[Die Schicksalsmaschine… ]

„[…] Der Zustand unserer Psyche, erklärt man uns, sei heute wählbar wie die Innenausstattung eines Apartments. […] Hippokrates weigerte sich, zu glauben, dass Epilepsie übernatürliche Ursachen hat; Aristoteles entlarvte die prophetischen Träume mancher Zeitgenossen als schlichte Zufälle; Epikur und Lukrez stellten fest, der Lauf der ganzen Welt sei ohne göttliche Eingriffe zu erklären.
Doch erst im 17. Jahrhundert begann die Erkenntnis, dass die Welt logisch und nachvollziehbar aufgebaut ist, sich langsam durchzusetzen. Die britische Royal Society bewies, dass Insekten nicht einfach aus dem Nichts entstehen, wie man bis dahin angenommen hatte. Magnetismus und Elektrizität waren nichts Okkultes mehr, sondern beruhten auf kleinen, unsichtbaren Teilchen. Die Beobachtungen am Himmel ließen sich besser erklären, wenn man annahm, dass die Sonne nicht um die Erde kreist.
Schließlich bekam das Volk Wind von der Sache.
[…] Zufall und Notwendigkeit, so zeigt die moderne Forschung, sind das eigentliche Produkt des Weltgetriebes. Wir sind Teil einer Maschine, die nichts hervorbringt als ihr eigenes Schicksal. Wie viel wir an ihren Rädchen drehen können, das gilt es herauszufinden.
„Warum ich?“, schreibt der US-Philosoph Michael Gelven in seiner „philosophischen Untersuchung des Schicksals“, bleibt die wahrscheinlich tiefste Frage, die wir stellen können. Vielleicht ist „Schicksal“ am Ende nur ein leeres Wort, das, wie Immanuel Kant meint, keine Bedeutung besitzt. Der einzige Weg, das herauszufinden, ist, die abgelegenen Stellen im Bauplan der Welt zu suchen, an die es sich zurückgezogen haben könnte. …“

Bruchstücke aus: „Die Welt als Schicksalsmaschine“ von Jochen Wegner (04.04.2004)
Quelle: http://www.morgenwelt.de/354.html

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