[NO GURU NO METHOD NO MASTER… ]

„…[Bei] Kunst und Liebe gibt es Gebiete, in denen die ihnen beiden konstitutive Eigengesetzlichkeit ihre Gültigkeit einbüßt: in der Warenförmigkeit und in der Prostitution. […] Wahrhaft autonome Kunst, das ist der ethische Kerngedanke der modernen Ästhetik, unterscheidet sich von der Ware dadurch, dass man sie nicht konsumieren, sondern allein anerkennen kann. Darin ähnelt sie nicht nur einem anderen Subjekt eher als einem dinglichen Objekt. Das Verhältnis zu ihr ist überdies einem Ideal von Liebe nachgebildet, bei der die erste Phase bloßer Verliebtheit überwunden, die rosa Brille euphorisch hemmungsloser Projektion auf den anderen abgelegt ist und dieser bedingungslos als anderer angenommen wird. Liebe existiert diesem Ideal zufolge nur unter den Bedingungen solcher Bedingungslosigkeit: sofern sie den anderen nicht zum Besitz macht, ihn weder idealisiert (das Idol der Persönlichkeit ist die Spiegelung von Besitz, sagt Adorno) noch zum Eigentum erklärt. Am Beginn wahrer Liebe steht demnach eine Erfahrung von Unverfügbarkeit der andere ist nicht für mich. Das negative Gegenstück hierzu ist der käufliche Liebesdienst. Denn dieser besteht nicht zuletzt darin, dass sich die Prostituierte dem Kunden als Screen für dessen Projektionen zur Verfügung stellt. Eben deshalb ist sie für diesen auch, anders als die Geliebte, austauschbar. Als Tabula rasa subjektiver Projektionen ist sie nichts als „sein“ Objekt. …“ | Aus: „DIE LIEBE ZUR KUNST UND DEREN VERKENNUNG – Adornos Modernismus“ von JULIANE REBENTISCH (Heft Nr. 52 / December 2003 „Liebe“) | https://www.textezurkunst.de/52/die-liebe-zur-kunst-und-deren-verkennung-adornos-/

“ … Um sich der Unterwerfung unter die gegebenen Verhältnisse die Ökonomisierung des Kulturellen, die Effizienzlogik, die Popularisierung kritischer Diskurse, die Verdummung öffentlicher medialer Räume entgegenzustellen […][…][Die] Repolitisierung des Kunstfelds, die, wie kürzlich Suely Rolnik, eine Psychoanalytikerin und Professorin aus Sao Paulo, formuliert hat, Kreativität mit Widerständigkeit zu verbinden sucht. Die globale Maschinerie des Kapitalismus funktioniert nämlich genau umgekehrt sie versucht unablässig, Kreativität und Widerstand voneinander zu trennen. … Nach der Idealvorstellung postindustrieller staatlicher Politik verwandeln sich Bildungseinrichtungen in effiziente, leicht kontrollierbare Managementschmieden, die anstelle denkender Bürger/innen neue Generationen von Konsument/innen (heute sanft „User“ genannt) und einsatzbereiter Bürokraten hervorbringen. Genau darum bestehe ich auf einer Repolitisierung des Kunst- und Kulturbereichs. Man kann, wie ich finde, kaum von einem offenen demokratischen Projekt der Kunst sprechen, wenn man nicht zugleich auch wieder an die Möglichkeit einer radikal-künstlerischen Erfahrung denkt, die sowohl als „open source“, als frei zugängliche Quelle, funktionieren könnte als auch die Möglichkeit eines Sprungs hin zu einer radikal-politischen Erfahrung innerhalb einer größeren Community birgt. Wir leben heute in einer Welt, die nur im Sinne eines oberflächlichen Trends multikulturell, tatsächlich aber ganz und gar nicht offen genannt werden kann. … Der Zuhälter, den wir … im kapitalistischen Kunstsystem erblicken können, kann aus einem „Engel“ in der Kunst schnell eine Hure machen. … “ | Bruchstücke aus: UMFRAGE – NO GURU NO METHOD NO MASTER – ZUR METHODE UND ZUKUNFT DER LEHRE – CHARLES HARRISON / ASTRID KLEIN / HANS HAACKE / THOMAS BAYRLE / GARETH JAMES / JUDITH HOPF / ALBERT OEHLEN / ERAN SCHAERF / MARINA GRZINIC / ROBERTO OHRT / RENÉE GREEN / JOHN MILLER / ALEXANDER ROOB) | Quelle: http://www.textezurkunst.de/NR53/tzk53_Umfrage2.htm

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