Schlagwort: Es ist eine Musik des kleinsten gemeinsamen Nenners

[Zum Wahn der Liebe #76 … ]

“ … Aber nirgends steht geschrieben, wie man Rockmusik zu konsumieren habe: Vielleicht ja so, wie mir, als ich noch jünger war, mal eine Frau sagte, als ich mir vor der Wohnungstür die Schuhe auszog: Den intellektuellen Überbau lässt Du aber auch draußen, okay? … “ | Aus: „30 Jahre Kuschelrock“, Aus einer Glosse von Laf Überland (23.11.2017), Quelle: http://www.deutschlandfunkkultur.de/30-jahre-kuschelrock-gift-fuer-singles-gefuehlskonserven.2177.de.html?dram:article_id=401357

Svenja Flaßpöhler (2018): “ … Tatsächlich scheint es, als erschöpfte sich das Verhältnis von Mann und Frau auch im 21. Jahrhundert noch darin, sich im Kern gegenseitig abzuwehren: Die Frauen halten sich die Männer durch Gesetze und Hashtags vom Hals. Die Männer wiederum wehren die Frau als Frau ab, indem sie ihre Lust wahlweise pathologisieren oder „in die Maskerade zurückbannen“. Es wäre an der Zeit, dass an die Stelle dieser tieftraurigen Verteidigung des Eigenen ein wechselseitiges Erkennen, eine absolute Hinwendung zum anderen träte. Zwei verschiedene, potente Geschlechter, die sich in der Fülle und nicht im Mangel begegnen: Um wie viel reicher wäre eine Kultur, der eine Gleichberechtigung auch im Sexuellen gelänge. …“ | https://philomag.de/fuer-eine-neue-oekonomie-der-lust/

Der große ANDREA BERG GEFÜHLE Hitmix (18.08.2020)
–> https://youtu.be/sWmK8qcH1y8

“ … Désirée Linde: … Der volkstümliche Schlager ist dadurch geprägt von Stereotypen. In kaum einem anderen Genre wird so viel verletzt, vergeben und verziehen… Andreas C. Lehmann: Ja, es ist ein wiederkehrendes Schema: Die Männer sind die Bösewichte, die Frau findet sich in der selbst gewählten Opferrolle wieder, die den Mann einfach weiterlieben muss. Das ist erst mal sehr schlicht. Es ist eine Musik des kleinsten gemeinsamen Nenners.
Mangelt es dem volkstümlichen Schlager mit diesem Thema einer Art idealisierten Liebe damit nicht an Authentizität? Oder nehmen Sie etwa Andrea Berg ab, dass sie bei einem Mann bleiben würde, der sie „1000 Mal belogen“ hat, wie sie singt?
Andrea Berg ist vermutlich keine Frau, die sich das gefallen lassen würde. Aber sie singt das für die Frauen, die sich das gefallen lassen beziehungsweise gefallen lassen müssen. Authentisch wird sie dadurch, dass sie ihr Publikum ernst nimmt und mit ihm interagiert. Und sich nicht auf die Bühne stellt mit dem Gedanken „Bezahlt haben die eh alle hier und das kann mir jetzt egal sein“. Einen solchen Mangel an Authentizität bestraft das Publikum.
Fehlt dem Genre die Ironie eines Guildo Horn oder einer Lady Gaga mit ihrer Überspitzung im Pop?
Die Frage ist: Glaubt der Rezipient, was er da hört? Ich denke, der Großteil der Hörer weiß, dass es diese „heile Welt“ nicht gibt und auch nie gegeben hat. …“ | https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/kunstmarkt/musikpsychologe-im-interview-schlager-ist-der-wunsch-nach-heiler-welt/5289090-all.html

“ … Vereinzelt wurde das in den Liedtexten Bergs transportierte Frauen- und Beziehungsbild von Kritikerseite als „antifeministisch“ eingestuft, weil es dort immer nur darum gehe, dass eine Frau ohne Mann nicht glücklich werden kann und ihm alles Negative nachgesehen werde. Zu diesen 2013 von Georg Seeßlen erhobenen Vorwürfe äußerte sich Kerstin Decker 2016 skeptisch. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Berg (18. Juli 2019)

Kerstin Decker (06.11.2016): “ … Im Oktober 2001 veröffentlichte Andrea Berg ihr Best-of. Kein Album hielt sich jemals länger in den deutschen Charts. 346 Wochen. Die Beatles schafften 297, Pink Floyd 312. Sie hat mehr als 13 Millionen CDs verkauft, was auch am Soundtrack des Sandkastens nicht spurlos vorübergegangen ist: „Du hast mich tausendmal belogen / Du hast mich tausendmal verletzt …“. Radikale frühkindliche Desillusionierung. Zu vermuten ist, dass diese Frau keinen ganz unerheblichen Einfluss besitzt auf Herz und Hirn der Bevölkerung. Der Kulturkritiker Georg Seeßlen hat diesen Umstand einmal so formuliert: „So begleitete sie – Andrea Berg – die sexuelle Ökonomie des unteren Mittelstands in Deutschland durch die Krisen.“ … An diesem Wochenende spielt Andrea Berg gleich zweimal hintereinander in der Berliner Mercedes-Benz Arena. Das ergäbe dann 34.000 verkaufte Karten. Wer sich zum unteren Mittelstand zählt und sicher ist, über so etwas wie eine sexuelle Ökonomie zu verfügen, die Begleitung braucht, weiß, was er vorhat. Oder er lässt sich das, sicher ist sicher, noch einmal vom Kulturkritiker erläutern: „Andrea Berg konstruiert die sexuelle Ökonomie des unteren Mittelstandes in den Zeiten des Finanzkapitalismus.“ Wahnsinn. Wie genau macht sie das? …“ | https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/schlagerlegende-andrea-berg-und-der-emotionale-merkelismus/14753002-all.html

AdeleSandrock 06.11.2016, 20:29 Uhr: “ … Ach, Frau Decker, die Andrea Bergs und Helene Fischers dieser Welt sind erfolgreiche Frauen, dazu muß man nicht zwangsläufig verbissen feministisch sein. Nein, ich mag ihre Lieder auch nicht, aber ich bewundere ihren Geschäftssinn (oder den ihrer Produzenten). …“

zenker_bln 06.11.2016, 19:24 Uhr: “ … Solange man sich diese Konzerte ansieht und feststellen muss, das diese von vielen(!) Frauen besucht werden, die eine Menge Geld für eine Eintrittskarte abdrücken, solange hat Andrea Berg Recht mit ihrem Auftreten! …“

Popli 03.11.2016, 08:58 Uhr: “ … Schlager sind wie alle anderen Musikstile, die sich in der kommerziellen Musikindustrie tummeln, ein Mittel zum Geldverdienen. Wer hier tatsächlich noch Sozialwissenschaftlich rumargumentiert hat die Musikindustrie wirklich gar nicht verstanden. Hier auch noch Antifeminismus reinzubringen toppt den Artikel zusätzlich. …“

Jens Balzer (28. Juli 2019): “ … Zu dem … Stück Die Gefühle haben Schweigepflicht … beginnen die mittlerweile offenbar hinreichend romantisierten Paare, im Rund vor der Bühne Discofox zu tanzen, während Andrea Berg dieses Treiben von oben dadurch dirigiert, dass sie zum Beat der Musik beide Arme mit nach vorne geöffneten Handflächen nach oben reißt und dazu mit angespannten Wangenmuskeln ihren Mund zu einem O formt. Was zu den zärtlichen Szenen im Publikum einen interessanten dominanzsexuellen, vielleicht könnte man auch sagen, koitusimperativischen Kontrast erzeugt. …“ | https://www.zeit.de/kultur/musik/2019-07/andrea-berg-berlin-schlager-konzert-pop/komplettansicht

mangelerscheinung #50: “ … Ach Jens, bis du neidisch, weil dich keine zum Tanzen und Schmusen und Wasweisichwassonstnochalles geholt hat? Da ging’s um Schlager, da darfst du ruhig das Hirn daheim lassen. Und dafür ein paar Kondome einstecken. …“

neue Legislaturperiode #50.1: “ … Das ist jetzt das Thema?! …“

Mach mir die Sinnflut #64: “ … Ich mag Artikel, in denen das Wort „koitusimperativisch“ vorkommt. …“

Dindi #65: “ … Das also ist die erfolgreichste Sängerin Deutschlands. Die Frau kannte ich gar nicht. …“

Wombat23 #35: “ … Andrea Berg ist eine bodenständige Person, sozial sehr engagiert und hat offensichtlich Millionen Fans, die ihre Musik sehr mögen. Mehr gibt es meines Erachtens dazu nicht zu sagen. …“

Frans #38: “ … Schon Aldous Huxley hatte 1958 erkannt, dass es bei der Entwicklung einer „Medien- und Bewusstseinsindustrie“, nicht um richtig oder falsch geht, sondern um die Beschäftigung mit mehr oder weniger völlig irrelevanten Dingen. In anderen Worten: Man hat früher versäumt, den fast unersättlichen Drang des Menschen nach Ablenkung durch „Nichtigkeiten“ und „Infantilisierung“ zu berücksichtigen. Dem sind die digitalisierten Medien in einem noch nie dagewesenen Ausmaß nachgekommen. Somit bleibt die tiefergehende Frage, welche gesellschaftlichen und psychologischen Faktoren erst psychische Entwicklungen wie einen „Drang zu Nichtigkeiten“ und zu „Trash und Junk“ entstehen lassen. …“

Idil McLaughlan #30: “ … Es gibt viele Phänomene auf der Welt, die schwer zu begreifen sind. Schlager ist für mich ein Grauen, mit dem ich früh in meinem Leben in der Familie konfrontiert wurde und seitdem versuche, zu verstehen. Was auch immer die Motivation von Jens Balzer ist, seine Berichte helfen, das Phänomen detailliert zu illustrieren, ohne dass ich mich selbst dem Grauen aussetzen muss. Danke dafür! … In der Disko, nach 2 oder 3 Uhr morgens, geschehen oft unerwartete Dinge. Wobei ich Udo Jürgens, Marianne Rosenberg oder Gitte ohnehin niemalsnimmer in eine Reihe mit Andrea Berg oder Helene Fischer stellen würde. …“

redshrink #5.5: “ … Frau Berg ist eine der beliebtesten und somit bedeutendsten deutschsprachigen Gesangskünstlerinnen der letzten Jahrzehnte. … Ein Artikel, welcher Form und Inhalt ihres Schaffens ein wenig tiefgehender ergründet, scheint mir daher sehr angebracht. Um diesen Artikel wirklich würdigen zu wissen, müsste man ein klein wenig über sich selber lachen können, aber dazu ist das Thema zu ernst. …“

the obscure lobster #19:“ … Ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte Deutschlands. Wer diesen Text gelesen hat weiss warum die spex gestorben ist. …“

Holocenemammal #33: “ … Vielen Dank für den Artikel. Er hält eine wohltuende Distanz zum Wohlfühlkitsch einer sterbenskranken Gesellschaft ein. …“

Struktur #5.8: “ … Wann haben Sie das letzte Mal 20.000 Menschen stundenlang glücklich gemacht? …“

flashertoy #26: “ … die leichte aber trotzdem respektvolle Ironie im Text fand ich sehr angenehm. …“

peter42hb #26.3: “ … Leichte und respektvolle Ironie? Für mich hat der Autor von der ersten bis zu letzten Zeile Andreas Berg, ihre Musik und ihre Konzertbesucher ins Lächerliche gezogen. Abgehobene Arroganz. …“

TINE.maxx #26.5: “ … „Abgehobene Arroganz“? Na, … Kitschige und dumme Texte und lächerlich „erotisch“ angehauchtes Getue dürfen doch auch so genannt werden, oder? …“

Desaguliers #27: “ … Der Autor feiert mit seinem mild-ironischen Duktus seine Überlegenheit über das affirmative Fußvolk und nutzt den Auftritt von Frau Berg als Distinktionsmoment. Eine Haltung, die ich ein wenig billig finde. Je älter ich werde, desto wichtiger wird mir, anderen ihren Spaß vorurteilsfrei zu gönnen. Aber vielleicht lernen Sie das noch, junger Mann. …“

Zeno Kortin #27.2: “ … „Der Autor feiert mit seinem mild-ironischen Duktus seine Überlegenheit über das affirmative Fußvolk und nutzt den Auftritt von Frau Berg als Distinktionsmoment.“ — Geben Sie es zu: das wollten Sie immer schon mal schreiben, stimmt’s? …“

jomai #27.3: “ … aber ist doch auch wirklich schön formuliert – fast so oder auch mindestens so fein wie etliche Passagen im Text von Herrn Balzer …“

Desaguliers #27.4: “ … Erwischt. …“

“ … [Timo Fischinger:] … Es gibt bestimmt viele Leute, die in einem Fragebogen niemals zugeben würden, dass sie Helene Fischer gerne hören. Aber nach ein wenig Alkohol und bei einer guten Party oder Karneval ist man dann doch gewillt… “ | https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-sagt-unser-musikgeschmack-ueber-uns-aus/ (2016)