This is a very pleasant pineapple…
A scene from Derek Jarman’s film ‚Wittgenstein‘ (1989)
Wittgenstein (film) | http://en.wikipedia.org/wiki/Wittgenstein_%28film%29
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“ … Wittgensteins meist kurze Dialoge in seinem Spätwerk gelten als stilistisch brillant. Als problematisch für das Verständnis wird angesehen, dass sein Zugang traditionslos ist; besonders der späte Wittgenstein hat in der Philosophiegeschichte keine Vorläufer und stiftet eine neue, beispiellose Art zu denken. Viele glauben daher, diese Art zu denken müsse erlernt werden wie eine fremde Sprache. …“ (28. Juni 2012) | http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Wittgenstein
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“ …Wer kennt nicht die Kippfiguren wie den Hasen-Enten-Kopf oder die Vase von Rubin? Ein Kopf erscheint entweder als Hasen- oder als Entenkopf, je nachdem, wie man ihn sieht. … Eine Kippfigur wie den Hasen-Enten-Kopf können wir „einmal als das eine, einmal als das andere Ding sehen. – Wir deuten sie also, und sehen sie, wie wir sie deuten.“ (Wittgenstein 1984, 519) Um dies zu verdeutlichen unterscheidet Wittgenstein zwei Begriffe des Sehens: „Und ich muß zwischen dem ‚stetigen Sehen‘ eines Aspekts und dem ‚Aufleuchten‘ eines Aspekts unterscheiden.“ (Wittgenstein 1984, 520) … Für Wittgenstein ist die Frage des Aspektwechsels eine Frage der Fähigkeit, „etwas als etwas zu sehen“. Denjenigen, dem diese Fähigkeit abgeht, nennt Wittgenstein „aspektblind“. Aspektblindheit ist mit Farbenblindheit oder mit „dem Mangel des ‚musikalischen Gehörs'“ vergleichbar. (Wittgenstein 1984, 552) Der Aspektblinde vermag zwar in dem Sinne ein Bild „einmal so und einmal so zu sehen“, dass er auf die Frage, was er sieht, sagen könnte: „Das ist ein Hase.“ Oder: „Das ist eine Ente.“ Es würde für ihn aber nicht der eine „Aspekt in den anderen überspringen“, so dass er ausriefe: „Ah, jetzt sehe ich es als …!“ Der Aspektwechsel kann nur vom Sehenden erlebt werden. Er zeigt sich (uns) durch sein Staunen. … Es ist ein Erlebnis, dessen Ausdruck ein Vergleich ist. Aber warum ein ‚Erlebnis‘? Nun, unser Ausdruck ist ein Erlebnisausdruck. – Weil wir sagen ‚ich sehe es als …‘, ‚ich höre es als …‘? Nein; obwohl diese Ausdrucksweise damit zusammenhängt. Sie ist aber berechtigt, weil das Sprachspiel den Ausdruck zu dem eines Erlebnisses macht.“ (Wittgenstein 1989, 70) … Im Gegensatz zu Wittgenstein, der das Hasen-Enten-Bild als Beispiel gebraucht, um auf die elementare Rolle des „Bedeutungserlebens“ aufmerksam zu machen, wenn Menschen bemerken, dass es mehr als nur eine Sicht der Dinge gibt, kommt es Neurophysiologen wie Haken gerade auf eine Klärung der Frage an: „Was passiert aber bei der Mustererkennung?“ (Haken et al. 1996, 157) Das heißt, um herauszufinden, „wie Kognition ‚funktioniert'“, richtet Haken sein Interesse nicht wie Wittgenstein auf den alltäglichen Sprachgebrauch, sondern auf „Gehirnmodelle [insbesondere] für die Sehwahrnehmung von Menschen“. (Haken et al. 1996, 157) Und wenn Haken behauptet, dass „unser Gehirn diese Kippfiguren“ auf eine dem synergetischen Computeralgorithmus analoge Weise „behandelt“, folgt er einer Sprechweise, die sich inzwischen in Neuroinformatik und Neurobiologie fest etabliert hat: „Ein Gehirn erkennt …, ein visuelles System interpretiert …, ein Netz lernt … etc.“ … Heißt das aber, dass es keinen Unterschied macht, ob es das Gehirn ist, das denkt, oder wir Menschen mit dem Gehirn, ob wir von einem Netz oder von einem Kind sagen, es lernt? „Nicht das Auge sieht, sondern der Mensch mit seinen Augen.“ „Nicht das Gehirn denkt, sondern der Mensch mit seinem Gehirn.“ „Nicht der Computer rechnet, sondern der Mensch mit dem Computer.“ Man könnte meinen, dass wir zumindest so reden müssten, um zum Ausdruck zu bringen, dass Menschen und nicht dem Gehirn, einem einzelnen Sinnesorgan oder einem Artefakt wie dem Computer die Rolle eines Handelnden und entsprechend Fähigkeiten wie Sehen und Denken, Lernen und Verstehen zuzuschreiben sind. … Die Fähigkeit, von seinen Sinnen Gebrauch zu machen und etwas als etwas zu sehen, ist eine Vorbedingung dafür, überhaupt ein Sprachspiel spielen zu können. Doch: „Was heißt es: wissen, was ein Spiel ist? Was heißt es, es wissen und es nicht sagen können?“ (Wittgenstein 1984, 282) Im Spiel wird … ein Wissen vorausgesetzt.“ … Es ist nicht ein Wissen um die Funktionsweise des Spiels, der Wahrnehmung oder der Sprache, sondern ein „Know-how“, das ist ein Können, welches im Kontext einer Lebensform zu erwerben ist. | Aus: „Wie wir Kippfiguren sehen können*“ Von Andrea Anna Reichenberger (2004) | http://www.uni-paderborn.de/fileadmin/kw/institute/Philosophie/Personal/Reichenberger/WiSy2004_reichenberger.pdf
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