[Kriegsschauplätze (Mentalitätsgeschichte) #25… ]


WENN DIE ABENDGLOCKEN LÄUTEN (R: Alfred Braun, 1951)

Immagini in attimi (R6dw6C, Sonntag, 10. Februar 2013): “ … Eines der wenigen wirklich faszinierenden Bilder in WENN DIE ABENDGLOCKEN LÄUTEN (Alfred Braun, 1951), einem muffigen – wie Silvia Szymanski passend bemerkte – „Ultraverzichtfilm“ – Hans Holt (‚Michael Storm‘), der sterile Halbgott des Miefs, dieses so asexuelle und leidenschaftslose Wesen, sitzt am Klavier und starrt – ja, ins Nichts, ins Blaue, an der Kamera vorbei? Ins Nichts, denke ich. …“ Quelle: http://immagini-attimi.blogspot.de/2013/02/eines-der-wenigen-wirklich.html // “ … [Albrecht Finke (Willy Birgel) hat] aus dem Krieg doch einen Splitter nahe der linken Herzkammer behalten, der gewandert ist und nun nur noch einen Zentimeter vom Herzen entfernt liegt. … Für den film-dienst war es „sentimentaler Edelkitsch im Gartenlaube-Stil inszeniert. Auch die verlogene Moral und die angestaubten sozialen Ansichten zeugen von einem hoffnungslos veralteten Film.“ „Bei so viel Kitsch läuten die Alarmglocken“, schrieb auch Cinema. …“ Aus: „Wenn die Abendglocken läuten (R: Alfred Braun, 1951)“, https://de.wikipedia.org/wiki/Wenn_die_Abendglocken_l%C3%A4uten_%281951%29

“ … Oft ist den Filmen eine restaurative Tendenz zugeschrieben worden, ein Festhalten an Lebensformen eines bäuerlichen Deutschland, das so gar nicht mit der Realität der 1950er zusammengehen mochte. Und es wurde eine grundlegende eskapistische Tendenz erkannt, die vom Nachdenken über die noch so nahe Nazi-Vergangenheit abgelenkt habe. Es bleibt Aufgabe der Forschung, diese Urteile nachzuzeichnen und ihnen die These entgegenzuhalten, dass der Heimatfilm gerade nicht restaurativ orientiert gewesen sei, sondern die verschiedenen Modernisierungen, die die BRD in den 1950ern zu einer kapitalistischen Industriegesellschaft entwickelten, in manch mal süffisanter Art thematisiert habe. Junge gegen Alte, Städte gegen Dörfer, Blasmusik gegen Schlager, das Reisen gegen das Bodenstämmige, Handarbeit gegen Maschineneinsatz, autoritäre gegen egalitäre Familienbeziehungen – es sind eine ganze Reihe von dramatischen Konflikten gewesen, die über den reinen Heimatfilm in die soziale und ökonomische Realität der Bundesrepublik hinausweisen. …“ Aus: „Medienwissenschaft Hamburg: Berichte und Papiere – Heimatfilm (Der BRD-Heimatfilm der 1950er Jahre: Eine Biblio-Filmographie, Zusammengestellt von Hans J. Wulff)“ (2011), Quelle: http://berichte.derwulff.de/0119_11.pdf

Matthias Lohre „Das zähe Seelenerbe des Zweiten Weltkrieges“ (13. April 2016): “ … An den Satz unserer Eltern „Ihr sollt es mal besser haben“ können wir uns gut erinnern. … Die von Margarete und Alexander Mitscherlich 1967 beschriebene „Unfähigkeit zu trauern“ der Kriegsgeneration und der Kriegskinder hat sich in den -enkeln fortgepflanzt: als Unfähigkeit, sich und anderen zu vertrauen. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma

online_meinung #1 (April 2016): “ … Mir gehts gut.“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6472273#cid-6472273

Freigeistxx #29 (April 2016): “ … Das Schlimmste was einer Familie passieren konnte war, wenn die Männer aus dem Krieg in die Familie zurück kehrten. Ich kann dieses „mir geht es gut“ einiger Kommentatoren nicht hören. Sorry. Das ist schön für sie, hilft Betroffenen aber nicht weiter. Es wird dadurch nur weiter geschwiegen. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6473413#cid-6473413

zoon politicon #1.2 (April 2016): “ … Sie verkennen die Vielschichtigkeit dieses Kommentars. „Mir gehts gut“ – das ist die Standardantwort, die Verwandte von Kindern zu hören bekommen. Die Antwort, die sie zu hören bekommen wollen, und die so oft nicht der Wahrheit entspricht. Und es ist die Antwort, die derjenige gibt, dem es doch eigentlich an nichts fehlt. Der glücklich und zufrieden sein könnte (sollte!) weil er doch in Frieden und Wohlstand aufwächst. … Insofern, … passt dieser Kommentar auf den Artikel wie der Arsch auf den viel besungenen Eimer. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6473138#cid-6473138

MICHA BRUMLIK (20. September 2008): “ … das ist das zeitdiagnostische Projekt, das sich Mitscherlich gestellt hat -, „wie die paternitäre [vaterrechtliche] Gesellschaftsordnung sich selbst in eine kritische Lage manövriert hat“. … Diese Kritik des Paternismus ist immer zugleich als Reaktion auf die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, zumal unter dem Nationalsozialismus zu lesen. …“ Aus: „Alexander Mitscherlich: Ein Missverständnis“, http://www.fr-online.de/kultur/alexander-mitscherlich-ein-missverstaendnis,1472786,3302418.html

Tobias Freimüller (Datum?): “ … Alexander Mitscherlich (1908-1982) hatte bereits seit 1945 „massenpsychologische’ Fragestellungen verfolgt. … “ … Die Diagnose einer „apolitisch konservative [n] Nation (S. 18f.), die sich vorerst nicht auf die demokratische Gesinnung ihrer Bürger stützen könne, fand in den Rezensionen des Buches breite Zustimmung. Es herrschte Konsens, dass es den Autoren „zum ersten Mal überzeugend“ gelungen sei, den inneren Nachweis für „das verblüffende Phänomen des sozialen und politischen Immobilismus (Unbeweglichkeit) des Bonner Staats zu führen …“ | Quelle: https://docupedia.de/zg/Mitscherlich,_Unf%C3%A4higkeit_zu_trauern Aus: „Der versäumte Abschied von der Volksgemeinschaft. Psychoanalyse und „Vergangenheitsbewältigung““

RUTSCHKY, Michael (2001): V wie vaterlose Gesellschaft (StZ-Serie: Das Alphabet der 70er Jahre), in: Stuttgarter Zeitung v. 03.03.2001: “ … Der Sound geht so: Es gibt irgendwie Zusammenhänge zwischen persönlichen Charaktereigenschaften, Erziehungspraktiken und gesellschaftlichen Entwicklungsstufen, und man kann darüber im psychoanalytischen und im soziologischen Vokabular reden. – Insgesamt ging Alexander Mitscherlich ja als Repräsentant von Sigmund Freuds Lehren in die Kulturgeschichte der BRD ein. Oder war es doch nur die Formel von der »vaterlosen Gesellschaft«, die sich einprägte? (…) Gewiss lieferte Mitscherlichs Formel von der »vaterlosen Gesellschaft« der antiautoritären Revolte der späten Sechziger eine Parole. Und in den Siebzigern kehrte in der konservativen Kulturkritik als »Mut zur Erziehung« (ein Kongress von 1978) noch einmal der Autoritarismus zurück, den Helmut Kohl 1982 in einer geistig-moralischen Wende zur Richtlinie der Politik machen wollte. Aber dann kam der ganze Zusammenhang – trotz allem – aus der Mode.“ …“, Quelle: http://www.single-generation.de/kohorten/vor_68er/alexander_mitscherlich.htm#weg

zoon politicon #22 (April 2016): „… Ich habe den Eindruck, es lastet wie ein Alpdruck auf unserer Gesellschaft. Und, anders als der Autor [(Matthias Lohre „Das zähe Seelenerbe des Zweiten Weltkrieges“, 13. April 2016)], meine ich, dass es noch lange nicht ausgestanden ist. … Der Vater meines Vaters wurde im Krieg verwundet. Schwerer als die körperlichen wirkten die seelischen Verletzungen, über die er nie gesprochen hat, die aber offensichtlich waren. Er versuchte sie im Alkohol zu ertränken und war gewalttätig. Mit dem Ergebnis, dass er irgendwann unter mysteriösen Umständen in der eigenen Wohnung den Tod fand, mit gerade einmal Mitte 50. Mord, Selbstmord, Unfall, niemand weiß es so genau. Und niemand spricht darüber. 20 Jahre später wurde ich geboren, alles was ich darüber weiß, sind Fetzen von Gerüchten. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6473144#cid-6473144

Eiertanz #9.1 (April 2016) „… Meine Eltern waren auch sehr fleißige Menschen. Es ging ihnen nichts über Fleiß, Strebsamkeit, Ordnung, Pünktlichkeit, Sauberkeit und Arbeit, Arbeit, Arbeit. „Ohne Fleiß kein Preis“, „die sollen erstmal arbeiten“ (über Studenten), „die arbeiten ja nichts“ (über Beamte und Akademiker), „die gehören ins Arbeitslager“ (über Hippies), „du sollst es mal besser haben“, aber auch „wozu brauchst du das Abitur, du heiratest ja sowieso“ (ist bis heute nicht passiert), „lerne lieber was Vernünftiges“ (z.B. Bürokram, Buchhaltung oder Banklehre, womit ich heute wahrscheinlich arbeitslos wäre). Meine Eltern (Jahrgänge 1917 und 23) haben sich mit all ihrem Fleiß und der Arbeit die Erinnerungen (und das schlechte Gewissen?) zugekleistert. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6472669#cid-6472669

Luis Tränker #9.2 (April 2016): “ … Ich möchte noch ein „dann geh doch nach drüben“ anhängen. Meine Eltern waren ’nur‘ Jahrgang 1930, aber politisch doch ziemlich unterwürfig (…). Für Veränderungen einstehen und dann auch noch an offentlichen Protesten teilnehmen einfach undenkbar. Da konnte man ja nur Kommunist sein und die gehörten eben „nach drüben“, sonst wird D. wieder zerstört, so wie die Sozen (Brandt/Wehner) es anstrebten, indem sie nach Moskau gingen und „Befehle abholten“. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6473139#cid-6473139

zerprofi #24 (April 2016): “ … Krieg erzeugt Monster und ein Teil davon wird auf die Kinder weitergegeben. Ich hasse Politiker, die verlangen, dass wir wieder „Verantwortung“ übernehmen müssen, auf der ganzen Welt und in Wirklichkeit nur unsere Soldaten in den Krieg schicken wollen. Und ich hasse Pfarrer, die Bomben segnen. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6473266#cid-6473266

Frauwinkel #6 (April 2016): “ … Erst als mein Vater vor wenigen Jahren einmal ganz beiläufig erzählte, wie er als 10-jähriger panisch aus dem überfüllten stickigen Keller rausgerannt ist und im Garten meiner Großeltern liegend die Flugzeuge am Himmel gezählt hat, in der Erwartung, diese Nacht nicht zu überleben, da habe ich zum ersten Mal sowas wie eine Ahnung davon gespürt, was dieser Krieg mit ihm angerichtet hat. …“ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma?cid=6472389#cid-6472389

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