[Es ist meine hysterische Reaktion… ]

[…] In Kopatchs Show ist immer was los: Er selbst präsentiert als rechtsradikale Handpuppe mit riesigem Kopf ein chaotisches Ensemble von korrupten Politikern, irren Arabern und hüftschwingenden Blondinen. Wenn diese Combo einen guten Tag hat, liebt sie ganz Israel…

[…] Ein Witz sei mehr als seine Pointe. Dazu gehöre der Kontext. Und der Sprecher. Und das Publikum: „Ich will nicht, dass Deutsche über den Holocaust lachen. Ich will, dass Juden über den Holocaust lachen.“

Es gibt allerdings viele in Israel, die seine Witze gar nicht lustig finden. „Der Terror der Satire“ titelte eine konservative Zeitung über ihn. Dieser Vorwurf wiegt schwer in einem Land, in dem vollbesetzte Busse das Ziel von Selbstmordattentätern sind. Ephraim Kishon, der Vater der israelischen Satire, distanzierte sich in einem Interview von Kopatch: „Ich mag ihn nicht.“ Die religiösen Parteien, denen er mit Witzen über die Thora auf die Nerven fiel, drängten ihn mit parlamentarischen Mitteln aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Mit zweifelhaftem Erfolg: Jetzt sendet er im Kabel und ist bekannt wie nie zuvor. „Das ist der Unterschied zu unseren arabischen Nachbarländern“, stellt Kopatch fest: „Dort hätte mich längst jemand umgebracht.“

[…] Gil Kopatch, dem „großen Penis“, wird in den konservativen Zeitungen regelmäßig Respektlosigkeit vor den Leiden der Opfer vorgeworfen. Er hat es aufgegeben, darauf hinzuweisen, dass es in Theresienstadt Kabarett gab und im Ghetto von Vilnius Comics.

[…] Kopatch ist auch ins Land der Täter gereist: Ein Freund hat ihn dabei gefilmt, wie er über das Gelände des Führerbunkers in Berlin läuft und lacht und schreit: „Hitler, du Schwein, fuck you, du bist tot, du bist tot. Aber ich lebe noch!“

Ist Humor ein angemessener Umgang mit dem Holocaust? Kopatch findet schon die Frage absurd: „Ich weiß nicht, wie ein Mensch damit normal oder gesund umgeht. Meine Reaktion auf den Holocaust ist Lachen. Es ist meine hysterische Reaktion.“

Aus:“Auschwitz ist ein Witz – Darf über den Holocaust gelacht werden? Junge israelische Comedians entdecken die Komik des Genozids: „Nicht unsere Witze sind geschmacklos, euer Faschismus war es““ von ROBIN ALEXANDER / Quelle: taz Nr. 7655 vom 3.5.2005, Seite 13
http://www.taz.de/pt/2005/05/03/a0141.nf/text

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