[„Der Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung!„] … […] Es wäre [ ] vollkommen falsch, die Krise jetzt zum Anlass zu nehmen, das ganze System zu kritisieren oder gar zu beseitigen. Im Gegenteil, in der Krise wird sich zeigen, daß eine auf privatem Kapitaleinsatz beruhende, marktwirtschaftliche Ordnung in einer vernünftigen und mit Augenmass neu justierten Aufgabenteilung zwischen staatlicher Regulierung und marktwirtschaftlicher Freiheit über die besten Instrumente verfügt, die Krise selbst zu bewältigen und den Wohlstand der Menschen auf Dauer zu sichern. …“ | Aus: „Friedrich Merz: „Mehr Kapitalismus wagen““ (Berlin, 13.10.2008) | Text der Rede anlässlich der Vorstellung des gleichnamigen Buches | Quelle: friedrich-merz.de
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[…] Erfrischend surreal. Die Zelebrierung des Absurden. Provokativ – subversiv. Gegen den Zeitgeist. Hintersinnig. Eventuell der zweite Merz des Dadaismus? Wer weiß. Aus: „Merzkunst“ Von Das Grauen (14.10.2008)
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[…] „Der Markt ist sozial und der Kapitalismus gerecht.“ Sätze wie diesen muss man sich in Zeiten der Finanzkrise auf der Zunge zergehen lassen.
(Aus: „Es lebe der Kapitalismus„, SZ (14.10.2008))
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Respekt Friedrich,
was für ein cooles Timing für deine thematisch passende Buchveröffentlichung – so mitten im globalisierten finanziellen Monsterdesaster. Der Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung! – Ja, ich glaube auch der Kapitalismus bringt mächtig Spaß – solange man zu den autistischen Gewinnern einer zynischen Finanzwelt gehört. We Always Crashing in the Same Car. Der Welt geht es gut, wir brauchen nur ein paar kleine Korrekturen? Kapitalismus als die große Verheißung für die freie Welt? Zugegeben: wir leben wohl in verschiedenen Galaxien und ich habe noch nicht abgeschlossen mit dem denken über diese „finanziellen Anomalien“. Wir sind alle Menschen (oder sind ein paar von uns Außerirdische?) und dramatische Wandlungen können jeden treffen – ich möchte ein wenig phantasieren: würde Friedrich weiterhin seine Thesen zum entfesseltem Kapitalismus auch Mülleimern unterbreiten, wenn er sich all seiner Nebentätigkeiten verlustig finden würde? – Wenn er aller finanziellen Mittel beraubt, mit Nichts in der Tasche in einem verdreckten Pullover und zerrissener Hose in einer verlassenen Seitenstraße stünde?
Wie würde er reagieren, wenn ihn der Hunger und die Kälte zum Containern getrieben hat und er beim Dumpster diving zufällig sein eigenes Buch fände? – Würde er mit seinem Buch in zitternden Händen kurz die Augen verdrehen? Würdest er schmunzeln bevor sein schallendes Gelächter der kalten Herbstnacht dargeboten wird?
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Kontext#1
Containern (engl.) Dumpster diving
[…] „The practice of Dumpster diving is also known variously as urban foraging, binning, alley surfing, aggressive recycling, Curbing, D-mart, Dumpstering, garbaging, garbage picking, garbage gleaning, dumpster-raiding, dumpstering, dump-weaseling, tatting, skally-wagging, skipping, or trashing. […] The term originates from the best-known manufacturer of commercial trash bins, „Dumpster,“ and the fanciful image of someone leaping head first into a dumpster as if it were a swimming pool…
Source: http://en.wikipedia.org/wiki/Dumpster_diving
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Kontext#2
„Ein Risikopapier“ Lorenz Maroldt über das neue Buch von Friedrich Merz (14.10.2008)
Quelle: tagesspiegel.de..Finanzkrise-Friedrich-Merz…
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Kontext#3
„The nine most terrifying words in the English language are, ‚I’m from the government and I’m here to help.'“ Ronald Reagan, 40th president of US (1911 – 2004)
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Kontext#4
Weltfinanzkrise 2007–2008
Weltfinanzkrise (oder globale Finanzkrise) bezeichnet eine globale Banken- und Finanzkrise als Teil der Weltwirtschaftskrise ab 2007. …
https://de.wikipedia.org/wiki/Weltfinanzkrise_2007%E2%80%932008
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Kontext#5
[…] Während die Durchschnittseinkommen aller Deutschen in den 1990er Jahren weitgehend konstant blieben, konnten die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher einen Zuwachs von sechs Prozent verbuchen. Die Spitzenverdiener, die oberen 0,01 Prozent, gewannen 17 Prozent hinzu. Noch besser schnitten die wirklich Reichen ab: Das Jahreseinkommen der 650 wohlhabendsten Deutschen legte von 1992 bis 2001 um 35 Prozent zu, auf durchschnittlich 15 Millionen Euro. Bei den 65 Reichsten – Jahreseinkommen im Schnitt 48 Millionen Euro – betrug der Zuwachs 53 Prozent. Das bedeutet: Nahezu das gesamte Wirtschaftswachstum ist zwischen 1992 und 2001 von der Oberschicht abgeschöpft worden, nach dem Prinzip: je reicher, desto höher auch der prozentuale Zugewinn. Der Anteil der, finanziell gesehen, unteren Hälfte der Gesellschaft am Markteinkommen hat sich in derselben Zeit von 5,4 auf 3,4 Prozent verringert. Würden diese 32,5 Millionen Einwohner all ihre Einkünfte zusammenlegen, erreichten sie bei weitem nicht das, was die reichsten 65 000 Deutschen zusammengenommen verdienen. Dieser Trend hat sich seit 2001 fortgesetzt, bedingt auch durch die Senkung des Spitzensteuersatzes. […] Die Vorstandsvorsitzenden der DAX-Konzerne verdienten 2006 durchschnittlich 4,3 Millionen Euro brutto, über 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Nur um 1,7 Prozent wuchs dagegen das Jahresbruttogehalt eines Arbeiters im produzierenden Gewerbe, auf 34 000 Euro brutto. Spitzenmanager verdienten also im Durchschnitt 126-mal so viel wie Arbeiter. […] Weit schlechter als beim Einkommen seiner Bürger steht Deutschland im internationalen Vergleich bei den Bildungschancen da. In kaum einem anderen Land der EU hängt die Bildungsbiografie so sehr von der Herkunft ab. […] Die wachsende Zahl von Menschen mit fragmentierten Erwerbsbiografien und atypischen Beschäftigungsverhältnissen – Arbeitslose, Alleinerziehende, „Ich-AGs“ – wird oft keine ausreichenden Rentenanwartschaften aufbauen können. Soziale Ungleichheiten im Alter werden sich dadurch in Zukunft verstärken. […] Von der Politik erwarten die Menschen wenig – und die Kluft zwischen Volksvertretern und Bürgern ist tief …
Aus: „GEO Magazin Nr. 10/07 – GEO-Umfrage: Was ist gerecht?“
Von Markus Schrenker und Thomas Ramge
Quelle: geo.de/GEO/kultur/gesellschaft/54795.html…
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Kontext#5a
[…] Trotz des Finanzchaos an der Wall Street streichen die Banker nach einem Zeitungsbericht noch immer milliardenschwere Bonus-Zahlungen ein. Bei Morgan Stanley könnten sich die Mitarbeiter für ihr Gehalt sogar die ganze Bank kaufen. […] Allein die Bezüge der Mitarbeiter der sechs größten Banken summierten sich für die bisherige Arbeit in diesem Jahr auf über 70 Mrd. $. Davon entfällt ein Großteil auf Boni, berichtete die britische Zeitung „The Guardian“. Das entspricht etwa zehn Prozent des Volumens vom Rettungspaket der US-Regierung.
Aus: „Zahltag für die Banker: Die 70-Mrd-Dollar-Boni-Bonanza“ (FTD, 18.10.2008)
Quelle: http://www.ftd.de/koepfe/whoiswho/:Zahltag…
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Kontext#6
[…] Diese selbstkritische Betrachtung der eigenen Rolle, dieses kleine bisschen Scham ist in der aktuellen Krise aufseiten der ökonomischen Elite bisher nicht zu entdecken: wahrscheinlich, weil sich ihre Mitglieder tatsächlich nicht als Anhänger einer Weltanschauung unter mehreren, sondern als Inhaber einer unbestreitbaren Wahrheit betrachtet haben. Und diese Wahrheit – dass der Markt praktisch alles besser könne als der Staat; dass die Börse letztlich das präzisere Abstimmungsinstrument sei als die demokratische Wahl; dass das Spitzenpersonal der Wirtschaft den Politikern himmelweit überlegen sei – beschränkte sich keineswegs auf die wirtschaftliche Sphäre. Diese Wahrheit sollte überall gelten, für Recht und Politik, Militär und Verwaltung, Kirche, Kindergarten und Krankenhaus. Nur stimmte sie nicht einmal für den eigenen Bereich. Es wirkt kurios, wenn Bundespräsident Horst Köhler nun mehr Moral für die Märkte einfordert und sich gegen Selbstzufriedenheit und Zynismus der Manager wendet. Er müsste seine Referenten ins Archiv schicken und sich seine eigenen Reden vornehmen, zum Beispiel die zum Tag der Deutschen Einheit 2004. Da war es noch das »westdeutsche Regelwerk«, das zu sehr geprägt war von »Selbstzufriedenheit«, außerdem von »überzogenem Anspruchsdenken« und einem »alles durchdringenden Regulierungseifer«. Köhler machte sich stark für einen »radikalen und nachhaltigen Abbau von Vorschriften und Bürokratie«. Ähnlich Hans-Werner Sinn, laut Bild-Zeitung »Deutschlands klügster Wirtschaftsprofessor«: »Jedes Land braucht eine Kulturrevolution, wenn der Filz über 50 Jahre akkumuliert wurde. Jetzt ist Deutschland so weit.« Schon 2002 sah Arnulf Baring (Bild: »Deutschlands klügster Historiker«) die Bundesrepublik als »DDR light«, regiert von einer »drohnenhaften Herrschaftskaste« aus ahnungslosen Politikern und wehrlos ohne eine Notstandsverfassung à la Weimar. Deshalb fand Baring, die Situation sei reif für »einen Aufstand gegen das erstarrte Parteiensystem. Ein massenhafter Steuerboykott, passiver und aktiver Widerstand, empörte Revolten liegen in der Luft.« Antizipierte er den Zusammenbruch der Finanzmärkte und die steuerfinanzierten Milliardenrettungspakete für Banken? Nein, es ging um die staatliche Unfähigkeit zum echten Sozialabbau.
In jener Zeit war auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall omnipräsent, die es sich zum gut bezahlten Ziel gesetzt hat, die »Einstellung der Bevölkerung zur Wirtschafts- und Sozialordnung« zu verändern. Sie ging Medienpartnerschaften ein, versorgte Zeitungen mit kompletten Interviews, platzierte wirtschaftsfreundliche Sätze in Vorabend-Soaps, kaufte sich sozialstaatskritische Fernsehbeiträge, präsentierte zweifelhafte Städte-Rankings (mit einem kommunalen Krankenhaus konnte eine Stadt nicht gewinnen, sie hatte dann garantiert zu viele öffentlich Beschäftigte). Und immer lautete die Botschaft Wettbewerb, Deregulierung, Privatisierung, Beschneidung der Arbeitnehmerrechte. […] Nach so viel Gehirnwäsche können wir uns glücklich schätzen, dass es uns noch möglich ist, eine echte Krise zu erkennen, wenn wir sie vor der Nase haben.“ […]
FelixKrull » 19.10.2008 Dröhnendes Schweigen? – Bierdeckelarithmetiker Friedrich Merz hat doch erst am vergangenen Montag bei Beckmann ganz selbstbewusst und ungeniert Reklame für sein neustes Druckerzeugnis „Mehr Kapitalismus wagen“ gemacht, und Käpt’n Iglo Unsinn tat desgleichen heute auf Phoenix im Interview mit Wolfgang Herles für sein „Grünes Paradoxon“.
clubby » 19.10.2008
An die eigene Nase fassen,
Tja liebe Journalisten, fasst erstmal an Eure eigene Nase!!!
Ihr wart doch nie müde diesem Mainstream permanent zu folgen, und dieses Gerede der Neunmalklugen immer artig nachzuplappern. Hat sich irgednwer von Euch in den letzten Jahren mal die Mühe gemacht, deutlich gegen den Strom zu schwimmen, und diesen Thesen investigativ auf den Zahn zu fühlen. Waren Zeitung (auch Zeit) , Fernsehen und Rundfunk wirklich ausgeglichen in ihrer Darstellung? Wurden NICHT-neoliberalen Thesen der gleiche Diskussionfreiraum geboten wie den neoliberalen? Ein bischen Managergehaltsschelte, das wars dann auch schon. …
Serrax » 19.10.2008
Der Kapitalismus ist nicht in Gefahr. […] Solche Krisen wie aktuell sind keine Gefahr für den Kapitalismus. Solche Krisen GEHÖREN zum Kapitalismus! Und wer glaubt, diese Krise könnte die Welt – v.a. die asiatische – vom Kapitalismus abbringen, der irrt gewaltig.
AktenzeichenXY » 19.10.2008
Lieber Clubby: Es geht nicht, einen ganzen Berufsstand verantwortlich zu machen.
Es gibt oder gab zumindest jede Menge kritischer Journalisten. Doch wo sind die? In Hartz IV – oder sie krepeln in einem anderen Job vor sich hin, um sich über Wasser zu halten. Glauben Sie nicht, dass es keine investigativen Journalisten mehr gäbe. Nur: Sie hatten im neoliberalen Zeitalter keine Chance mehr. Bis auf ein paar Ausnahmen – etablierte Journalisten wie Leyendecker von der SZ – mussten fast alle schmerzlich merken, dass kritische Artikel nicht mehr angenommen werden….
HMRothe » 19.10.2008
Vielen Dank fuer den Artikel, dieses surreale Verschweigen des Offensichtlichen begann schon, mich fatal an die DDR-Presse der 80er zu erinnern.
colca » 20.10.2008
Donnerwetter,
Aber Hallo Frau Gaschke, habe ich Ihren Artikel tatsächlich bei der ZEIT gelesen? Das ist doch das Printmedium, in dem bis vor kurzem die „Neunmalklugen“ Joffes und Thumanns und wie sie alle heißen den Ton angaben – der sich nur wenig von den marktradikalen Einlassungen eines Köhler oder Sinn oder Merz unterschied. …
amadeusw »
20.10.2008 Die Kuchenesser,
Von Marie-Antonette wird erzählt, sie habe auf die Frage warum das Volk denn den Aufstand macht und sie zur Antwort bekam >sie haben kein Brot Majestät< geantwortet: „Dann sollen sie doch Kuchen essen“ Die Neunmalklugen des Artikels gehören auch in die Kategorie der >Kuchenesser< sie haben sich von den Nöten der gewöhnlichen Arbeitnehmer so weit entfernt, dass sie deren Probleme nicht mehr verstehen.
Aus: „Neoliberalimus – Die Neunmalklugen“
Von Susanne Gaschke (DIE ZEIT, 16.10.2008 Nr. 43)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/43/Zukunft-des-Neoliberalismus
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Kontext#7
[…] Wenn eine Sendung den Namen „Milliarden für die Banker – Zahlt die Zecher der Steuerzahler?“ trägt, bleiben die Bezichtigen natürlich fern. Die Will-Redaktion hatte bei den Chefs der großen deutschen Kreditinstitute angefragt – doch die sagten alle ab.
[…] Das kurzfristige Profitstreben sei eine „Perversion des Wettbewerbes“. Wenn schon ein CDU-Politiker (Norbert Röttgen) so über die Wirtschaft schimpft, konnte man von den anderen Gästen natürlich nichts anderes erwarten.
[…]
20.10.2008 08:34 Uhr, Carsten meint:
Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn Norbert Röttgen und Erwin Huber jetzt auf die Auswüchse des Kapitalismus schimpfen, die sie stets gefördert hatten. Völlig absurd, dass gerade jene, die Gier zum Lebensprinzip erheben, jetzt die Moralkeule schwingen. ..
20.10.2008 09:45 Uhr JamesBlack meint:
Die Veranstaltung hatte Bild-Niveau. …
Aus: „Ackermann und die „Perversion des Wettbewerbs““
Von Frederic Spohr (20. Oktober 2008)
Quelle: http://www.welt.de/fernsehen/…
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Kontext#8
[…] Bald darauf erklärt der kahlhäuptige Dr. Mark Mobius, der 50 Milliarden Dollar von Singapur aus „arbeiten“ lässt und als „Finanzguru“ den Spitznamen „the bald eagle“ trägt, welche Vorteile es hat, dass Teile der Dritten Welt jetzt „Emerging Markets“ heißen und renditestarke, steuerfreie Entwicklungsmärkte für die internationalen Kapitalströme sind. Für moralische Fragen, sagt der bare Adler, sei er „nicht zuständig“.
Aus: „“Let’s make money“: Mit allen Raff-Finessen“ | Von Peter von Becker (12.10.2008)
Quelle: tagesspiegel.de/kultur/Finanzkrise;art772,2634204
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Kontext#9
[…] [ngo/ddp] Post-Chef Klaus Zumwinkel ist am 15. Februar zurückgetreten. Der vermögende Spitzenmanager hat inzwischen den Vorwurf der Steuerhinterziehung offenbar zugegeben. Zumwinkel soll mittels Geldanlagen in liechtensteinische Stiftungen Steuern in einer Größenordnung von rund einer Million Euro am Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Laut „Financial Times Deutschland“ sind möglicherweise Tausende Verdächtige ins Visier der Steuerfahnder geraten, weil sie Steuerhinterziehungen über Liechtenstein abgewickelt haben sollen. Damit könnte ein Großteil der deutschen Führungselite betroffen sein. Es handle sich um eine vierstellige Zahl, hieß es am 15. Februar aus Regierungskreisen in Berlin. Allein die Staatsanwaltschaft Bochum bestätigte, dass bei der Behörde mehrere hundert Steuerverfahren anhängig sind. Die „Süddeutsche Zeitung“ will aus Justizkreisen erfahren haben, dass gegen 120 bis 150 Verdächtige wegen Steuerhinterziehung ermittelt werde. Etwa 900 Durchsuchungsbeschlüsse soll es geben. Nach Angaben von „Spiegel Online“ sollen konservativen Schätzungen zufolge insgesamt mindestens 300 Mio. Euro an den Finanzämtern vorbei nach Liechtenstein geschleust worden sein, nach anderen Angaben allerdings bis zu 4 Mrd. Euro. Die Internet-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) hält bereits zahlreiche Verhaltens-Tipps für vermögende Steuerhinterzieher bereit. …
Aus: „FAZ berät Steuerhinterzieher – Großteil der deutschen Führungselite könnte von Ermittlungen betroffen sein“ (15. Februar 2008) | Quelle: ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=17308
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Kontext#10
[…] von Billerbeck: Wenn man hört, das Geld angelegt wird, irgendwie verschwindet irgendwohin, dann denkt ein normaler Mensch eigentlich sofort an Kriminalität, an so was wie Mafia. Aber das, was Sie in dem Film schildern, ist wie schon in Ihrem vorigen Film über Lebensmittel alles legal. Wir sehen in Ihrem Film keine jugendlichen Zocker, die ein großes Spiel spielen, sondern es begegnen uns gestandene Männer mittleren Alters, die ganz offen über das reden, was sie tun. Ein Fondsmanager beispielsweise, Dr. Mark Mobius, der sagt: „Es gibt einen berühmten Ausspruch, dass die beste Zeit zu kaufen ist, wenn das Blut auf den Straßen klebt. Ich füge hinzu, auch wenn es dein eigenes ist. Denn wenn es Krieg, Revolution, politische Probleme und Wirtschaftsprobleme gibt, dann fallen die Preise von Aktien und jene Leute, die an diesem Tiefpunkt kauften, haben jede Menge Geld gemacht„.
Wie, Herr Wagenhofer, haben Sie es eigentlich geschafft, dass solche Manager, die sich ja ansonsten gerne hinter ihrem Fachchinesisch verbergen, so offen vor der Kamera über ihr Tun sprechen?
Wagenhofer: Na ja, ich weiß nicht, die Frage kommt sehr oft. Ich weiß oft gar nicht genau, wie ich sie beantworten soll. Das ist vielleicht auch der Grund, warum man drei Jahre für so einen Film braucht. Tatsache ist, dass diese Leute, auch der Herr Mobius, ein hoch intelligenter Mensch ist, eine wirkliche Koryphäe in seinem Fach, aber eben nur diesen einen Blick hat und der davon überzeugt ist, dass diese eine Richtung, die er hier eingeschlagen hat und die hinter diesem Wirtschaftssystem steckt, das jetzt da so gebeutelt wird, das ist auch seine Haltung. Er glaubt daran. Er glaubt wirklich, dass damit der Welt Gutes getan wird. Und warum er es in so einfachen Worten sagt, ist, weil ich so einfache Fragen stelle. Ich sag, Sie müssen es bitte so erklären, dass nicht Ihre Kollegen in der Wallstreet oder sonst wo auf dem Finanzplatz verstehen, sondern wir wollen es verstehen. Wir, ich, ich bin schon ein ganz normaler Mensch, ich bin ein Filmemacher, aber ich bin kein Bankexperte, kein Wirtschaftswissenschaftler, gar nichts. Bitte sagen Sie uns, erklären Sie uns das. Und dann kommt es eben so zustande.
von Billerbeck: Gab es eigentlich jemanden, den Sie interviewen wollten und der Ihnen eine Absage erteilt hat?
Wagenhofer: Ja, gab es, einen berühmten Herrn hier in Deutschland, Josef Ackermann. …
Aus: „“Wir brauchen ein Wirtschaftssystem, das für die Menschen da ist“ – Regisseur Wagenhofer untersucht die globalen Geldströme“ (Erwin Wagenhofer im Gespräch mit Liane von Billerbeck) 29.10.2008
Quelle: dradio.de/dkultur/sendungen/thema/867765/
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[…] „Finanzkrise“ und ähnliche Worte hören sich immer so putzig nach Naturkatastrophe an. Dabei geht es um Kriminalität sui generis. […] Die politisch akzeptierten Spielregeln der weltweiten Finanzindustrie dienen nur einigen wenigen Mächtigen und Reichen. Mit der Globalisierung werden durch die länderübergreifende Konkurrenzsituation Arbeiter und Angestellte gezwungen, für immer weniger Geld immer mehr zu arbeiten. Und 11,5 Trillionen Dollar Privatvermögen stecken in Steuerparadiesen. Herrmann Scheer sieht ein neues Zeitalter der Barbarei aufziehen – unausweichlich. Nicht das Geld arbeitet für uns. Jemand anderes arbeitet für uns – und das unter extremen Ausbeutungsbedingungen, die unseren Wohlstand sichern. Und der zerbröselt gerade auch noch … Die USA sind die größte Wirtschaftsmacht – und die am höchsten verschuldete Nation. Alles ein riesiger fake, sagt Wagenhofer. Die Folgen? Morgen wieder in der Tagesschau …
Aus: „[Krimi] – Let’s Make Money“
Von Lena Blaudez (01. November 2008)
Über „Let’s Make Money“ ein Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer (Österreich 2008)
Quelle: http://www.titel-magazin.de/modules.php…
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Kontext#11
[…] Ich selber bin durch den Kapitalismus privilegiert. Mir geht es hier gut. Ich könnte zwar alle meine Ersparnisse nach einem Einkaufsbummel im örtlichen Discounter in einem Einkaufswagen nach Hause bringen, doch die Umstände, in denen ich hier lebe, ermöglichen mir ein materiell relativ sorgenfreies Überleben in Wohlstand. Das gilt für mich. Für die meisten von uns und für Herrn Joffe. Wie kommt man aber darauf, den Status Quo des Kapitalismus als voll funktionsfähiges Gesellschaftsmodell zu feiern? […] Auch wenn man kein „Weltverbesserer’ ist, sollte man sich bewusst machen, dass etwa mehr als eine Milliarde Menschen nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser hat und Firmen wie Nestle den Wassermarkt in Entwicklungsländern monopolisieren. Prost. Mal ehrlich, solche Firmen haben ihr soziales Gewissen in die Marketingabteilung ausgelagert und wer ernsthaft glaubt, dass die völlige Liberalisierung der (Finanz-)märkte zum Wohle aller sei, dem kann ich ein Sozialpraktikum in einem von unserer Wirtschaftsdiktatur zerrütteten Land empfehlen. Firmen sind weder gut noch böse, sie sind profitorientiert und nicht sozial. Das ist ihre Natur. Aber aus realen Gewinnen realer Produkte wird ein perverses Glücksspiel gemacht. Losgelöst von „echten“ Werten wird mit dem potentiellen Gewinn potentieller anderer Gewinne, die mit geliehenem Geld anderer Anleihen, dass verzinst wurde, spekuliert – vereinfacht gesagt. Dass damit die Raffgier asozialer Arschlöcher reale Massenentlassungen, Hungersnöte und Kriege auslösen können, dafür danke ich dir, Weltwirtschaftssystem. […] das hier ist nicht der moralische Zeige-, sondern der moralische Mittelfinger.
Aus: „Kapitale Fehler“ (markus am September 30th 2008 in Gesellschaft)
Quelle: http://blog.argwohnheim.de/2008/09/30/kapitale-fehler/
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usw.
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