Schlagwort: Wir leben in einem…

[Zur Verortung der Seele der SPD #8… ]

(14. Juli 2019) “ … Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel beklagt die Zurückhaltung bei der Suche nach einer neuen Parteispitze. … Die SPD brauche jetzt neue Vorsitzende, „die für nichts anderes brennen als dafür, die SPD nach 160 Jahren nicht verschwinden zu lassen. Denn es geht gerade um die Existenz meiner Partei. … Politik habe auch etwas Erbarmungsloses. … “ | https://www.n-tv.de/politik/Gabriel-moniert-Haltungsproblem-in-der-SPD-article21143699.html

Badener im Ausland (2019): “ … „Damit ein Neuanfang gelinge, sei es wichtig, die „offene, kritische Auseinandersetzungen – untereinander, aber auch mit dem politischen Gegner“, zu suchen. Entscheidend blieben am Ende aber „Geschlossenheit und Solidarität“ [( Zu >> „Öffentlicher Aufruf an die Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (2019) –> https://www.spiegel.de/media/media-44603.pdf)]. — […] Und die haben die ideologische Entkernung der SPD als Partei der Arbeitnehmer zumindest befördert. „… und für Ihn [Gerhard Schröder] Stand die Verantwortung für das Land an erster Stelle“ – Dieser Blick ist etwas verklärt. Wie fast jeder Mensch ist auch Gerhard Schröder als Kanzler höchst ambivalent gewesen. Sein Nein zur Beteiligung am Angriffskrieg im Irak war sicher eine verantwortungsvolle Leistung, auch wenn sich Deutschland vorher am Angriffskrieg in Jugoslawien beteiligt hat. Ähnlich ist es im Bereich Ökonomie. Schröder hat durch Druck auf die Löhne Deutschland zu einer Exportüberschuss-Maschine gemacht, damit die Kassen der Unternehmer gefüllt, um den Preis der Zerstörung seiner eigenen Partei …“ | Zu: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/spd-krise-fruehere-vorsitzende-oeffentlicher-aufruf-parteibasis

Austin Davis (14.07.2019): “ … „In Deutschland ist der Begriff Sozialdemokratie bedeutungslos geworden.“ Das sei nicht immer so gewesen, sagt die 85-jährige Marianne bei einem Grillempfang der SPD-Abteilung Schöneberg. Sie ist seit 1953 Mitglied der SPD, nachdem sie mit ihrem Vater vor dem Sozialismus in der DDR nach Nordrhein-Westfalen geflohen war. Sie erinnert sich an die Solidarität mit den Schwachen der Gesellschaft damals: „Es war für mich eine Pflicht, für Gerechtigkeit einzustehen, die Arbeiterschaft zu unterstützen und die Gleichberechtigung.“ Heute höre die Führungsriege den Wählern einfach nicht mehr zu. „Sie sind nicht mehr mit ganzem Herzen dabei. Sie kämpfen nicht mehr wie früher“, sagt die Alt-Genossin. …“ | https://www.dw.com/de/spd-mehr-sozialismus-wagen/a-49585740-0

Harald Christ ist Unternehmer und Beauftragter der SPD für den Mittelstand (16.07.2019): “ … Wahlen werden in der Mitte gewonnen. [Einwurf: Friedrich Merz zählt sich zur Mittelschicht und verdient Millionen. Er hat damit eine für Deutsche delikate Debatte entzündet. Inga Michler, Wirtschaftsreporterin (20.11.2018)] … Die SPD war immer dann erfolgreich, wenn sie die Fantasie mehrerer Milieus, von Unter- bis Mittelschicht und liberalem Bürgertum beflügelte mit einer Idee einer besseren Zukunft. Sie war es nicht und wird nicht erfolgreich sein, wenn sie den Elenden sagt, wie elend es ihnen geht und dass „der Kapitalismus“ schuld sei, […] Die sozialen Reformen (Staatsbürgerschaftsrecht, eingetragene Partnerschaft), wurden ergänzt durch die „Agenda 2010“ [>> https://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_2010], deren Mängel von der SPD inzwischen längst korrigiert wurden. …“ | Quelle: https://www.fr.de/meinung/frankfurt-hessen-gastbeitrag-spd-modell-deutschland-12820362.html

Rainer Täuschungsversuch (16.07.2019): “ … Die SPD hat also die Fehler einer erfolgreichen Agenda 2010 korrigiert? Hmm… Es gibt eben nur schwer Konsens zwischen denen, die Maschinen und Produktionsmittel sozialisieren wollen und dem Seeheimer Kreis. Parallel dazu brechen die alten Wählermilieus weg und kommen auch nicht zurück. Was bleibt ist das Beharren auf Erfolgen der Vergangenheit und das Staunen über die Farblosigkeit der Sozialdemokratie im Engagement gegen Rechte und Spalter im 21. Jahrhundert. …“

Fritz Grimm (16.07.2019): “ … „Die Utopisten scheinen der drohenden Marginalisierung hingegen mit der geistig-politischen Selbstverzwergung begegnen zu wollen, nämlich einer weiteren Linksverschiebung, inklusive neuer Fundamentalkritik am „System“ …“. — Ist es Utopie von der Politik zu verlangen, dass sie endlich den Ausverkauf Deutschlands, in Form von Privatisierungen beendet? Ich denke, nein. … Es dürfte selbst einem weniger kritischen Beobachter nicht verborgen geblieben sein, dass seit vielen Jahren die Wirtschaft die Politik vor sich hertreibt. …“

Christopher.P #46 (2019) “ … Die SPD hat sich zu einer Unternehmerpartei entwickelt …“ Zu: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/spd-krise-fruehere-vorsitzende-oeffentlicher-aufruf-parteibasis bzw. https://www.spiegel.de/media/media-44603.pdf

heined #44 “ … Gemässs Umfrage würden 56 Prozent das Verschwinden der SPD bedauern. …“

Herr Wolfmann #94 (2019): “ … Neun Ex-Parteichefs [https://www.spiegel.de/media/media-44603.pdf], die dazu beigetragen haben, dass die SPD, wie viele andere sozialdemokratische Parteien auch, sich kaum noch von rechts- und links-liberalen Parteien unterscheidet. Und die sind sich keiner Schuld bewusst. …“

Einar von Vielen #67 (2019): “ … Hier wird kein Neuanfang benötigt, sondern die Rückbesinnung auf das, wofür die Partei einmal stand. Das waren eben keine neoliberalen Thesen, wie Schröder sie ins Rampenlicht gerückt hat. Dass ausgerechnet Schröder jetzt einen »Neuanfang« propagiert, ist eigentlich lustig. …“

neugeb02 #100 (2019): “ … Das haut dem Fass den Boden aus, dass gerade derjenige, der der SPD den größten Schaden in der Zeit nach dem Krieg zugefügt hat, sich Sorgen macht. …“

alleghieri 17.06.2019 “ … Wo bleibt der aufrechte Gang? – Um das Jahr 2000 war Deutschland der kranke Mann Europas mit 5 Millionen Arbeitslose. Talkshows zeichneten ein Bild der Hoffnungslosigkeit. Die Agenda 2010 hat sicherlich wesentlich dazu beigetragen, aus dieser Lage herauszukommen. Eigentlich ein grandioser Erfolg, aber für die SPD anscheinend ein Grund, sich zu schämen. Klar, nicht alles war gut an der Agenda 2010, aber wenn man so mit seinen Erfolgen umgeht, braucht man sich über das Ergebnis an den Wahlurnen nicht zu wundern. …“ | https://www.spiegel.de/forum/politik/brief-die-parteibasis-neun-fruehere-spd-vorsitzende-schreiben-aufruf-parteibasi-thread-917981-1.html#postbit_76333524

Markus Feldenkirchen (25.11.2018): “ … Millionen Menschen haben sich nach den wirtschaftsfreundlichen Reformen der Agenda 2010 enttäuscht von der deutschen Sozialdemokratie abgewendet. Nie zuvor und nie danach hat ein Politikwechsel innerhalb einer Partei zu ähnlich großen Verwerfungen geführt wie Gerhard Schröders Agenda aus dem Jahr 2003. Und ja: Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist in der Folge stark gesunken. Und der Bundeshaushalt verzeichnet heute fast in jedem Quartal neue Rekordeinnahmen. Diese Entwicklung ist positiv und sie hat viel mit der Agenda und auch mit Hartz IV zu tun. Aber: Was für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gut war, hatte verheerende Folgen für die SPD. Sie war plötzlich verantwortlich dafür, dass Menschen, die ihr Leben lang hart geschuftet hatten und dann arbeitslos geworden waren, in kurzer Zeit nur noch das Minimum an staatlicher Unterstützung erhielten. Sie war verantwortlich dafür, dass noch mehr Menschen aus dem Keller der Gesellschaft zu Verdächtigen erklärt wurden. Staatliche Kontrolleure drangen bis ins Badezimmer der Leistungsempfänger vor, um zum Beispiel die dort vorhandenen Zahnbürsten zu zählen. … Für Millionen Menschen, die sich einst von der SPD beschützt gefühlt hatten, waren die Sozialdemokraten so zu Verrätern geworden. Man sollte sich da nichts schönreden: Hartz IV wurde von ihnen wirklich als Verrat empfunden. …“ | https://www.ndr.de/info/sendungen/kommentare/Das-Hartz-IV-Drama-der-SPD,hartzvier238.html

Der Politiker Friedrich Merz ist Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU und war früher Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Fondsgesellschaft BlackRock in Deutschland und kandidierte Ende vergangenen Jahres um den CDU-Parteivorsitz: “ … Deutschland geht es gut. Wir leben in einem der schönsten und wohlhabendsten Länder der Welt. … Die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung war der Versuch, die deutsche Volkswirtschaft in einem schärfer werdenden globalen Wettbewerb zukunftsfähig und zugleich die Sozialversicherungen demografiefest zu machen. … Marktwirtschaft heißt vor allem Kapitaleinsatz …“ | Friedrich Merz (11. Juni 2019), Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-04/wirtschaftspolitik-deutschland-wohlstand-soziale-gerechtigkeit-demokratie-kapitalismuskritik/komplettansicht

klaurot #14 Wir leben in einem der schönsten und wohlhabendsten Länder der Welt. — Wer ist „wir“? …

BCO #14.1 Wir = der Mittelstand (im Merz’schen Sinne).


Nachtrag #1

Max Reinhardt (‚Gastbeitrag – Das Wesen der SPD‘, 17.07.2019): “ … Die SPD forderte einmal die Überwindung des Kapitalismus und war für einen Demokratischen Sozialismus mit ökologisch-menschlichem Antlitz. Für die SPD, vor allem für ihre Führung, wird es Zeit, sich darauf zu besinnen. Sie muss sich dafür von ihrer neoliberalen Ära mit ihrer Top-Down-Politik zur Deregulierung der Märkte und von ihrer Sparpolitik befreien. Daran mitwirken müssen viele. …“ | https://www.fr.de/meinung/wesen-spd-12829625.html

Nachtrag #2
“ … Es wird Zeit für einen neuen reflektierten Kapitalismus. Dieser bricht klar mit dem Neoliberalismus der letzten Jahrzehnte. Er ist eine Rückbesinnung auf das Godesberger Programm, das im Jahr 1959 die SPD als Volkspartei etablierte. Der österreichische Ökonom Nikolaus Kowall arbeitet aus dem Godesberger Programm vier Richtlinien heraus. Erstens: Privateigentum ist erlaubt, aber eine Vermögenskonzentration gilt es zu verhindern. Zweitens muss Privateigentum durch öffentliche Beteiligung und Mitbestimmung eingehegt werden. Drittens soll die Wirtschaft ein Hybrid aus privater und öffentlicher Wirtschaft sein. Viertens bekennt sich die Sozialdemokratie zur Marktwirtschaft – aber nur mit dem Primat der Politik.
Gleicht man nun diese vier zentralen Vorgaben ab mit der sozialdemokratische Politik des zurückliegenden Jahrzehnts, dann erkennt man schnell, wie weit sich die SPD vom Godesberger Programm entfernt hat. … Der reflektierte Kapitalismus wäre zugleich die Rückbesinnung auf den Kern der Sozialdemokratie als Volkspartei. …“ | https://taz.de/Junge-SPDler-stellen-die-Systemfrage/!5607469/

Jack Rosenthal 23.07.2019, 09:46: “ … „Zweitens muss Privateigentum durch öffentliche Beteiligung und Mitbestimmung eingehegt werden.“ Wie soll den eine öffentliche Beteiligung und Mitbestimmung darüber, wer und was und wieviel jemand privat besitzen darf, denn aussehen? Und wer kontrolliert den Privatbesitz? Ich sage nur: Überwachung. Kontrolle. Bürokratie. Planwirtschaft. Bla bla. Alle bisherigen Systeme – ob sozialistische, kommunistische, kapitalistische – sind nicht das Gelbe vom Ei. …“

Joba 23.07.2019, 10:47: “ … @Jack Rosenthal: Ganz so „unmöglich“, wie Sie es darstellen, ist es auch wieder nicht. Es geht um Privateigentum an überlebensnotwendigen Gütern. Ist es rechtens, wenn Konzerne Wasser als ihr Privateigentum betrachten und allen die Preise diktieren? Oder ist es unproblematisch, wenn Landwirt*innen ihr Saatgut nicht mehr selber züchten dürfen, sondern gezwungen sind, es bei Konzernen zu kaufen, wenn Sie ihre Produkte vermarkten wollen? Privateigentum kann auch dadurch eingehegt werden, dass es für bestimmte Güter, über die demokratisch (von der Mehrheit aller Betroffenen) entschieden wird, ausgeschlossen wird. „Enteignet“ würden nur Leute, die von Gemeingütern profitieren wollen, was ich für legitim halte. Nicht alles muss Profitinteresen unterworfen werden. Wieviele Yachten, Goldbarren usw. Sie bei sich horten, ist mir hingegen egal. …“

Uranus 22.07.2019, 14:50: “ … „Es wird daher Zeit, dass die SPD endlich wieder die großen gesellschaftlichen Fragen, die Systemfrage, stellt.
Das wäre mal ein Anfang. Leider stürzt Yannick Haans Kritik ab dem Punkte wieder auf den kapitalistischen Boden ab. Obgleich der Kapitalismus als Ursache für Ungleichheit und Umweltzerstörung benannt wird, wird dann ein „reflektierten Kapitalismus“ gefordert. Der Schluss aus der Analyse, bzw. bereits diese selbst ist offenbar halbherzig. Eine wirkliche radikale Kritik an jetziger Gesellschaftsform und ein Sehnen nach grundlegend anderen gesellschaftlichen Verhältnissen wird nicht formuliert. Schade. …“

Ruhig Blut 22.07.2019, 22:36 @Uranus: “ … Halbherzig vielleicht, dafür aktuell aber sehr viel zielführender als Maximalforderungen. … Die Reaktionen auf Kühnert zeigen ja deutlich, wo wir mit der Akzeptanz von Kapitalismuskritik stehen. …“