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[Wirklichkeitsbezug (Technik) #5 … ]

Meghan O’Gieblyn (9.1.2022): “ … Ich lebe wie der Rest der Moderne in einer Welt, die „entzaubert“ ist. Bei der künstlichen Intelligenz und den Informationstechnologien stößt man heute [ ] auf viele Fragen, die einst von Theologen und Philosophen bearbeitet wurden: die Beziehung des Geistes zum Körper, die Existenz des freien Willens, die Möglichkeit der Unsterblichkeit. Das sind alte Probleme – sie sind nur in neuem Gewand und unter anderen Namen Teil der heutigen Technologiedebatten, genauso wie die toten Metaphern noch immer Teil unserer Syntax sind [„Manche Metaphern haben durch ihren häufigen Gebrauch ihren Übertragungscharakter verloren und werden nicht mehr als Metaphern, sondern als direkte Ausdrücke verstanden. Beispiele: Tischbein, Ohrmuschel, Buchrücken. …“]. All die ewigen Fragen sind heute zu technischen Problemen geworden. … wenn es um die Frage der phänomenologischen Erfahrung geht – der ganz subjektiven Welt der Farben und Empfindungen, der Gedanken und Ideen und Überzeugungen – lässt sich nicht erklären, wie sie aus diesen neurologischen Prozessen entsteht. So wie ein Biologe im Labor durch das Studium der objektiven Fakten nie die Gefühle einer Fledermaus erfassen könnte, kann auch eine vollständige Beschreibung des Schmerzsystems des menschlichen Gehirns nie die subjektive Erfahrung von Schmerzen erfassen. … “ | Aus: „Cyberphilosophie mit Haustier: Wann ist ein Hund ein Hund?“ Meghan O’Gieblyn (9.1.2022) | Quelle: https://taz.de/Cyberphilosophie-mit-Haustier/!5823944/
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ORFEUS-Teleskop im Museum – In der Ausstellung „Der Himmel. Wunschbild und Weltverständnis“ (30.06.2011) | https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/fachbereiche/physik/institute/astronomie-und-astrophysik/astronomie-hea/aktuelles/newsfullview-aktuell/article/orfeus-teleskop-im-museum/ // https://de.wikipedia.org/wiki/ORFEUS

“ … Techne (téchne), ist ein altgriechischer Begriff, der in europäisch geprägter Philosophie bis heute für das Verständnis von Kunst, Wissenschaft und Technik bedeutend ist. … „Zum einen gilt es, mediale Maschinerien als Spiegelungen von Bedürfnissen, Antrieben und Phantasmen einer Menschheit zu verstehen, die nicht zuletzt in Gestalt der téchne praktische Anthropologie (Menschenkunde) betreibt, zum anderen aber ist danach zu fragen, wie diese mediale téchne die Befindlichkeit des Menschen verändert, variiert und modifiziert, die sich nicht einfach statisch zwischen Mensch und Welt stellt, sondern indem sie letztere erst in der uns heute geläufigen Form konstituiert, auch jene Momente des Inszenatorischen und Imaginären ins Blickfeld rückt.“ …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Techne

Hanns-J. Neubert (2019?):“ … Nach dem Inferno des ersten Weltkriegs blühten in den „Goldenen Zwanziger Jahren“ Ideen und Hoffnungen auf eine neue, lebenswertere Zukunft. In Tanzsälen und Cafes tobte sich ein neues Lebensgefühl aus. Auf den Straßen rangen soziale und politische Bewegungen oft gewaltsam um die Vorherrschaft. Wissenschaftler drangen in nie dagewesene Sphären der Naturerkenntnis vor. Tüftler bastelten an alten Motoren für neue Fahrzeuge. Künstler, Literaten und Philosophen suchten und stifteten Sinn für die Rasanz. Vor 90 Jahren, auf dem Höhepunkt dieser Rastlosigkeit, am Vorabend einer Weltwirtschaftskrise, wurde die Technisch-Literarische Gesellschaft TELI gegründet. … im Gründungsjahr der TELI kehrte Wittgenstein 1929 als Philosoph nach Cambridge zurück, wo er bei Bertrand Russell dann doch noch über seinen „Tractatus“ promovieren konnte. Im selben Jahr … fand im schweizerischen Luftkurort Davos die berühmte „Davoser Disputation“ statt – das Streitgespräch zwischen Ernst Cassirer und Martin Heidegger zum Thema „Was ist der Mensch?“. Für Heidegger, Metaphysiker und späteres NSDAP-Mitglied, war Technik wegen der schonungslosen „Vernutzung“ natürlicher Ressourcen eine unabweisbare Gefahr [“ … Ab Mitte 1930 begann Heidegger mit einer Gesamtinterpretation der abendländischen Philosophiegeschichte. Dazu untersuchte er die Werke bedeutender Philosophen unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten und versuchte so, deren „unbedachte“ Voraussetzungen und Vorurteile freizulegen. Alle bisherigen philosophischen Entwürfe vertraten laut Heidegger eine einseitige Auffassung der Welt – eine Einseitigkeit, die er als Merkmal jeder Metaphysik ansah. Diese metaphysische Weltauffassung gipfelte aus Heideggers Sicht in der modernen Technik. Mit diesem Begriff verband er nicht allein, wie sonst üblich, ein neutrales Mittel zum Erreichen von Zwecken. Vielmehr versuchte er zu zeigen, dass mit der Technik auch eine veränderte Auffassung der Welt einhergehe. So wird nach Heidegger durch die Technik die Erde vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarmachung in den Blick gebracht. Wegen ihrer globalen Verbreitung und der damit verbundenen schonungslosen „Vernutzung“ natürlicher Ressourcen sah Heidegger in der Technik eine unabweisbare Gefahr. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Heidegger (4. Januar 2022)]. Er war einer der prominenten Kritiker der Technik, die für ihn ein Fluch für die Menschheit war – ein früher radikal-esotherischer Umweltschützer. Sein Gegenspieler, der Kulturphilosoph, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker Cassirer, der als Jude 1933 ins Exil ging, sah dagegen, dass Wissenschaft und Technik eigene Erlebniswelten sind, die zusammen mit Religion, Kunst oder Geschichte entscheidend zum Weltverständnis beitragen. Er stimmte weder in die Verherrlichung der Technik noch in ihre Verdammung ein. …“ | https://www.teli.de/das-jahr-babylon-vor-90-jahren-auftritt-der-teli/ | Kontext: https://de.wikipedia.org/wiki/Davoser_Disputation

Ernst Cassirer (1874-1945) „Symbol, Technik, Sprache“ (Aufsätze aus den Jahren 1927-1933): “ … Wenn man den Maßstab für die Bedeutung der einzelnen Teilgebiete der menschlichen Kultur in erster Linie ihrer realen Wirksamkeit entnimmt, wenn man den Wert dieser Gebiete nach der Größe ihrer unmittelbaren Leistung bestimmt, so ist kaum ein Zweifel daran erlaubt, daß, mit diesem Maße gemessen, die Technik im Aufbau unserer gegenwärtigen Kultur den ersten Rang behauptet. Gleichviel ob man diesen »Primat der Technik« schilt oder lobt, erhebt oder verdammt: seine reine Tatsächlichkeit scheint außer Frage zu stehen. … Fasst man die Norm des »Schönen« so weit, daß man überall dort von ihr spricht, wo ein Sieg der »Form« über den »Stoff«, der »Idee« über die »Materie« hervortritt, so kann kein Zweifel daran sein, in welch hohem Maße gerade die Technik an ihr Anteil hat. Aber diese Formschönheit schlechthin umfasst alsdann die ganze Weite geistiger Betätigung und geistiger Gestaltung überhaupt. In diesem Sinne verstanden, gibt es – wie Platon es im Symposion ausspricht – nicht nur eine Schönheit körperlicher Bildungen, sondern auch eine logische und eine ethische Schönheit, eine »Schönheit der Erkenntnisse« und eine »Schönheit der Sitten und Bestrebungen«. … Das Kunstwerk läßt in einer durchaus eigenartigen, ihm allein vorbehaltenen Weise »Gestalt« und »Ausdruck« ineinander übergehen. Es ist eine Schöpfung, die hinausgreift in das Reich des Objektiven und die eine streng objektive Gesetzlichkeit vor uns hinstellt. Aber eben dieses »Objektive« ist an keiner Stelle ein bloß »Äußeres«, sondern es ist die Äußerung eines Inneren, das an ihm gewissermaßen seine Transparenz gewinnt. … Wenn man als die beiden Extreme, zwischen denen alle Kulturentwicklung sich bewegt, die Welt des Ausdrucks und die Welt der reinen Bedeutung bezeichnen kann, so ist in der Kunst gewissermaßen das ideale Gleichgewicht zwischen diesen beiden Extremen erreicht. Die Technik hat hingegen mit der theoretischen Erkenntnis, der sie eng verschwistert ist, den Grundzug gemein, daß sie mehr und mehr auf alles Ausdrucksmäßige Verzicht leistet, um sich in eine streng »objektive« Sphäre reiner Bedeutsamkeit zu erheben. … Wer sich nicht von vornherein den Forderungen der bloßen Nutzbarkeit verschrieb, sondern sich den Sinn für ethische und für geistige Maßstäbe bewahrte, der konnte an den schweren inneren Schaden der gepriesenen »technischen Kultur« nicht achtlos vorbeigehen. Unter den modernen Denkern haben wenige diese Schaden so scharf gesehen und so schonungslos aufgedeckt, als es Walther Rathenau mit immer wachsender Energie und Leidenschaftlichkeit in seinen Schriften getan hat. Völlige Entseelung und Mechanisierung der Arbeit, härtester Frondienst auf der einen Seite – unbeschränkter Macht -und Herrschaftswille, zügelloser Ehrgeiz und sinnloser Warenhunger auf der andern Seite: so stellt sich für Rathenau das Bild der Zeit, im Spiegel der Technik aufgefangen, dar. ([Vgl. Rathenau, Von kommenden Dingen; Zur Kritik der Zeit; Zur Mechanik des Geistes.]) …“ | https://monoskop.org/File:Cassirer_Ernst_1930_1985_Form_und_Technik.pdf | https://monoskop.org/Ernst_Cassirer

Rainer Volk (15.10.2021, br.de): “ … Als Erbe des AEG-Konzerns war Walther Rathenau einer der prominentesten Männer seiner Zeit. Früh fand er Zugang zur künstlerischen und intellektuellen Avantgarde. In der Weimarer Republik unterstützte er die liberale DDP und versuchte, die Isolation Deutschlands zu durchbrechen. Für kurze Zeit wurde er sogar Reichsaußenminister, ehe ihn rechte Extremisten ermordeten. …“

“ … Politisch und ästhetisch gehörte Rathenau zur Opposition gegen den herrschenden Wilhelminismus. Durch die Freundschaft mit Gerhart Hauptmann kam er in den Autorenkreis des S. Fischer Verlags und veröffentlichte hier 1912 und 1913 seine Bücher Zur Kritik der Zeit und Zur Mechanik des Geistes, in denen er die moderne „Mechanisierung der Welt“ beklagte und seine neuidealistische Weltanschauung vom „Reich der Seele“ darlegte. Politisch setzte er sich für eine stärkere Beteiligung des liberalen, industriell tätigen Bürgertums an der Außenpolitik ein und suchte selbst, durch Mitwirkung in der Kolonialpolitik, Einfluss zu gewinnen. Neben anderen Kontakten in die völkische Szene war Rathenau von 1913 bis zu seinem Tod mit dem rechtskonservativen Publizisten Wilhelm Schwaner befreundet, in dessen Zeitschrift Der Volkserzieher in dieser Zeit einige Aufsätze Rathenaus abgedruckt wurden, was zu erheblichem Unmut in nationalistischen Kreisen führte. … … Am Morgen des 24. Juni 1922 … wollte Rathenau ins Auswärtige Amt in der Wilhelmstraße, um einer Prüfung von Konsularsanwärtern beizuwohnen. … Obwohl es im Vorfeld immer wieder konkrete Attentatswarnungen gegeben hatte, fuhr Rathenau ohne Polizeischutz. Auf dem Weg von seiner Villa in der Koenigsallee 65 in Berlin-Grunewald bemerkten weder er noch sein Chauffeur, dass sie von einem Wagen verfolgt wurden. Kurz vor der Kreuzung Erdener-/Wallotstraße, als Rathenaus Chauffeur angesichts der folgenden S-Kurve abbremsen musste, überholte der verfolgende Wagen, ein offener Mercedes-Tourenwagen, den der 20-jährige Student Ernst Werner Techow steuerte. Im Fond saßen der 23-jährige Student Erwin Kern und der 26-jährige Maschinenbauingenieur Hermann Fischer. Während Kern mit einer Maschinenpistole MP18 auf Rathenau feuerte, warf Fischer eine Handgranate in den Wagen. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau (15. Dezember 2021)

“ … In den beiden Hauptschriften „Zur Kritik der Zeit“ von 1912 und „Zur Mechanik des Geistes“ aus dem Jahr 1913 hatte Rathenau die modernen Industriegesellschaften einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Das Ergebnis seiner intellektuellen Suchbewegungen war das Attest eines „mechanistischen Zeitalters“ – mithin einer Gesellschaftsform, in dem sämtliche Teile aufeinander ausgerichtet sind und miteinander kooperieren. Mit dem Ziel einer schnellen und effizienten, zudem kostengünstigen Versorgung der Massengesellschaft (worin sich freilich eine kultivierte Gesellschaft nicht erschöpfen dürfe). In „Zur Kritik der Zeit“ beschreibt Rathenau die „Mechanisierung der Welt“ als alles umfassenden Regelkreislauf und im Denkschema eines Strömungsdiagramms, das mittlerweile die gesamte Produktion und damit die gesamte Gesellschaft umfasst. Die Basis gesellschaftlichen Lebens ist das Wirtschaftssystem und damit der Produktions- und Distributionsprozess: „Von allen Teilen der Erdoberfläche strömen die Urprodukte mineralischer und organischer Abkunft auf eisernen oder wässernen Wegen in die Sammelbecken der Städte und Häfen. Von dort verzweigen sie sich zu den Verarbeitungsstätten, wo sie in vorbestimmter Mischung eintreffen, um chemisch oder mechanisch umgestaltet als Halbprodukte einen zweiten Kreislauf zu beginnen. Von neuem getrennt und abermals vermischt und bearbeitet erscheinen sie als Verbrauchsgüter, die zum drittenmal geordnet in den Lagern der Großhändler sich vereinigen, bevor sie die fein verzweigten Wege zum Detaillisten und endlich zum Verbraucher zu finden, der sie in Abfallstoffe verwandelt und in den Gestaltungsprozeß zurücksendet. Dem Blutumlauf vergleichbar ergießt sich der Güterstrom durch das Netz seiner Arterien und Adern.“ … Der Krieg war für Rathenau, wie auch Rathenaus Schrift von 1917 zu entnehmen ist, zutiefst irrational. Er sei kein „Anfang, sondern ein Ende; was er hinterläßt, sind Trümmer“. Rathenau glaubte zudem nicht an das Recht der Deutschen „zur endgültigen Weltbestimmung“ – womit wir genau bei jenem Vorbehalt sind, den er radikaler dann 1918 in der Kaiser-Schrift formulierte. Aber er sah zugleich ebenso wenig, dass jemand anderes es verdient habe. Im Jahr 1917 liest sich das folgendermaßen: „Wir haben keinen Anspruch darauf, das Schicksal der Welt zu bestimmen, weil wir nicht gelernt haben, unser eigenes Schicksal zu bestimmen. Wir haben nicht das Recht, unser Denken und Fühlen der zivilisierten Nationen der Erde aufzuzwingen; denn welche auch ihre Schwächen sein mögen, eines haben wir noch nicht errungen: den Willen zu eigener Verantwortung.“ Rathenau hoffte, dass der „wirtschaftliche Nationalismus“ „wenn die Zeit der großen politischen und ökonomischen Kraftproben vorüber ist, möglicherweise rationaleren Anschauungen weichen.“ Das mag trügerisch gewesen sein und immer noch sein, formuliert jedoch einen Anspruch – Literaturwissenschaftler sagen: ein Narrativ – das zu erfüllen noch ein wenig Arbeit erfordert. …“ | Aus: „Walther Rathenaus Mobilmachung – Die Durchsetzung der Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg“ Walter Delabar (Archiv – Frühere Ausgaben Nr. 1, Januar 201, Schwerpunkt II: Erster Weltkrieg) | https://literaturkritik.de/id/20164


Der AEG-Schalter-Fahrkartendrucker GP 630 (rechts) und der AEG-Kleindrucker EZT (links) | https://www.tmkkassel.de/index.php/sammlungsgebiete/mobilitaetstechnik/verkehrstechnik/169-der-aeg-schalterfahrkartendrucker-gp-630 // https://de.wikipedia.org/wiki/AEG

[Arbeit am Mythos #2 … ]

Aus: Das Netz der Kultur: der Systembegriff in der Kulturphilosophie Ernst Cassirers
von Michael Bösch (2004)

Katrin Hillgruber (05.06.2020): “ … 1914 veröffentlichte der glühende Monarchist Thomas Mann seinen ersten Essay „Gedanken im Kriege“ [1914 war Thomas Mann noch überzeugter Monarchist]. Sein älterer Bruder Heinrich dagegen trat entschieden für die Republik und die Verständigung mit Frankreich ein. Dieser Streit entzweite die Brüder. …“ | https://www.tagesspiegel.de/kultur/die-politische-genese-eines-autors-wie-thomas-mann-zum-demokraten-wurde/25888014.html

Mark Siemons (31.08.2020): “ … Ob es nun um Corona, Flüchtlinge, Identitätspolitik oder in Amerika um Trump geht: In vielen Konflikten bewegen sich die entgegengesetzten Lager in so verschiedenen Kommunikationswelten, dass sie einander wechselseitig nur noch als Ergebnis von Verschwörungen deuten können, und mithin als für Argumente und Fakten nicht mehr erreichbar. Nicht nur der gemeinsame Boden dessen, was als wirklich gelten kann, bricht da weg, sondern offenbar auch der Boden einer von allen geteilten Rationalität, innerhalb derer ein Streit unterschiedlicher Auffassungen überhaupt möglich wäre. Die Berufung auf eine universelle Vernunft wird da vielfach schon als besonders infamer Trick der Gegenseite diskreditiert. Statt dessen dienen Begriffe und Ideen nur als Duftmarken, mit denen die einzelnen Lager sich und ihr Gegenüber identifizieren, als Medium nicht der Diskussion, sondern der wechselseitigen Abschottung. …“ | https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/neue-wege-der-diskurs-guerilla-jetzt-hilft-nur-noch-verwirrung-16928541.html

(15.08.2020): “ … „Die Mehrheit der weißen Evangelikalen erwartet die Rückkehr Christi innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre“, sagt der Religionssoziologe [Philip Gorski]. Sie würden in der Zeitgeschichte nach Zeichen für bevorstehende Ereignisse deuten und die bevorstehende „Endzeit“ wortwörtlich als Kampf zwischen Engeln und Dämonen und auf Erden zwischen Gut und Böse verstehen. In der Covid-19-Pandemie sehen viele die Rache Gottes für die Sünden der USA, allerdings nicht für Sünden gläubiger Christen, sondern jene der [Progressiven], der Humanisten, Atheisten, Säkularisten. …“ | https://www.deutschlandfunkkultur.de/religionssoziologe-ueber-evangelikale-christen-manche.1270.de.html?dram:article_id=482428

„… alles Denken wie alles sinnliche Anschauen und Wahrnehmen ruht auf einem ursprünglichen Gefühlsgrund …“ | Aus: „Die symbolische Existenz des Göttlichen: Mythos und Religion bei Ernst Cassirer“ Oswald Schwemmer, Humboldt-Universität zu Berlin (2011)

“ … So wichtig das Fühlen ist und so eindeutig die Abspaltung des Gefühls im Rationalismus zu verurteilen ist, so gefährlich ist eine rein gefühlsmäßige Beurteilung politischer Zusammenhänge. … „Mythos“ bedeutet eine Art schicksalsgegebene, idealistische Vorstellung von Einheit, Energie, Bedeutung einer bestimmten Sache. Beispielsweise kann die Vorstellung von „Volk“ mythisch sein, nämlich eine schicksalhafte oder gottgegebene, durch Blutsverwandtschaft und geografische Herkunft („Blut und Boden“) begründete Gemeinschaft, die durch Affekte und sentimentale Vorstellungen getragen wird. Hier zeigt sich auch die unheilvolle Nähe von Mythos und Gefühl. … “ | Aus: „Revolution, Diktatur und Verschwörung – die spirituelle Szene auf politischen (Ab-)Wegen“ von Ronald Engert (29. August 2020) | Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Revolution-Diktatur-und-Verschwoerung-die-spirituelle-Szene-auf-politischen-Ab-Wegen-4877128.html?seite=all

(24.08.2020):“ … Auf Facebook veröffentlichte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl ein Posting mit den Worten, dass der ehemalige FPÖ-Chef eine „Marionette des rot-schwarz-grünen Systems“ sei. Die Reaktionen darauf fielen für Kickl nicht allzu positiv aus. … Auf Nachfrage sagte Strache, dass die Emotionen mit ihm durchgegangen seien und er den Tweet mittlerweile gelöscht habe. „Ich glaube, das ist allen schon mal passiert“, erklärte er. …“ [tarantoga 1 24.08.2020: “ … und das waren vor 15 monaten der vize-kanzler und der innenminister! …“ …] | https://www.derstandard.at/story/2000119556825/strache-und-kickl-liefern-sich-schlammschlacht-in-sozialen-netzwerken


Manuela Honsig-Erlenburg (24.8.2020): “ … Die ausgebildete Juristin und Meinungsforscherin Kellyanne [[ihr] verdankt die Welt [die] Wortschöpfung, … der „alternativen Fakten“, mit der Conway kleine und große Unwahrheiten umschrieb, derer Trump regelmäßig überführt wird] kämpfte […] für den US-Präsidenten in vorderster Reihe, während sich George zum erklärten und medial aktiven Trump-Feind entwickelte. Trump revanchierte sich mit dem Sager, seine Beraterin habe einen „Ehemann aus der Hölle“. …“ | https://www.derstandard.at/story/2000119557655/kellyanne-conway-erfinderin-der-alternativen-fakten-geht
[ Prolaps 2 (25.08.2020): Ist das alles was Sie sagen können?! – Die Dame hat mehrere Kinder großgezogen und – nebenbei gegen den mainstream angekämpft, dessen Opfer Sie werden mussten ]
[Ahab Abraham (25.08.2020): “ … Die Dame war Chefin einer Propaganda-Maschenerie, die Lügen verbreitete, um die politische Führung von Superreichen zu rechtfertigen. Der „Mainstream“ hat ihren Chef, einen narzistischen Egomanen mit der menschlichen Reife eines pubertierenden Einzelkindes zum mächtigsten Mann der Welt gewählt. Aber interessant zu sehen, wie sich sogar österreichische Standard-Poster der Trumpschen Polemik und Opferumkehr bedienen.]
[ 24.08.2020: “ … Am Sonntag schrieb Claudia Conway in einer Reihe von Tweets, dass sie sich von ihren Eltern rechtlich emanzipieren wolle. Der Grund: „Der Job meiner Mutter hat mein Leben zerstört. Es bricht mir das Herz, dass sie weiter diesen Weg geht, nachdem sie ihre Kinder jahrelang hat leiden sehen. Selbstsüchtig. Es geht nur um Geld und Ruhm.“ Der Tweet verbreitete sich daraufhin rasend im Netz. Auf Tiktok formulierte die 15-Jährige ihr Vorhaben noch einmal dramatischer: „Ich habe gerade herausgefunden, dass meine Mutter beim Republican National Committe spricht. Das war’s. Ich bin raus. Die Weglauf-Phase eins startet morgen.“ …“| https://www.jetzt.de/politik/trump-beraterin-kellyanne-conway-verlaesst-donald-trumps-team]

“ … Zeitgenössische Mythen … Eng verwandt mit Mythen sind moderne Sagen (Urban Legends), Hoax sowie auch Verschwörungstheorien. Sie werden meist zu einem bestimmten politischen, psychischen oder sozialen Zweck konzipiert und tradiert. Während Legenden ursprünglich den (im Lauf der Erzähltradition modifizierten) Lebenslauf eines/einer Heiligen zum Kern haben, ist eine Sage „eine volksläufige, zunächst auf mündlicher Überlieferung beruhende kurze Erzählung objektiv unwahrer, oft ins Übersinnlich-Wunderbare greifender, phantastischer Ereignisse, die jedoch als Wahrheitsbericht gemeint sind und den Glauben der Zuhörer ernsthaft voraussetzen.“ (Gero von Wilpert) …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Mythos#Zeitgen%C3%B6ssische_Mythen (24.08.2020)

Anna Sauerbrey (21.08.2020): “ … Der mythologische Modus bedeutet das Ende von Politik – die Desintegration des politischen Universums. …“ | https://www.tagesspiegel.de/politik/gefaehrliche-rhetorik-beim-parteitag-us-demokraten-folgen-donald-trump-in-den-mythos-modus/26116188.html

Klaus Ungerer (19.08.2020)“ … Was [ ] passiert, wenn jemand den Mythos Mythos sein lässt, um sozusagen der Menschwerdung zu frönen? Da kann man dann erstaunliche Dinge erleben. Zuletzt bewies das ein Interview mit Jared Huffman, dem „Humanist of the Year“ in den Vereinigten Staaten. Der Politiker entschied sich vor einiger Zeit, entgegen den intensiven, mahnenden Flüsterstimmen aller seiner Freunde und Berater, einen wirkmächtigen Mythos zu ignorieren: In den USA könne niemand erfolgreich Politiker sein, der sich als nicht-religiös bekenne. Wie mächtig dieser Mythos ist, beweist ein Blick auf den US-Kongress. Alle Abgeordneten dort bekennen sich zu irgendeiner Religion, zu irgendeinem göttlichen Wesen, das sie leite. Manche Abgeordnete drucksen auch rum und nuscheln ein bisschen halbgares Zeug, weil sie, wie es für verantwortlich handelnde Erwachsene normal sein sollte, eben nicht an unsichtbare Dinge glauben, sich das aber nicht zu sagen trauen. Anders also Huffman. Da ein innerer Drang ihn einerseits zur Vernunft und andererseits zur Ehrlichkeit anhielt, hatte er 2017 sein Coming-out und bekannte öffentlich, dass er an all die unsichtbaren Dinge, an die viele zu glauben vorgeben, eben nicht glaube. Und dann? Was passierte dann? Dann passierte eher gar nichts. Kein Blitz vom Himmel traf Jared Huffman, kein Heuschreckenschwarm verspeiste sein Haus, ja, nicht einmal die Wähler schienen abrücken zu wollen von ihm. … Oft sind die Menschen nämlich viel weniger dumm, als der Mythos sie machen will. …“ | https://hpd.de/artikel/mythen-und-menschen-18382

“ … Der Mythos schafft Wissen durch Erzählung im Gegensatz zur wissenschaftlichen Erklärung. Diese von Aristoteles zur Einteilung der Wissenschaften gebrauchte Unterscheidung wird im 19. Jahrhundert von der Romantik als Reaktion auf den Vormarsch der Naturwissenschaften zu einer Rechtfertigung des Erzählens gegenüber dem Erklären, oft verbunden mit einem romantischen Glauben an die Existenz und Relevanz von Volksmärchen oder Volksliedern. Die mündliche Überlieferung von Mythen wurde daher oft als Beleg für gemeinsame Autorschaft und uraltes Einvernehmen eines „Volks“ gesehen. … Mit dem Begriff Mythos wird seit dem 19. Jahrhundert oft die Vorstellung einer wiederholten Bestätigung im Erleben und Erzählen verbunden, die sich einem linearen Zeitbegriff und einem Fortschrittsdenken entgegenstellt. … Nietzsche prägte das Wort von der „ewigen Wiederkunft“ (1888). Thomas Mann definierte das Wesen des Mythos als „zeitlose Immer-Gegenwart“ (1928). Er sei „vorbewusst“, „denn Mythos ist Lebensgründung: er ist das zeitlose Schema, die fromme Formel, in die das Leben eingeht, indem es aus dem Unbewussten seine Züge reproduziert“ … “ | https://de.wikipedia.org/wiki/Mythos#Romantik_und_19._Jahrhundert (August 2020)

Lukas Hammerstein (13.07.2020): “ … Das Schlachtfeld dieser Tage liegt draußen im Flachland der Kultur. In den USA kämpft Black Lives Matter gegen weiße Rassisten, Europa ringt mit dem bösen Erbe der Kolonialzeit. Identität – Zugehörigkeit ist jetzt das große Thema. … Nicht dass es „denen da oben“ wirklich um Kultur ginge, wenn sie um die Hoheit über die Köpfe und Herzen ihrer Wähler kämpfen. Sie tun natürlich nur so – hetzen auf, schweißen zusammen, erzeugen ein heißes Wir-Gefühl. Und wir? Streiten und ereifern uns mit. … Natürlich, es gab den historischen Kulturkampf im 19. Jahrhundert. Doch davon reden jene Politiker nicht, die uns weismachen wollen, alles sei eine Frage von Zugehörigkeit und Kultur – Identität. Als könne man rechts von links und böse von gut trennen. Als sagte es irgendetwas über den Wert von Menschen aus, woher sie kommen. …“ | https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/jazz-und-politik/kulturkaempfe-normative-kraft-des-anderen-100.html

Frank Herrmann (25.8.2020): “ … Die „Grand Old Party“ hat sich gewandelt. Das betrifft das Spitzenpersonal, die Themen und auch die Wählerschaft, die selbst eine unpopuläre Politik zu stützen bereit ist, wenn sie damit Donald Trump stützt … Wie es dem Milliardär gelingt, den Champion der weißen Arbeiterklasse zu geben – die Politikwissenschafter Jacob Hacker und Paul Pierson haben dem Phänomen ein Buch gewidmet, das sich mit Blick auf die Wahl im November als Pflichtlektüre empfiehlt. In „Let Them Eat Tweets“ versuchen beide einem Widerspruch auf den Grund zu gehen. Denn im Praktischen betreibt Trump eine Politik, die den Interessen der Arbeiterschaft konträr zuwiderläuft. Von Steuersenkungen, die er im Bunde mit seinen Republikanern, auch denen der alten, nichtpopulistischen Schule, durchs Parlament brachte, profitierten in erster Linie die reichsten Amerikaner. Zu vier Fünfteln kam die staatliche Großzügigkeit dem obersten Prozent der Wohlstandspyramide zugute. Nach Umfragen zu urteilen fand und findet sich dafür in den Ortsvereinen der Konservativen keine Mehrheit.
Doch trotz einer offensichtlich unpopulären Politik, schreiben die beiden Autoren, stimmen viele Millionen mit allenfalls bescheidenem Wohlstand nicht nur an der Wahlurne für diese Partei. Sie legen ihr gegenüber eine Treue an den Tag, die an die Loyalität innerhalb eines Stammesverbands denken lasse.
Was sie für den Hauptgrund halten, fassen Hacker und Pierson in zwei Sätzen zusammen. „Sachthemen, ob ökonomische oder soziale, haben weniger Wirkungsmacht als Identitäten. Es ist die Identität, die Annahme, zusammenzustehen im Angesicht einer Bedrohung, die wirklich mobilisiert.“ … Diese Identität verbinde sich dann mit anderen, die seine Partei ebenfalls betone: „christlich-konservativ, Waffenbesitzer, wohnt auf dem Land oder in einer Kleinstadt, glaubt an traditionelle Geschlechterrollen“. … “ | https://www.derstandard.at/story/2000119565894/us-republikaner-mit-trump-zurueck-am-protektionistischen-ausgangspunkt

Alexander Jürgen Grau (26.11.2019): “ … War bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Kritik an den Eliten im Grunde nichts anderes als Kritik an deren ökonomischen und sozialen Privilegien, so hat die aktuelle Elitenkritik Züge eines Kulturkampfes. Hier geht es nicht um ökonomische Ausbeutung, um Chancengleichheit oder auch nur Gerechtigkeit, hier geht es um kulturelle Deutungshoheit. … Da in diesem Kulturkampf der Spätmoderne nicht einfach nur Werte aufeinanderprallen, sondern unvereinbare Konzepte von Werteressourcen, ist eine Verständigung zwischen den Lagern nur schwer möglich. Oberflächlich betrachtet, sprechen beide noch dieselbe Sprache, faktisch benutzen beide Milieus aber ein eigenes Idiom, das sich in das Idiom der Gegenseite nicht mehr übersetzen lässt. Assoziiert zum Beispiel der eine mit der traditionellen, intakten Kleinfamilie Geborgenheit, Wärme, Liebe und Zuwendung, so verbindet der andere damit Enge, Heuchelei, Abhängigkeit und Diskriminierung. Beide Sprachwelten sind schlicht unvereinbar. Es ist daher unwahrscheinlich, dass sich die Risse, die sich in den westlichen Gesellschaften zeigen, tatsächlich kitten lassen, eben weil es im Kern um sich ausschließende Lebensentwürfe und Kulturkonzepte geht. …“ | https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/elitenkritik-so-weltoffen-so-borniert/25261602-all.html

“ … Symbole im Verständnis Cassirers sind [ ] auch „Funktionen“, mittels derer „je eine eigentümliche Gestaltung des Seins und je eine besondere Teilung und Scheidung desselben sich vollzieht“. Sie sind „aus dem Strom des Bewusstseins „sich heraushebende bestimmte gleichbleibende Grundgestalten teils begrifflicher, teils rein anschaulicher Natur“, kraft derer an „die Stelle des verfließenden Inhalts“ die „in sich geschlossene und in sich beharrende Einheit der Form“ tritt. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise die Kunst, der Mythos oder die Religion „in eigentümlichen Bildwelten (leben), in denen sich nicht ein empirisch Gegebenes einfach widerspiegelt, sondern die sie vielmehr nach einem selbstständigen Prinzip hervorbringen“. Jede symbolische Form ist demnach ein „Weltbild“ und als solches „nur möglich durch eigenartige Akte der Objektivierung, der Umprägung der bloßen ,Eindrücke‘ zu in sich bestimmten und gestalteten, Vorstellungen“ …“ | Aus: „Die Wirkungsmacht des Symbolischen – Von Cassirers Philosophie der symbolischen Formen zu Bourdieus Soziologie der symbolischen Formen“ | Zeitschrift für Soziologie, Jg. 34, Heft 2, April 2005, S. 112-127 | http://darhiv.ffzg.unizg.hr/id/eprint/5957/1/1184-1273-1-PB.pdf

Oswald Schwemmer (2011): “ … Für Cassirer gewinnt [ ] das menschliche Ausdrucksleben seine ursprüngliche Formung im Mythos. Das mythische Ausdrucksleben liefert den „gemeinsamen Mutterboden“, von dem sich alle symbolischen Formen allmählich loslösen. Der Mythos ist für Cassirer „sozusagen die Urschicht des Bewußtseins und der tragende Grund für alle seine Leistungen“.
Im Unterschied zu den meisten anderen symbolischen Formen – wie der Sprache, der (wissenschaftlichen) Erkenntnis und der Technik – und am nächsten übrigens noch der Kunst bleibt die Religion in besonderer Weise dem Mythos verhaftet, weil sie Formen der emotionalen Weltorientierung zum Ausdruck bringt. Wie der Mythos – und wiederum die Kunst – rührt sie damit an die Tiefenstruktur der menschlichen Existenz. Denn „alles Denken wie alles sinnliche Anschauen und Wahrnehmen ruht auf einem ursprünglichen Gefühlsgrund. … “ […] Zugleich [wird] mit der Differenz zwischen Selbst und Welt[,] wird durch die Kunst auch die Differenz zwischen „Bild“ und „Sache“ erzeugt und damit das Identitätsdenken des mythischen Bewußtseins endgültig aufgelöst. Denn die vermenschlichende Darstellung des Göttlichen und dadurch die Vergöttlichung des Menschen sind nur möglich im Bewußtsein von Darstellung, von der Repräsentation des Einen durch das Andere. Der Tänzer ist nicht mehr Gott, er stellt ihn dar. Gott ist nicht als oder im Tänzer anwesend. Durch den Tänzer oder den Priester werden wir auf Gott verwiesen. Der Tänzer existiert nicht mehr als Gott, er repräsentiert ihn. Die Situation, die im Mythos artikuliert wird, ist das Eingebundensein in eine Welt lebendiger Ausdrucksereignisse. Einige dieser Ereignisse sind für den mythischen Menschen überwältigend und werden als Erscheinung des Göttlichen erfaßt. Von diesen Ereignissen aus werden die Gliederungen der Welt und des Lebens in ihr entwickelt und ergibt sich die „Akzentuierung des Daseins“, die dem mythischen Menschen zu seinen grundlegenden Orientierungen verhilft. In der religiösen Artikulation wird die mythische Unmittelbarkeit aufgehoben. Insbesondere durch die Individualisierung und Vermenschlichung in der Kunst wird aus dem völligen Ergriffen- und Besessenwerden eine Begegnung mit Gott, in der der Mensch durchaus ein eigenständiges Selbst besitzt. …“ | Aus: „Die symbolische Existenz des Göttlichen: Mythos und Religion bei Ernst Cassirer“ Oswald Schwemmer, Humboldt-Universität zu Berlin (2011) | https://www.philosophie.hu-berlin.de/de/forschung/drittmittelprojekte/ernst-cassirer-nachlassedition/lehre/index_html | // | https://www.philosophie.hu-berlin.de/de/forschung/drittmittelprojekte/ernst-cassirer-nachlassedition/lehre/index_html/myt1

(westfalen-blatt.de, 24.08.2020): “ … Stefan Zweig, als Jude vor den Nazis nach Brasilien geflohen, nahm sich 1942 in Rio de Janeiro das Leben, verzweifelt über den Verlust seiner „geistigen Heimat Europa“. … [Zweig beschreibt die Kultur, die Mode, das Leben der Jugendlichen, das Erziehungssystem, die Sexualmoral und das Wertesystem der Gesellschaft.] …“ | https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Paderborn/Lichtenau/4257016-Wenn-es-revolutionaer-wird-im-Dalheimer-Sommer-Sternstunden-der-Menschheit | https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welt_von_Gestern

Christine Watty & Johannes Nichelmann (14.05.2020): “ … Kuratorin Monika Boll spricht davon, dass Hannah Arendt wie eine Art Gegengift für die heutigen Empörungsdiskurse wirke. …“ | https://www.deutschlandfunkkultur.de/lakonisch-elegant-83-rauchen-und-denken-wie-wurde-hannah.3717.de.html?dram:article_id=476657

Leonard Fischl (22.06.2020): “ … Die Texte der Philosophin Hannah Arendt erleben aktuell eine Renaissance. Ein Beleg dafür ist der Wiedereinzug von Hannah Arendts Standardwerk „The Origins of Totalitarianism“, deutsch „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“, in die Bestsellerlisten der USA, als Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Auch andere Verschiebungen und Erosionen in der westlichen Welt erinnern an Ereignisse, die Hannah Arendt selbst miterlebt und in ihrem Schaffen untersucht und kommentiert hat. Schließlich hat die Philosophin den Verfall der Weimarer Republik beobachtet und musste nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wegen ihrer jüdischen Herkunft in die USA fliehen. Ihre Werke beleuchten die Gründe für Faschismus und totalitäre Gewalt, die Konsequenzen der Fluchterfahrung, den Verfall zivilisatorischer Werte und die Grenzen zwischen Wahrheit und Lüge in der Politik. …“ | https://www.tagesspiegel.de/themen/freie-universitaet-berlin/hannah-arendt-neu-entdecken-denken-ohne-gelaender/25925920.html

“ … Der Zigarettenrauch kräuselt sich in Kringeln von der Zigarette. Hannah Arendt schaut nach oben. Zwischen ihren Lippen entweicht ein feiner Rauchstrahl. […] Im Gespräch mit Günter Gaus aus der ZDF-Reihe Zur Person vom 28. Oktober 1964 rauchen beide mehrere Zigaretten auf durchaus unterschiedliche Weise. Als Titelmusik für die Reihe diente beziehungsreich Ludwig van Beethovens Musik zu einem Ritterballett. Im Nachhinein sprach Günter Gaus davon, dass es „das beste Gespräch“ gewesen sei, dass er je geführt habe. … Das Zigarettenrauchen während des Interviews lässt sich in der Retrospektive als eine Art Signatur des 20. Jahrhunderts lesen. […] Und jeder, der selbst einmal geraucht hat, weiß tatsächlich allzu gut, dass Bilder, Musik oder Gefühle sich während des kontemplativen Rauchens, vielleicht die konzentrierteste Form der inneren Einkehr, stärker ins Gedächtnis einbrennen können als unter bloßer Frischluftzufuhr.“ … Sind Gefühle Denken? Wir wissen nicht, was Hannah Arendt fühlt und denkt, als sie im Kontext der Eichmann-Fragen zu einer weiteren Zigarette greift. In dem, was sie im Fernsehstudio mit Scheinwerfern von der Decke und Fernsehkameras sagt, bleibt sie kontrolliert, schlagfertig und politisch eigensinnig. …“ | Aus: „Hannah Arendts Zigarettenrauchen als Haltung“ Torsten (17. Juli 2020) | https://nightoutatberlin.de/hannah-arendts-zigarettenrauchen-als-haltung/

[Language and Cognitive Processes… ]

Noam Chomsky, noted linguist, philosopher, and social critic explores the complexities of language and its study. This lecture was presented by Boston College (Recorded on 7/20/11).

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… Schließlich entwickelte Chomsky aus dem Konzept der Modularität ein entscheidendes Merkmal der kognitiven Architektur des Geistes. Der Geist sei aus einer Ansammlung zusammenwirkender spezialisierter Subsysteme zusammengesetzt, die nur eingeschränkt miteinander kommunizierten. Diese Vorstellung unterscheidet sich stark von der alten Idee, dass jedes Stückchen Information im Geist durch jeden anderen kognitiven Prozess abgerufen werden könne. (Optische Täuschungen zum Beispiel lassen sich nicht abschalten, sogar dann nicht, wenn man wisse, dass es sich um Illusionen handle.) …
https://de.wikipedia.org/wiki/Noam_Chomsky

https://de.wikipedia.org/wiki/Sprachwissenschaft

https://de.wikipedia.org/wiki/Sprache

[Sprachgebrauch #14… ]

“ … Die Frage ist stets: Würden Natur, Technik und Kunst auch ohne Sprache „funktionieren“? Bei der Natur nehmen wir es gar als moralische Prämisse: Ökologisches Empfinden entsteht aufgrund des, nun ja, Dogmas: Die Natur kann ohne den Menschen auskommen, aber der Mensch nicht ohne Natur.

Bei der Technik genießen wir gelegentlich die Un-Sprachlichkeit ihrer Protagonisten, die Hilflosigkeit der Bedienungsanleitungen, den Kürzel-Jargon etc.

Bei der Kunst geraten wir, mit einer gewissen Wollust, an den Punkt, an dem man „eigentlich in Worten nicht mehr ausdrücken“ kann, was einen in Beziehung auf das Werk bewegt.

Was außerhalb der Sprache geschieht, will stets zugleich includiert und excludiert werden. Das heißt, zum Beispiel, die Technik kann nur durch Sprache „gezähmt“ werden, aber zugleich ist sie dieser Sprache voraus; die Kunst bedarf der Sprache (und es wird, spätestens seit dem Beginn des bürgerlichen Zeitalters) in gewaltiger Quantität über sie gesprochen, aber vor allem bedarf die Kunst der Sprache um in der Sprache selber auszudrücken, dass sie Mehr-als-Sprache ist. Die Kunst steht über der Sprache (so wie die Natur vor der Sprache war und die Technik vor der Sprache ist).

… In einer populären Denkfigur driften Kunst, Technik und Natur immer weiter auseinander. (Umso schärfer scheinen sie einander zu kommentieren.)

In der Katastrophe, in der Krise, im Skandal kommen sie, mit einem Schlag, mehr oder weniger, wieder zusammen.

Die Wirklichkeit, zweifellos, setzt sich aus Natur, Kunst und Technik zusammen (und aus noch einigem mehr). Das heißt, sie setzt sich aus Widersprüchen zusammen. Was diese Widersprüche überwinden soll, ist Mythos, Ideologie, Religion. Wirklichkeit ist ein unentwegter Kampf um die Hegemonie. …

Natur, Technik und Kunst sind nicht nur sprachlos, sondern erzeugen auch Sprachlosigkeit (in allem Geschwätz). Wer sagen soll, was Natur ist, gerät entweder ins Plappern oder an die Grenzen seiner Sprache. Wer der Kunst etwas sagen will, provoziert sie zu einem Verhalten, welches das Gesagte, das Sagbare sogleich überschreitet. Und es ist ein Wesenszug des Technischen, sich schneller zu entwickeln als das Sprachliche. …“

KL am 08 Aug 2012 um 07:59 Uhr: … Ob die „abendländische“ Kultur zu einem Bewußtsein kommen kann, das uns trotz technischer Beherrschung der von uns aus Substrat gemachten Apparate Respekt vor seiner Unbegreiflichkeit erlaubt?

Aus: „KUNST/ZEIT/SCHRIFT NR. 4/12“ von Georg Seeßlen
http://www.seesslen-blog.de/2012/08/02/kunstzeitschrift-nr-412/

[Zum Sprachgebrauch (7)… ]

“ … die Beneidenswerten,die – nach
dem Völkischen Beobachter,
dem nichts entgeht –

wie wir aller Differenziertheit des
Intellekts entsagen lernten, um
einen solchen Führer nicht nur zu
verehren, sondern schlechthin zu lieben.

Mögen sie es auch leichter gehabt haben
als unsereins – zu solchem Verzicht
neigt unwillkürlich auch der, der
sich aufraffen will, das Errungene zu
prüfen. Das ist eine Viechsarbeit, der
Untersucher gerät vor dem Schlichtesten
an alle Probleme der Logik und
der Moral, daß ihm der Atem vergeht,
Hören und Sehn, das Lachen,
die Lust, und wenn sich die Sprache
findet, vergeht sie sich wieder
im Irrgarten tausendfacher Antithetik [inhaltlicher Gegensätze],
wo sich die Motive stoßen und
ein Wort das andere gibt: sie erlebt
die Schmach, sich zu verlieren, und
das Glück, zu sich zu kommen, immer
hinter einer Wirklichkeit her, von
der sie nichts trennt als das Chaos. …“

Aus: »Die Dritte Walpurgisnacht« von Karl Kraus (1933)
http://hink66.de/klassiker/wp-content/uploads/2011/04/Kraus_Dritte_WalpurgisnachtA5v2.pdf

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Von Dietmar Dath, “ … [Mein Kampf] wird nach geltendem Urheberrecht 2015 gemeinfrei. Es hat, weil woanders Wichtigeres über diejenigen steht, von Finanziers bis zu den Massen, ohne die ein einzelner Spinner nie die halbe Welt hätte verwüsten können, kaum Lehrwert. Er sollte daher auch weiterhin für niemanden einen kommerziellen Mehrwert haben. …“

Axel Lüssow (alsigma) – 28.01.2012 12:42 Uhr:
„… Natürlich ist es nicht wünschenswert, dass sich auch noch jemand an Hitlers Machwerk bereichert. Das ist aber nicht der zentrale Punkt, sondern die Frage ist: Wie wird mit damaliger NS-Propaganda im 21. Jahrhundert umgegangen?

Ich halte die Zeit für gekommen, diese „Werke“ von ihrem Mythos zu befreien und jeden sehen zu lassen, was sie sind: raffinierte Propaganda, die damals sehr neu und teils effektiv gewesen sein mag. Wer es jedoch schafft, einer Kopie von z.B. „Jud Süß“ habhaft zu werden sieht auch: Moderne Propaganda – Entschuldigung: „embedded journalism“ – hat heute 70 Jahre Evolution hinter sich und Goebbels Methoden verblassen gegenüber subtiler medialer Beeinflussung, insbes. da die damaligen Ziele und Folgen bekannt sind. “

thomas saalfeld (willard5) – 29.01.2012 07:19 Uhr:
„googlen – ich lese mein kampf schon seit jahren; als pdf download aus dem internet; wenn das der führer wüsste… wieder mal viel aufregung um nichts, denn internet hat inzwischen doch jeder …“


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/zeitungszeugen-hitlers-worte-verraten-alles-und-erklaeren-nichts-11625857.html

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“ … Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen habe ich bei Ernst Bloch gelesen. Damit meint er, dass in der modernen Gesellschaft Menschen leben, die die unterschiedlichen Bewusstseinsformen der gesamten Geschichte repräsentieren. Es gibt Menschen, die in den Kategorien der Antike oder der Religion denken und es gibt Menschen, die in den Kategorien des Feudalismus oder des frühbürgerlichen Liberalismus denken. Das Vergangene ist nicht einfach vergangen, sondern die alten Bewusstseinsstufen, die die europäische Geschichte durchschritten haben, sind alle gegenwärtig. Ernst Bloch hat damit eine Theorie für die Entstehung der deutschen Tragödie des Nationalsozialismus geliefert. …“ (hosenscheisser, Verfasst am: 05 Feb 2007 – 22:47:53)| http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/113082,0.html

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“ … „Die letzten Tage der Menschheit“, Kraus‘ gewaltiges Antikriegsmonument, ist eine Großcollage: etwa 500 gefundene und erfundene Personen treten auf, an den verschiedensten Orten. Vieles davon hat Kraus Zeitungen entnommen, und auch die „Fackel“, seine Zeitschrift, lebte von der entlarvenden Technik des Montierens und Collagierens vorgefundener Texte. … “
Aus: „“Mir fällt zu Hitler nichts ein.““ Von Helmut Böttiger | http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kalenderblatt/1478480/

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“ … Ob Historikerstreit, Wehrmachts- Goldhagen- , Walser- oder Sloterdijk-Debatte, ob Verharmlosung des Dritten Reichs, Relativierung der NS-Gräueltaten oder Mystifizierung der eigenen Vergangenheit auf der einen, oder Faschismusvorwurf auf der anderen Seite, schnell wird mit einfachen, bündig klingenden Erklärungsmustern argumentiert.

Angefacht werden diese „Diskurse“ von einer erst recht entfesselten Medienszene, die es versteht, zu jedem Anlass die „üblichen Verdächtigen“ zu befragen, und die so ungeahnte Summen umsetzt und verdient, die jene bezahlen, die in diesem undurchschaubaren Dickicht von Unterhaltung, Information, Werbung und politischen Parolen, kaum mehr zu kritischen Gedanken fähig sind, und die dargebotenen Worthülsen zuletzt für die eigene Meinung halten.

… Zu bedenken ist auch: Mögen die Apparate und Institutionen die das betreiben, auch anonym und deshalb unangreifbar scheinen, sie konstituieren sich am Ende aus einer Summe einzelner Entscheidungen einzelner Menschen – gegen andere Menschen. …“

Aus: „Getrübte Wahrnehmungen – Überlegungen zu einigen Phänomenen im Zusammenhang mit der Rezeptionsgeschichte der „Dritten Walpurgisnacht“ von Karl Kraus“ Von Josef G. Pichler (2000) | http://wwwu.edu.uni-klu.ac.at/jpichler/kraus.html