Doppeldenk (engl. doublethink; in älterer Übersetzung: Zwiedenken) bedeutet, nach dem dystopischen Roman 1984 von George Orwell:
Die Fähigkeit in seinem Denken zwei widersprüchliche Überzeugungen aufrechtzuerhalten, und beide zu akzeptieren. Absichtlich Lügen zu erzählen, und aufrichtig an sie zu glauben, jede beliebige Tatsache zu vergessen, die unbequem geworden ist, und dann, falls es wieder nötig ist, sie aus der Vergessenheit zurückzuholen, nur solange wie nötig, die Existenz einer objektiven Realität zu leugnen, und gleichzeitig die Realität zu akzeptieren, die man verleugnet; […]
[…] Infolge des Doppeldenks war die Partei nicht nur in der Lage ihre eigene Bevölkerung militärisch zu terrorisieren, und ihre Staatsbürger davon zu überzeugen, die Angriffe seien vom Feind veranlasst worden, sondern auch sämtliche Parteimitglieder, selbst diejenigen, die die Angriffe befohlen hatten, waren in der Lage zu glauben, dass die terroristischen Angriffe von ausserhalb gesteuert worden waren.
Ausserdem erlaubte das Doppeldenk der Partei grossartige Zielvorstellungen und eine realistische Erwartungshaltung gleichermassen aufrecht zu erhalten: „Wenn man herrschen will, so muss man fähig sein, seinen Realitätsbezug zu verschieben, denn das Geheimnis von Herrschaft besteht darin, an seine eigene Unfehlbarkeit zu glauben, und dies zu verbinden mit der Fähigkeit aus gemachten Fehlern zu lernen.“
Auf diese Weise konnte jedes Parteimitglied eine glaubwürdige Schachfigur sein, ohne je in Ermangelung relevanten Wissens zu sein. […] Das Doppeldenk funktionierte also als Schlüsselwerkzeug der Parteidisziplin, zur Staatspropaganda und als Ergänzung zum Polizeiapparat. Zusammen vermochten es diese Werkzeuge die staatliche Bösartigkeit nicht nur vor der Bevölkerung zu verbergen, sondern auch vor der Regierung selbst, jedoch ohne die Konfusion und Desinformation, die mit primitiveren totalitären Regimes in Verbindung gebracht werden.
Das Doppeldenk war wesentlich für die Fähigkeit der Parteimitglieder, die wahren Absichten der Partei erkennen zu können, ohne vor diesen Absichten schuldbewusst zurückzuschrecken.
[…] Im Verlaufe der Jahre, seit der Publikation von „1984“, wurde der Begriff des Doppeldenks zum Synonym der psychischen Entlastung, die durch das einfache Ignorieren des Widerspruchs zweier Sichtweisen erfolgt. Siehe: kognitive Dissonanz. …
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Doppeldenk (16.12/2005)
[…] Berlin – Im Gespräch mit der „Bild“-Zeitung betonte der Außenminister: „Das Handeln unserer Behörden ist an Recht und Gesetz gebunden.“ Es sei infam, die Bundesregierung direkt oder indirekt zu beschuldigen, sie unterstütze Menschenrechtsverletzungen…“
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,389580,00.html
[…] Condoleezza Rice, secretary of state, on Tuesday held discussions with Angela Merkel, Germany’s new chancellor, in Berlin on terror and said that the US would work within „every lawful means“ to defend its citizens.
On Monday the secretary of state launched her tour of Europe with a forceful defence of how the US treats terror suspects and a warning to allies that they had to make tough choices when benefiting from co-operation with US intelligence.
[…] „It is up to those governments and their citizens to decide if they wish to work with us to prevent terrorist attacks against their own country or other countries, and decide how much sensitive information they can make public,“ she added.
[From: „Rice issues defence of detainee tactics“ by Guy Dinmore in Washington and FT Reporters (Dec. 6, 2005) / Source: http://msnbc.msn.com/id/10346596/]
Das Auswärtige Amt hat nach der Entführung von Khaled el-Masri darauf verzichtet, von den US-Behörden eine Klärung oder Entschuldigung zu fordern. In einer geheimen Besprechung soll die Regierung beschlossen haben, den Fall den Nachrichtendiensten zu überlassen.
Aus: „Berlin verzichtete auf Protest“ (SPON; 10.12.2005) Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,389604,00.html
[…] Der Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat einen bösen Verdacht. Öffentlich erklärt Wolfgang Bosbach, er halte es für möglich, dass deutsche Sicherheitsbehörden im Fall des verschleppten Khaled al-Masri mit dem US-Geheimdienst CIA zusammengearbeitet haben: „Ich hoffe nicht, dass es stimmt; aber ich fürchte, dass es stimmen könnte.“ Und wenn die Befürchtung am Ende zutrifft? „Ein Albtraum,“ sagt der 53-jährige Jurist.
[…] Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, kann sich kaum vorstellen, dass die CIA bei der Verschleppung al-Masris deutsche Informationen nutzte. Aber für den Fall der Fälle sagt er: „Träfe das zu, weiß ich gar nicht, was in Deutschland dann los wäre.“
Aus: „Ein Albtraum für die Regierung“ VON WOLFGANG GAST taz Nr. 7842 vom 10.12.2005, Seite 4, 148 Zeilen Quelle: http://www.taz.de/pt/2005/12/10/a0241.nf/text
[…] Der deutsche Vizekanzler kündigte am Wochenende an, eine sofortige öffentliche Darlegung der Tatsachen werde von den Behörden nicht zugelassen. Es sei unsicher, „was da wirklich passiert ist“, sagte Herr Müntefering (SPD) über die weltweit bekannten Umstände des mehrfachen Menschenraubs deutscher Bürger und ihre anhaltende Folterung. Innenminister Schäuble (CDU) warnte vor einer Beschädigung des produktiven Verhältnisses zwischen der deutschen Auslandsspionage (BND) und der CIA, die für die Menschenrechtsverbrechen direkt verantwortlich ist. Weder Schäuble noch Münterfering forderten zur sofortigen Freilassung der deportierten Deutschen auf oder richteten Worte des Bedauerns an deren Familien. Krisenstäbe zur Durchsetzung des Verfassungsgebots, das Leben der Gefolterten zu schützen, tagen nicht.
[…] Die politische Klasse ist beunruhigt. Deutlich warnend sprechen führende Kommentatoren von „Krawall“, der bevorstehen würde, sollten die Enthüllungen andauern [7] – gemeint ist eine Staatskrise. Um sie zu verhindern, soll der Bruch der Verfassung dort behandelt werden, wo er seinen Ausgang nahm: in den exekutiven Bezirken behördlicher Macht, die dem Geheimschutz unterliegen. Für alle anderen hält Frank-Walter Steinmeier, der amtierende Außenminister, eine umfassende Erklärung bereit: Es war Handeln „nach Recht und Gesetz“.
Aus: „Nach Recht und Gesetz“ (Informationen zur Deutschen Außenpolitik; 12.12.2005) / Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56157
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[…]derStandard.at: Wären geheime Gefängnisse auf dem Gebiet von EU-Mitgliedsstaaten nicht eine enorme Blamage für die EU, die so sehr auf ihre bedeutende Rolle in der Einhaltung der Menschenrechte pocht?
Oosting: Falls sich wirklich herausstellt, dass es diese Geheimgefängnisse gibt, muss die EU endlich reagieren. Sie untergräbt sonst vollends ihre Glaubwürdigkeit. Zwar hat Frattini mit Sanktionen gegen die Mitgliedsstaaten gedroht, aber er hat sich nicht dazu geäußert, wie mit den CIA-Überflügen und Landungen umgegangen wird. Auch durch Verschweigen macht sich die EU mitschuldig. Es geht nicht darum, ob es Gefängnisse gibt oder nicht. Es geht auch darum, wie lange die EU zugesehen hat.
Aus [Geheimgefängnisse]: „Die EU untergräbt ihre Glaubwürdigkeit“ Dick Oosting, Direktor des Brüsseler ai-Büros, wirft im derStandard.at-Interview der EU vor, in der CIA-Affäre zu ruhig zu sein (12. Dezember 2005) / Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=2265849
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NEW YORK Rechtsanwalt Manfred Gnjidic vertritt die Interessen des deportierten und gefolterten deutschen Staatsbürger Khaled el-Masri. Während dessen Haft in Afghanistan assistierte ein deutsch sprechender Verhörspezialist seinen CIA-Kollegen und nannte sich „Sam“.
german-foreign-policy.com: Wer ist „Sam“?
Rechtsanwalt Manfred Gnjidic: Ich weiß um die Bedeutung dieser Frage. Der sichere Eindruck meines Mandanten ist, dass Sam Deutscher ist. Das ergibt sich aus einer Reihe von Details.
gfp.com: Im Einzelnen?
Gnjidic: Erstens spricht „Sam“ deutsch, und zwar mit einem deutlichen norddeutschen Anklang. Die Verhöre, die „Sam“ führte, fanden in deutscher Sprache statt.
Zweitens: Rückfragen meines Mandanten musste „Sam“ an die beim Verhör anwesenden US-Bürger weitergeben. Die Antworten leitete „Sam“ stets mit der Floskel ein: „Die Amerikaner sagen…“, „die Amerikaner haben gesagt…“ usw. Man kann daraus schlussfolgern, dass „Sam“ sich als jemand versteht, der dem US-Verhörpersonal nicht angehört.
Aus: „Gespräch mit Rechtsanwalt Manfred Gnjidic“(09.12.2005) / Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56152
[…] Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) haben in Damaskus den der Deutsch-Syrer Mohammed Haydar Zammar vernommen. Das bestätigte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch im Bundestag. Weiter sagte der Minister, er wisse nicht, ob die Ermittler Zammar in Damaskus als Beschuldigten oder Zeugen befragt hätten.
Es sei „nicht in den Akten“, dass Zammar in Syrien zuvor gefoltert worden sei. „Wie er nach Syrien gekommen ist, war nicht Gegenstand der Befragung“, sagte Schäuble. Der deutsche Islamist Zammar, 44, sitzt seit vier Jahren in Damaskus in einem Verlies des Far-Filastin-Gefängnisses, das für Folterungen berüchtigt ist.
Wie Schäuble weiter sagte, haben deutsche Sicherheitsbehörden auch im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba einen dort Festgehaltenen befragt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung waren vom 21. bis 27. September 2002 zwei Beamte des Bundesnachrichtendienstes und ein Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz nach Guantanamo gereist.
Aus: „BKA verhörte Deutschen in syrischem Foltergefängnis“ (14.12.2005) / Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt1m3/deutschland/artikel/244/66178/
[…] Die deutschen Verhöre in Foltergefängnissen bilden den Schlussstein einer offenkundigen Beteiligung deutscher Sicherheitsbehörden an dem US-geführten Globalsystem von Verschleppungen und Misshandlungen tatsächlicher oder angeblicher „feindlicher Kämpfer“. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen geht die deutsche Seite dabei doppelgleisig vor: Sie bestreitet ihre rechtliche oder faktische Möglichkeit, die Gefolterten zu befreien, aber nutzt das Foltermartyrium, um in den Verliesen der Verschleppten geheime Befragungen durchzuführen. Diese Tätigkeit stimmt sie mit den Folterern ab und macht sich dabei der offenkundigen Beihilfe zu schweren Verbrechen schuldig. Gleichzeitig schützt Berlin gegenüber den Angehörigen und den Anwälten der Gefolterten Nichtwissen vor.
Verantwortlich sind u.a. die Minister Steinmeier, Fischer, Schily und Zypries – sie haben die Gefolterten ihrem Schicksal überlassen und es bis heute nicht für nötig befunden, zur sofortigen Freilassung der Opfer öffentlich aufzurufen. Während im Berliner Reichstag Rechtfertigungen ausgetauscht werden, warten Kurnaz und Zammar auf Hilfe – sofern sie noch leben.
Aus: „Sofern sie noch leben“ (14.12.2005) / Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56155
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[…] Außenminister Steinmeier hat sich im Bundestag über angeblich absurde Unterstellungen beklagt, darüber, dass man den deutschen Sicherheitsbehörden zutraut, von Folterungen gewusst und davon profitiert zu haben. Das Verhalten der Regierung war bisher nicht dazu angetan, Misstrauen zu zerstreuen.
Aus: „Die drei Affen im Bundestag – Folter, Verschleppung, Rechtsbruch: Nichts sehen, nichts sagen, nichts hören“ von Heribert Prantl (14.12.2005) / Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt3l1/deutschland/artikel/247/66181/
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[…] Der „Stuttgarter Zeitung“ sagte Schäuble: „Wenn wir sagen würden, Informationen, bei denen wir nicht sicher sein können, dass sie unter vollkommen rechtsstaatlichen Bedingungen zu erlangen waren, nutzen wir unter keinen Umständen – das wäre völlig unverantwortlich. Wir müssen solche Informationen nutzen.“
[Aus: „Schäuble will Foltergeständnisse nutzen“ (16.12.2005) / Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,390709,00.html]
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[…] Die Grünen warnten vor einem „Outsourcing von Folter“. Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland schloss nicht aus, dass es noch weitere Verhöre durch Deutsche im Ausland gab.
[…] Der Deutsche Anwaltverein nannte es „unerträglich“, dass sich deutsche Behörden die Lage zunutze machen, „die die jüngere US-Politik dadurch schafft, dass sie Menschen nach Gutdünken an Orte verschleppt, wo sie ohne rechtlichen Schutz verwahrt und traktiert werden können.“
[Aus: „Regierung und BKA in Erklärungsnot“ (me/vgo/krö/rgg/mab; 16.12.2005) / Quelle: http://www.frankfurter-rundschau.de/]
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[…] Der Bundesinnenminister berichtete über die Arbeit von deutschen Ermittlern im Gefangenenlager Guantánamo und in einem syrischen Gefängnis. Über dortige Haftanstalten weiß man, dass Folter übliche Praxis ist. Über Guantánamo ist bekannt, dass es mit rechtsstaatlichen Vorstellungen des Westens nichts zu tun hat. Also hätte es für den demokratischen Rechtsstaat außer Frage stehen müssen, dass Verhöre in diesen Zusammenhängen nicht in Frage kommen können.
Warum aber stellten deutsche Ermittler in syrischen Gefängnissen inhaftierten Deutschen dann überhaupt Fragen? Warum also glaubten Repräsentanten des gefestigten Rechtsstaats, diesen Schritt jenseits des demokratisch begründeten Strafrechts machen zu können und ihn mit dem Interesse an Erkenntnis oder möglicherweise gar mit einer Gefahr in Verzug begründen zu sollen?
[Aus: „Jenseits des Demokratischen“ VON MATTHIAS ARNING (16.12.2005) / Quelle: http://www.frankfurter-rundschau.de/]
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[…] Die häufigsten Methoden der körperlichen Folter sind Elektroschocks, sexuelle Gewalt und Schläge. Unter systematischem Schlagen versteht man die Art der Misshandlung, die man „Falanga“ nennt: Dem Opfer wird mit Stöcken oder Draht auf die nackten Fußsohlen geschlagen. Bei elektrischen Folterungen werden die Elektroden an den empfindlichsten Körperteilen befestigt: Ohren, Zunge, Fingerkuppen, Brustwarzen oder Genitalien sind die bevorzugten Stellen.
Weitere körperliche Foltermethoden sind Verbrennungen oder das Aufhängen an den zusammengebundenen Armen. Bei der Folter im Zahnbereich werden gesunde Zähne ohne Betäubung gezogen oder herausgeschlagen. Aber auch die Nicht-Behandlung von kariösen Zähnen gehört zum Instrumentarium der Folterer. „Schmerzen am Backenzahn machten einen verrückt, und die vor Schmerzen halb Wahnsinnigen rissen sich die Zähne mit irgend etwas heraus, das gerade verfügbar war: mit einem Löffel, einem Nagel, einer alten Zange oder irgendeinem Instrument, das man vorher übers Feuer gehalten hatte, um Infektionen zu vermeiden“, beschreibt der kubanische Häftling Armando Valladares diese Torturen seiner Haftzeit.
„Ich bin der einzige Vertreter in dieser Kommission, der eine so lange Zeit in Haft war. Was kann zu einer größeren Beschädigung der menschlichen Würde führen, als mit Kübeln voller Urin und Exkrementen übergossen zu werden oder mit Bajonetten verprügelt zu werden? Was ist bei Ihnen der entsprechende Artikel, um über diese Fakten zu diskutieren? Unter welchen Protokollpunkt fällt dies? Unter welchen Aktenstapel, unter welches Konferenzgremium fällt dieses Herumtrampeln auf der Menschenwürde?“ (Armando Valladares vor der UN-Menschenrechtskommission über seine Foltererfahrungen. Der kubanische Dichter hatte aus politischen Gründen 22 Jahre in kubanischen Gefängnissen gesessen. )
Aus: „Ärzte und Folter“ (zm 24/2001, Seite 22) / Quelle: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/24_01/pages2/titel1.htm
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[…] Deutsche Behörden haben laut einem früheren Terrorfahnder wissentlich von Foltergeständnissen Gefangener aus einem libanesischen Militärgefängnis profitiert. Der ehemalige BKA-Terrorfahnder Ralph Trede sagte dem ARD-Politikmagazin «Kontraste», die Behörden hätten wochenlang mit dem libanesischen Geheimdienst zusammengearbeitet und Foltermethoden wissentlich in Kauf genommen. Er selbst habe über mehrere Wochen den Austausch von Fragen zwischen dem Bundeskriminalamt und dem libanesischen Militärgeheimdienst organisiert, so Trede. «Da werden durch deutsche BKA-Beamte Fragen erstellt, durch mich diese Fragen entsprechend dem Verbindungsoffizier weitergegeben und diese dann mittels Folter oder durch Foltermaßnahmen zu einem Ergebnis gebracht und uns wieder zurück übergeben.»
Nach Angaben des ehemaligen BKA-Mannes wurden die Folteropfer auf Grund deutscher Ermittlungsergebnisse im Libanon festgesetzt und verhört. Auch der deutsche Staatsschutz sei vor Ort gewesen, um die Gefangenen offiziell zu befragen. Dass die Gefangenen misshandelt worden seien, sei dem Staatsschutz bekannt gewesen. Trede warf dem ehemaligen Innenminister Otto Schily und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, trotz Kenntnis der Vorgänge untätig geblieben zu sein und seine Hinweise ignoriert zu haben. Er habe Schily und Zypries im November 2004 darüber informiert, dass für deutsche Ermittlungen Menschen im Libanon gefoltert werden, sagte er.
Zuerst habe er pflichtgemäß seine Vorgesetzten beim BKA und den Generalbundesanwalt über seine Erkenntnisse informiert. Als alle angesprochenen Stellen untätig blieben, habe er im Februar 2005 schriftlich die Fraktionsvorsitzenden des Deutschen Bundestages informiert, darunter auch Angela Merkel (CDU/CSU) und Franz Müntefering (SPD). Bis heute habe er keine Antwort erhalten.
[…] Generalbundesanwalt Kay Nehm bestätigte laut einem Bericht des «Kölner Stadt-Anzeigers», dass Trede mehrmals einen Folterverdacht geäußert habe und er selbst vom BKA im Oktober 2004 darüber informiert worden sei. In einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung im August 2005 habe Trede die Foltervorwürfe aber «nicht konkretisiert». Nach Ansicht Nehms beruhen die von Trede «aufgestellten Folterindikatoren ausschließlich auf Schlussfolgerungen». Zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen bestehe daher kein Anlass.
[Aus: „Ex-BKA-ler: Ämter nutzten Foltergeständnisse“ (22. Dez 2005 19:25, ergänzt 20:32) / Quelle: http://www.netzeitung.de/deutschland/374288.html]
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[…] In der Zeit von etwa 1350 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts verbreitete sich ein Hexenwahn, welcher für viele Menschen auf dem Scheiterhaufen enden sollte. Dieser war darauf aus, den meist unschuldigen Frauen und Männern, welche in Verdacht standen sich der Hexenkünste zu bedienen, als Sündenbock für Naturkatastrophen, Krankheiten, Seuchen und ähnlichen Dingen zur Rechenschaft zu ziehen. Man untersuchte die Beschuldigten auf Symptome, welche ihr Hexendasein und den Pakt mit dem Bösen bestätigen sollten.
[…] Die Folter wurde damit gerechtfertigt, dass die Hexerei ein einzigartiges Verbrechen an Gott und der Kirche sei. Wegen der Schwierigkeit Beweise für Verbrechen zu finden, welche angeblich so schwerwiegend waren, dass sie nicht ignoriert werden durften, war das Erlangen von Geständnissen von großer Bedeutung. In den meisten Fällen war die Folter der einzige Weg Schuldbekenntnisse zu erzwingen. Alles geschah im Namen Gottes. Nur durch den regelmäßigen Einsatz konnten die Dämonologen ihre Behauptungen hinsichtlich der angeblichen Bedrohung durch das Hexenwesen glaubhaft machen, indem sie auf einem umfangreichen Korpus tatsächlicher Geständnisse verwiesen. Lange bevor die Hexenverfolgung zur Hauptbeschäftigung der kirchlichen und auch der weltlichen Gerichte geworden war, hatte die Anwendung der Folter Sinn und Zweck das Böse auf der Welt zu vernichten. Das körperliche und geistige Leiden der „Verbrecher“ wurde fast zu einer regelrechten Befriedigung und Beschäftigung der Gerichte.
[Bruchstück aus: „Hexenverfolgung im Mittelalter“ Autor: Nadine Schneider (Datum?) / Quelle: hexenfolter.html]
[…] Mit der Befürwortung von Foltergeständnissen stellt sich der deutsche Innenminister Schäuble in eine Linie mit der christlichen Inquisition, die mit bestialischer Grausamkeit Falschaussagen von ihren Opfern abquälte, um sie dann aufgrund dessen sadistisch abzuschlachten, zu verbrennen und zu ermorden. Wenn Herr Schäuble diese Art von pervertierter „Rechtsstaatlichkeit“ im Namen seiner christlichen Partei CDU und als gewissenloser Vasall der US-Folterschergen gutheisst, dann wird einem dabei speiübel!
Mit freundlichen Grüssen Achim Wolf
Leserbrief: Foltergeständnisse (19.12.05) Quelle: http://www.net-news-global.de/blog_article.php?id=209
[…] Scheuer, der über Jahre das Programm der «Sonderüberstellungen» entwickelte und leitete, sagte in dem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview weiter, die CIA habe selbst nie jemanden festgenommen oder gefangen gehalten. «Das machte die örtliche Polizei oder ein örtlicher Geheimdienst», fügte er hinzu.Die Zusammenarbeit mit den deutschen Sicherheitsbehörden bei dem Programm bezeichnete der Ex-Agent als «im besten Falle wechselhaft». Auf Anfragen habe es manchmal «einfach keine Antwort» gegeben. «Alles war einfach sehr stockend.» Das habe sich nach dem Anschlag vom 11. September 2001 verändert.Den Europäern warf Scheuer wegen ihrer Kritik an dem CIA- Programm Unehrlichkeit vor. Sie seien Nutzniesser der Methode gewesen. «Alle Informationen aus den Verhören und Dokumenten, alles, was mit Spanien, mit Italien, mit Deutschland, mit Frankreich, mit England zu tun hatte», sei weitergegeben worden.
[…] Er selbst halte es für «Mangel an Mut, die eigene Drecksarbeit nicht selbst zu machen», sagte Scheuer, der 2004 nach 22 Dienstjahren die CIA verliess.
Das gesamte Programm war nach Einschätzung des Ex-Agenten, der von 1995 bis 1999 jene Einheit leitete, die Osama bin Laden jagte, «zu 90 Prozent ein Riesenerfolg und nur zu 10 Prozent ein Desaster». Für die Zukunft hält er die «Sonderüberstellungen» wegen der Medienberichte darüber allerdings für «wahrscheinlich tot».
Aus: „CIA-Gefangenentransporte laufen laut Ex-Agent seit 1995“ (letzte Änderung: 28.12.05) / Quelle: http://www.baz.ch/news…
[…] Es kann Ihnen egal sein: Die Luft, die Sie atmen, riecht nicht nach Blut und Exkrementen, Sie hören nicht das Gellen von Schmerzens-, von Todes-Schreien, Sie müssen nicht sehen, wie den Gefolterten über der Flamme das Fett aus den Füßen tropft, wie sich die Tränenflüssigkeit blutrot färbt, wie das Fleisch der Genitalien unter Elektrostößen schmilzt. Sie erinnern sich zwar, wenn die Bilder nur drastisch genug sind, vage an die Tatsache, dass irgendwo irgendwelche Regime irgendwelche Regimegegner unter Aufwendung irgendwelcher Argumente zu Tode foltern, aber all das ist diffus, hat kein Gesicht, gehört irgendwie zur ethnischen Besonderheit bestimmter Länder und liegt irgendwo außerhalb der Zeit. Aber es geschieht jetzt, während Sie dies lesen, es geschieht hier, weil Sie gleich zur Tagesordnung übergehen werden, es geschieht immer, weil Sie sich im selben Augenblick abwenden, während die Folterer sich ihren Opfern zuwenden.
Verstehen Sie: Ihr Abwenden ist Teil der Folter. Vor den Augen der Opfer erscheint dieser Gestus, mit dem alle Welt sich abwendet, als seien die Schreie noch nicht laut genug. Jeder Akt der Folter ist einer, den diese Weltöffentlichkeit nicht verhindert hat. Das muss sie sich eingestehen, und indem sie sich das eingesteht, bekennt sie auch, dass sie die Folter zwar nicht selbst gestattet, sie global aber zumindest toleriert. Als hätte der Schmerz eine Staatsangehörigkeit!
Es gehört zur Folter, dass sie sich in einem Klima der Heimlichkeit entfaltet. Diese Heimlichkeit und unsere Ignoranz arbeiten einander zu. Es gäbe die Folter nicht, wenn ihre Bilder mit der Wucht der Werbekampagne für einen Hollywoodfilm über uns hereinbrächen oder wenn sie die Omnipräsenz eines Britney-Spears-Videos besäße. Wir würden uns unseren Tag nicht durch die Bilder von Menschen versauen lassen, die ihre Eingeweide herauskotzen oder schreien, bis ihnen die Stimmbänder versagen. Unsere Indifferenz im Umgang mit der Folter verrät sich in allen Bildern, die wir unter den öffentlichen Bildern nicht tolerieren und in den Bildern, die wir aufbauen, um jene anderen nicht zu sehen…
Aus: „Sich abwenden ist Teil der Folter“ von Roger Willemsen (ai-Journal Dezember 2000) / quelle: http://www2.amnesty.de…
[…] Keine US-Regierung hat jemals ins internationale Völkerrecht solche Schneisen der Verwüstung geschlagen – der rechtswidrige Angriffskrieg wurde zum legitimen Mittel, die durch Folter erpresste Aussage zum legalen Zweck erklärt -, und noch keine US-Regierung hat in ihrem mit allen Mitteln, also ohne Regeln geführten Kampf für die Demokratie so viele Demokratien zu Komplizen gemacht.
Die Komplizenschaft wurde von den europäischen Regierungen überwiegend nicht öffentlich erklärt, sondern stillschweigend geleistet. Sie bestand nicht darin, geheim gehaltene Flüge von CIA-Agenten im europäischen Luftraum geduldet zu haben – es ist gut zu wissen, dass immerhin CIA-Agenten sich noch unkontrolliert bewegen können. Aber die Komplizenschaft begann mit dem Wissen, dass die Agenten die Begleiter gefangener vermeintlicher Terroristen auf deren Weg in europäische und außereuropäische Folterkammern waren. Der Verdacht ist begründet, dass europäische Regierungen von der Folter nicht nur wussten, sondern von den dabei erpressten Aussagen profitierten.
Unter diesem Gesichtspunkt, unter dem Begriff der Komplizenschaft verdient auch das Verhalten der abgewählten Bundesregierung im Fall des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri Interesse.Wenn zutrifft, dass el Masri von CIA-Agenten Ende 2003 irrtümlich nach Afghanistan verschleppt und dort bis Ende Mai 2004 gefoltert worden ist, wenn zutrifft, dass der damalige US-Botschafter den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily um Stillschweigen gebeten hat, wenn zutrifft, dass das Stillschweigen versprochen und damit die geheime Folterpraxis von der Bundesregierung nicht nur geduldet, sondern unterstützt worden ist – dann wäre das, ach ja, ein Skandal, das katastrophale Dementi der rot-grünen Menschenrechtspolitik, vor allem aber wäre es der erfolgreiche Versuch der US-Außenpolitik, Demokratie und Komplizenschaft zum Synonym zu erklären.
Wird ein Staat zum Schurkenstaat, weil er sich schurkischer Mittel bedient? Oder bedient er sich schurkischer Mittel, weil er ein Schurkenstaat ist? Das Problem löst ein altes französisches Sprichwort: „Ob ein Säufer deshalb krank ist, weil er säuft; oder ob er deshalb säuft, weil er krank ist, das kann seinen Kindern egal sein.“…
Aus: „Kommentar: Wir Komplizen“ von Christian Bommarius (Mittwoch, 07. Dezember 2005) / Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/meinung/506715.html
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Weiteres Textrauschen im LASER#17: [Folter – als internationales System]
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