Schlagwort: und der Mensch ist verloren

[Zum Wahn der Liebe #39… ]

Louis and Melanie are looking at a picture
Melanie: That’s Japan.
Louis: Uh, looks like… I can… It shows…
Melanie: Wanna fuck?
// From: „Jackie Brown„, R: Quentin Tarantino (1997)
// Based on Rum Punch by Elmore Leonard

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Jürgen Kaube (28.02.2014): “ … Wolfgang Matz untersucht … den Ehebruch als literarisches Phänomen. Sein Material: Drei Romane von Fontane, Flaubert und Tolstoi. … Es gibt, so die Erzählstimme des jungen Gustave Flaubert 1842, „für mich ein Wort, das unter den menschlichen Worten das schönste schien: Ehebruch, eine auserlesene Süße schwebte undeutlich über ihm, ein einzigartiger Zauber ziert es; jede Bewegung, die man macht, sagt es und kommentiert es auf ewig für das Herz des jungen Mannes, er berauscht sich ohne Ende, er findet darin die höchste Poesie, eine Mischung aus Verdammnis und Lust.“ … „Du sollst nicht heiraten“ lautet Tolstois Gebot, weil es gar keine Liebe gebe, sondern nur „das Bedürfnis des Fleisches nach Verkehr“. Die romantische Lüge liegt für Tolstoi nicht, wie bei Flaubert, im Selbstbetrug der Törichten, sondern in der Unehrlichkeit derer, die von Seelenverwandtschaft reden, um zu ihrer Lust zu kommen.
In gewisser Weise hat der Fortgang der Geschichte Tolstoi hierin ironisch bestätigt, indem Liebe, Ehe und Sexualität längst auch anerkannterweise keine Zwangskombinate mehr sind. Für das Erzählmotiv bedeutet das ein Ende: „Wo der Ehebruch immer banaler wurde, da verschwand er aus dem Roman.“ Im letzten Teil des Buches kümmert sich Matz gleichwohl um das, was vom großen Thema übrig blieb, etwa in den weiteren Desillusionsstufen bei Michel Houellebecq und im Wissen eines Protagonisten von Arnold Geiger, dass auch in der Ehe nie ganz ausgelernt wird, wie weit sie gehen und was deshalb ertragen werden kann, weil sie das Beste ist, was ihm je zustieß.“ …“ | Aus: „Du sollst nicht heiraten!“ -> http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ehebruch-in-der-literatur-eine-studie-von-wolfgang-matz-12825883.html

Rudi K. Sander (02.03.2014): „Ob Liebe tatsächlich nur der Platzhalterbegriff ist für das streben des Fleisches nach Vereinigung, würde ich wegen des Respekts vor der menschlischen Animalität – leise weinend – bejahen, denke aber dennoch trotzig: Es muss die poetische Ausnahme geben. … Die größte Schwierigkeit für alle Betroffenen, sowohl von der Ehe als auch vom Ehebruch, liegt offensichtlich darin, partout nicht zugeben zu wollen, welche Riesenrolle der Zufall, das banale Fallen der Schicksalswürfel, bei solchen Gegebenheiten tatsächlich spielt: alea iacta est – und der Mensch ist verloren. …“