frauen-femizid (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/frankreich-demonstration-paris-gewalt-an-frauen-femizid)

QuoteStruktur. #3

Patriarchalische Geschlechterrollen und Machtstrukturen sowie testosterongesteuertes männliches Überlegenheitsgefühl gehören radikal bekämpft - sage ich als Mann.

Männer dürfen gerne noch Männer sein, aber das sollte niemals den respektvollen Umgang auf Augenhöhe mit Frauen und anderen Männern ausschliessen. Auch Männer werden viel zu oft Opfer von vermeintlich "stärkeren" Männern, die nicht wissen wohin mit Ihren Emotionen und Aggressionen.


QuoteMacbeth-X #4

alle drei Tage eine Frau? Das sind sehr wenig Morde im Jahr für ein Land mit 60 Millionen.


QuoterundBein #4.1

Laut Artikel sind das nur diejenigen,die von ihren Partnern o.Ex-Partnern getötet wurden.
Die Gesamtmenge an Morden wurde nicht erwähnt.


QuoteSubspaceEcho #4.2

Was wäre denn "viel"?

Auch hierzulande sind die Zahlen nicht gerade rosig: Im Schnitt jeden Tag ein versuchter intimer Femizid, alle drei Tage eine vollendeter intimer Femizid. Es gibt immer noch Gerichte, die die "emotionale Lage des Täters" als mildernden Umstand werten.

Wo liegt die Messlatte, ab der eine Gesellschaft sagen darf "Es reicht"?


QuoteDarko Durmitor #4.3

Ab wie vielen Morden finden Sie das denn erwähnenswert?


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on November 24, 2021, 10:22:35 AM
Quote[...] Die Zahl der angezeigten Gewalttaten unter Paaren und Ex-Partnern ist im vergangenen Jahr noch stärker gestiegen als in den Jahren zuvor. Laut einer aktuellen Statistik zur Partnerschaftsgewalt registrierten die Behörden 2020 bundesweit 146.655 Fälle, in denen ein aktueller oder ehemaliger Partner Gewalt ausübte oder dies versuchte. Das ist ein Anstieg um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 139 Frauen und 30 Männer wurden von ihrem aktuellen oder ehemaligen Partner getötet.

Wie die Daten des Bundeskriminalamts (BKA) zeigen, geht die Gewalt nach wie vor zum überwiegenden Teil von Männern aus. Demnach sind 79 Prozent der Tatverdächtigen männlich und 80,5 Prozent der Opfer Frauen. Laut BKA-Präsident Holger Münch war etwa ein Drittel der Tatverdächtigen zwischen 30 und 40 Jahren alt. 23 Prozent standen zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss.

Dass Schläge, Stalking, Vergewaltigung oder Drohungen in Paarbeziehungen oder zwischen Ex-Partnern durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stark zugenommen hätten, lässt sich aus der Polizeistatistik nicht ohne Weiteres ablesen. Denn die Daten beziehen sich auf Fälle, bei denen die Ermittlungen 2020 abgeschlossen wurden. Die Tat selbst kann dabei schon früher begangen worden sein.

Blickt man gezielt auf die während der Monate des (Teil-)Lockdowns begangenen Gewalttaten, ist der Anstieg im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum dagegen relativ gering. Laut Münch sei im April und Mai ein Anstieg der Taten zu beobachten gewesen, während die Zahl der Delikte im November und Dezember rückläufig gewesen sei.

Die Polizei geht allerdings davon aus, dass solche Taten während der Zeit der Kontaktbeschränkungen seltener von Dritten entdeckt wurden. Zudem ist es für Betroffene tendenziell schwieriger, sich bei der Polizei zu melden, wenn der gewalttätige Partner ständig in der Nähe ist. [https://www.zeit.de/campus/2020-12/haeusliche-gewalt-familie-liebe-partnerschaft (https://www.zeit.de/campus/2020-12/haeusliche-gewalt-familie-liebe-partnerschaft)]

Die geschäftsführende Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, jede Stunde würden in Deutschland durchschnittlich 13 Frauen Opfer von Gewalt in Partnerschaften. Alle zweieinhalb Tage werde eine Frau durch die Gewalttat ihres Partners oder Ex-Partners getötet. "Das dürfen wir nicht länger zulassen, wir müssen da ganz klare Kante zeigen."

Für viele Frauen und manche Männer werde das eigene Zuhause zu einem "Ort des Schreckens". Die Ministerin rief Betroffene dazu auf, Hilfsangebote wahrzunehmen: "Äußert Euch, raus aus dem Tabu, Ihr seid nicht allein."

Die Zahl der erfassten Straftaten im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg seit 2015 um elf Prozent an, sagte Münch. 2020 lag der Anteil der einfachen Körperverletzungen der Statistik zufolge bei über 61 Prozent. Mehr als 22 Prozent der Betroffenen wurden Opfer von Bedrohung, Stalking oder Nötigung.

Im Bereich der Partnerschaftsgewalt gebe es aber ein "erhebliches Dunkelfeld", sagte Münch. "Die meisten Straftaten geschehen in den privaten vier Wänden, im Verborgenen." Auch Münch appellierte an die Opfer, Beratungsangebote wahrzunehmen und die Taten anzuzeigen. "Die Tatsache, dass die meisten Taten im privaten Bereich stattfinden, darf nicht dazu führen, dass die Täter sich sicher fühlen."

Beim Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen stieg die Zahl der Beratungsgespräche 2020 um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zunahme der Beratungen könne auch an der Präsenz des Hilfetelefons in der Öffentlichkeit während der Pandemie liegen, erklärte Hilfetelefonleiterin Petra Söchting. Jedoch hätten Lockdown und Kontaktbeschränkungen die Risikofaktoren für Gewalt in der Partnerschaft generell erhöht.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) ruft dazu auf, über Gewalt an Frauen sensibel zu berichten. Medien dürften die Taten weder beschönigen noch die Motive des Täters in den Mittelpunkt stellen. "Begriffe wie 'Ehrenmord' oder 'Liebesdrama' beschönigen oder verniedlichen das, was sich immer noch viel zu oft zwischen Männern und Frauen abspielt", sagte der DJV- Bundesvorsitzende Frank Überall.

Weiter hieß es, der Mord an einer Frau sei klar als Femizid zu bezeichnen. Minou Amir-Sehhi, die Vorsitzende des Fachausschusses für Chancengleichheit und Diversity im DJV sagte, Redaktionen müssten verhindern, dass weibliche Opfer von Gewalt zum zweiten Mal Opfer durch eine diskriminierende Berichterstattung würden. 


Aus: "Zahl der Gewaltdelikte in Beziehungen 2020 erneut gestiegen" (23. November 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2021-11/gewalt-partnerschaften-bka-statistik (https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2021-11/gewalt-partnerschaften-bka-statistik)

QuoteDemokratische Europäerin #1

Zu dem Einfluss der Covidmaßnahmen, gibt es schon länger Studien aus den USA.
Offensichtlich ist nicht nur häusliche Gewalt (auch gegen Kinder), sondern auch der Drogenkonsum und die Suizidrate sprunghaft gestiegen. Vor Allem ärmere Leute scheint das besonders stark zu betreffen, weil sie sich schneller existenziell bedroht sehen und tatsächlich auch sind.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #4.10

Ich unterstelle, dass Sie die ZEIT nicht als AfD-Organ bezeichnen:

"Der Zusammenhang zwischen Herkunft und potenzieller Brutalität
...
Dennoch gib es einen Zusammenhang zwischen Herkunft und potenzieller Brutalität. "Männer aus einer sozialen Umgebung, in der stark patriarchale Muster dominieren, sind eher gewalttätig. Daran kann man nicht vorbeisehen", sagt Dieter Schmoll. Der Psychologe arbeitet seit 30 Jahren in den Anti-Gewalt-Trainings der Männerberatung Wien. "Wo Konzepte wie Stolz und Ehre dominieren, gibt es auch ein hohes Gewaltpotenzial", sagt er."

"Grundsätzlich ist häusliche Gewalt gegen Frauen schicht- und kulturübergreifend, geht vom Prekariat bis in die oberste Oberschicht. In unserem Frauenhaus zeigt sich diese Mischung nicht: Die Frauen kommen überwiegend aus Familien mit einem geringen Bildungsstand oder haben einen Migrationshintergrund."

https://www.zeit.de/2019/05/kriminalitaet-frauenmorde-aufklaerung-quote-taeter-wertehaltung-gewalt/seite-2 (https://www.zeit.de/2019/05/kriminalitaet-frauenmorde-aufklaerung-quote-taeter-wertehaltung-gewalt/seite-2)

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/haeusliche-gewalt-taeterarbeit-hamburger-frauenhaus-opfer (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/haeusliche-gewalt-taeterarbeit-hamburger-frauenhaus-opfer)



Quotecujo #4.16

... Worauf wollen Sie hinaus? Dass ein "echter Deutscher" keine Gewalt in der Beziehung zu seiner Frau anwendet? Von diesem romantisierenden Bild deutscher Häuslichkeit können Sie sich gleich verabschieden! Denn im Grunde ist die häusliche Gewalt dem "klassischen deutschen" Haushalt, wie er Ihnen vorschwebt, bei gleichzeitigem Verweis auf die Zustände beim "Ausländer", imanent!


QuoteM.Kalt #5 

Die Zahlen erfassen die registrierte "physische Gewalt" im Beziehungsumfeld. Die Dunkelziffer wird erwähnt, kann aber nicht genauer beziffert werden.

Aus meiner Sicht (und aus eigner früherer Betroffenheit) wird damit nur die Spitze des Eisberges dargestellt, die sich innerhalb der Beziehungskonflikte abspielen.
Nicht erfasst werden damit alle Auseinadersetzungen/Taten auf der psychischen/psychologischen Ebene. Es gibt, aus körperlichen Merkmalen und gesellschaftlichen Rollenverständnissen, eine männliche Übervertretung bei der Ausübung physischer Gewalt. Auf der psychischen/psychologischen Ebene ist allerdings die weibliche Seite deutlich aktiver in der Anwendung.
Ohne den Einbezug dieses relevanten Teiles, werden nahezu alle Sensibilisierungs- und Lösungsversuche ihre Ziele verfehlen.

Der Hebel muss deutlich früher angesetzt werden, bzw. durch die entsprechenden Massnahmen und Angebote versucht werden, Auswege aus der psychischen/psychologischen Eskalation zu ermöglichen, bevor die Beziehungskonflikte in physischer gewalt eskalieren.


Quotejhk9 #5.1

,, Dunkelziffer (...), kann aber nicht genauer beziffert werden."
Deswegen ist es ja eine Dunkelziffer.

,, Nicht erfasst werden damit alle Auseinadersetzungen/Taten auf der psychischen/psychologischen Ebene."
Es handelt sich um einen Bericht des BKA über Straftaten. Psychische Gewalt wird darin also nur erfasst, wenn es sich um eine Straftat handelt (zB Stalking). Für etwas anderes ist das BKA nicht zuständig.

,, Der Hebel muss deutlich früher angesetzt werden, bzw. durch die entsprechenden Massnahmen und Angebote versucht werden, Auswege aus der psychischen/psychologischen Eskalation zu ermöglichen"

Ich gehe davon aus, dass es solche Maßnahmen und Angebote bereits gibt. Könnte man vielleicht ausbauen.


QuoteRumo0001 #5.3

Schade, das Ihnen offenbar der Kreislauf der Gewalt nicht bewusst ist. In vielen Studien wird bestätigt, dass psychologische Gewalt mindestens genauso oft von Frauen ausgeübt wird wie von Männern.

Lösungen können nur funktionieren, wenn man nicht aus ideologischen Gründen die weibliche Rolle stur auf die Opferrolle beschränkt.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #5.4

Schade, dass Sie den Unterschied zwischen Worten und Taten nicht erkennen.


QuoteRumo0001 #5.5

Schade, das Sie ein Übel gegen ein Anderes aufwiegen.


Quotefiete-hansen #5.6

Sie beleidigen den Verstand der Foristen, wenn Sie die o.a. Zahlen aus ideologischen Gründen negieren wollen.

"Demnach sind 79 Prozent der Tatverdächtigen männlich und 80,5 Prozent der Opfer Frauen. "


QuoteRumo0001 #5.8


Wenn Ihre Welt nur aus schlagenden Männern und leidenden Frauen besteht, ist das natürlich sehr schön einfach strukturiert. Leider sind gewalttätige Beziehungen meist keine Einbahnstraße, wie seit Jahrzehnten aus der Forschung bekannt ist. Darauf hinzuweisen ist keine Relativierung, sondern ein notwendiger Bestandteil der Komplexität des Sachverhaltes.
Natürlich ist es richtig, dass im Hellfeld die meisten Opfer Frauen sind. Aber Leute wie Sie, die ja schon die Erwähnung von psychischer Gewalt in Beziehungen für eine Relativierung und damit eine Verharmlosung der Gewalt gegen Frauen sehen, zeigen doch nur zu gut warum Männer sich nur sehr langsam als Opfer zu erkennen geben.
Wer ernsthaft daran interessiert ist, gewalttätige Beziehungen zu reduzieren, der analysiert objektiv den Sachverhalt, und gibt sich nicht mit Männer = Schweine zufrieden.


QuoteSimsalabin #5.9

Dann zeigen Sie doch Mal die Forschungsergebnisse welche gezeigt haben dass hauptsächlich Frauen die Anwender "psychologischer" Gewalt seien. Ich finde nämlich nur Studien die zeigen dass körperliche Gewalt (egal von welchem Geschlecht sie ausgeht) praktisch immer auch mit psychischer Gewalt einhergehen.

Eine objektive Betrachtungsweise würde auch beinhalten seine persönlichen Erfahrungen und Anekdoten aus der Beurteilung herauszuhalten.


QuoteAuf der anderen Seite sind auch Menschen #5.10

Worte können auch Taten sein. Noch nie gehört? Jiddisches Sprichwort: ,,A Patsch vergeht, aber a Wort besteht."


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #5.11

Es ist einfach zum würgen, dass Sie Vergewaltigung, Mord oder Zwangsprostitution relativieren.


Quotejhk9 #5.12

Ich empfinde es keineswegs als Relativierung, wenn jemand darauf hinweist, dass die Wurzel der gewalt bereits früher anfängt (dass es einen Eskalationsprozess vor der Gewaltanwendung gibt) und dadurch auf präventionsmöglichkeiten hinweisen möchte.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #5.13

Seit wann benötigen Gewalttäter einen "Grund"? Sie sind schon in die Falle getappt.


Quotevielleichtspäter #6

Dominante Männer wurden und werden immer bevorzugt werden in der Datingwelt und Paarfindung generell, inkl. deren Gehabe. Deswegen wird sich leider nur sehr langsam was ändern.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #6.1

Der Unterschied zwischen dominant und gewalttätig ist Ihnen nicht geläufig?


Quotevielleichtspäter #6.2

Doch. Sie dürfen aber drei Mal raten, wer auf dem hohen Ross sitzt, sich überschätzt und ein starkes Stolzgefühl verspürt. Wenn eine Beziehung dann einseitig gekündigt wird, kann das am Ego kratzen. Sie dürfen auch raten, wer dann eher zur Gewalt neigt, der Dominante oder der nicht Dominante.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #6.3

Ah ja. Und weil Frauen angeblich - wo bleiben die Quellen? - dominante Männer bevorzugen, sind sie selber schuld?


Quotevielleichtspäter #6.4

Das habe ich nicht geschrieben. Es ist doch nur logisch, von wem EHER und MEHR die Gewalt ausgeht. Und Quellen können Sie selbst ergooglen.


QuoteTyralis #6.5

Ich würde eher erwarten, dass Dominante ein starkes Selbstwertgefühl und damit einhergehend auch viel emotionale Selbstkontrolle haben. Die Fragilen, denen es daran mangelt, dürften im Zweifelsfall eher zur Gewalt neigen.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #6.6

Sie haben geschrieben, dass Frauen dominante Männer in Datingforen etc bevorzugen. Deshalb gibt es keine schnellen Änderungen. Ergo: die Frauen sind selber schuld.


Quotezambaqia1 #6.7

Ich würde gerne wissen, auf welche Befunde sie sich stützen. Gibt es dazu Untersuchungen oder ist das nur ein "Eindruck"? Und: welche Foren sind das? Es gibt so viele Datingforen, von romantischer Liebe bis zu brutalem Sex. Welche Foren meinen Sie?


QuoteSimsalabin #6.8

Wenn man sich auffällige männliche Serien-Gewalttäter und Amokläufer anschaut, scheinen diese weder selbstbewusst noch dominant zu sein, zumindest dann nicht wenn sich die Gewalt gegen Frauen richtet.

Eine Typenbeschreibung über den typischen Beziehungspartner der gewalttätig ist habe ich nicht gefunden. Weder wenn es sich um Frauen, noch um Männer handelt. ...


QuoteRazefummel #8

"Weiter hieß es, der Mord an einer Frau sei klar als Femizid zu bezeichnen."

Wenn man Probleme pauschalisiert dann ist das bei der Lösungsfindung nicht hilfreich. Sollte nicht jeder Femizid als Femizid bezeichnet werden? Das Wort hat ja eine Bedeutung die nicht immer zutrifft. Die Polizei kann ja nicht einfach, auf Grund des Geschlechts des Opfers, am Tatort direkt "Femizid" sagen und dann nicht mehr nach dem Motiv suchen.

Vielleicht kann ich den Satz auch einfach nicht dem richtigen Kontext zuweisen. Wenn damit explizit Femizide gemeint sind, dann ist das natürlich korrekt.


Quotetartan #8.1

Was ist das, was in Kiel jetzt angeklagt worden ist:
Zahnarzt wegen Dreifachmords angeklagt - Er soll seine Ehefrau, deren Bekannten sowie einen weiteren Mann erschossen haben: Jetzt muss sich ein 47-Jähriger aus Schleswig-Holstein vor Gericht verantworten (22.11.2021)
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/toedliche-schuesse-in-daenischenhagen-zahnarzt-wegen-dreifachmords-angeklagt-a-ed1ba95d-bbe2-4ff8-b56c-6dbb2abc7428 (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/toedliche-schuesse-in-daenischenhagen-zahnarzt-wegen-dreifachmords-angeklagt-a-ed1ba95d-bbe2-4ff8-b56c-6dbb2abc7428)

Ist das dann ein Femizid und zwei Morde?


Quotecujo #8.3

Da es juristisch nur den Tatstrafbestand des Mordes gibt, können Sie sich die Frage selbst beantworten!


QuoteFrivolito #9

Ehrenmorde und Liebesdramen verzerren die Kriminalstatistik. Da müßte man genauer zwischen Ursachen und Wirkungen trennen.


Quotefiete-hansen #9.2

Ursache ist die archaische und/oder chauvinistische Einstellung der Männer.
Wirkung ist deren Gewalt.

Läßt sich doch glasklar trennen.


Quotezambaqia1 #9.3

Sind die 20% Täterinnen auch archaisch und chauvinistisch? Ich vermute vielmehr, dass neben diesen naheliegenden Erklärungen gerade in der Coronazeit der häusliche Irrsinn entfalten kann und Partner sich rund um die Uhr ausgesetzt sind. Das erklärt nicht, weshalb Frauen öfter Opfer sind als Männer, aber es relativiert die Argumente des Chauvinismus und des Archaischen


QuoteSimsalabin #9.4

Tut es nicht, weil bei den beiden Tätertypen natürlich unterschiedliche Motive in unterschiedlichen Häufungen vorliegen können. Dazu ist der Unterschied zu nicht-Corona-Zeiten gar nicht so groß.


...

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 01, 2021, 03:25:55 PM
Quote[...] Raquel Fatiuk ist eine glückliche Mutter. Sie ist es heute, mit Anfang 30, weil sie vor Jahren eine Schwangerschaft nach einer missbräuchlichen Beziehung beenden konnte. Ohne diese bewusste Entscheidung, davon ist Fatiuk überzeugt, hätte sie sich ihr nun stabiles und erfülltes Familienleben nicht aufbauen können. Fatiuk ist eine von mehr als 850.000 Frauen, die sich in den Vereinigten Staaten im Schnitt jedes Jahr dazu entschließen, eine Schwangerschaft zu beenden. Dass Frauen in den USA dieses Recht haben, urteilte der Oberste Gerichtshof der USA im Jahr 1973. In ihrem Urteil zu Roe gegen Wade legten die Richter fest, dass Abbrüche bis zur zwölften Schwangerschaftswoche uneingeschränkt und bis zur 24. Woche mit Einschränkungen erlaubt sind. 48 Jahre später könnte dieses Recht für Frauen in Gefahr geraten. Ab diesem Mittwoch befasst sich der Supreme Court mit einem Fall, der den ideologisch umkämpften Streit nachhaltig verändern könnte.

Es geht um ein 2018 verabschiedetes Gesetz in Mississippi, das die meisten Abbrüche nach der 15. Schwangerschaftswoche verbieten würde und nur noch in medizinischen Notfällen oder bei schweren Anomalien des Fötus erlauben würde. Bislang wurde das Gesetz in dem Bundesstaat von Gerichten vor Ort blockiert. Deswegen liegt es nun bei den neun Richterinnen und Richtern des Obersten Gerichtshofs in Washington D.C.. Die Befürworter des Gesetzes argumentieren, das Gesetz solle "unmenschliche Verfahren" regeln. Sie sagen außerdem, dass ein Fötus zu diesem Zeitpunkt in der Lage sei, Schmerzen zu empfinden. Gegen das Gesetz geht die einzig noch verbliebene Klinik in Mississippi vor, in der Frauen eine medizinische Betreuung erhalten.

Die Jackson Women's Health Organization befindet sich in einem pinken Gebäude in Jackson, Mississippi, und ist zum Symbol geworden für einen Rechtsstreit, der eine nationale Bedeutung bekommen hat. "Da eine Schwangerschaft die körperliche Unversehrtheit einer Frau so stark beeinträchtigt, sind ihre Freiheitsinteressen kategorisch stärker als jedes staatliche Interesse bis zur Lebensfähigkeit des Fötus", argumentieren in einem Schreiben die Anwälte des Center for Reproductive Rights, das die Klinik vor Gericht vertritt. Der Zwang, eine Schwangerschaft fortzusetzen, bringe gut dokumentierte und erhebliche körperliche und seelische Gesundheitsrisiken mit sich, heißt es weiter.

Die Pro-Choice-Anhänger im Land fürchten die neuerliche Auseinandersetzung vor Gericht, während die Pro-Life-Anhänger hoffen, eine Jahrzehnte lange Entscheidung endlich zu ihren Gunsten verändern zu können. Grund für ihren Optimismus ist die derzeitige Besetzung des Supreme Court. Drei der neun Richter wurden vom ehemaligen Präsidenten Donald Trump benannt. Ein Verdienst vor allem auch von dem republikanischen Senator Mitch McConnell. Er verhinderte 2016 nach dem Tod von Richter Antonin Scalia eine Neubesetzung des Postens durch den damaligen demokratischen Präsidenten Barack Obama. Begründung: Im Wahljahr solle nicht der alte, sondern der neue Präsident über eine derart wichtige Personalie entscheiden. Die Richterinnen und Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Scalia war im Februar 2016 gestorben, neun Monate vor der Wahl. Durch die Mehrheit der Republikaner im Senat gelang es der Partei, eine Neubesetzung zu verhindern. So konnte der dann gewählte Trump 2017 den konservativen Richter Neil Gorsuch ernennen.

Ein Jahr später folgte Brett Kavanaugh und im Oktober vergangenen Jahres nur wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl Amy Coney Barrett. Nachdem die liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg im September 2020 verstorben war, hatten die Demokraten wie vier Jahre zuvor der Republikaner McConnell eingefordert, den Posten erst nach der Wahl zu besetzen. Die Repulikaner aber setzten mit ihrer Mehrheit im Senat Barrett durch. Sie ist von allen drei durch Trump besetzte Richter die deutlichste Gegnerin von Schwangerschaftsabbrüchen. Es war im Wahlkampf Trumps Geschenk an die die Evangelikalen im Land, für die das Thema mit wahlentscheidend ist.

So sitzen derzeit in einem in der Theorie und der Grundidee der Verfassung der Vereinigten Staaten unabhängigen Gericht in der Praxis sechs Richter, die von konservativen Präsidenten berufen wurden. Ihre Nominierungen sind ideologisch zu betrachten, da das Gericht mittlerweile zu dem Ort geworden ist, an dem Grundsatzentscheidungen getroffen werden. Die Politik kann die Entscheidungen in dem in vielen gesellschaftlichen Fragen polarisierten Land aufgrund ihrer wechselseitigen Blockadehaltung nicht mehr treffen.

Auch 1973 waren die damals ausschließlich männlichen Richter hauptsächlich konservativ eingestellt. Sechs von ihnen waren von Republikanern ernannt worden. Doch im Streit um die bis dahin nicht per Gesetz definierte Frage, ob und wie Frauen ein Recht auf Selbststimmung bei Schwangerschaftsabbrüchen haben, stimmten sieben Richter dafür, dass dies eine private Angelegenheit sei. Und über diese müsse eine Frau in den ersten beiden Trimestern ihrer Schwangerschaft entscheiden können.

Fast 50 Jahre später ist die Frage nicht weniger komplex geworden. Es geht um Debatten etwa darüber, wann ein Fötus lebensfähig ist. Heute ist das mit entsprechender medizinischer Versorgung früher der Fall als noch 1973, aber dennoch nicht vor der 23. Woche und damit sehr viel später als die Grenze, die der Bundesstaat Mississippi ziehen will. Auch die Frage nach dem Zugang zu medizinischer Versorgung ist wichtig. Laut dem Guttmacher Institute, das sich für Reproduktionsrechte für Frauen einsetzt, leben 58 Prozent der Frauen zwischen 18 und 44 Jahren in einer Umgebung, die negativ bis extrem negativ gegenüber Schwangerschaftsabbrüchen eingestellt ist.

Was die Hoffnung der Pro-Life-Anhänger bestärkt hat, ist der im Herbst gescheiterte Versuch, ein neues und extrem striktes Antischwangerschaftsabbruchgesetz in Texas zu stoppen. Seit dem 1. September gilt in dem Bundesstaat der Texas Heartbeat Act, das Herzschlaggesetz. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, ab dem die Herztöne des Fötus festgestellt werden können. Normalerweise ist das etwa in der sechsten Woche der Fall. Für Schwangerschaften, die durch Vergewaltigung oder Inzest entstanden sind, gibt es keine Ausnahme. Durchgesetzt wird die Einhaltung des Gesetzes durch die Bürger des Staates. Die "Kopfgeldklausel" hebelt Roe gegen Wade aus. Sie macht es möglich, dass die Einhaltung des Fristengesetzes nicht bei den Behörden liegt, sondern jede Privatperson einen Verstoß melden kann. Dieses Gesetz ist der Grund, warum Raquel Fatiuk, die in Texas lebt, heute offen über ihre Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch spricht. Warum sie sich dafür einsetzt, dass Frauen nicht nur in Texas, sondern im ganzen Land nicht einer Entscheidung beraubt werden, die ein ganzes Leben verändern kann. Heute "wäre ich gezwungen worden, das Kind zu bekommen und auf immer mit dem Mann, der mir gegenüber missbräuchlich war, verbunden zu sein."

Das Justizministerium der Biden-Regierung hat mittlerweile Klage gegen das Gesetz in Texas eingelegt, das sie für verfassungswidrig hält. Auch hier muss der Supreme Court noch einmal entscheiden. Dass in einem ersten Anlauf vor dem Gericht das Gesetz bestehen blieb, auch wenn die Richter im Herbst nur über eine technische Verfahrensfrage entschieden, führt zu einer noch größeren Aufmerksamkeit als der Fall in Mississippi ohnehin hat.

"Politiker in Mississippi haben für Frauen zahllose Hürden für den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch errichtet und sie absichtlich auf einen späteren Zeitpunkt der Schwangerschaft vertröstet. Das alles ist Teil ihrer Strategie, den Zugang zu Abbrüchen ganz zu unterbinden", sagt etwa Diane Derzis, die die Klinik leitet.

Und auch der Präsident mischt sich ein. Der Katholik Biden hatte nach dem in Kraft getretenen Gesetz in Texas ein Statement veröffentlicht, in dem er versprach, das Recht von Frauen zu schützen. Die Regierung setzt sich dafür ein, Roe gegen Wade zu schützen. Seine Pressesprecherin Jen Psaki reagierte während eine Pressekonferenz auf die Frage eines männlichen Journalisten, wie das mit Bidens Glauben zusammenpasse, energisch: Psaki sagte, Biden glaube an das Recht von Frauen, selbst zu entscheiden und – als der Journalist noch einmal nachfragte –, dass es eine extrem schwierige Situation für eine Frau sei und er als Mann wohl noch nie vor dieser Entscheidung gestanden habe, noch nie schwanger gewesen sei. Eine Episode, die zeigt, dass die Debatte nicht nur vor Kliniken wie dem Pink House in Mississippi zwischen Aktivisten hitzig geführt wird.

Eine Umfrage der Washington Post und ABC von Mitte November stellt derweil klar, wo die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in der Frage stehen: 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das Grundsatzurteil von 1973 aufrechterhalten werden sollte. Drei Viertel der Befragten ist außerdem der Ansicht, dass die Entscheidung über einen Abbruch bei Frauen und ihren Ärzten liegen und nicht durch Gesetze geregelt werden sollte.

Ein Urteil der Richterinnen und Richter des Supreme Court wird erst im kommenden Juli erwartet.


Aus: "Supreme Court in den USA: Wer entscheidet über Frauenrechte?" Eine Analyse von Rieke Havertz, Washington D.C. (1. Dezember 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/supreme-court-usa-schwangerschaftsabbrueche-grundsatzurteil-mississippi-roe-v-wade/komplettansicht (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/supreme-court-usa-schwangerschaftsabbrueche-grundsatzurteil-mississippi-roe-v-wade/komplettansicht)

QuoteEddy Mont Frommage #1

Hat was von Sittenwächtertum. Absurd und etwas verstörend, was da abläuft.


QuoteJuniper_Hill #2

Ich kann und konnte diese Idologie nicht verstehen. Es gibt doch ohnehin zuviele Menschen auf der Erde, da muss man ja schon dankbar um jeden sein, der nicht geboren wird. Und wenn es dann noch Fälle von Vergewaltigung, Behinderung oder Gefährdung des Lebens der Mutter sind, kann ich es doppelt und dreifach nicht verstehen.


QuoteSekretarius #2.1

Vielleicht wird es verständlicher wenn man weiss, das viele dieser Klerikalen überzeugt sind, das diese ganzen Abtreibenden Mütter und Ärzte nicht nur ihr armes ungeborenes Kind sondern auch sich selbst als Mörder zu ewiger Verdammnis verurteilen.

Was kann es wichtigeres für einen Christenmenschen geben, als andere vor der Verdammnis zu bewahren ?


QuoteAchterundSteven #2.3

Das könnte man nur vesrtehen, wenn man so verquer denkt wie ein evangelikaler. Weil "Gott" will, dass ein Mensch lebt muss er leben und jeder, der dem widerspricht spielt in deren Augen selbst "Gott". Wobei die Konservativen, Reaktionären und Evangelikalen nun mal übersehen, dass "Gott" nachweislich nicht existiert.


QuoteDean. #2.6

Da gibt es nichts zu verstehen. Den sogenannten "pro life" Anhängern geht es nur um den Lebensschutz, wenn es der eigenen Machtfestigung dient. Insb. ist längst erwiesen, dass es dabei nicht um Lebensschutz geht, sondern um Kontrolle über deb weiblichen Körper.

Wie heuchlerisch die "pro life" Bewegung ist, sieht man an der Einstellung amerikanischer Konservativer ggü. Waffen, die jedes Jahr hunderte Kinder töten und ggü. Polizeigewalt gegenüber Schwarzen.


QuoteJuniper_Hill #2.9

Letzten Endes ist es doch so, die bekannten Religionen sind alle von Menschen erdacht und gemacht worden. Teilweise um Phänomene zu erklären, die wissenschaftlich noch nicht erklärt werden konnten, oder aber um Gesellschaften zu stabilisieren. Davon ausgehend, dass die menschlichen Religionen nichts göttliches oder übernatürliches beinhalten und dass die Entwicklung des Universums seit dem Urknall ohne Gott erklärt werden kann, stellt sich natürlich die Frage, ob es Gott gibt, oder nicht. Gibt es einen oder mehrere Götter, so haben diese seit dem Urknall nicht mehr auf die Menschheit eingewirkt, da alles ohne sie logisch erklärt werden kann. Das heißt aber auch, diese Götter wären bedeutungslos für das handeln und agieren der Menschheit. Und schon gar nicht kann aus menschlichen Legenden und Mythen aus der Eisenzeit, die einige als göttlich inspiriert ansehen, eine Richtlinie für das heutige Verhalten für Menschen gezogen werden.


QuoteASchneider #2.14

Jeder spirituell erfahrene Mensch wird Ihnen sagen, dass es letztlich nur eine Sünde gibt, und zwar die Sünde gegen das Leben. Es gibt kein schlechtes oder falsches Leben, Gott, das Absolute will in jedem Leben gelebt werden.


QuoteSekretarius #2.15

Und jeder Atheist wird ihnen bestätigen, das das alles Blödsinn ist und das es jede Menge schlechtes Leben gibt.


QuoteFrank-Werner #3

Ideologie ist nie ein guter Ratgeber, gleichgültig für welche Fragestellungen.
Insbesondere bei Dingen, bei welchen es - wie bei Abtreibungen - keine absolute Wahrheit gibt. ...


QuoteFactsNLogic #3.2

"Insbesondere bei Dingen, bei welchen es - wie bei Abtreibungen - keine absolute Wahrheit gibt."

What the fuck? ... Aus eigenen Glaubensüberzeugungen in die Grundrechte anderer eingreifen zu wollen ist ja wohl das letzte!
Da gibts keinen Mittelweg, die haben gefälligst die religiös motivierte Kontrolle der Körper von Frauen zu unterlassen!



Quotekosmokrator #5

Diese Auseinandersetzung wird immer strittig sein, und sollte es auch.
Es ist eine ewige Abwägung des Rechts auf Leben des Ungeborenen vs. die Selbstbestimmung der Mutter über ihr zukünftiges Leben.

Da gibt es kein richtig oder falsch. Alles Grautöne, auch weil es keine biologisch eindeutige Definition gibt ab wann ein Leben beginnt oder sich ein Bewusstsein bildet.

Interessanterweise geht gerade in Deutschland die gesellschaftliche Tendenz weg vom Recht auf Indivitualismus und mehr in Richtung dass das Recht auf Leben von Anderen sowie der 'Schutz der Gemeinschaft' auch eine drastische Einschränkung der individuellen persönlichen Freiheit bedingen darf. Siehe Corona-Maßnahmen oder Klimaschutz.

Es wird interessant werden ob dies sich längerfristig auch in dieser Thematik niederschlägt.


QuoteSekretarius #5.1

Aber es gibt ein richtiges Falsch:

Irgendwelche unwichtigen Opas, die nicht das mindeste damit zu tun haben, nicht mit den Folgen leben müssen und trotzdem für die Frauen entscheiden.


QuoteTraxxq #5.2

"Da gibt es kein richtig oder falsch. Alles Grautöne, auch weil es keine biologisch eindeutige Definition gibt ab wann ein Leben beginnt oder sich ein Bewusstsein bildet."

Doch die Entstehung des Menschen ist sehr umfassend erforscht, ebenfalls wann die ersten Hirnströme entstehen. Das ist in der 20-24. Woche.


Quotekosmokrator #5.4

"Irgendwelche unwichtigen Opas, die nicht das mindeste damit zu tun haben, nicht mit den Folgen leben müssen und trotzdem für die Frauen entscheiden."

Das mögen Sie so sehen, die Verfassung der USA sieht nun mal eine Gewaltenteilung vor, und die Institution die über solche Fragen entscheided nennt sich Supreme Court.
Wer dort sitzt bestimmt der Präsident der USA, und dieser wird von Volk gewählt.

Nennt sich Demokratie.


QuoteDasImperiumSchlägtZurück #5.6

"Interessanterweise geht gerade in Deutschland die gesellschaftliche Tendenz weg vom Recht auf Indivitualismus und mehr in Richtung dass das Recht auf Leben von Anderen sowie der 'Schutz der Gemeinschaft' auch eine drastische Einschränkung der individuellen persönlichen Freiheit bedingen darf. Siehe Corona-Maßnahmen oder Klimaschutz."

Ein absurder Vergleich. Bei einem Schwangerschaftsabbruch ist nur die Frau betroffen und nicht die ganze Gesellschaft wie beim Klima oder Corona. Deshalb ist die Entscheidung der Frau eine individuelle und wird es immer bleiben.


Quotekosmokrator #5.18

"Und was genau haben diese Richter mit der Problematik zu tun ?
Unwichtige Opas und Omas, die für andere wichtige Entscheidungen treffen."

Diese 'unwichtigen Opas' sind durch demokratische Prozesse dazu berufen worden bei Fragen welche eine Abwägung an grundsätzlichen Rechtsgütern von betroffenen Parteien bedingen eine Entscheidung zu fällen.

Aber das wissen Sie natürlich. Sie finden es halt doof dass da nicht die Leute sitzen die Ihre Ansicht teilen.
Das ist verständlich aber irrelevant.


QuoteTraxxq #8

Religiöse Spinner, die Welt ist voll davon.


QuoteDocWho #11

Selbstmord und Ermordung ungeborenen Menschenlebens sollte nicht als Frauenrecht tituliert und eingefordert werden können. Es passiert, aber sollte vom Gesetzt behindert werden.


QuoteKarl Lauer #11.1

Zellhaufen im Alter von 0-12 Wochen haben aus gutem Grund keine Menschenrechte. Nur religiöse Fanatiker und Ideologen fordern die Aufhebung des Selbstbestimmungsrecht von Frauen zugunsten von hypothetischen Lebens.


QuoteSubspaceEcho #11.5

Das ist klerikalfaschistischer Mumpitz.


Quotejan h #11.7

Ah, da isser wieder: der Zellhaufen, dicht gefolgt von religiösen Fanatikern. Geschrieben von einem etwas größeren Zellhaufen.
Es scheint unmöglich zu sein, eine Diskussion einfach so zu führen, ohne unterschwellige Aggressionen und Verhöhnungen.


QuoteKarl Lauer #11.8

Ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit: Wer die Abtreibungsgrenze unter 12-14 Wochen verschieben will oder Abtreibungen gänzlich verhindern will ist ein religiöser Spinner oder ein Faschist.

Ach und hey, da es für Sie ja ontologisch keinen Unterschied macht: Das nächste mal bringt Ihnen der Küchenbauer oder Schreiner statt Einrichtung einfach einen Sack Eicheln. Das sind ja Möbel nur halt etwas kleiner!


QuotePrinz Hamlet #11.14

"Das nächste mal bringt Ihnen der Küchenbauer oder Schreiner statt Einrichtung einfach einen Sack Eicheln. Das sind ja Möbel nur halt etwas kleiner!"

Dumme Vergleiche kann ich auch. Wir kaufen zusammen ein Auto, aber da es in meiner Garage steht ist es mein Recht es einfach abzufackeln, ohne sie zu fragen. Das ihr halbes Auto weg ist,... nicht mein Problem. Meine Garage mein Recht.


QuoteNeela75 #11.16

Geburten können auch heute noch lebensgefährlich sein. Die Frau muss ihre Gesundheit und möglicherweise ihr Leben opfern.


Quotedjborislav #14

Der "Ehrenmann" Brett Kanavaugh entscheidet über die Rechte schwangerer Frauen....
Amerikas Bigotterie auf den Punkt gebracht.


QuoteJeanLuc7 #19

Pro-Life sollte doch wohl eher Pro-Birth heißen. Denn nach der Geburt interessieren sich die Abtreibungsgegner für das Kind gar nicht mehr.


QuoteJeanLuc7 #19.2

"Sie sind ersthaft der Meinung, das diese Aussage in jedem Fall wahr ist?"

Ich denke, Sie haben genau verstanden, was ich meinte. Es geht hier nicht um eigene Kinder, sondern um die anderer Leute. Und für die interessiert sich die Pro-Life-Bewegung nach der Geburt nicht mehr. Wo in den USA bekommt eine junge Mutter, der das Recht auf Abtreibung verweigert wurde, in den ersten Jahren finanzielle oder soziale Unterstützung von Pro-Life?


QuoteHolger57 #19.6

Immer wieder dies Argumente.... es geht hier um Ideologie und nicht um Kinder


Quotejan h #20.1

Ein kluger Mann sagte mal, dass Religionen nur dazu erfunden wurden, eine Pussy zu bewachen.

Tja, es scheint zu stimmen.


QuoteBernd16 #20.2

Scheint kein kluger Mann gewesen zu sein.


QuoteLululululu #22

Ich frage mich immer wieder, wie Menschen auf die Idee kommen, ihre persönliche Religion sei für andere Menschen in irgendeiner Weise relevant.


QuoteViner Šme #23

Jede Frau soll frei entscheiden dürfen, ob sie ein Kind bekommen will oder nicht. Da hat ihr kein Staat, keine Religion und auch sonst niemand reinzureden oder sie gar zu diskriminieren. Eine Frau quasi dazu zu zwingen oder zu nötigen ein Kind auszutragen (in Polen übrigens auch nach einer Vergewaltigung) ist unmenschlich und anmaßend. Nur die Frau, die ein Kind bekommt hat damit zu tun, sie ist schwanger, sie hat sich nach der Geburt mindesten sechzehn, eher achtzehn bis zwanzig Jahre lang um das Kind zu kümmern. Wenn das nicht in ihren Lebensentwurf passt oder sie einfach noch nicht oder überhaupt dazu bereit ist, ein Kind zu bekommen, dann ist das so. Da braucht man dann auch keine Indikation, Beratung oder sonst etwas, es ist einfach ihre freie Entscheidung.

Streng genommen müsste man ja auch Verhütung verbieten wenn man Abtreibungen verbietet, die kath. Kirche tut das glaube ich auch.


QuoteArthur Philipp Dent #24

Frauenrechte scheinen im Land der Freiheit für die evangelikalen Christen wohl nicht diskutabel. Eine mittelalterliche Sicht, die eher zum Talibanstaat als zu den USA passen würden.


QuoteAzenion #29

Die Position der Abtreibungsgegner ist doch gerade die, daß es nicht nur um Frauenrecht geht, sondern auch um das Recht des Fötus auf Leben.
Insofern wird man der Debatte nicht gerecht, wenn man so tut, als ginge es ausschließlich um Frauenrechte.

Wenn man sogar Tieren eine unveräußerliche Würde und ein Recht auf selbstbestimmtes Leben zugesteht, wie es viele Tierrechtsaktivisten tun, dann ist der Gedanke doch nicht völlig fern, daß auch ein heranwachsendes menschliches Leben eigene Rechte hat, die mit Frauenrechten konkurrieren können.


QuoteNara1992 #29.2

Nein. Die Religiösen behaupten, dass das Leben bei Konzeption beginnt und ab schützenswert ist. Was weder von der Wissenschaft, noch von anderen humanistischen Ansätzen, noch von der Bibel gedeckt ist.

Hier geht es um eine Beschneidung von Frauenrechten und Kontrolle. Da man Frauen im 20. Jahrhundert immer mehr Rechte geben musste, muss man halt jetzt an dieser Front kämpfen.


QuoteMrGaga #30

Wenn Männer Kinder bekommen würden, gäbe es so ein Gesetz nicht. Dann gälte: Mein Bauch gehört mir und wen das stört, der soll nur kommen.


QuoteAlexa hört Dir zu #30.1

Zum Glück bekommen Männer stattdessen nur Waffen in die Hand gedrückt und Sprüche zu hören wie "Hunde, wollt ihr ewig leben"? ...


QuoteMrGaga #30.2

Ich glaube, Sie haben mich nicht ganz verstanden, also nochmal ohne Humor: Diese Welt wird von Männern regiert, insbesondere [von] religiöse[n]. Diese Männer bestimmen über den Bauch der Frauen. Was für eine Anmaßung! Mein Post ist nur eine Spielart der Frage: Hätten Sie das auch einem Mann gesagt? Hätten Sie das auch einen Mann gefragt?
Und jetzt nochmal für Sie: Würden Sie als Mann jemand anderes über Ihren Bauch bestimmen lassen?


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 03, 2021, 02:46:53 PM
QuoteFriederike Busch @rike_tweet

Bei meinem Sohn an der Schule hat eine Sportlehrerin zu Mädchen in der 8. Klasse gesagt, sie sollten kein Tanktop tragen, da jetzt die Jungs in einem gewissen Alter wären.
In der nächsten Sportstunde ist die gesamte Klasse, alle Geschlechter, im Tanktop erschienen.  ❤️

6:33 nachm. · 1. Dez. 2021


QuoteSven Strasen @SvenStrasen
Antwort an @rike_tweet und @rrho

Well played!


https://twitter.com/SvenStrasen/status/1466136317268475909 (https://twitter.com/SvenStrasen/status/1466136317268475909)

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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 12, 2021, 11:31:24 AM
QuoteLoujain al-Hathloul (arabisch لجين الهذلول Ludschain al-Hadhlul, DMG Luǧain al-Haḏlūl; geboren 31. Juli 1989) ist eine saudi-arabische Frauenrechtlerin. Sie wurde im März 2018 in Dubai von saudi-arabischen Sicherheitskräften entführt, nach Saudi-Arabien verschleppt und dort im Mai 2018 erneut festgenommen. Ihre Familie und Menschenrechtsorganisationen erhoben Foltervorwürfe. 2020 wurde sie von einem saudi-arabischen Gericht zu rund sechs Jahren Haft wegen Störung der öffentlichen Ordnung verurteilt. Im Februar 2021 wurde sie aus der Haft entlassen und mit einer fünfjährigen Ausreisesperre belegt.[1] Ein Berufungsgericht bestätigte im März 2021 sowohl die Haftstrafe als auch die Ausreisesperre.[2]

2019 und 2020 wurde sie für den Friedensnobelpreis nominiert. Im April 2021 erhielt sie den Václav-Havel-Menschenrechtspreis 2020. ...

... Im September 2014 unterzeichnete sie mit 14.000 anderen Personen eine Petition, die König Salman dazu aufforderte, die rechtliche Vormundschaft für Frauen durch Männer zu beenden. Am 1. Dezember 2014 wurde sie für 73 Tage festgehalten, als sie versuchte, in ihrem Auto über die Grenze der Vereinigten Arabischen Emirate nach Saudi-Arabien zu fahren, wodurch sie gegen das dort geltende Fahrverbot für Frauen verstieß. Am 4. Juni 2017 wurde sie am Flughafen Dammam festgenommen, und ihr wurden der Kontakt zu ihrer Familie und die Verteidigung durch einen Anwalt verwehrt.[5]

Im März 2018 stoppten Fahrzeuge saudi-arabischer Sicherheitskräfte ihr Auto auf einer Autobahn in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo sie sich befand, um einen Master-Abschluss zu machen. Man legte ihr Handschellen an und fuhr sie zu einem Flughafen. In einem Privatjet flog man sie nach Saudi-Arabien, wo sie für einige Tage eingesperrt wurde.[6]

Am Abend des 15. Mai 2018 wurde sie zusammen mit Eman al-Nafjan, Aisha al-Mana, Aziza al-Yousef, Madeha al-Ajroush und einigen Männern, die sich für Frauenrechte in Saudi-Arabien eingesetzt hatten, erneut festgenommen.[7][8] Human Rights Watch teilte mit, dass der Sinn der Verhaftung sei, ,,jeden, der sich skeptisch über die Agenda des Prinzen äußert, einzuschüchtern" (mit ,,Prinz" ist Mohammed bin Salman gemeint). Laut Angaben ihrer engsten Verwandten wurde sie nach der Festnahme in Einzelhaft gehalten und gefoltert. Sie wurde mit Waterboarding, Schlägen, Peitschenhieben und Elektroschocks gefoltert, zudem sexuell missbraucht und mit Vergewaltigung und Mord bedroht.[9][10]

Seit Juni 2018 ist es Frauen in Saudi-Arabien erlaubt, Auto zu fahren. Trotzdem saß al-Hathloul zusammen mit anderen Aktivistinnen während dieser Zeit weiter im Gefängnis.[11][12]

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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Loujain_al-Hathloul (https://de.wikipedia.org/wiki/Loujain_al-Hathloul) (17. August 2021)

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Quote[...] Die saudische Menschenrechtsaktivistin Loujain al-Hathloul hat in den USA Klage gegen den Spyware-Hersteller DarkMatter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und drei ehemalige NSA-Mitarbeiter eingereicht, die für die Firma gearbeitet haben. Unterstützt wird die Frauenrechtlerin von der Electronic Frontier Foundation (EFF). Sie werfen den Beschuldigten vor, widerrechtlich das iPhone von al-Hathloul gehackt zu haben und damit zu ihrer Festnahme beigetragen zu haben.

Al-Hathloul war im März 2018 in Dubai von saudischen Sicherheitskräften festgesetzt und gegen ihren Willen nach Saudi-Arabien gebracht worden. Dort sei sie unter anderem in einem Geheimgefängnis gefoltert worden, sagt sie. Den drei Ex-NSA-Mitarbeitern wirft sie nun unter anderem Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, weil das Hacking Teil eines systematischen Angriffs auf Aktivistinnen und Aktivisten sei.

Die 32-jährige al-Hathloul erlangte aufgrund ihres Engagements für Frauenrechte im Königreich Saudi-Arabien internationale Bekanntheit. Vor allem mithilfe sozialer Netzwerke engagierte sie sich gegen das Fahrverbot und die Vormundschaftsregeln für Frauen in ihrem Heimatland. So hatte sie sich Ende 2014 bei dem Versuch gefilmt, mit dem Auto nach Saudi-Arabien zu fahren.

Zwar wurde das Frauenfahrverbot in dem Königreich Mitte 2018 aufgehoben, gegen bekannte Aktivistinnen wie al-Hathloul war das Regime danach aber mit größter Härte vorgegangen. Al-Hathloul war Ende 2020 zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt worden, ist aber inzwischen auf freiem Fuß. Für sie gelten aber nach wie vor eine Reihe von Einschränkungen, unter anderem darf sie das Land nicht verlassen.

Die drei ehemaligen NSA-Mitarbeiter, gegen die sich ihre Klage nun richtet, hatten im September vor einem US-Gericht eingestanden, als Hacker für die Vereinigten Arabischen Emirate gearbeitet und US-Gesetze gebrochen zu haben. Sie hatten zwischen 2016 und 2019 für Darkmatter gearbeitet und unter anderem geholfen, Angriffswerkzeuge zu entwickeln, die ohne Mithilfe der Opfer funktionierten ("Zero Click"). Obwohl sie darauf hingewiesen wurden, dass für derartige Tätigkeiten eine US-Lizenz nötig ist, hätten sie weitergearbeitet. Zusammen müssen die drei unter anderem 1,7 Millionen US-Dollar Strafe zahlen.

Anders als etwa die israelische Firma NSO hat Darkmatter nicht nur Spionage-Werkzeuge entwickelt, sondern selbst eingesetzt, lautet ein Vorwurf von al-Hathloul und der EFF. Das Hacking des iPhones von sei ein klarer Verstoß gegen das Anti-Hackinggesetz CFAA (Computer Fraud and Abuse Act). "Diese Art von Verbrechen ist genau das, gegen das sich der CFAA richtet", drückt es EFF-Anwalt Mukund Rathi aus. Eingereicht wurde die Klage im US-Bundesstaat Oregon, wo einer der Beschuldigten nun wohnt.

(mho)


Aus: "Folter nach Hackerangriff: Saudische Aktivistin klagt gegen Ex-NSA-Mitarbeiter" Martin Holland (10.12.2021)
Quelle: https://www.heise.de/news/Gehackt-und-gefoltert-Saudische-Aktivistin-klagt-gegen-Ex-NSA-Mitarbeiter-6291969.html (https://www.heise.de/news/Gehackt-und-gefoltert-Saudische-Aktivistin-klagt-gegen-Ex-NSA-Mitarbeiter-6291969.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 19, 2021, 09:00:42 PM
Quote[...] Zuerst soll L. am 29. April seiner langjährigen Partnerin, die sich erst eine Woche vorher von ihm wieder einmal getrennt hatte, mit einer Pistole in den Oberschenkel geschossen haben, ehe er wenig später auf ihren Kopf zielte und noch einmal abdrückte. Dem Mann sei an jenem Abend Ende April bewusst gewesen, was er tat, "und wollte das auch", heißt es unmissverständlich in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Marija M. wurde zwar noch ins Krankenhaus gebracht, sie erlag aber ihren Schussverletzungen.

Ab Montag muss sich der 43-Jährige deshalb im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts in Wien verantworten. Ein Urteil wird am Mittwoch erwartet.

Der ehemalige Besitzer eines Craft-Beer-Shops wurde durch einen Prozess gegen die grüne Politikerin Sigrid Maurer allgemein als "Bierwirt" bekannt. Nun könnte er in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher kommen. Ein Gutachten attestiert ihm eine "schwere seelische Abartigkeit" – L. wird darin als Gefahr für die Allgemeinheit gesehen.

""Bierwirt" war laut Gutachten zurechnungsfähig"
Der 43-jährige Albert L. soll Ende April seine langjährige Freundin erschossen haben. Ein Gutachten schließt nun eine psychische Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt aus
Lara Hagen, Jan Michael Marchart, Gabriele Scherndl (18. Oktober 2021)
https://www.derstandard.at/story/2000130533834/bierwirt-soll-laut-gutachten-zurechnungsfaehig-gewesen-sein (https://www.derstandard.at/story/2000130533834/bierwirt-soll-laut-gutachten-zurechnungsfaehig-gewesen-sein)

Der mutmaßliche Mord trug sich in der Wohnung des Opfers im Winarskyhof im 20. Bezirk zu. Als die Polizei L. im Hof des Gemeindebaus abtransportierte, lag er ohne T-Shirt und regungslos am Boden. Zuvor trank der Bierwirt auf einer Parkbank sitzend noch reichlich Vodka und Bacardi. Im Krankenhaus wurden schließlich 3,4 Promille Alkohol, der Aufputscher Ephedrin, das Beruhigungsmittel Benzodiazepin und Marihuana in seinem Blut festgestellt. Anwalt Manfred Arbacher-Stöger und L. bauen ihre Verteidigung darauf auf, dass der Bierwirt zum Tatzeitpunkt voller Berauschung gewesen sei und sich an nichts erinnern könne.

Gegen eine "über mehrere Stunden dauernde Amnesie" spricht allerdings das Gutachten, das die Staatsanwaltschaft in Auftrag gab. Aus Dokumenten und Zeugenaussagen "geht klar hervor, dass der Beschuldigte den Weg zum Tatort fand, die Waffe bei sich trug und die gezielten Schüsse abgab".

Eine volle Berauschung konnte nicht nachgewiesen werden. Unter anderem gab der Bierwirt bei einer Befragung an, seit ein paar Jahren pro Tag 10 bis 20 Bier, aber auch drei bis vier Flaschen Vodka getrunken zu haben. Aufgrund des "Gewöhnungseffekts" sei daher hinsichtlich Alkohol nur von einer "mittelschweren Berauschung" auszugehen, heißt es in dem Gutachten. Gesamt sei das "Steuerungsvermögen" des Bierwirts "möglicherweise vermindert, jedoch nicht aufgehoben" gewesen.

Auch ein Freund, der am Tag der Tat mit L. unterwegs war, sagte gegenüber der Polizei: "Er war wie immer. Ein bisschen betrunken wirkte er." Gewankt oder getorkelt sei L. nicht. "Wenn ich so an die letzte Zeit denke, würde ich sagen, dass dies sein Normalzustand war."

Der Bierwirt war schon vor dem mutmaßlichen Mord an seiner Lebensgefährtin mehr als nur amtsbekannt, sein Strafregisterauszug ist prallgefüllt. Die Aufzeichnungen reichen bis 1996 zurück. Damals wurde L. wegen Urkundenunterdrückung schuldig gesprochen. Danach folgen zehn weitere Einträge, mehrfach wegen Körperverletzung, Nötigung und gefährlicher Drohung. Hinzu kommen Delikte wegen Hehlerei, Diebstahl, Fälschung unbarer Zahlungsmittel und wegen unbefugten Waffenbesitzes. Im vergangenen Jahr fasste L. eine bedingte sechswöchigen Freiheitsstrafe aus. Der Bierwirt ging unrechtmäßig mit geschäftlichen Personendaten um. Es ist der letzte Eintrag vor der mutmaßlichen Tat im April.

Nach dem Tod seiner Ex-Freundin stellte die Polizei an der Wohnadresse des Bierwirts unter anderem Munition und beachtliche 7,5 Kilogramm Marihuana sicher. Das Gras sei sein eigenes, gab L. an. Daraus habe er Öl machen wollen, "damit er schlafen könne". L. konsumierte seit Jahren Drogen. Nach eigenen Angaben begann er im Alter von 14 Jahren mit Speed, später probierte er Heroin und Ecstasy aus, und konsumierte vermehrt Kokain. Letzteres verbindet der Bierwirt von sich aus mit dem Rotlichtmilieu, das früher "mehr oder weniger" seines gewesen sei, wie er im Zuge seiner Untersuchung erzählte.

Für die breite Öffentlichkeit erlangte L. erst durch den Prozess gegen die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer eine zweifelhafte Bekanntheit. L. klagte Maurer auf üble Nachrede. Der Grund: Die Politikerin erhielt im Mai 2018 vulgäre Nachrichten vom Facebook-Account des Ex-Besitzers eines Wiener Craft-Beer-Shops. Maurer machte jene Zeilen samt seiner Identität öffentlich und nannte ihn "Arschloch". Der Bierwirt bestritt stets, die Nachrichten geschrieben zu haben, auch Gäste hätten seinen Computer im Lokal benutzt – das konnte er allerdings nie nachvollziehbar machen. Der Prozess zog sich über zweieinhalb Jahre, bis L. die Klage überraschend zurücknahm. Es kam zu einem Freispruch für Maurer. Auch die Unterlassungsklage wegen des "Arschloch"-Sagers verlor der Bierwirt.

L. zog einen Zettel aus der Hosentasche, den er schon einige Wochen zuvor in der Geschäftspost gefunden haben wollte. Ein gewisser "Willi", ein Kunde und Freund, dessen Nachnamen er weder nennen noch buchstabieren konnte, bekannte sich darin zu den Nachrichten an Maurer. Der Prozess wurde vertagt, "Willi" musste ausgeforscht werden. Als der Richter mit Fragen nachhakte, echauffierte sich L. aber derart, dass er vehement zur Ruhe aufgerufen werden musste. Doch dabei sollte es nicht bleiben.

Innerhalb kürzester Zeit machte L. deutlich, wozu er imstande ist. Nur wenige Tage nach dem Prozesstermin erhielt der Richter einen Brief, unterzeichnet mit dem Namen des Bierwirts, in dem Maurer als "gefickt (hochdeutsch: schuldig)" bezeichnet wurde. Der Brief ist an jenem Tag datiert, an dem sich L. zu späterer Stunde telefonisch auch an einen Redakteur des STANDARD wandte. Die Nummer erhielt er nach einer Recherche zur Causa von seinem damaligen Anwalt. Es folgte die wenig vertrauensweckende und daher ausgeschlagene Einladung in sein Lokal samt festgelegter Deadline, um möglicherweise an "Willi" heranzukommen. Nur eine Woche später wurde der Bierwirt vor seinem Geschäft vorübergehend verhaftet. Mit 1,44 Promille im Blut nötigte und bedrohte er einen Passanten. Es wurde auch eine verbotene Waffe sichergestellt: eine Taschenlampe mit integriertem Elektroschocker.

Erst heuer im Februar erschien "Willi", den viele für eine Erfindung des Bierwirts hielten, tatsächlich beim Prozess. Doch auch er wollte nichts mit den obszönen Nachrichten an Maurer zu tun haben. "Ich hab' gar kein Facebook", sagte er lapidar. L. hatte zuvor die Klage gegen Maurer zurückgezogen und tauchte gar nicht mehr auf. Er verschwand damit aus der Öffentlichkeit. Nur etwas mehr als zwei Monate später saß der Bierwirt volltrunken auf einer Parkbank im Hof eines Gemeindebaus. Eine Pistole, die er trotz aufrechten Waffenverbots besaß, wurde direkt neben ihm auf dem Boden durch die Exekutive sichergestellt. L. steht seither im dringenden Verdacht, seine langjährige Lebensgefährtin Marija M. erschossen zu haben.

Von einem Freund wird L. gegenüber der Polizei als "ehrlicher Kerl beschrieben, der sich nichts gefallen ließ". Das habe ihm "hin und wieder" Probleme eingebracht.

Die Probleme, die er hat und hatte, erklärt L. selbst und auch sein familiäres Umfeld mit seiner Kindheit bzw. Jugend. L. hat drei Geschwister: Eine Schwester, die gleichzeitig die beste Freundin der getöteten Marija M. war und eine Wohnung im selben Gemeindebau hat, und zwei Brüder. L. und einer der Brüder wuchsen hauptsächlich in Heimen auf, L. zufolge ab seinem neunten Lebensjahr. Die anderen beiden Kinder blieben bei der Mutter. Der Schwester zufolge habe es regelmäßig Gewalt in der Familie gegeben, der Vater, der vor einigen Jahren verstarb, sei Alkoholiker gewesen. "Mein Bruder war und ist aufgrund seiner Kindheit und des sozialen Umfeldes ein sehr schwieriger Mensch", sagte sie der Polizei. Ihrer Freundin Marija M. gegenüber habe sie immer wieder ihre Bedenken wegen der Beziehung mit ihrem Bruder geäußert.

Auch M.s Eltern berichteten der Polizei, dass ihre Tochter "immer" Angst vor L. gehabt habe und oft in ihre Wohnung "geflüchtet" sei. Die Beziehung sei nie wirklich gut gelaufen, L. sei immer wieder tage- oder wochenlang weg gewesen. Auch die Zeugenaussage der 13-jährigen Tochter der beiden, die während der Tat wie auch ihr dreijähriger Bruder in der Wohnung war, offenbart die Abgründe der langjährigen On-Off-Beziehung. L. habe die Mutter geschlagen, immer wieder habe er ihr auch gedroht, mitunter sogar mit einer Waffe in der Hand. Direkt mitbekommen habe sie das aber nie.

Eine Woche vor M.s gewaltsamen Tod eskalierte die Situation mit L. bereits. Er kam in die Wohnung im Winarskyhof – er selbst hat eine eigene Wohnung, die nur wenige Meter entfernt vom Gemeindebau ist – und traf dort auf seine Tochter und die Eltern von Marija M. Es kam zu einem Streit, L. wurde laut, drohte der Mutter und schoss schließlich in die Richtung des Vaters. Die Kugel schrammte an dessen Kopf vorbei und landete im Türstock. So wird er es der Polizei erzählen – allerdings erst nachdem seine Tochter erschossen wurde. M. trennte sich nach dieser Episode von L. Die Polizei wurde nicht eingeschaltet. Die Familie befürchtete, dass L. deswegen nicht oder nur kurz ins Gefängnis muss und die Situation danach eskaliert. Tragischerweise tat sie das auch ohne der Anzeige. L. droht nun eine lebenslange Haftstrafe und die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. (Lara Hagen, Jan Michael Marchart, 19.12.2021)

Jede fünfte Frau in Österreich ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt, ergab eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Monatlich werden in Österreich im Schnitt drei Frauen ermordet, zählt der Verein Autonome Frauenhäuser (AÖF). Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer und haben nicht gelernt, Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Gewalt von Männern gegen Frauen gibt es in allen sozialen Schichten, Nationen, Familienverhältnissen und Berufsgruppen. Morde an Frauen werden auch als Femizide bezeichnet. Der Begriff soll ausdrücken, dass hinter diesen Morden oft keine individuellen, sondern gesamtgesellschaftliche Probleme wie etwa die Abwertung von Frauen und patriarchale Rollenbilder stehen.



Aus: "Mordprozess gegen "Bierwirt" startet: Wer ist L.?" Lara Hagen, Jan Michael Marchart (19. Dezember 2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000131984341/mordprozess-gegen-bierwirt-startet-wer-ist-l (https://www.derstandard.at/story/2000131984341/mordprozess-gegen-bierwirt-startet-wer-ist-l)

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Kommentare zu: https://www.derstandard.at/story/2000130533834/bierwirt-soll-laut-gutachten-zurechnungsfaehig-gewesen-sein (https://www.derstandard.at/story/2000130533834/bierwirt-soll-laut-gutachten-zurechnungsfaehig-gewesen-sein)

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Gute_Miene, 19. Oktober 2021, 06:34:10

Solche Typen haben Waffen.


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Susanne_B, 19. Oktober 2021, 09:44:23

Nur, damit es nicht untergeht: die FPÖ ist für eine Schließung der Frauenhäuser eingetreten, da diese ,,Familien zerstören" würden.


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wolkenberg1010, 18. Oktober 2021, 18:51:07

Kann mich noch gut erinnern wie auf der Mann hier [im derstandard.at Forum] von einigen verteidigt wurde und die Schuld der Maurer gegeben wurde. ...


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Wolf X, 18. Oktober 2021, 23:55:30

Die ganzen Blauen, die ihn in der Auseinandersetzung mit Sigi Maurer noch als Helden gefeiert haben, haben das sinkende Schiff plötzlich verlassen.


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He-Man II.,19. Oktober 2021, 00:46:42

Wen wunderts? Oder haben Sie schon vorher gewusst, dass der Mensch ein abartiger Mörder ist?


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Zirkusdirektor, 18. Oktober 2021, 23:02:15

Im Maurer-vs.-Bierwirt-Ticker schien das noch streckenweise lustig, was dieser Typ da von sich gab, mir schien er damals eher ein chauvinistischer Tunichtgut zu sein, der im illuminierten Zustand bissl deppert wird und weiters eher geistig simplen Zuschnitts zu sein.
Wenn man dann Monate später liest, was dieser Herr (mutmaßlich) verbrochen haben soll und wie der offenbar zerebral beinand ist - uff! Also da vergeht mir aber massiv das Lachen von damals, und auch das eine oder andere von mir damals abgesonderte Ticker-Posting steckt mir jetzt ziemlich beklemmend im Hals...
Doch ned immer alles so lustig, wie es scheint.


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profeline

19. Oktober 2021, 19:35:35

Das war schon damals nicht lustig.


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Walter Kaiser, 18. Oktober 2021, 22:43:52

Der Bierwirt zeigt offenbar auch bis heute keine Einsicht, .... Im Gegenteil, sehe er sich "als Opfer"
Das gleiche Verhalten wie bei der Maurer-Sache.


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rettet die caretta, 18. Oktober 2021, 19:16:33

Wahnsinn, was es für Typen gibt. Die armen Kinder.


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hauptsoch, 18. Oktober 2021, 20:02:45

Es fällt schwer zu lesen, was die Leute mit dem mitgemacht haben, die Tage vor der Tat und die Tat selbst müssen für die Angehörigen grauenhaft gewesen sein. Diese dauernde Angst. Echt schlimm. Und wir haben uns noch lustig gemacht über diesen Typen und seinen Willi.


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INTJ, 18. Oktober 2021, 21:26:14

Ich hoffe, dass die 13-jährige Tochter die allerbeste psychologische Betreuung bekommt. Das muss ja schrecklich sein für sie mit dem inneren Konflikt, den Mörder hereingelassen zu haben, obwohl sie selbst nur aus Angst aufgemacht hat. Dabei trifft sie überhaupt keine Schuld.

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Fr. Maurer hat wohl mehr Glück gehabt, als sie ahnen konnte. Aber nein, der arme, arme Bierwirt, wie er ja auch hier oft noch verteidigt wurde.
Sollte vielleicht manchen Usern hier einmal zu denken geben. Einer, der sich /so/ Frauen gegenüber verhält, ist kein armes Opfer, und der will auch nicht nur "spielen".


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christoph123, 18. Oktober 2021, 21:02:05

... Auf facebook schreiben, was sie ihr gern alles sexuell antun würden und dann wenn sie sich dafür rechtfertigen müssen wars ein anderer der zufällig zugriff auf den computer hatte und nie auftaucht. So feige, komplexbehaftete würschtln halt, die angst haben, dass ihr verhalten jetzt auch konsequenzen (ächtung, strafrechtliche verfolgung) nach sich zieht.


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neoliberal1

18. Oktober 2021, 19:58:05

Das halte ich für übertrieben - die Tat war eine Beziehungstat.


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Where's Waldo, 18. Oktober 2021, 20:32:27

Petra Stiber hat das vor einem halben Jahr in einem Kommentar ganz gut auf den Punkt gebracht:

"Wenn der Zusammenhang zwischen digitaler und analoger Welt nicht gesehen wird, wenn Drohungen, Verunglimpfungen und physische Gewalttaten immer noch getrennt betrachtet und geahndet werden – und wenn weiter von "Eifersuchtsdramen" und "Beziehungstaten" statt von Gewalttaten und Morden die Rede ist, dann bleibt die Welt für Frauen hoch gefährlich."
https://www.derstandard.at/story/2000126300445/frauen-brauchen-dringend-schutz (https://www.derstandard.at/story/2000126300445/frauen-brauchen-dringend-schutz)


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Community-Linienrichter, 18. Oktober 2021, 18:24:03

Die Diskussion um diesen Typen war ja verständlichweise politisch sehr aufgeladen, aber dass es, nachdem was mittlerweile alles bekannt ist, nicht geschafft wurde ihn vorzeitig aus dem Verkehr zu ziehen, ist wirklich bitter.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 25, 2021, 03:33:14 PM
Quote[...] Die Autorin Alice Sebold baute ihre literarische Karriere auf ihrer eigenen Vergewaltigung auf. 40 Jahre später ist klar: Der Mann, den sie beschuldigte und der verurteilt wurde, ist nicht der Täter.

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Aus: "Falsche Verurteilung:"Seine Augen hielten mich fest"" (3. Dezember 2021)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/alice-sebold-anthony-broadwater-lucky-falsch-verurteilt-1.5479781?reduced=true (https://www.sueddeutsche.de/kultur/alice-sebold-anthony-broadwater-lucky-falsch-verurteilt-1.5479781?reduced=true)

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Quote[...] Eine Frau wird vergewaltigt, und Wochen später glaubt sie den Täter auf der Straße wiederzuerkennen. Doch bei der Gegenüberstellung auf der Polizeiwache identifiziert sie den falschen Mann. Trotzdem kommt es zum Prozess, und der Mann von der Straße geht für sechzehn Jahre ins Gefängnis. Der Fall ereignete sich 1981 in Syracuse im Bundesstaat New York – das Opfer, Alice Sebold, beschrieb die Vergewaltigung fast zwanzig Jahre danach in ihren Memoiren. Die Schriftstellerin wurde später international bekannt, ihr Bestsellerroman ,,The Lovely Bones" (,,In meinem Himmel") wurde erfolgreich verfilmt. Der Mann, den sie der Vergewaltigung bezichtigt hatte, wurde vor einigen Wochen nun vollständig rehabilitiert, das Urteil revidiert. Weil der 61 Jahre alte Anthony Broadwater Afroamerikaner ist und damals trotz der dünnen Indizienlage verurteilt wurde, fragen sich einige Medien inzwischen selbstkritisch, warum niemand Sebolds Geschichte je in Zweifel zog.

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Aus: "Warum fragte niemand nach?" Frauke Steffens (20.12.2021)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/alice-sebolds-aussage-brachte-unschuldigen-in-haft-fall-hat-nachspiel-17692087.html (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/alice-sebolds-aussage-brachte-unschuldigen-in-haft-fall-hat-nachspiel-17692087.html)

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Quote[...] In her memoir Lucky, she described being raped and later telling police she had seen a black man in the street who she believed was her attacker.
Anthony Broadwater was arrested and convicted, spending 16 years in prison.
A statement from Mr Broadwater, released via his lawyers, said he was "relieved that she has apologised".
In Ms Sebold's apology statement, she said: "I am sorry most of all for the fact that the life you could have led was unjustly robbed from you, and I know that no apology can change what happened to you and never will".

Lucky sold more than one million copies and launched Ms Sebold's career as an author. She went on to write the novel The Lovely Bones which was turned into an Oscar-nominated film by Peter Jackson.
Lucky's publisher announced on Tuesday that it would stop distributing the memoir while working with Ms Sebold to "consider how the work might be revised".
The book detailed how Ms Sebold was attacked when she was an 18-year-old student at Syracuse University in New York.

Months later, she reported seeing a black man in the street who she thought was her attacker, and alerted police.
An officer then detained Mr Broadwater, who had reportedly been in the area at the time.

After his arrest, Ms Sebold failed to pick him out in a police line-up, selecting another man. But Mr Broadwater was tried anyway and Ms Sebold identified him as her attacker in court. He was convicted based on her account and microscopic hair analysis.

After he was released from prison in 1998, Mr Broadwater remained on the sex offenders register.
He was exonerated on 22 November after a re-examination of the case found he had been convicted on insufficient and now-discredited forms of evidence.
His wrongful conviction came to light after an executive producer working on a film adaptation of Lucky raised questions over the case, and later hired a private investigator.

"Certain things leapt out at me as being unusual in the American criminal justice system - specifically the line-up procedure where Alice picked the wrong person as her assailant... but they tried him [Mr Broadwater] anyway," Timothy Mucciante told the BBC's Today programme.

He said he discussed his concerns with other members of the production team, but was assured that the book had been vetted and reviewed by lawyers.

"In June, I was separated from the picture, and... about a week later or so I contacted the private investigator," he said.

Mr Mucciante said he hired the investigator on a Wednesday, and by the Friday both men were convinced there had been a miscarriage of justice.

He described it as a "terrific tragedy... not only in terms of the unfortunate assault of Alice, but also the sort of metaphoric assault of Anthony Broadwater, who spent 16 years in prison and 23 years after that as a registered sex offender".

Mr Mucciante said it was "impossible" for him "to lay any blame at the 18-year-old Alice Sebold" for the wrongful conviction.

"I read Alice's apology and Anthony was very gracious in accepting that apology and I really applaud him for that. That's the kind of person he is," he said.

Upon hearing the news that he had been cleared of the crime, Mr Broadwater, 61, told AP news agency that he was crying "tears of joy and relief".

Ms Sebold said in her statement that she had spent the last eight days trying to "comprehend how this could have happened".

"I will also grapple with the fact that my rapist will, in all likelihood, never be known, may have gone on to rape other women, and certainly will never serve the time in prison that Mr Broadwater did," she added.


From: "Alice Sebold apologises to man cleared of her rape" (1 December 2021)
Source: https://www.bbc.com/news/world-us-canada-59485586 (https://www.bbc.com/news/world-us-canada-59485586)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on December 27, 2021, 02:48:19 PM
Quote[....] Gut vier Monate nach ihrer Machtübernahme haben die radikalislamischen Taliban in Afghanistan die Rechte von Frauen noch weiter eingeschränkt: Einer neuen Richtlinie zufolge sollen Frauen nur noch längere Reisen unternehmen dürfen, wenn sie von einem nahen männlichen Verwandten begleitet werden. Alle Fahrzeughalter werden außerdem aufgefordert, nur Trägerinnen eines islamischen Hidschab zu transportieren.

"Frauen, die eine Strecke von mehr als 72 Kilometern zurücklegen, sollten nicht mitgenommen werden, wenn sie nicht von einem engen Familienmitglied begleitet werden", sagte ein Sprecher des Ministeriums für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters am Sonntag.

In der neuen Anweisung des Ministeriums, veröffentlicht in den Online-Netzwerken, werden die Menschen auch aufgefordert, in ihren Fahrzeugen keine Musik mehr zu hören. Der Sprecher des Ministeriums, Mohammed Sadik Asif, bestätigte die neue Direktive.

Bereits in den vergangenen Wochen hatten die Taliban die Rechte von Frauen massiv beschnitten. So wurden die afghanischen Fernsehsender aufgefordert, keine Dramen und Seifenopern mit Schauspielerinnen mehr zu zeigen. Das Tugend-Ministerium hatte auch Fernsehjournalistinnen aufgefordert, bei ihren Auftritten Hidschabs zu tragen.

In Europa wird unter dem Hidschab lediglich das islamische Kopftuch verstanden, gemeint sein kann aber auch die zusätzliche Verschleierung des Gesichts oder des restlichen Körpers. Die Taliban haben bisher offengelassen, wie sie Hidschab definieren. Die meisten Afghaninnen tragen Kopftuch.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch prangerte die jüngsten Einschränkungen durch die Taliban als eklatanten Eingriff in die Frauenrechte an. Die neue Richtlinie zum Reiseverkehr mache Frauen noch mehr zu "Gefangenen", sagte die für Frauenrechte zuständige HRW-Direktorin Heather Barr der Nachrichtenagentur AFP. Die Maßnahme verhindere, "dass Frauen sich frei bewegen oder in eine andere Stadt fahren können, dass sie Geschäfte machen oder fliehen können, wenn sie zu Hause Gewalt erleben", kritisierte Barr.

Die Taliban hatten Mitte August wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Während ihrer Herrschaft in den 90er Jahren hatten die Taliban Frauen massiv unterdrückt. Mädchen durften nicht zur Schule gehen, Frauen durften das Haus nur mit einer Burka bekleidet und mit männlicher Begleitung verlassen.

Im Sommer hatten die Islamisten indes versprochen, dass ihre neue Herrschaft nun milder ausfallen werde als jene in den 90er Jahren. Berichte über Frauen, die an der Rückkehr an ihre Arbeitsplätze gehindert werden und Mädchen, die nicht zur Schule gehen können, schüren jedoch starke Zweifel an diesen Zusicherungen.

So sagte der als islamistischer Hardliner bekannte Minister für höhere Bildung, Abdul Baki Hakkani, am Sonntag, der Zugang von Frauen zu Bildung werde derzeit diskutiert. "Das Islamische Emirat ist nicht gegen die Ausbildung von Frauen, es ist aber gegen gemeinsamen Unterricht", sagte er. "Wir arbeiten an einer islamischen Umgebung, in der Frauen studieren könnten", fügte er hinzu. Dies könne aber "eine Zeit lang dauern". Angaben dazu, wann Mädchen und Frauen zur Schule oder an die Universität zurückkehren können, machte er nicht.

Internationale Geberländer haben mehrfach betont, dass die Achtung von Frauenrechten eine Voraussetzung für die Wiederherstellung internationaler Hilfen für Afghanistan sei. Dem zentralasiatischen Land steht nach Einschätzung der Vereinten Nationen in diesem Winter eine "Lawine des Hungers" bevor. 22 Millionen Bürger sind demnach von Ernährungsunsicherheit bedroht.

Zuletzt löste die Taliban die Unabhängige Wahlkommission (IEC) und die Kommission für Wahlbeschwerden auf. Es gebe keinen Bedarf für diese Gremien, sagte ein Sprecher der Taliban-Regierung.


Aus: "Taliban schränken Bewegungsfreiheit von Frauen massiv ein" (26. Dezember 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/taliban-herrschaft-afghanistan-autofahren-regeln (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/taliban-herrschaft-afghanistan-autofahren-regeln)

QuoteLöffel #12

Und wo liegen die grundlegenden Unterschiede zu Saudi-Arabien und Co?


QuoteCem1972 #12.1

Guter Punkt. Hängen übrigens tatsächlich der selben Rechtsschule an (Hanbaliten).


Quotekoenigsblaue.hyazinthe #12.4

In der Entwicklungsrichtung. Der regierende Thronfolger hat in Saudi-Arabien einiges angestoßen, was noch vor fünf, geschweige denn 10 Jahren undenkbar war.


Quotebatubintang #12.5

Im KSA dürfen Frauen Autofahren.


QuoteCapetwon #16

Was treibt die Männer der Taliban an? Machtgier? Sadismus? Überlegenheitsgefühl?
Wie halten die Frauen das aus immer unter männlicher Kontrolle, aus der Öffentlichkeit vertrieben, unsichtbar gemacht mittels Burka? Haben sie überhaupt eine Chance sich davon zu befreien? Sie können sich nicht zusammen schließen, wären obendrein immer in Gefahr verraten zu werden.
Es ist ein Desaster für die Frauen. Leider auch in vielen anderen Teilen der Welt.


QuoteAbatefetel #16.1

"Überlegenheitsgefühl"

Wohl eher Minderwertigkeitskomplexe. Jemand mit einem intakten Selbstwertgefühl kann ja kaum derartige Panik davor haben, dass (s)eine Frau ihr Gesicht zeigt, oder, Gott bewahre, alleine in einem Auto fährt.


QuoteMastershark #57

Toxische Männlichkeit gepaart mit religiösem Übereifer kann nur Resultate erbringen, die mich irgendwie an 'Steinzeit' erinnern. Blöd nur, dass diese Denkmodelle auch in der sogenannten aufgeklärten westlichen Welt immer wieder einmal ihre hässliche Fratze zeigen und niemand wirklich sicher sein kann, ob diese Dämonen ein- für alle Mal überwunden wurden.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 13, 2022, 09:29:25 AM
Quote[...] Nach sexuellen Übergriffen auf Frauen, darunter auch deutsche Touristinnen, in der Silvesternacht in Mailand hat die italienische Polizei 18 junge Männer als Verdächtige identifiziert. Es handele sich dabei um italienische und ausländische Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 15 und 21 Jahren, teilte die Polizei der norditalienischen Stadt am Dienstag mit.

Neun junge Frauen, darunter auch Deutsche, hatten berichtet, dass sie in der Silvesternacht auf der zentralen Mailänder Piazza del Duomo von Gruppen junger Männer sexuell belästigt worden seien. Die Mailänder Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein.

Auf Grundlage der Bilder von Überwachungskameras, Einträgen in Online-Netzwerken und Zeugenaussagen konnte die Polizei "drei Gewalt-Episoden" gegen Frauen ausmachen. Die Ermittler durchsuchten am Dienstagmorgen mehrere Objekte in Mailand und Turin.

Eines der Opfer der sexuellen Übergriffe hatte der italienischen Nachrichtenagentur Ansa gesagt: "Wir haben versucht, sie wegzuschieben, meine Freundin hat sie geschlagen und geohrfeigt, aber sie haben gelacht und uns weiter angegriffen. Ich hatte 15 Hände auf mir." Laut Ansa zählten auch zwei 20-jährige Touristinnen aus Deutschland zu den Opfern.

Die Übergriffe nähren die Sorge wegen Gewalt gegen Frauen in Italien, wo pro Woche durchschnittlich zwei Frauen getötet werden, meist von ihrem Lebensgefährten oder Ex-Partner.

Außerdem erinnern die Vorfälle an die Silvesternacht 2015/2016 in Köln. Damals hatte es rund um den Hauptbahnhof und den Dom massenhaft sexuelle Übergriffe gegen Frauen sowie andere Straftaten wie etwa Diebstähle gegeben. Die Taten waren aus einer großen Menge heraus verübt worden. Viele Beschuldigte waren nordafrikanischer Herkunft. Die Ereignisse sorgten bundesweit für Entsetzen und emotionale Debatten. (AFP)


Aus: "Polizei ermittelt gegen 18 Männer nach Übergriffen in Mailand" (12.01.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/frauen-an-silvester-sexuell-belaestigt-polizei-ermittelt-gegen-18-maenner-nach-uebergriffen-in-mailand/27969106.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/frauen-an-silvester-sexuell-belaestigt-polizei-ermittelt-gegen-18-maenner-nach-uebergriffen-in-mailand/27969106.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on January 13, 2022, 09:41:40 AM
Quote[...] In Senegal wird die Kriminalisierung von Homosexuellen nicht verschärft. Das Präsidium der Nationalversammlung habe einen Vorschlag von Abgeordneten, die Strafen für Homosexualität zu erhöhen, verworfen, berichtete der französische Auslandssender RFI.

In dem westafrikanischen Land kann gleichgeschlechtlicher Sex mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Laut dem weltweiten Verband von LGBT-Organisationen (ilga) hat die staatliche Gewalt gegen sexuelle Minderheiten im Senegal in den vergangenen Jahren massiv zugenommen.

Elf Abgeordnete hatten einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die Höchststrafe auf zehn Jahre Haft verdoppelt und Geldstrafen verdreifacht werden sollten. Das Präsidium der Nationalversammlung erklärte den Plan jedoch für unzulässig und teilte dem Medienbericht zufolge mit, die Gesetzeslage und die Haltung der Regierung seien klar. Damit wird der Gesetzesvorschlag nicht zur Debatte oder Abstimmung dem Parlament vorgelegt.

Senegal mit knapp 17 Millionen Einwohnern gilt als eine der stabilsten Demokratien des Kontinents und häufig als Vorbild für den Schutz von Menschenrechten. Dennoch wird Homosexualität in großen Teilen der Bevölkerung verurteilt. In nur 22 von 54 afrikanischen Ländern ist Homosexualität legal. Die meisten Verbote stammen aus der Kolonialzeit, einige wurden in den vergangenen Jahren verschärft. Andere Staaten wie Angola oder Botswana haben gleichgeschlechtliche Liebe entkriminalisiert. (epd)


Aus: "Verschärfung von Anti-Homosexuellen-Gesetz abgelehnt" (12.01.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/queerfeindlichkeit-im-senegal-verschaerfung-von-anti-homosexuellen-gesetz-abgelehnt/27967492.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/queerfeindlichkeit-im-senegal-verschaerfung-von-anti-homosexuellen-gesetz-abgelehnt/27967492.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 01, 2022, 06:05:56 PM
Quote[...] Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan stehen im Verdacht, mehrere Kritikerinnen und Kritiker entführt zu haben. Zwei Wochen nach einer Demonstration für Frauenrechte in Kabul gelten fünf Frauen und ein Mann als vermisst. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte mit Sitz in Genf äußerte sich besorgt. Die Machthaber in Afghanistan hätten zwar eine Untersuchung versprochen, bislang aber keine konkreten Schritte unternommen.

Der UN-Organisation zufolge wurden am 19. Januar eine Frau und ihr Schwager, die an dem Protest teilgenommen hatten, in Kabul entführt. Am gleichen Tag seien in der Hauptstadt vier Schwestern aus einem Haus geholt worden. Es gebe Berichte, dass nach weiteren Teilnehmerinnen gesucht werde. Das UN-Menschenrechtsbüro verlangte die Freilassung der Festgehaltenen und die Verfolgung der Täter. Man erhalte zudem glaubhafte Berichte über Folter und Misshandlungen von Aktivisten und früheren Angestellten der Regierung oder der Sicherheitskräfte. Auch Journalisten seien in Gefahr.

Zwei Medienvertreter des TV-Senders Ariana, Waris Hasrat und Aslam Hidschab, werden ebenfalls seit Montagabend vermisst. Das sagte ein Mitarbeiter des afghanischen Privatsenders der Nachrichtenagentur dpa. Aufzeichnungen von Sicherheitskameras zeigten, wie bewaffnete, uniformierte Männer, die Regierungsautos fuhren, die beiden Männer vor den Toren des Sendergebäudes mitgenommen hätten.

Hasrat ist Produzent und Moderator von politischen Sendungen, Hidschab Wirtschaftsreporter. Die Entführung ereignete sich einen Tag nach einer von Ariana ausgestrahlten Sendung, in der ein Gast in einer live übertragenen Debatte die Taliban kritisierte. Der Mitarbeiter von Ariana vermutete, dass die Entführer im Dienst der radikalislamischen Taliban stehen.

Der neu gegründete Journalistenverband Afghan Media Association beschuldigte die Taliban der Entführung. Auch Amnesty International rief die Machthaber dazu auf, die Reporter "bedingungslos und unverzüglich" freizulassen. Die willkürliche Verhaftung sei nicht zu rechtfertigen und stelle eine Bedrohung für das Recht auf freie Meinungsäußerung dar.

Vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban galt Afghanistan in der Region als Land mit relativ großer Pressefreiheit. Seit dem Machtwechsel im August sind immer wieder Journalisten eingeschüchtert oder festgehalten worden. Manche berichteten nach ihren Freilassungen von Schlägen oder Folter. Dutzende Medienschaffende haben das Land verlassen.



Aus: "Mehrere Vermisste nach Demonstration für Frauenrechte" (1. Februar 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/afghanistan-taliban-kritiker-vermisst-verschwundene-journalisten (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/afghanistan-taliban-kritiker-vermisst-verschwundene-journalisten)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 03, 2022, 02:11:24 PM
Quote[...] [Wissen: Wie viele Frauen wegen Mordes verurteilt wurden: Im Schnitt sind hierzulande seit 2019 zwölf Frauen pro Jahr wegen vollendeten oder versuchten Mordes verurteilt worden.

Wie das Justizministerium am Dienstag mitteilte, sind in den Jahren 2019 bis 2021 von den Staatsanwaltschaften insgesamt 65 Frauen wegen Mordes angeklagt worden, wobei in der Statistik nicht differenziert wird, ob es bei der inkriminierten Tat beim Versuch geblieben war. 36 Frauen wurden im Sinn der Anklage rechtskräftig verurteilt – wie viele davon von Schwurgerichten wegen vollendeten Mordes schuldig erkannt wurden, lässt sich aufgrund der Datenlage aus der Verurteilungsstatistik nicht ablesen. Beim weit größeren Teil dürfte es sich jedenfalls um Verurteilungen wegen Mordversuchs gehandelt haben.

Zwei Frauen wurden in den vergangenen drei Jahren vom Vorwurf des – versuchten oder vollendeten – Mordes freigesprochen. In etlichen Fällen ergingen nicht anklagekonforme gerichtliche Erledigungen – die Angeklagten wurden am Ende etwa wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder anderer minder schwerer Delikte verurteilt bzw. wurde ihnen Notwehr oder Notwehrüberschreitung zugebilligt. Nicht umfasst sind von der Statistik Fälle, bei denen eine erstinstanzliche, aber noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.

Bei Männern ist die Verurteilungsrate bei Mord deutlich höher. Zwischen 2019 und 2021 wurden laut Justizministerium 368 Männer wegen Mordes oder Mordversuchs vor Geschworene gestellt. 232 von ihnen wurden anklagekonform verurteilt, das sind im Schnitt mehr als 77 pro Jahr. 17 männliche Angeklagte wurden vom Vorwurf der versuchten bzw. vollendeten vorsätzlichen Tötung freigesprochen. (APA)

Gewalt an Frauen
Jede fünfte Frau in Österreich ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt, ergab eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Monatlich werden in Österreich im Schnitt drei Frauen ermordet, zählt der Verein Autonome Frauenhäuser (AÖF). Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer und haben nicht gelernt, Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Gewalt von Männern gegen Frauen gibt es in allen sozialen Schichten, Nationen, Familienverhältnissen und Berufsgruppen. Morde an Frauen werden auch als Femizide bezeichnet. Der Begriff soll ausdrücken, dass hinter diesen Morden oft keine individuellen, sondern gesamtgesellschaftliche Probleme wie etwa die Abwertung von Frauen und patriarchale Rollenbilder stehen.]

Es ist ein durch und durch ungewöhnlicher Fall, der sich am Wochenende in Villach zugetragen hat: Eine 37-jährige Frau gestand, eine 43-Jährige und deren fünfjährigen Sohn mit ihrem Auto niedergefahren und vorsätzlich getötet zu haben. Beim Vater des getöteten Kindes soll es sich um den Ex-Mann der mutmaßlichen Täterin handeln. In ihrer Vernehmung habe die Frau von Rache und Eifersucht gesprochen. Sie hatte sich nach der Tat selbst verletzt und muss noch immer im Krankenhaus behandelt werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordverdachts.

Ungewöhnlich ist nicht nur die mutmaßliche Mordwaffe – das Auto –, sondern dass die Täterin weiblich ist und von Motivlagen spricht, die man sonst aus Fällen kennt, in denen Männer ihre (ehemaligen) Partnerinnen töten. In diesem Zusammenhang wird vor allem in den letzten Jahren der Begriff Femizid bemüht. Könnte man aber auch in diesem Fall von einem solchen sprechen?

"Generell können Femizide auch von weiblichen* Täter*innen begangen werden, wenn die Tötungen einen Geschlechtsbezug aufweisen, also in Verbindung stehen mit der Frauen zugeschriebenen minderwertigeren gesellschaftlichen Rolle", sagt Isabel Haider vom Institut für Strafrecht und Kriminologie. Bei bestimmten Manifestationsformen von Femiziden in Zusammenhang mit traditionellen Praktiken – etwa Mitgift-bezogene Femizide oder sogenannte Ehrenmorde – würden beispielsweise Frauen* die Handlungen durchführen oder sich an diesen beteiligen.

Allerdings sei es für die Verwendung des Begriffs wichtig, die gesellschaftlichen und politischen Umstände nicht außer Acht zu lassen. "Der Begriff Femizid beinhaltet eine politische Komponente, indem er auf systematische Gewalt als Mittel zur Aufrechterhaltung der Hierarchie und Ungleichstellung zwischen den Geschlechtern hinweist", sagt Haider, die derzeit Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist. Die Geschlechtsbezogenheit von Gewalt gegen Frauen und Femiziden entstehe somit nicht in der Einzelfallbetrachtung anhand bestimmter Merkmale, sondern in der Masse ähnlicher Fälle. "Ein bloßer Vergleich eines Frauenmords durch einen Mann wegen Eifersucht mit einem Frauenmord durch eine Frau wegen Eifersucht würde die gesellschaftlichen und politischen Umstände, in denen sie passieren, ausblenden."

Gesellschaftliche Faktoren, damit sind etwa Geschlechterrollen, die Akzeptanz von Gewalt zur Lösung von Konflikten in Zusammenhang mit Männlichkeitsbildern oder ein ungleicher Zugang zu wirtschaftlichen, politischen und anderen einflussnehmenden Ressourcen gemeint. Diese Faktoren würden Haider zufolge die Entstehung und die Reaktion auf Gewalt beeinflussen. "Der Begriff Femizid bringt somit zum Ausdruck, dass die tödliche Gewalt an Frauen zu 90 Prozent durch Männer begangen wird und zu 80 Prozent durch einen Mann, der mit dem Opfer in einer Intimbeziehung war oder der Familie angehörte." Diese genauen Prozentwerte nennt Haider deswegen, weil sie Mordversuche an weiblichen Opfern auf ihre Geschlechtsbezogenheit untersuchte.

Bei der Betrachtung der Frage sei deswegen auch wichtig zu hinterfragen, wie auf Gewalt reagiert wird. Der enorme Unterschied, wie viel mehr Gewalt durch Männer im Vergleich zu anderen Geschlechtern begangen wird, werde "im Grunde einfach als normal hingenommen. Die Gewalt wird immer noch so behandelt, als würde sie lediglich aus einzelnen interpersonellen Konflikten entstehen, losgelöst vom gesellschaftlichen Kontext", sagt Haider.

Dass auch Frauen Morde begehen, ist klar. "Diese Tatsache ist weder zu leugnen noch herunterzuspielen." Aus den genannten Gründen mache es aber Sinn, innerhalb der Mordkriminalität verschiedene Kategorien zu benennen, schlägt die Expertin vor. Präzise Begriffsabgrenzungen seien wichtig für das Verständnis von Phänomenen, nicht um die Morde untereinander als gefährlicher oder wichtiger einzuordnen.

Es gebe zum Beispiel auch Frauenmorde durch Männer, wo es keinen Geschlechtsbezug gebe – zufällige Opfer im öffentlichen Raum. Es gebe Frauenmorde, die durch Frauen begangen werden. "Und es gibt Femizide als Begriff für eben eine Kategorie, wo die Geschlechtsbezüge durch die ausgeführten gesellschaftlichen und politischen Umstände eine Rolle spielen und die fast ausschließlich durch Männer begangen werden." (Lara Hagen, 2.2.2022)


Aus: "Anlässlich des mutmaßlichen Doppelmordes in Villach: Können auch Frauen Femizid begehen?" (2. Februar 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000133033361/anlaesslich-des-mutmasslichen-doppelmordes-in-villach-koennen-auch-frauen-femizid (https://www.derstandard.at/story/2000133033361/anlaesslich-des-mutmasslichen-doppelmordes-in-villach-koennen-auch-frauen-femizid)

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donaldsneffe

Mir tun die Opfer leid, mit tut der Vater leid, mir tun die Familien leid. Ob das jetzt ein Femizid war oder nicht, ist mir diesbezüglich vollkommend wurscht.
Wie wird sich der Vater jetzt fühlen, wenn in den Medien nun eine Diskussion über Begrifflichkeiten, die sowieso nur eine Minderheit verwendet, diskutiert und das Schicksal selbst in den Hintergrund rückt?


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V-creator

Eine Tragödie passiert und die Autorin hat nichts besseres zu tun, als drauf hinzuweisen, wie oft Frauen doch von Männern umgebracht werden. Ziemlich geschmacklos.


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plainJane

Danke für diese tiefen Einblicke in eine ganz spezielle Bubble, die sich dringendst mal mit der großen weiten Welt außerhalb ihrer selbst auseinandersetzen sollt.


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Esox Lucius

Faellt diesen Leuten in ihrer ideologischen Bubble ueberhaupt auf, wie skurril (um nicht zu sagen dumm) diese Argumentation mittlerweile geworden ist?


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Carl v. Grausewitz

Ein KIND wurde in diesem Fall "mitgetötet", aber die "Kriegerinnen des Feminismus 2.0" sind nur mit sich selbst beschäftigt...


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Ausgeflippter Lodenfreak

Das Problem an Femizid ist, dass der Begriff verwendet wird um bestimmte Motive (gesellschaftliche Struktur) zu unterstellen. Wenn man jetzt fragt, ob auch Frauen diese Motive haben können, ist man sofort bei der Frage, warum einfach bei jedem männlichen Täter diese Motive von vorne herein angenommen werden?

Das Problem hier ist die Indentitätspolitik, die streng nach Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe, usw. in Opfer und Täter teilt und da nur ganz einfache direkte Diskriminierungsstrukturen und -Zusammenhänge akzeptiert. Wer dieses Modell in Frage stellt, differenziert oder hinterfragt ist ein Feind weil "Teil des Problems".


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 03, 2022, 02:40:38 PM
Quote[...] Drei Frauen sind gestorben. Drei Frauen sind tot, weil in Polen seit einem Jahr ein De-facto-Abtreibungsverbot gilt, sagen die Aktivistinnen der Gruppe Ciocia Wienia, der "Tante Wienia". Mindestens. Denn oft gehen die Familien der Toten nicht an die Öffentlichkeit, erzählen die "Tanten" im Gespräch mit dem STANDARD.

Im Juni und September des Vorjahres bzw. erst vor einer Woche starben drei Schwangere in Polen, weil ihnen ein medizinischer Eingriff verwehrt wurde. Eine Sepsis, wahrscheinlich ausgelöst durch die toten Föten im Uterus, soll ihr Todesurteil gewesen sein. In einem Fall haben Fachleute nun angegeben, dass die Frau mit einem positiven Corona-Test eingeliefert wurde und die Schwangerschaft nicht früher hätte abgebrochen werden können. Die Staatsanwaltschaft in Katowice ermittelt aber noch wegen eines möglichen Fehlers des Krankenhauspersonals.

Prinzipiell besagt das restriktive Abtreibungsgesetz in Polen, dass ein Abort nur durchgeführt werden darf, wenn die Frau durch eine Vergewaltigung oder Inzest schwanger geworden ist oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Den Ärzten ist die Definition von Letzterem aber zu unsicher. Deshalb lassen sie es oft auch darauf ankommen.

Die Aktivistinnen von Ciocia Wienia helfen insbesondere Polinnen zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen im Ausland. Und wollen anonym bleiben, um ihr Angebot aufrechterhalten zu können. Rund drei bis fünf Betroffene kommen wöchentlich nach Wien, um abtreiben zu lassen. Alle zwei bis vier Wochen entbindet eine Person aus Polen im Rahmen der anonymen Geburt in der österreichischen Hauptstadt.

Daran hat auch die Covid-Pandemie nichts geändert, erzählen die Aktivistinnen. Es sei nur teurer geworden, weil ein PCR-Test in Polen zwischen 70 und 100 Euro koste und die Spendengelder immer weniger werden.

Durch das strenge Gesetz würden noch mehr Frauen Hilfe suchen, erzählen die Vertreterinnen der Ciocia Wienia: "Waren es früher Personen mit einer ungewollten Schwangerschaft, melden sich nun auch solche, die eigentlich eine gewollte Schwangerschaft haben."

Denn indem das Verfassungsgericht die Rechtslage geändert und eine Abtreibung auch im Fall irreversibler Schädigungen des Kindes untersagt hat, haben die Betroffenen beim ersten Anzeichen eines solchen Schadens Angst: "Sie wollen dann nicht mehr zu viel Zeit verlieren, denn in Österreich können sie meist nur bis zur 14. Woche abtreiben. Oft verzichten sie auf weitere Untersuchungen", erzählen die Aktivistinnen.

Doch nicht alle Betroffenen, die Hilfe benötigen, müssen dafür ins Ausland fahren. Oft unterstützen die Wiener "Tanten" die Polinnen auch in ihrem Heimatland und helfen ihnen, an Abtreibungspillen zu gelangen. "Wir betreuen sie dann oft noch per Mail oder am Telefon, um sie nicht alleinzulassen", sagt eine Aktivistin. Doch diese Hilfe könnte bald ein Ende nehmen.

Denn Abtreibungsgegnerinnen und -gegner lobbyieren dafür, dass die Einnahme der Medikamente in Polen illegal wird. Noch können die Tabletten im Netz und über Hilfsnetzwerke organisiert und zu Hause eingenommen werden. Geht es nach ihnen, würden Frauen, die selbst abtreiben, aber strafrechtlich verfolgt. Die radikalen Aktivistinnen und Aktivisten unterstützten gemeinsam mit der katholischen Kirche Ende des Vorjahres einen Gesetzesentwurf, dem gemäß Abtreibungen wie Mord verfolgt werden könnten. Strafen zwischen fünf und 25 Jahren Haft wären möglich gewesen. Der Entwurf wurde im Parlament abgelehnt, doch der Kampf der Pro-Life-Bewegung geht weiter.

Ein Register, in das jede Schwangerschaft eingetragen werden muss, könnte noch immer eingeführt werden. "Oft wechseln betroffene Personen jetzt schon nach einer Abtreibung im Ausland den Gynäkologen, weil sie Angst haben, Probleme zu bekommen", sagt eine Aktivistin der Ciocia Wienia. Mit Einführung des Registers würden sich noch weniger zu Untersuchungen trauen: "Es gibt endlose Möglichkeiten, wie die Situation noch schlimmer werden könnte", sagt eine der "Tanten".

Doch die Helferinnen im Ausland geben die Hoffnung nicht auf: "Wir müssen es schaffen, diese Gesetze zu ändern." Laut Umfragen werden die restriktiven Abtreibungsgesetze nur von einer Minderheit in der Bevölkerung unterstützt. Drei Viertel der Polinnen und Polen wollen eine gelockerte Rechtslage, und nur acht Prozent unterstützen Strafen für die Mütter. (Bianca Blei, 3.2.2022)



Aus: "Polnische Frauen holen sich Hilfe für Abtreibungen in Österreich" Bianca Blei (3. Februar 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000132921931/polnische-frauen-holen-sich-hilfe-fuer-abtreibungen-in-oesterreich (https://www.derstandard.at/story/2000132921931/polnische-frauen-holen-sich-hilfe-fuer-abtreibungen-in-oesterreich)

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Nestor2

Rechte und Grundrechte
Das Recht auf Leben gilt auch für das Kind im Mutterleib


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KelAdo

Also soll man in Kauf nehmen, dass die Schwangere stirbt? So ist das nämlich in Polen passiert, weil man das Recht des Kindes im Mutterleib über das Recht der Mutter gestellt hat.
Finden Sie das in Ordnung?


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obnoxious

traurig und wütend

Ich bin wirklich traurig und wütend, wenn ich sehe, was in Polen passiert. Ein Land, dem in seiner Geschichte übel mitgespielt wurde und jetzt, nachdem es eigentlich noch gar nicht so lange "frei" ist, zerstört es sich selbst von innen, indem es sich von einer stark religiösen Minderheit und machtgeilen PolitikerInnen schikanieren lässt. Frauen leben in dem Wissen, dass ihnen ihr Leben gar nicht selbst gehört. Unfassbar.


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Wieauchnimmer

... ist das staatlicher Femizid?


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retrogott

ja


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nori

ganz einfach religiöser Fundamentalismus
Es gibt eine große Zahl an Menschen in Polen, die einen ultrakonservativen Katholizismus befürworten. Außerdem gilt die katholische Kirche als moralische Instanz. Wenn jetzt die Amtsträger der Kirche gegen die Geburtenkontrolle und besonders gegen Schwangerschaftsabbrüche agitieren, hat das einen großen Effekt.

So viel Einfluss einer Religion ist zwar mittelalterlich und zurückgeblieben, aber es ist leider so.

Und zu erwarten, dass es hier Bedauern wegen der Toten gibt, ist ein großer Irrtum. Wenn eine dieser Frauen stirbt war es eben Gottes Wille. ...


Quote
beebeebee

Katholische Kirche. Wenn ich das nur höre. Die Moralinstanz mit den ewiggestrigen Werten. Kotz!


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Besoffene Kapuzinerin

"Drei Viertel der Polinnen und Polen wollen eine gelockert Gesetzgebung und nur 8% unterstützen Strafen für die Mutter."

Nicht nur deswegen bin ich optimistisch, dass sich die polnische Gesellschaft innerhalb der nächsten 10 Jahre von der konservativ-katholischen Linie abwenden wird. Die junge, gebildete, städtische Bevölkerung wird immer mehr.

Fundamentalismus fällt nicht vom Himmel!


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SchaudoliggaleichimRinnsoi

"unterstützten gemeinsam mit der katholischen Kirche Ende des Vorjahres einen Gesetzesentwurf, dem gemäß Abtreibungen wie Mord verfolgt werden könnten."

Ausgerechnet die Kirche, deren Priester nicht selten für ungewollte Schwangerschaften gesorgt haben. ...


Quote
ja jestem

Tatsächlich verlassen immer mehr Menschen in Polen die Kirche. Und es werden immer weniger Kinder getauft. Nur so entkommt man dem Religionsunterricht, der mehr Stunden pro Woche hat als Sport oder eine Fremdsprache.


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Hittrach

So wird ein ganzes Land von einigen religiösen Fanatikern in Geiselhaft genommen. Wenn man glaubt, sowas wäre nur in anderen Kulturkreisen möglich, wird man hier eines Besseren belehrt.
Und es möge eine Warnung sein: sowas kann verdammt schnell gehen.


Quote
Micha Do

Das kommt von zu viel Einfluß der Kirche auf den Staat.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 07, 2022, 04:03:05 PM
Pierin Vincenz (* 11. Mai 1956 in Chur) ist ein Schweizer Bankmanager. Von 1999 bis 2015 war er Vorsitzender der Geschäftsleitung der Raiffeisen Schweiz. ... Am 28. Februar 2018 eröffnete die Zürcher Staatsanwaltschaft gegen mehrere Personen eine Strafuntersuchung wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, und Vincenz wurde in Untersuchungshaft genommen. Nachdem die Raiffeisenbank durch die Zürcher Justiz über das Strafverfahren informiert worden war, reichte sie ebenfalls eine Strafanzeige gegen ihren ehemaligen Chef ein. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Pierin_Vincenz (https://de.wikipedia.org/wiki/Pierin_Vincenz)

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Quote[...] Pierin Vincenz und Beat Stocker waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Für sie gilt wie für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung. ...


Aus: "U-Haft traf Pierin Vincenz völlig unerwartet - Die brisantesten Aussagen der Abhörprotokolle" (06.02.2022)
Quelle: https://www.blick.ch/wirtschaft/u-haft-traf-pierin-vincenz-voellig-unerwartet-die-brisantesten-aussagen-der-abhoerprotokolle-id17210267.html (https://www.blick.ch/wirtschaft/u-haft-traf-pierin-vincenz-voellig-unerwartet-die-brisantesten-aussagen-der-abhoerprotokolle-id17210267.html)

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Quote[...] Ungetreue Geschäftsbesorgung, gewerbsmässiger Betrug, Urkundenfälschung und passive Bestechung. Die Bestürzung darüber ist gross, dass diese Anklagen ausgerechnet den charmanten Pierin Vincenz treffen, der so anders schien als die arroganten Banker vom Paradeplatz. Er war langjähriger Chef der Raiffeisen-Gruppe und beeindruckte viele mit seiner steilen Karriere. Er baute die kleine Raiffeisenbank zur drittgrössten Bank in der Schweiz auf.

Letzte Woche begann der Prozess gegen Vincenz und sechs weitere Mitangeklagte vor dem Zürcher Bezirksgericht. Im Prozess geht es um womöglich unrechtmässige Gewinne im Umfang von rund 25 Millionen Franken und fragwürdige Spesenabrechnungen über fast 600 000 Franken. Besonders zu reden gibt, dass etwa ein Drittel dieser Spesen für Champagner, Cabaretbesuche und Stripperinnen in Nachtclubs ausgegeben wurde. Die konkreten Verfehlungen der Person mögen spektakulär sein. Doch im Grunde geht es um die Grundstrukturen der Finanzwelt sowie der Gesellschaft insgesamt.

Worum wird bei diesem Konflikt eigentlich gestritten? Was erregt so viel Aufmerksamkeit? Aufregende Sexskandale? Der öffentliche Vertrauensbruch? Der Graubereich zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem? All dies trifft zu, denn immer geht es um Grenzen und deren Überschreitungen. Diese zeichnen die Struktur bürgerlicher Männlichkeit als auch die bürgerliche Gesellschaft insgesamt aus.

Zur Gesellschaft gehört seit der bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts eine Trennung zwischen Ökonomie, Staat und Privatsphäre. Erstere gelten als männliche Bereiche, Letztere als weiblich. Dabei kommt es auch zu Auseinandersetzungen zwischen den männlichen Sphären. Vater Staat und der Unternehmer stehen in einem ständigen Konkurrenzkampf. Die raffinierte Suche nach Schlupflöchern ist das Erfolgsrezept des Unternehmers für die eigene Karriere. Hingegen versucht der Gesetzgeber, mit disziplinierendem Appell oder strafender Hand mal mehr, mal weniger die Schlupflöcher zu stopfen.

Ganz grundsätzlich wird darüber gestritten, ob die Wirtschaft, die Politik oder die Privatsphäre der Ort der Freiheit ist.* Gegenüber beiden männlichen Sphären ist die weiblich und familial konnotierte Privatsphäre abgewertet. Gemeinsam haben die Privatwirtschaft und die Privatsphäre, dass sie nicht direkt unter der Leitung des Staates stehen, gleichzeitig jedoch nur innerhalb der Gesetze und der Vertragsstrukturen des Staates bestehen können (zum Beispiel durch Arbeits- oder Eheverträge).

Die verschiedenen Grenzkonflikte, um die es im Raiffeisen-Prozess geht, hängen in der bürgerlichen, insbesondere unternehmerischen Männlichkeit zusammen. Erfolgreich und anerkannt ist, wer «jemand» wird. Zu «jemandem» wird «Mann», indem man Karriere macht, in der Unternehmenshierarchie möglichst weit aufsteigt und über Status, Geld und Macht verfügt.

Der französische Soziologie Pierre Bourdieu sprach darum von der «libido dominandi», dem Begehren, zu beherrschen. Dieses Begehren war für ihn ein zentrales Element männlicher Herrschaft. Erst das erfolgreich durchgesetzte Bedürfnis, Herrschaft und Kontrolle über andere auszuüben und den eigenen Willen auch in anderen umzusetzen, führt dazu, dass andere eben beherrscht und dem Willen einiger unterworfen werden. Die (Männer-)Welt sähe anders aus, wenn nicht die eigenen Normen und Bedürfnisse gesetzt, sondern bestmögliche Arrangements im Sinne aller angestrebt würden.

Doch Anerkennung von Männern funktioniert oft über Macht, über «Anerkennung der Macht als das Prinzip aller Beziehungen», wie es die Vertreter der Kritischen Theorie Max Horkheimer und Theodor Adorno formulierten. Die verschiedenen Grenzüberschreitungen sind in diesem Streben nach Macht angelegt. «The sky is your limit», lautet das Erfolgsrezept.

Das Machtstreben und die Grenzüberschreitungen betreffen nicht nur die Wirtschaft und das Recht. Auch in den Beziehungen zu Frauen, zur Familie oder in anderen privaten Beziehungen wird dieses Prinzip gelebt. Die Verfügung über den weiblichen Körper zur Erfüllung von Lust und das «Recht», Frauen im öffentlichen Raum, finanziell und in Liebesbeziehungen «in ihre Schranken zu weisen», sind von Beginn an zentrale Elemente dieser Gesellschaft. Und sie sind eng verbunden mit bürgerlichen Männlichkeitsvorstellungen.

Zwar hat sich im Vergleich zur Hochblüte der bürgerlichen Gesellschaft einiges geändert: Die Geschlechtsvormundschaft ist mittlerweile aufgehoben, Frauen dürfen über ihr Vermögen und ihre Einkünfte verfügen und wählen. Auch ist die Vergewaltigung in der Ehe – zwar erst, aber immerhin – seit 1992 strafbar und seit 2004 ein Offizialdelikt. Doch die Abwertung von Weiblichkeit und von Eigenschaften, die mit Weiblichkeit verbunden werden, wie Hilfsbereitschaft, Sorge, Empathie oder Mitgefühl besteht fort und führt zu anhaltender tatsächlicher Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.

Die Abwertung dieser Eigenschaften ermöglicht erst die exorbitanten Höhenflüge vieler Businessmänner, die auf Verantwortungs- und Sorglosigkeit gegenüber anderen beruhen. Auch der Besuch von Striplokalen, die Liebschaften und das Hintanstellen der Bedürfnisse der Familie sind Teil dieses männlichen Machtstrebens. In diesen Punkten ist Vincenz nicht so unkonventionell, wie er oft dargestellt wird, sondern entspricht ganz konventionell bürgerlichen Männlichkeitsvorstellungen des Unternehmers.

Der jetzige Finanzskandal lässt erkennen, wie Männlichkeit mit dem Streben nach Macht sowie mit Korruption und Sexismus zusammenhängt. Auch werden in der Debatte um den Prozess die Konflikthaftigkeit und die Fragilität der bürgerlichen Sphärentrennung deutlich. Erleben wir in diesem Prozess eine Stärkung der Justiz oder eher ein verzweifeltes Aufbäumen gegen die Macht der Finanzbranche? Denn die Brüchigkeit des bürgerlichen Arrangements ist vielleicht auch Effekt seiner Zersetzung durch multinationale Akteure, die nationale Gesetze umgehen. Auch sie erweitern ihren Handlungsspielraum, indem sie Schlupflöcher nutzen, pflegen und gezielt schaffen.

Dies wiederum schränkt die regulatorische Arbeit der Justiz stark ein. Nationalstaaten müssten koordiniert und solidarisch neue Entscheidungsprozesse mit globaler Tragweite entwickeln. Die Brüchigkeit kann dabei eine Chance sein, denn sie könnte einen Wandel eröffnen hin zu demokratischeren globalen Formen des Zusammenlebens mit mehr gemeinsamer Selbstbestimmung über die Sphärentrennung hinweg. Gelingen Absprachen auf globaler Ebene jedoch nicht, um demokratische Strukturen und Menschenrechte zu sichern, besteht die Gefahr, die bürgerliche Sphärentrennung nicht im emanzipatorischen Sinn zu überwinden, sondern neue globale autoritäre Strukturen zu begünstigen.

Anika Thym promoviert in Geschlechterforschung an der Universität Basel zu kritischen (Selbst-)Reflexionen von Männern aus Führungspositionen in der Finanzbranche und hat dazu über zwanzig Interviews mit Führungskräften aus international operierenden Schweizer Finanzinstituten geführt.

* Korrigendum vom 4. Februar 2022: In der Printversion sowie in der alten Onlineversion wurde die Privatsphäre nicht erwähnt.



Aus: "Raiffeisen-Prozess - Entgrenzte Männlichkeit" Anika Thym (Nr. 05/2022 vom 03.02.2022)
Quelle: https://www.woz.ch/2205/raiffeisen-prozess/entgrenzte-maennlichkeit (https://www.woz.ch/2205/raiffeisen-prozess/entgrenzte-maennlichkeit)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 21, 2022, 12:17:33 PM
Quote[...] Berlin – Der Hardcore-Porno "Deep Throat" – größter Skandalfilm und Kassenschlager des Jahres 1972 – beschäftigt noch heute Cineasten wie Geschichts- und Sexualwissenschaft. Kurz vor dem 50. Geburtstag des Films erläutert der Kultursender Arte, warum dieser Streifen auch 2022 als wichtig gilt. Der Dokumentarfilm von Agnès Poirier ist am Mittwoch (22.05 Uhr) zu sehen.

Kann man sich das heute noch vorstellen? Will man es sich überhaupt heute noch vorstellen? Volle Kinosäle, meist mit eher männlichem Publikum, viele aus dem besten Mittelstand. Und vorne auf der Leinwand ein Mann mit Arztkittel und Schnauzbart, der erschrocken eine absurde Diagnose stellt: "Linda! Ihre Klitoris sitzt tief unten in der Kehle." Und der prompt Oralsex mit seiner beseelten Patientin treibt. So mancher Zuschauer reagierte bei den sehr expliziten Szenen geschockt.

US-Historiker Whitney Strub sieht es im sehenswerten Dokumentarfilm von Agnès Poirier so: "Obwohl "Deep Throat" in vielerlei Hinsicht albern ist, ist er ein seriöser Film über Sexualität. Zu einer Zeit, als Amerika versuchte, herauszufinden, was sexuelle Revolution ist und was sie für den Alltag bedeutete." Die Produktion, die von dem filmbegeisterten Damenfriseur Gerard Damiano gedreht und von der Mafia bezahlt wurde, hat laut Strub nämlich einen genialen Dreh: Indem sie das weibliche Lustzentrum gaga-artig in den Hals versetzte, machte sie die Klitoris überhaupt erstmals zum Thema.

"In den 70ern legte kaum jemand Wert auf den Orgasmus der Frau. Nein, das war völlig unwichtig", erinnert sich Sexfilm-Darstellerin Annie Sprinkle. "Doch genau das ist die Geschichte dieses Films." Regisseur Damiano hatte sich beim Frisieren jahrelang Kundinnenkummer angehört.

Hauptdarstellerin Linda Lovelace (1949-2002) stolperte ins seltsame Projekt inmitten von Jahren eines grausigen Ehe-Martyriums. Ihr Mann, der frühere Nachtclubbesitzer Chuck Traynor (1937-2002), war zugleich ihr Zuhälter und verkaufte seine Frau immer wieder für billigste Pornoproduktionen. Bei manchen besonders widerlichen Drehs habe er sie sogar mit dem Revolver bedroht, schrieb sie später in ihrer Autobiografie "Ich packe aus". Lovelace hatte solche Abgründe erlebt, dass sie das hastige "Deep Throat"-Projekt in Florida als Aufstieg wahrnahm.

Und sie legte enormes Gefühl in die wenigen dürftigen Dialoge. Linda beklagt sich in dem Film bei ihrer Freundin am Pool sitzend: "Sex sollte mehr sein als ein bisschen Kribbeln. Es sollten Glocken läuten, Dämme brechen, Bomben explodieren, irgendwas halt."

Porno-Regisseurin Paulita Pappel hat in dem Sexfilm viel gelacht, war aber über eine Szene doch sehr erstaunt: "In dem Moment des Orgasmus, wo sie endlich mal kommt, sehen wir Bilder von Glocken, Feuerwerk und so weiter. Das ist von der filmischen Perspektive her gesehen interessant. Denn es ist eigentlich nicht das, was der Pornokonsument sehen will." Pappel sieht aber auch andere bemerkenswerte Aspekte an dem Film. "Man könnte es auch aus einer anderen Perspektive sehen. Oralsex ist eine Praxis, wo zum Beispiel eine Frau nicht schwanger werden kann. Und somit hat es auch emanzipatorisches Potenzial."

Dieser Sichtweise mag sich nicht jeder anschließen. In den frühen 1970ern lösten alle diese beabsichtigten oder unbeabsichtigten Botschaften des Film aber Riesendebatten aus. In den USA hatte die Zensur gerade ihren Schrecken verloren. Hatten die obersten Gerichte zehn Jahre zuvor noch Klassiker aus dem 19. Jahrhundert als obszön gebannt, hatten sie inzwischen nach immer neuen Prozessen resigniert. Und oft den Bürgern überlassen, was man obszön finden kann. In dieser Situation stieg die 23-jährige Lovelace zum ersten Pornostar auf. Sie fand sich unversehens als Ikone der sexuellen Revolution wieder. (APA, dpa, 21.2.2022)

Deep Throat – Als der Porno salonfähig wurde, Arte, 23.2.2022, 22.05 Uhr


Aus: "50 Jahre "Deep Throat": Arte zeigt Doku über Skandalfilm von 1972" (21. Februar 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000133526410/50-jahre-deep-throat-arte-zeigt-doku-ueber-skandalfilm-von (https://www.derstandard.at/story/2000133526410/50-jahre-deep-throat-arte-zeigt-doku-ueber-skandalfilm-von)

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Quote[...] Viele Jahre nach der Scheidung von ihrem ersten Ehemann Chuck Traynor im Jahre 1973 erklärte Lovelace, er habe sie mit Waffengewalt zur Tätigkeit als Pornodarstellerin gezwungen. 1980 schrieb sie in ihrer Autobiografie Ordeal, die Beziehung sei von Gewalt, Vergewaltigungen, Zwangsprostitution und den Erfordernissen ihres Berufes als Pornodarstellerin geprägt gewesen.[5] Im Widerspruch dazu steht die Aussage des Pornodarstellers Ron Jeremy, der angab, dass diese Anschuldigungen nicht der Wahrheit entsprächen; allerdings wird Jeremy in der Besetzungsliste des Films nicht genannt.[6] Jeremy wurde im Jahr 2020 selbst wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung in 20 Fällen angeklagt. Auch Lovelaces Filmpartner, Harry Reems, widersprach der Darstellung von Lovelace vom Filmset. In einem Interview sagte er, dass Traynor zwar ein ,,A-hole" war, ,,der nicht zu früh gestorben sei", Linda während der Produktion von Deep Throat allerdings niemals körperlich misshandelt worden sei.[7]

Lovelace sagte vor einem Ausschuss des US-Kongresses, der sich mit Pornografie befasste, aus und hielt zahlreiche Vorträge an Hochschulen. Dabei setzte sie sich stets kritisch mit den demütigenden und ausbeuterischen Praktiken in der Pornoindustrie auseinander.[8][9]

Darwin Porter, Drehbuchautor eines Films über Linda Lovelace, behauptet, dass sie von der Frauenbewegung ausgenutzt worden sei. Dazu gibt es jedoch keinerlei Stellungnahme von Lovelace persönlich.[10]

In den 1990er Jahren wirkte sie bei Softporno-Aufnahmen mit. Wie im Bonusmaterial des Films Making of Deepthroat dargestellt, behauptete Lovelace, stolz zu sein, dass sie auch in ihren Fünfzigern immer noch ansehnlich und für Erotikaufnahmen geeignet sei. ...

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[5] EMMA: Outside Deep Throat, Sept./Okt. 5/2005
[6] Besetzungsliste von Deep Throat
[7] Vince Horiuchi: Harry Reems, former porn star, talks about Linda Lovelace. San Jose Mercury News, 22. Januar 2013; abgerufen am 31. Mai 2015.
[8] "Der zärtlichste Porno der Welt" zeit.de vom 17. Februar 2013
[9] "Abused by the porn industry AND her feminist saviours: How Deep Throat star Linda Lovelace's tragic life was a very modern morality tale", dailymail.co.uk vom 26. März 2012
[10] "Linda Lovelace: Inside the life of the 'Deep Throat' star", http://edition.cnn.com/ vom 26. August 2013

...


Quelle: Linda Lovelace
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Datum des Abrufs: 21. Februar 2022, 11:15 UTC

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Gender Studies)... ]
Post by: Link on February 21, 2022, 01:34:07 PM
Quote[...] Im Tierreich rüsten die Männchen auf, um Weibchen zu erobern. Sie demonstrieren Stärke, Kraft, lautes Geschrei. Manche singen in hohen Tönen, manche sehen rot. Sie zeigen ihre Eier, ihre Kampfbereitschaft, ihr Gemächt. Das ist, was Russland tut. Seine Eier sind aus Stahl. Sein Sperma ist Schwarzpulver.

150.000 Soldaten mit schwerem Gerät hat Russland an die Grenze zur Ukraine verlegt. Laut US-Geheimdiensten reicht das, um siegesgewiss in die Ukraine einzumarschieren und die Regierung dort zu stürzen, was eines der Szenarien ist.

In endlosen Kolonnen fahren russische Militärfahrzeuge und Panzer an der 2.295 Kilometer langen russischen Grenze zur Ukraine auf. Und an der 1.084 Kilometer langen zwischen der Ukrai­ne und Belarus, denn auch Belarus ist involviert. Von drei Seiten bedrängt Russland sein Nachbarland.

Die demonstrierte Macht der Panzer mit ihren phallischen Kanonenrohren und der Kampfflugzeuge mit ihren geschürzten Schnauzen wirkt obszön. Sie richten sie auf die Ukraine; Ukrayina. In Sprachen mit grammatischem Geschlecht ist die Ukraine weiblich. Die Ukraine also – aber selbst wenn das Land die Frau ist, ist dies kein Freibrief, sie mit Gewalt zur Vereinigung zu zwingen: ,,Nein heißt Nein."

Auch im Tierreich wird vergewaltigt. Also gilt der Vergleich vom Anfang des Textes. ,,Häufig attackieren die Männchen die Weibchen in Gruppen, was dramatische Folgen haben kann" – für manche Weibchen gar tödliche. So ist es auf der Webseite der ARD-Sendung ,,Planet Wissen" zu lesen. Delfine, Fledermäuse, Stockenten sind auf Gang-Bang aus.

Bereits mehrfach wurde die Ukraine bezwungen. Befragen Sie die neuere deutsche Geschichte. Und die russische. Beide Länder haben sich die Ukraine zeitweise einverleibt. Unsere Urgroßväter, Großväter, Väter haben das Land erobert und vergewaltigt. Im Wörtlichen und Übertragenen. ,,We live in Bloodland", wir leben im Blutland, sagte die ukrainische Autorin Hanna Hrytsen­ko, die zu Faschismus und der neuen Rechten forscht, als sie mich im vergangenen Herbst durch die Schlucht von Babyn Jar führte, diesen Ort, wo die Deutschen im Zweiten Weltkrieg Hunderttausende erschossen.

Vor Jahren habe ich meinen inzwischen verstorbenen Vater, der Wehrmachtssoldat war, auch im Osten, gefragt, ob er im Krieg vergewaltigt hat. ,,Nein. Aber einmal hätte ich gekonnt, nur war ich zu besoffen."

Wenn ich das erzähle, wird mitunter mit Unverständnis reagiert: ,,Warum willst du das wissen?" Und: ,,Was hast du davon?" – Ja, was? Wie anders als durch Fragen, komme ich seiner Wirklichkeit näher? Ich bin eine Frau. Ich will nicht vergewaltigt werden.

Die Panzer, die Russland auffährt, die Kanonenrohre, die Putin zeigt, in ihrer Obszönität sind sie im Grunde lächerlich, wenn sie nicht so sehr die Integrität derer, die sie als Beute auserkoren haben, verletzen würden.

Mich erinnert das an den Mann, der auf einem weitgehend leeren Bahnsteig einer Berliner U-Bahn steht. Nur er und ich. Er trägt einen Mantel; die Hände in den Taschen. Es ist sein unruhiger, nach allen Seiten gehender Blick, der irritiert; er checkt die Umgebung. Langsam kommt er näher. Plötzlich schiebt er mit den Händen, die er in den Taschen hält, als wolle er sogleich eine Waffe ziehen, und das tut er ja auch, den Mantel auseinander und richtet seinen stehenden Schwanz auf mich. Seine Jeans ausgeschnitten rund ums Gemächt. ,,Du Drecksau!", brülle ich: ,,Ich will dein Kanonenrohr nicht sehen." Da kommt Gott sei Dank die U-Bahn. Krieg ist das Ding mit Schwanz.

Der Literaturwissenschaftler Klaus Theweleit beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Krieg, Faschismus und toxischer Männlichkeit. ,,Männerphantasien" heißt sein bekanntes Buch. Letzten Herbst hat er bei der Verleihung des Ador­no-Preises in der Dankesrede einen Satz seiner Frau zitiert: ,,Männer werden zivilisiert durch Frauen; egal wo auf der Welt." Im Umkehrschluss heißt das: Wer nicht zivilisiert werden will, muss Frauen bekämpfen.

Aber so einfach ist es auch nicht, diesen Satz mir nichts dir nichts auf die Ukraine zu übertragen. Denn das würde bedeuten, dass dort nicht auch Männer wären, die kämpfen wollen – und es in der Ostukraine seit Jahren tun. Prorussische Separatisten und ukrainische Streitkräfte bekriegen sich dort. Nur geht es in diesem Text nicht um Stellungskämpfe, hier geht es um die Obszönität der russischen Militärinszenierung.

Alles hängt mit allem zusammen. So wie der Armeeaufmarsch rund um die Ukraine derzeit stattfindet, ist es wie ein Déjà-vu.

Russland und Belarus beginnen inmitten von Ukraine-Krise mit Militärmanöver (10.02.2022)
https://www.youtube.com/watch?v=qSkQqZFFLgQ (https://www.youtube.com/watch?v=qSkQqZFFLgQ)

Die Filme der auf gefrorenem, leicht schneebedecktem Boden auffahrenden Kriegsmaschinerie wirken durch das winterliche Schwarz-Weiß der Umgebung wie die Schwarz-Weiß-Filme der Wehrmacht. Die gleiche donnernde Martialität. Auf gleiche Weise wird Stahl und Metall, wird gepanzertes Gefährt und tonnenschweres Gerät, wird Manpower und Testosteron in Szene gesetzt. Es wirkt wie ein Rückgriff ins letzte Jahrhundert. In Europa aber wurde genug Krieg geführt. Niemand will das mehr. Niemand will versehrte Menschen, zerstörte Städte, sinnlose Tote. Krieg ist das Ding mit Bart.

Werden in diesem Jahrhundert Orte zerstört und Menschen getötet, liegt es nicht am Krieg, sondern an der zivilen Zerstörung im Frieden. Die Erderwärmung ist der Killer. Dass sich die Erde erwärmt, hat mit einer ähnlichen Maschinenverliebtheit zu tun, wie die stahlhelmbesoffene Kriegsmaschinerie im letzten Jahrhundert. Trotzdem sind die Herausforderungen jetzt andere. Es geht nicht um Eroberung einzelner Länder, von Putin begründet aus Sicherheit; es geht um die Rückeroberung sicherer Lebensbedingungen für alle. Krieg zwischen Ost und West macht unter den Bedingungen keinen Sinn. Beide Blöcke brauchen den Planeten.

Aus einem weiteren Grund ist die militärische Machtdemonstration von Russland wie aus der Zeit gefallen: Denn auch das Verhältnis zwischen Männern und Frauen hat sich verändert. Heute ist es möglich, die Gewaltstrukturen zwischen den Geschlechtern öffentlich zu diskutieren. Und: Männer hören zu, wenn Frauen sprechen. Nicht alle, aber immer mehr. Sein Gemächt auf eine Frau richten? Gesellschaftlich ist es kein Kavaliersdelikt mehr, sondern ein No-go.

Annalena Baerbock, ,,diese junge Dame, die unsere neue Außenministerin ist", wie Christoph von Marschall vom Tagesspiegel sie patronierend in einem Fernsehinterview titulierte, habe sich, als sie das umkämpfte Separatistengebiet in der Ost­ukrai­ne besuchte, ,,nicht besonders wohl" gefühlt. Man sehe, ,,dass das nicht ihre Welt ist", meint er. Wessen Welt das Kämpfen aber ist, insinuiert sein Statement: die der Männer.

Diese Frau Baerbock aber sagte einen bahnbrechenden Satz beim Staatsbesuch in Ägypten, der von keinem Außenminister je kam: ,,Nur wo eine Frau sicher ist, sind alle Menschen in einer Gesellschaft sicher."

Baerbock ist kaum im Amt, schon ist sie mit einem brandgefährlichen Konflikt konfrontiert, in dem Männer ihre geschwollenen Kämme zeigen. Was macht sie? Sie deutet, wenngleich in einem anderen Krisengebiet, dem in Nahen Osten, mit dem Finger auf Zusammenhänge, die im Kriegsdiskurs so nicht vorkommen. Und sie redet. Redet, wie andere auch, mit allen am Konflikt Beteiligten. Denn der Faden darf nicht abreißen. Konfliktlösung hat viel mit Gespräch zu tun und nicht damit, zur Waffe zu greifen.

Scheherazade hat es vorgemacht, als sie redete, bis der Aggressor, ihr eigener Mann, davon abließ, sie umzubringen. Sie hat von anderen Situationen berichtet, in denen Probleme mit Klugheit pariert wurden, um ihn aus seiner Fixierung, dass all seine Frauen untreu seien und umgebracht gehören, zu lösen. Da ist sie wieder, die Analogie, erscheint Putin die Ukraine doch untreu, weil sie mit der Nato ins Bett möchte.

Reden ist eine weibliche Konfliktlösungsstrategie. Dass in der gegenwärtigen Situation auf der internationalen politischen Bühne alle Akteure weiterhin miteinander reden, macht Hoffnung.

,,Hope is the thing with feathers" [https://www.youtube.com/watch?v=-TbqRaBY9K0 (https://www.youtube.com/watch?v=-TbqRaBY9K0)]– Hoffnung ist das Ding mit Federn – das ist die erste Zeile eines Gedichts der Lyrikerin Emily Dickinson. Sie lebte im 19. Jahrhundert und gilt als die berühmteste amerikanische Dichterin.

Der Aufbau der Thesenzeile dieses Textes, ,,Krieg ist das Ding mit Gemächt", kopiert Dickinsons Vers. Ihr Gedicht beschreibt, dass Hoffnung widerständig ist, auch unter schlimmsten Bedingungen. Und sie spricht darüber, dass Hoffnung nichts von einem verlangt. Sie ist einfach da.

Auch die Hoffnung auf Frieden.


Aus: "These zur toxischen Männlichkeit: Krieg ist das Ding mit Gemächt" Kommentar von Waltraud Schwab (20. 2. 2022)
Quelle: https://taz.de/These-zur-toxischen-Maennlichkeit/!5833610/ (https://taz.de/These-zur-toxischen-Maennlichkeit/!5833610/)

Waltraud Schwab (* 29. Februar 1956 in Oberrimsingen (Breisgau))
https://de.wikipedia.org/wiki/Waltraud_Schwab (https://de.wikipedia.org/wiki/Waltraud_Schwab)

QuoteIgnaz Wrobel

Wenn Panzerkanonen phallische Symbole sind, die durch toxische Männlichkeit bewegt werden, was symbolisieren dann Schächte in Kampfjets, aus denen Bomben fallen?


QuoteBoandlgramer

Frauen mögen noch nicht so viele Gelegenheiten gehabt haben, um erektionslos Kriege zu führen - aber mir fallen da ein paar Beispiele ein, in denen Frauen mindestens so gewalttätig agierten wie in Rede stehenden Männer: Angefangen bei den Königinnen der europäischen Monarchien über Margret Thatcher und die Falklandinseln, Hillary Clinton oder Madeleine Albright, denen man, weiß Gott, keine mäßigende Wirkung auf die imperiale Vorherrschaft der USA unterstellen kann...

Ich halte Gerhard Schröder auch für einen alten Trottel, aber er weigerte sich als Penisträger ohne Evidenz mit in den Irak einzufallen, wohingegen sich die Muschi - äh, nein - Mutti Merkel dem Bush damals schamlos an den Hals warf...

Man sollte Frauen fraglos die Gelegenheit zum Scheitern bieten - aber das wird die Welt nicht per se verbessern.

Und die schlechte Welt jetzt nur mit toxischer Männlichkeit zu (v)erklären, sagt auch eher was über die Erklärerin als über die Welt.

Blöd ist nur, dass man immer erst nach dem Lesen weiß, dass es einen nicht interessiert hat... ;)


QuoteDarmok Jalad

Ich bin der Überzeugung das Putins Männlichkeitsbild ein nicht unwesentlicher Faktor in seinem Handeln ist, aber zu diesem Kommentar fällt mir nur ein:

,,Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel"


QuoteWilli Müller alias Jupp Schmitz

"Hoffnung ist das Ding mit Federn". Danke Frau Schwab für diesen Sinn stiftenden, einfühlsamen Artikel, auch für den Hinweis auf Emily Dickinson.

Trotz allem Relativieren schließt sich der Kreis mit

"Hoffnung ist das Ding mit Federn"!


QuoteColonel Ernesto Bella

Der seid einigen Jahren anhaltende Hype um Theweleits Männerphantasien führt zu seltsamen Verwirrungen. Das Buch ist toll, die Kombination von Text und Bild, seine Charakterstudien und Darstellungen von Charaktermasken mit Beispielen aus Kunst, Propaganda, Populärkultur, diese ganze Art der der Anschaulichkeit und Argumentation ist fantastisch. Das Buch ist perfekt in der Erklärung faschistischer, nationalistischer, kapitalistischer männlicher Charaktere, ihrem Habitus, ihrer Kultur, ihrer Sexualutät, ihrer Phantasien, ihrer Ideologie. Aber, es taugt halt wenig zur Erklärung des Faschismus, es taugt wenig um das geopolitische Gerangel der Nationen zu begreifen, es taugt nicht dazu die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus zu begreifen, Imperialismus, Nationalismus, bürgerliche Ideologie usw. Man sollte sich die Grenzen der Aussagefähigkeiten von Theweleits Männerphantasien bewusst machen, sonst stiftet man sich nur unnötige Verwirrungen, schafft es aber nicht eine richtige Kritik herrschender Verhältnisse zu formulieren.


QuoteZeuge14

@Colonel Ernesto Bella Lieber Colonel, wahrscheinlich schauen sie (mal wieder eben) aus männlichem Blickwinkel; lässt mich ihr Kommentar vermuten, gele - oder?

Die Autorin schriebt ja selbst: ""Aber so einfach ist es auch nicht, diesen Satz... "" Es geht im Artikel eben genau um eine erweiterte Sicht, die eben (auch) das typisch männliche an der putinschen Haltung offenbart... gab es da nicht ein entsprechendes Bild "auf Pferd, mit (zudem aufgerichteter) Knarre und blankem Oberkörper. Und das es nicht nur um Theweleits Konzepte in dem Beitrag geht, ist doch klar....Doch mit "Aber, es taugt halt wenig..." wischen Sie so mal eben den ja richtigen Aspekt vom Tisch. Ein rhetotisch "nettes" Mittel, aber hier an dieser Stelle eben wieder mal "so eben und nebenbei" Ausdruck männlicher Arroganz, oder?


QuoteSandor Krasna

@Zeuge14 Das Problem an dieser erweiterten Sicht, ist doch, dass das Bild halt schief wird, wenn einerseits die Weiblichkeit der Ukraine konstruiert wird, aber das Geschlecht des "Mütterchen Russlands" unterschlagen wird. ...


QuoteMichael Myers

Es gibt nur wenige Länder, in denen es ein so massives Problem mit häuslicher Gewalt gegen Frauen gibt. Es gibt noch nicht einmal ein Gesetz, das häusliche Gewalt bestraft. https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4usliche_Gewalt_in_Russland (https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4usliche_Gewalt_in_Russland)

Putins toxische Männlichkeit hat durchaus ihre Entsprechung in der russischen Mehrheitsgesellschaft.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 08, 2022, 11:42:02 AM
Quote[...] Toxisch heißt so viel wie giftig oder schädlich. Der Begriff der toxischen Männlichkeit kommt aus dem Feminismus. Das Konzept beschreibt, so hat es das feministische "Missy Magazine" schon 2018 im Zuge der Debatten rund um Donald Trump oder #MeToo zusammengefasst, eine Gender-Norm, die folgendes Verhalten und Selbstbild umfasst:

Erstens: Männer dürfen keine Schwäche zeigen, Gefühle nur, wenn es um Wut und Aggression geht.

Zweitens: Konflikte werden durch Gewalt gelöst, nicht etwa durch Kooperation oder Kommunikation. Es geht im Umgang mit anderen vor allem um Konkurrenz und Dominanz. Es wird verlacht, verurteilt und verletzt. Mit toxischer Maskulinität werden deswegen auch Sexismus, Misogynie, Homo- und Transfeindlichkeit assoziiert.

Drittens: Ein Mann muss in diesem patriarchalen Rollenbild einem maskulinen Ideal entsprechen und seine (heterosexuelle) Männlichkeit immer wieder unter Beweis stellen, mithilfe von Hierarchien, Ritualen oder Mutproben.

... Toxische Männer schaden nicht nur Frauen, Minderheiten und Gruppen, die sie unterdrücken und diskriminieren. Sie schaden auch anderen Männern und sich selbst. In der Geschlechterforschung werden Einsamkeit, soziale Isolation, Depressionen und erhöhte Suizidraten als Folgen toxischer Männlichkeit genannt. Die Lebenserwartung von Männern, etwa in Russland, ist geringer als die von Frauen. Alkohol, Gewalt, Suizid und Verkehrsunfälle sind Gründe. Jetzt werden sie in einen Krieg geschickt, der so nicht genannt werden darf. Am Ende zahlen auch sie den Preis für Putins Politik der toxischen Männlichkeit.

Und Putin? Der Krieg habe ihn groß gemacht, schrieb der US-Schriftsteller Jonathan Littellam vergangenen Samstag in der Welt, "ein Krieg wird ihn auch zu Fall bringen". (Mia Eidlhuber, 8.3.2022)


Aus: "Das Gift der narzisstischen Männer" Mia Eidlhuber (8. März 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000133917318/das-gift-der-narzisstischen-maenner (https://www.derstandard.at/story/2000133917318/das-gift-der-narzisstischen-maenner)

Quote
Martin Kaffanke
8. März 2022, 07:16:04

Wie ein Mann sein soll sehen wir auch im Fernsehen/Kino/Netflix und co. Solange überall diese "Helden" als männlich gelten, die durch die Welt jagen und mit Gewalt ihre Bedürfnisse abarbeiten, werden wir kein neues Männerbild bekommen.


Quote
10318_1110, 8. März 2022, 07:14:57

"man muss das Geschlecht welches laut Artikel Leid bringt anscheinend laut betonen"

Sie haben den Text nicht verstanden. Es geht nicht um das Geschlecht und nicht um "die bösen Männer", sondern um ein bestimmtes Verständnis von Männlichkeit - und dieses Verständnis gibt es sowohl bei Männern als auch bei Frauen.

"Alle toxischen Männer haben oder hatten eine Mutter die sie hätte zu einem besseren Menschen erziehen können."

Genau, denn der Vater hat mit der Erziehung bekanntlich rein gar nichts zu tun!


Quote
ungleiches Gleichnis, 8. März 2022, 06:52:03

Ich halte diese Einzeltätertheorien nicht für sinnvoll
Es waren nicht Hitler, Stalin, Mao, Putin, Pinochet, ... alleine.

Es waren und sind keine Einzelakteure im luftleeren Raum. Es geht dabei immer zumindest um ein enges Umfeld an gleichgesinnten Unterstützern und um ein sehr breites Umfeld innerhalb einer gesellschaftlichen, ähnlich gesinnten Masse. Hinzu kommt idR eine sehr große Menge, die zumindest so weit konform geht, dass Widerstand faktisch ausgeschlossen ist.

Lassen wir uns also keinen Sand in die Augen streuen. Es ist nicht Putin und es ist nicht seine Partei. Viel mehr geht es um die "Gesellschaft". Darum wie Menschen mit ihren Ängsten gesteuert werden können. Wie Macht dadurch Ohnmacht erzeugen kann. Es sind vielmehr die Strukturen, als die letztendlichen Täter.



Quote
Franz Salz

Ganz einfach erklärt!
Toxische Männlichkeit entsteht dort, wo das rücksichtsloseste, das gewalttätigste und das lauteste Männchen, die größte Anerkennung, die schönsten Weibchen und das beste Fressen bekommt.
Also in den Reservaten der alten Werte und jeder weiß wo die sind!
Wir in der West-Europa aber auch in anderen Ländern, also zumindest ein Teil von uns, versuchen mit Kultur, Bildung und Wissenschaft diese unheilige Allianz aus Gewalt und Religion zu brechen, um so den Herausforderungen der Zukunft standzuhalten.
Es funktioniert noch nicht so gut wie wir es gerne hätten!
Auch bei uns sitzen viele noch auf den Bäumen und lassen sich nicht herunterlocken aber immerhin wir versuchen es und bewerfen andere nicht mit unserer Scheiße!


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Paul Hoerbiger

Wir können nur kulturelle Ausformungen ändern, nicht aber unsere Instinkte in Bezug auf sexuelle Anziehung, die sich in Millionen Jahren Evolution herausgebildet haben


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Postingnamekannnichtgeändertwerden

Ich habe mich schon öfter gefragt, ob es Eroberungskriege gegeben hätte oder gäbe, wenn mehrheitlich Frauen das Sagen hätten.


Quote
titus lucretius carus

,,Männer dürfen keine Schwäche zeigen, Gefühle nur, wenn es um Wut und Aggression geht."

männer zählen in bewaffneten konflikte noch immer nicht zur vulnerablen gruppe, da greift man dann gern auf das sonst verhasste männerbild zurück...


Quote
Jenesaisquoi

Das ist wahr. Da greift ,,Mann" dann gerne darauf zurück. Ich möchte aber erwähnen, dass ich in den letzten Tagen mindestens drei Artikel/Diskussionsbeiträge von Frauen gelesen haben, die genau das kritisiert haben - auch im aktuellen Fall der Ukraine. Auch Männer haben durchaus ein Recht auf Flucht. Es gibt ja auch Frauen, die zu den Waffen greifen.


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dcdw_thx1138

Mütter machen Männer.


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Leonid Leonid

Väter machen Männer


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The Librarian

Männer machen Männer


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Durchdenken

Medien machen Männer.


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Don Federico

Mama und Papa sind selbst schuld, dass ich wütend bin. Hätten sie mich nur mehr lieb gehabt.


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Ergänzende Fragen

Genau: weil alle Männer so "toxisch männliche" Diktatoren von riesigen Ländern sind. Mit einem Fingerschnippen andere riesige Länder mit der Armee überfallen. Weil ja Frauen in Machtpositionen nicht den Verführungen von Macht & Geld erliegen ; )
Seit auch Frauen die Gelegenheit zu Machtmißbrauch haben, gibt es ihn auch dort. Wie man auch bei österreichischen Politkerinnen - vor allem im rechten Lager - seit Jahrzehnten deutlich sehen kann.

Ich bin für die Emanzipation von ALLEN Menschen im Sinne der Aufklärung - und alle sollen nach ihrer Facon leben. Und das Sexleben der Leute geht mich nichts an - und ich will es auch gar nicht wissen.

Und ich bin gegen die indirekte "Heiligsprechung" von Frauen, Schwulen (da hatten wir schon üble Populisten) und Transvestiten. Wir haben die Gewaltenteilung in unserer Verfassung - weil kein Mensch zuviel Macht haben sollte. Betonung auf Mensch : )


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Jenesaisquoi

Genau. Das ist Feminismus.


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Walbeisser

Übrigens...
...wenn Männer sich nicht-toxisch verhalten, also Empathie, Verletzlichkeit und Sensibilität an den Tag legen, werden sie gerne von Feministinnen (besonders hier im Forum) lächerlich gemacht ("mimimi", "herumheulen", Incel, usw.).
Das finde ich herrlich (sic) ironisch.


Quote
Jenesaisquoi

Gekränkter Narzissmus ist jetzt vielleicht nicht unbedingt die Art Gefühl von der man mehr haben möchte. Und keinesfalls hat das was mit Empathie, Verletzlichkeit und Sensibilität zu tun. Emotionale Inkompetenz heißt nicht, dass man keine Gefühle hat, sondern dass man sich damit nicht auskennt.


Quote
Des Standards wildes Groupie

Gibt es zu "Stutenbissigkeit" eigentlich ein männliches Pendant?


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Dschingis Wahn

Gibt schon einige Analogien aus der Fauna....nur meist mit heroischem Beigeschmack:
Streithähne, Revierkämpfe, Alphamännchen, Silberrücken, Leithamml, Leitwolf, Imponiergehabe...


Quote
Ausgeflippter Lodenfreak

Toxische Männlichkeit ist ein feministisches Konzept um ALLE Männer unter Verdacht zu stellen und zu beschimpfen. Es ist die Allzweckwaffe um bei allem was ein Mann sagt oder tut, was irgendwem nicht passt, das auf sein Geschlecht zurückzuführen. Es ist eine Art Erbschuldmodell für Männer. In seiner völligen Beliebigkeit ist der Begriff auch ungeeignet irgendetwas wirklich zu beschrieben. Außerdem ist er extrem abwertend und man stelle sich vor, jemand würde anderen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Hautfarbe, usw. unterstellen einen toxischen Anteil zu haben. Absurderweise gibt es bei Gender und Feminismus noch nicht einmal toxische Weiblichkeit, obwohl Frauen z.B. auch schon Krieg führten und narzistisch sein können.


Quote
Orjares

Nein

Sie erfinden hier eine Definition und argumentieren dann dagegen.

Toxische Männlichkeit ist eine einzelne Ausprägung von "Mann" unter vielen möglichen. Eine Ausprägung, in der Männer hart sein müssen, keine Ängste haben, Wut die einzige erlaubte Emotion ist, jeder Mann anstreben sollte in der Hackordnung ganz nach oben zu kommen.

Übrigens ist eine Eigenschaft auch, diese Ausprägung als einzig wahre Männlichkeit zu sehen.


Quote
reunion

Wie lange muss man sich dieses Männer-Bashing eigentlich noch geben?


Quote
Da geht noch was

Sind Sie davon betroffen?


Quote
trukazec

Das Forum, wie zu erwarten war, voller getriggerter Kinder. Ich schäme mich schon fast, ein Mann zu sein. Es ist ganz einfach; Wenn ihr nicht Teil davon seid, müsst ihr euch auch nicht angesprochen fühlen. Oder fühlt ihr euch auch angesprochen, wenn es um Mörder, Triebtäter und dgl. geht?


Quote
derbladefranz

alles richtig, aber nicht zu unterschätzen auch die toxische stutenbissigkeit. ;)


Quote
Da geht noch was

Mein Gott sind Sie aber lustig!


Quote
Cap1tal

Wäre Fr. Le Pen Russlands Präsidentin, würden wir uns jetzt in gleicher Situation befinden. ...


Quote
Voestler

Korrekt: ich erinnere an Thatcher und die Falkland Inseln.


Quote
betterknower

Würden die Frauen ihr toxisches Wahlverhalten auch bei uns in Griff bekommen, gäbe es nicht nur in Finnland und Schweden Frauen in der politischen Elite.


Quote
pauletta

ich sags wieder......nehmts euch nicht soooooo wichtig.....und wieder......bedanke ich mich bei all den nicht toxischen männern die grad jetzt im krieg ihren mann stehen, menschen leben retten, wenn sie in tiefe schächte kriechen, feuerwehrmänner, da gibts noch viele.....ohne ein aufheben darum zu machen......arbeitens sie mal in einer abteilung mit nur frauen zusammen, toxischer gehts oft gar nicht. mobbing, intrigen, getuschel..... wurscht wer an der macht ist egal ob mann oder frau, da sinds alle gleich narzistisch ...


Quote
Wieauchnimmer

Narzisstische Frauen sind genauso
am schlimmsten wenn sie Mütter sind.
Noch schlimmer ist es nur wenn sie Single-Mütter sind.


Quote
Wachstumsschmerz

Interessant. Ich brauch mir hier nur die ersten Kommentare durchlesen, schon sehe ich Punkt eins, zwei und drei bestätigt.
Gleich brüllen Alle los: Aber die Frauen sind auch soooooo!!!!

Herrlich


Quote
face_the_truth

"toxische männlichkeit"

diese beschreibung von "toxischer männlichkeit" klingt für mich schlicht nach "a oaschloch sein".
aber wieso brauchts dafür eine neue formulierung? ...


Quote
krendl

Weils unterschiedliche Formen und Ursachen von oaschlöchern gibt.


Quote
face_the_truth

damit kann ich arbeiten


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 08, 2022, 12:04:42 PM
Quote[...] Im Krieg ist die Welt zweigeteilt. Es gibt die Männer, die angreifen, kämpfen, verteidigen. Und die Frauen, die mit ihren Kindern fliehen oder, wenn ihnen das nicht gelingt, in ihren Häusern auf die Bomben warten oder darauf, dass die Aggressoren kommen, die sie vielleicht vergewaltigen. Denn auch das gehört zum Krieg, und in Kiew und anderswo in der Ukraine könnte das schon bald Realität sein. Nichts scheint sich geändert zu haben seit den drei Kriegen, die uns hierzulande aus den vergangenen Jahrzehnten besonders im Gedächtnis geblieben sind, die beiden am Golf und den in Südosteuropa.

Männer und Frauen sind vom Krieg unterschiedlich betroffen. Das wussten schon die über 1.200 Frauen, die im April 1915 in Den Haag zu einem Friedenskongress zusammenkamen. Erst 85 Jahre und zwei Weltkriege später wurde daraus mit der UN-Resolution 1325 die Konsequenz gezogen. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten in kriegerischen Auseinandersetzungen zur Gewaltprävention und zur Verfolgung der Täter. Nicht die nationale Sicherheit ist das Leitmotiv, sondern eine an den Menschenrechten orientierte, wozu auch die Ächtung von Vergewaltigung als Kriegswaffe gehört. Gleichzeitig sollen Frauen adäquat an Konfliktlösungen und Friedensverhandlungen beteiligt und ihre Perspektive berücksichtigt werden. Studien haben gezeigt, dass eine Einigung dann 15 Jahre hält, ein Drittel länger als üblich.

Dabei geht es gar nicht darum, ob Frauen friedlicher seien und deshalb prädestiniert, friedensstiftend zu wirken. Während des Golfkriegs 1991 gab es eine starke Fraktion in der Frauenfriedensbewegung, die sich dies mehr oder weniger explizit auf die Fahnen schrieb, und die Kritik folgte auf dem Fuß.

30 Jahre später ist von diesen Netzwerken nur noch wenig übrig, nicht zuletzt, weil es nun durchaus Frauen gibt in den Entscheidungszonen, selbst in der immer noch männerdominierten Außenpolitik. Ihr eine ,,feministische" Richtung zu geben, verspricht der Koalitionsvertrag, mit Annalena Baerbock als Außenrepräsentantin. Die drei Prozent aus dem Bundeshaushalt für Verteidigung, Entwicklung und Diplomatie sollten möglichst kreativ und keinesfalls für mehr Rüstung ausgegeben werden. Wir wissen heute, wie es darum bestellt ist. Für die zivile Friedenssicherung wird nur wenig übrig bleiben.

Deshalb muss man auch gar nicht darüber spekulieren, dass sich die Außenministerin wie wohl alle ihre Geschlechtsgenossinnen im Amt der nun herrschenden Kriegslogik, der Dominanz militärischer Stärke und der Freund-Feind-Bestimmung nicht wird entziehen können. Gelegentlich hat man sogar den Eindruck, dass die inzwischen in Sicherheitsfragen aufgerufenen Frauen sich noch entscheidungsfreudiger geben und den Militärs nacheifern. Damit, dass Baerbock mit rhetorischem Eifer Europas Einigkeit ,,als Überlebensfrage" bezeichnet, suggeriert die Grünen-Politikerin eine Situation auf Leben und Tod, die zumindest außerhalb der Ukraine nicht realistisch ist.

Sich in solche ausweglosen Entscheidungssituationen treiben zu lassen, ist gefährlich. Gerade hat das Berliner Bündnis Gesundheit aufgerufen, am Internationalen Frauentag gegen die sozialen Auswirkungen von Aufrüstung zu demonstrieren, denn die vielen Milliarden werden fehlen für Care-Arbeit, Daseinsvorsorge und Klimaschutz. Und es ist in diesem Zusammenhang kein Zufall, dass nun auch wieder die Forderung nach einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Menschen aufkommt.


Aus: "Ist Krieg reine Männersache?" (Ulrike Baureithel | Ausgabe 09/2022 )
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/internationaler-frauentag-ist-krieg-reine-maennersache (https://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/internationaler-frauentag-ist-krieg-reine-maennersache)

Quote
Spieglein an der Wand | Community


Möglicherweise liegt es eben nicht daran, ob es sich um Männer oder Frauen handelt; es sind alles Subjekte der Macht - also machtafine Menschen - die zur Macht streben. Die somit auch die Mechanismen verinnerlicht haben, die dazu führen, dass Menschen Macht erlangen und ihre Macht behalten.


Quote
Armin Christ | Community

Die Olivgrüne Militaristin Göring-Eckard wurde in der Aufzählung vergessen. Und wenn es schon über den Tellerrand hinausgeht. Wo bleibt Frau Albright und wo Killary Clinton ?


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 08, 2022, 12:17:19 PM
Quote[...] Es gehört wohl zum größten Grauen, das Eltern sich vorstellen können: Das Kind wird in den Krieg geschickt und verschwindet. Keine Nachricht mehr, über Wochen, und immer der ungeheure Verdacht, es könnte gefallen sein.

So geht es derzeit vielen russischen Müttern und Vätern, die um ihre Söhne bangen. Sie suchen sie auf Onlineportalen und scannen Kriegsfotos.

Eine Gruppe von Frauen aus der Ukraine und Russland hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Eltern zu helfen. Laut der deutschen Partnerorganisation identifizieren ukrainische Frauen zurzeit die Leichen russischer Soldaten. Noch wissen sie nicht, wohin mit den toten Körpern. Aber sie sollen zurück nach Hause, zu ihren Müttern. Auch das wollen die Frauen aus der Ukraine organisieren.

Es ist ein kalter Februar­abend in Berlin. Vier Frauen aus der Ukraine und Russland sitzen zusammen bei einer Podiumsdiskussion, zwei in Berlin, zwei online zugeschaltet aus der Ukraine, und erzählen von ihrer Arbeit. Die umfasst nicht nur Leichen identifizieren, sondern auch Brot backen. Es ist Friedensarbeit. Weil diese zur Zeit besonders gefährlich ist, steht hier nicht der Name der Initiative, die Frauen tragen nicht ihren echten Namen.

Eine der vier Frauen ist Anastasia Danylenko. Sie lebt in der Ostukraine, seit acht Jahren tobt der Krieg vor ihrer Haustür. Danylenko und eine russische Kollegin sind einen Tag nach der Invasion nach Berlin gereist, um über ihre Initiative zu sprechen. Nun sitzen sie fest. Die Rückreisen in die Ukraine und nach Russland sind momentan schwierig. Das auszuhalten, fällt ihnen sichtlich schwer. Permanent klingeln ihre Handys und zeigen Nachrichten von Familie und Freunden aus der Heimat.

Der Krieg in der Ukraine hat auf sehr brutale Weise klassische Geschlechterrollen sichtbarer gemacht: Männer erschießen, Frauen kümmern sich um die Leichen. Männer ziehen an die Front, Frauen tragen ihre Kinder über die Grenze. In Talkshows und auf Zeitungsseiten erklären Männer Militärstrategien. Und hinter der ukrainischen Grenze verteilen polnische und slowakische Frauen Tee und Salamibrote an geflüchtete Ukrainer*innen.

Ganz so eindeutig ist es natürlich nicht. Aber wer sich in der ukrainischen Community in Berlin umhört, bekommt auch den Eindruck, dass es hier gerade vor allem Frauen sind, die zur Solidarität mit der Ukraine aufrufen. Sie sprechen bei Demos, schreiben Spendenlisten und suchen Schlafplätze für Geflüchtete. Man könnte sagen: Sie leisten Care-Arbeit in einem Krieg.

Vor dem Pilecki-Institut am Brandenburger Tor in Berlin weht am vergangenen Dienstag eine ukrainische Fahne neben einer polnischen. Das Pilecki-Institut ist ein polnisches Kultur- und Forschungszentrum. Gerade ist dort eine Ausstellung über den jüdischen Juristen und Friedensforscher Rafał Lemkin zu sehen.

Im Erdgeschoss laufen an diesem Vormittag viele Menschen herum. Sie reden hektisch miteinander, telefonieren, tragen Tüten und Kartons rein und raus. Sie sind nicht für die Ausstellung gekommen, sie leisten von hier aus Hilfe für die Ukraine: sammeln Medikamente, Verbandsmaterial, Thermoskannen, Isomatten, Windeln. Sie beordern Busse an die ukrainische Grenze, organisieren Demos und Gespräche mit Politiker*innen. Das Pilecki-Institut hat dafür seine Räume zur Verfügung gestellt.

Es sind vor allem junge Leute zwischen 20 und 30 da. Sie tragen weiße Turnschuhe, große Kopfhörer, Hawaiihemden. Sie nennen sich ,,Ukrainischer Widerstand" und stammen aus verschiedenen Initiativen von Exil-Ukrainer*innen in Berlin: ein Pfadfinderverband, ein deutsch-ukrainischer Kinoklub und Vitsche, eine neu gegründete Gruppe junger Ukrainer*innen.

Iryna ist eine von ihnen. Ihren Nachnamen will sie nicht nennen, um sich zu schützen. Eigentlich studiert sie in Frankfurt an der Oder Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas. Seit fünf Jahren wohnt sie in Berlin, ihre Familie lebt noch im Zentrum der Ukraine. Im ,,ukrainischen Widerstand" engagiert sie sich erst seit wenigen Tagen.

,,Als Putin in seiner Fernsehansprache der Ukraine ihr Existenzrecht abgesprochen hat, konnte ich nicht länger rumsitzen", sagt sie. Im Internet sei sie auf die Gruppe Vitsche gestoßen, seitdem sei sie dabei.

Es stimme, sagt Iryna, dass es vor allem Frauen sind, die zur Zeit für Solidarität mit der Ukraine werben. ,,Das liegt vielleicht daran, dass die Frauen häufiger öffentlich sprechen." Im ukrainischen Widerstand seien aber auch viele Männer und vor allem Queers organisiert. ,,Solidarität ist keine Frage von Geschlecht."

Anastasia Danylenko aus der Ostukraine nimmt das anders wahr. In ihrer Friedensgruppe engagieren sich explizit nur Frauen. Sie seien ganz unterschiedlich aufgewachsen, erzählt Danylenko. Manche stammen aus Kiew, andere aus Dörfern in der Ostukraine. Was sie eint: Sie bauen die vom Krieg zerstörten Städte wieder auf.

Wie damals, als in einer Stadt im Donbass die Brotfabrik zerbombt wurde. ,,Wir wussten, diese Stadt braucht Brot. Also haben wir Frauen uns gegenseitig gezeigt, wie Brot gebacken wird", sagt Danylenko. Viele kleine Bäckereien seien so in der Stadt entstanden. Andere Frauen aus der Westukraine hätten Frauen im Osten gezeigt, wie man einen Pizzalieferservice aufbaut und damit Geld verdient.

Die Männer hingegen säßen deprimiert zu Hause und warteten ab, ob die Bomben heute ihr Haus treffen. Oder sie kämpften an der Front. Wenn sie nach Hause kämen, würden sie als Helden gefeiert. Wie die neuen Machthaber – ebenfalls alles Männer. ,,Dabei haben wir Frauen die Stadt wiederbelebt", sagt Danylenko.

Dass Frauen anders von Kriegen betroffen sind als Männer, beschäftigt die Politik und die Wissenschaft schon lange. Frauen werden häufiger Opfer von sexualisierter Gewalt, erleben erzwungene Schwangerschaften und Zwangssterilisation, leiden meist nicht nur psychisch, sondern auch wirtschaftlich an der Verschleppung männlicher Verwandter.

Dass Frauen aber auch als Akteurinnen in Friedensprozessen eine besondere Rolle zukommt, das haben die Vereinten Nationen vor gut 20 Jahren anerkannt. Einstimmig hat der UN-Sicherheitsrat im Jahr 2001 die Resolution 1325 ,,Frauen, Frieden und Sicherheit" verabschiedet. Sie ruft die Mitgliedsstaaten auf, in Kriegs- und Krisengebieten die Rechte von Frauen zu schützen und Frauen stärker in Friedensverhandlungen und Wiederaufbau einzubinden. Es geht dabei nicht bloß um die Frauenquote. Verschiedene Konflikte auf der Welt haben gezeigt, dass der Frieden stabiler ist, wenn Frauen an dessen Aushandlung beteiligt sind.

Daran glaubt auch Anastasia Danylenko. Als Feministin sieht sie sich trotzdem nicht. Viel wichtiger ist ihr: Sie sei zwar eine Frau im Kriegsgebiet, aber deswegen kein Opfer. ,,In der Opferposition richtet man sich ein, da rauszukommen ist nicht leicht", sagt sie.

Zu der Podiumsdiskussion, auf der sie in Berlin spricht, werden auch zwei weitere Frauen ihrer Friedensinitiative dazugeschaltet. Sie sitzen in der Ukraine. Sie schätzen die akute humanitäre Hilfe und die vielen Spenden, die im Rest der Welt gesammelt werden, sagen sie. Trotzdem: Eine dauerhafte humanitäre Hilfe bediene den Krieg. Es sei ein Problem, dass die internationale Staatengemeinschaft nicht auf Prävention, sondern auf Reaktion ausgelegt sei. ,,Die Ukraine braucht keinen Fisch, sondern eine Angel", sagt eine der beiden. Für einen kurzen Moment bricht ihre Verbindung ab – Bombenalarm in ihrer Stadt.

Bis wieder an Prävention gedacht werden kann, unterstützen sich die Frauen weiterhin in ihrer akuten Not. Vor wenigen Tagen habe es schwere Angriffe auf einen Ort an der russisch-ukrainischen Grenze gegeben. In einem Krankenhaus sei das Insulin ausgegangen. Zusammen haben es die Frauen geschafft, Insulin aus Russland in das Krankenhaus zu bringen.


Aus: "Weibliche Solidarität: Care-Arbeit im Krieg" Anne Fromm, Sophie Fichtner (8. 3. 2022)
Quelle: https://taz.de/Weibliche-Solidaritaet/!5838894/ (https://taz.de/Weibliche-Solidaritaet/!5838894/)

QuoteAlfonso Albertus

Ansonsten meistens an der Seite der Frauen, aber aufgrund der aktuellen Lage in der Ukraine finde ich diesen Artikel unglaublich unangemessen!
Der männliche Cousin einer ukrainischen Freundin zieht gerade in den Kampf und wird vielleicht sterben-weil er als Mann in der Ukraine bleiben muss!
Seine Frau befindet sich dagegen auf dem Weg nach Deutschland. Kann sie als Frau.
Wäre es möglich dieses Thema einfach mal nicht für die eigene Agenda nutzen zu wollen?
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QuoteCrushedIce

Genau so gut könnte man einen Artikel darüber schreiben warum denn überhaupt überwiegend Männer an der Front kämpfen.
Die "klassische" Rollenverteilung spielt eben immer noch eine Rolle.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 21, 2022, 03:49:10 PM
Quote[...] Warum hat das Putin-Regime in offen imperialistischer Manier die Ukraine überfallen?

Wenn es nach Kommentator:innen in rechtskonservativen Kreisen geht, ist ein wesentlicher Teil des Problems, dass westliche Staaten zu verweichlicht, zu politisch korrekt, zu liberal seien. So schreibt Markus Somm in der «SonntagsZeitung» vom 27. Februar, wir alle hätten so getan, als «bestünden unsere dringendsten Sorgen nach wie vor darin, ob es auch Velowege in Schwamendingen gibt oder in unseren Formularen das Gendersternchen oft genug auftaucht, sodass niemand sich verletzt fühlen muss». Der Westen, konstatiert Somm, sei «krank»: «Eine schwächliche, verzagte Generation, die sich lieber selber umbringt, als sich zu wehren.»

Roger Köppel kommt am 26. Februar in der «Weltwoche» online zum Schluss, die «rotgrüne Scheinwelt» breche nun zusammen: «Der Westen muss wieder über Panzer, Energie und Wirtschaft sprechen statt über Windräder und Gendertoiletten.» Die Politologin Regula Stämpfli diagnostiziert einen Tag zuvor auf nebelspalter.ch, dass der Westen die Geopolitik vernachlässigt habe, weil wir über «irrelevanten Scheiss» redeten. Was für «irrelevanten Scheiss» genau? Zum Beispiel die Frage, «was eine Frau und was ein Mann» sei. Und Urs Gehriger beklagt am 25. Februar auf weltwoche.ch, militärische Rüstung sei «im Zeitalter von Gender-Wahn, cancel culture und Öko-Fetisch» nicht «en vogue». Diese Schwäche des Westens habe Putin darin bestärkt, seinen Angriffskrieg zu lancieren.

Der Westen, so der Tenor, befinde sich im Zerfall. Unsere Gesellschaft sei derart liberal und progressiv, dass sie sich selbst abschaffe und die Bühne Potentaten wie Putin überlasse, die bodenständig geblieben seien. Dieses Deutungsmuster ist inhaltlich offensichtlich Humbug – die Militärbudgets und die Feuerkraft der Nato-Mitgliedsländer übersteigen jene von Russland um ein Vielfaches. Dass sich diese Argumentation jedoch in der Schweiz so durchgesetzt hat, weist auf ein grösseres Problem hin: Die Vorstellung, Russland sei stark, weil der Westen dekadent sei, zeugt davon, wie erfolgreich die antidemokratische Kreml-Propaganda der letzten zehn Jahre war.

Im ersten Jahrzehnt der Putin-Ära war Russland eine verhältnismässig technokratische Autokratie, die deutlich weniger reaktionär-nationalistische Züge trug als heute. Den grossen Umschwung brachte die Zeit um 2011 und 2012, die von Protesten gegen Putin und seine Regierung gezeichnet war. Als Reaktion setzte der Kreml ab circa 2013 auf eine Strategie reaktionärer Propaganda, die auf Traditionalismus und Konservatismus setzte. Dadurch sollte das russische Demokratiedefizit innenpolitisch gerechtfertigt und nationale Geschlossenheit markiert werden. Der demokratische Westen, so die Propaganda, zerfalle ob seiner liberalen Prinzipien der Offenheit und Toleranz. Dieses Schicksal solle Russland nicht ereilen, und darum würde die drohende westliche Dekadenz durch Tradition, Nationalstolz und Christentum bekämpft. Das Vokabular der Propaganda war dabei von Anfang an jenes, das rechtskonservative Kreise in ihren Dekadenzdiagnosen heute verwenden. Der Liberalismus des Westens, so Putin im Jahr 2013, sei «genderlos und unfruchtbar».

Diese reaktionäre, antidemokratische Staatsideologie war aber nicht bloss als innenpolitische Propaganda konzipiert. Das Bild von Russland als konservativem Rettungsboot in einer Welt, die von Feministinnen, von Schwulen und trans Menschen, von nichtweissen muslimischen Migrant:innen kaputtgemacht werde, wurde auch aktiv nach aussen projiziert.

Mit durchschlagendem Erfolg: Der globale Desinformationsschlauch des Kreml, der von Social-Media-Trollen bis zu staatlichen Propagandamedien wie RT (ehemals Russia Today) reicht, in Kombination mit der «Flüchtlingskrise» von 2015 als Propaganda-Brandbeschleuniger, verfestigte in westlichen rechtskonservativen bis rechtsextremen Milieus das Bild von Russland als starkem Gegenpol und Gegenentwurf zum Westen, der unter seiner moralischen Beliebigkeit kollabiere. Und um Wladimir Putin, den Architekten dieser vermeintlichen konservativen Renaissance, der die westliche Zivilisation rette, bildete sich ein weltumspannender Personenkult.

Was lernen wir aus dieser Episode? Propaganda wirkt. Ob die konservativen Kreise, die die Kreml-Propaganda des dekadenten, verweichlichten Westens wiedergeben, dies bewusst tun oder nicht, sei dahingestellt. Sicher ist: Sie machen sich dadurch zu nützlichen Idiot:innen, die das Dekadenznarrativ verinnerlicht haben und aufrichtig glauben, der Westen stehe vor dem Untergang, weil Minderheiten und vulnerable Gruppen besser behandelt werden als früher.

Doch das ist ein Trugschluss. Gleichheit, Vielfalt, Inklusion machen uns nicht schwach – im Gegenteil: Das sind just die demokratischen Werte, die Gesellschaften und Gemeinschaften stark machen.


Aus: "Aus Putins Mund ins rechte Ohr" Marko Kovic (Nr. 09/2022 vom 03.03.2022)
Quelle: https://www.woz.ch/2209/rechte-rhetorik/aus-putins-mund-ins-rechte-ohr (https://www.woz.ch/2209/rechte-rhetorik/aus-putins-mund-ins-rechte-ohr)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 21, 2022, 04:51:52 PM

... Der Angeklagte soll ihr die Nase zertrümmert haben. Sie erwirkte demnach ein Gewaltschutzabkommen und wollte die Scheidung, er wollte sie aber nicht loslassen. Gegen die Anordnung, sich ihr nicht zu nähern, verstieß er laut Zeugen immer wieder und stalkte sie. Er habe Telefonterror ausgeübt. ...

Quote[...] Kiel – Im Dreifachmord-Prozess gegen einen Zahnarzt aus Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) will das Kieler Landgericht am Montag (9 Uhr) Gerichtsmediziner zu den Todesumständen der Opfer befragen.

Außerdem plant das Schwurgericht nach Angaben eines Sprechers die Anhörung zweier Zeugen sowie die Verlesung einer Vielzahl von Urkunden.

Der 48 Jahre alte Angeklagte hatte vor Gericht gestanden, am 19. Mai 2021 seine Frau und deren neuen Bekannten in Dänischenhagen mit einer Maschinenpistole sowie kurz darauf einen weiteren Bekannten des Ehepaares in Kiel mit einer halbautomatischen Pistole erschossen zu haben. Die Taten bezeichnete er als irreal.

Angeklagt sind drei heimtückische Morde aus niedrigen Beweggründen. Demnach wollte der Mann seine Frau wegen der Trennung und ihren neuen Bekannten wegen der Beziehung zu ihr bestrafen. Das dritte Opfer soll er für das Scheitern der Ehe verantwortlich gemacht haben.

Dem Deutschen drohen lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Damit wäre eine Strafaussetzung zur Bewährung nach fünfzehn Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unwahrscheinlich.

Das Urteil wird am 30. März erwartet.


Aus: "Prozess gegen Killer-Zahnarzt: Gerichtsmediziner schildern Todesumstände" (21.03.2022)
Quelle: https://www.tag24.de/justiz/gerichtsprozesse-schleswig-holstein/prozess-gegen-killer-zahnarzt-vor-landgericht-kiel-gerichtsmediziner-schildern-todesumstaende-2379142 (https://www.tag24.de/justiz/gerichtsprozesse-schleswig-holstein/prozess-gegen-killer-zahnarzt-vor-landgericht-kiel-gerichtsmediziner-schildern-todesumstaende-2379142)

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Quote[...] Am zweiten Tag des Prozesses um den mutmaßlichen Dreifachmord von Dänischenhagen und Kiel hat ein Freund des Angeklagten Details aus dessen Leben geschildert. Es ging dabei um die Frage, was den beschuldigten Zahnarzt möglicherweise zu den Taten getrieben hat.

... Die Ehe gescheitert, drückende finanzielle Probleme: "Er war gebrochen", sagte der Zeuge, "er wusste einfach nicht mehr, was er machen sollte". Der Aussage zufolge wollte der Beschuldigte seine Frau zurück, sie "war sein zentraler Dreh- und Angelpunkt". Zur Trennung war es wegen seiner Gewalttätigkeiten gekommen, und die Frau wollte laut dem Zeugen nicht mehr zum Angeklagten zurück.

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Aus: "Dänischenhagen-Prozess: Freund des Angeklagten sagt als Zeuge aus" (01.03.2022)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Daenischenhagen-Prozess-Freund-des-Angeklagten-sagt-als-Zeuge-aus,prozess7038.html (https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Daenischenhagen-Prozess-Freund-des-Angeklagten-sagt-als-Zeuge-aus,prozess7038.html)

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Quote[...] Er habe nach den Morden "die ganzen Monate darüber nachgedacht, welche Impulse dazu geführt hätten": "Es ist wie in einem ganz komischen Film abgelaufen, als würde es gar nicht der Realität entsprechen", sagte der Angeklagte. Aus seiner Sicht hat er niemanden vorher bedroht, auch nicht seine Frau. "Ich verstehe nicht, dass ich es dann machte."

Einen speziellen Blick auf den Angeklagten eröffnete der psychiatrische Sachverständige Thomas Bachmann. Demnach googelte der Zahnarzt noch in der Nacht zum Tattag um 00.24 Uhr Suchbegriffe wie "Jeder kann Mörder werden", "Wege aus der Schuld" und "Schuldgefühle nach dem Tod des Partners". Außerdem fuhr er Bachmann zufolge am Vortag des Dreifachmordes, am 18. Mai 2021, die späteren Tatorte in Dänischenhagen und Kiel ab.

Nach Zeugenaussagen war die Ehe des Mannes zerrüttet, seine Frau hatte sich getrennt und einem neuen Mann zugewendet. Der Angeklagte soll ihr die Nase zertrümmert haben. Sie erwirkte demnach ein Gewaltschutzabkommen und wollte die Scheidung, er wollte sie aber nicht loslassen. Gegen die Anordnung, sich ihr nicht zu nähern, verstieß er laut Zeugen immer wieder und stalkte sie. Er habe Telefonterror ausgeübt.

Am Tattag, dem 19. Mai 2021, sei er frühmorgens los, um die zwei illegalen späteren Tatwaffen zu entsorgen, sagte der Angeklagte. Er habe nach anonymen Anzeigen gegen ihn jeden Moment eine große Durchsuchungsaktion der Polizei vermutet. Ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz wäre für ihn als Jäger "der Todesstoß" gewesen, so der Angeklagte. Seine Frau habe seit Jahren von den Waffen gewusst, die er zeitweise nahe seinem Wohnhaus in einem Wäldchen in einem Erdbunker vergraben und dann in der Garage eines Bekannten versteckt hatte.

Über einen Tracker habe er dann gesehen, dass seine Frau zur Uni fuhr. Er sei ihr "leider hinterhergefahren". Als er an der Uni ankam, sei sie bereits auf der Weiterfahrt gewesen. Er sei ihr nach Dänischenhagen gefolgt. "Dann kam es zu den schrecklichen Ereignissen", sagte der 48-Jährige. "Ich habe versucht, mit ihr noch mal zu sprechen." Die 43-Jährige habe jedoch gesagt, "ich solle verschwinden, was ich da zu suchen hätte". Daraufhin sei er zurück zum Wagen, habe "leider" die Maschinenpistole vom Typ Uzi vom Rücksitz geholt.

Laut Anklage schoss der Deutsche zwei Magazine auf seine Frau und den Bekannten leer. "Ich krieg das nicht mehr richtig zusammen", sagte er auf Nachfragen des Gerichts. "Es war wie im schlechten Film." Die Situation "war irreal, völlig entrückt". Später sagte er auf eine Frage des Psychiaters zu den Schüssen in Dänischenhagen: "Ich dachte, das kann nicht der Realität entsprechen, die können ja wieder aufstehen."

Seiner Aussage zufolge fuhr der Angeklagte nach den Schüssen in Dänischenhagen zu dem gemeinsamen Bekannten des Paares nach Kiel, der sich mit ihm zerstritten hatte. Er habe ihm "davon berichten wollen", sagte er auf eine Frage des Vorsitzenden, was er dort wollte, wo doch zwischen beiden "das Tischtuch zerschnitten" war? "Ich habe mich zu ihm hingezogen gefühlt", erwiderte der Angeklagte.

Der Bekannte, ein Elektriker, der ihm seine Praxis elektrifizierte und dem er noch etliche tausend Euro schuldete, sei dann auf ihn körperlich losgegangen. "Dann hab ich die Waffe gezogen." Der erste Schuss "war seitlich ins Kleinhirn". Der Mann sei kurz weitergegangen, dann habe er "mehrere Schüsse abgegeben, auf das bereits liegende Opfer". Er könne sich "nicht erklären, warum, ich hatte das als Bedrohungssituation wahrgenommen".

Während seiner Aussage sprach der Angeklagte schnell, ausufernd, wie mit Rechtfertigungsdruck. Er habe damals nicht mehr gekonnt, sagte er und bestritt, dass er seine Frau jemals bewusst verletzt habe. Es sei eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen, als ihr das Nasenbein durch seine Tritte zertrümmert wurde. "Es war nie meine Absicht, jemandem zu schaden." Er habe "niemanden vorher bedroht, auch nicht meine Frau. Ich verstehe nicht, dass ich es dann machte."

Während der Aussagen des Angeklagten saß die Witwe des Elektrikers im Gerichtssaal. Sie trug ein Shirt mit dem Foto des Toten. Auch eine Tochter des in Dänischenhagen ermordeten Bekannten der Ehefrau war anwesend.


Aus: "Kiel: Zahnarzt äußert sich erstmals zu tödlichen Schüssen" (10.03.2022)
Quelle: https://www.t-online.de/region/kiel/news/id_91802828/zahnarzt-aeussert-sich-erstmals-zu-toedlichen-schuessen.html (https://www.t-online.de/region/kiel/news/id_91802828/zahnarzt-aeussert-sich-erstmals-zu-toedlichen-schuessen.html)

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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 23, 2022, 10:34:31 AM
Quote
roma753, 22. März 2022, 11:20:30

über die feministische punk-rockerin hat sich so manch reaktionärer geist bekanntlich stärker echauffiert als nun über den menschenverachtenden angriffskrieg. reaktionäre eben.

bella ciao - grande nadja


Quote
lustenau, 22. März 2022, 11:05:33

"Putins schillerndste Gegenspielerin"

Dass sich ein Autokrat, der sich weder von Appellen ausländischer Regierungen noch von Sanktionen stoppen lässt, vor einer feministischen Punkerin zurückschreckt, ist evtl ein bissl optimistisch.


Kommentare zu: Nadja Tolokonnikowa: "Putins schillerndste Gegenspielerin"
Die Ex-Pussy-Riot-Musikerin rückt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nun digital zu Leibe
Kopf des Tages, Florian Niederndorfer (22. März 2022)
https://www.derstandard.at/story/2000134293227/nadja-tolokonnikowa-putins-schillerndste-gegenspielerin (https://www.derstandard.at/story/2000134293227/nadja-tolokonnikowa-putins-schillerndste-gegenspielerin)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 23, 2022, 11:21:02 AM
Quote[...] Kurz nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine postete die Berliner Hetäre Salomé Balthus auf Facebook ein lustvolles Selbstporträt. Darunter versprach sie auf Russisch: ,,Alle Deserteure des russischen Militärs bekommen kostenlosen Sex mit mir!" Statt moralischer Empörung löste Balthus' politisches Statement überwiegend Zustimmung aus.

Möglicherweise befinden wir uns schon mitten in der Revolution, die die britische Star-Feministin Laurie Penny in ihrem neuen Buch ausruft. Die Sexuelle Revolution, die ihr vorschwebt, stellt sich ,,dem Machtmissbrauch auf allen Ebenen entgegen", heißt es da. Der brutale Überfall der Ukraine ist ohne Zweifel ein solcher Machtmissbrauch.

Der Krieg, den Penny beschreibt, ist dennoch ein anderer. Die Verschmelzung der allgegenwärtigen Sexualität mit den gesellschaftlichen Machtverhältnissen habe zu einem Klima geführt, ,,in dem der Freiheitsgedanke theoretisch fetischisiert und praktisch ausgehölt wird". Das Ergebnis seien autoritäre Tendenzen, die die politische Mainstream-Kultur vollkommen durchdrungen hätten. Diesen Mainstream gelte es aufzubrechen, um ein lebensbejahendes Miteinander zu schaffen.

Wer meint, dass für einen solchen Wandel der Begriff Revolution zu hoch gegriffen sei, dem nimmt Penny gleich den Wind aus den Segeln. Die sexuelle Revolution bedrohe mit ihrer Forderung einer Neuorganisation von Fürsorge und Arbeit die moderne Wirtschaftsordnung. Die Britin will nichts weniger, als die neoliberale Ordnung der Welt auf den Kopf stellen, um die ,,Kultur des Zwangs" (rape culture) durch eine ,,Kultur der Einvernehmlichkeit" (consent culture) abzulösen. ,,Ein Kulturkrieg, den entweder alle gewinnen oder niemand."

Derlei kompromisslose Alles-oder-nichts-Ansagen machen skeptisch. Umso überraschender, wie überzeugend die 36-jährige Journalistin die aus ihrer Sicht relevanten Bruchkanten des Daseins analysiert. Dabei nimmt sie die klassischen feministischen Handlungsfelder in den Blick, diskutiert reproduktive Rechte, körperliche Selbstbestimmung und Schönheitsnormen, sexuelle Gewalt und Frauenhass, Prostitution und Pornografie sowie Arbeitsverhältnisse und Beziehungsarbeit.

Zugleich zeigt sie, wie ,,aus der Debatte über das Leben von Frauen ein Referendum über die Seelen der Männer geworden ist". Dabei schreibt sie auch über eigene Traumata wie Bodyshaming und Vergewaltigung. Keine Frau, so die Botschaft, ist vor solchen Erfahrungen sicher oder daran schuld. Die Kehrseite dieses subjektiv motivierten Schreibens ist eine latente Wut auf den Hetero-Mann, die sich in irritierenden Pauschalbehauptungen Bahn bricht.

Penny räumt aber auch ein, dass ,,jede weiße Person, die über Politik schreibt, intellektuell weiße Scheuklappen" trägt. Wer die ablegen will, dem sei Das Recht auf Sex der amerikanisch-indischen Philosophin Amia Srinivasan empfohlen. Nirgendwo werden die fatalen Zusammenhänge von Sexualität, Macht, Klasse, Gender und ,,race"so deutlich aufgezeigt wie hier.

Diese politische Kritik der Sexualität ist ebenfalls von der Hoffnung auf eine andere Welt getragen. Mutig blickt die 38-jährige Philosophin in die dunklen Abgründe des Sexuellen, nicht um zu urteilen, sondern um die Ambivalenzen des gesellschaftspolitischen Umgangs mit Begehren, Pornografie und Sexarbeit, Misogynie und häuslicher Gewalt herauszuarbeiten.

,,Diese Essays bieten kein Zuhause", warnt sie eingangs, um dann die Leserschaft mit unbequemen Wahrheiten zu konfrontieren. Dabei entpuppt sich der provokante Titel als Irreführung. Er lehnt sich an das Manifest von Elliot Roger an, der meinte, er hätte ein ,,Recht auf Sex". Der in Incel-Foren gefeierte Frauenhasser tötete 2014 sechs Menschen, weil keine Frau mit ihm ins Bett gehen wollte.

Natürlich gibt es kein pauschales Recht auf Sex, wenngleich sexpositive Feminist:innen wie Laurie Penny das so auch nicht behaupten. Sex, würden sie betonen, unterliegt immer der Einschränkung auf Einvernehmlichkeit; ,,consent culture" statt ,,rape culture". Srinivasan weist darauf hin, dass dieser Ansatz in einer patriarchalen Gesellschaft einen entscheidenden Aspekt unterschlägt. Wenn ,,consent" die einzige Voraussetzung für ethisch einwandfreien Sex sei, werde die sexuelle Präferenz zum Leitmotiv jeglichen Handelns. Das berge die Gefahr, ,,nicht nur Misogynie, sondern auch Rassismus, Transphobie und sämtliche anderen Unterdrückungssysteme, die über den scheinbar harmlosen Mechanismus ,persönlicher Präferenz' Eingang ins Schlafzimmer finden, zu entschuldigen". Dass persönliche Vorlieben zudem Konstrukte politischer Wirklichkeit sind, macht die Philosophin anhand von Abstufungen individueller ,,Fickbarkeit" sichtbar. Demnach wirke sich positiv auf den Status aus, ,,geile blonde Schlampen" und weibliche East Asians zu vögeln, während schwarze Frauen und männliche Asians als relativ unfickbar gelten. Sex mit schwarzen Männern werde fetischisiert und vor geistig oder körperlich beeinträchtigten oder korpulenten Körpern gebe es sogar eine regelrechte Abscheu. Wer begehrt wird und wer nicht, ist politisch motiviert.

Möglicherweise liegt der beste Sex aber noch in der Zukunft. Wer gut kommen will, muss diesen Mustern also erst einmal entkommen. Denn im allerbesten Fall ,,kann sich das Begehren dem widersetzen, was die Politik für uns entschieden hat, und selbst entscheiden". Immer wieder nimmt die Philosophin Abhängigkeitsverhältnisse und Machtstrukturen in den Blick. Anhand statistischer Daten zeigt sie etwa, dass Strafverfolgungsbehörden in den USA dem von weißen Frauen vorgebrachten Vorwurf sexueller Gewalt durch einen schwarzen Mann deutlich häufiger nachgehen, als wenn schwarze Frauen weiße Männer eines Übergriffs bezichtigen. Ursächlich sind rassistische Stereotype, die den schwarzen Mann als notorischen Vergewaltiger und die schwarze Frau als chronisch promiskuitiv zeichnen. Feminist:innen sollten daher genau hinschauen, wenn sie konsequente Strafverfolgung fordern.

Spannend sind auch die Gespräche, die die in Oxford lehrende Professorin mit Studierenden über Pornografie geführt hat. Für die ,,ist Sex das, was die Pornoindustrie als Sex definiert", was wiederum Penny mit den Worten ,,geölte Körper, die einander am Fließband in die Unterwerfung bumsen" treffend beschreibt. Srinivasans Text ist jedoch kein antipornografisches Manifest, sondern will eine differenzierte Betrachtung der politischen Anti-Porno-Bewegung sein. Mainstream-Praktiken wie ,,die gute alte Hetero-Pornografie" lasse die nämlich unangetastet, während kinke BDSM-Praktiken zensiert werden.

Auch die amerikanische Literatin Maggie Nelson interessiert sich für die halbseidenen Zonen der Lust. In dem Sex-Essay in ihrem aktuellen Buch Freiheit beschreibt sie Sexualität ,,als potenziellen Raum des Lernens", in dem Grenzerfahrungen möglich sind. Die gegenwärtige Fixierung der individuellen Sexualität auf Gefahren und Abgründe findet sie lebensfern. Um die Wahrscheinlichkeit negativer Erfahrungen zu verringern, ,,sollten wir Räume für die Praxis der Freiheit erweitern, ohne jedoch eine Welt herbeizufantasieren, in der unsere Sicherheit immer garantiert ist", schreibt die 49-Jährige. Zum Menschsein gehöre, ,,mit dem Verlangen fertig zu werden, dunkle Räume zu umkreisen oder zu betreten". Zugleich macht Nelson deutlich, dass die ,,consent culture" keine befriedigenden Antworten auf die heiklen Fragen von Macht, ,,race" und Klasse biete. Einvernehmliche Sexualität ist nicht automatisch erfüllend oder gewaltfrei, das zeigen sowohl Nelson als auch Srinivasan auf. Sexuelle Freiheit bedeute, ,,Ja zu sagen, vor allem, wenn es mehr oder etwas anderes bedeutet als Erdulden", so Nelson.

In diesem Ja-Sagen – zur Selbstliebe, zum Begehren, zur Sexualität – liegt für die 2021 verstorbene Aktivistin bell hooks die tatsächliche feministische Revolution. In ihren vor 20 Jahren verfassten und nun übersetzten Ratgebern appelliert sie an den ,,Willen, das eigene Selbst auszudehnen, um das eigene spirituelle Wachstum oder das eines anderen Menschen zu nähren". Liebe ist für die feministische Ikone eine politische Utopie, die Dominanz und Unterdrückung ein Ende macht.

Zuweilen merkt man den Texten ihr Alter an, auch so manchen Verweis auf spirituelle Erweckung muss man erdulden. Aber ihre Ethik der Liebe bleibt aktuell. Etwa wenn sie schreibt, dass Kulturen der Dominanz auf die ,,Kultivierung der Angst" bauen. Wie man die Angst abbauen und in der Liebe die Freiheit entdecken kann, beschreibt sie in Lieben lernen, wo sie aus persönlicher Erfahrung heraus Macht, Körper, Alter und Sexualität in den Blick nimmt. ,,Frauen, die lernen zu lieben, stellen die größte Gefahr für den patriarchalen Status quo dar", schreibt hooks dort. Dass diese Herausforderung nicht allein bei den Frauen liegt, darf man heute als gesetzt sehen.

Warum das Männern Angst macht, erklärt die französische Aktivistin Emilia Roig in dem lesenswerten Sammelband Das Paradies ist weiblich. Männer würden nicht verstehen, dass der Feminismus nicht umgekehrt die Dominanz der Frauen anstrebe, sondern eine gerechtere, ,,unterdrückungs- und hierarchiefreie Welt". Aber auch das ist radikal. Denn das Ende des Patriarchats ist nicht ohne das Ende ,,der institutionalisierten Heterosexualität, das Ende der Polizei und der Gefängnisse, das Ende des Nationalstaats, das Ende des Geldes (im kapitalistischen Sinne) und das Ende der Lohnarbeit" zu haben.

Die Freiheit des Individuums erfordert das Ende der Dominanz. ,,Ficken für den Frieden" ist dann Ausdruck einer politischen Haltung sowie freien und selbstbestimmten Entscheidung für die sexuelle Revolution.



Sexuelle Revolution Laurie Penny Anne Emmert (Übers.), Edition Nautilus 2022, 384 S.

Das Recht auf Sex. Feminismus im 21. Jahrhundert Amia Srinivasan A. Emmert, C. Arlinghaus (Übers.),
Klett-Cotta 2022, 320 S.

Freiheit. Vier Variationen über Zuwendung und Zwang Maggie Nelson Cornelius Reiber (Übers.), Hanser Berlin 2022, 400 S.

Lieben lernen. Alles über Verbundenheit bell hooks Elisabeth Schmalen (Übers.), Harper Collins 2022, 304 S.

Das Paradies ist weiblich. 20 Einladungen in eine Welt, in der Frauen das Sagen haben Tanja Raich (Hg.), Kein & Aber 2022, 256 S.




Aus: "Besser kommen" (Thomas Hummitzsch | Ausgabe 11/2022 )
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/neue-feministische-literatur-fuer-die-sexuelle-revolution (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/neue-feministische-literatur-fuer-die-sexuelle-revolution)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 26, 2022, 12:24:56 PM
Quote[...] In der afghanischen Hauptstadt Kabul haben Mädchen und Frauen für die Wiederöffnung der weiterführenden Mädchenschulen demonstriert. Die Demonstration habe friedlich geendet, sagte einer der Organisatoren der Deutschen Presse-Agentur. Bei früheren Protesten hatten die Taliban Teilnehmerinnen sowie darüber berichtende Journalisten eingeschüchtert.

Videomaterial örtlicher Medien zeigte, wie einige Dutzend Frauen und Mädchen ihr Recht einforderten, zur Schule zu gehen und arbeiten zu können. "Öffnet die Schulen!" und "Gerechtigkeit!" riefen die versammelten Demonstrantinnen auf einem Platz in der Hauptstadt. "Bildung ist unser Grundrecht, kein politisches Vorhaben" stand auf dem Protestplakat einer Demonstrantin. "Sogar der Prophet (Mohammed) hat gesagt, dass jeder das Recht auf Bildung hat, doch die Taliban haben uns dieses Recht entrissen", sagte eine junge Demonstrantin.

Die Taliban hatten am Mittwoch kurz nach der offiziellen Wiederöffnung der weiterführenden Schulen für Mädchen in Afghanistan diesen Beschluss wieder rückgängig gemacht. Tausende Schülerinnen wurden an ihrem ersten Unterrichtstag seit August nach wenigen Stunden wieder nach Hause geschickt.

Die Entscheidung sorgte für Kritik westlicher Staaten und der EU. Die USA sagten nach der Schließung die für dieses Wochenende geplanten Gespräche mit den Taliban am Rande des Forums von Doha ab. Das Recht von Frauen auf Bildung ist eine der Hauptbedingungen der internationalen Gemeinschaft für Hilfen an die nicht anerkannte Taliban-Regierung.

Als die Islamisten im August vergangenen Jahres die Macht übernahmen, hatten sie offiziell wegen der Corona-Pandemie alle Schulen geschlossen. Zwei Monate später durften nur Jungen und einige jüngere Mädchen den Unterricht wieder aufnehmen.


Aus: "Frauen demonstrieren für Wiederöffnung weiterführender Schulen" (26. März 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-03/afghanistan-maedchenschulen-demonstration-taliban-kabul-oeffnung-frauen (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-03/afghanistan-maedchenschulen-demonstration-taliban-kabul-oeffnung-frauen)

QuoteMidwayEques #3

Es sind Frauen / Mädchen aus Großstädten. Wir dürfen nicht vergessen, dass ein absoluter Großteil der Bevölkerung die Ideologie der Taliban zum größten Teil teilt:
Hier das Ergebnis einer Umfrage zur Scharia in Afghanistan
https://www.welt.de/newsticker/news1/article115754530/Mehrheit-der-Muslime-weltweit-fuer-Anwendung-der-Scharia.html (https://www.welt.de/newsticker/news1/article115754530/Mehrheit-der-Muslime-weltweit-fuer-Anwendung-der-Scharia.html)

Den Frauen bleibt im Grunde nur eine Auswanderung. Sofern ein männlicher Vormund dem zustimmt.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on May 04, 2022, 09:34:41 AM
Quote[...] Der Gouverneur von Oklahoma hat ein Gesetz zur drastischen Verschärfung der Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen in dem Bundesstaat unterzeichnet. Kevin Stitt schrieb am Dienstag auf Twitter zur Begründung, die vier Millionen Menschen in seinem Bundesstaat seien mit großer Mehrheit für den Schutz des ungeborenen Lebens.

In den vergangenen Monaten hatten bereits mehrere konservativ regierte US-Bundesstaaten schärfere Schwangerschaftsabbruchgesetze beschlossen. Das Gesetz in Oklahoma ist dem texanischen Heartbeat Act nachempfunden, das seit seinem Inkrafttreten im September juristischen Anfechtungen standgehalten hat. Oklahoma lässt aber im Gegenzug zu Texas Ausnahmen für spätere Schwangerschaftsabbrüche in medizinischen Notfällen, nach Vergewaltigungen oder Inzest zu.

Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche, sobald ein Arzt bei einem Embryo oder Fötus den Herzschlag feststellen kann. Das kann bereits nach etwa sechs Wochen sein, wenn viele Frauen noch nicht wissen, dass sie schwanger sind. Das Gesetz erlaubt auch Zivilklagen gegen Personen, die Abbrüche vornehmen oder Frauen dabei wissentlich unterstützen.

Am Montagabend hatte das Magazin Politico den Entwurf einer Urteilsbegründung des Supreme Court veröffentlicht, wonach das Recht auf Schwangerschaftsabbruch gekippt werden soll. Das Dokument löste in der Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden und in liberalen Teilen der Bevölkerung heftige Empörung aus. Der Supreme Court hat die Echtheit des Dokuments bestätigt. Gleichzeitig betonte das Gericht, dass es sich dabei nicht um eine endgültige Entscheidung handle – damit wird in den kommenden zwei Monaten gerechnet.

Es gibt kein landesweites Gesetz, das Abbrüche erlaubt oder verbietet. Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben die Regelungen verschärft – in der Hoffnung, dass sie vor dem Supreme Court Bestand haben. Konservative Politiker versuchen seit Langem, das als Roe v. Wade bekannte Grundsatzurteil von 1973 zu kippen. Auf Grundlage des Roe-v.-Wade-Urteil sind Abbrüche in den USA mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Woche.

Bidens Demokraten schrieben in einer Mail an Unterstützer, bei den Kongresswahlen im November gehe es auch um das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Die Partei warb um Spenden. "Wir werden mit allem, was wir haben, zurückschlagen, um sicherzustellen, dass die Republikaner für die unerbittlichen Angriffe ihrer Partei geradestehen müssen, aber wir können das nicht ohne Sie tun", hieß es in dem Schreiben. Umfragen zufolge könnte die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat gefährdet sein.

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama warnte vor einem Ende des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in den USA. "Die Folgen dieser Entscheidung wären ein Schlag nicht nur für die Frauen, sondern für alle, die glauben, dass es in einer freien Gesellschaft Grenzen für den Eingriff des Staats in unser Privatleben gibt", teilte der 60-Jährige in einer Mitteilung mit. "Nach der Logik des Gerichts könnten die Parlamente der Bundesstaaten vorschreiben, dass Frauen jede Schwangerschaft bis zum Ende austragen müssen, unabhängig davon, wie früh sie ist und welche Umstände zu ihr geführt haben – selbst bei Vergewaltigung oder Inzest."

Es sei unwahrscheinlich, dass so eine Entscheidung die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche signifikant verringern würde, schrieb Obama. Dafür, dass die Zahl sinke, seien größtenteils der bessere Zugang zu Verhütungsmitteln und Aufklärung verantwortlich. Schwangere würden bei einem Verbot "verzweifelt nach illegalen Abbrüchen suchen, die unweigerlich große Risiken für ihre Gesundheit, ihre zukünftige Fähigkeit, Kinder zu gebären, und manchmal auch für ihr Leben mit sich bringen", schrieb Obama.

Ähnlich wie US-Präsident Joe Biden sprach sich auch Obama während seiner Amtszeit dafür aus, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche per Gesetz festzuschreiben. Mit den aktuellen Mehrheiten im Senat können Bidens Demokraten ein solches Gesetz aber nicht ohne Weiteres durchbringen. 

"Dies ist ein dunkler Moment. Letzte Nacht wurden unsere Befürchtungen über das Schicksal der Schwangerschaftsabbruchrechte am obersten Gerichtshof der USA bestätigt – und heute stehen die Menschen in Oklahoma vor dem unmittelbaren Verlust des Zugangs zum Schwangerschaftsabbruch", sagte Alexis McGill Johnson, Präsidentin der Beratungsstelle Planned Parenthood.

Oklahomas Gouverneur Stitt hatte erst im vergangenen Monat ein Gesetz unterzeichnet, wonach die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs in Oklahoma mit bis zu zehn Jahren Haft und einer Geldbuße von bis zu 100.000 US-Dollar geahndet werden kann. Ausnahmen sollen nur gelten, wenn das Leben der werdenden Mutter aufgrund der Schwangerschaft akut in Gefahr ist. Die vorgesehenen Strafen drohen nicht den Schwangeren, sondern dem medizinischen Personal, das Abbrüche vornimmt. Kritiker gehen US-Medienberichten zufolge juristisch gegen beide Gesetze in Oklahoma vor.

Landesweit demonstrierten am Dienstag Tausende Menschen gegen die möglicherweise drastische Einschränkung des Rechts. Etwa 1.000 Demonstrierende versammelten sich vor dem Gebäude des obersten Gerichtshofs in Washington. In New York protestierten Tausende Frauen und Männer in Downtown Manhattan – die Teilnehmer signalisierten mit grünen Kleidern ihre Unterstützung für weibliche Selbstbestimmung. Auf Plakaten stand unter anderem "Frauenfeindlichkeit tötet mehr Menschen als Schwangerschaftsabbruch" und "Ich werde weniger Rechte haben als meine Mutter". In Austin im Südstaat Texas kamen Hunderte Menschen zu einem Protestmarsch zusammen. Kleinere Kundgebungen gab es auch in Los Angeles, San Francisco und in anderen kalifornischen Städten.

Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Gegner versuchen, die Regeln seit Jahrzehnten zu kippen.


Aus: "Oklahoma schafft Recht auf Schwangerschaftsabbruch weitgehend ab" (4. Mai 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-05/usa-supreme-court-schwangerschaftsabbruch-protest-new-york-barack-obama (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-05/usa-supreme-court-schwangerschaftsabbruch-protest-new-york-barack-obama)

QuoteIngwerknolle #4

Das wäre ein Sprung zurück in mittelalterliche Verhältnisse. Frauen werden trotzdem weiter Abtreibungen vornehmen. Das haben sie schon immer.
Diejenigen, die es sich leisten können, werden ins Ausland reisen um sich dort von Ärzten helfen zu lassen.
Diejenigen, die das nicht können, sind einer großen Gefahr ausgesetzt durch "Engelmacher" und Pfusch verletzt zu werden oder an den Folgen sogar zu sterben.


QuoteGophi #20

Ist die US-amerikanische Gesellschaft auf dem Weg zu einem christlich-fundamentalistischen Gottesstaat? Stellenweise sieht es so aus. ...


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Quote[...] Die USA stehen vor einer Epochenwende: der Revision des liberalen Abtreibungsrechts. Wenn der Supreme Court demnächst das Urteil verkündet, das der geleakte Entwurf der Begründung nahelegt, führt das – die Wortwahl ist nicht übertrieben – zu einer revolutionäre Situation [https://www.tagesspiegel.de/politik/durchgestochener-urteilsentwurf-des-supreme-court-kippt-das-abtreibungsrecht-in-den-usa/28299412.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/durchgestochener-urteilsentwurf-des-supreme-court-kippt-das-abtreibungsrecht-in-den-usa/28299412.html)].

Die Wende rückwärts erschwert Millionen Frauen in Notlage den Schwangerschaftsabbruch. Sie wird dem Ansehen des höchsten Gerichts schaden und die parteipolitische Polarisierung verschärfen. Das Positive daran: Die Entscheidung könnte mehr Bürger bei der Kongresswahl im November zur Stimmabgabe mobilisieren.

Das Urteil Roe versus Wade 1973 stand für eine liberale Epoche, die Durchsetzung von Frauenrechten und sexueller Befreiung. Seine Revision markiert eine konservative Gegenrevolution.

Damals leitete der Supreme Court aus dem Geist der Verfassung von 1787 ein Recht auf ,,privacy" ab. Ein Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, auch wenn die nicht explizit im Grundrechtekatalog aufgeführt war. Damit versperrten die Verfassungsrichter konservativen Staaten den Weg zu pauschalen Abtreibungsverboten.

Seither haben die Republikaner dafür gekämpft, den Supreme Court so zu besetzen, dass die Mehrheit Roe versus Wade revidiert. Mit drei konservativen Nachbesetzungen unter Donald Trump haben sie diese Verschiebung am höchsten Gericht erreicht.

Das neue Urteil wird Abtreibung nicht generell verbieten. Es gibt das Recht zur Regelung fällt an die Bundesstaaten zurück und gibt ihnen mehr Spielraum.

Republikanisch regierte werden das Abtreibungsrecht verschärfen, demokratisch regierte die liberalen Vorgaben beibehalten. Viele Frauen in Notlagen werden nicht mehr in einer nahen Klinik Hilfe finden, sondern hunderte Meilen reisen müssen.

Das Ansehen des Supreme Court dürfte sinken. Richter, die vor ihrer Bestätigung im Senat gesagt hatten, sie wollten Präzedenzurteile wie Roe versus Wade respektieren, stehen als Schwindler da. Der Vorsitzende John Roberts hat sein Ziel verfehlt. Er wollte, obwohl George W. Bush ihn ernannt hatte, das Gericht auf Mittelkurs halten - aus Sorge, dass sonst der Glaube an die Überparteilichkeit der Richter leide.

Wer Trost sucht, findet ihn womöglich hier: Die Bürger können nicht mehr ignorieren, dass es Konsequenzen hat, ob man wählen geht oder nicht – und wen. Ihre Stimmen haben Einfluss darauf, welche Richter der Senat bei den nächsten Vakanzen wählt. Über die Mehrheiten im Senat stimmen die Bürger im Herbst ab.


Aus: "Die Revision des liberalen Abtreibungsrechts ist Trumps Erbe" Ein Kommentar von Christoph von Marschall (04.05.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/es-hat-konsequenzen-wen-man-waehlt-die-revision-des-liberalen-abtreibungsrechts-ist-trumps-erbe/28299410.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/es-hat-konsequenzen-wen-man-waehlt-die-revision-des-liberalen-abtreibungsrechts-ist-trumps-erbe/28299410.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on May 05, 2022, 10:33:31 AM
Quote[...] Zohra Mohammad Gul – so hieß die 31-jährige Frau aus Afghanistan, die am vergangenen Freitag an einer Kreuzung in Pankow von ihrem Mann getötet wurde. Ihre Schwester möchte, dass der Name genannt wird.

Das sagt Ava Moayeri vom Netzwerk Zora Berlin, einer Frauenorganisation. Die 20-jährige Studentin hat die Schwester am Montag kennengelernt bei einer Kundgebung, die sie und andere unter dem Motto ,,Gegen Femizide" organisiert haben. Die Schwester saß weinend auf dem Gehweg vor den Blumen und Kerzen, die für Zohra Mohammad Gul niedergelegt wurden.

An diesem Mittwoch steht Ava Moayeri wieder an der Stelle. Dort, wo der 42-Jährige Mann am Freitagvormittag auf Zohra Mohammad Gul, die Mutter der sechs gemeinsamen Kinder im Alter von drei bis 13 Jahren, mit einem Messer losging. Die Schwester der Getöteten wollte erst auch kommen, sagte dann ab – zu groß ist der Schmerz. Sie hat aber einen Brief geschrieben.

Zohra ,,hatte es nach Jahren häuslicher Unterdrückung gewagt, das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben wahrzunehmen", heißt es darin. ,,Zum Mord an ihr kam es, nachdem sie und ihre Umgebung die Behörden in Berlin über ihre Bedrohung durch den Mann informiert hatten, der sich als ihr Eigentümer sieht."

Ihrer Schwester sei der Schutz verwehrt worden, ,,der ihr das Leben hätte retten können, und der ihren Kindern die traumatische Erfahrung des Verlusts erspart hätte".

Es sind harte Vorwürfe gegen die Behörden. Die Getötete kam vor zwei Jahren mit ihrem Mann und den sechs Kindern nach Deutschland, in Pankow lebten sie in einer Flüchtlingsunterkunft. Vor einiger Zeit trennte sie sich von ihrem Mann – weil er gewalttätig war.

Ava Moayeri sagt, die Polizei habe nach dem Eindruck der Familie nichts getan, obwohl die Getötete sich gemeldet hat, obwohl sie bei der Polizei war und berichtete, dass ,,ihr Ex-Mann sie verfolgt und bedroht hat".

Zohra Mohammad Gul sei gesagt worden, dass es keine Beweise gebe. ,,Sie hat versucht, sich Hilfe zu holen, und niemand ist darauf eingegangen", sagt Ava Moayeri. ,,Sie wurde nicht ins Frauenhaus gebracht, ihr wurde keine Hilfe angeboten, sie hat keinen Schutz bekommen. Der Mord hätte verhindert werden können."
Ava Moayeri von der Frauenorganisation Zora Berlin am Tatort. Sie spricht im Namen der Familie der Getöteten und fordert Aufklärung.

Auch die Schwester, die in Oldenburg lebt, war bei der örtlichen Polizei. Denn ihrem Mann soll der brutale Ex-Schwager gesagt haben, dass er sich in seiner Ehre verletzt sieht. Dass die Trennung dasselbe sei, als ginge seine Frau mit einem anderen Mann fremd.

Bei der Polizei Berlin sind seit Jahresbeginn drei Anzeigen wegen häuslicher Gewalt gegen Zohra Mohammad Gul eingegangen. Zwei Mal rückten Beamten an, von den dritten Fall erfuhr die Polizei bei einer Vernehmung. Auch eine gerichtliche Schutzanordnung, ein Kontaktverbot war nach Angaben von Polizeisprecher Thilo Cablitz bereits vorbereitet worden. ,,Wir standen auch in Kontakt mit dem Jugendamt, der Einrichtung und dem Sozialdienst."

Die Schwester der Getöteten fordert Aufklärung – und eine Erklärung ,,für das Ignorieren der Warnungen vor der Gefahr, die unserer Schwester drohte und auf bitterste Weise wahr wurde". Zohra Mohammad Gul sei ein Opfer ,,nicht nur der toxischen Frauenverachtung seitens ihres Mörders, sondern auch der Gleichgültigkeit, die schutzbedürftigen Migrantinnen ins Gesicht schlägt." Die Behörden müssten jede Warnung von Migrantinnen ,,so nehmen, wie es sich gehört – todernst".

Die Polizei will Konsequenzen ziehen. ,,Bei einem Tötungsdelikt, bei dem eine Frau aus dem Leben gerissen wird, bei dem das Leben von sechs Kindern zerstört wurde, es drei Fälle häuslicher Gewalt gab, sind wir in der Pflicht, das aufzuarbeiten", sagt Sprecher Cablitz. Es gehe darum, ,,ob wir noch mehr hätten machen müssen, was wir hätten besser machen können". Auch Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) hat sich eingeschaltet, sie prüft, ob und was bei den Flüchtlingsbehörden schief lief.


Aus: "Familie der getöteten 31-Jährigen erhebt Vorwürfe gegen Berliner Behörden" Alexander Fröhlich (04.05.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/der-mord-haette-verhindert-werden-koennen-familie-der-getoeteten-31-jaehrigen-erhebt-vorwuerfe-gegen-berliner-behoerden/28306214.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/der-mord-haette-verhindert-werden-koennen-familie-der-getoeteten-31-jaehrigen-erhebt-vorwuerfe-gegen-berliner-behoerden/28306214.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on May 05, 2022, 01:23:48 PM
Quote[...] Das Amtsgericht Bielefeld hat eine Frau, die heimlich die Kondome eines Sexualpartners zerstochen hat, wegen sexueller Nötigung zu einer Bewährungsstrafe von einem halben Jahr verurteilt. Dies berichten die "Bild"-Zeitung und die "Neue Westfälische". Die Verurteilte wollte den Berichten zufolge unbemerkt schwanger werden, um den Mann an sich zu binden. "Das ist hier Rechtsgeschichte - würde ich mal so sagen", kommentierte demnach die Richterin Astrid Salweski den Fall der 39-Jährigen.

Den Berichten zufolge hatte die Angeklagte über ein Online-Datingportal einen drei Jahre älteren Mann kennengelernt und sich mit ihm mehrmals zu unverbindlichem Sex getroffen, zumeist in ihrer Wohnung. Schließlich soll sie sich in den 42-Jährigen verliebt haben. Als es zwischen den beiden kriselte und Funkstille herrschte, schrieb die Frau offenbar dem Mann, sie habe Löcher in die Kondome gestochen und glaube, sie sei schwanger.

Ihr Sexualpartner erstattete daraufhin Anzeige, es kam zur Anklage und zum Prozess, wie es in den Berichten weiter heißt. Zunächst habe die Staatsanwaltschaft eine Anklage wegen Vergewaltigung erhoben, diese jedoch rasch wieder fallengelassen. Stattdessen zähle die Tat als "Stealthing", wobei ein Geschlechtspartner ohne Wissen des anderen beim Sex sein Kondom entfernt. Dies wird als sexuelle Nötigung gewertet. Bei den Tätern handele es sich zwar in der absoluten Mehrheit um Männer, doch die Richterin argumentierte: "Nein heißt auch hier nein." Die Angeklagte habe schließlich ihre Manipulation eingeräumt und die Mindeststrafe von sechs Monaten Haft auf Bewährung angenommen.

Quelle: ntv.de, mbu


Aus: "Frau wegen durchlöcherter Kondome verurteilt" (05.05.2022)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Frau-wegen-durchloecherter-Kondome-verurteilt-article23310577.html (https://www.n-tv.de/panorama/Frau-wegen-durchloecherter-Kondome-verurteilt-article23310577.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 01, 2022, 04:16:24 PM
"Abgründe männlicher Sexualität: Auch nette Kerle haben Klischees verinnerlicht" (Maxi Braun | Ausgabe 21/2022)
Film Mit reduzierten dokumentarischen Mitteln lotet Jonas Rothlaender in ,,Das starke Geschlecht" Abgründe und Überraschungen männlicher Sexualität aus ... Der Mann sitzt vor einem schwarzen Hintergrund. Die Kamera ist direkt auf ihn gerichtet, er befindet sich im Zentrum des Bildes. Das weiche Porträtlicht schmeichelt seinen Gesichtszügen, nichts an seiner Mimik bleibt uns verborgen. Er hält inne, blickt in die Kamera und sagt dann: ,,Du kannst einer Frau so viele Rosen schenken, wie du willst. Aber wenn du sie nicht richtig fickst, dann wird das nix." Formal wie inhaltlich ist Jonas Rothlaenders Dokumentarfilm Das starke Geschlecht damit umrissen: Neun Männer, die der Regisseur über die sozialen Medien oder bei Straßencastings gefunden hat, sitzen vor der Kamera und reden über Sex. Der Regisseur als Interviewer bleibt dabei unsichtbar, hakt nur vereinzelt sanft nach. Die Spannung generiert sich allein aus dem, was die ,,talking heads" erzählen. Erstaunlich offen und ehrlich – fast wie in einem cineastischen Beichtstuhl – berichten sie von ihrer Sexualität und allem, was damit zusammenhängt: der Druck, im Bett perfekt performen zu müssen, der Wunsch, Frauen zu befriedigen, und die Angst, dabei zu versagen. Es geht aber auch um männliche Vorbilder, Scham und die Sehnsucht danach, sich völlig fallen lassen zu können. ... Insgesamt dominiert dieser Schlag Mann den Film – heterosexuell, fast ausnahmslos weiß, zwischen 30 und 40 Jahre alt und eher Single. Mehr Diversität hätte nicht geschadet, denn es sind die davon abweichenden Momente, in denen Das starke Geschlecht überrascht und berührt. Etwa wenn die Sehnsucht nach sexueller Erfüllung auf Augenhöhe oder der Wunsch, sich gegenüber Frauen nicht verstellen zu müssen, artikuliert wird. Hier zeigt sich, wie verunsichert und verletzlich viele der Männer sind und wie schwer es ihnen fällt, sich von gesellschaftlichen Zwängen zu emanzipieren. ...
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/jonas-rothlaenders-das-starke-geschlecht-ueber-abgruende-maennlicher-sexualitaet (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/jonas-rothlaenders-das-starke-geschlecht-ueber-abgruende-maennlicher-sexualitaet)

Das starke Geschlecht Jonas Rothlaender Deutschland 2021, 103 Minuten
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 16, 2022, 09:17:41 AM
Quote[...] Mehr als ein Dutzend mehrheitlich muslimische Länder haben Disneys neuen Animationsfilm ,,Lightyear", in dem sich zwei weibliche Charaktere küssen, aus ihren Kinos verbannt. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus dem Unterhaltungskonzern nahestehenden Kreisen erfuhr, haben unter anderem Ägypten und Saudi-Arabien den Ableger aus der ,,Toy Story"-Filmreihe nicht zugelassen.

Disney hat es demnach abgelehnt, die Szenen zu entfernen und will den Film auf allen Märkten anbieten, ,,wie er ist".

Die Aufsichtsbehörde der Vereinigten Arabischen Emirate hatte bereits am Montag erklärt, der Film verstoße gegen ,,die Standards des Landes für Medieninhalte". Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten vor einem halben Jahr noch verkündet, internationale Kinofilme künftig nicht mehr zensieren zu wollen. Stattdessen sollte für bestimmte Filme für Erwachsene eine Mindest-Altersbeschränkung von 21 Jahren eingeführt werden. ,,Lightyear" aber wurde nun ganz verboten.

In Malaysia erklärte die Filmzensurbehörde, dass der Film in dem Land nicht gezeigt werden dürfe, wenn keine Kürzungen vorgenommen würden. "Es ist nicht angemessen, die beiden Szenen zu zeigen, und sie sind nicht für Kinder geeignet", sagte ein Beamter, der nicht namentlich genannt werden wollte.

Zu den weiteren Ländern und Gebieten, in denen der Film nicht gezeigt werden darf, gehören Bahrain, Irak, Jordanien, Kuwait, Libanon, Oman, die Palästinensischen Gebiete, Katar, und Syrien.

Indonesiens Zensurbehörde erklärte AFP, sie habe den Film nicht direkt verboten, ,,aber den Betreibern des Films geraten, an ihr Publikum in Indonesien zu denken, wo eine LGBT-Kussszene immer noch als sensibel gilt". Demnach habe Disney allerdings keine umgeschnittene Version von ,,Lightyear" angeboten.

Der Film soll am Donnerstag weltweit in die Kinos kommen. Berichten zufolge war der lesbische Kuss von Disney zunächst herausgeschnitten worden. Nach Protest von Mitarbeitern des zu dem Unterhaltungskonzern gehörenden Animationsstudios Pixar wurde er demnach aber wieder eingefügt.

Auch im Heimatmarkt USA wird Disney von LGBT-feindlichen Politikern unter Druck gesetzt. Konservative Politiker im Bundesstaat Florida versuchen, dem Unternehmen Vergünstigungen zu entziehen, nachdem der Konzern ein umstrittenes Gesetz kritisiert hatte, das LGBT-Themen in öffentlichen Schulen verbietet. Disney beschäftigt in dem Staat rund 75.000 Mitarbeiter. (AFP)


Aus: "Mehr als ein Dutzend Länder verbietet Disney-Film - wegen lesbischem Kuss" (15.06.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/lightyear-nicht-zugelassen-mehr-als-ein-dutzend-laender-verbietet-disney-film-wegen-lesbischem-kuss/28428690.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/lightyear-nicht-zugelassen-mehr-als-ein-dutzend-laender-verbietet-disney-film-wegen-lesbischem-kuss/28428690.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 24, 2022, 06:32:12 PM
Quote[...] Die erzkonservative Mehrheit im Supreme Court hat es tatsächlich getan: Sie hat das seit knapp 50 Jahren bestehende Abtreibungsrecht der Vereinigten Staaten am Freitag gekippt. Die Richter haben damit bewusst eine gesellschaftlich hochpolitische Auseinandersetzung, die viele für weitgehend geklärt hielten, wieder neu entfacht.

Jetzt dürfen Politiker in konservativen Bundesstaaten wieder regulieren, wie, wann und ob eine Frau über ihren eigenen Körper entscheiden darf.

Zahlreiche von Republikanern regierte Staaten haben sogenannte ,,trigger laws" in den Schubladen, Gesetze, die einen Schwangerschaftsabbruch teilweise fast ganz verbieten und die nun sofort in Kraft treten können. Bisher untersagte dies das Grundsatzurteil ,,Roe v. Wade" aus dem Jahr 1973. Die Republikaner waren auf diesen Tag vorbereitet, ja: Sie haben auf ihn hingearbeitet, teilweise seit 50 Jahren.

Für die Mehrheit der Amerikaner ist das Urteil dagegen ein großer Schock, auch wenn sich die Entscheidung angekündigt hatte, seit ein vorläufiger Entwurf des Urteils an die Öffentlichkeit gelangt war. Es zeigt wie selten zuvor, welchen Einfluss Wahlentscheidungen haben.

Es war der Republikaner Donald Trump, der in seinen nur vier Jahren im Weißen Haus drei von neun Richterstühlen neu besetzen konnte. Empfohlen wurden ihm diese Richter von Abtreibungsgegnern – und Trump ist dem Rat nur zu gerne gefolgt, weiß er doch, welch gigantischen Stellenwert dieses Thema bei konservativen Wählern spielt.
Er, der aufgrund des Wahlsystems 2016 Präsident werden konnte, obwohl er nicht die meisten Stimmen gewonnen hatte, hat damit den Grundstein für ein anderes Amerika gelegt.

Eines, in dem die Bundesstaaten noch deutlich mächtiger sind, als es bisher schon der Fall war. Und eines, das noch tiefer gespalten ist, als es bei seinem Amtsantritt der Fall war.

Das Verrückte ist: Die Mehrheit der Amerikaner war in Umfragen dafür, an ,,Roe v. Wade" festzuhalten. Genauso übrigens, wie sich die meisten Amerikaner schärfere Waffengesetze wünschen – auch das hat der Supreme Court mit seiner Entscheidung vom Donnerstag höchstrichterlich ignoriert.

Ein Gericht, das die Auffassungen einer radikalen Minderheit vertritt, verliert an Legitimation. Wie Umfragen belegen, ist das im Fall des Supreme Court bereits gesehen. Das Ansehen ist auf ein historisches Tief gefallen.

Und was jetzt? Die Mehrheit muss endlich verstehen, dass sie zu leise ist. Viele Demokraten folgen lieber dem Rat der ehemaligen First Lady Michelle Obama ,,If they go low, we go high", als harten Widerstand zu leisten. Aber manchmal ist es wichtiger, für seine Rechte zu kämpfen, als höflich und respektvoll zu bleiben.


Aus: "Supreme Court kippt Abtreibungsrecht: Dieses Urteil zeigt das ganze Drama der USA" Ein Kommentar von Juliane Schäuble (24.06.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/supreme-court-kippt-abtreibungsrecht-dieses-urteil-zeigt-das-ganze-drama-der-usa/28454236.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/supreme-court-kippt-abtreibungsrecht-dieses-urteil-zeigt-das-ganze-drama-der-usa/28454236.html)

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Quote[...] Hätte Jerry Lamon Falwell diesen Tag noch erlebt, es wäre ein Freudentag für ihn gewesen. Die Krönung seines Lebenswerks. Doch der Prediger der religiösen Rechten in den Vereinigten Staaten starb bereits 2007. Es hilft, Jerry Falwell zu verstehen, um zu begreifen, was gerade passiert ist in den USA. Wie es dazu kommen konnte, dass sechs von neun Richterinnen und Richtern am obersten Gerichtshof ein Urteil gesprochen haben, das Frauen in den Vereinigten Staaten den Zugang zu einem sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch künftig verwehren wird.

Es ist ein dramatischer Rückschritt für die Gesellschaft, der von einem Teil Amerikas seit Jahrzehnten systematisch vorbereitet wurde. Das jetzige Urteil, das sich eigentlich mit einem Fall im Bundesstaat Mississippi befasst, hebelt das Grundsatzurteil Roe v. Wade von 1973 aus, das Frauen einen Abbruch bis zur zwölften Schwangerschaftswoche uneingeschränkt und bis zur Lebensfähigkeit des Fötus, also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche, eingeschränkt garantiert.

Und dass das passieren konnte, liegt auch an Jerry Falwell. Kurz bevor er starb, gab er CNN im Mai 2007 noch ein ausführliches Interview. Falwell hat die Thomas Road Baptist Church in Lynchburg gegründet, eine der evangelikalen Megakirchen des Landes in Virginia. Für Falwell und seine Anhängerinnen und Anhänger war Roe v. Wade eine Katastrophe. Sie sind Verfechter der Pro-Life-Bewegung im Land, die strikt gegen jeden Schwangerschaftsabbruch eintreten. Im Gespräch sprach sich Falwell gegen die Gewalt aus, die in diesem so erbittert geführten ideologischen Streit immer wieder ausbricht. Von Anschlägen auf Schwangerschaftsabbruchkliniken hielt er nichts. "Sanft" und "intelligent" müsse man Bürgern die Fakten verkaufen, sagte Falwell CNN. 

Seine Fakten. Die basieren auf der Überzeugung, dass ein Fötus ab dem Zeitpunkt der Empfängnis uneingeschränkt zu schützen ist – unabhängig davon, was die Frau möchte, unter welchen Umständen die Schwangerschaft zustande kam oder was eine Schwangerschaft medizinisch für sie bedeuten könnte. Um diese Überzeugung auf ein juristisches Fundament zu stellen, brauchen die Pro-Lifer wie ihre Gegner, die Anhänger der Pro-Choice-Bewegung, die Richter des Supreme Courts.

"Ich glaube nicht, dass wir fünf Stimmen gegen Roe v. Wade haben, ich denke, es fehlen ein oder zwei Stimmen", sagte Falwell im Interview kalt kalkulierend. "Meine Kinder werden diesen Sieg eher erleben als ich. Ich denke, wir sind noch 50 Jahre davon entfernt. Wir müssen dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben und dürfen niemals aufgeben." Es hat gerade einmal 15 Jahre gedauert, bis sich Falwells Sieg nun eingestellt hat.

Es ist ein Sieg der religiösen Rechten und Erzkonservativen im Land. Die Evangelikalen setzen die Schöpfung über die Evolution und vertreten in gesellschaftlichen Fragen extrem konservative Haltungen. Sie haben das getan, was Falwell eingefordert hat. Sie sind drangeblieben. Sie haben ihre Botschaft niemals aufgegeben, haben finanzielle und moralische Wahlkampfunterstützung für Politikerinnen und Politiker daran gekoppelt, dass diese in ihrer Entscheidung zwischen Pro-Life und Pro-Choice nur eine einzige kompromisslose Antwort geben durften.

Diese ideologische Arbeit für die Rechte begann direkt nach dem Sieg der Pro-Choicer vor dem Supreme Court mit Roe v. Wade 1973. Bei der Präsidentschaftswahl 1980 gewann Ronald Reagan deutlich gegen Jimmy Carter, er brauchte nicht einmal die Stimmen der Rechtsaußenkonservativen, auch wenn seine Botschaft – Make America Great Again – mit auf sie abzielte. Im Schatten von Reagans ungefährdetem Sieg passierte noch etwas anderes: Im Senat verloren zwölf demokratische Senatoren ihre Sitze an Konservative mit eindeutiger Antischwangerschaftsabbruchhaltung, womit die Republikaner das erste Mal seit den Fünfzigerjahren wieder die Kontrolle über die Kammer bekamen. "Dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben."

Alle konservativen US-Präsidenten seit Reagan waren Schwangerschaftsabbruchgegner: George H. W. Bush, George W. Bush und Donald Trump. Dass Letzterer in die glückliche Lage geriet, gleich drei Richterposten in nur vier Jahren Amtszeit neu zu besetzen, hat er dem Republikaner Mitch McConnell zu verdanken. Er setzte das Dranbleiben politisch dort um, wo es Jerry Falwell und die anderen Pro-Lifer des Landes am meisten brauchten: an den Gerichten.

McConnell verhinderte 2016 als Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, dass der damalige Präsident Barack Obama 2016 nach dem Tod von Richter Antonin Scalia den frei gewordenen Sitz neu besetzen konnte. Seine Begründung: Im Wahljahr solle nicht der alte, sondern der neue Präsident über eine derart wichtige Personalie entscheiden. Scalia war im Februar 2016 gestorben, neun Monate vor der Wahl. Durch die Mehrheit der Republikaner im Senat gelang es der Partei, eine Neubesetzung zu verhindern. Als im Oktober 2020 nur wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl exakt diese Situation durch den Tod von Ruth Bader Ginsburg noch einmal eintrat, vermochte McConnell sich an seine moralischen Begründungen vier Jahre zuvor nicht mehr zu erinnern. Natürlich sollte nun noch der amtierende Präsident den so wichtigen Posten besetzen.

Mit ihrer Mehrheit im Senat erreichten die Republikaner, dass Trump Amy Coney Barrett ernennen konnte. Es war sein Geschenk an die Evangelikalen. Coney Barrett ist eine explizite Gegnerin von Schwangerschaftsabbrüchen. Die bibeltreuen Wählerinnen und Wähler verhalfen Trump zwar nicht zur Wiederwahl, stimmten aber in großer Mehrheit für ihn.

Für die Demokraten hingegen war das Thema in den vergangenen Jahren nie eins, das entscheidend Wähler mobilisierte. In der vermeintlichen Sicherheit von Roe v. Wade war die Bewegung deutlich wenig kämpferisch, die Partei wandte sich anderen Feldern zu. Die Botschaft demokratischer Präsidentschaftsbewerber, sich für Pro-Choice einzusetzen, wurde zum Standard, selbst für den Katholiken Joe Biden. Aber das Beispiel Barack Obama zeigt, welche Wichtigkeit das Thema für sie hatte. Als Präsident rückte er von der Entschiedenheit des Kandidaten Obama ab. Der war mit dem Versprechen durchs Land getourt, sich für den Freedom of Choice Act einzusetzen, eine Initiative, die das Recht von Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch gesetzlich verankert hätte. Darauf nach seinen ersten hundert Tagen im Amt angesprochen sagte Obama: "Der Freedom of Choice Act hat für mich nicht die höchste gesetzgeberische Priorität. (...) Ich denke, das Wichtigste, was wir tun können, um die Wut über dieses Thema zu dämpfen, ist, uns auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen wir uns einig sind."

Doch Einigkeit herrschte auch 2009, als Obama diesen Satz sagte, schon lange nicht mehr. Nicht bei diesem Thema und grundsätzlich nicht. Das macht das aktuelle Urteil des Supreme Courts auf vielen Ebenen problematisch. Mehrere Bundesstaaten haben nur darauf gewartet, dass die Richterinnen und Richter das grundsätzliche Recht auf einen Abbruch kippen. Sie haben Gesetze vorbereitet, die den Zugang zu einer medizinischen Betreuung fast augenblicklich erschweren oder unmöglich machen werden. Das wird drastische Auswirkungen haben.

Unterschiedliche Prognosen und Studien von Experten zeigen, dass die Zahl schwangerschaftsbedingter Todesfälle in den USA steigen wird und finanziell schwächer gestellte Frauen sehr viel härter durch die neuen Gesetze getroffen werden, da sie sich im Zweifel nicht leisten können, bis nach Kalifornien oder New York zu fliegen oder zu fahren, um einen Abbruch vornehmen zu lassen. Schon jetzt leben 58 Prozent der US-Amerikanerinnen zwischen 18 und 44 Jahren in einer Umgebung, die negativ bis extrem negativ gegenüber Schwangerschaftsabbrüchen eingestellt ist, schätzt das Guttmacher Institute, das sich für Reproduktionsrechte für Frauen einsetzt. New York, Kalifornien und andere liberale Orte als letzte sichere Häfen für Hilfe suchende Frauen ist nun nicht länger ein absurder Gedanke, sondern bittere Realität.

Über all diese absehbar schwerwiegenden Folgen für Frauen hinaus ist das jetzige Urteil auch ein deutlicher Indikator dafür, welche Freiheits- und Gleichstellungsrechte in den kommenden Jahren so noch in Gefahr geraten könnten. Die Richterinnen und Richter werden auf Lebenszeit ernannt, sechs von ihnen gehören derzeit dem konservativen Lager an, drei dem liberalen. Eine komfortable Mehrheit, die kein Mechanismus kurzfristig aufzubrechen vermag.

Eine Reform des Gerichts wird zwar immer wieder diskutiert und Joe Biden hat als Präsident eine Arbeitsgruppe berufen, die Ideen dafür sammeln soll. All das aber wird Jahre brauchen und ist derzeit nicht mehrheitsfähig, weil die Republikaner keinerlei Interesse daran haben, etwas zu ändern. Sie haben ja ihre Mehrheiten. Bis das politische Pendel wieder in die demokratische Richtung ausschlagen könnte, haben die Konservativen die Chance, alle möglichen Gleichstellungsfragen vor das Gericht zu bringen. In einer ergänzenden Urteilsbegründung hat der konservative Richter Clarence Thomas nun bereits angedeutet, was das heißen könnte: Das Gericht solle unter anderem auch seine früheren Entscheidungen in den Fällen Griswold, Lawrence und Obergefell überdenken – dabei ging es um gleichgeschlechtliche Beziehungen, die Ehe für alle und den Zugang zu Verhütungsmitteln. Darüber hinaus können auch andere relevante grundsätzliche Fragen, in der die Politik nicht mehr zu Ergebnissen oder Kompromissen gelangt, von den Richterinnen und Richtern entschieden werden: Gesundheitsversorgung, Umweltstandards oder, wie gerade geschehen, Waffenrechte.

Der Supreme Court ist zu einer entscheidenden politischen Stimme geworden. Etwas, was die Gründerväter des Landes so nicht erdacht hatten. Es ist eine einschneidende Verschiebung des politischen Systems der Vereinigten Staaten, die sich lange angekündigt hat. Und ein weiterer Beleg dafür, dass es in der polarisierten Realität des 21. Jahrhunderts an Grenzen gerät. Das vorläufige Ende von Roe v. Wade ist nur die erste, bittere Konsequenz.

Die Demokraten hoffen darauf, dass das jetzige Urteil dazu führen wird, die Linke im Land zu mobilisieren, wieder kämpferisch zu werden. Dranzubleiben eben. Doch die Rechte hat gezeigt, dass sie über Jahre hinweg eisern und strategisch ihre Ziele verfolgt, sie spielen dieses Spiel schon sehr lange sehr gut. Es ist das ewige Dilemma der Demokraten, nach den Regeln spielen zu wollen, die die Republikaner längst aufgehoben haben. Die Besetzung von Richterposten auf allen Ebenen, die Kontrolle über Parlamente in den Bundesstaaten – alles ist bei den Konservativen auf maximalen Einfluss ausgerichtet. Und das sind lediglich die legalen Mechanismen und schließt mögliche Wahlmanipulationen nicht mit ein, gegen die sich die Konservativen seit Donald Trump auch nicht entschieden verwehren. Das Land wird künftig noch erbittertere Kämpfe erleben. Auch wenn das kaum vorstellbar ist. Das nächste US-amerikanische Drama.


Aus: "Schwangerschaftsabbrüche in den USA: Schöpfung statt Freiheit" Ein Essay von Rieke Havertz (24. Juni 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-06/usa-schwangerschaftsabbruch-urteil-roe-v-wade/komplettansicht (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-06/usa-schwangerschaftsabbruch-urteil-roe-v-wade/komplettansicht)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 24, 2022, 06:40:58 PM
Quote[...] Der Bundestag hat am Freitag die Abschaffung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche beschlossen. Für die Streichung des Strafrechtsparagrafen 219a stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie die Linksfraktion, dagegen votierten Union und AfD. Der Paragraf untersagte Arztpraxen und Kliniken, ausführlich darüber zu informieren, welche unterschiedlichen Methoden es für den Abbruch gibt.

Auf das Ende des Paragrafen 219a hatten sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag geeinigt. ,,Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB", heißt es darin. SPD, Grüne und FDP bekennen sich außerdem dazu, Schwangerschaftsabbruch zum Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung und zum Teil einer ,,verlässlichen Gesundheitsversorgung zu machen".

Die deutschlandweit bekannte Gießener Ärztin Kristina Hänel saß im entscheidenden Moment auf der Besuchertribüne des Bundestages. 2017 war sie erstmals verurteilt worden, weil sie auf ihrer Webseite Informationen zu Abtreibungsmethoden anbot. Am Freitag lauschte sie mit Maske der Debatte, nickte ein paar Mal. Für Hänel ist es ein Moment der Genugtuung, ein Moment, auf den sie jahrelang vergeblich gewartet hatte.

Als die Entscheidung verkündet wurde, seien ihr die Tränen gekommen, sagte die Ärztin später dem ,,Spiegel". ,,Dieser Kampf ist vorbei.... Ich bin erleichtert, so unendlich erleichtert", wird sie im Bericht zitiert.

Die grüne Frauenministerin Lisa Paus sprach von einem ,,Triumph" für Frauen und Mediziner in Deutschland. ,,Heute ist ein großartiger Tag." Jetzt sei endlich Schluss mit der Stigmatisierung von Ärztinnen und Ärzten. Jetzt könnten ungewollt Schwangere endlich barrierefrei Zugang zu den Informationen erhalten, die sie brauchen.

Und dann legte sie noch mit einem Satz nach, der bei Union und AfD für Empörung auslöste: ,,Man muss auch über den Paragraf 218 reden." Das würde bedeuten, Schwangerschaftsabbrüche an sich straffrei zu machen.

Die Debatte um den Paragrafen – das eigentliche Abtreibungsverbot steht im Nachbarparagrafen 218 des Strafgesetzbuchs – hatte 2017 begonnen, als Hänel sich vor Gericht gegen einen Strafbefehl wehrte.

Ihr folgten Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls von dem Verbot betroffen waren; einige hatten schon viele Bußgelder deswegen einstecken müssen, wenn Abtreibungsgegner:innen, die sich selbst als Lebensschützer verstehen, sie wegen Verstoß gegen § 219a anzeigten.

,,Ich freue mich, dass der unsägliche Paragraf, der viel Unheil angerichtet hat, damit der Geschichte angehören wird", sagte Hänel. Er habe es möglich gemacht, dass unter der falschen Bezeichnung ,,Werbung" seriöse Information verboten wurde, während ,,jegliche unqualifizierte und irreführende Äußerung von Nicht-Fachleuten" erlaubt gewesen sei – was Abtreibungsgegner:innen ausgiebig genutzt hätten, um betroffene Frauen noch mehr zu belasten.

Hänel mahnte zugleich die Erfüllung der weiteren Versprechen der Ampel an: ,,Defizite in Ausbildung, Forschung und Lehre müssen aufgeholt werden; Beratungsstellen und durchführende Einrichtungen müssen vor sogenannter ,,Gehsteigbelästigung" geschützt werden sowie vor Einschüchterungen, Drohungen und unzulässigen Holocaustvergleichen; das Versorgungsangebot sowohl ambulant als auch stationär muss sichergestellt werden; die Übernahme der Kosten für die Prävention sowie für die Behandlungen beim Schwangerschaftsabbruch, falls die Prävention versagt hat, muss sichergestellt werden; die laut WHO eingeforderte Aufhebung der Beratungspflicht und der vorgeschriebenen Bedenkzeit muss zugunsten einer freiwilligen Beratung erfolgen", so Hänel in ihrer Erklärung. Sie verfolgte die Debatte von der Besuchertribüne des Bundestags aus.

Aussagen zum seit mehr als 150 Jahren umkämpften Hauptparagrafen 218 enthält der Koalitionsvertrag nicht. Ärzt:innenverbände wie ,,Doctors for Choice" fordern erneut dessen Abschaffung. Leonie Kühn, Gynäkologin und Mitgründerin der Vereinigung, sagte im Frühjahr dem Tagesspiegel, der 219a sei lediglich ,,Teil eines Problems, das viel tiefer geht". Es gehe um die Kriminalisierung von Abtreibung insgesamt.

Sie führe dazu, ,,dass Abbrüche tabuisiert und stigmatisiert werden, in der Gesellschaft wie in der medizinischen Ausbildung – wer will denn etwas lehren, was im Strafgesetzbuch steht?" Auch für ungewollt Schwangere sei es ,,schockierend, dass ihr Wunsch nach einem Abbruch kriminell sein soll". (mit dpa)


Aus: "Ärztin Kristina Hänel zur Abschaffung des § 219a: ,,Ich bin erleichtert, so unendlich erleichtert"" Andrea Dernbach (24.06.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/aerztin-kristina-haenel-zur-abschaffung-des-219a-ich-bin-erleichtert-so-unendlich-erleichtert/28452214.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/aerztin-kristina-haenel-zur-abschaffung-des-219a-ich-bin-erleichtert-so-unendlich-erleichtert/28452214.html)

Quotelindener1966 14:48 Uhr

Zum Glück wird hier ausnahmsweise "Werbeverbot" in Anführungszeichen gesetzt, denn tatsächlich war es ja ein Informationsverbot. Und Informationen sollten jedem und jeder leicht zugänglich sein.


Quoteiuklin 13:54 Uhr

Die Streichung dieses völlig antiquierten Paragraphen kann nur der erste Schritt gewesen sein. Das Kernproblem ist nicht das Verbot der sog. Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, sondern das grundsätzliche Verbot dieser Abbrüche, das in § 218 regelt ist. Dort ist zu lesen:

    Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Abbrüche von Schwangerschaften sind in Deutschland eine Straftat und das ohne Wenn und Aber. Wenn der Deutsche Bundestag § 218 angeschafft hätte, würden Frauen, die sich zu diesem Schritt schweren Herzens entschließen, sowie deren behandelnde entkriminalisiert, ein unideologischer Diskurs zu diesem Thema endlich möglich. Denn durch diese Kriminalisierung kommt überhaupt es erst dazu, dass über diesem Thema immer das Damoklesschwert der Bestrafung schwebt, das einen solchen Diskurs verunmöglicht. Dies wiederum führt dazu, dass Personen und Gruppen dazu ermuntert werden, den betreffenden Frauen sowie ÄrztInnen nachzustellen, anzufeinden und zu stigmatisieren. Das kann für eine aufgeklärte Gesellschaft allerdings kein adäquater Umgang mit Menschen sein, die sich in einer Notsituation befinden. Um es ganz klar zu sagen: Niemandem außer der Frau selbst geht es etwas an, was mit ihrem Körper passiert, wie sie über ihren Körper entscheidet.

Unsere Gesellschaft zeichnet sich sonst im höchsten Maße dadurch aus, dass das Individuum ein selbstdenkendes, selbsthandelndes Subjekt darstellt und für sich selbst am besten entscheiden kann, was gut für ihn ist. Ausgerechnet bei diesem Thema sieht das aber anders aus, und es stellt sich die Frage, ob der genannte Paragraph nicht misogyner Natur, das Argument, ungeborenes Leben zu schützen, nicht nur vorgeschoben ist. Es sind bekanntlich in den meisten Fällen Männer, die den Frauen ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung einschränken. Männer, die ihre Macht über den weiblichen Körper erhalten wollen. Ein untragbarer Zustand, der sofort abgeschafft gehört.


....
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 25, 2022, 12:32:37 PM
Quote[...] Die Debatten um Trumpcare und um rechtspopulistische Positionen in Europa verweisen auf ein ungelöstes Problem.

Von Susan Vahabzadeh

Das Recht auf etwas ist nicht dasselbe wie eine Erlaubnis; ein Recht kann man nicht zurücknehmen, eine Erlaubnis schon. Sind das, was Frauen in den letzten Jahrzehnten erstritten haben, nun Rechte - oder doch nur Genehmigungen mit Ablaufdatum? Die Frage ist nicht so absurd, wie sie für manchen vielleicht erst einmal klingt. Über das Recht auf den eigenen Körper scheint neuerdings wieder verhandelt zu werden. Man darf dazu zumindest Meinungen kundtun, die bis vor Kurzem einem beruflichen Selbstmord recht nahegekommen wären. Das geht schon mit Pussygate los, mit dem Tape, auf dem Donald Trump prahlte, was er bei Frauen alles darf, ohne zu fragen. Bewerber um das amerikanische Präsidentenamt konnten sich bis vor Kurzem noch wegen einvernehmlicher außerehelicher Sexualkontakte alle Hoffnungen abschminken. Vorbei. Es wäre noch viel zu tun für die Gleichberechtigung der Geschlechter, aber statt über Lohngleichheit zu diskutieren, befindet sich die Debatte derzeit im Rückwärtsgang, in den USA und zum Teil auch in Europa.

In Washington fanden in der vergangenen Woche die Befragungen des designierten neuen Richters am Supreme Court statt. Dabei war auch seine Haltung zur geltenden Abtreibungsgesetzgebung immer wieder ein Thema: Würde Neil Gorsuch versuchen, das Urteil im Präzedenzfall Roe vs. Wade, das die Grundlage für die derzeitige Abtreibungsregelung in den USA ist, gerne kippen? Gorsuch hielt sich bedeckt, und allein seine Stimme würde dafür bislang die Mehrheitsverhältnisse noch nicht ändern. Am Freitag wurde die erste Fassung von Trumpcare zurückgezogen - wie aber soll eine zweite Fassung aussehen, die dem rechten Flügel der Republikaner gefällt? Schon jetzt sollten Krankenversicherungspolicen künftig durch Steuerermäßigungen subventioniert werden, was aber nicht für Policen gelten sollte, die eine Kostenübernahme im Fall einer Abtreibung vorsehen. Zur Debatte standen bis zuletzt auch Mammografien und Schwangerschaftsvorsorge. Um Prostata-Untersuchungen ging es dabei allerdings nicht. Selbst wenn sich bei einer Neufassung von Trumpcare die moderaten Republikaner durchsetzen, könnte das Abtreibungsrecht bald im Supreme Court zur Debatte stehen. Viele Staaten erschweren Abtreibungen schon jetzt und haben Verbotsgesetze für den Fall in der Schublade, dass es gelingt, Roe vs. Wade zu kippen.

Im US-Staat Oklahoma wird derzeit ein neues Abtreibungsrecht diskutiert, wonach für jede Abtreibung die schriftliche Genehmigung des Kindsvaters erforderlich wäre. Der republikanische Abgeordnete Justin Humphrey, der dieses Gesetz durchdrücken will, erklärt seine Position so: "Ich kann schon verstehen, dass sie" - die Frauen - "das Gefühl haben, das sei ihr Körper." Verstehen kann er es, er sieht es nur anders und erklärt dann weiter, Frauen seien halt eher "hosts", Gastgeber.

Das Zitat klingt nach Mittelalter, stammt aber aus dem Februar 2017.

Damit rührt Humphrey an einen zentralen Punkt. Er stellt tatsächlich gar nicht die Abtreibung an sich in Frage, sondern wer die Kontrolle hat über den Körper einer Frau. Das ist noch einmal etwas ganz anderes als eine Diskussion darüber, ob es sich bei einem Fötus im ersten Trimester einer Schwangerschaft bereits um ein eigenständiges Lebewesen handelt, dessen Recht schwerer wiegt als das Recht der Frau, in deren Uterus es heranwächst. Es gibt durchaus Gründe, warum Gleichberechtigung ohne eine Abtreibungsregelung nur schwer vorstellbar ist. Die Frage, ob Männer Frauen dazu zwingen dürfen, Kinder auszutragen, schien aber eigentlich schon einmal geklärt.

Das hat sich geändert. Und mehr noch, es gibt Fotos von der Diskussion des Freedom Caucus, der sehr rechten Gruppe republikanischer Abgeordneter, die am vergangenen Donnerstag über Trumpcare diskutierten - alles Männer. Schon im Januar hat Donald Trump im Kreise von Männern ein Dekret unterschrieben, das der NGO Planned Parenthood die Finanzierung entzog. Die Organisation steht seit Jahren unter Beschuss von rechten Abtreibungsgegnern, denen jedes Mittel recht ist, die ihr sogar Handel mit Organen von Föten unterstellen, obwohl vor Gericht längst geklärt wurde, dass das nie passiert ist.

Um den Women's March im Januar herum wurden mehrere Forderungen laut, die gesamte Frauenbewegung unter einem Dach zu versammeln - die Pro-Life-Bewegung fühlt sich ausgeschlossen. Es gibt aber kaum Pro-Life-Anhänger, die ihre Abtreibungsgegnerschaft und den Kampf gegen die Benachteiligung von Frauen unter einen Hut bekommen, oder auch nur ihr eigenes Weltbild. In der vergangenen Woche hat sich beispielsweise die republikanische TV-Moderatorin Tomi Lahren in einer Sendung zur geltenden amerikanischen Abtreibungsgesetzgebung bekannt. Ihre Begründung: Ein Grundzug konservativer Politik sei für sie Deregulierung, und sie sehe nicht ein, warum sie ausgerechnet eine Regulierung befürworten solle, die über die Körper von Frauen bestimmt. Ihr Arbeitgeber, das konservative Medienunternehmen The Blaze, hat sie daraufhin suspendiert. Die Republikaner sind ja tatsächlich die großen Deregulierer, nur halt nicht in dieser Frage.

Kann man, in Amerika oder in Europa, tatsächlich die Gleichberechtigung hinbekommen ohne ein Abtreibungsrecht? Eher nicht. Manche Gründe dafür sind rein pragmatisch. Es hat Abtreibungen wahrscheinlich immer gegeben, mindestens aber haben sich mit Schwangerschaftsabbrüchen schon die sumerische Gesetzgebung und jene im antiken Griechenland befasst. Natürlich stand der Abbruch unter Strafe, sofern die Frauen ihn überlebten.

Wie viele Frauen auch heute noch in aller Welt an stümperhaften Abtreibungen sterben, in Ländern zumal, in denen sie legalisiert wurden, darüber sind schreckliche Schätzungen im Umlauf. Die WHO glaubt, dass jedes Jahr 47 000 Frauen durch illegale Abtreibungen sterben. In Südafrika beispielsweise wurden Abtreibungen 1996 legalisiert, die Todesfälle sanken danach drastisch. Insgesamt zeigen Studien, dass die Abtreibungsrate gar nicht sinkt, wenn Abtreibungen strafbewehrt sind. In Lateinamerika und Afrika sind die Raten viel höher, dort lassen etwa dreißig von 1000 Frauen eine Schwangerschaft abbrechen, in Westeuropa sind es aber nur 12 von 1000. Das hat auch damit zu tun, dass wir zwar in einem Zeitalter leben, in dem es ganz vielfältige Verhütungsmethoden gibt; nur kosten sie alle Geld, und das spielt in ärmeren Ländern eine große Rolle. Und für arme Leute in reichen Ländern tut es das auch.

Kinderkriegen ist ein monströses Armutsrisiko. Es gibt Heerscharen alleinerziehender Mütter, und nein, das liegt nicht allein daran, dass Vätern von Gerichten das Sorgerecht versagt wird, auch wenn das im Einzelfall passiert. In Deutschland leben laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung (2014) 1,6 Millionen Frauen mit ihren Kindern allein, die Zahl ist in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen, das Armutsrisiko auch, die Lohngleichheit aber bleibt in weiter Ferne. In fast allen westlichen Gesellschaften sind alleinerziehende Mütter die größte Gruppe innerhalb der Sozialhilfeempfänger. Mütter haben schlecht bezahlte Teilzeitjobs - und da kann eine Schwangerschaft übers wirtschaftliche Überleben entscheiden.

Victoria Woodhull, eine amerikanische Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts, wird von Abtreibungsgegnern gern zitiert, weil sie sich eine Welt ohne Abtreibungen wünschte; allerdings auch eine ohne ungewollte Schwangerschaften. Frauen tragen nach wie vor die Hauptlast der Kindererziehung. Wer für Gleichberechtigung ist und sich Woodhulls Welt wünscht, eine Welt ohne Abtreibungen, der muss gleichzeitig für einen gesellschaftlichen Umbau sein.

In Deutschland und in vielen westlichen Ländern sind die Abtreibungsraten rückläufig, im Gegensatz zum antiken Griechenland gibt es heute zuverlässige Verhütungsmittel. Wer Abtreibung verbieten will, ebnet dennoch Quacksalbern und Engelmacherinnen den Weg. Obamacare, Barack Obamas Affordable Care Act, hatte das übrigens im Blick - das Gesetz verpflichtet Krankenkassen dazu, eine von fünf Verhütungsmethoden abzudecken. Auch das würde Trumpcare abschaffen. Ach, es sind schon tolle Dinge salonfähig geworden: Auf Breitbart News erschien, als Trumps Berater Stephen Bannon die rechte Website noch leitete, unter anderem ein Pamphlet, das nachweisen wollte, die Pille mache Frauen unsexy, dumm und zu Schlampen.

Die Idee, die all das verbindet, führt zurück in eine Zeit, als Gleichberechtigung nicht einmal ein Thema war, als Frauen zwar alle Verantwortung für die Reproduktion aufgebürdet wurde, sie dann aber nicht mal über ihren eigenen Körper bestimmen durften. Frauen, die ungewollt schwanger sind, müssten, so Justin Humphrey, der Abgeordnete aus Oklahoma, ihre "Verantwortungslosigkeit" ausbaden.

Man kann über Abtreibungsregelungen ja durchaus streiten. Beispielsweise über die Regelung (Roe vs. Wade), wonach Abtreibungen erlaubt sind, bis der Fötus außerhalb des Mutterleibs als überlebensfähig gilt. Als das Urteil 1973 erging, waren das 28 Wochen, später wurden 24 draus, in den Anhörungen um Neil Gorsuch wurde auch die Absenkung auf 20 Wochen diskutiert. In den USA finden trotzdem fast alle Abtreibungen im ersten Trimester statt, und auch bei uns gibt es andererseits Fälle, in denen die Frist verlängert wird, etwa aus medizinischen Gründen. Von einem Zellhaufen kann man da aber meist nicht mehr reden.

Oder, ein anderes Beispiel: Darüber, dass die selektive Abtreibung weiblicher Föten in Indien und China ein Skandal ist, sind sich alle westlichen Feministinnen einig. Sie sind es aber nicht, wenn es um die selektive Abtreibung behinderter Föten geht. Obwohl man sehr wohl die Position vertreten kann, dass Behinderungen die schwächste aller Begründungen sind, ein Kind nicht auszutragen. Selbst, wenn man letztlich zu dem Schluss kommt, dass jede Frau das eben selbst entscheiden muss, sollte klar sein: Auch das ist eine Selektion, die ein Welt- und Menschenbild spiegelt. Jede Unterscheidung zwischen guten und schlechten Abtreibungsgründen tut das. Das Dickicht ethischer Abwägungen macht es nur zwingender, jede Frau selbst entscheiden zu lassen, was für sie relevant ist - und was nicht.

Es gibt eben einen entscheidenden Unterschied zwischen jenen Leuten, die Abtreibungen verbieten wollen, und jenen, die sich für Regelungen einsetzen, die das Individuum entscheiden lassen. Niemand, der für legale Abtreibungen auf die Straße geht, will Abtreibungsgegner dazu bringen, selbst Schwangerschaften abzubrechen; sie sollen es nur anderen erlauben. Umgekehrt ist das eben nicht so - Abtreibungsgegner verlangen die Kontrolle über andere. Und diese Kontrolle ist ein Feind der Gleichberechtigung.

Dieser Geist steckt in vielen Parteipapieren. Die französische Abgeordnete Marion Maréchal-Le Pen vom Front National sagt, es sei eine Unterstellung, der Front National wolle die "Frauen zu den Stricknadeln zurückschicken", aber die Erstattung durch die Krankenkasse soll trotzdem reduziert werden. Die Auslegung einer "Notlage" - einer von zwei Gründen, die nach französischem Gesetz vorliegen müssen, damit die Abtreibung in Frankreich überhaupt legal ist, geht ihr zu weit.

Und wie stehen die Dinge bei uns? Die AfD bleibt in ihren Positionen ausweislich des Parteiprogramms ziemlich unkonkret. Im Prinzip ist Abtreibung nicht so toll, soviel ist klar. Das Rezept dagegen ist die "Familie als Leitbild", es geht um "elterliche Betreuung". Über diesem Abschnitt steht: "Diskriminierung von Vollzeit-Müttern stoppen". Nur für den Fall, das irgendwer noch nicht kapiert hat, wer mit "elterlich" eigentlich gemeint ist.



Aus: "Gleichberechtigung: Kann es Gleichberechtigung ohne das Recht auf Abtreibung geben?" Susan Vahabzadeh (30. März 2017)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/gleichberechtigung-kann-es-gleichberechtigung-ohne-das-recht-auf-abtreibung-geben-1.3436601-0 (https://www.sueddeutsche.de/kultur/gleichberechtigung-kann-es-gleichberechtigung-ohne-das-recht-auf-abtreibung-geben-1.3436601-0)

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"Schwangerschaftsabbruch: Was das Urteil des Supreme Courts bedeutet" Johanna Roth, Washington D.C. (26. Juni 2022)
In den USA gibt es kein grundsätzliches Recht mehr auf einen Schwangerschaftsabbruch. Welche Folgen hat das? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Supreme-Court-Urteil
https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-06/schwangerschaftsabbruch-roe-v-wade-frauen-usa (https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-06/schwangerschaftsabbruch-roe-v-wade-frauen-usa)

QuoteT. Durden #103

Ein sehr gutes Urteil.

Es kann nicht sein, dass in einem Land, das sich lebensfreundlich, demokratisch und liberal schimpft, Menschen völlig legal getötet werden können, nur weil sie keine Stimme haben. Das hat nichts mit der Entscheidung über den eigenen Körper zu tun. "Pro-Choice" hält eben nicht das, was es verspricht: das abgetriebene Kind hat nie die Chance über sein Leben zu entscheiden.


QuoteHeinrich Reisen #103.1

Satire? ...


QuoteMusstika #103.3

[das abgetriebene Kind hat nie die Chance über sein Leben zu entscheiden]

Die möglichweise Vergwaltigte Frau auch nicht, ob Sie das wollte.


QuoteKalbshaxeFlorida #1

So eine Entscheidung sollte eigentlich ausschließlich oder zumindest überwiegend von Frauen bzw. Müttern getroffen werden. Hier war es sicher wieder die klare Mehrheit, alter weißer Männer. In was für einer hängengebliebenen Welt wir leben.


QuoteRGFG #1.1

Die entscheidende Stimme kam von einer jüngeren weißen Frau, die extra deswegen von Trump und den Republikanern in den Supreme Court gehievt worden war.


Quote

> alter weißer Männer.

Dummes Geschwätz.
Abtreibungsgegner (diejenigen, die die eigentlichen Gesetzesänderungen in den Bundesstaaten fordern) sind keine alten weißen Männer. Tatsächlich sind 37% der Bevölkerung in den USA gegen Abtreibung und ganz vorne Latino-Männer. Insgesamt tatsächlich mehr Männer (41%) aber auch erschreckend viele Frauen (35%). Alter spielt auch eine große Rolle, aber eben auch bei den Frauen.

"About six-in-ten Americans say abortion should be legal in all or most cases" Hannah Hartig
https://www.pewresearch.org/fact-tank/2022/06/13/about-six-in-ten-americans-say-abortion-should-be-legal-in-all-or-most-cases-2/ (https://www.pewresearch.org/fact-tank/2022/06/13/about-six-in-ten-americans-say-abortion-should-be-legal-in-all-or-most-cases-2/)


QuoteHouse MD #1.10

Ist das ein alter weißer Mann ?

Clarence Thomas (* 23. Juni 1948 in Pin Point, Chatham County, Georgia) ist ein US-amerikanischer Jurist und seit dem Jahr 1991 Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten (Supreme Court). Er ist dem konservativen Flügel des Gerichtshofs zuzuordnen.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Clarence_Thomas (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Clarence_Thomas)


QuoteHarrison Bergeron #1.11

Auch junge schwarze Frauen können "alte weiße Männer" sein, wenn sie "falsche" Meinung haben.


QuoteHe_cate #1.29

....die Ursachen sind patriarchale Strukturen, gestützt von christlich-konservativen Ideologien, die auch Frauen internalisiert haben...dass für diese Zustände weiße Männer verantwortlich sind, ist fakt. Btw, hat Deutschland immer noch Paragraph 218, der Schwangerschaftsabbrüche illegalisiert - dieser ist von Frauen^ mitgetragen, aber gemacht wurde er von weißen Männern...


Quotesonstwer #1.33

Diese Diskussion ist an Heuchelei kaum zu überbieten.
Die gleichen "Pro Lifer", die Frauen das Recht auf Abtreibung nehmen, lassen ihre Kinder lieber in der Schule abknallen bevor sie ihre Haltung zu Schusswaffen auch nur in Frage zu stellen.
Es geht nicht um Kinder oder Leben. Es geht um Macht und Kontrolle. Und natürlich "to own the libs" aka "to hurt the right people". Mehr ist da nicht.


QuoteQue Che #1.70

> Alle Schwangeschaften werden zu 100 % durch Männer verursacht. Wieso werden deren Körper nicht reguliert.

Wie verblendet muß man eigentlich sein, um da eine Männer vs. Frauensache draus zu machen? Die große Mehrheit *aller* Männer in den USA ist für das Recht auf Abtreibung. Bei den Abtreibungsgegner sind es relativ ähnlich viele Frauen und Männer. Also was soll das?

Das Problem sind auch nicht nur die bösen Männer (und die Frau) im Supreme Court. Der hat nämlich nur entschieden, das die Bundesstaaten eigene Gesetze bez. Abtreibung festlegen können.
Die Bundesstaaten und die Abgeordneten dortdie verbieten gerade großflächig Abtreibung oder schränken sie stark ein. Und die werden in der Mehrheit von Frauen gewählt.

Share of people registered to vote in the United States in 2020, by gender
71% Male, 74% Female
In 2020, about 74.1 percent of women in the United States were registered to vote. This is higher than the share of men who were registered to vote in that same year.
https://www.statista.com/statistics/999930/share-people-registered-vote-gender/


QuoteJadoo6 #1.71

... Das Problem ist die Rückkehr zu einer bigotten Moral der Konservativen, die sich zwar jedes Recht gerne als Elite herausnehmen, aber Menschen ohne Einkommen oder Opfer von Verbrechen behandeln, als ob diese ein quasi göttlicher Schicksalschlag getroffen hätte. Es geht um Macht, eine sehr bösartige Art von Weltanschauung und doppelte Moral.

Dass durch solche Gesetze wahrscheinlich keine einzige Abtreibung verhindert, dafür aber viel Leid und Tragik in die Welt gesetzt wird, sehen solche bigotten Persönlichkeiten nicht ein.

Dabei sollte eben doch eine christliche Moral helfen: im Mittelpunkt sollte der Mensch stehen, und da zählt das werdende Leben nicht mehr als das Leben der Mutter. Unser moderner Satz von dem Bauch, der der Frau gehört, ist dabei nur eine Hilfskonstruktion. Es geht um mehr. Uns allen nutzt keine Frau, die durch einen illegalen Schwangerschaftsabbruch stirbt oder unfruchtbar wir. Und nutzt kein Kind, dass als Folge einer Vergewaltung bei einer nicht liebenden Mutter in Armut aufwächst und später zum Verbrecher oder Amokläufer eventuell wird. Und nutzt kein Abtreibungsrecht, dass dafür sorgt, dass Mutter und Kind im Laufe einer Schwangerschaft sterben.

Die Entscheidung in den USA ist einfach verlogen, unvernünftig und unchristlich. Schlimmer geht es nicht. Diese radikale Ideologie rund um die Abtreibung in den USA ist einfach gesagt Teufelszeug, unmenschlich und unmoralisch.


Quotenovecento788 #7

Amerikas Frauen, die gegen das Urteil sind, sollten geschlossen in einen Sex-Streik treten. Das wäre die wirksamste Waffe gegen Dummheit und Rückwärtsgewandheit.


QuoteTraveangler #7.1

Sexstreik?

Das wird diese Idioten nicht interessieren, dann gehen sie eben ins Bordell.


QuoteTavlaret #7.3

Das sind auch Amerikas Frauen! ;-)


QuoteTraxxq #8

Erst die Taliban und jetzt das, welches Problem haben Religiöse Männer nur mit Frauen ?


QuoteGerald1 #8.1

Das tragische ist, dass es nicht nur Männer sind, die das so sehen. Wenn man sieht wie viele Frauen Trump wählten oder gegen das Recht auf Abtreibung sind, kann man an der Vernunft der Menschheit zweifeln.


QuoteTraxxq #8.2

Manchen Menschen gefällt es einfach dominiert zu werden.


QuoteQuadon #8.3

Korrekt und entsprechend traurig. Selbst von den 3 Frauen am Supreme Court ist eine Abtreibungsgegnerin.


QuoteWD-40 #13.1

Mit Moral oder Religion hat es nichts zu tun, denn zum Thema Abtreibung ist in der Bibel rein gar nichts geschrieben

Naja, Gläubige sind da recht kreativ. Im Koran steht auch nichts über die Verhüllung von Frauen.


QuoteWD-40 #13.2

Genauso übrigens, wie die Bibel nicht explizit das Zölibat für Priester verlangt.


QuoteHelloDarknessMyOldFriend #17

Bevor man sich jetzt beschwert, wie barbarisch die USA doch sind, kann man doch darauf hinweisen, dass bei uns eine Abtreibung aus nicht medizinischen Gründen (sprich auch im Falle einer Vergewaltigung), nur bis zur 12. Woche, (bzw. 14. Woche nach der letzten Regelblutung) möglich ist.


QuoteWD-40 #17.1

Ist dann aber schon noch ein Unterschied zu einem evtl. kompletten Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. Denken Sie nicht?


QuoteTraveangler #19

Aus Illinois, das an viele konservativ regierte Bundesstaaten grenzt, wurde bereits vor der Entscheidung gemeldet, dass drei Viertel der Patientinnen von außerhalb kommen.

In Mexiko sind Schwangerschaftsabbrüche seit dem vergangenen Jahr straffrei.

Dasmuss mansich mal vorstellen, Frauen müssen ins Ausland. Nach Mexiko oder Kanada.
Wie in Deutschland, als die Frauen nach Holland mussten.


QuoteHarrison Bergeron #24.1

... Trump wurde von 43% der US-Bürgerinnen gewählt und der hat den SC entscheidend besetzt. ...


QuoteNogod #29

The seed of Trump: 'Grab Her By The Pussy'
Welcome in the middle age.


QuoteHarrison Bergeron #29.1

Und trotzdem haben 43% der US-Bürgerinnen für Trump gestimmt.


QuoteJinx Powder #52

Schlimm ist, dass erzkonservative Politik, Machtkorruption und gesellschaftliche Ausrichtung auf Despoten eine Renaissance zu erleben scheint.


QuoteGarmirian #53

... Ja, die Konservativen arbeiten an dieser Entscheidung seit mindestens 40 Jahren konsequent und waren jederzeit bereit auch Grenzen zu überschreiten für dieses Ziel.
Sie haben es geschafft, sie haben gewonnen! ...


QuoteVonKindernFernhalten #55

Und gleichzeitig Sex Education aus dem Stundenplan nehmen, wegen der Frühsexualisierung - um Abtreibungen zu verhindern, braucht es mehr Sexualkundeunterricht, nicht weniger.
Planned Parenthood die Mittel streichen und den Zugang zu Verhütung erschweren und unmöglich machen.

Husch husch, zurück ins 15. Jahrhundert!


QuoteChristopherLein #78

Warum hat zon innerhalb von paar h bereits 5 Artikel zu einem US internen Thema?


QuoteWD-40 #78.1

Mag daran liegen, dass die ZEIT im Gegensatz zur ,,Jungen Freiheit" auch mal über den deutschen Tellerrand hinaus blickt.


QuoteChristopherLein #78.2

Ach und daher gleich 5artikel?


QuoteWD-40 #78.3

Niemand zwingt Sie dazu, alle fünf Artikel zu lesen. Falls Ihnen das zu anstrengend ist, dann können Sie wieder zur Jungen Freiheit springen.


QuoteGänsebraten ist ein schönes Essen #78.6

"Und warum darf man in ihrer Welt nicht hinterfragen warum ein innenpolitisches us Thema der Zeit gleich 5 Artikel wert ist während?"

Weil man damit in "dieser Welt" einen wunden Punkt damit trifft.


Quotemarcoti3 #79

Viel schriller als gerade diese Entscheidung des Suprime Court, empfinde ich in gewissen Bundesstaaten der USA das Verbot bei 20 Jährigen (!!!), ein Restaurant mit Alkoholausschank zu besuchen - aber im gleichen Bundesstaat ganz legal vollautomatische Waffen wie Maschinenpistolen und Maschinengewehre zu erwerben.


QuoteAlanFord #79.1

wieso schrill? ich erwarte von den "glorreichen" 6 im Supreme Court. nicht mehr und nicht weniger als die Wiedereinführung der Rassengesetze.


Quotejus-kenner #81

Nach dem Urteil über das Grundrecht auf ,,freies" Tragen von Waffen ein weiterer Beleg für den American way of ,,freedom". Und als nächstes folgen voraussichtlich die Abschaffung der Homoehe und der Schauprozess gegen Julian Assange.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 25, 2022, 01:14:33 PM
Quote[...] Nach Schüssen in Oslo mit zwei Toten und mindestens 21 Verletzten ermitteln die norwegischen Behörden wegen Terrorverdachts. "Die Polizei behandelt den Fall als terroristischen Angriff", teilten die Behörden am Samstag mit. Ein Tatverdächtiger war festgenommen worden, nachdem gegen 01.00 Uhr nachts an drei Orten Schüsse gefallen waren.

Die Schüsse fielen in Oslos Zentrum in der Nähe des größten LGBTQI-Clubs London Pub und eines Jazzclubs sowie vor einem Imbissstand. Der London Pub ist einer der Veranstaltungsorte des Oslo Gay Pride Festivals, Norwegens größtem LGBTQI-Festival mit Konzerten, Ausstellungen und anderen Veranstaltungen.

Die englische Abkürzung LGBTQI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen. Weltweit feiern Menschen im Juni den Pride-Month, der sich für Diversität und die Gleichberechtigung der LGBTQI-Gemeinde einsetzt.

Der Tatverdächtige sei dem für Terrorabwehr zuständigen Inlandsgeheimdienst bekannt, sagte Polizeichef Christian Hatlo bei einer Pressekonferenz. Auch der Polizei war der mutmaßliche Täter wegen kleinerer Vergehen wie dem Tragen eines Messers und Drogenbesitzes schon früher aufgefallen. 

Das Motiv für die Tat war nach Angaben von Polizeisprecher Tore Barstad nicht bekannt. Es sei nicht klar, ob die Schüsse in Zusammenhang mit der Pride-Parade standen, sagte der Sprecher. Die Parade wurde wenig später abgesagt, teilten die Organisatoren mit. Zu dieser Entscheidung sei ihnen von der Polizei geraten worden. "Oslo Pride bittet daher alle, die geplant haben, an der Parade teilzunehmen oder ihr zuzusehen, nicht zu erscheinen" hieß es auf der offiziellen Facebook-Seite der Veranstaltung.

Ministerpräsident Jonas Gahr Støre beschrieb die Tat auf Facebook als einen grausamen und zutiefst schockierenden Angriff auf unschuldige Menschen.

Die norwegische Zeitung Aftenposten hatte zunächst berichtet, es seien mindestens zehn Menschen medizinisch versorgt worden, drei würden als schwer verletzt gelten. Weitere zwölf Menschen seien leicht verletzt.

Ein Augenzeuge sagte der Zeitung Verdens Gang, der mutmaßliche Täter habe mit einer automatischen Waffe gefeuert, der Tatort habe ausgesehen "wie ein Kriegsschauplatz". Am Boden hätten mehrere Menschen mit Kopfverletzungen gelegen. Der norwegische Sender NRK zitierte einen Augenzeugen, demzufolge im Nachtclub nach den Schüssen Panik ausgebrochen sei. Schwer bewaffnete Polizisten in Kampfmontur sicherten in den Morgenstunden den Tatort ab.


Aus: "Polizei in Oslo ermittelt nach Schüssen wegen Terrorverdachts" (Aktualisiert am 25. Juni 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-06/oslo-schuesse-nachtclub-norwegen-tote (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-06/oslo-schuesse-nachtclub-norwegen-tote)

Quotebetolerant #1

Ein vereitelter Angriff von rechtsextremen auf eine Pride in den USA. Menschen, die in Augsburg kurz nach dem CSD brutal zusammengeschlagen werden. Jetzt der Angriff in Oslo.
Ich habe das Gefühl, es wird schlimmer und gehe dieses Jahr mit großen Bauchschmerzen zum Münchner CSD. Nicht hinzugehen ist allerdings keine Alternative, denn dann haben die Angreifer ihr Ziel erreicht.
Meine Gedanken gehen an die Opfer dieser grausamen Tat.


QuoteZeitschriftenleser #9

Warum hasst man Menschen, die eine andere Sexualität haben, wie man selbst?
Kann es sein, dass solche Menschen ein Problem mit der eigenen Sexualität haben?


QuoteOverTheHills #9.3

Bei einigen ist es wohl verkappte Homosexualität, bei anderen religiöse Erziehung und/kultureller Einfluss. Bei anderen alles zusammen.In den 70ern gab es einen Fernsehfilm mit Jürgen Prochnow, in dem er sich in seinen Zellengenossen verliebt. Der Bayrische Rundfunk hat ihn nicht ausgestrahlt. Kirche und Hinterwäldlertum.


Quoteverschwommen #9.5

Ängste sind auf jeden Fall da. Man könnte ja selber homosexuell sein, weil man mit Homosexuellen abhängt. Sei es nur, dass man so bezeichnet wird, auch wenn es nicht stimmt, oder dass man tatsächlich feststellt, dass man es ist. Aber wie soll man wissen, was einem gefällt, wenn man es nicht ausprobiert. Ich wünschte, Leute würden das Experimentieren mit der eigenen Sexualität sehr viel lockerer sehen.

Was Araber / Türken / Muslime angeht, ist es noch paradoxer. Schwul ist man nur, wenn man passiven Sex mit Männern hat, aber nicht, wenn man den aktiven Part übernimmt. Kein Witz. Gibt nicht wenige, die so denken. Nicht alle natürlich. Manche verabscheuen Homosexualität auch, haben aber Sex mit passiven Männern, weil sie darauf stehen, zu dominieren. Was dann wieder Sinn ergibt, wenn man darüber nachdenkt. Gefühle bleiben aussen vor (wäre ja schon wieder "schwul"). Übersteigertes Männlichkeitsgehabe und der Drang nach Sex, gerne von hinten, was zu Hause nicht geht, weil es die Religion verbietet und die Frauen nicht mitmachen. Sieht man ja auch bei den ganzen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche, wie absurd und scheinheilig Religion ist bzw. sein kann. Sorry, wenn das zu offen war, aber so ist es halt.


Quotedunelm #15

Regelmäßig werden Personen, Treffpunkte und Veranstaltungen der LGBTQ-Community Zielscheibe von Gewalt und Terror. Das findet, weil es eine Minderheit betrifft, oft leider nur begrenzt Widerhall. Ich denke, gerade der sich als liberal (nicht im parteipolitischen Sinn gemeint) verstehende Teil der Gesellschaft muss sich endlich einmal ehrlich mit sich machen, wo die Prioritäten liegen und welche Werte wir in der Gesellschaft für zentral erachten und nachdrücklich schützen wollen. Gegen rechte Gewalt besteht meinem Eindruck nach ein gewisser Konsens. Sobald es ein Täter - wie jetzt in Oslo - mit migrantischem Hintergrund und Wertvorstellungen ist, die im konservativen Islam oder gar Islamismus begründet sind, wird der Konsens schon brüchiger. Dann greift das, was in ähnlicher Form auch bei der documenta-Debatte um Antisemitismus beobachtbar ist: es treten vor allem im eher linken Spektrum zwei Punkte in Konflikt: Toleranz gegenüber LGBTQ sowie das Selbstbild, nicht als rassistisch oder ausländerfeindlich wahrgenommen werden zu wollen. Leider scheint mir dann trotz inakzeptabler Wertvorstellungen oft der zweite Wunsch stärker als die Unterstützung für LGBTQ (oder die jüdische Gemeinde) aus einer m. E. falschen Nachsicht, man müsse halt Verständnis für andere kulturelle Prägungen haben. Nein, Verachtung für Mitmenschen bleibt Verachtung für Mitmenschen!


Quotedichter Dichter #15.1

Der mediale Widerhall hängt eher davon ab, welchen Hintergrund der Täter hat.


Quotevincentvision #16

Und immer wieder dasselbe ärmliche Schauspiel:
Kommt es zu solchen schrecklichen Vorfällen, lauern die Schubladendenker fast greifbar deutlich darauf, ihre kleinen Schubladen und Weltbilder bestätigt zu bekommen.
Man sieht sie förmlich vor sich, wie Sie die aktuellen Medientexte förmlich danach verschlingen, um ja das böse M-Wort zu finden - und dann, wenn der mutmaßliche Täter für sie erlösend irgendwas Muslimisches im Hintergrund hat, oder seine Eltern, ein Großvater, sein Umfeld oder der Hund - dann ist für die kleinen Denker alles klar!
Dann wird das ganze Arsenal an fehlendem rechtsstaatlichen Bewusstsein herausgeschossen - ,,Ausweisen, Aberkennung der Staatsbürgerschaft, am besten die ganze Sippe raus" - sind noch die harmlosesten typischen Aussagen.
Und leider verhindern solche Sündenböcke dann zuverlässig, sich um die wahren Ursachen zu kümmern, weil man ja nicht mehr weiterzudenken braucht!
Und die liegen regelmäßig in einem Ungeist der Intoleranz, in der Spaltung in ,,die" und ,,wir" und im Akzeptieren von Einheimischen und nicht ganz so Einheimischen...
Das kommt beim radikalisierten Hinterhof-Imam vor - aber eben auch in hiesigen Politikern, die dieses Denken nach wie vor fördern, gut zu erfassen in der rechten Hälfte unserer politischen Parteienlandschaft.
Und damit selbstverständlich auch in deren Wählern, die sie und die Spaltung wählen - aber nur lautstark ,,Aber die Muslime...!" schreien...


QuoteFrau Funcke #16.12

++Ihre Reaktion ist genauso reflexartig wie die, die Sie kritisieren.++

...


QuoteReichensteuer #26

"Die Parade wurde wenig später abgesagt, teilten die Organisatoren mit."

Der Terrorismus hat sein Ziel erreicht...

Jetzt erst recht würde ich sagen!


QuoteDichter-Denker #3

Faschistische und intolerante Ideologien werden immer stärker. Jede und jeder sollte dagegen halten, wenn einem persönliche Freiheit und Recht auf Selbstentfaltung wichtig.


QuoteDithyrambe #3.1

Ich glaube nicht, dass diese stärker werden. Die Tendenzen waren in der Bevölkerung schon immer vorhanden. Wir lügen uns in die Tasche, wenn wir meinen, dass wir ein ach so tolerantes Volk wären. Da läuft stellenweise ganz grundsätzlich etwas schief und das seit Jahrzehnten.


QuoteClimateJustice #3.3

"Faschistische und intolerante Ideologien werden immer stärker."

Empirisch ist das Gegenteil der Fall. Richtig ist vielmehr, dass Rechtsextremisten und Fundametalisten jedweden Glaubens weniger werden und gesellschaftlich immer mehr an Boden verlieren. Genau deshalb sind sie ja so aggressiv.

Also, mehr Gewalt von weniger Extremisten.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 28, 2022, 12:32:31 PM
Quote[...] Nach den tödlichen Schüssen rund um eine Bar in Oslo muss der mutmaßliche Täter für vier Wochen in Untersuchungshaft. Das teilte das Amtsgericht der norwegischen Hauptstadt mit. Die zuständige Richterin Rikke Lassen verhängte dabei ein für die gesamten vier Wochen geltendes Brief- und Besuchsverbot, zwei Wochen davon muss der Beschuldigte in vollständiger Isolation verbringen.

Der Angreifer hatte in der Nacht zum Samstag rund um eine beliebte Schwulenbar Schüsse abgefeuert. Dabei tötete er zwei Menschen und verletzte 21. Der norwegische Geheimdienst PST stuft die Attacke als islamistischen Terroranschlag ein.

Ein 43 Jahre alter Norweger mit iranischen Wurzeln wurde wenige Minuten nach den ersten Schüssen festgenommen. Das Tatmotiv ist noch unklar, die Polizei geht aber unter anderem der Theorie nach, dass es sich um ein explizit gegen Homosexuelle gerichtetes Hassverbrechen gehandelt haben könnte.

Die Behörden riefen nach dem mutmaßlichen Anschlag die höchste Terrorwarnstufe aus. Auch eine Pride-Parade, die wenige Stunden später hätte stattfinden sollen, wurde auf Anraten der Polizei abgesagt. Trotzdem fanden sich spontan mehrere tausend Menschen mit Symbolen der LGBTQI+-Community in der Osloer Innenstadt zusammen, um Solidarität mit den Opfern zu demonstrieren.

Regierungschef Jonas Gahr Støre rief die Bevölkerung nach der Tat dazu auf, sich gegen Hass zu wenden und weiter für eine vielfältige Gesellschaft einzustehen. Den Muslimen in Norwegen sicherte er zu, dass sie Teil der Gemeinschaft seien. Er wisse, dass viele von ihnen bestürzt darüber seien, dass der Angreifer aus islamistischen Motiven gehandelt haben soll.


Aus: "Mutmaßlicher Täter kommt nach Schüssen vor Lokal in Untersuchungshaft" (27. Juni 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-06/oslo-schuesse-nachtclub-untersuchungshaft (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-06/oslo-schuesse-nachtclub-untersuchungshaft)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on July 27, 2022, 12:09:35 PM
Quote[...] Geschlossene Mädchenschulen, Frauen, die aus Berufen verdrängt werden und mehr Zwangsheiraten: Ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsorganisation ,,Amnesty International" zeichnet ein desaströses Bild der Lage von Frauen und Mädchen in Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban. Frauen in Afghanistan stürben einen ,,Tod in Zeitlupe", zitiert der Bericht eine afghanische Journalistin.

Ganz unbeteiligt sind westliche Länder an dieser Lage nicht, wie der Bericht aufzeigt: 2020 kam es zu einem Friedensvertrag zwischen den USA und den Taliban. Dort wurde der Rückzug der US- sowie der Nato-Truppen vereinbart. Was Amnesty jedoch anprangert: Die Wahrung von Frauenrechten war kein Teil des Vertrages. Die Taliban sollten lediglich der militant-islamistischen Gruppierung Al-Kaida keinen Rückzug in Afghanistan gewähren. Der Friedensvertrag sei größtenteils unter Ausschluss von Frauenrechtlerinnen vereinbart worden, beklagt Amnesty.

Den Preis zahlen jetzt Frauen und Mädchen in Afghanistan: Fehlende Bildungs- und Berufschancen hätten zu einer wachsenden Anzahl von Zwangsheiraten geführt, heißt es im Amnesty-Bericht. Aber auch die herrschende humanitäre Krise sei ein starker Treiber von Zwangsehen in dem Land. Dem Bericht zufolge hatten im April dieses Jahres 95 Prozent der Menschen in Afghanistan nicht genug zu essen, nachdem die afghanische Wirtschaft in den Monaten zuvor eingebrochen war.

Höhere Mädchenschulen schlossen die militanten Islamisten bei ihrer Machtergreifung im August 2021 - und das, obwohl afghanische Medien und Zivilgesellschaft wiederholt Schulöffnungen forderten. Nur einige privat organisierte Schulen sowie öffentliche Mädchenschulen in einigen Provinzen sind noch geöffnet. ,,Millionen von Mädchen warten auf Bildung", zitiert der Bericht eine junge Lehrerin. Viele Schülerinnen würden auf Online-Unterricht ausweichen oder an privat organisiertem Unterricht teilnehmen, viele andere hätten jedoch auch aufgrund mangelnder Perspektiven die Motivation zum Lernen verloren.

Auch ein Großteil der Berufe bleibt Frauen mittlerweile versperrt - jedoch gibt es laut Bericht Unterschiede zwischen den verschiedenen Provinzen. Die Verdrängung von Frauen aus dem Berufsleben stelle vor allem ein Problem in Familien dar, in denen Frauen bisher die Alleinverdienerinnen waren. Außerdem macht der Bericht auf die Misshandlung von Frauen aufmerksam, die sich gegen die Taliban-Maßnahmen stellen. Amnesty berichtet von Inhaftierungen, Folter und sogar dem Verschwinden von Demonstrantinnen.

Für afghanische Frauen gestalte es sich außerdem zunehmend schwierig, häuslicher Gewalt zu entfliehen, da viele Frauenhäuser mittlerweile geschlossen seien. Auch die Bewegungsfreiheit von Frauen haben die Taliban eingeschränkt: Frauen dürfen weitere Reisen nur noch in Begleitung eines männlichen Angehörigen unternehmen. Viele afghanische Frauen fühlten sich von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen, heißt es in dem Bericht. Außerdem forderten die befragten Frauen und Mädchen, die Taliban-Regierung nicht anzuerkennen. (dpa)


Aus: "Afghanische Frauen beklagen unter den Taliban einen ,,Tod in Zeitlupe"" (27.07.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/amnesty-bericht-zeichnet-desastroeses-bild-afghanische-frauen-beklagen-unter-den-taliban-einen-tod-in-zeitlupe/28551716.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/amnesty-bericht-zeichnet-desastroeses-bild-afghanische-frauen-beklagen-unter-den-taliban-einen-tod-in-zeitlupe/28551716.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on August 04, 2022, 03:25:02 PM
"Wie wird der Mann zum Mann? – Lose Reflexionen zu Männlichkeit und Patriarchat" Posted by M. Lautréamont (13. April 2021)
... Wenn ich in meiner Jugend mit männlich sozialisierten Personen über Sex sprach, so waren oft Ausdrucksformen wie «ich habe sie gefickt» zu hören, während meine weiblich sozialisierten Freundinnen eher von «wir haben rumgevögelt» sprachen. ... Wie der Kapitalismus oder der Staat muss auch die Männlichkeit als gesellschaftliche Struktur verstanden werden, welche konstant von den Menschen in ihren sozialen Beziehungen reproduziert wird. Für Männer erzeugt diese Reproduktion der Männlichkeit ein Gefühl der Sicherheit, sind doch die eigene Identität und viele damit verbundene Vorteile an sie gekoppelt – beziehungsweise ist der männliche Erfahrungshorizont meist nicht von denselben bedrohlichen Szenarien geprägt, wie der einer Frau. Ich habe beispielsweise noch nie von einem Mann gehört, dass der nächtliche Nachhauseweg ihm ein mulmiges Gefühl bescheren würde oder dass er bei einer Essenslieferung so tut, als seien noch mehrere Leute zu Hause – aus Angst, es könnte zu einem sexuellen Übergriff kommen. Männer haben grundsätzlich die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie sich mit diesem unterschiedlichen geschlechterbasierten Erfahrungshorizont auseinandersetzen wollen oder nicht. Für Frauen ist das hingegen keine Interessenssache, sondern vielmehr eine tagtäglich erlebte Realität, die an sehr viele unangenehme, gefährliche und demütigende Erfahrungen gekoppelt ist. Dies bedeutet freilich nicht, dass diese Erfahrung bei allen Frauen automatisch zu einer feministischen Gesellschaftsanalyse führt. ... In linken und anarchistischen Kreisen ist ein Verhaltensmuster zu beobachten, das viele Männer in ihrer Jugend kennenlernen: Aggressivität, Risikofreude, Furchtlosigkeit und Gewaltbereitschaft sind gängige Formen der Darstellung der eigenen Männlichkeit und der Abgrenzung gegenüber dem, was gesellschaftlich mit stereotypen «weiblichen» Eigenschaften assoziiert wird: Fürsorge, Empathie oder Emotionalität. Im schlimmsten Fall äussert sich diese Abgrenzung in einem männlich geprägten Militanzfetisch und in der Abwertung von politischen Aktivitäten, die nicht dem männlichen Spektakel entsprechen. Natürlich ist Militanz nicht per se etwas Männliches, doch niemand verwundert sich, wenn an Riots mehrheitlich junge Männer zwischen 15 und 35 vorzufinden sind. Auch sind viele Männer äusserst motiviert, wenn sie Gewalt im Namen der «guten Sache» ausüben können: Einem Nazi aufs Maul hauen? Ja, da freuen sich jede Menge Männer. So können sie ihre Männlichkeit zur Schau stellen ohne sich mit feministischen und antipatriarchalen Positionen auseinandersetzen zu müssen. Seien wir ehrlich: Wer kennt nicht einen Mann, der auf der Barrikade ein «Held» ist und im Alltag ein überfordertes Mann-Baby? ...
https://www.ajourmag.ch/maennlichkeit-und-patriarchat/ (https://www.ajourmag.ch/maennlichkeit-und-patriarchat/)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on August 17, 2022, 12:26:34 PM
Quote[...] Die Frauenrechtlerin Salma al-Shehab ist in Saudi-Arabien zu 34 Jahren Haft verurteilt worden. Die zweifache Mutter, die im englischen Leeds studiert hat und im Jänner 2021 während eines Urlaubs in Saudi-Arabien festgenommen wurde, hatte sich in mehreren Tweets für Frauenrechte in dem streng konservativen Königreich ausgesprochen. Auch für die bekannte, 2018 verhaftete und 2021 aus dem Gefängnis entlassene saudische Frauenrechtlerin Loujain Hathloul hatte sie sich eingesetzt.

Ursprünglich war al-Shebab zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden, ein Berufungsgericht erhöhte die Strafe vergangene Woche auf 34 Jahre – das höchste jemals verhängte Strafmaß für ein derartiges Delikt in Saudi-Arabien.

Berichten von Menschenrechtsorganisationen zufolge geht das saudische Regime aktuell härter gegen die Frauenrechtsbewegung vor als bisher. Neben dem Urteil gegen Salma al-Shehab sollen auch die Strafen "vieler anderer Frauen" erhöht worden sein, meldete etwa eine Sprecherin der US-NGO Freedom Initiative. Zeitgleich mit der Verhaftung al-Shehabs im vergangenen Jahr sollen hunderte junge Frauen verhaftet worden sein, weil sie regimekritische Tweets teilten. Ob diese mittlerweile angeklagt wurden, ist unklar. (red, 16.8.2022)


Aus: "34 Jahre Haft für saudische Frauenrechtlerin" (16. August 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000138309722/34-jahre-haft-fuer-saudische-frauenrechtlerin (https://www.derstandard.at/story/2000138309722/34-jahre-haft-fuer-saudische-frauenrechtlerin)

Quote
Gabrischa

Wahnsinn, die armen Frauen.


Quote
keppel pepi

Was für ein ... Regime...


Quote
Frag nicht

Die haben aber Angst vor dem schwachen Geschlecht.
Die Männer können einem leidtun.


Quote
Schneggerle

Also haben die Saudis und Indonesier einen riesen Sprung in ihrer Entwicklung gemacht: Vom 7. ins 9. Jhdt.


Quote
orro

Wenn`s um Saudi-Arabien geht fällt mir zwangsläufig
die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner ein,
eine ausgewiesene Kennerin saudischer Sitten.

Die sogenannten westlichen Werte, geschenkt - die werden
nur strapaziert, wenn`s der eigenen Sache dienlich ist.
Saudi-Arabien bleibt nach wie vor der strategische Partner
des sogenannten Westens, ganz egal welche Urteile da gefällt werden.


Quote
starship


so hat man sich also den "modernen reformweg" des islamistischen regimes in saudi-arabien unter kronprinz Mohammed bin Salman vorzustellen.
34 jahre haft wegen feminismus. ein klarer fall von "fortschritt".

erhellend sind in solchen zusammenhängen auch zahlen des amerikanischen Pew Research Centers zur frage, ob die muslimische frau "ihrem ehemann immer gehorchen muss" (% of Muslims who completely or mostly agree that a wife must always obey her husband):

kosovo: 34%
albanien: 40%
türkei: 65%
jordanien: 80%
ägypten: 85%
pakistan: 88%
marokko: 92%
irak: 92%
tunesien: 92%
indonesien 93%
afghanistan 94%

in einem solchen gesellschaftlichen umfeld hat die idee von frauenrechten häufig einen schweren stand.

quelle: "The World's Muslims"
https://www.pewforum.org/wp-content/uploads/sites/7/2013/04/worlds-muslims-religion-politics-society-full-report.pdf (https://www.pewforum.org/wp-content/uploads/sites/7/2013/04/worlds-muslims-religion-politics-society-full-report.pdf) (seite 93)


Quote
SlackLine

34 Jahre für Kritik - und bei uns schreien manche von Diktatur

Das wir es geschafft haben im Jahr 2022 noch immer abhängig zu sein von Energie aus Ländern wie Russland, Saudi Arabien, Irak und Libyen ist wohl wirklich nichts worauf die vergangenen Regierungen stolz sein können.


Quote
K52

....Asche auf unser Haupt!

...die Regierungen werden und wurden von uns gewählt und wir freuten uns über günstigen Sprit.


Quote
Krawuzzi Kapuzzi

Diese unglaubliche Angst dieser mutigen Männer vor den Frauen...


Quote
ElkeistdieGrößte

Es leben die Religion, in ihrem Sinne lässt es sich so wunderbar unterdrücken.


...

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on September 08, 2022, 11:02:57 AM
Quote[...] Teheran – Zwei lesbische Aktivistinnen sind im Iran zum Tod verurteilt worden. Die 24 und 31 Jahre alten Frauen wurden wegen "Korruption auf Erden" schuldig gesprochen, wie die iranische Justiz in einer Erklärung mitteilte. Dabei handelt es sich um die schwerwiegendste Anklage im Rechtssystem der Islamischen Republik, die meist bei Verstößen gegen die Scharia erhoben wird.

Die beiden Frauen sind derzeit in einem Frauengefängnis in Haft. Ihnen wird Aktivisten zufolge vorgeworfen, Homosexualität "befördert" zu haben. Homosexualität ist im Iran verboten. Das iranische Strafgesetzbuch stellt gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen von Männer und Frauen ausdrücklich unter Strafe.

"Es ist das erste Mal, dass eine Frau im Iran aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zum Tode verurteilt wurde", sagte Shadi Amin von der LGBTQ-Organisation "6Rang" der Nachrichtenagentur AFP.

... Die Urteile gegen die Aktivistinnen stellten "einen Dammbruch in der iranischen Rechtsprechung" dar. "Sollte die Todesstrafe an den Aktivistinnen tatsächlich vollzogen werden, muss das für unsere Beziehungen zu dem Unrechtsregime Konsequenzen haben", forderte Ernst-Dziedzic. (APA, red, 5.9.2022)


Aus: "Zwei lesbische Aktivistinnen im Iran zum Tod verurteilt" (5. September 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000138831763/zwei-lesbische-aktivistinnen-im-iran-zum-tode-verurteilt (https://www.derstandard.at/story/2000138831763/zwei-lesbische-aktivistinnen-im-iran-zum-tode-verurteilt)

Quote
isoxeicheini

Ein Scheissregime ist das. Die Mullahs sollen zur Hölle fahren.


Quote
wrtlprmft

Ich fänds besser, wenn sie zur Vernunft kämen. ...


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on September 18, 2022, 11:48:37 AM
Quote[...] Unter dem Missfallen von Regierung und Behörden ist am Samstag in Belgrad die Europride-Parade gefeiert worden. An die 1000 Teilnehmer demonstrierten bei teils strömendem Regen für die Rechte der LGBTIQ*-Community.

Die Polizei schuf für die Parade einen abgesicherten Korridor entlang der Marschroute. Rechtsextreme und ultra-klerikale Gegendemonstranten, die in der Unterzahl waren, hielt sie auf diese Weise auf Distanz.

Nach der Parade kam es zu Übergriffen auf Teilnehmende. So wurde eine Gruppe von Aktivist*innen aus Albanien von Rechtsextremen überfallen. Zwei aus der Gruppe mussten mit ihren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Auch Tagesspiegel-Redakteurin Nadine Lange wurde auf dem Rückweg von der Demonstration mit einer Freundin niedergeschlagen. ,,Wir hatten Glück, wir haben nur kleinere Verletzungen - aber es ist sehr verstörend", sagte Lange am Sonntagmorgen. ,,Wir können wieder wegfahren, aber die Leute in Belgrad können das nicht. Das ist sehr traurig."

Sie sei sich der Gefährlichkeit der Situation sehr bewusst gewesen, berichtete Lange. Sie und ihre Freundin hätten extra keinen queere Regenbogensymbole getragen. Die Polizei habe sie auf dem Rückweg aber in eine dunkle, ungeschützte Seitenstraße geleitet, wo sie überfallen wurden.

... Ursprünglich hätte die Regenbogen-Parade durch die halbe Innenstadt ziehen sollen. Doch das Innenministerium wich von der Praxis der vergangenen Jahre ab und untersagte die Veranstaltung. Das serbische Verwaltungsgericht wies am Samstag eine Beschwerde der Veranstalter gegen den Innenministeriums-Bescheid ab.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Teilnehmern im Vorfeld mit einer potenziell ,,illegalen Demonstration" mit drakonischen Geldstrafen gedroht. Die Veranstalter verständigten indes das Innenministerium über eine deutlich verkürzte Streckenführung. Die Behörde reagierte bis zum Beginn der Parade nicht darauf.

Pride-Paraden fanden in Belgrad seit 2014 ohne Zwischenfälle statt. In diesem Jahr hatte Belgrad als erste Stadt in Südosteuropa die Austragung einer Europride zuerkannt bekommen. Mehrere Europaabgeordnete und europäische Politiker nahmen daran teil.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hatte Ende August die Absage oder Verschiebung der Pride in Aussicht gestellt. Der rechte Nationalist orientiert sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stärker an Russland als zuvor.

In diesem Sinne sucht er auch die Nähe zur ultra-konservativen und pro-russischen serbisch-orthodoxen Kirche. Rechtsextremisten und klerikale Kreise veranstalteten in den letzten Wochen in Belgrad sogenannte Prozessionen gegen die Pride.

Die englische Abkürzung LGBTIQ* steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen. Das Sternchen ist Platzhalter für weitere Identitäten und Geschlechter. (mit dpa)


Aus: "Update ,,Es ist sehr verstörend": Attacken auf Teilnehmende bei Europride-Parade in Belgrad"  Tilmann Warnecke (17.09.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/trotz-widerstand-der-behorden-europride-parade-marschiert-in-belgrad-8654599.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/trotz-widerstand-der-behorden-europride-parade-marschiert-in-belgrad-8654599.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on September 21, 2022, 08:01:48 PM
"ZDF-Doku über Zwangsprostitution: Legalisiert, aber nicht frei" Elena Wolf (19. 9.2022)
Die ZDF-Doku ,,Billigware Sex – Ausgebeutet für 30 Euro" verfolgt die Spur des Geldes aus der Zwangsprostitution. Sie offenbart eine düstere Parallelwelt.
... Bei ihren Recherchen stoßen die Filmemacher auf nigerianische Menschenhandel-Netzwerke, Hawala-Finanzsysteme, in denen Geld gewaschen und quer über den Globus transferiert wird und Psychoterror – ein real gewordener Fiebertraum, in dem Men­schen­händ­le­r:in­nen und ominöse Geheimbünde das Sagen haben, die die Schlupflöcher der deutschen Prostitutions-Gesetzgebung so gut kennen wie Cum-Ex-Beteiligte das Netzwerk aus Banken, Investoren und Juristen. ...
https://taz.de/ZDF-Doku-ueber-Zwangsprostitution/!5879474/ (https://taz.de/ZDF-Doku-ueber-Zwangsprostitution/!5879474/)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on September 22, 2022, 11:24:44 AM
Quote[...]  Der gewaltsame Tod der Kurdin Mahsa Amini in Teheran hat die Proteste der Frauen im Iran ausgelöst. Was sich dort nun abspielt, ist das Ergebnis feministischen Kampfes.

... Der weibliche Körper ist ein Thema, das im religiösen Diskurs ständig geleugnet, entfernt und bestraft wird, und genau deswegen ist der Körper und das Haar politisch.  ...


Aus: "Die körperliche Verweigerung" Pegah Ahmadi (30. September 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2022-09/iran-frauen-protest-mahsa-amini-kopftuch-10nach8 (https://www.zeit.de/kultur/2022-09/iran-frauen-protest-mahsa-amini-kopftuch-10nach8)

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Es gibt Frauen, die sterben, will sie lesen wollen. Es gibt eine lange Liste an Todesursachen für Frauen, weil sie banale Dinge taten von denen sich Männer bedroht fühlten. Von Stoff, von Wissen, von Lesen,....

Quote[...] Die Proteste nach dem Tod von Mahsa Amini haben sich auf 15 Städte im Iran ausgeweitet. Mindestens acht Menschen wurden getötet. Behörden sperrten offenbar das Internet.

Bei Protesten gegen die Sittenpolizei im Iran sind nach offiziellen Angaben mindestens vier weitere Menschen getötet worden. Laut iranischen Medien und einem örtlichen Staatsanwalt hat sich die Zahl der Getöteten damit auf acht erhöht. Unter den Toten sollen ein Polizist und ein Mitglied einer regierungsnahen Miliz sein.

Die kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw teilte mit, zehn Demonstranten seien von iranischen Sicherheitskräften getötet worden, drei davon am Mittwoch. Offizielle iranische Stellen bestreiten das. Ihren Angaben zufolge sollen bewaffnete Dissidenten die Demonstranten erschossen haben. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Bei den Protesten geht es um den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die am Freitag in einem Krankenhaus in Teheran gestorben ist. Sie ist von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden, weil ihr Kopftuch verrutscht war. Im Iran gelten strenge Verschleierungsregeln für Frauen.

Offiziellen Angaben zufolge soll sie einen Herzanfall erlitten haben. Kritikerinnen und Aktivisten werfen der Polizei hingegen vor, Aminis Kopf im Polizeiauto wiederholt gegen die Scheibe geschlagen zu haben, was zu einer Hirnblutung geführt haben soll.

Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli und die Polizei wiesen diese Darstellung zurück. Dennoch leiteten die Behörden Ermittlungen ein. Ajatollah Ali Chamenei hat der Familie Mahsa Aminis nach Angaben eines ranghohen Beraters diese Woche sein Beileid und seinen Schmerz über den Tod der jungen Frau ausgedrückt.

Darüber hinaus berichten Menschenrechtsgruppen und die Beobachtungsstelle für Internetsperren, NetBlocks, Behörden hätten das Internet im Iran wegen der Proteste weitgehend lahmgelegt. Vor allem mit Smartphones und anderen mobilen Geräten kämen viele Menschen nicht mehr ins Netz. NetBlocks meldete großflächige Ausfälle bei WhatsApp und Instagram. Facebook, Telegram, Twitter und YouTube sind im Iran bereits seit Längerem blockiert. Expertinnen befürchten, dass Polizei und Sicherheitskräfte nun die Demonstrationen niederschlagen könnten.



Aus: "Proteste im Iran: Mindestens acht Tote bei Demonstrationen gegen iranische Sittenpolizei" (22. September 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-09/iran-internet-mahsa-amini-proteste-tote (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-09/iran-internet-mahsa-amini-proteste-tote)

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Quote[...] Eine Gesellschaft wird über einen Stofffetzen, den die Islamische Republik für die Bekräftigung ihrer Identität braucht, in Geiselhaft gehalten. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Wut entlädt, die sich bei vielen Iranern und Iranerinnen in langen Jahren auf das repressive religiöse System angesammelt hat. Der Tod einer jungen Frau, deren Vergehen in den Augen des Staates es war, sich das Kopftuch nicht so aufzusetzen, wie es angeblich der Islam verlangt, ist in der Tat besonders schwer zu verkraften. Eine Gesellschaft wird über einen Stofffetzen, den die Islamische Republik für die Bekräftigung ihrer Identität braucht, in Geiselhaft gehalten. Außer den zwangsverhüllten Frauen ist ja nichts sichtbar Islamisches an ihr.

Die Proteste brachen zuerst in der kurdischen Stadt Saghez aus, woher die 22-jährige Mahsa Amina, Rufname "Jina", stammte. Aber sie griffen schnell auch auf Teheran, Isfahan, Täbriz und andere Städte über. Es ist festzuhalten, dass diese Demonstrationen sich wie fast immer auf jene urbanen Schichten beschränken, in denen das System längst die Hegemonie verloren oder nie besessen hat. Schon öfter in den vergangenen Jahrzehnten hat man angesichts solcher Bilder gedacht, dass die Islamische Republik nicht mehr lange bestehen wird. Mittlerweile ist sie 43 Jahre alt, ernsthaft in Gefahr war sie nie.

Das liegt auch gerade daran, dass zum staatlich verordneten Islam begrifflich die Revolution gehört, die es von außen und von innen zu verteidigen gilt. Die meisten Menschen können das Wort nicht mehr hören. Sie wollen nur halbwegs unbehelligt leben – und haben sich mit Verlogenheit und Korruption abgefunden.

Den Gucci-Handtaschen der Töchter hoher Mullahs und staatlicher Funktionäre stehen die dicken Autos der Söhne der Teheraner Oberschicht gegenüber, mit denen sie auf Aufriss fahren. Derzeit wird der Fall der Vizepräsidentin für Frauen und Familie, Ensieh Khazali, höhnisch kommentiert, die sich dem Kampf gegen VPNs (Virtual Private Networks) verschrieben hat und deren Sohn in Kanada – erraten! – ein VPN-Unternehmen gegründet hat. Es wäre alles so lächerlich, wenn nicht Menschen wie "Jina" sterben müssten, um eine Fassade aufrechtzuerhalten, hinter der vieles zusammengebrochen ist.

Dass bei Demonstrationen dem höchsten Vertreter des Regimes, Ali Khamenei, der Tod gewünscht wird, ist nichts Neues. Anders ist heute, dass die Übergangszeit – der kranke Ayatollah wird nicht mehr ewig leben – bereits begonnen hat. Viele erwarten, dass Khameneis Abgang institutionelle Veränderungen der Führung bringen wird. Eine kritische Zeit.

Auch wenn sich die systemtreuen Medien völlig hinter die Sittenpolizei stellen, zeigt der Anruf von Präsident Ebrahim Raisi bei der Familie Mahsa Aminis, dass man "oben" alarmiert ist. Die Regierung hatte ja selbst verkündet, dass sie Regelverstöße auf der Straße, die in manchen Stadtvierteln in den vergangenen Jahren fast schon normal geworden sind, schärfer verfolgen werde. Jetzt muss sie klarstellen, dass sie damit nicht freie Hand für Schläger und Sadisten unter der Polizei gemeint hat. Oder zumindest muss sie so tun.


Aus: "Proteste im Iran: Sterben für ein Stück Stoff" Kommentar - Gudrun Harrer (21.9.2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000139294271/proteste-im-iran-sterben-fuer-ein-stueck-stoff (https://www.derstandard.at/story/2000139294271/proteste-im-iran-sterben-fuer-ein-stueck-stoff)

https://www.derstandard.at/story/2000139272019/protestwellen-im-iran-nach-tod-von-mahsa-amini (https://www.derstandard.at/story/2000139272019/protestwellen-im-iran-nach-tod-von-mahsa-amini)

https://www.derstandard.at/story/2000139235157/iranerin-starb-in-polizeigewahrsam-tausende-demonstrierten-in-teheran (https://www.derstandard.at/story/2000139235157/iranerin-starb-in-polizeigewahrsam-tausende-demonstrierten-in-teheran)

QuoteJulian A

Nur ,,ein Stück Stoff"

So hätten die Verharmloser des Islam gerne, dass man die Verhüllung der Frauen sieht. Aber es ist so viel mehr. Von der Sexualisierung von Kindern mit dem Kopftuch (ab 9 Jahren oder erste Periode, da Haare auf Männer sexuell anziehend wirken sollen) oder dem völligen unsichtbar machen von Frauen durch den Niqab ist dieses ,,Stück Stoff" im religiösen Kontext durch und durch Frauenfeindlich, auch wenn es den Frauen in den entsprechenden Ländern und Communities und vor allem allen Außenstehenden gerne anders verkauft wird


Quotestarship

es ging niemals nur um "ein Stück Stoff". im gegenteil, die verschleierungsnorm - nur gesicht, hände & füße dürfen unbedeckt bleiben - ist teil einer umfassenden, frauenfeindlichen, religiös konnotierten ideologie zur sozialen kontrolle von frauen.
das märchen, das konzept der verschleierung bestünde nur aus "einem Stück Stoff", es sei ein ganz gewöhnliches kopftuch, das frauen eben aus freien stücken tragen würden, auf mondäne art wie Grace Kelly oder rural geprägt wie die berühmte "bäuerin auf dem land", war immer schon ein verlogenes narrativ aus jenem woken milieu, das fröhlich behauptete, der schleier sei ein zeichen von "empowerment" oder gar von feminismus.

es war und ist auch jenes scheinprogressive milieu, das liberale intellektuelle, wissenschaftler, autoren & frauenrechtlerinnen mit muslimischen wurzeln, die die ideologie hinter dem schleier standhaft kritisierten, regelmäßig als "islamophob" und als antimuslimische rassisten beflegelte.


QuoteAnton Szanya

Eine Religion, die den Menschen fast alles verbietet, was das Leben angenehm macht - zwangloser Umgang zwischen Männern und Frauen, Konsumation von Genussmitteln und noch anderes mehr - führt zwangsläufig zum Widerstand noch nicht verbogener Persönlichkeiten. Dazu kommt noch, dass die staatliche Bigotterie von den Bessergestellten nicht gelebt wird. Zudem sei noch angemerkt, dass der Prophet sich kaum an die Regeln gehalten hat, die in seinem Namen festgelegt werden. Auch das bleibt wachen Geistern nicht verborgen. Früher, wie zu hoffen ist, oder wenigstens später wird diese heuchlerische Theokratie fallen. Hoffentlich nicht mit Blutvergießen.


QuoteRandom Moon

... Mahsa ist nicht die erste Frau, die wegen einem Stück Stoff starb. Es gab viele vor ihr. Es gibt auch Frauen, die sterben, weil sie etwas lernen wollen. Es gibt Frauen, die sterben, will sie lesen wollen. Es gibt eine lange Liste an Todesursachen für Frauen, weil sie banale Dinge taten von denen sich Männer bedroht fühlten. Von Stoff, von Wissen, von Lesen,....

Ich wünsche den Protesten den maximalsten Erfolg. Ich wünsche Mahsa posthum Unsterblichkeit. Statuen möchte ich sehen von diesen Frauen. Nicht von Feldherren, Monarchen und Politikern. Nur diese Frauen. Denn in einer besseren Welt hätten sie ein Leben gehabt.


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Quote[...] Im Iran entlädt sich die angestaute Wut Hunderttausender Menschen auf den Straßen. Wie ein Lauffeuer breitet sich der Protest im ganzen Land nach dem Tod einer jungen Frau aus. Angst und Hoffnung liegen in der Luft, während die Staatsmacht eine Antwort vorbereitet.

In der Hauptstadt Teheran geht die Studentin Schabnam seit Tagen auf die Straße, weil sie Veränderung will. ,,Ich kann rumsitzen und alles bedauern, oder ich kann etwas dagegen tun", sagt die 25-Jährige in einem Telefoninterview. Der Tod der jungen Mahsa Ahmini im Polizeigewahrsam hatte bei ihr wie bei zahlreichen Menschen weltweit Entsetzen ausgelöst. Am Freitag vergangener Woche war die iranische Kurdin gestorben, nachdem sie wenige Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen ihres ,,unislamischen Kleidungsstils" festgenommen worden war.

,,Sie können nicht alle zusammenschlagen, verhaften oder töten", sagt Schabnam. Es mache ihr Mut, gemeinsam mit anderen Menschen auf die Straße zu gehen. In vielen Städten ist mit Anbruch der Dunkelheit, wenn die Menschen auf die Straßen strömen, immer wieder der Slogan zu hören: ,,Wir fürchten uns nicht, wir fürchten uns nicht. Wir sind alle zusammen" – eine Parole, die vor allem während der Demonstrationen nach der umstrittenen Präsidentenwahl 2009 populär geworden war.

Doch heute, 13 Jahre später, ist das Land anders. Dabei spielt nicht nur die Wirtschaftskrise eine Rolle, die selbst gebildete Uni-Absolventen zum Taxifahren zwingt und die Ersparnisse der Mittelschicht durch eine hohe Inflation schwinden lässt. Auch die junge Generation stellt sich mutig dem Staat entgegen und kritisiert das islamische System. Dabei geht es vielen gar nicht darum, die islamische Religion abzulehnen.

,,Wer im Islam würde ein junges Mädchen wegen eines Kopftuchs töten?", fragt Schabnams Vater, der in Teheran als Apotheker arbeitet. Anfangs war er wie seine Ehefrau noch besorgt, dass die Kinder demonstrieren gehen. Doch auch den religiösen Eltern, die während der islamischen Revolution 1979 am Sturz der Monarchie beteiligt waren, ist bewusst geworden, wie wütend viele Menschen sind. ,,Die Verzweiflung ist ein Grund, warum das Regime Angst haben sollte."

Viele Demonstranten fordern seit fast einer Woche den Sturz des gesamten islamischen Regimes im Iran und stattdessen ein säkulares System, in dem Staat und Religion getrennt sind, als Alternative. Schabnam und ihre Familie gehen jedoch nicht so weit. ,,Die Türkei ist ja auch islamisch, aber die Frauen dürfen zwischen Schleier und Minirock frei wählen", sagt Schabnam. Daher gehe es ihrer Einschätzung nach nicht allen Demonstranten um einen ,,politischen Umsturz, sondern um ein Ende unzeitgemäßer islamischer Kriterien, die der iranischen Gesellschaft in den letzten vier Jahrzehnten aufgedrängt wurden".

Die Regierung des erzkonservativen Präsidenten Ebrahim Raisi ist seit dem Tod der jungen Frau und der landesweiten Entrüstung in Erklärungsnot geraten. Kaum jemand glaubt der offiziellen Darstellung, die 22-Jährige sei wegen Herzversagen zusammengebrochen. Längst ist ihr Fall zu einem Symbol für die Unzufriedenheit vieler Iraner geworden. Unterstützung erhalten die Demonstranten auch von ungewöhnlicher Seite. Einst konservative Politiker fordern eine Kurskorrektur.

Die Proteste haben sich in den vergangenen vier Tagen zu einer offenen Herausforderung für die iranische Führung entwickelt. Frauen legten auf den Straßen ihre Kopftücher, die sie tragen müssen, ab. Wütende Demonstranten zündeten Mülltonnen an und forderten, das bestehende System zu stürzen. ,,Frauen, Leben, Freiheit", wurde gerufen oder auch ,,Tod dem Diktator!" – eine Anspielung auf den Religionsführer Ali Chamenei. Diese Form der offenen Systemkritik dürfte nicht unbeantwortet bleiben.

Regierung und Staatsmedien thematisieren die Proteste bisher kaum. Wenn überhaupt darüber berichtet wird, betiteln die Zeitungen den Protest als Einflussversuch ausländischer Mächte. Doch der Rhetorik der Ideologen, die aus einer Zeit des Widerstands in den 1970er Jahren stammt, glaubt heute kaum einer mehr. Auch deshalb scheint der Staat das Internet nahezu abgeschaltet zu haben, um jeglichen Versuch, Proteste zu organisieren, zu unterbinden.

Experten in Teheran bezweifeln, dass die Regierung jetzt Zugeständnisse macht. Der Kopftuchzwang sei nicht nur irgendein Gesetz, sondern gehöre zu den ideologischen Prinzipien der Islamischen Republik, erklärt ein Universitätsprofessor. Unterstützer des Systems befürchten einen Dominoeffekt, sollte der Staat den Frauen bei der Wahl ihrer Kleidung große Zugeständnisse machen.

Während nahezu alle sozialen Netzwerke gesperrt und das mobile Internet abgeschaltet sind, fürchten viele ein hartes Einschreiten der Sicherheitskräfte. Mindestens 17 Menschen wurden nach Angaben der Staatsmedien bislang getötet. Wie viele es wirklich sind, lässt sich kaum überprüfen. Weltweit solidarisierten sich iranische Prominente mit den Protesten. Doch die meisten können nur hilflos zuschauen.

Auch Schabnam hat keine Hoffnung auf Unterstützung von außen. Trotzdem hofft die Studentin auf Veränderung und politische Reformen. ,,Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um Angst zu haben", sagt sie.

dpa/dtj


Aus: ",,Frauen, Leben, Freiheit" – Irans neuer Systemkampf" (26.09.2022)
Quelle: https://dtj-online.de/frauen-leben-freiheit-irans-neuer-systemkampf/ (https://dtj-online.de/frauen-leben-freiheit-irans-neuer-systemkampf/)

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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on October 13, 2022, 12:57:57 PM
Quote[...] Eigentlich mag ich Männer. Jemand mit meiner Reputation und meinen Themenschwerpunkten muss das offenbar regelmäßig klarstellen, weil ich andernfalls als Männerhasser gelte. Das liegt hauptsächlich daran, dass ein Großteil meiner Arbeit darin besteht, meinen Geschlechtsgenossen mehr oder weniger detailreich und überspitzt zu erklären, worin wir versagen. Was wir schlecht machen. Wieso wir bestimmte Zusammenhänge einfach nicht begreifen können oder wollen. Warum wir uns weigern, für unsere eigene Emanzipation Verantwortung zu übernehmen.

Manchmal, und nicht nur manchmal, verzweifle ich dabei an der Renitenz und der Ignoranz von Männern. Dann würde ich dieses ganze Themenfeld am liebsten hinschmeißen und den Rest meines Lebens damit verbringen, tatsächlich die Verachtung für Männer zu entwickeln, die mir so oft unterstellt wird. Die ich mit gutem Recht hegen könnte, weil die Dinge so sind, wie sie nun einmal sind. In diesen Momenten frage ich mich, wieso wir uns eigentlich nicht in Grund und Boden schämen. Ist es uns nicht peinlich, als Populationsgruppe die überwältigende Mehrzahl der Schwerverbrecher zu bilden?

Vor uns werden Frauen und marginalisierte Gruppen gewarnt. Von uns geht Gefahr aus. Wir führen Kriege. Wir verschleiern Frauen. Wir stellen ihnen nach, beuten sie aus, schlagen und vergewaltigen sie. Wir machen Dinge kaputt. Wir zerstören Menschen. Jeden Tag hätten wir spätestens zu den Abendnachrichten allen Grund, mit der Faust auf den Tisch zu hauen und laut aufzuschreien, dass es so mit uns wirklich nicht weitergehen kann. Aber jeden Tag passiert zu den Abendnachrichten genau gar nichts. Irgendwo auf der Welt schränken Männer sexuelle Selbstbestimmungsrechte ein? Tja, kann passieren. Irgendwo anders werden Schwule verfolgt und massakriert? Haben wir ja nichts mit zu tun.

Männer der katholischen Kirche begehen über Jahrzehnte grausame Sexualstraftaten mehrheitlich an Jungen? Schon schlimm so was, weiter geht's. Nichts, absolut nichts scheint in der Lage zu sein, diesen "Läuft bei uns"-Bro-Code zu durchbrechen. Egal wie widerlich, menschenverachtend und gewalttätig es seit hunderten Jahren zur Sache geht. So unerträglich ist das Ganze, dass man sich am liebsten nur noch auf Publikumsbeschimpfungen verlegen will: Was ist mit euch?! Wieso seid ihr solche Arschlöcher und findet das auch noch geil? Warum seid ihr eine Schande für alle, die euch jemals geliebt und sich die Mühe gemacht haben, euch zu anständigen Menschen zu erziehen?

Aber erstens wäre es ziemlich selbstgefällig und verlogen, mich da einfach auszunehmen. Und zweitens funktioniert es nicht. Glauben Sie mir, ich habe es versucht. Und ich werde es wohl auch immer wieder tun, weil ich immer wieder in Versuchung gerate. Männer haben nachvollziehbarerweise kein Interesse daran, sich beschimpfen zu lassen. Sie wachen davon nicht auf, sie lassen sich davon nicht beeindrucken und sehen dadurch auch ganz sicher nicht die Notwendigkeit ein, ihr Verhalten zu ändern. Schade, das mit dem Beschimpfen kann ich so gut. Ist auch sehr ressourcensparend und wenig aufwendig.

Heteronormative Männlichkeit in Grund und Boden zu schreiben und in Brand zu stecken ist einfach. Ich tue das ziemlich häufig, ich weiß, wovon ich rede. Perspektiven entwickeln, freundlich bleiben, Einladungen aussprechen – das wiederum sind die Dinge, die hier und da nachhaltig jemanden bewegen und verändern können und genau darum unheimlich schwer zu machen sind. Denn die Alternativen dazu gibt es ja auch noch.

All die Anleitungen dafür, mit Macht und etwas mehr Charme als früher wieder zum üblichen Arschlochtum zurückzukehren, damit Mann endlich wieder das bekommt, was ihm vorgeblich zusteht. Diese eingebaute Patriarchatssicherung, die Männern vermittelt, dass sie sich bloß nicht zu sehr mit ihrem Innenleben beschäftigen sollen, ja nicht zweifeln, revidieren oder gar Verunsicherung zulassen und sich korrigieren dürfen, macht die Sache auch nicht einfacher. Deshalb nicht ganz und gar dem Zynismus zu verfallen ist Schwerstarbeit (falls Sie wissen sollten, wie das geht, geben Sie mir gerne Bescheid).

Nur baut man mit Zynismus keine neue Welt, die wir alle so dringend gebrauchen könnten. Eine Welt mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Männern, die einander den Rücken stärken, anstatt ihn sich gegenseitig zu brechen. Die Frauen als gleichwertig betrachten statt als Ressource und Objekt. Die sich und andere endlich wichtig nehmen, anstatt alle mit ihrer unsäglichen, an Minderwertigkeitskomplexe geketteten Überheblichkeit zu strafen. Keine Ahnung, ob das gelingen kann. Aber es klingt zu gut, um es nicht zumindest zu versuchen.


Aus: "Arbeit am besseren Mann" Nils Pickert (10.10.2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000139766553/arbeit-am-besseren-mann (https://www.derstandard.at/story/2000139766553/arbeit-am-besseren-mann)

QuotePeter Ustinovs Petronius

Ach, Nils ...............


Quoteautonomy4free

Meine Mama hat in solchen Zusammenhängen immer gesagt: Rede du für dich! Ich rede für mich.
So halte ich es auch, denn es ist gefährlich und rückschrittlich, Gruppenidentität über individuelle Identität zu stellen. Ich fühle mich in Pickerts »Wir« nicht mitgemeint.


Quotejohn tender

Fantastischer Kommentar. Danke für den Mut, Herr Pickert.

Auch wenn es bei der Zielgruppe die es benötigen würde wohl nicht ankommen wird.


Quoteechtschlecht

Der pickert sollte dringend sein Umfeld wechseln. Bei mir im bekanntenkreis wird niemand verschleiert, geschlagen oder gar kriege angezettelt.


QuoteLeo78

Ich weiß schon, dass derartige Texte eben auch provozieren sollen. Aber irgendwie sträubt sich in mir bei derartigen Verallgemeinerungen doch so einiges. Kein Mann, der bei Sinnen ist, ist stolz auf Artgenossen wie Putin oder Trump. Aber es ist eben auch nicht jeder heterosexuelle Weiße ein Gewalt liebender und unsensibler Rüpel.
An einer neuen Welt zu bauen, ist unumstritten wichtig. Ob diese Zeilen hier ein solches Vorhaben unterstützen? Ich weiß es nicht!


QuoteF.....

Schön geschrieben hat er das, der Nils. Besser wäre es aber, wenn er es den Herren im Iran (als aktuelles Beispiel) so geben würde.


QuoteDaniel Grohotolski

Sie meinen, in Österreich sind schon alle Männer zärtlich, freundlich, gewaltfrei und gütig?


Quoteich bin's nicht

Ich will ja gar nicht wissen wie groß die Aufregung gewesen wäre, hätte man in dem pauschalisierenden Artikel nicht über Männer sondern Flüchtlinge gesprochen. Im einen Fall ist es ultraböse und rassistisch, im anderen Fall wirds akzeptiert. Ok


QuoteDaniel Grohotolski

Warum sollte man das tun? Das würde vollkommen die Bedeutung und Intention des Gesagten verändern.


Quoteich bin's nicht

Das soll verdeutlichen wie scheinheilig und abscheulich ich diesen Artikel finde.
Wer so über andere redet und urteilt, der sollte sich selbst erst einmal hinterfragen.


Quotegonzo3334

Ich würde gern Artikel downvoten können.


QuoteDaniel Grohotolski

Warum denn das? Wünschen Sie sich keine Welt mit Welt mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Männern?


QuoteMuTANTEN*MuONKELN

Die Mütter haben größeren Einfluss auf ihre Söhne als die Väter. Man sieht es vor allem patriarchalischen Ländern, dass die Mütter die Fäden ziehen.


QuoteTrue colours

^Wir verschleiern Frauen.^
Welche ^wir^ wären das?


QuoteLaterali

Geht doch nix über Pauschalisierungen...


Quotesubmoa

ich frag mich nur, welchen Fehler Frauen immer machen, wenn sie sich einen der Typen eintreten, die das Gegenteil ist.


QuoteWesenseinheit

Die heutigen Männer sind das Ergebnis jahrhundertausende langer weiblicher Selektion.


QuoteHeartland2017

Wie wäre es mit einer Welt mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Frauen?
Meine Mutter war nichts davon.


QuoteRaoul Wallenberg

Wie wäre es mit einer Welt mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Männern?
Wie wäre es, wenn Frauen Beziehungen nur mehr mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Männern eingingen anstatt mit patriarchalisch sozialisierten Machos mit coolen Sprüchen und durchtrainierten Oberarmen?


QuoteMarinelli

Wie wäre es, wenn Väter ihren Töchtern genauso begegnen? Wenn Väter ihren Kindern genauso ein Verhalten gegenüber den Müttern vorleben? Frauen, die bereits als Kinder erlebt haben, dass die erste männliche Bezugsperson jemand ist, dessen Liebe, Zeit und Aufmerksamkeit etwas ganz Besonderes ist, um das sie ständig kämpfen müssen und das nicht selbstverständlich ist, werden in der Mehrzahl genauso an Beziehungen herangehen. Töchter und Söhne, die erlebt haben, dass ein respektloser Umgang gegenüber den Müttern und die gratis Auslagerung aller anstrengenden Familientätigkeiten an die Mutter, ok ist, werden auch das so weiterleben in der Mehrzahl.


QuoteBeneBengt

Es liegt in der eigenen Verantwortung den richtigen Partner zu finden. Jeder Mensch der sich gewalttätig oder sonst ungut verhält ist natürlich selber daran schuld, aber niemand zwingt jemanden so einen Menschen zu heiraten und Kinder mit ihm in die Welt zu setzen. Wenn ich mir einen Arsch als Partner suche muss ich damit leben oder ihn verlassen.


QuoteRobert der Neue

Warum schreibt der Autor nicht einmal über die 20 % der Männer die Gewalt von Seiten der Partnerin erfahren oder dass die häusliche Gewalt bei Lesbenbeziehungen am größten ist. ...


QuoteDouchebag

Weils Whataboutism ist?


QuoteCaspian Griffiths

Der Mann ist heute so domestiziert wie noch nie in der Geschichte. Noch die Generation meines Großvaters hat andere Menschen im Krieg getötet. Heute bestellen viele Chai Latte im Pappbecher.


QuoteKommenteur

Bin ich mehr Mann, wenn ich einen großen Schwarzen im Feldgeschirr trinke?


QuoteDer Baccalaureus

Warum stehen dann soviele Frauen auf Badboys?


QuoteGibt's net,kenn i net

Weil die Erziehung großteils noch immer Frauensache ist und Frauen anscheinend seit Jahrtausenden unfähig sind nette Männer und emanzipierte Frauen groß zuziehen. ;-)


Quote
derechte

Dieser Artikel ist sehr sexistisch. Man stelle sich vor, jemand würde so verallgemeinernd über Frauen schreiben. Oder über "die Chinesen". So ein Artikel ist das Gegenteil von woke.


Quotevēlāmen-arsūrum-est

- Von uns wurde die Welt aufgebaut.
- Wir haben das Rad erfunden, das Piano, und Pennizilin.
- Wir haben Tampons erfunden.
- Wir haben Abermillionen Menschenleben gerettet.
- Wir haben die Sklaverei beendet.

...


Quotebuntstift

Ich hauche euch zärtlich, freundlich, gewaltfrei und gütig ins Ohr: ihr spinnts mittlerweile komplett.



Quoteantata

Könnte man vielleicht bitte endlich einmal damit aufhören menschliche Individuen pauschal und stupide generalisierend anhand der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, einer Ethnie, einer Religion, einem Herkunftsland etc. zu beurteilen? Das ist nämlich sowohl logisch als auch faktisch einfach Schwachsinn.


QuoteQuo vadis, Austria?

> Von uns geht Gefahr aus. Wir führen Kriege. Wir verschleiern Frauen. Wir stellen ihnen nach, beuten sie aus, schlagen und vergewaltigen sie.

Interessant, dass hier suggeriert wird, dass das Mann-Sein der Grund für dieses Verhalten ist. Wieso nicht die Religion, die Kultur, die Tradition, das staatliche System? Ist Mann-Sein wirklich die erklärende Variable? ...



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Quote[...] Innsbruck – In Tirol thematisiert eine Aktion für Kunst im öffentlichen Raum unter dem Titel #EtwasLaeuftFalsch mit einer landesweiten Plakatkampagne das Thema Gewalt gegen Frauen. Doch nicht alle der fünf Sujets, die von der Wiener Autorin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel, Aldo Giannotti und Kateřina Šedá stammen, werden von den beauftragten Unternehmen affichiert, berichtete die "Tiroler Tageszeitung" ("TT") am Donnerstag. Eines sei etwa "zu explizit". Sargnagel zeigte sich irritiert.

Auf einem Plakat von Giannotti ist ein gezeichneter Penis zu sehen mit der Frage "Rechtfertigt das deine Gewalt?". Laut den Initiatorinnen und Initiatoren werde das Nicht-Plakatieren mit dem Schutz von Kindern argumentiert. Dafür zeigte Sargnagel laut "TT" wenig Verständnis, weil dann müsste man ja derartige Motive auch aus Kinderbüchern verbannen.

Auch ihre eigenen Werke, auf denen "Im Märchen tötet der Prinz den Drachen. In Tirol seine Ex." und "Alle töten ihre Frauen, niemand tötet seinen Chef." zu lesen ist, werden verweigert. Ersteres wegen "Diskriminierung von Tirolern" und Letzteres wegen "Gewaltaufrufen gegen Chefs", schrieb sie auf ihrem Instagram-Kanal. Der Verkehrsverbund Tirol (VVT) zeigt beispielsweise nur zwei Plakate in den Öffis, alle fünf sind nur im Kundencenter zu sehen.

Dass die Motive irritieren und polarisieren, sei auch beabsichtigt, erklärte Initiatorin Veronika Burtscher. Kunst soll hier eine Diskussion über die steigende Zahl an Frauenmorden und strukturelle Gewalt anstoßen. Die Arbeiten sind in Zusammenarbeit mit der Plattform Lungomare Bozen und dem Frauenzentrum Osttirol, Mannsbilder Tirol und Frauen gegen VerGEWALTigung entstanden und wurden gemeinsam ausgewählt. (APA, 13.10.2022)


Aus: ""zu explizit" - Diskussion um Kunst-Plakataktion gegen Gewalt an Frauen in Tirol" (13. Oktober 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000139934350/diskussion-um-kunst-plakataktion-gegen-gewalt-an-frauen-in-tirol (https://www.derstandard.at/story/2000139934350/diskussion-um-kunst-plakataktion-gegen-gewalt-an-frauen-in-tirol)

Quote2good2btru

Gott bewahr uns davor, dass Kinder einen Cartoon-Penis sehen. Und Gottes Stellvertreter auf Erden, die ÖVP.


Quotewannabeme wannabeme

Na Hauptsache Mann regt sich über die Sujets mehr auf, als über das Thema. Österreich wie es leibt und lebt.


Quotewolf_vienna

Geniale Sujets

Schade, dass da wieder einige Männlein dagegen vorgehen.
Die Wahrheit ist leider vielen nicht zumutbar.


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Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on October 20, 2022, 12:52:39 PM
"The Invention of Female Sexuality in West Germany and in Italy in the Long Seventies. An Essay on Media and Value Change in Europe" Fiammetta Balestracci (2022)
Historical research generally considers the Seventies as a turning point in European history. The hypothesis that a value change took place during that decade arose out of research by the American political scientist Ronald Inglehart. Based on the results of a European Values Survey conducted in six European states (France, West Germany, Belgium, the Netherlands, Italy, and Britain), Inglehart claimed that Western industrialized countries were undergoing a silent revolution founded on an unprecedented value change that was moving the societies and especially the younger generations towards post-materialist and individualistic attitudes . This theory has been very thoroughly discussed by a number of scientists in an international debate lasting almost fifty years . In the late Nineties, debate in the European Union regarding the European constitution and its values helped to revive the debate, and national historiographies frequently imply parallels and connections between the present and the past of the Seventies . In the same decade the national transformation of Germany with its process of institutional unification also awaked interest in this debate. It was no accident that this transformational theory became prevalent, especially among the German academic community. Historians and sociologists confronted each other, challenging the validity of a theory that had caught the attention of so many social and political actors during the Seventies, serving not only as a key for interpretation, but also actively influencing the historical development of Western society. ...
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Epoche(n): 1945-1989
Region(en): Deutschland, Italien
Thema: Frauen-, Männer- und Geschlechtergeschichte
https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-29029?title=the-invention-of-female-sexuality-in-west-germany-and-in-italy-in-the-long-seventies-an-essay-on-media-and-value-change-in-europe (https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-29029?title=the-invention-of-female-sexuality-in-west-germany-and-in-italy-in-the-long-seventies-an-essay-on-media-and-value-change-in-europe)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on November 14, 2022, 09:57:52 AM
Quote[...] Sie haben kein Recht auf Bildung, dürfen öffentliche Parks nicht betreten und sind dazu gezwungen, Burka zu tragen. Nun schränken die Taliban die Rechte von Frauen in Afghanistan noch weiter ein: Selbst nach Geschlecht getrennte Bäder und Sporteinrichtungen sind ab sofort verboten.

Nach einem kürzlich erlassenen Zugangsverbot zu öffentlichen Parks und Vergnügungsparks haben die Taliban Frauen nun auch den Besuch von Fitnessstudios, Sporthallen sowie den traditionellen Dampfbädern untersagt. Die Sporteinrichtungen seien ab sofort für Frauen verboten, "weil viele männliche Trainer hatten und in einigen Studios Frauen und Männer gleichzeitig zugelassen waren", sagte der Sprecher des Ministeriums für den Schutz vor Laster und die Förderung der Tugend, Mohammed Akif Sadek Mohadschir.

Ihm zufolge sind Hamams - die traditionellen öffentlichen Badehäuser, die seit jeher nach Geschlechtern getrennt sind - nun ebenfalls für Frauen tabu. Frauen bräuchten sie nicht, da jede Wohnung inzwischen über Badezimmer verfüge.

Öffentliche Parks und Vergnügungsparks in der Hauptstadt Kabul sind verboten, weil die bestehenden Regeln des nach Geschlecht getrennten Zugangs "an vielen Orten" gebrochen worden seien, sagte Mohammed Akif Sadek Mohadschir. "Es gab Vermengung, Schleier wurden nicht beachtet, deswegen wurde diese Entscheidung fürs Erste getroffen", erläuterte er.

Das erlassene Verbot wurde sowohl von den Frauen als auch von Parkbetreibern mit Bestürzung entgegengenommen. "Es gibt keine Schulen, keine Arbeit", sagte eine Mutter in einem Park, "wir sollten zumindest einen Ort haben, um Spaß zu haben". Sie seien "gelangweilt" und hätten genug davon, "den ganzen Tag zu Hause zu sein".

Seit ihrer Rückkehr an die Macht im August 2021 hatten die radikalislamischen Taliban bereits begonnen, die Rechte von Frauen massiv zu beschneiden. So ist Mädchen fast im ganzen Land der Besuch weiterführender Schulen untersagt. Das Reisen ohne männliche Begleitung ist Frauen und Mädchen verboten. Außerhalb der eigenen Wohnung müssen sie Hidschabs, die traditionellen Kopftücher, oder gar Burkas tragen.

Quelle: ntv.de, can/AFP


Aus: "Fitnessstudio und Hamam für Frauen in Afghanistan tabu" (13.11.2022)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Fitnessstudio-und-Hamam-fuer-Frauen-in-Afghanistan-tabu-article23715182.html (https://www.n-tv.de/panorama/Fitnessstudio-und-Hamam-fuer-Frauen-in-Afghanistan-tabu-article23715182.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on November 25, 2022, 10:09:15 AM
Quote[...] Die Berliner Polizei hat bislang knapp 14.000 Fälle (Stand 31. Oktober) häuslicher Gewalt erfasst. Davon betroffen waren nach Angaben eines Sprechers rund 14.670 Opfer, der überwiegende Teil davon waren Frauen (71,9 Prozent). Dies entspricht in etwa dem Bild in den Jahren 2020 und 2021, als der Anteil der weiblichen Opfer 71,5 (von insgesamt 16.327 Fälle) beziehungsweise 71 Prozent (15.630 Fälle) ausmachte. In einem Großteil der Fälle hatten die Opfer eine Partnerschaft mit dem Täter.

"UN-Bericht zu häuslicher Gewalt: Fünf Frauen pro Stunde in 2021 getötet" (23.11.2022)
Etwa 56 Prozent der Morde an Frauen und Mädchen seien 2021 von Partnern oder Familienmitgliedern verübt worden. Die Dunkelziffer könnte noch höher sein.
https://www.tagesspiegel.de/un-bericht-zu-hauslicher-gewalt-funf-frauen-pro-stunde-in-2021-getotet-8912749.html (https://www.tagesspiegel.de/un-bericht-zu-hauslicher-gewalt-funf-frauen-pro-stunde-in-2021-getotet-8912749.html)

"Gewalt gegen Frauen: Nennt es nicht ,,Beziehungsdrama"!" Ein Kommentar von Christina Fleischmann (24.11.2022)
Mehr als 115.000 Frauen erfuhren im vergangenen Jahr Gewalt von ihrem Partner. Das ist ein strukturelles Problem - doch echtes Bewusstsein dafür fehlt. ... Dass es nicht in Ordnung ist, psychische oder körperliche Gewalt gegen Mädchen und Frauen und überhaupt andere Menschen auszuüben, muss eine Selbstverständlichkeit sein. Sie muss schon Kindern von klein auf mitgegeben werden, Mädchen wie Jungen gleichermaßen. Nicht als Wissen, das man lernt, sondern als Haltung, die man annimmt. ...
https://www.tagesspiegel.de/meinung/es-sind-keine-beziehungsdramen-gewalt-gegen-frauen-ist-ein-grosses-problem-doch-echtes-bewusstsein-dafur-fehlt-8918767.html (https://www.tagesspiegel.de/meinung/es-sind-keine-beziehungsdramen-gewalt-gegen-frauen-ist-ein-grosses-problem-doch-echtes-bewusstsein-dafur-fehlt-8918767.html)

In Brandenburg war die häusliche Gewalt nach Angaben des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz mit gut 5000 erfassten Straftaten im vergangenen Jahr ebenfalls nach wie vor hoch. Die Polizei gehe zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, weil Taten nicht angezeigt würden. Betroffen sind auch hier meistens Frauen, wie es hieß.

Brandenburgs Frauenministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) forderte anlässlich des Internationalen Aktionstags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November mehr Sensibilität im Umgang mit Opfern von Gewalt.

,,Wir müssen die Warnzeichen für Gewaltbetroffenheit ernst nehmen und einen Tabubruch bewirken. Schuldig müssen sich allein die Täter fühlen", betonte die Politikerin am Mittwoch laut einer Mitteilung. Strafverfolgung und Justiz müssten noch sensibler werden und auch Verfahren verkürzen, sagte Nonnemacher. Der ,,Leidensweg vieler Frauen ist ohnehin oft lang, vor allem wenn Kinder involviert sind."

Zurzeit stehen in Brandenburg 295 Plätze in 24 Schutzeinrichtungen für Frauen und ihre Kinder zur Verfügung. Laut Istanbul-Konvention wären 625 Plätze erforderlich. Der notwendige Ausbau des Frauenhilfesystems hat nach Angaben des Ministeriums begonnen. Ab 2025 sollen 60 zusätzliche Bettenplätze (cicra 20 Familienzimmer) zur Verfügung stehen.

Nach Angaben von Terres des Femmes wird jede vierte Frau im Lauf ihres Lebens Betroffene von häuslicher Gewalt. ,,Die steigenden Zahlen der Partnerschaftsgewalt und Femizide müssen endlich ernst genommen werden. Häusliche Gewalt ist keine Privatsache", forderte Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin der Frauenrechtsorganisation.

Der Duden beschreibt einen Femizid als ,,tödliche Gewalt gegen Frauen oder eine Frau aufgrund des Geschlechts". Verwendet wird der Begriff etwa für von Hass und Verachtung getriebene Morde von Männern an Frauen.

Um betroffene Frauen und Kinder vor weiteren Übergriffen zu schützen, müsste etwa Tätern das Sorge- oder Umgangsrecht entzogen werden. Zudem fehlten – vor allem im ländlichen Raum – Frauenhäuser. Mit einer Fahnen-Aktion am Brandenburger Tor will Terre des Femmes in Berlin am Freitag die Forderungen unterstreichen. Nach Angaben von Frauen- und Gleichstellungssenatorin Ulrike Gote (Grüne) wird in Berlin derzeit an einem Landesaktionsplan gearbeitet für einen besseren Schutz der Frauen.

Bundesweit registrierten die Behörden 2021 laut einer aktuellen Statistik 143.016 Fälle, in denen ein aktueller oder ehemaliger Partner Gewalt ausübte oder dies versuchte. Im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 war dies ein Rückgang um 2,5 Prozent. Wie aus den Daten hervorgeht, die das Bundeskriminalamt am Donnerstag veröffentlicht hat, waren in den genannten Fällen insgesamt 143 604 Opfer involviert – ein Rückgang der Opferzahl um drei Prozent im Vorjahresvergleich. Der Statistik zufolge waren 80,3 Prozent der von Partnerschaftsgewalt Betroffenen Frauen.

Die Vereinten Nationen haben den 25. November im Jahr 1999 zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt. Die Initiative entstand in Reaktion auf einen schweren Fall von Gewalt an Frauen in der Dominikanischen Republik. In Deutschland wird seit dem 25. November 2001 in vielen Kommunen ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen gesetzt.

Auch am Familienministerium und im Innenhof des Brandenburger Landtags sollen am Freitag erneut die Flaggen hierzu gehisst werden. Die Istanbul-Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. (dpa/Tsp)


Aus: "Hohe Dunkelziffer vermutet: Polizei zählt bislang rund 14.000 Fälle häuslicher Gewalt in Berlin" (24.11.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/hohe-dunkelziffer-vermutet-polizei-zahlt-bislang-rund-14000-falle-hauslicher-gewalt-in-berlin-8919802.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/hohe-dunkelziffer-vermutet-polizei-zahlt-bislang-rund-14000-falle-hauslicher-gewalt-in-berlin-8919802.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on January 31, 2023, 12:49:40 PM
Quote[...] Istanbul – Zübeyde Tiras, Nesibe Alas, Gülcan Atar, Gisela Uysal – das sind die Namen einiger der Frauen, die 2022 in der Türkei von ihren Partnern ermordet wurden. Das Land hat eine der höchsten Zahlen an Femiziden in der Welt – mehr als 4000 Frauen wurden in den letzten 15 Jahren von ihren Partnern ermordet, davon im vorigen Jahr allein schon über 300. Feministinnen kämpfen seit Jahren für den gesetzlichen Schutz von Frauen in der Türkei. Doch 2021 dekretierte Präsident Recep Tayyip Erdogan, dass sein Land die Istanbuler Konvention aufgibt, die diesen Schutz bietet.

Begonnen hatte das ganz anders: 2011 twitterte Erdogan: ,,Gewalt gegen Frauen ist jetzt eine Verletzung der Menschenrechte. Die Istanbul-Konvention wurde heute unter der Führung der Türkei vorbereitet." Zehn Jahre später erklärte Erdogan den Rückzug der Türkei aus der Konvention damit, dass sie ,,die türkische Familienstruktur zerstört" und ,,eine rechtliche Grundlage für Homosexualität schafft".

Tausende von Anwältinnen klagten sogleich gegen Erdogans Rückzieher, denn laut türkischer Verfassung ist der Staatschef nicht befugt, internationale Verträge ohne Zustimmung des Parlaments einfach aufzukündigen. Ankaras Justiz jedoch wies 2022 alle Klagen ab. Unter den Klägerinnen war auch Hülya Gülbahar. Die 62-jährige Rechtsanwältin aus Istanbul setzt sich praktisch schon ihr ganzes Arbeitsleben für Frauenrechte ein, mehr als 30 Jahre. Sie hat für verschiedene Organisationen gearbeitet, die Gewalt gegen Frauen zu unterbinden versuchen, und kämpft auch weiter für die Emanzipation.

Ihre Wut und Enttäuschung über die Reaktion kann sie aber nicht verhehlen: ,,Gewalt gegen Frauen und Femizide haben nach dem Austritt aus der Konvention noch mehr zugenommen." Der Täter eines besonders brutalen Femizids jüngerer Vergangenheit dankte sogar Erdogan für den Austritt. ,,Seitdem werden auch LGBTQ-Menschen mehr unterdrückt und in allen Städten wurden staatlich geförderte Hasskundgebungen organisiert, im staatlichen TV wird zur Teilnahme daran aufgerufen."

Gülbahar bemerkt aber auch, dass Erdogans Aktion Kreise über die türkische Nation hinaus zieht: So würden nun insbesondere LGBTQs und Feministinnen unter den in die Türkei Geflüchteten häufiger und viel schneller abgeschoben. ,,Mit der Istanbul-Konvention hatten sie Sicherheit. Jetzt haben sie auch das nicht mehr. Sie werden in Länder wie Iran abgeschoben, in denen sie zur Todesstrafe verurteilt werden können."

In der parlamentarischen Opposition scheinen die Verteidiger:innen der Konvention nun Alliierte gefunden zu haben. Der Vorsitzende von ,,Deva", Ali Babacan, sagte jüngst bei der Ankündigung eines ,,Frauenaktionsplans", dass man der Istanbul-Konvention im Fall des Sieges bei der Türkei-Wahl 2023 wieder beitreten werde. ,,Es wird einer der ersten Unterschriften unserer Amtseinführungszeremonie sein, wir werden gleich am ersten Tag zu dieser Konvention zurückkehren." Mit ihrer Unzufriedenheit sind die Frauen offenbar nicht alleine, Umfragen zur Wahl lassen Präsident Erdogan zittern [https://www.fr.de/politik/tuerkei-wahl-2023-recep-tayyip-erdogan-akp-umfrage-news-92057386.html (https://www.fr.de/politik/tuerkei-wahl-2023-recep-tayyip-erdogan-akp-umfrage-news-92057386.html)].

Gülbahar hört diese Worte, aber sie sieht, dass wenig daraus erwächst. Gerade die konservative Partei ,,Saadet" sei betont zurückhaltend. Und sie ist nicht die Einzige. Die Anwältin bemängelt die Passivität der Oppositionspartner und dass ,,die Istanbul-Konvention in keinem gemeinsamen Text ausdrücklich erwähnt" wird. Viele der Spitzenoppositionellen wie Kemal Kiliçdaroglu und Meral Aksener würden ,,in ihren persönlichen Erklärungen sagen, dass sie wieder der Konvention beitreten" – aber in keinem Parteitext findet sich das wieder. Das am Montag von sechs Oppositionsparteien vorgestellte Wahlprogramm erwähnt die Konvention auch nicht.

Gülbahar hält das für fatal. Sende Erdogans Austritt doch ein Signal an die ganze Welt, dass die türkische Regierung, unter deren Dach doch der Europarat die Konvention formuliert hatte, das Prinzip der Gleichheit der Geschlechter aufgegeben hat und eine LGBTQ-Menschen diskriminierende Politik umsetzen wird. Die feministische Anwältin sieht allerdings in der Ermächtigung Erdogans, über das Parlament hinweg zu entscheiden, den möglichen Anfang einer gefährlichen Entwicklung: ,,Der Austritt der Türkei aus der vom Europarat ausgearbeiteten Istanbul Konvention war ein großer Schritt hin zum Ausstieg aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und sogar dem Europarat selbst."


Aus: ",,Femizide haben nach dem Austritt aus der Konvention zugenommen" - Erdogans fatales Signal" Yağmur Ekim Çay (31.01.2023)
Quelle: https://www.fr.de/politik/tuerkei-austritt-istanbul-konvention-erdogans-fatales-signal-frauen-femizide-gewalt-wahl-rechte-92058085.html (https://www.fr.de/politik/tuerkei-austritt-istanbul-konvention-erdogans-fatales-signal-frauen-femizide-gewalt-wahl-rechte-92058085.html)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on February 02, 2023, 03:06:25 PM
Femme Fatale: Blick – Macht – Gender
Die Femme fatale ist ein Mythos, eine Projektion, eine Konstruktion. Sie steht für ein bildlich fest codiertes weibliches Stereotyp: Die sinnlich-erotische und begehrenswerte Frau, deren vermeintlich dämonisches Wesen sich darin offenbart, dass sie Männer so in ihren Bann zieht, dass diese ihr verfallen – mit oftmals fatalem Ausgang. ...  Das ,klassische' Bild der Femme fatale speist sich vor allem aus biblischen und mythologischen Frauenfiguren wie Judith, Salome, Medusa oder den Sirenen, die in Kunst und Literatur zwischen 1860 und 1920 als verhängnisvolle Frauen vielfältig rezipiert wurden. Die mit diesen Erzählungen einhergehende Dämonisierung weiblicher Sexualität ist prägend für die Femme fatale-Figur. Um 1900 wurde das Femme fatale-Bild oftmals auch auf reale Personen, häufig Schauspieler*innen, Tänzer*innen oder Künstler*innen wie Sarah Bernhardt, Alma Mahler oder Anita Berber projiziert. Auffallend ist die Gleichzeitigkeit von wichtigen Errungenschaften der Frauenemanzipation und dem verstärkten Auftreten dieses männlich geprägten Frauenbildes. Als ein Gegenbild, das Aspekte der Femme fatale-Figur spielerisch aufgreift, wird daher für die Ausstellung auch die in den 1920er-Jahren aufkommende Neue Frau wichtig. Eine entscheidende Zäsur wurde ab den 1960er-Jahren von feministischen Künstler*innen gesetzt, die den Mythos um die Femme fatale – und damit auch die entsprechenden Blickweisen und Bildtraditionen – dekonstruierten. Aktuelle künstlerische Positionen wiederum verhandeln Spuren und Anverwandlungen des Bildes oder etablieren explizite Gegenerzählungen – häufig mit Bezug auf die #MeToo-Bewegung, Fragen nach Genderidentitäten, weiblicher Körperlichkeit und Sexualität sowie in Auseinandersetzung mit dem male gaze. ... (09. Dez 2022 bis 10. April 2023)
https://www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/femme-fatale (https://www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/femme-fatale)

Narration und Schwerkraft 50 - Femme Fatale (Januar 2023) --- by Narration und Schwerkraft
https://www.mixcloud.com/TheRevolver/narration-und-schwerkraft-50-femme-fatale-januar-2023/

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 15, 2023, 11:21:10 AM
Quote[...] Sie hat sich erfolgreich für das Oben-ohne-Baden in Berliner Schwimmhallen eingesetzt: Die Aktivistin Lotte Mies wird dafür auch angefeindet.

,,Manche wünschen mir, dass ich vergewaltigt werde", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Dennoch plane sie, sich weiter für die Rechte von Frauen einzusetzen. ,,Wenn es wärmer wird, wollen wir Aktionen wie etwa Picknicks und Wanderausflüge oben ohne starten", sagte die 33-Jährige, die sich in der Initiative ,,Gleiche Brust für alle" engagiert.

Lotte Mies hatte im Dezember in einem Hallenbad in Berlin-Kaulsdorf versucht, nur mit Badehose bekleidet zu schwimmen. Das wurde ihr vom Personal verwehrt. Sie legte Beschwerde bei der Berliner Ombudsstelle für das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) ein.

Inzwischen haben die Bäderbetriebe klargestellt, dass das Oben-ohne-Baden für Frauen nicht mehr zum Problem werden sollte. Grundsätzlich verboten war es ohnehin nicht. Die Badeordnung sei aber im Zweifel so ausgelegt worden, dass ,,handelsübliche Badebekleidung" bedeckte weibliche Brüste bedeute.

Ein weiterer Fall in Berlin hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: Wegen ihres nackten Oberkörpers wurde Gabrielle Lebreton im Sommer 2021 eines Wasserspielplatzes im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick verwiesen. Aus Sicht der Ombudsstelle stellte dies eine Diskriminierung dar. Auf ihre Empfehlung ergänzte der Wasserspielplatz seine Nutzungsordnung.

Eine Klage gegen das Land Berlin auf finanzielle Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz blieb jedoch erfolglos. Das Landgericht Berlin sah dafür im September 2022 keine Grundlage. Laut Klägeranwältin Leonie Thum wurde Berufung gegen das Urteil eingelegt. (dpa)


Aus: ",,Manche wünschen mir, dass ich vergewaltigt werde": Berliner Oben-ohne-Aktivistin Lotte Mies erhält Drohungen" (15.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/manche-wunschen-mir-dass-ich-vergewaltigt-werde-berliner-oben-ohne-aktivistin-lotte-mies-erhalt-drohungen-9502886.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/manche-wunschen-mir-dass-ich-vergewaltigt-werde-berliner-oben-ohne-aktivistin-lotte-mies-erhalt-drohungen-9502886.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 15, 2023, 11:34:56 AM
Quote[...] Es gibt fast nichts, was mir nicht schon von Männern an den Kopf geworfen wurde, weil ich sie abgewiesen habe. ,,Schlampe", ,,Hure", ,,fette Lesbe", nichts davon verletzte mich.

Aber eine Aussage ist mir im Gedächtnis geblieben. Nach einem Date bin ich mit zu Malte (Name geändert) nach Hause gegangen. Es war spät, die letzte Bahn war weg, also war ich gestrandet. Irgendwann legten wir uns ins Bett und ich wollte schlafen. Stattdessen begann ein Spiel, das ich leider zu gut kannte. Immer wieder kuschelte er sich von hinten an mich ran, streichelte mich, berührte meine Brüste. Immer wieder rückte ich von ihm weg, legte seine Hände von mir und stellte mich schlafend. Dann wurde es mir zu doll und ich sagte deutlich, dass er es lassen sollte. Malte war verdutzt und sagte: ,,Ich wusste gar nicht, dass du so prüde bist", und dieser Satz traf. So sehr, dass ich heute, etwa zehn Jahre später, immer noch darüber nachdenke.

Wenn ich von dieser Geschichte erzähle, fühle ich mich nämlich immer, als müsste ich mich rechtfertigen. Nicht so sehr, dass ich Nein gesagt habe. Ich habe das Gefühl, erst einmal betonen zu müssen, dass ich wirklich gar nicht prüde bin. Als wäre das das Schlimmste, was ich als linke Feministin sein könnte.

Als ich in den Nullerjahren in der westdeutschen Provinz aufwuchs, hatte ich durchaus feministische Ansichten, doch ich wollte mich auf keinen Fall als Feministin bezeichnen. Das war ein negativ besetztes Wort, es war gleichbedeutend mit ,,unrasierter und ungebumster Männerhasserin". Während ich aber in meiner Kleinstadt vor mich hin pubertierte, machten sowohl ich also auch der Feminismus im Mainstream einen Imagewandel durch. Er wurde sexy.

Was ich dann aus Frauenzeitschriften und Diskursen mitbekam, war: Es ist zwar okay, Sex zu haben, aber als sexuelle Frau wahrgenommen zu werden, ist rebellisch. Ich erinnere mich, wie ich Reruns von ,,Sex and the City" schaute und mitbekam, wie das, was dort gezeigt wurde, als bahnbrechend gefeiert wurde. Ich erinnere mich an eine Sendung auf ProSieben mit Lady Bitch Ray, in der sie im Korsett durch eine Mall läuft, und ein Kamerateam migrantische Jugendliche einfängt und fragt, was sie davon halten. Spoiler Alert: Nichts. Ich erinnerte mich an mein Umfeld, wo es die berühmten ,,Dorfmatratzen" und die ersten Revenge Pornos gab. Wo ,,Schlampe" eine heftige Beleidigung war, die die Reputation zerstören konnte.

Als ich mit 19 mein heimatliches Nest verließ, wurden mir zwei Sachen klar: Ich war Feministin. Und Sex zu haben, mich auszuleben, und mich wie eine ,,Schlampe" zu benehmen, ist feministisch. Ich befand mich also auf den Pfaden des Sexpositivismus und fühlte mich zunächst ziemlich erwachsen und cool dabei. Ich ging mit einer betont abgeklärten Attitüde an die Sache heran. Been there, done that. Die Grenzen meiner Freundinnen belächelte ich eher. In meiner Vorstellung entwickelte ich mich zu einer Mischung von Samantha Jones von ,,Sex and the City" und Simone de Beauvoir. Doch es fühlte sich oftmals nicht richtig an. Meine angeblich lässige Haltung gegenüber Sex war eigentlich extrem gestresst. Es war nicht befriedigend, sondern eine Performance. Der Titel: ,,Guck mal, wie die migrantische Feministin krassen Sex hat. Ist sie nicht rebellisch?" Ich hatte das Gefühl, ich musste mich beweisen.

Im Buch ,,Süß" von Ann-Kristin Tlusty wird dieses Phänomen beschrieben. Im Kapitel über die ,,süße Frau" steht: ,,Doch Positivitätskultur erschafft Druck: Genau wie kommerzialisierte Bodypositivität Frauen abverlangt, ihren Körper nun gefälligst lieben zu sollen, fordert Sexpositivität sie geradezu kategorisch dazu auf, sich in sexuelle Abenteuer zu stürzen." Und an anderer Stelle: ,,Von einer Möglichkeit ist Sexpositivität bei Frauen nahezu zu einer Pflicht geworden."

Erschwerend kam bei mir hinzu, dass ich unbedingt ein ,,Cool Girl" sein wollte. Im Roman ,,Gone Girl" gibt es hierzu die beste Beschreibung: ,,Wenn ich die Coole bin, dann bin ich eine begehrenswerte, geistreiche, witzige Frau, die Videospiele spielt, billiges Bier trinkt, flotte Dreier und Analsex mag ..." Es ist kein Zufall, dass neben den Hobbys zwei Arten von Sex aufgezählt werden, die Männer gerne einmal von ihren Partnerinnen erbeten. Die ,,Coole" ist dabei eben nicht so wie die anderen Weiber, die sich zieren. Sie beschwert sich nicht, sie macht alles mit, sie ist wie eine von den Jungs, außer dass Mann mit ihr schlafen will. Und für diese Eindimensionalität wird sie geliebt.

In der Hinsicht hatte ich mich selbst verarscht. Die Feministin, die ich eigentlich sein wollte, ist zu einer Frau geworden, die ihre zur Schau gestellte angebliche Laissez-faire-Einstellung zu Sex nutzt, um sich von anderen Frauen abzuheben und um Männern zu gefallen. Ich nutzte meine Sexualität, um mir selbst eine coole, aufgeklärte, feministische und rebellische Aura zu geben, um mich dann von Männern führen zu lassen, ohne Rücksicht auf Verluste.

Ich musste mir erst von einem unterdurchschnittlichen Alman vorwerfen lassen, prüde zu sein, weil ich eine Grenze gezogen habe, um langsam umzudenken. Um zu erkennen, dass ich viel zu lange Sex für Männer gehabt habe und nicht für mich.

Ich wünschte, ich könnte jetzt einfach sagen, ich hätte ein Weg aus diesem Druck und diesem toxischen Gefilde gefunden, das die weibliche Sexualität umgibt. Denn eine wirkliche Alternative wird mir derzeit nicht vorgelebt. Ich versuche daher, einen autonomen Weg zur Sexualität zu finden, jenseits der Binärität von vanilla und kinky. Fernab von Narrativen und Rollenvorstellungen will ich herausfinden, was übrig bleibt von meiner Sexualität, meinen Wünschen und meinen Grenzen.

Das endgültige Ziel wird von unserem Lord and Savior formuliert – Nico Seyfried von KIZ: ,,Haben Sex wie wir wolln. Und nicht wie die Kirche oder Pornos es uns erzählen." Am liebsten wäre mir, wenn sich eine Art ,,Sexneutralität" etablieren würde, wobei Sex auf das reduziert wird, was es ist: Geschlechtsverkehr. Inwieweit das auf individueller Ebene machbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich werde meine eigene Sexualität wiederfinden.


Aus: "Das coole Girl hat Sex" Laila Oudray (15. 3. 2023)
Quelle: https://taz.de/Plaedoyer-fuer-Sexneutralitaet/!5918759/ (https://taz.de/Plaedoyer-fuer-Sexneutralitaet/!5918759/)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on April 14, 2023, 10:58:28 AM
Quote[...] Wie schockierend und provozierend Mary Quant mit der erotischen Signalwirkung des Minirocks war, den die Sittenhüter für unzüchtig hielten, kann man sich an der Entwicklung der Mode im 20. Jahrhundert vor Augen führen. Bein zeigen durften bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts nur Männer; schon beim Anblick des weiblichen Knöchels geriet man in Erregung. Die Geschichte der weiblichen Mode kann man an der progressiven Enthüllung des weiblichen Beins beschreiben; sie gipfelte im Mikromini, unter dem das Höschen hervorlugte. Der erotische Fokus verschob sich vom Busen auf den ursprünglich männlichen Blickfang, Po und Beine. Die Mode der Frauen überwand das weibliche Gebot des Verhüllens und wagte sich vor zum männlich provozierenden Vorzeigen:  Der Minirock, der in extremis das Bein bis zum Po zeigt, war der Höhepunkt dieser Aneignung männlicher Angabe in der erotischen Geste des Zeigens.   

...


Aus: "Beinfreiheit ist eine Revolution" Barbara Vinken (14. April 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/zeit-magazin/mode-design/2023-04/mary-quant-modedesignerin-minirock-tod/komplettansicht (https://www.zeit.de/zeit-magazin/mode-design/2023-04/mary-quant-modedesignerin-minirock-tod/komplettansicht)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on April 20, 2023, 11:27:38 AM
Quote[...] Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis hat das bereits seit 2022 für Grundschulen geltende umstrittene Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität auf alle Altersstufen ausgeweitet.

Wie der ,,Spiegel" [https://www.spiegel.de/panorama/florida-verbietet-auf-vorschlag-von-ron-desantis-unterricht-ueber-geschlechtsidentitaet-a-4e6fbcd1-e574-4c47-90cb-ccb931f0524a (https://www.spiegel.de/panorama/florida-verbietet-auf-vorschlag-von-ron-desantis-unterricht-ueber-geschlechtsidentitaet-a-4e6fbcd1-e574-4c47-90cb-ccb931f0524a)] berichtet hat der Bildungsrat des US-Bundesstaates heute einem entsprechenden Vorschlag des Gouverneurs zugestimmt. Unter Berufung auf einen Sprecher des Bildungsministeriums prognostiziert der Bericht eine Umsetzung der Gesetzeserweiterung innerhalb des nächsten Monats.

DeSantis hatte im vergangenen Jahr durchgesetzt, dass an Grundschulen Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verboten ist.

Lehrerinnen und Lehrer, die künftig gegen das Gesetz verstoßen, können in Florida womöglich ein Berufsverbot erhalten. Ausnahmen gelten nur für Lehrinhalte, die Bestandteil des Unterrichts über reproduktive Gesundheit sind, den die Schüler nicht verpflichtend machen müssen.

Bereits der Vorstoß erntete Kritik sowohl aus Washington als auch von LGBTQ-Aktivisten. ,,Lassen wir uns nicht täuschen. Das ist ein Teil einer beunruhigenden und gefährlichen Tendenz, die wir im ganzen Land beobachten", erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Die Organisation Equality Florida erklärte ihrerseits: ,,Das war das Ziel von Anfang an: eine allgemeine Zensur und das Verbot von Büchern." DeSantis wolle mit seinem Vorstoß gegen die LGBTQ-Gemeinde ,,seine Präsidentschaftsambitionen füttern".

Der Gouverneur gilt als möglicher Bewerber für die Präsidentschaftswahl 2024. Sollte er seinen Hut in den Ring werfen, müsste er beim Vorentscheid der Republikaner gegen Ex-Präsident Donald Trump antreten.

DeSantis gilt derzeit als der potenziell gefährlichste Rivale Trumps. Er führt in Florida einen scharf rechten Kurs und wurde im vergangenen Herbst mit einem Erdrutschsieg zum Gouverneur wiedergewählt. (AFP)


Aus: "Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung: DeSantis weitet ,,Don't say gay"-Vorschrift auf alle Schulen aus" (23.03.2023, Update: 20.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html)

Quotemcgyver
23.03.23 12:35
Genau genommen heißt die Regel "Parental Rights in Education". Sie betont, wie der Name bereits sagt, das Recht der Eltern bei der Aufklärung ihrer Kinder und will deren Beeinflussung durch Queer Theory und Critical Race Theory in der Schule unterbinden.


Quotederverwalter
24.03.23 10:15
@mcgyver am 23.03.23 12:35
Klarer gesagt:
Sie will objektive Wissensvermittlung und soziale Kompetenz unterbinden.

Es geht hier nicht um Erziehung oder sexuelle Aufklärung, sondern um Vermittlung von Faktenwissen.


Quotesql
23.03.23 13:25
In die Schule gehört die Information über Fortpflanzung des Menschen, Verhütung, männlich/weiblich und meinetwegen die Besonderheit, dass es Intersexualität/Zwitter gibt. Dieses ist wichtig und Kenntnisse hierüber sind definitiv für das Kindeswohl relevant. Durch dieses Wissen können ungewollte Schwangerschaften und religiöse Bauernfängereien vorgebeugt werden.

Den Rest bringen sich die Schüler dann ohnehin selber bei.
Und auch, wenn es den Woke-Jüngern gegen den Strich geht: für die weitergehende (Sexual-)Erziehung der Kinder sind immer noch die Eltern verantwortlich und auch zuständig. Und das Kindeswohl ist definitiv nicht gefährdet, nur weil die Kleinen beispielsweise nicht schon mit sieben Jahren erfahren, dass es Männer gibt, die sich als Frau fühlen. Also hat das auch nichts im schulischen Lehrplan zu suchen.


QuoteSchrat86
23.03.23 14:25
@sql am 23.03.23 13:25
Das ist eine kuriose Verdrehung, denn es sind die Konservativen die argumentieren, es sei schädlich für das Kindswohl, wenn sie schon in jungen Jahren über Geschlechtervielfalt und sexuelle Orientierungen aufgeklärt würden. Ich kann ihnen aus der Elternpraxis versichern: Kinder werden nicht schwul oder Transgender, wenn man ihnen erklärt, dass es auch sowas gibt.


Quotesql
23.03.23 15:08
@Schrat86 am 23.03.23 14:25

    Ich kann ihnen aus der Elternpraxis versichern: Kinder werden nicht schwul oder Transgender, wenn man ihnen erklärt, dass es auch sowas gibt.

Das glaube ich Ihnen und bin davon auch überzeugt. Dennoch ist es die Entscheidung der Eltern, welche Art der Aufklärung über das notwendige Maß (ich nenne das mal "klassische Aufklärung") hinaus ihren Kindern beigebracht wird.
Das Kindswohl ist gefährdet, wenn sie nichts über Fortpflanzung und Verhütung lernen. Das Kindswohl ist aber nicht gefährdet, wenn sie in jungen Jahren nichts über Queer lernen. Damit haben hierüber die Eltern zu entscheiden und nicht der Staat.


QuoteStefLake
23.03.23 19:11

@sql am 23.03.23 15:08
Das Kindswohl betroffener Kinder kann sehr wohl gefährdet sein, wenn sie in Elternhäusern aufwachsen, die solche quarkigen Gesetze gut finden und keinerlei Aufklärung an anderer Stelle erhalten. Nicht umsonst ist die Selbstmordrate unter homo- und transsexuellen Kindern und Jugendlichen in der Regel wesentlich höher als bei heterosexuellen cis-Jugendlichen. Das hat sicherlich viele Faktoren, aber altersgerechte Aufklärung darüber, dass solche Kinder und Jugendlichen 'nicht allein sind' kann sowohl diesen selbst helfen als auch die Toleranz ihrer Mitschüler erhöhen und damit Mobbing und ähnlichem zumindest ein wenig entgegenwirken.
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ein relevanter Anteil an Eltern, die sowas hier unterstützen, ihre Kinder dann stattdessen zuhause entsprechend aufklären werden?


Quotederverwalter
24.03.23 10:13

@sql am 23.03.23 15:08

    Das Kindswohl ist aber nicht gefährdet, wenn sie in jungen Jahren nichts über Queer lernen.

Selbstverständlich ist das Kindeswohl dann gefährdet, sie lernen dann nämlich gegebenenfalls, dass Queer unnormal, abartig, pervers oder sonstwie zu verurteilen ist und werden sich ihrer queeren Umgebung gegenüber dann auch entsprechend verhalten.

Es ist zu befürchten, dass die Erzkonservativen in den USA auch genau das wollen.

Wissensvermittlung über queere Daseinsformen des Menschen ist keine Sexualerziehung, sondern zielt auf gesellschaftliche und soziale Kompetenz ab.


Quotesql
24.03.23 13:05

@derverwalter am 24.03.23 10:13

    Selbstverständlich ist das Kindeswohl dann gefährdet, sie lernen dann nämlich gegebenenfalls, dass Queer unnormal, abartig, pervers

Ah ja. Wenn man also den Eltern die Sexualerziehung überlässt, dann ist also (gegebenenfalls) das Kindeswohl gefährdet, weil die Eltern ihren Kindern Schlechtes lehren.
Dass gilt dann natürlich logischerweise für alles andere auch. Kinder laufen also Gefahr zu Nazis zu werden, zu Vergewaltigern zu werden, Schwarze zu hassen, Weiße zu hassen usw.
Wenn man Ihrer Logik folgt, dann müssen also Kinder vor ihren eigenen Eltern geschützt werden.
Ich weiß ja nicht, ob Sie selber Kinder haben, aber unabhängig davon sollten Sie den Eltern durchaus zutrauen, dass sie wissen, was für ihre eigenen Kinder das Beste ist. Jedenfalls wissen sie es meistens besser, als irgendwelche Personen in missionarischer Mission.


Quotechangnoi
02.04.23 16:22

@sql am 23.03.23 13:25

    nur weil die Kleinen beispielsweise nicht schon mit sieben Jahren erfahren, dass es Männer gibt, die sich als Frau fühlen. Also hat das auch nichts im schulischen Lehrplan zu suchen.

dann vergeht sich der pfarrer, der tennislehrer and dem kl. jungen oder dem maedchen, und der/die weiss oberhaupt nicht was mit ihr geschieht.
was glauben sie was mit (fast) allen kindern in den 50ern und 60er jahren geschehen ist. gerade auf dem kirchlich gepraegten, verklemmten land.
fuerchterlich!


QuoteDr.CharlesBronson
19.04.23 22:03

@changnoi am 02.04.23 16:22
So ein Unsinn. Man kann seine Kinder sehr wohl schützen und für Gefahren sensibilisieren, ohne sich eine Genderideolohie zu eigen zu machen. Was für eine beschränkte Vorstellung von Ihnen.

Offensichtlich ist DeSantis bei den Einwohnern Floridas mit seiner Politik beliebt, anders lässt sich ein Erdrutschsieg nicht erklären.


QuoteForThePeople
19.04.23 21:13

Ich bin kein Unterstützer des Genderns und halte die ganze Debatte um "Geschlechtsidentitäten" für vollkommen überzogen, aber DAS geht entschieden zu weit. Man kann und sollte keine Sprechverbote erteilen über Dinge, die da sind. Was kommt als Nächstes ? Das Problem wird sich so nicht lösen lassen. Was für eine Farce.


QuoteMcSchreck
19.04.23 21:09

Während ich das Verbot für Grundschulen nachvollziehbar - wenn nicht sogar richtig - finde, ist es für ältere Schüler absolut nicht nachvollziehbar.


Quotegregthecrack
19.04.23 21:03

Auch die Rechten können verbieten, nicht nur die Linken.

Als Liberaler sage ich: Freiheit!


Quotechangnoi
02.04.23 16:17

der gesamte planet wird reaktionaerer.
eine schleichende katastrophe :-(((


QuotePeterHaber
23.03.23 17:41

Erschreckend, aber was will man in einem Land erwarten in dem ein nicht unerheblicher Teil (Tendenz angeblich steigend) die Evolutionstheorie Charles Darwins ablehnt und stattdessen das Creative Design als die wissenschaftliche Wahrheit betrachtet.
God's own country halt.


QuoteWaedliman
23.03.23 14:17

Die USA sind ein komplexes Land, das sich in Metropolen und Flächengebieten aufteilt, die wiederum mal liberaler sind, so wie der Nordosten, oder verstockt konservativ wie der gesamte Süden. Hier spielt Frömmelei ebenso eine Rolle wie mangelhafte Bildung und selbst die, die über Jahrhunderte unterdrückt wurden, scheuen sich nicht, wie neulich in Tennessee, lautstark gegen Drag Queens zu demonstrieren. DeSantis ist mir schon länger ein Dorn im Auge und ich befürchte, dass er als möglicher nächster Präsident, den Keil des Hasses noch tiefer durch das Land treiben wird.


Quotebigal
23.03.23 11:54
Man sollte den woken Wahnsinn nicht mit einer neuen (diesmal konservativen) "cancel-culture" kontern, sondern mit Aufklärung. So dreht sich das Pendel nur wieder von links-liberalem Wahnsinn zu rechts-konservativem Wahnsinn (mit DeSantis oder Trump).

Meanwhile überholt in Deutschland die AFD vollkommen ausser Kontrolle geratene, ideologisch verbohrte, selbstverliebte Grüne. Und bei solch einer Politik kann man das, so sehr es weh tut, auch irgendwo nachvollziehen.


QuoteA.Wegner
23.03.23 11:23

    Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.

Da - die im Prinzip wünschenswerte - sachliche (d. h. nicht ideologieimprägnierte) Informierung der Kinder nur schwer realisierbar ist, könnte in der Tat die gänzliche Herausnahme dieses Unterrichts aus dem Lehrplan die beste Lösung sein. So ist sichergestellt, daß weder Indoktrinierung von Links noch von rechts stattfindet. Es ist Aufgabe der Eltern, ihre Kinder 'aufzuklären'.


QuoteSchrat86
23.03.23 13:13
@A.Wegner am 23.03.23 11:23

Das ist das Argument der Konservativen in den USA und eigentlich auch das Argument sämtlicher verschwörungsideologischer Schulpflichtverweigerer hüben wie drüben. Der Staat könne quasi nur ideologisch geprägten Unterricht anbieten und deshalb seien die Eltern geeigneter ihre Kinder zu unterrichten.
Mit Blick auf die allgemeine Bildungsarmut und ideologische Spaltung in den USA, kann man da nur die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Worauf es hinauslaufen würde, wäre dass Kinder noch mehr im soziokulturellen Eigensaft der Eltern und ihrer politischen oder religiösen Blase kochen und aus ihnen eine nächste Generation von Amerikanern wird, die sich fest in einem Lager verorten und dem anderen gegenüber wenig gesprächsbereit sind.


QuotePonyHuetchen
23.03.23 11:13

Unterricht mit dem Inhalt, dass der Typ zu Hause mit dem Bart auch die Mami sein kann, wird nun mal weiterhin umstritten bleiben.


QuoteGeBrau
23.03.23 11:36
@PonyHuetchen am 23.03.23 11:13

    dass der Typ zu Hause mit dem Bart auch die Mami sein kann

solche dümmlichen Bemerkungen kommen halt dabei heraus, wenn man in der Schule nichts von nichtheterosexuellen Menschen und Respekt mitbekommen hat.


QuotePat7
23.03.23 10:58

Die Talibanisierung der Rep Staaten schreitet voran.
Meine Eltern klären mich bereits in den 70 Zeigern in der DDR kindgerecht darüber auf, dass es mehr als nur verschieden geschlechtliche Paare gibt.
Trotzdem bin ich weder homosexuell noch bi. Sondern hetero.
Und geschadet hat es mir auch nicht, im Gegenteil es hat meine Toleranz gefördert.


QuoteSchrat86
23.03.23 11:10

@Pat7 am 23.03.23 10:58

Die Talibanisierung der Rep Staaten schreitet voran.

Ich hätte es eher als eine regionale Entwicklung weiter Landesteile zu einem evangelikalen Gottesstaat bezeichnet, aber diese andere Art der Hufeisentheorie ist nicht ganz abwegig.
Bestimmte Strömungen konstituieren sich eben dadurch, Minderheiten einzuschränken und Macht über sie auszuüben.


QuoteMax1992
23.03.23 10:28

Komisch, den Leuten, die rechts ticken, wird es nie langweilig immer auf irgendwelche Minderheiten drauf zu hauen. Das scheint in die DNA solcher Leute eingeschrieben zu sein. Mein Opa hatte recht, Doofheit kombiniert mit Boshaftigkeit plus übersteigertem Selbstbewusstsein, stirbt nie aus. ...


QuoteCaliGuy
23.03.23 10:48

@Max1992 am 23.03.23 10:28
Leute, die links ticken, wird nie langweilig, zu behaupten man müsse den Reichen wegnehmen, damit es allen besser geht. Doofheit kombiniert mit Boshaftigkeit....


Quotederverwalter
23.03.23 10:53

@CaliGuy am 23.03.23 10:48
Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Es geht hier um die Diskriminierung von Minderheiten.


Quotegregthecrack
19.04.23 21:19

@derverwalter am 23.03.23 10:53
Ahhh die Reichen sind ja die Mehrheit! Wait...


QuotePat7
23.03.23 11:01

@CaliGuy am 23.03.23 10:48
Was ist daran falsch? Um die Aufgaben der Zukunft lösen zu können, müssen sich eben auch die Reichen beteiligen. Doch die drücken sich vor Steuerzahlungen mit allerlei halblegalen und illegalen Methoden.

Ganz abgesehen davon, dass Ihr Vorredner absolut recht hat. Im Übrigen sind sich die Ansichten der extrem Rechten wie DeSantis und der Taliban nicht zufällig sehr ähnlich.


QuoteApfelansager
23.03.23 10:26

    Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.

Die Sexualorientierung ist auch nichts, was den Staat angeht. De Santis liegt vollkommen richtig.


QuoteCaliGuy
23.03.23 10:51
@Apfelansager am 23.03.23 10:26

Und der Klapperstorch bringt die Kinder...


QuoteAlso_ick_wees_nich
23.03.23 11:11

@CaliGuy am 23.03.23 10:51

   Und der Klapperstorch bringt die Kinder.....oder was erklärt man den Schülern?

Im Artikel steht kein Wort darüber, dass DeSantis den Sexualkundeunterricht verbieten will, sondern:
Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.
Da bliebe also ausreichend Raum für "Klapperstörche" und auch für diese Sache mit den Bienen und den Blüten.

Kein Grund zur Panik also!


QuoteSchrat86
23.03.23 11:15

... Sie missverstehen die wahren Motive von Republikanern wie DeSantis. Die republikanische Partei hat sich vor einigen Jahrzehnten mit den erzkonservativen christlichen Kirchen der USA verbündet und diese Glaubensgemeinschaften sehen in weltlicher Schulbildung zu Themen wie Geschlechtsidentitäten, Evolutionstheorie, etc., eine Gefahr für ihren Anspruch auf Deutungshoheit und Wertebildungshoheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die evangelikalen Kirchen machen Wahlkampf für die Republikaner, die sich dafür wiederum bei denen bedanken, in dem sie weltliche Schulbildung einschränken, wo sie können.


QuoteZweites_Ich
24.03.23 15:14
@CaliGuy am 23.03.23 10:56

    Auf Gendersprache und Grün folgt zwangsläufig eine ultrarechte Regierung.

Könnten Sie dies näher erläutern, was speziell Sie darunter verstehen.


QuoteCaliGuy
24.03.23 15:45

... Machen Sie sich mit der Ausbreitung von Political Correctnes im amerikanischen Hochschulwesen seit Anfang der 90er Jahre vertraut. Machen Sie sich mit der Umbenennung öffentlicher Gebäude in demokratischen Staaten vertraut. Machen Sie sich mit der Durchsetzung von LGBT-Rechten vertraut. Wenn Sie all das zusammen nehmen, verstehen Sie, warum die Amerikaner 2016 Donald Trump gewählt haben.
Europa hängt wie immer etwas hinterher, aber die Ausbreitung PC gerne verbrämt mit Klimapolitik oder feministischer Außenpolitik oder Genderspeak im Staatsfernsehen gibt es auch hier. Bislang scheint es so, dass rechtspopulistische Parteien nur die Ablehnung von unkontrollierter Immigration politisch ausdrücken. Doch das wird sehr bald umschlagen in eine komplette Ablehnung von links-grün initiierten gesellschaftlichen Projekten.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on April 24, 2023, 05:16:50 PM
"Neue Schlacht im US-Kreuzzug gegen Abtreibung" (17. April 2023)
Der Abtreibungspille Mifepriston droht der Verlust ihrer Zulassung in den USA. Demnächst entscheidet der Supreme Court in der Causa, die weitreichende Folgen für Betroffene haben könnte ... Am US-Höchstgericht gibt es seit der Präsidentschaft von Donald Trump eine solide konservative Mehrheit von sechs zu drei. Bereits vergangenes Jahr hat der Supreme Court das rund 50 Jahre geltende Grundsatzurteil Roe v. Wade und damit das landesweite Recht auf Abtreibung bis zur Lebensfähigkeit des Fötus gekippt. Allerdings gibt es bisher keinen Präzedenzfall, was Gerichtsentscheidungen betrifft, die die Zulassung von durch die FDA zugelassenen Medikamenten betrifft. Das hätte weitreichende Folgen für andere Medikamente, die durch Richter ohne medizinische Ausbildung verboten werden könnten. ...
https://www.derstandard.at/story/2000145548854/neue-schlacht-im-us-kreuzzug-gegen-abtreibung (https://www.derstandard.at/story/2000145548854/neue-schlacht-im-us-kreuzzug-gegen-abtreibung)

Quoteroma753
17. April 2023, 12:31:32

einschränkung der reisefreiheit für schwangere minderjährige... land of the free

aber so sieht die welt der konservativen eben aus, egal ob afghanistan, iran, somalia oder in der westlichen welt. unterdrückung und gesetzliche gewalt sind deren dna, niedertracht und stumpfsinn wohin das auge reicht.


QuoteLagunaVerde
17. April 2023, 12:27:27

Gefährliche Entwicklung. Mittlerweile muss man einen Großteil der Republikaner als religiös Radikalisierte PolitikerInnen und deren radikalisierte SympathisantInnen bezeichnen. Das hat mit konservativ er Politik nichts mehr gemeinsam.


Quoteichmagkeinenazis
17. April 2023, 15:31:43

Doch. Konservative waren immer so. Sie mussten es nur manchmal und mancherorts verbergen.


Quotespringender .
17. April 2023, 13:29:41

ich finde, das ist klassisch konservative politik. laut meinem geschichtsbuch.


QuoteIronbars
17. April 2023, 12:26:18

Kann mir ein Konservativer bitte mal was erklären?
Woher kommt euer extrem auffälliges Interesse an der Gebärmutter von Frauen in gebärfähigem Alter? Was geht es euch am, wenn eine Frau zumindest die Möglichkeit, eine Schwangerschaft zu beenden? Woher kommt diese perverse, menschenverachtende Haltung, Frauen müssten unter allen Umständen gebären, selbst wenn es das Kind des Vergewaltigers ist?

Würde mich wirklich interessieren.


QuotedeMaistre
17. April 2023, 13:54:16

Warum sollte eine Frau das Recht haben, ihr Kind zu töten?


QuoteIronbars
17. April 2023, 14:12:35

Du hast meine Fragen nicht beantwortet. Woher kommt diese Geisteshaltung, dass Frauen unter allen Umständen gebären müssen? Ich antworte dann auch auf deine.


QuoteFrau Arielle
17. April 2023, 13:31:47

Weil die Frau als willenloses Gebärobjekt, als Brutkasten für männliche Erben, die Grundlage einer patriarchalen Gesellschaft ist.


Quotewoifee 0.0
17. April 2023, 12:59:27

Es hilft die Armen über Generationen arm zu halten wenn man sie früh in die Elternschaft zwingt. Deshalb sind diese Leute auch gegen Aufklärung in den Schulen. Da könnten sie lernen richtig zu verhüten.


QuoteSimya
17. April 2023, 12:43:44

Es ist ein Thema, mit dem man radikalisieren, emotionalisieren und polarisieren kann (Grundlagen populistischer Politik) und mit dem man bei radikalen Christen (Wähler-Basis des aktuell vorherrschenden radikalen Flügels der Republikaner) punkten kann. Die Argumentation von letzteren ist, dass das Leben nicht in die Entscheidungsgewalt der Mutter, sondern Gottes fällt. Und damit sind wir dann dabei, dass jede echte Diskussion oder Argumentation unter religiösem Eifer begraben wird.


QuoteCepheus
17. April 2023, 12:36:30

Es geht um Kontrolle und Macht.


QuoteMarkus Wohlrab
17. April 2023, 14:04:55

Jeremia 1,5 sagt uns, dass Gott uns kannte, bevor er uns im Mutterleib entstehen ließ. Psalm 139, Verse 13- 16, spricht von der aktiven Rolle Gottes bei unserer Erschaffung: "Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe..."

Daher wird m. E. kein Christ, der bei Verstand ist, Abtreibung befürworten können, wenige und seltene Ausnahmen (Lebensgefahr der Mutter etwa) ausgenommen.

Wie man die Gesetze ausgestaltet, ist wieder eine andere Frage. Aber dass sich gläubige Christen eher im Lager derer wiederfinden, die ein restriktives Abtreibungsrecht favorisieren, liegt ganz in der Logik biblisch-christlicher Weltanschauung begründet und kann daher kaum überraschen.


QuoteLagunaVerde
17. April 2023, 14:33:34

Überraschender ist eher, dass intelligente Menschen unter den Gläubigigen sind. Meiner Meinung handelt es sich bei dieser Personengruppe um Opportunisten im religiösen Tarnmäntelchen.


QuoteTzulan
17. April 2023, 14:23:02

Wieso sollte Religion ein Mitspracherecht in medizinischen Belangen bekommen?


Quoteinsignificant human
17. April 2023, 12:32:03

Ich denke, den Meisten geht es um das noch ungeborene Leben.


QuoteDownontheupside
17. April 2023, 12:24:29

Der gesellschaftliche Backlash, den wir seit mehreren Jahren ja nicht nur in den USA sehen, ist schon sehr irritierend und besorgniserregend. Man hätte gedacht dass sich zumindest manche Rechte und Freiheiten in der öffentlichen Meinung längst durchgesetzt hätten (wobei ja beim Thema Abtreibung offenbar selbst in den USA die Mehrheit einen liberaleren Standpunkt vertritt). Die bittere Ironie ist dabei dass es den selbsternannten Moralaposteln in Wahrheit mehrheitlich gar nicht um ihre (vermeintlichen) Werte geht, sondern um nichts anderes als Macht und Kontrolle über andere Menschen (vorzugsweise Frauen). Und traurigerweise finden Sie dafür nicht wenige willfährige Unterstützer.


Quotetheben_j 17. April 2023, 14:23:47

Glauben die wirklich, dass es dadurch zu keinen Abtreibungen mehr kommt? . Abtreibungen gibt es zumindest seit dem Mittelalter wahrscheinlich auch schon vorher. Niemand treibt aus Jux und Tollerei ab, ich möchte eine solche Entscheidung nicht treffen wollen. Es wird in den Untergrund gedrängt werden mit katastrophalen gesundheitlichen Folgen für die betroffenen Frauen. Und die gleichen Gruppen verhindern auch den Aufklärungsunterricht der ungewollte Schwangerschaften reduzieren könnte. Das greifst dir nur mehr Kopf.


Quotetrukazec
17. April 2023, 14:06:09

"In Idaho wurde die Reisefreiheit ungewollt schwangerer Minderjähriger drastisch eingeschränkt."

Hammer.

Es wird alles gemacht, dass die Gebärmasch- äh Frauen nur noch Haushaltssklavinen von Männern sind. Wenn es nach den Erzkonservativen ginge, dürften Frauen bald nur noch das Haus mit männlichem Geleit verlassen.


QuoteIronbars
17. April 2023, 12:12:22

Es geht munter weiter. Konservative werden immer ekliger. Die rechtsnationalen Geistesgrößen aller Länder werden ja nicht müde zu behaupten, die Liberalen würden eine Diktatur errichten, die Selbstbestimmung der Menschen aushöhlen. Dass sie selbst bei jeder sich bietenden Gelegenheit so agieren interessiert hier natürlich niemanden. Schließlich geht es ja meist gegen Minderheiten oder Frauen.


QuoteIna Grimming
17. April 2023, 13:49:49

Das noch tragischere, dass in dem Artikel überhaupt nicht erwähnt wird, ist die Tatsache, dass dieses Medikament auch nach Fehlgeburten eingesetzt wird, bei denen der Körper den Fötus nicht von alleine abstößt. Somit haben Frauen, die oft schon durch die Fehlgeburt psychisch sehr belastet sind, nicht mehr die Möglichkeit auf eine medikamentöse Behandlung sondern müssen auch noch durch eine viele riskantere OP. ...


QuoteDemon Slayer
17. April 2023, 15:29:25

Im Iran wollen sie den Kopftuchzwang ... durchsetzen, in den USA Frauen den Schwangerschaftsabbruch verbieten. Beide Länder scheinen ein Problem mit den Rechten von Frauen zu haben.


QuoteHans Oz
17. April 2023, 15:38:42

Beide Länder haben darüber hinaus ein Riesenproblem mit religiösem Fundamentalismus ... das und nichts anderes ist das Grundübel hier.


Quotekanawasweribin
17. April 2023, 15:29:00

In den USA darf eben nur post-natal abgetrieben werden:
In School-Shootings!

FREEDOOOOOOM!!!!! ...


Quotemilchmädchenrechnungen
17. April 2023, 15:14:03

vielleicht sollte man Viagra die Zulassung entziehen - ist bestimmt auch nicht sicher.


QuoteSuderantW
17. April 2023, 14:53:20

Christliche Taliban aber echt, als Frau würde ich in Zukunft Sex beinhart verweigern, sollens "Hand" anlegen diese Männer.


Quotewalter.romas
17. April 2023, 14:40:52

Religion die schlimmste Feindin der Wissenschaft und des gesunden Menschenverstands.


QuoteOutpost
17. April 2023, 14:54:37

Sorry, aber den Platz hat schon die ÖVP belegt.


QuoteMichaeloffive
17. April 2023, 14:39:36

Unglaublich einerseits haben wir großen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. Auf der anderen Seite entwickeln sich viele Staaten gesellschaftlich immer mehr zurück in die Vergangenheit, vermischt mit religiösem Fanatismus.


Quotewien_
17. April 2023, 14:30:54

Bildung ist die einzige Lösung - Es zeigt sich immer mehr, Wissenschaftsfeindlichkeit und Fanatismus können nur mit mehr Bildung besiegt werden


Quotei hob zeit
17. April 2023, 14:40:14

Glaub ich nicht, hierzulande waren es die Universitäten die zuerst Hitler zugejubelt haben, die Ungebildeten kamen erst später.


QuoteSUPERN0VA 17. April 2023, 14:40:10

Ich fürchte es ist komplizierter.

Die USA sind insgesamt kein so ungebildetes Land - aber es hat sich dort eingebürgert, Wahrheit und Fakten zugunsten von Meinungen und Ideologien beinhart zu leugnen - sogar von Leuten mit höherer Bildung. Das findet man auch anderswo (zB bei uns), aber in den USA massiv viel mehr (Trumpismus. Tea Party)




...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on May 03, 2023, 09:31:03 AM
Quote[...] Die Zahl der Kinderehen geht nach Schätzungen von Unicef langsam zurück, doch Krisen könnten die hart erkämpften Fortschritte zunichtemachen. In einer neuen Analyse schätzt das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, dass jedes Jahr zwölf Millionen Mädchen eine Kinderehe eingehen müssen. Derzeit leben demnach 640 Millionen Mädchen und Frauen auf der Welt, die vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet wurden. 

Der Anteil der jungen Frauen in Kinderehen sei seit den jüngsten Schätzungen vor fünf Jahren von 21 Prozent auf 19 Prozent gesunken. Unicef-Exekutivdirektorin Catherine Russell warnte jedoch: "Multiple Krisen machen die Hoffnungen und Träume von Kindern weltweit zunichte – insbesondere von Mädchen, die Schülerinnen sein sollten und nicht Bräute." Gesundheits- und Wirtschaftskrisen, eskalierende bewaffnete Konflikte und die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels würden Familien dazu zwingen, vermeintliche Sicherheit in Kinderehen zu suchen.

Für Afrika südlich der Sahara sei aufgrund des starken Bevölkerungswachstums und der anhaltenden Krisen sogar eine steigende Zahl von Kinderehen zu erwarten. In Lateinamerika und der Karibik, im Nahen Osten und in Nordafrika sowie Osteuropa und Zentralasien stagniere die Entwicklung weitgehend. 

Für den global insgesamt positiven Trend seien hauptsächlich Fortschritte in Südasien verantwortlich. Die Region sei auf dem besten Weg, Kinderehen in rund 55 Jahren abzuschaffen, heißt es in dem Unicef-Bericht. Nach wie vor lebten in der Region allerdings fast die Hälfte aller Kinderbräute – 45 Prozent. Obwohl Indien in den zurückliegenden Jahrzehnten erhebliche Fortschritte erzielt habe, werde dort immer noch ein Drittel der weltweiten Kinderehen geschlossen.

Mädchen, die Kinderehen eingehen müssen, bleiben den Angaben zufolge mit geringerer Wahrscheinlichkeit in der Schule und sind einem erhöhten Risiko einer frühen Schwangerschaft ausgesetzt. Eine frühe Ehe könne Mädchen auch von Familie und Freunden isolieren. 

"Wir haben bewiesen, dass Fortschritte bei der Beendigung von Kinderehen möglich sind", sagte Russell. Die Unterstützung für gefährdete Mädchen und Familien müsse deshalb weitergehen. "Wir müssen uns darauf konzentrieren, Mädchen in der Schule zu halten und sicherzustellen, dass sie wirtschaftliche Chancen haben."


Aus: "Jedes Jahr werden zwölf Millionen Mädchen zwangsverheiratet" (3. Mai 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-05/kinderehen-maedchen-zwangshochzeit-unicef-afrika (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-05/kinderehen-maedchen-zwangshochzeit-unicef-afrika)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on May 11, 2023, 03:47:59 PM
"Florentina Holzinger über Feminismus: ,,Ich habe niedrigen Blutdruck"" Anna Fastabend (14. 1. 2023, 19:10 Uhr)
Florentina Holzinger ist eine der angesagtesten Per­for­me­r:in­nen der hiesigen Theaterszene. Hier spricht sie über Nacktheit, Stunts und Feminismus.
https://taz.de/Florentina-Holzinger-ueber-Feminismus/!5905432/

Florentina Holzinger: "Ich bin ein Adrenalinjunkie" - Video
Stephan Hilpold, Maria von Usslar, Ayham Yossef (31. März 2023, 11:36)
In der Performanceszene ist sie ein Superstar. Jetzt zeigt die Wienerin ihren neuesten Abend am Volkstheater. Ein Gespräch über Ringkämpfe, Spanner und Pissen.
https://www.derstandard.de/story/2000144976313/florentina-holzinger-ich-bin-ein-adrenalinjunkie (https://www.derstandard.de/story/2000144976313/florentina-holzinger-ich-bin-ein-adrenalinjunkie)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 11, 2023, 11:43:09 AM
Quote[...] In Deutschland sorgen traditionelle Rollenbilder bei jungen Männern teils für eine hohe Akzeptanz von Gewalt in der Partnerschaft. Das geht aus einer bundesweit repräsentativen Studie der Organisation Plan International Deutschland hervor, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. 33 Prozent der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren gaben demnach an, es "akzeptabel" zu finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin gelegentlich "die Hand ausrutscht".

34 Prozent seien gegenüber Frauen sogar schon mal handgreiflich geworden, um ihnen Respekt einzuflößen, heißt es weiter. "Erschrocken" davon zeigte sich Karsten Kassner, Fachreferent des Bundesforums Männer, gegenüber den Funke-Zeitungen. "Problematisch ist, dass ein Drittel der befragten Männer Handgreiflichkeiten gegenüber Frauen verharmlosen. Das muss sich dringend ändern", sagte Kassner demnach.

Überdies äußerten die Befragten demzufolge eine hohe Abneigung gegen das öffentliche Zeigen von Homosexualität. 48 Prozent gaben an, dass sie sich davon "gestört" fühlen.

Aus der Studie geht den Funke-Zeitungen zufolge auch hervor, dass das Bild der traditionellen "Hausfrau" in den Köpfen vieler Männer verankert zu sein scheint: 52 Prozent der Befragten sähen ihre Rolle darin, genug Geld zu verdienen – sodass sich die Frau hauptsächlich um den Haushalt kümmern könne. Jeder zweite junge Mann möchte laut den Daten keine Beziehung mit einer Frau eingehen, wenn diese bereits viele Sexualpartner gehabt hat.

51 Prozent hätten zudem angegeben, dass sie schwach und angreifbar seien, wenn sie Gefühle zeigen würden, heißt es weiter. Dabei sagten 63 Prozent, dass sich manchmal traurig, einsam oder isoliert fühlen würden. "Die klassischen Rollenbilder sind eben doch noch in den Köpfen der Gesellschaft verankert", sagte Alexandra Tschacher, Sprecherin von Plan International Deutschland, den Funke-Zeitungen.

Viele Männer seien zwar grundsätzlich bereit, sich für mehr Gleichberechtigung und gegen Rollenklischees einzusetzen, würden dies aber nicht in konkrete Taten umsetzen, sagte Kassner demzufolge. Es sei auch Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen zu verändern. Ein gutes Beispiel sei die von der Bundesregierung geplante bezahlte Freistellung nach der Geburt für Väter.

Für die Umfrage wurden vom 9. bis zum 21. März bundesweit 1.000 Männer sowie 1.000 Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren mit einer standardisierten schriftlichen Online-Befragung befragt.


Aus: "Umfrage: Jeder dritte junge Mann findet Gewalt gegenüber Frauen "akzeptabel"" (11. Juni 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-06/umfrage-frauen-maenner-gewalt-homosexualitaet-plan-international-deutschland (https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-06/umfrage-frauen-maenner-gewalt-homosexualitaet-plan-international-deutschland)

QuoteDer Jo

Beste Vorausetzungen für die Ewiggestrigen Parteien; das sind ja dann die Einstellungen der

"Guten alten Zeit".

...


Quote
A.Grieger

Gruselig.


Quote
SportlicherGenußmensch

niemals hätte ich auch nur einen dieser werte so hoch geschätzt. wie viele armselige wichte es doch gibt...


QuoteVonKindernFernhalten

Mich wundert es nicht. Andrew Tate ist mit dem Konzept Millionär geworden. Er hat viele, sehr viele Anhänger und seine ,,Botschaften" verbreiten sich immer noch. ... Im Übrigen sind die Gründe für Gewalt gegen Frauen und Homophobie aus meiner Sicht die selben - ein geringes Selbstwertgefühl, das so laut wie möglich aufgeblasen wird. Und für Viele ist Gewalt der logische Weg - vor allem, wenn ,,erfolgreiche" Menschen es vorleben und ja, vielleicht haben die Botschaften der durchschnittlichen Rap-Songs da auch Einfluss.

Nicht zuletzt - hier müsste man sich tatsächlich auch die Herkunft ansehen. Wenn jemand in traditionellen patriarchalen Strukturen aufwächst, dann bringt mehr Erziehungsurlaub für Väter wenig - und auch der Ethikunterricht an der Schule.


QuoteFeery

Wundert mich überhaupt nicht. Denn abseits der eher linksliberalen (sozialen) Medien sieht die Realität genau so aus.


Quote
Colentina54

Unfassbar, das es so viele Männer sind, die Gewalt gegen Frauen richtig finden! Ich habe selbst Schläge in der Ehe erlebt. Mein (Ex-)Mann sah sich dazu berechtigt und zeigte keine Reue. Das war aber im letzten Jahrtausend.
Welche Erziehung durch die Mütter haben diese jungen Männer von heute genossen, dass sie sich immer noch Frauen überlegen fühlen und keine anderen Mittel kennen als Gewalt? Würde Ihnen bei einem Freund auch "die Hand ausrutschen"?


Quotej
jstawl

Wundert mich leider nicht wirklich. Insbesondere in Kreisen mit Migrationshintergrund und ! In rechten Kreisen scheinen Frauenrechte eher unter "Gedöns" zu laufen. Ein trauriges Bild unserer Gesellschaft


Quotegoldi53

Diese Zahlen können sollten die Gesellschaft sehr nachdenklich stimmen. Offensichtlich ist die Einstellung auch von jungen Menschen, nicht soviel anders als die der älteren Generation. Wobei ich zugeben muss, dass diese Zahlen für mich nicht nachvollziehbar sind. ...


Quote
heute789

Bevor man hier pauschal urteilt, wäre es interessant zu wissen, welche Fragen konkret gestellt wurden und welche Bevölkerungsgruppen beteiligt waren. Da ich in meinem gesamten Bekanntenkreis niemanden kenne, der Gewalt gegenüber Frauen befürwortet, halte ich das Ergebnis - zumal nur 1000 Personen befragt wurden - für keineswegs repräsentativ.


QuoteZirbelzalp

Wundert mich nicht.

,,Wie man mit denen laut Andrew Tate umgehen sollte? "Schlagen, schlagen, packen, würgen. Halt's Maul, Schlampe! Sex."

https://www.zeit.de/2023/18/maennerrechtsbewegung-antifeminismus-mannosphaere-red-pill (https://www.zeit.de/2023/18/maennerrechtsbewegung-antifeminismus-mannosphaere-red-pill)


Quoteisabelle_ulrich

Das würde er bei mir nur einmal probieren.


Quote_.-._

An die, bei denen bei dem Begriff "toxische Männlichkeit" die Düse geht: Genau das ist sie:

"33 Prozent der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren gaben demnach an, es "akzeptabel" zu finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin gelegentlich "die Hand ausrutscht"."
"34 Prozent seien gegenüber Frauen sogar schon mal handgreiflich geworden, um ihnen Respekt einzuflößen"
"51 Prozent hätten zudem angegeben, dass sie schwach und angreifbar seien, wenn sie Gefühle zeigen würden, heißt es weiter. Dabei sagten 63 Prozent, dass sich manchmal traurig, einsam oder isoliert fühlen"

Der Begriff meint nicht das Männlichkeit allgemein toxisch wäre, sondern nur dass bestimmte Formen von Männlichkeit wo Gefühle und Unsicherheiten unterdrückt werden die sich dann in Gewalt entladen, toxisch sind.


QuoteAughves

Bei solchen Ergebnissen ist es immer recht spannend, welche Fragen mit welchen Antwortmöglichkeiten da genau gestellt wurden.


QuoteSnelgreb

Ohne Zahlen zu kulturellem Hintergrund und anderen Merkmalen, sind solche Umfragen ziemlich wertlos. "Junge Männer" ist ein weit gefasster Begriff. Ich denke wir wissen alle, was der Elefant im Raum ist.


QuoteShanti Müller

Viele Details fehlen hier, z. B. auch, wer macht überhaupt bei solchen Befragungen mit. ... Das ein sogenannter Migrations Hintergrund auch eine Rolle bei den Ergebnissen spielt ist möglich.


Quote100010011100000010013

Bei einer groben Migrantenquote von ca. 33 % unter Männern, könnte diese Umfrage ein Weckruf sein. Aber nein: Augen zu und durch!


QuoteAlles-eine-Frage-der-Perspektive

Es ist erschreckend, wie viele Kommentator*innen hier gleich wieder alles auf Muslime schieben und von "patriarchalisch geprägten" Kulturkreisen sprechen. Als wäre Deutschland ein Matriarchat. Als hätte noch nie ein Christ seine Frau geschlagen. Die "jungen Leute" bestehen eben nicht nur aus woken Genderaktivist*innen, auch wenn gern so getan wird. Konservative und frauenfeindliche Weltbilder gibt's in allen Gesellschaftsschichten. Man frage doch mal bei AFD-Anhängern, in abgelegenen Dörfern, die Studenten in Burschenschaften, die Söhne "aus guten Familien"....da gibt es mehr weißen Frauenhass als genug.


QuoteSimsalartist

Jungs, die 50er haben angerufen. Sie wollen ihr Rollenbild zurück haben.


QuoteStadthexlein

... Bitte in Zukunft den Link zur Studie mit veröffentlichen ...


QuoteTeacher_for_Future

30% - eine schlichte Zahl - und so viele Abgründe dahinter. ... Wer Gewalt ausübt, damit mehr "Respekt" da ist, ist aus meiner Sicht ein Idiot, sorry!  ... An alle Männer: Gebt Eure Schwächen zu. Erst dann seid ihr emotional starke Männer: Dann habt ihr so einen Scheiß nicht nötig!!


QuoteFeiner Kerl

Hier würde mich auch die cluster interessieren. Wie schneiden hier die Männer mit Wurzeln aus den neuen Bundesländern ab. Wie ist hier die Parteipräferenz verteilt, wie die Stadt-Land Verteilung. Gibt es Unterschiede zwischen direkten Migranten und denen der 1. Oder 2. Generation. Diese Frage stellt sich wenn es um doppelte Staatsbürgerschaft und dadurch um Wahlrecht.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on June 25, 2023, 12:08:33 PM
"Sexuelle Übergriffe auf Frauen und Mädchen: Belästigt, attackiert, vergewaltigt – Chronik eines Gewaltjahres" Daniel Erk Alexander Forsthofer (22.06.2023)
Die MeToo-Debatte thematisiert nur einen Teil des Problems. Die Polizeiberichte zeigen: Täglich verüben Männer sexuelle Attacken. Eine Dokumentation der unablässigen Frauenverachtung. ... Wer die alltäglichen Übergriffe auf Frauen verstehen will, wird in den Großdebatten nicht fündig – aber in den Polizeiberichten. Der Tagesspiegel hat Dutzende Fälle aus ganz Deutschland seit Jahresbeginn zusammengetragen. Sie zeigen einen Bruchteil der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die in diesem Land jeden Tag von Männern begangen wird. ...
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/sexuelle-ubergriffe-auf-frauen-und-madchen-belastigt-attackiert-vergewaltigt--chronik-eines-gewaltjahres-10020628.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/sexuelle-ubergriffe-auf-frauen-und-madchen-belastigt-attackiert-vergewaltigt--chronik-eines-gewaltjahres-10020628.html)

QuoteKonfettispaghetti
24.06.23 19:41

Das Ausmaß ist schockierend.

Interessant wäre, wie funktionierende Gewaltprävention bei der Erziehung von Jungen aussieht. Darüber hört man wenig.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on July 04, 2023, 12:59:30 PM
Quote[...] Die in Afghanistan herrschenden Taliban haben einem Bericht des Nachrichtensenders TOLOnews zufolge die landesweite Schließung von Schönheitssalons angeordnet. Eine Begründung für die Schließung liefern die militanten Islamisten nicht. Die Lizenzen werden laut dem von TOLOnews und anderen afghanischen Medien veröffentlichten Dekret im kommenden Monat jedoch ablaufen.

Für viele Frauen sind Schönheitssalons eine der wenigen verbliebenen Verdienstmöglichkeiten, zumal viele Frauen aufgrund der herrschenden Wirtschaftskrise zudem Haupternährerinnen ihrer Familien sind. "Unsere Männer haben keine Arbeit", sagte eine Kosmetikerin TOLOnews. "Ich weiß nicht, was wir tun sollen, wenn sie diesen Ort schließen."

Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban die Rechte und Teilnahme von Frauen am öffentlichen Leben immer weiter eingeschränkt. Mittlerweile sind sie aus einem Großteil der Berufe verdrängt, sie dürfen Universitäten und höhere Schulen nicht mehr besuchen.

Nicht alle Ankündigungen der Taliban werden in der Praxis gleichermaßen streng umgesetzt. So laufen vor allem in der Hauptstadt Kabul viele Frauen entgegen der geltenden Anordnung mit unbedecktem Gesicht durch die Straßen. Auch blieben nach der offiziellen Schließung von höheren Mädchenschulen eine Reihe von Privatschulen für ältere Schülerinnen offen.


Aus: "Taliban ordnen Schließung von Schönheitssalons an" (4. Juli 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-07/afghanistan-taliban-frauen-schoenheitssalon-arbeit (https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-07/afghanistan-taliban-frauen-schoenheitssalon-arbeit)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on July 09, 2023, 01:48:10 PM
Quote[...] Im Jahr 2022 gab es 157.550 Menschen, die von ihren Partnern angegriffen wurden – ganz überwiegend Frauen. Auch die Zahl der Sexualdelikte stieg stark an.

Es sind alarmierende und schockierende Zahlen: Die Fälle häuslicher Gewalt in Deutschland haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Wie die ,,Bild am Sonntag" (,,BamS") berichtet, registrierten die Behörden dem Bundeskriminalamts (BKA) 157.550 zufolge Fälle von Gewalt in Partnerschaften. Das entspricht im Schnitt 432 Fällen pro Tag.

Im Jahr 2021 waren es noch 144.044 Fälle gewesen, der Anstieg beträgt 9,4 Prozent. Rund 80 Prozent der Opfer waren demnach Frauen, 78 Prozent der Tatverdächtigen waren Männer. 40 Prozent der Täter waren Ex-Partner, 60 Prozent aktuelle Partner.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte ein strikteres Vorgehen bei Gewaltfällen in der Partnerschaft. ,,Gewalttäter dürfen nicht schnell wieder vom Radar verschwinden. Sie müssen nach dem ersten gewaltsamen Übergriff aus der Wohnung verwiesen werden", sagte Faeser der ,,BamS".

Dies müsse zudem konsequent kontrolliert werden, damit Täter nicht schnell wieder zurückkehren. ,,Jede Betroffene muss sich sicher fühlen können vor erneuter Gewalt", betonte sie.

Noch krasser sind die Zahlen bei Vergewaltigungen, sexueller Nötigung und bei sexuellen Übergriffen: Hier gab es einen Anstieg um 20 Prozent.

Faeser will deshalb das Bewusstsein in der Gesellschaft ändern: ,,Keine Frau darf sich schämen, Gewalttäter anzuzeigen. Wir müssen helfen, das Schweigen zu brechen. Gewalt an Frauen ist kein Frauenproblem (...) und darf nicht als privates Schicksal abgetan werden", sagte die Bundesinnenministerin.

Faeser, Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) Holger Münch stellen am Dienstag in Berlin das bundesweite Lagebild zum Thema häusliche Gewalt vor. (lem)


Aus: "Mehr als 430 Opfer pro Tag: Polizei meldet fast zehn Prozent mehr Fälle häuslicher Gewalt" (09.07.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-als-430-opfer-pro-tag-polizei-meldet-fast-zehn-prozent-mehr-falle-hauslicher-gewalt-10116358.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-als-430-opfer-pro-tag-polizei-meldet-fast-zehn-prozent-mehr-falle-hauslicher-gewalt-10116358.html)

QuotecontrolX
09.07.23 11:41

Es sind beängstigende Zahlen, die einen weiterhin sprachlos machen! Was ist nur in der Gesellschaft los in diesem Lande? Gewalt, Nötigung, sexuelle Übergriffe an Frauen und an Kindern, es geht durch alle Schichten der Gesellschaft, vom Sozialhilfeempfänger bis hin zum Bankdirektor und Manager. Gewalt an Frauen und hilflosen Personen ist salonfähig geworden. Es gibt keine Grenzen- und keine moralischen Schranken mehr, alles ist erlaubt. Unterdrückte Aggressionen wie Wut, Hass, Eifersucht usw. die Schleusen der Gewalt sind geöffnet! Corona hat offenbar noch den Rest gegeben, dass die Zahlen weiterhin in die Höhe schnellen und die Gewalt in Partnerschaften zugenommen hat. Frauen haben leider zu viel Angst den eigenen Partner polizeilich anzuzeigen, um nicht die Schraube der Gewalt weiterhin anzuheizen. Die Frauenhäuser in Deutschland sind zudem überfüllt, wohin Frauen mit ihren Kindern aus zerütteten Partnerschaften hin fliehen können.


QuoteAllenamensindvergeben
09.07.23 11:55

Im Prinzip muss ab den Kindergarten in regelmäßigen Abständen verpflichtend entsprechendes Programm geben. Anti Gewalt Training, immer wieder die eigene Männlichkeit und Rollenverständniss reflektieren, Konflikt und Streit Kultur üben, usw.


...

https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-07/haeusliche-gewalt-bka-statistik-frauen (https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-07/haeusliche-gewalt-bka-statistik-frauen)

Quotehappylotti

Würde mich mal interessieren, wie sich patriachale Denkmuster in der Gesellschaft in den letzten 30 Jahren entwickelt haben. Putin, Erdogan und Trump geben schon mal einen Vorgeschmack auf die Verharmlosung von ehelicher Gewalt und Selbstbestimmungsrechten für Frauen vom rechten und autokratischen Rand.


Quotena-also

Erschütterndes Bild unserer "Wohlstandsgesellschaft"; scheint in eine Prügelgesellschaft abzudriften. ...


Quotealemassi
vor 1 Stunde

Aus der kriminalistischen Auswertung des BKA 2021:

"Bei aufsteigender Sortierung der Altersklassen nimmt der prozentuale Anteil männlicher Tatverdächtiger sukzessive zu

21 J.: 67,1 %
21<25 J.: 74,0 %
25<30 J.: 77,9 %
30<40 J.: 79,0 %
40<50 J.: 81,0 %
50<60 J.: 82,3 %
ab 60 J.: 83,7 %"

"Bei 40,4 % der registrierten Tatverdächtigen handelte es sich um den ,,ehemaligen Partner""

Man sieht deutlich, dass das Problem in der Regel Männer sind. Nicht selten eifersüchtige Männer, die sich wohl noch "rächen" wollen. Aber die Probleme, die eine patriarchale Gesellschaft mit sich bringt, werden permanent bagatellisiert und verleugnet.

"Jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners."


QuoteHe_cate

In 6 von 7 Partner*innenschaften habe ich Gewalt erfahren, in 3en sogar körperliche. Mir ist wichtig zu betonen, dass es sich bei den Gewaltausübenden um weiße, deutsche Cis-Männer handelte, allesamt mit akademischem Abschluss, gut bezahltem Arbeitsverhältnis und aus stabilen Familienverhältnissen kommend. Sie alle waren der Ansicht, dass ich mich als Frau unterzuordnen und weniger Rechte und ganz bestimmte Pflichten habe. Die Gewalt habe ich erfahren, weil ich diese Rolle nicht akzeptiert und versucht habe, daraus auszubrechen oder meine vermeintliche Pflichten nicht zur Zufriedenheit dieser Männer erfüllt habe.

Es reicht also nicht, vielleicht Geld in sog. Schutzräume zu investieren - vor allem müssen sich die traditionellen Rollenbilder ändern und primär das hegemonial Männliche, was die Akzeptanz von Gewaltanwendung durch Männer schon mit sich bringt. Was aus meiner Sicht gar nicht mehr akzeptabel ist, ist von Frauen* zu erwarten, dass sie ihr Verhalten an diese Zustände anpassen. Bringt den Männern bei, sich respektvoll und emphatisch gegenüber allen Menschen zu verhalten. Menschenrechte gelten auch losgelöst vom Geschlecht.

Faesers Idee, btw, ist auch wieder so ein Ding - Betroffene werden von der Polizei oft nicht ernstgenommen, demnach bleibt diese tatenlos, nicht selten, bis es zu spät ist. Gerichte, die über Näherungs- und Kontaktverbote entscheiden sollen, handeln nicht weniger ignorant und passiv.


QuoteGEWALTistDUMMHEIT

An dieser Entwicklung sieht man, dass die Dummheit Deutschlands Bestand hat. Vor allem wäre hier Aggressionsbewältigung für viele Menschen wichtig. Zudem kommt, dass vielen Menschen anscheinend nicht bewusst ist, dass sich durch Gewalt kein positives Ergebnis herleiten lässt, schlechtestenfalls wird Gegengewalt erzeugt


QuoteMartin aus Wien

Der Staat hat hier eine Verantwortung:

,,Doch die Bundesregierung kann den Standard, der (...) vorgeschrieben ist, bei weitem nicht erfüllen. Rund 6.800 Frauenhaus-Plätze gibt es hierzulande, es fehlen - je nach Lesart - mindestens weitere 14.000."

https://amp.zdf.de/nachrichten/panorama/frauenhaus-gewalt-frauen-schutz-100.html


QuotePittigrill

Wundert es jemanden, wir machen weltweit derzeit einen Schritt nach dem anderen zurück in die Vergangenheit.

Die Rechten präferien die Frau als Hausfrau und "Gebärmaschine" verweigern ihnen die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, wollen Alleinerziehende von den Sozialleistungen ausgrenzen. ( siehe Parteiprogramm der AFD, Freie Wähler, NPD)

Im Iran werden Frauen, nur weil sie dem Patriachat nicht mehr gehorchen wollen brutal niedergeschlagen oder vergiftet ( Schülerinen), in Afghanistan werden Frauen wieder von Bildung ausgeschlossen, in den USA wird von der GOP alles gemacht um die Frauen in Abhängigkeiten ihrer Männer zuhalten, indem man ihnen das Recht auf ihren Körper verwehrt usw.

Im Internet verbreiten sich die Incels, die mit Vorliebe Frauen beleidigen und beschimpfen

Man bekommt den Eindruck, Frauen zu diskreditieren ist Gesellschaftsfähig geworden, siehe die Shitstorms gegen Politikerinen oder andere Frauen die sich für Klima, Gleichberechtigung usw. einsetzen


QuoteWilliam S. Christ

Viele Männer begründen ihr Handeln damit, dass sie sich Respekt verschaffen wollten.
Ich habe dazu eine glasklare Ansicht: wenn du Frauen schlagen musst, um Respekt zu bekommen, verdienst du keinen Respekt!


Quotelone wolf

Erschreckend. Was für armselige Würstchen sind diese "Männer", die meinen ihre Frauen schlagen zu dürfen?
Immer öfter, schäme ich mich für meine Geschlechtsgenossen.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on July 09, 2023, 03:22:57 PM
Quote[...] Tiflis – Hunderte ultrakonservative Nationalisten haben in der Südkaukasusrepublik Georgien ein Pride-Festival für Toleranz gestürmt und dort schwere Verwüstung angerichtet. Sie verbrannten Regenbogenfahnen, Plakate und andere Gegenstände in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi). Die Organisatoren machten am Sonntag das Innenministerium verantwortlich für den fehlenden Polizeischutz bei der angemeldeten Veranstaltung. Die Vertretungen der EU und der USA verurteilten die Gewalt.

Es gab demnach schwere Schäden an Ständen und einer Veranstaltungsbühne. Die Veranstaltung musste am Samstag abgebrochen werden, nachdem die Angreifer die Bühne zerstört und Regenbogenflaggen verbrannt hatten, wie eine der Organisatorinnen am Samstag vor Journalisten sagte.

Georgische Medien berichteten, dass die Angreifer verschiedener rechter Organisationen schwulenfeindliche Parolen gerufen und die Umzäunung der Festes durchbrochen hätten. Auch Geistliche der georgisch-orthodoxen Kirche beteiligten sich demnach an einem Protestmarsch, der zunächst friedlich begonnen hatte. Das Fest hatte der Abschluss einer Woche mit verschiedenen politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Veranstaltungen werden sollen. Verletzt wurde laut Polizei niemand.

In einer Erklärung beschuldigten die Organisatoren der Tifliser Pride-Woche die Regierung der Komplizenschaft mit gewalttätigen Anti-LGBTQ-Gruppen. Der Angriff sei "im Voraus koordiniert und mit dem Innenministerium abgesprochen" gewesen.

Das Innenministerium erklärte dagegen, den rechtsextremen Demonstranten sei es gelungen, Polizeiabsperrungen zu umgehen und den Veranstaltungsort zu erreichen. Mehrere Angreifer seien festgenommen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Interpress.

Präsidentin Salome Surabischwili schrieb auf Twitter, die von der Verfassung garantierten Freiheiten auf Versammlung und freie Meinungsäußerung seien verletzt worden. Die Sicherheitskräfte hätten versagt, das Pride-Festival zu schützen. Sie seien auch nicht gegen die Gewalt eingeschritten, kritisierte die prowestliche Staatschefin, die selbst kaum Machtbefugnisse hat. Die Regierung müsse dafür sorgen, dass Veranstaltungen wir das Pride-Festival in Sicherheit stattfinden können. "Rede- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte, deren Verletzung nicht hinnehmbar ist."

Sie wirft der Regierung immer wieder prorussische Tendenzen vor. Offiziell strebt das Land in die EU. Kritiker beschuldigen die Regierung seit langem, homophobe und nationalistische Gruppen stillschweigend zu unterstützen. Im Jahr 2019 verbrannten Hunderte rechtsextreme Aktivisten in Tiflis Regenbogenflaggen, um gegen die Vorführung eines für den Oscar nominierten Films über Homosexuelle zu protestieren.

2013 hatten Tausende ultrakonservativer Anhänger der orthodoxen Kirche eine Kundgebung in Tiflis anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie gestört. Die Aktivisten mussten in von der Polizei bereitgestellte Busse steigen, um der wütenden Menge zu entkommen. Georgien gilt als sehr konservatives Land, die orthodoxe Kirche ist äußerst mächtig. Homosexualität wurde im Jahr 2000 entkriminalisiert.

Die EU-Botschaft in Tiflis zeigte sich "enttäuscht". "Diejenigen, die zu Gewalt aufrufen und Gewalt ausüben, müssen vor Gericht gestellt werden", teilte die Vertretung bei Twitter mit. Die US-Botschaft appellierte an die georgische Regierung, die grundlegenden Menschenrechte aller Georgier zu schützen. Es sei undemokratisch, Gewalt und Einschüchterung einzusetzen, um andere Ansichten zum Schweigen zu bringen. "Das läuft Georgiens Geschichte von Toleranz, Mitgefühl und Pluralismus zuwider." (APA, 9.7.2023)


Aus: "Rechtsextreme verwüsteten Pride-Veranstaltungsort in Georgien" (9. Juli 2023)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000178110/demonstranten-verw252steten-pride-veranstaltungsort-in-georgien (https://www.derstandard.at/story/3000000178110/demonstranten-verw252steten-pride-veranstaltungsort-in-georgien)

Quoter.b.diff

Einwirkung von Religion ist schlimmer als harte Drogen ....


Quoteninjagulbi

Niemand kann sich aussuchen queer zu sein, aber man kann jeden Tag die aktive Entscheidung treffen kein Arschloch zu sein.


QuoteKBBerger

Da haben es die georgischen Normalen den Extremisten aber wieder einmal so richtig gezeigt.


QuoteSchwupp di Wupp

'Gesundes' Volksempfinden?


QuoteHerbyDerby

Wenn jemand das "gesunde Volksempfinden" und die "Normalität" beschwört, sollten bei einigermaßen kritischen Zeitgenossen die Alarmglocken schrillen.
Soll doch jede/r so leben, wie er/sie es will, solange niemand dadurch zu Schaden kommt.
Auch in Österreich gibt es Politiker/Politikerin, die vom "gesunden Hausverstand" und "nornal" und "nicht normal" daherschwurbeln.


Quoteyoghurtinator

Na, Rechtsextreme sind jetzt nicht gerade für ihre Toleranz gegenüber Homosexuellen bekannt. Dass einige von denen selber (insgeheim) schwul ist, ist eine ganz andere Geschichte.


QuoteToerk Hvijed

Nationalistischer Chauvinismus, gepaart mit radikaler Auslegung irgendeiner Religion, war schon immer Garant für Hass, Wut, Gewalt und Schlechtmenschentum.


QuoteSelfmadedilettant

Homosexualität wurde im Jahr 2000 entkriminalisiert.
D. h. Anno 2000 hat dieses Land pro forma das Mittelalter hinter sich gelassen.


Quotemond / möndin

Kultivierter, demokratischer Austausch auf Augenhöhe


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on August 17, 2023, 12:50:42 PM
Quote[...] Auf Mallorca müssen sich Polizei und Justiz erneut mit einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung beschäftigen: Nur einen Monat nach der Einweisung von fünf Urlaubern aus Deutschland in Untersuchungshaft hat eine Ermittlungsrichterin wieder sechs Touristen wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung einer jungen Frau ins Gefängnis geschickt. Betroffen seien fünf Franzosen und ein Schweizer, die alle Anfang 20 seien, teilte ein Polizeisprecher in der Insel-Hauptstadt Palma mit. Nach einem Bericht der Regionalzeitung ,,Última Hora" wurde die Untersuchungshaft bereits am Dienstagabend angeordnet.

Die Beschuldigten sollen das Opfer bei einer Party in der britischen Urlauberhochburg Magaluf südwestlich von Palma kennengelernt haben. Die 18-jährige Britin sei den bisherigen Erkenntnissen zufolge am frühen Montagmorgen zunächst freiwillig ins Hotelzimmer der Gruppe gegangen, hieß es. Dort soll sie allerdings gegen ihren Willen zum Sex gezwungen worden sein. Wenig später seien die mutmaßlichen Täter festgenommen worden. Die Tat sei von den mutmaßlichen Tätern gefilmt worden.

Unterdessen laufen in Palma die Ermittlungen gegen die fünf jungen Männer aus Nordrhein-Westfalen weiter, die wegen des Vorwurfs der Gruppenvergewaltigung Mitte Juli in U-Haft genommen worden waren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur kommen sie aus dem Märkischen Kreis im Sauerland. Die Touristen im Alter zwischen 21 und 23 Jahren werden beschuldigt, eine noch jüngere Urlauberin aus Deutschland im Hotel zum Sex gezwungen oder tatenlos zugeschaut zu haben. Ein sechster Angehöriger der deutschen Freundesgruppe war freigekommen. (dpa)


Aus: "Nach Party in Magaluf: Erneut mutmaßliche Gruppenvergewaltigung auf Mallorca" (17.08.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/nach-party-in-magaluf-erneut-mutmassliche-gruppenvergewaltigung-auf-mallorca-10322749.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/nach-party-in-magaluf-erneut-mutmassliche-gruppenvergewaltigung-auf-mallorca-10322749.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on September 12, 2023, 12:25:26 AM
Quote[...] Die Youtuberin SheraSeven verspricht ein Leben in Luxus, ohne arbeiten zu müssen. Ihre Methode ist so toxisch, dass Accounts wie der von Shera auch als ,,weiblicher Andrew Tate" bezeichnet werden ... Shera verspricht ein Leben in Luxus, ohne arbeiten zu müssen. Die Methode: Such dir einen reichen Mann, sorge dafür, dass er dir zu Füßen liegt. Dann nimm ihn aus, lass ihn alles zahlen. Du selber tust: nichts. Zahlt er nicht mehr, suchst du dir einen neuen. Dazu gibt es noch eine Anleitung darüber, wo du so einen Mann findest, wie du ihn emotional manipulierst und wie du anschließend das ,,soft life", mit den Hauptbestandteilen Freizeit und Spa, genießen kannst.

Die Idee ist so toxisch, dass Accounts wie der von Shera auch als ,,weiblicher Andrew Tate" bezeichnet werden. Wer ihn nicht kennt: Tate ist ein frauenfeindlicher, chauvinistischer Influencer. Beide propagieren eine Beziehung, in der ein ,,Alpha-Mann" das Geld ranschafft, während die Frau zu Hause sitzt und nur dafür da ist, schön auszusehen. Mit dem feinen Unterschied, dass Shera noch nicht empfohlen hat, einem Mann, der sich weigert zu zahlen, ein paar Ohrfeigen zu verpassen, um ihn an seinen Platz zurückzuverweisen.

Bei Tate geht es um Macht, bei SheraSeven ums Geschäft, denn nichts anderes ist für sie und ihre Followerinnen eine Beziehung. Deshalb ist sie Finanzberaterin, nicht Dating-Coach.

Ihre Inhalte produziert sie bereits seit etwa acht Jahren. Den plötzlichen Erfolg auf Tiktok feiert sie, weil ihre Videos inhaltlich an Dating-Ratschläge für junge heterosexuelle Frauen anknüpfen. Gerade beim Dating zeigt sich, dass es eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen von Männern und Frauen an eine Partnerschaft gibt. Während sich Frauen finanziell unabhängig gemacht haben, gleichberechtigte Partnerschaften nicht nur wollen, sondern diese auch einfordern, weigern sich viele Männer, ihren Anteil zu einer Beziehung beizusteuern. Das frustriert ungemein, aber glücklicherweise müssen Frauen sich damit nicht mehr zufriedengeben, sondern können einfach gehen. ,,Heute ist ein guter Tag, ihn sitzen zu lassen", ist ein beliebter Ratschlag auf Tiktok, oder: ,,Männer enttäuschen dich sowieso, also sieh zu, dass du wenigstens etwas davon hast". Wer ,,etwas davon haben" durch ,,Geld dafür bekommen" ersetzt, landet schnell bei Sheras toxischen Beziehungsmustern.

Einen entscheidenden Punkt lässt die Finanzberaterin aber aus: Nie macht sie klar, wie prekär die Situation von Frauen ist, die sich finanziell von einem Mann abhängig machen. Kein Wort darüber, was es bedeutet, falls der Mann sich trennt, weil er unter einer Beziehung etwas anderes versteht, als ein Portemonnaie auf zwei Beinen zu sein. Denn die Macht in dieser Beziehung hat am Ende immer noch derjenige, der das Geld in der Hand hat.

Natürlich hat es kein Mann verdient, nur danach bewertet zu werden, was er verdient. Aber schuld an dieser Bewertung ist nicht SheraSeven, sondern das Patriarchat. Euch darüber beschweren, liebe Männer, dürft ihr also nur, wenn ihr euren Teil der Care-Arbeit leistet.


Aus: "Toxisches Tiktok: So nimmt man Männer aus" Alina Saha (Ausgabe 35/2023)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/alina-saha/toxisches-tiktok-so-nimmt-man-maenner-aus (https://www.freitag.de/autoren/alina-saha/toxisches-tiktok-so-nimmt-man-maenner-aus)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on September 22, 2023, 09:58:15 AM
Eva Marburg @eva_marburg
Wichtige Doku auf @ARTEde  über Sexismus im Kino. Stellt die Frage, was die Bilder und Konstruktionen des Male Gaze eigentlich schon ein Leben lang mit einem machten. ...
11:08 vorm. · 21. Sep. 2023
https://twitter.com/eva_marburg/status/1704784743487701130 (https://twitter.com/eva_marburg/status/1704784743487701130)

"Brainwashed - Sexismus im Kino"
Die Frau im Film: stets schön und sexy - für den "männlichen Blick" geschaffen und zum sexuellen Objekt degradiert. Wie sehr war und ist die Darstellung von Frauen im Film durch den "Male Gaze" geprägt? Der Dokumentarfilm führt vor Augen, wie die Bildsprache des Kinos die Frau zum sexuellen Objekt macht und wie dies die gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen manipuliert.
Regie: Nina Menkes Land: USA (Jahr: 2022)
https://www.arte.tv/de/videos/110260-000-A/brainwashed-sexismus-im-kino/ (https://www.arte.tv/de/videos/110260-000-A/brainwashed-sexismus-im-kino/)


"Brainwashed – Sexismus im Kino": Die Kamera schaut auf Frauen herab
Der Schwenk über nackte Frauenkörper, Übergriffe, die als positiv verkauft werden: In ihrem Film "Brainwashed" dokumentiert Nina Menkes 100 Jahre Sexismus im Film.
Eine Rezension von Carolin Ströbele
4. September 2023
https://www.zeit.de/kultur/film/2023-09/brainwashed-sexismus-im-kino-dokumentarfilm (https://www.zeit.de/kultur/film/2023-09/brainwashed-sexismus-im-kino-dokumentarfilm)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on October 25, 2023, 01:52:52 PM
Quote[...] Im Iran sind zahlreiche Schauspielerinnen mit einem Arbeitsverbot belegt worden. Hintergrund sind Verstöße gegen die ,,islamischen Kleidungsregeln", wie die Zeitung ,,Hamshahri" am späten Dienstagabend berichtete.

Mehr als zehn Frauen sei es nun untersagt, in neuen Filmen zu spielen. Unter den Betroffenen sind die iranischen Filmstars Tareneh Alidoosti, Afsaneh Bajegan oder Katajun Riahi.

Irans Minister für Kultur und islamische Führung verteidigte das Arbeitsverbot. Das Tragen eines Kopftuchs sei eine gesetzliche Pflicht, sagte Mohammed-Mehdi Esmaeili laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim am Mittwoch. Das Ministerium kontrolliert auch die Filmszene, erteilt Erlaubnisse oder spricht Verbote aus.

Im Zuge der Protestwelle im Herbst 2022 im Iran waren mehrere Schauspielerinnen ins Fadenkreuz der Justiz geraten, die sie sich mit der Bewegung solidarisiert hatten. Alidoosti und Riahi etwa wurden zwischenzeitlich inhaftiert.

Auch gegen andere Filmschaffende laufen Verfahren. Auslöser der Proteste war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen des Verstoßes gegen den Kopftuchzwang festgenommen worden war. (dpa)


Aus: "Arbeitsverbot wegen ,,Kopftuchverstößen": Filmstars im Iran abgestraft" (25.10.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/arbeitsverbot-wegen-kopftuchverstossen-filmstars-im-iran-abgestraft-10681075.html (https://www.tagesspiegel.de/internationales/arbeitsverbot-wegen-kopftuchverstossen-filmstars-im-iran-abgestraft-10681075.html)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on November 23, 2023, 09:15:05 AM
Quote[...] Die Zahl der weltweit ermordeten Frauen und Mädchen ist den Vereinten Nationen zufolge 2022 auf den höchsten Stand seit 20 Jahren gestiegen. Rund 89.000 Frauen und Mädchen seien im vergangenen Jahr absichtlich getötet worden, teilten die für Frauen zuständige UN-Organisation UN Women und die für Drogen und Kriminalität zuständige UN-Organisation UNODC mit.

Mehr als die Hälfte dieser Morde, etwa 55 Prozent, seien von Familienmitgliedern oder Partnern begangen worden, hieß es in dem Bericht weiter. Die meisten Morde an Frauen und Mädchen habe es mit rund 20.000 in Afrika gegeben, gefolgt von Asien.

"Die alarmierende Zahl von Femiziden ist ein Warnsignal, dass die Menschheit immer noch mit struktureller Ungleichheit und Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu kämpfen hat", sagte Ghada Waly, Direktorin von UNOCD. "Jedes verlorene Leben ist ein Aufruf zum Handeln." Sie fordert Regierungen auf, die Straflosigkeit zu beenden und mehr zur Prävention von Femiziden zu tun. 


Aus: "2022 weltweit so viele Frauen ermordet wie seit 20 Jahren nicht" (23. November 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-11/vereinte-nationen-frauen-mord-partner-gewalt (https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-11/vereinte-nationen-frauen-mord-partner-gewalt)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on November 28, 2023, 01:02:06 PM
Quote[...] Manon Garcia: ,,Das Gespräch der Geschlechter. Eine Philosophie der Zustimmung". Aus dem Französischen von Andrea Hemminger. Suhrkamp Verlag, Berlin 2023, 332 ­Seiten

... Ist automatisch gut, was juristisch nicht beweisbar oder vielleicht gar nicht justiziabel ist? Mit diesen Fragen im Kopf kann man direkt in Manon Garcias Buch ,,Das Gespräch der Geschlechter" einsteigen. ...

Die Varianten einer Nacht reichen von klarer Vergewaltigung bis zu schlechtem Sex – eine Person denkt, dass sie nicht wirklich Lust hat, willigt aber verbal ein, weil der Partner so nett war, sie nach Hause zu bringen, und das Folgende irgendwie zu erwarten war. Letzteres ist nicht justiziabel, eine klare Täterschaft ist hier nicht erkennbar. Vielmehr führt eine patriarchale Prägung dazu, dass die Frau mitmacht – und der Mann ihre Lust gar nicht erst wirklich auf dem Schirm hat.

Wir leben in einer Kultur, die über Jahrtausende das Bild des handelnden Mannes und der empfangenden Frau etabliert hat und worin Frauen als tugendhaft gelten, wenn sie sich zieren. Sex findet nicht in einem hierarchiefreien Raum statt, sondern mitten in pa­tri­ar­cha­len Strukturen, die uns von Jean-­Jacques Rousseau bis zur heutigen Pornoindustrie einreden, dass Frauen Ja meinen, wenn sie Nein sagen.

Wie Manon Garcia in ihrem Buch zeigt, ist Nein zu sagen in anderen Lebenslagen keine akzeptierte direkte Umgangsform: ,,Schweigen, Komplimente, schwache Akzeptanz (,hmmm... warum nicht?') werden bevorzugt, anstatt einfach ,nein' zu sagen, und ,nein' zu sagen birgt die Gefahr, als sehr schroffe oder sogar verletzende Antwort wahrgenommen zu werden."

Besonders von Frauen wird erwartet, dass sie ihre Nichtzustimmung höflich äußern. Beobachten Sie sich einmal selbst oder etwa Ihre Kol­le­g*in­nen, wann Sie oder die anderen ein Nein als Stärke empfinden und wann als unhöflich, zu autoritär, zu ruppig. Beim Sex schließlich, in einer Situation, worin man vielleicht am verletzlichsten ist, sollen Frauen dann glasklar sagen: Nein, das will ich nicht.

Häufig steckt hinter der Erwartung, eine Person habe Nein sagen sollen, das Bild des fremden Vergewaltigers. Dabei wissen wir, dass die Täter häufig im Freundes- und Bekanntenkreis sind. Und es sind nach deutscher Kriminalstatistik zu 98 Prozent Männer. Eine Umfrage vom Institut national des ­études ­démographiques ergab 2016 in Frankreich, dass in 91 Prozent der Fälle das Opfer den Täter kannte und in 47 Prozent der Fälle der Täter der Ex- oder Ehepartner war. Wer sich das vor Augen führt, versteht, weshalb es schwerfallen kann, eine klare Ablehnung zu formulieren.

Wenn ein Nein nun keine ausreichend belastbare Abgrenzung ist – was genau bedeutet das? Reicht ein Ja am Anfang des Geschlechtsverkehrs? Oder ist das Ja nicht sogar im Eheversprechen enthalten? Schließlich war in Deutschland noch bis 1997 Vergewaltigung in der Ehe nicht illegal. Ursprünglich sollte, so stellt Garcia es dar, die rechtliche Sanktionierung einer Vergewaltigung auch nicht unbedingt Frauen schützen, sondern Ehemännern das sexuelle Vorrecht auf ihre Frauen sichern.

Es ist dieser präzise Blick auf diverse Begriffe und ihre Geschichte rund um die sexuelle Selbstbestimmung der Frau, der ,,Das Gespräch der Geschlechter" so bereichernd macht. Für ihr Buch wurde Garcia letztes Jahr mit dem Prix des ­Rencontres Philosophiques de ­Monaco ausgezeichnet. Manche theoretische Umdrehung ist für die Alltagslektüre etwas mühsam, aber in der Summe wirft Garcia genügend Anker, um immer wieder ins Thema zu finden.

Einem Exkurs ins Privatrecht folgt etwa eine Analyse von Verträgen im BDSM (kurz für Bondage und Disziplin, Dominanz und Submission, Sadismus und Masochismus). Während hier der Vertrag schon Teil des Spiels ist, wird eine vertragsähnliche Situation von den Gegnern einer Strafrechtsänderung in Richtung ,,Ja heißt Ja" immer als Horrorszenario angeführt: Sex nur noch mit Vertrag. Was eben irreführend wäre, denn Zustimmung kann nicht einfach einmalig gegeben werden, wenn noch gar nicht abzuschätzen ist, wozu alles. Manon Garcia plädiert für ein erotisches Gespräch der Geschlechter. Nur, wie kommt man dahin?

Bereits vorgedacht hat es mal wieder Simone de ­Beauvoir: ,,Die erotische Erfahrung gehört zu denen, die dem Menschen die Ambiguität des Menschseins am eindringlichsten enthüllen. Er empfindet sich als Körper und als Geist, als der andere und als das Subjekt." Wer diese Ambiguität, Subjekt und Objekt zu sein, anerkennt, ist nach Simone de Beau­voir authentisch – und habe guten Sex, sagt über 70 Jahre später Manon Garcia.

Guter Sex entstehe aus der Tatsache, ,,dass man gibt, dass man sich selbst gibt und dass man empfängt". Man muss sich also erst einmal als handelnde und empfangende Person sehen, sich selbst in Beziehung zueinander sehen, zumindest für den sexuellen Akt. Darin enthalten ist die Frage, was der anderen Person wohl Lust bereitet – und was einem selbst.

Um zu verstehen, wie ein erotisches ,,Gespräch der Geschlechter" funktionieren kann, kann man sich auch ein verbales Gespräch einmal vorstellen: Ein Mann sitzt an einer Bar und textet eine Frau zu. Wie kann der Mann denken, dass sein Gegenüber Spaß hat? Bemerkt er überhaupt seinen Penis-Monolog?

Bei Manon Garcia lernen wir den Begriff der epistemischen Faulheit kennen, den sie von José Medinas ,,aktiver Ignoranz" ableitet. Man(n) entscheidet sich, die Lust der Frauen zu ignorieren. Sonst würde er sich, im Gespräch, vielleicht fragen: Will diese Frau wirklich so ausführlich über das Römische Reich informiert werden? Wann habe ich ihr eigentlich zuletzt eine Frage gestellt? Gleichzeitig: Warum sagt sie ihm nicht endlich, dass sie seine Ausführungen langweilen? Worüber möchte sie sprechen? Wie beim Sex kann die verbale Kommunikation nicht als ,,Einer gibt und eine nimmt" gedacht werden.

Wenn die Anwälte von Till Lindemann also behaupten, dass alle öffentlich bekannten sexuellen Handlungen einvernehmlich waren, würde man schon gerne – fernab des Gerichtssaals – genauer wissen, wie Lindemann diese Einvernehmlichkeit festgestellt haben will. Wer sich als Fan hinter der fehlenden strafrechtlichen Beurteilung des Bekannten versteckt, offenbart eine Sexualmoral, die die Erniedrigung von Frauen in Kauf nimmt. Die ausverkauften Konzerte sprechen für sich.


Aus: "Wider die Penis-Monologe" Katrin Gottschalk (18.10.2023)
Quelle: https://taz.de/Neues-Buch-von-Manon-Garcia/!5964066/ (https://taz.de/Neues-Buch-von-Manon-Garcia/!5964066/)

QuoteChris McZott
19. Okt, 08:11

Ich habe den Eindruck dass der Text (bereits gewonnene) Kämpfe der 60/70er Jahre nachspielt.


Quotesàmi2
    19. Okt, 10:18

    @Chris McZott Leider nein. Bereits gekämpft, ja, aber nicht gewonnen.


QuoteStreberin
19. Okt, 10:51

Ich habe das Buch " On ne naît pas soumise, on le devient" ("Wir werden nicht unterwürfig geboren") von Manon Garcia gekauft und nach einem ersten Anlesen liegt es nun wie Blei unten in meinem Bücherstapel. "On ne naît pas femme, on le devient ("Man ist nicht als Frau geboren, man wird es") von Simone de Beauvoir hat das alles schon geschrieben. Das Buch von Garcia kann sich also allenfalls in die Fülle der Lebensratgeber einreihen.

Und der Grund, warum Till Lindemann kein verurteilter Straftäter ist, glaubt man der Presse, ist das seine Opfer mehr öffentlichkeitswirksam mit den Medien und weniger als Zeuginnen mit der Staatsanwaltschaft gesprochen haben.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on December 18, 2023, 05:29:59 PM
Quote[...] Der Autor Sebastian Leber ist Tagesspiegel-Reporter und verbringt zu viel Zeit im Internet. In seiner Kolumne ,,Auf dem Schirm" beleuchtet er alle vier Wochen die wunderbaren und die verstörenden Seiten des Digitalen.

Im Netz tauschen sich Männer darüber aus, wo sie mit Prostituierten für möglichst wenig Geld möglichst viel anstellen können – auch gegen den Willen der Frauen.

Der Nutzer, der sich ,,DerBlankeHans" nennt, hat einen heißen Tipp, wie man diese eine Prostituierte vom Berliner Straßenstrich zum Geschlechtsverkehr ohne Kondom bekommt, und zwar ohne Aufpreis. Die Frau habe nämlich Sehprobleme, verrät er im Forum. Deshalb: ,,Einfach die Brille abnehmen, dann sieht sie nicht, dass du das montierte Gummi wieder abstreifst, blank rein damit und 50 Euro gespart."

Dieser Ratschlag ist ernst gemeint. So, wie auch die übrigen Tipps und Erfahrungsberichte, die Männer in sogenannten ,,Freierforen" im Internet austauschen. Beliebte Fragenkomplexe: In welchem Bordell oder an welcher Häuserecke kann ich für möglichst wenig Geld meinen Willen durchsetzen? Welche Frau lässt sich zu Praktiken überreden, die sie zunächst kategorisch ausschließt? Wo finde ich ,,Frischfleisch" zum ,,Teenie-Fick"?

Es ist wie bei gutefrage.net, nur halt in menschenverachtend.

Verteidiger der Prostitution, vor allem die von Bordellbetreibern durchsetzten Lobbyverbände, verbreiten gern die Erzählung, bei Freiern handle es sich überwiegend um höfliche, respektvolle Männer, die Prostituierte als Menschen wertschätzten, oftmals im Grunde gar keinen Sex suchten, sondern Geborgenheit und ein Gegenüber zum Reden. Ein Blick in die ,,Freierforen" kuriert einen von diesem Irrglauben.

Da werden – bei Nennung von Namen und Adressen – drogensüchtige Prostituierte empfohlen, die so dringend Geld benötigen, dass sie schon für 15 Euro zum Geschlechtsverkehr bereit sind. Und die es sich hinterher auch gefallen lassen, wenn man dann doch bloß zehn Euro zahlt.

Freier tauschen sich darüber aus, wie sie Prostituierte, die sie aus Versehen geschwängert haben, am besten zur Abtreibung überreden. Sie höhnen darüber, wenn eine Prostituierte offensichtlich von einem Zuhälter abhängig ist (,,Also sie muss noch eine Weile die Beine breit machen, damit die S-Klasse weiterrollen kann hehe"). Sie höhnen auch darüber, wenn eine Prostituierte auf dem Straßenstrich psychisch erkrankt ist und man dies sofort erkennt.

Sie bewerten die Körper der Frauen (,,Muschi hatte Grip") und deren Herkunft (,,Die Vietnutten lassen sich immer schwer abschätzen, wie alt die sind"). Eine typische Beschreibung lautet etwa: ,,Ich denke, sie ist so zwischen 30 und 40, aber supereng, richtig große, kaum hängende Glocken."

Der Tonfall ist vulgär, meist erniedrigend, oft bösartig. Niemals wird ein Nutzer von anderen darauf hingewiesen, dass das, was er schreibt, respektlos sei. Im Gegenteil: Wer damit prahlt, er habe ,,sofort einen Arschfick für einen unmoralisch niedrigen Preis rausgehandelt", erhält Komplimente.

Die Namen der Webseiten möchte ich an dieser Stelle nicht nennen, denn zusätzliche Reichweite ist das Letzte, was sie verdienen. Doch sie sind zahlreich und gut besucht. Ihre Betreiber geben sich nicht mal die Mühe, sie im Darknet zu verstecken.

Prostituierte werden in der Regel als geldgierig und faul beschrieben oder als entgegenkommend. Letzteres bedeutet, dass man sie ausnutzen kann. Ansonsten beschweren sich Nutzer darüber, dass diese oder jene Frau zu viel rede, zu dick oder ,,verbraucht" sei, insgesamt ein ,,nerviges Wesen" habe. Ein Nutzer beschreibt, wie ihm eine gebuchte Prostituierte nach dem Entblößen dann doch zu unattraktiv war: ,,Hab ihr in den Mund gespritzt und dann nischt wie weg."

Im populärsten dieser Foren gibt es einen eigenen Thread zum Thema ,,Sex mit Obdachlosen". Dort tauschen sich Männer darüber aus, wie sie bettelnde Frauen zum Sex überreden und wo eigene Toleranzgrenzen liegen (,,Dass sie nach tagelang in denselben Klamotten roch, störte mich nicht"). Einer berichtet von einer ,,Junkiebraut", die für zehn Euro zum Oralverkehr in einer Parkanlage bereit war. Der Nutzer schreibt: ,,War nur etwas drollig, weil ich hatte dann nur 5 Euro dabei. Aber war mir auch egal, habe ihr das Geld hingeworfen..."

Vertreter der Lobbyverbände behaupten, diese Foren seien nicht repräsentativ. Die große Mehrheit der Freier denke und handle vollkommen anders. Wer soll das glauben? Freierforen, in denen sich die Männer über respektvollen Umgang mit Prostituierten austauschen, über Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Gesundheitsschutz und gerechte Entlohnung diskutieren, finden sich seltsamerweise keine.

Update: Nach Veröffentlichung dieser Kolumne erreichten mich heute einige Nachrichten auf Social Media von Menschen, die mir unterschiedliche hanebüchene Gründe vortrugen, weshalb die zitierten Kommentare der Freier angeblich gar nicht so menschenverachtend seien und das Problem insgesamt nicht so schlimm sei.

Zum Beispiel dürfe man die Ausführungen der Freier nicht allzu ernst nehmen, da sich die Server dieser deutschsprachigen Foren nun einmal im Ausland befänden und die deutsche Justiz deshalb nicht gegen die Beiträge vorgehen könnte.

Weil diese Freier also keine Zensur fürchten müssen und deshalb einfach ungefiltert schreiben können, was sie wirklich denken, sind diese Beiträge weniger ernstzunehmen? Das ist im Grunde so, als fände man das Agieren von Bankräubern nicht so schlimm, wenn keine Polizei in der Nähe ist. Ich kann mir kaum ein absurderes Argument vorstellen.

Update 2: Auch in einem der hier beschriebenen Foren wird der Artikel jetzt diskutiert. Der Nutzer mit dem Pseudonym ,,Teenieknacker" bedauert es, dass er im Text nicht erwähnt wird. Ein anderer schreibt, Journalisten sollten doch mal lieber darüber berichten, dass die Prostituierten die eigentlichen Täter sind und die Freier die Opfer. Auch dieser Beitrag wirkt, soweit ich es beurteilen kann, ernst gemeint.


Aus: "Betrügen, erniedrigen, missbrauchen: Die menschenverachtende Welt der Freierforen" (10.12.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/betrugen-erniedrigen-missbrauchen-die-menschenverachtende-welt-der-freierforen-10897729.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/betrugen-erniedrigen-missbrauchen-die-menschenverachtende-welt-der-freierforen-10897729.html)

QuoteStefanW
10.12.23 19:21

Vielen Dank an Herrn Leber für die oft stets wichtigen Beiträge/Reportagen. Allein die Recherche zu dieser Kolumne mit Zitaten wie aus einem Horrorfilm war sicher nicht einfach.

Das Hauptproblem scheint mir in der materiellen Wehrlosigkeit der Frauen - sei es körperliche Gewalt, sei es Existenzangst, sei es Abhängigkeit, sei es der fehlende Aufenthaltstitel - zu bestehen.

Den Pychopathen mit Penis macht es der Straßenstrich leicht. Die Nachfrage ist da.

Meines Wissens nach prostituieren sich vermögende Frauen recht selten.

Hier(!) sollte es mehr Regeln zur Transparenz und mehr Angebote zum Schutz geben, die am Ende nicht (auch) die Opfer bestrafen.

Verbote klingen einfach, lösen aber leider nichts.

Und die 'professionelle' Sexarbeit ist nur ein kleiner Ausschnitt der sexuellen Gewalt in unserem Land.

Den hier zitierten Männern geht es nicht um Sexualität, die per se friedfertig ist.
Es geht um Macht, Manipulation und Gewalt - also das Gegenteil von Sex.
Mangels eigener positiver Erfahrung oder ehrlicher Aufklärung in Elternhaus/Schule oft nur durch die Pornoindustrie erlernt.

Und vergessen wir nicht, welcher Möchtegern Kanzlerkandidat der Union 1993 die Vergewaltigung in der Ehe als nicht strafbare 'eheliche Pflicht' verteidigte.


Quotese2022
10.12.23 18:48

Psychische und physische Gewalt. Diese Typen gehören zusammen mit den entsprechenden Zuhältern und Menschenhändlern in den Bau.


QuoteGlasblume
10.12.23 17:04

Starke Männer müssen Frauen nicht klein halten, um sich mächtig zu fühlen.

- Michelle Obama


QuoteSchartinMulz
14.12.23 11:26
Ja, hat denn irgendjemand daran gezweifelt, dass es Ar***löcher auf dieser Welt gibt?
Gerade unter den armen Würstchen dieser Welt sind sie weit verbreitet. Wie weit muss man gesunken sein, um in einem Forum damit anzugeben, dass man 40 € gezahlt hat, um mit einer Minderjährigen Sex zu haben?
Das Internet bringt solche Idioten an die Oberfläche. Man sollte aber nicht den Fehler begehen, sie für repräsentativ zu halten.
Und da ist m.E. der Fehler des Artikels. Neben der berechtigten Empörung bringt er leider auch eine Pauschalisierung. Ich glaube nicht, dass jeder, der ins Bordell geht, so ein Ar*** ist.


Quoteashamon
13.12.23 14:23

Ich habe die Seiten im Internet gelesen. Die Beispiele sind alle aus einem einzigen speziellen Forum, wo es darum geht, wie man zu einer illegalen Form der Prostitution kommt, nämlich ungeschütztem Verkehr. Das ist eine üble, aber auch kleine Community. Zu suggerieren, das würde den normalen Freier beschreiben, ist journalistisch unsauber, da müssten die Foren breiter recherchiert werden.


QuoteBluecher
11.12.23 18:17
Ich darf mich hier mal ganz kurz einmischen. Ich besuche seit ca 30 Jahren mal mehr und mal weniger regelmäßig Prostituierte.
Leider stimmt es, daß es einen Straßenstrich gibt, auf dem - dezent formuliert - wenig angenehme Verhältnisse herrschen und ebenso stimmt es, daß es Foren im Netz gibt, in denen eine ziemlich menschenverachtende Sprache herrscht.
Das ist genau das gleiche Problem,. das Hilfsarbeiter ohne Ausbildung mit Alkoholproblemen in gleicher Weise bei der Jobsuche regelmäßig erleben! Wenn die Not groß genug ist, dann nimmt man jede Arbeit an. Ich finde es erschreckend, daß Mädchen von 15 Jahren auf der Straße leben müssen, wie ich beim Engagement für eine Obdachlosenhilfe erfahren habe.
Ich kann aber auch versichern, daß es Sex-Clubs gibt, in denen ein gepflegter Umgangston herrscht und wo man als Gast/Kunde nach dem Treff im Sexclub noch einen Trinken geht. Da kommt dann ein Mädel zum Kunden und erzählt freudig, daß sie jetzt genug Geld habe, um für sich und ihre Eltern ein Haus in Rumänien zu kaufen odfer eine Nebenerwerbsprostituierte erklärt, daß sie sich jetzt endlich die ETW leisten kann.
Jeder bilde sich selbst ein Urteil, was denn die vorherrschenden Verhältnisse im Sex-Bizz sind? Der Straßenstrich oder der gepflegte Club?
Und der Tagesspiegel täte gut daran, seine Behauptung, daß die Prostituierten-Verbände mit Zuhältern durchsetzt seien, durch nachvollziehbare Fakten zu beweisen! Ohne Beweis ist diese Behauptung eine Frechheit.


QuoteStefanW
12.12.23 20:21
@Bluecher am 11.12.23 18:17

    Da kommt dann ein Mädel zum Kunden und erzählt freudig, daß sie jetzt genug Geld habe, um für sich und ihre Eltern ein Haus in Rumänien zu kaufen odfer eine Nebenerwerbsprostituierte erklärt, daß sie sich jetzt endlich die ETW leisten kann.

Sie reden sich tagtäglich ihre Welt aber schön.

In der Sie nach eigenen Angaben seit 30 Jahren Intimität für Geld kaufen (müssen).

Allein das Wort "Mädel" ...


Quotelieber_feminismus_de
10.12.23 20:11
Üppige Zitatsammlungen mit teils noch schlimmeren Kommentaren sind im Internet leicht zu finden. Es bedarf ihrer Lektüre nicht, um zu erkennen, dass Prostitution auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. Wenn's aber hilft, Menschen zu dieser Erkenntnis zu verhelfen, go for it!

Zu suggerieren, nur "Lobbyisten" seien gegen gesetzliche Maßnahmen zur Eindämmung oder Abschaffung der Prostitution, halte ich indes für wenig hilfreich. Diese Behauptung ist leicht zu widerlegen und lenkt von Aspekten ab, deren Hervorhebung viel nützlicher wäre, etwa die häufigen psychischen Folgen der Prostitution. Die sind viel krasser, als es zum Beispiel meiner Wenigkeit bewusst war, bis ich vor wenigen Jahren erstmals darüber las. Darüber aufzuklären, wäre vielleicht nützlicher, als so zu tun, als seien er Deutsche Frauenrat, die Deutsche Aidshilfe, der Deutsche Juristinnenbund, die Diakonie Deutschland und die Fachstelle gegen Frauenhandel contra e. V. Kiel "Lobbyisten" der Zuhälter. Das schreibe ich wohlgemerkt als jemand, der das Nordische Modell sehr gern ausprobieren würde.


Quotes_leber
11.12.23 10:19
@lieber_feminismus_de am 10.12.23 20:11

>Diese Behauptung ist leicht zu widerlegen

Diese Behauptung wird im Artikel gar nicht aufgestellt.


QuoteTuniFynn
10.12.23 19:54

Weiter unten erwähnt ein Forist die männliche Prostitution. Und ohne nun von dieser zutiefst menschenunwürdigen Form des Freierverhaltens und primitiv-brutalen Freier-Austauschs ablenken zu wollen, stelle ich mir vor, dass es männlichen Prostituierten letztlich nicht wesentlich besser ergeht (damit sind nicht die Parks gemeint, in denen sich Homosexuelle abends oder nachts sozusagen freiwillig zum Sex treffen).


QuoteJulina
10.12.23 19:42

Prostitution ist zutiefst ... sexistisch. Das zeigt der in Freierforen geschilderte Blick auf Frauen.
Es sind Kollegen, Partner, Brüder, Väter, die Prostituierte ausnutzen - und verachten, wie sich in diesen Foren zeigt. Dabei ist das Verhalten dieser Männer zu verachten.


QuotePolizeiphilosoph
10.12.23 19:40
Also ich glaube schon, dass die meisten Leute, die Prostituierte aufsuchen, gar nicht groß darüber reden und sich entsprechend auch nicht in Internetforen austauschen.

Wenn man schon liest, dass die es gut finden, mit einer Prostituierten auf dem Straßenstrich ohne Kondom Sex zu haben, dann weiß man doch, dass das keine "normalen" Menschen sein können. Wer so wenig um die eigene Gesundheit besorgt ist, dem ist auch alles andere scheißegal.


QuoteZarquon
10.12.23 19:30

In einer Gesellschaft gibt es respektvolle und weniger respektvolle Menschen. Gerade in der Pandemie war das für mich so offensichtlich wie noch nie zuvor. Das lässt sich vermutlich nicht ändern.


QuoteStefanW
10.12.23 20:05
@Zarquon am 10.12.23 19:30

Es lässt sich aber mittels Rechtsstaat ändern, ob Psychopathen oder Opfer gewinnen.


QuoteMartin_Kniffke
10.12.23 19:06

    (...) diese Foren seien nicht repräsentativ. (...)

Selbstverständlich sind diese Foren repräsentativ. Und zwar für genau den Schnitt durch die Gesellschaft, der sich an anderer Stelle über die billigste Art austauscht, irgendjemandem ein Schrottinvestment anzudrehen. Wie man mit Immobilien die meiste Rendite macht. Oder dem Saisonarbeiter möglichst gar nichts bezahlt und ihm dafür aber noch in der Schrottunterkunft Miete abnimmt.

Ich kann nur jedem Menschen wünschen, dass sie, er seinen Körper nicht in der Prostitution verkaufen muss. Und dabei natürlich auch mit solchen widerlichen Verbrechern konfrontiert ist.
Und sei es nur solche, die in solchen Foren behaupten all das bekommen zu haben. Um als der härteste Stecher dazustehen. Aber es in Wahrheit gar nicht bekommen. Auch das macht Stimmung und stellt ein hohes Risiko für die Betroffenen dar.

Aber zu behaupten, die Prostitution stelle eine Ausnahme in unserer internationalen Weltwirtschaftsordnung dar, sollte man schon hinterfragen. Und das nicht mit dem Ziel irgendetwas hier wie da beschönigen oder in den Wettbewerb schicken zu wollen.

Prostitution ist auch hier in hübsch dekorierter Metropole und Prosperität, einer der augenfälligeren Wirtschaftsbereiche, in denen der ungeregelte, schmutzige Kapitalismus noch so ist wie tagesaktuell in den meisten Teilen der Welt - eben wie 19.Jahrhundert.

Einschliesslich der besonderen Aufgeladenheit in der Frage, welchem Erwachsenen eigentlich wie sein Körper gehört. Und was davon zum Verkauf stehen darf. Aus der Sicht der anderen. Der Wohlmeinenden. Die ständig und alltäglich Körper, Arbeitszeit, Zuwendung, Dienstleistung einkaufen, verkaufen und handeln.

Wollte man der Empörung, denen aus solcher Aufgeladenheit formulierten Forderungen folgen, müssten eigentlich schon unsere Schlachthöfe, die Zerteilereien, die Wurstfabriken geschlossen sein.

Aller Voraussicht [nach] wird zu organisieren sein: Wie Prostituierte sicher ihrem Beruf nachgehen können.

...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on December 25, 2023, 01:18:10 PM
Quote[...] Paul Hildebrandt: Inwiefern unterscheidet sich eine Psychotherapie bei Männern und Frauen?

Björn Süfke: Das Grundproblem von vielen Männern: Aufgrund ihrer eher männlichen Sozialisation wurde ihnen der Zugang zu Gefühlen stark aberzogen. Trauer, Angst, Scham, Schuld: Wir lernen schon in der Kindheit, das unbewusst abzuspalten. Ich habe selbst unter dieser traditionellen Vorstellung von Männlichkeit gelitten. Als Kind habe ich beispielsweise regelmäßig gehört, dass ein Junge nicht weinen soll. Und ich dachte damals: Aber ich bin doch jetzt traurig und weine. Mich hat das irritiert, dieses Sich-darstellen-Müssen, die Unnahbarkeit. Das konnte und wollte ich nicht leisten. Als Männer haben wir in der Regel gelernt, diesen Zugang zu Gefühlen abzuwerten. Aber genau den benötigten wir in der Psychotherapie. Eine wichtige Frage in der Therapie lautet zum Beispiel: "Wie geht es Ihnen?" Männer antworten dann oft: "Das weiß ich jetzt nicht." Sie wechseln das Thema oder wehren ab. Ein klassisches Beispiel: Ein Mann kommt nach Hause und wird gefragt: "Wie geht es dir?" Der Mann antwortet mit einer Floskel: "Muss ja." Das erschwert psychotherapeutisches Arbeiten extrem und das muss ich in der Therapie mit Männern berücksichtigen.

... Wenn jemand im Gespräch eine Abwehrhaltung einnimmt, dann spreche ich das an. Ich sage zum Beispiel: "Jetzt frage ich Sie wieder nach Ihren Gefühlen, Herr Meier. Das werden Sie im Leben ja nicht sehr oft gefragt, oder? Wie war das bei Ihnen?"

... Manche sind berührt davon, dass sich überhaupt jemand für ihre Gefühle interessiert. Viele reagieren auch betroffen, wenn sie realisieren: Sie haben eigentlich keine Antwort auf die Frage, wie es ihnen geht. Die merken dann: Ich beschäftige mich damit, Leistung zu bringen, aber nicht mit meinen Gefühlen. Damit kann ich als Therapeut dann weiterarbeiten und anbieten: "Ich kann Ihnen helfen, das herauszufinden." Das funktioniert natürlich nicht immer, manchmal dauert es einige Sitzungen, um auf diese Ebene zu kommen.

...  In unsere Beratungsstelle kommen Männer, die wegen Magenbeschwerden und anderen Stresssymptomen von der Ärztin oder vom Arzt geschickt wurden, solche, deren Partnerinnen sagen: "Wenn sich nichts ändert, müssen wir uns trennen." Manche Männer schickt das Jugendamt, andere das Gericht, oft wegen Gewaltdelikten. Wir haben Väter, die sich einfach in ihrer Rolle als Vater reflektieren wollen, und Sexualstraftäter, die schlimmste Grenzverletzungen begangen haben. ... Viele Männer erkennen am Anfang nicht, was ihnen eine Therapie bringen könnte. Ich betrachte es mittlerweile als meine Aufgabe, genau das deutlich zu machen. Ich begreife das als Herausforderung, wenn jemand mit verschränkten Armen vor mir sitzt und sagt: "Das Gericht hat mich geschickt. Ich halte von euch Psychoheinis nichts."

... Bei uns kommt jeder Zweite nach dem Erstgespräch nicht wieder. In manchen Männerberatungsstellen sind es sogar 90 Prozent. Ich bin mir sicher, bei Frauen sind es deutlich weniger. Oft kommen Männer mit einem akuten Problem, zum Beispiel nach einer Gewalttat in der Partnerschaft. Doch sobald sich die Situation etwas beruhigt hat, haben sie das Gefühl, dass das Problem gelöst ist.

... Gefühle sind Informationsquellen, die man zum Überleben braucht. Angst zeigt Gefahr an, Ärger zeigt Grenzüberschreitungen an und Hilflosigkeit zeigt: Ich kann das Problem nicht allein lösen. Wenn Sie diese Gefühle nicht lesen können, sind Sie nicht in der Lage, darauf angemessen zu reagieren. Manche Männer können zum Beispiel nicht mit Streit in der Beziehung umgehen, mit der Trauer über die Demütigung. Sie schlagen dann einfach zu. Es kann also gefährlich sein, keinen richtigen Zugang zu seinen Gefühlen zu haben. Es kann uns auch krank machen, denn viele Krankheiten brechen erst durch unterdrückte und abgespaltene Gefühle aus. Und es kann sogar schlimmere Folgen haben. Depressionen werden bei Männern oft nicht diagnostiziert, weil sie sich anders äußern als bei Frauen: Männer mit Depression neigen eher zu Gewalt, zu Straftaten oder zu irrem Leistungsdruck. Drei Viertel der Suizide werden von Männern begangen, das hängt sicher auch mit unbehandelten Depressionen zusammen.

... Männer dürfen heute auch emotional zugewandt sein und zum Beispiel die Kinderbetreuung übernehmen. Aber selbst wenn Sie ein aufgeklärter Mann sind und feministische Bücher lesen: Sie können in dieser Gesellschaft nicht leben, ohne ständig mit traditionellen Männlichkeitsforderungen konfrontiert zu werden. Schauen Sie sich politisch um: Erdoğan, Putin, Trump. Oder die AfD mit Björn Höcke, der arbeitet explizit mit solchen traditionellen Männlichkeitsbildern. Die erleben immer wieder ein Revival. Es braucht unheimlich viel Zeit, Geschlechterrollen zu ändern, weil sie unbewusst funktionieren.

... Es gibt jetzt eine Generation von Männern, die ist mit den Errungenschaften der Frauenbewegung aufgewachsen, mit geteilter Elternschaft und Mädchen, die auf dem Schulhof gleichberechtigt Forderungen stellen. Es gibt einen wahrnehmbaren Wandel, aber grundlegende Aspekte traditioneller Männlichkeit sind weiterhin akut, vor allem eben die Gefühlsabwehr und die Leistungsorientierung. Man könnte auch sagen: Der Marlboro-Mann als männliches Role-Model verändert sich vielleicht, aber er wird uns noch lange begleiten.


Aus: "Psychotherapie für Männer: "Männer haben oft keine Antwort auf die Frage, wie es ihnen geht"" (13. Februar 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/campus/2022-02/psychotherapie-maenner-mentale-gesundheit-bjoern-suefke (https://www.zeit.de/campus/2022-02/psychotherapie-maenner-mentale-gesundheit-bjoern-suefke)

Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on January 27, 2024, 11:38:39 AM
Quote[...] Der 18-Jährige, der eine gleichaltrige Schülerin in St. Leon-Rot bei Heidelberg getötet haben soll, sollte seinem Opfer nach einer Intervention der Schule eigentlich nicht mehr über den Weg laufen. Die Schule habe sich nach einer Anzeige der Schülerin wegen Körperverletzung im vergangenen Jahr mit der Polizei abgestimmt, teilte der Kommunikationsexperte Dirk Metz am Freitag im Rathaus der Gemeinde mit. Metz war von der Schule in der Sache beauftragt worden.

Es seien nach sorgfältiger Abwägung Vereinbarungen getroffen worden, dass die beiden Personen sich ,,möglichst nicht begegnen", sagte Metz. ,,Das war das Hauptziel." Zuletzt hätten alle Beteiligten den Eindruck gehabt, dass sich die Dinge beruhigt hätten. ,,Hundertprozentige Sicherheit gibt es halt nicht."

Der 18-Jährige war nicht nur der Schule, sondern auch der Polizei bekannt. Im November 2023 hatte die Schülerin Anzeige wegen Körperverletzung gegen den 18-Jährigen erstattet. Das geht aus Informationen von Polizei und Staatsanwaltschaft hervor. Wenige Tage nach dem Vorfall sowie Mitte Dezember 2023 hätten die Beamten zudem sogenannte Gefährderansprachen gehalten.

Ein gerichtlich angeordnetes Kontaktverbot gab es nicht. Nach bisherigen Erkenntnissen waren das Opfer und der mutmaßliche Täter im Jahr 2023 zeitweilig liiert. Zum Zeitpunkt der Tat sei die Beziehung jedoch bereits beendet gewesen, so die Staatsanwaltschaft.

Inzwischen sitzt der mutmaßliche Täter in Haft. Er sei der Haftrichterin vorgeführt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Sie habe einen Haftbefehl erlassen, woraufhin der 18-Jährige in eine Justizvollzugseinrichtung gebracht worden sei.

Der 18 Jahre alte Deutsche desselben Gymnasiums in St. Leon-Rot steht unter Verdacht, das gleichaltrige Opfer am Donnerstag mit einem Messer in der Schule umgebracht zu haben. Der Beschuldigte sei daraufhin ,,zeitweise mit sehr hoher Geschwindigkeit" vor den Polizeikräften geflohen und habe schließlich einen Unfall mit einem unbeteiligten Fahrzeug gebaut.

Sowohl der 18-Jährige als auch der Fahrer des anderen Fahrzeugs seien verletzt worden. Beide seien zunächst in umliegende Krankenhäuser gebracht worden. Die Ermittler hatten bereits am Donnerstag wiederholt davon gesprochen, dass sie von einer Beziehungstat ausgehen.

Dirk Lutschewitz sagte am Freitag, dass die Tat alle sehr erschüttert habe. ,,Seit gestern ist nichts mehr so wie vorher." An Normalität sei derzeit in der Schulgemeinschaft nicht zu denken. Irgendwann werde man versuchen, den Weg zurückzufinden zur Normalität – aber nun brauche es Zeit, um zu trauern und zu verarbeiten.

Der schulpsychologische Dienst sei im Einsatz, die Aufarbeitung habe begonnen. Die Schule plane, den Schülerinnen und Schülern gruppenweise die Gelegenheit zu geben, über die Geschehnisse zu sprechen und sich auszutauschen. Auch eine Trauerfeier sei geplant. Der Termin sei noch unklar.

Es ist nicht der einzige derartige Fall in jüngster Vergangenheit: Im November hatte ein 15-jähriger Deutscher in einer sonderpädagogischen Schule in Offenburg einen gleichaltrigen Mitschüler erschossen. (dpa)


Aus: "Mord am Gymnasium St. Leon-Rot: Schule wollte Kontakt zwischen 18-Jährigem und Opfer unterbinden" (26.01.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/mord-am-gymnasium-st-leon-rot-schule-wollte-kontakt-zwischen-18-jahrigem-und-opfer-unterbinden-11118826.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/mord-am-gymnasium-st-leon-rot-schule-wollte-kontakt-zwischen-18-jahrigem-und-opfer-unterbinden-11118826.html)

QuoteKoenigDickbauch
26.01.24 19:53

    Die Ermittler hatten bereits am Donnerstag wiederholt davon gesprochen, dass sie von einer Beziehungstat ausgehen.

"Beziehungstat" ist ein schrecklicher Euphemismus für Femizid. Als ob der Grund für diesen Mord in der Beziehung zu suchen wäre und dadurch das Opfer irgendwie auch ursächlich daran beteiligt gewesen wäre. Wie der Begriff "häusliche Gewalt" der ein gesellschaftliches und strukturelles Problem auf eine innerhäusliche, also private Ebene reduzieren möchte.

Es sind in der absoluten Mehrheit Männer, junge oder ältere, die unfähig sind, ein gewaltfreies Beziehungsleben zu führen, und nicht mit vermeintlichen Enttäuschungen oder Zurückweisungen umgehen können. Das Problem ist ein grundlegendes, nämlich Gewalt von Männern gegen Frauen, in leider so vielen Bereichen der Gesellschaft. Es sollte auch so benannt werden.


QuotePat7
26.01.24 20:40

@BR am 26.01.24 19:01
Jeden 3.ten Tag ein vollendetes Tötungsdelikt an einer Frau oder einem Mädchen aus diesem Grund.

Mindestens jeden Tag ein solcher Versuch und die Gesellschaft nimmt es hin, eben auch wegen dieser Wortwahl mit der die Polizei diese Verbrechen bagatellisiert und dem Opfer eine Mitschuld zuweist.


...
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on January 31, 2024, 11:37:33 AM
Quote[...] For almost a whole day last week, deepfake pornographic images of Taylor Swift rapidly spread through X. The social media platform, formerly Twitter, was so slow to react that one image racked up 47m views before it was taken down. It was largely Swift's fans who mobilised and mass-reported the images, and there was a sense of public anger, with even the White House calling it "alarming". X eventually removed the images and blocked searches to the pop star's name on Sunday evening.

For women who have been victims of the creation and sharing of nonconsensual deepfake pornography, the events of the past week will have been a horrible reminder of their own abuse, even if they may also hope that the spotlight will force legislators into action. But because the pictures were removed, Swift's experience is far from the norm. Most victims, even those who are famous, are less fortunate.

...


From: "Inside the Taylor Swift deepfake scandal: 'It's men telling a powerful woman to get back in her box'" Emine Saner (Wed 31 Jan 2024)
Source: https://www.theguardian.com/technology/2024/jan/31/inside-the-taylor-swift-deepfake-scandal-its-men-telling-a-powerful-woman-to-get-back-in-her-box (https://www.theguardian.com/technology/2024/jan/31/inside-the-taylor-swift-deepfake-scandal-its-men-telling-a-powerful-woman-to-get-back-in-her-box)
Title: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on February 21, 2024, 04:56:56 PM
Quote[...] Maximilian Krah, neben Grausamkeits-Höcke das Sprachrohr des schamlos rechtsextremen Flügels der AfD, sorgt nicht selten für unfreiwillige Satire. Krah, der die Parole ausgab, dass die ,,Zeit der Mäßigung" vorbei sei, schwadroniert regelmäßig über ,,Männlichkeit" und ,,Weiblichkeit". ,,Echte Männer sind rechts", erzählt er, aber es ,,sind auch echte Frauen rechts." Ganz ergriffen ist er von der ,,Komplementarität" der Geschlechter. Männer sind stark, haben eine Führernatur, und sie handeln immer rational. Frauen dagegen reagieren ,,intuitiv", haben ,,Gefühl". Er gesteht: ,,Ich mag ja echte Frauen." Und bei allem Männlichkeitskult findet er doch, dass Frauen ,,eine Bereicherung" seien, also Existenzberechtigung haben. Natürlich primär wegen der ,,Mutterschaft".

Aber weil das nicht mehr alle so sehen wie er, meint Herr Krah, ,,sterben wir Stück für Stück aus". Bisschen obsessiv ist Krah, fixiert auf das Thema. Sigmund Freud hat dazu bestimmt eine Theorie.

Wäre interessant zu wissen, was Frau Alice Weidel von all dem denkt: Sieht sie sich auch mehr ,,intuitiv" als ,,rational"? Und wie, wiederum, kann Herr Krah Frau Weidel oder überhaupt irgendeine Frau als Anführerin akzeptieren, wenn selbstständige Emanzen genau das sind, wovor Herrn Krah am meisten graut?

Lachen Sie nicht. In den Kreisen überspannter Paranoiker, die in ihre völlig durchgeknallte Parallelwelt abgedriftet sind, denkt man wirklich so. Norbert Bolz, einstmals linker, heute ultrarechter ,,Medienphilosoph", hat schon 2006 eine Gagatheorie vorgelegt. Titel: ,,Der Held der Familie". Sexuelle Freizügigkeit, antiautoritäre Erziehung, arbeitende Frauen, Homosexuelle in Hollywood, der Wohlfahrtsstaat, die Pille, all das habe der guten alten Familie und damit auch den gesunden Geschlechterverhältnissen den Garaus gemacht.

Deswegen seien Frauen heute leider ,,maskulinisierte Emanzen", denen auf der anderen Seite wie spiegelbildlich der ,,feminisierte Mann" gegenübersteht. Der Sündenfall habe damit begonnen, dass man Frauen gestattete, zu arbeiten, was wiederum durch die Pille begünstigt wurde. Besonders fatal sei das Einsickern der Frauen in das Bildungssystem. Dort würden sie bereits kleinen Buben das Mannsein austreiben, weil ab der Kita ,,weibliches Verhalten belohnt" werde.

Es ist ein derartiger klebriger, miefiger, verstunkener Kleinstbürger-Konservatismus, ein Hass auf die Welt, wie sie geworden ist, ein buchstäbliches Verrücktwerden an jeder Modernität. Ein Rumgeheule bei gleichzeitiger präpotenter Aufgeblasenheit. Dieser Unfug war ja schon um 1870 rückwärtsgewandt. Selbst die verbiestertsten Reaktionäre hätten damals gezögert, so einen haarsträubenden Unsinn zu Papier zu bringen. Sie wussten, dass es Wandel nun einmal gebe und man sich der Erneuerung der Welt nicht einfach in den Weg stellen könne.

Wo immer die radikalen Neurechten etwas zu sagen haben, wird die Uhr für Frauen zurückgedreht. Abtreibungen werden erst erschwert, dann verboten. Um die natürliche Geschlechterordnung wiederherzustellen, werden die Frauen aus den Arbeitsmärkten herausgedrängt. Nachdem die rechtsextreme FPÖ in Salzburg vergangenes Jahr in eine Koalitionsregierung mit den Konservativen eingezogen ist, war das Erste, was sie verwirklichten: eine Prämie für Frauen, die ihre Kinder selbst daheim betreuen.

Verständlich, dass Studien regelmäßig ergeben, dass junge Frauen heute markant linker wählen als junge Männer. Für diesen Trend gibt es ja schon seit Jahren starke empirische Daten. Und mag der Trend bei den jungen Kohorten besonders markant sein, zieht sich dieser Frauen-Männer-Gap beim Wahlverhalten doch über die verschiedensten Generationen. Also nicht nur die Enkelinnen, auch die Omas wählen signifikant progressiver als die Männer.

Das ist eine lustige historische Pointe. Es waren ja die Linken, die vor etwas mehr als 100 Jahren das Frauenwahlrecht durchgesetzt hatten, obwohl sie wussten, dass die Frauen zu diesem Zeitpunkt konservativer als ihre Männer tickten. Frauen waren damals etwa gläubiger und christlich-konservativ und haben daher seltener Sozialisten oder Kommunisten gewählt als die Männer. Die Linken waren dennoch für das Frauenwahlrecht. 100 Jahre später gibt es so etwas wie eine amüsante historische Gerechtigkeit: Wenn Linke noch irgendwo gewinnen, dann verdanken sie das den Frauen.

Eine häufige Erklärung ist: (Junge) Männer sind in ihrer Männeridentität verunsichert, als Gegenreaktion werden manche dann reaktionäre Ultra-Machos. Na ja, mag sein. Aber deswegen wählt man keine rechtsextremen Verrückten wie Krah und Co.

Es gibt eine gewisse gutmenschliche Verständnishuberei, die man nicht übertreiben soll: dass die Wähler der Rechtsextremisten irgendwelche Opfer seien. Sie leiden am Wandel, was sie quasi zwinge, rechtsextrem zu wählen. Gerne wird auch darauf hingewiesen, dass der Aufstieg der Ultrarechten eine Art von Symptom für das Versagen der Linken sei. Wäre die SPD besser, wäre die AfD kleiner. Auch das mag stimmen oder zumindest nicht ganz falsch sein. Aber es ist eine Verharmlosung. Wer wissentlich eine rechtsextreme Partei wählt, ist ein Rechtsextremist. Punkt. Aus. Wähler und Wählerinnen sind volljährig und geschäftsfähig und keine entmündigten Depperln, die nicht wissen, was sie tun.

Man sollte die streichelpädagogische Attitüde gegenüber diesen Leuten aufgeben. Wer Krah wählt, ist kein Opfer, sondern ein Täter.

Bei der Berliner Nachwahl hat die AfD im Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf 5,3 Prozent der Erststimmen erhalten. Und das, obwohl dort Birgit Malsack-Winkemann auf dem Wahlzettel stand, die seit mehr als einem Jahr als mutmaßliche Rechtsterroristin und Putschistin in U-Haft sitzt. Wer so wählt, wird schwer resozialisierbar sein.


Aus: "Verletzte Männlichkeit und AfD: Klebrige Kleinstbürgerei" Kolumne von Robert Misik (21.2.2024)
Quelle: https://taz.de/Verletzte-Maennlichkeit-und-AfD/!5990445/ (https://taz.de/Verletzte-Maennlichkeit-und-AfD/!5990445/)

QuoteSuryo

Danke!

Menschen ernstzuehmen, bedeutet auch, ihnen ihre frei getroffenen Entscheidungen zuzurechnen.
Jeder Wähler ist erwachsen. Jede Wahl einer Partei in Deutschland ist frei und bewusst.


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Title: Re: [Emanzipation, Selbstbefreiung, Geschlechterforschung (Notizen)... ]
Post by: Link on March 08, 2024, 09:07:46 AM
Quote[...] Die Bilder der Präsidentin der Nationalversammlung im wehenden blauen Rock, wie sie durch die Reihen der republikanischen Garden im Versailler Schloss schreitet, haben sich eingeprägt. Yaël Braun-Pivet verkündete sichtlich bewegt das Abstimmungsergebnis zum Abtreibungsrecht, das fortan in der Verfassung verankert ist. Sie bezeichnete die Verfassungsänderung als Meilenstein für den Schutz der Frauenrechte.

Sie ist die erste Frau, die den Kongress, die Versammlung der beiden Parlamentskammern im früheren Königsschloss, leitete. Die 53 Jahre alte Mutter von fünf Kindern hatte noch 2018 gegen den Antrag der Linken gestimmt, das Abtreibungsrecht in die Verfassung aufzunehmen. Sie habe ihre Meinung nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes in Amerika grundlegend geändert.

Ihre Großmutter floh wegen der Judenverfolgung aus München,,Frauenrechte sind überall in der Welt fragil", sagte sie im Radiosender France Inter. In Versailles saßen ihre Töchter im Publikum.

Zum Weltfrauentag hat Braun-Pivet am Mittwoch und Donnerstag ein erstes internationales Gipfeltreffen von 30 Parlamentspräsidentinnen in Paris organisiert. Aus Deutschland reiste Bärbel Bas an. Die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, schickte ein Grußwort.

Die diplomatischen Initiativen der politischen Quereinsteigerin stoßen nicht immer auf Gefallen im Élysée-Palast. Nach den Terroranschlägen der Hamas reiste Braun-Pivet noch vor dem Präsidenten mit einer Delegation nach Israel, um ihre Solidarität auszudrücken.

Der Großdemonstration gegen den Antisemitismus in Paris, die sie gemeinsam mit dem Senatspräsidenten organisierte, blieb Macron fern. Er hatte sich nicht für ihre Kandidatur in der Nationalversammlung starkgemacht.

Braun-Pivet verbindet mit Deutschland ein Stück Familiengeschichte. Ihre Großmutter sprach immer deutsch mit ihr. Sie war in München aufgewachsen und musste vor der Judenverfolgung fliehen. Braun-Pivets aus Polen stammender Großvater flüchtete bereits in den Dreißigerjahren nach Frankreich. Seit sie der Nationalversammlung vorsteht, erhält Braun-Pivet regelmäßig antisemitische Drohungen.

Ihre Kindheit verbrachte sie in Nancy. Später studierte sie Jura und arbeitete mehrere Jahre als Strafrechtsanwältin in Paris. Ihren Ehemann, einen Manager beim Kosmetikkonzern L'Oréal, begleitete sie zwischen 2003 und 2012 nach Taiwan, Japan und Portugal.

Nach ihrer Rückkehr nach Frankreich engagierte sie sich in der Hilfsorganisation Restaurants du Coeur und schloss sich 2016 begeistert Macrons Bewegung En marche an. 2017 wurde sie in die Nationalversammlung gewählt und übernahm die Leitung des Rechtsausschusses. Die Novizin bekam in der Presse viel Spott ab, machte sich aber schnell einen Namen unter den Abgeordneten.


Aus: "Frankreichs Kämpferin für Frauenrechte" Michaela Wiegel, Paris (07.03.2024)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/yael-braun-pivet-frankreichs-kaempferin-fuer-frauenrechte-19569977.html (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/yael-braun-pivet-frankreichs-kaempferin-fuer-frauenrechte-19569977.html)

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Quote[...] BERLIN taz | Die britischen Suffragetten haben vor mehr als 100 Jahren an Protestformen und Widerstand so ziemlich alles durchdekliniert, was man sich vorstellen kann. Vom zivilen Ungehorsam bis zu Militanz und Hungerstreik. Um Wirkmacht zu entfalten, braucht Protest die Inszenierung im öffentlichen Raum. Wer politisch etwas ändern will, muss Aufmerksamkeit generieren.

Ein Meer aus Tausenden von Frauen in Grün, Weiß, Violett – den Farben der Bewegung –, die im Londoner Hyde Park gleichzeitig den Protestslogan ,,Votes for Women" skandierten, mit dem ,,March of the Women" gibt es eine eigens für die Suffragetten komponierte Protesthymne.

Die Klaviatur der Aufmerksamkeitsökonomie spielten die Aktivistinnen virtuos, mit spontanen Demos und choreografierten Paraden, dem Anketten an öffentlichen Gebäuden oder beim Museumsbesuch, mit Fleischerbeil-Attacken auf Gemälde wie ,,Die Venus vor dem Spiegel" von Velázquez.

Damit gewannen die radikalen Suffragetten Mitstreiter:innen, aber auch Gegner:innen, und das, lange bevor sie unter der Losung ,,Taten statt Worte" Fensterscheiben einwarfen und Brandanschläge verübten.

,,Mannsweiber", ,,Rabenmütter", ,,verhärmt", aber auch ,,unersättlich", oder, ,,zu hässlich, um einen Mann abzubekommen" – damals kursierten entsprechende misogyne Karikaturen, bei Straßenschlachten prügelten Polizei und auch Passanten auf die Demonstrantinnen ein. ,,Emanzen" war das Schimpfwort für Aktivistinnen der 1970er Jahre, Hate Speech und Gewalt gehörten schon immer zum Repertoire von Antifeminismus und Queerfeindlichkeit.

Angesichts des globalen Trends zum Autoritarismus sorgen sich immer mehr Menschen um die Demokratie, den liberalen Rechtsstaat. Das Interesse für feministische Proteste ist entsprechend groß, denn die Selbstbestimmungsrechte von Frauen sind regelmäßig die ersten, die in autokratischen Regimen beschnitten werden.

Tatsächlich sind es seit einigen Jahren oft Frauen, die Massenproteste initiiert haben – nicht nur für Pro-Choice und gegen Femizide, sondern auch bei Black Lives Matter oder der Klimabewegung. Wenn immer öfter Fotos von Frauen zu Protestikonen werden, sagt das etwas über den Stand der gesellschaftlichen Rezeption aus.

Für das Foto von Ieshia Evans, die bei einer Demonstration 2016 gegen Polizeigewalt und Rassismus im US-Bundesstaat Louisiana aufrecht und ruhig schwer bewaffneten Polizisten gegenübersteht, bekam der Fotograf den World Press Foto Award.

Die damals 28 Jahre alte Krankenschwester Ieshia Evans, als 2016 in den USA gegen rassistische Polizeigewalt demonstriert wird

https://taz.de/picture/6871100/948/19458200-1-6-2.jpeg (https://taz.de/picture/6871100/948/19458200-1-6-2.jpeg)

Betrachtet man das Bild, kommen einem historische Bilder in den Sinn: Rosa Parks, die Ikone der Bürgerrechtsbewegung, die erhobene Faust der Black-Power-Bewegung oder der ,,Tank Man", der sich während des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens mit zwei Einkaufstüten in der Hand vor die Panzer stellte. Intuitiv begreift man, was mit Hannah Arendts Diktum vom Recht, Rechte zu haben, gemeint ist.

Der Slogan von Irans feministischer Bewegung bringt es auf den Punkt: Frau, Leben, Freiheit. Unter solchen Machtverhältnissen ist jede noch so kleine öffentlich gezeigte Protestgeste lebensgefährlich.


Aus: "Feministischer Protest in der Geschichte: Ästhetik des Widerstands" Martina Mescher (7.3.2024)
Quelle: https://taz.de/Feministischer-Protest-in-der-Geschichte/!5990896/ (https://taz.de/Feministischer-Protest-in-der-Geschichte/!5990896/)