Susan Vahabzadeh (15. März 2018):“ … Die Realität imitiert manchmal die Fiktion. Das kann man beobachten, seit es reproduzierte Bilder gibt. Mit „The Musketeers of Pig Alley“ setzte D. W. Griffith 1912 die Maßstäbe fürs Gangsterfilm-Genre. Gedreht hat Griffith in der Gegend um New York, in der der damals 13-jährige spätere Super-Gangster Al Capone aufwuchs. Und der hat den Film sicher gesehen, denn er hat sich später so gekleidet wie die Filmfigur Snapper Kid: eleganter Anzug, schräg aufgesetzter Hut. … Seither scheint die falsche Mafia der echten als Vorlage zu dienen dafür, wie sie sich darstellte. Roberto Saviano beschreibt in „Gomorrah“, wie sich in Italien genau jene Ästhetik breit machte, die Francis Ford Coppola 1972 den New Yorker Mobstern in der Verfilmung von Mario Puzos Roman „Der Pate“ verpasst hatte. Unter anderem schwappte der Begriff des „padrino“ von der Leinwand in die Wirklichkeit hinunter. Und der Mafia-Boss Luciano Leggio begann, sich nach seiner Verhaftung, öffentlich so zu präsentieren, als werde er gerade von Marlon Brando verkörpert, vom feinen Zwirn bis zur Zigarre. … Der ehemalige Marine Anthony Swofford berichtet in seinem Buch „Jarhead“ davon, dass sich im Golfkrieg die Soldaten Filme wie „Apocalypse Now!“ oder „Full Metal Jacket“angeschaut hätten, um sich in Kriegsstimmung zu versetzen. Das sind Filme, deren Schöpfer eigentlich etwas anderes im Sinn hatten, die genau die gegenteilige Emotion erzeugen wollten: Abscheu. Und doch, sagt Swofford, sei das „unsere Art zu feiern gewesen, was auf uns zukommt“. … Die hoffnungslose Stimmung des Vietnamkriegs empfand Swofford als passend. …“ | https://www.sueddeutsche.de/kultur/kino-politik-sind-die-agenten-zu-oft-ins-kino-gegangen-1.3907275-0
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Interview: Dominik Kamalzadeh (26. August 2019): “ … Roberto Saviano: … die Mafia [imitiert] das Kino, um ein klares Signal an die Öffentlichkeit auszusenden, leichter verstehbar zu sein. Ein Boss namens Walter Schiavone hat seine Villa als exakte Replika jener von Tony Montana in Scarface bauen lassen. Er wollte damit unterstreichen, dass er alles dominiert und ihm niemand den Platz streitig machen kann. Bernardo „Zu Binnu“ Provenzano hatte jedes Jahr ein Kino gemietet, um sich die Paten-Trilogie anzuschauen. …“ | https://www.derstandard.at/story/2000107778447/roberto-saviano-salvini-ist-eine-gefahr-fuer-europa
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