Schneematsch unter den feuchten fetten Reifen der Linie 34. Durch die Scheiben leuchten die verschmierten Lichter der Stadt. Es wird gehustet und die Leute haben Mützen auf.
Am nachmittag entsagt das Sicherheits-Zahlenschloss der ach so sexy grauen Bürotür der Funktionsfähigkeit und der Hausmeister kommt nicht – es ist kalt ohne Jacke vor der Tür – aber immerhin habe ich noch die benötigten Löcher in das Gehäuse von meinem zukünftigen Moog-Filter boren können…
Zudem kann man ja immerhin mal zufällig Steven Steel im Supermarkt treffen und sich unterhalten (ich weiß Wieland, es gibt keinen Zufall…) – oder etwas Schimmel-Käse aus dem Kühlregal entnehmen. Oder mit Götz im Elktro-Labor-Keller sitzen und eine Selbstgedrehte rauchen während die Gedanken über elektronischen Schaltkreisen drehen bis uns nebenbei ein dicker alter Elektrolyt-Kondensator explodiert – das gute alte Netzteil vom Z80-Computer das nun ganz erbärmilch übel stinkt.
Ohne Frage: heute siegt bei mir Satre über Kant – nach Punkten. Und warum verdammte Scheiße ist Moralität eigentlich immer so unglaublich unerotisch?! – Und warum töten und foltern sich Menschen noch immer massenhaft wegen abstrusen Gehirnkonstrukten und banalster Hinterhältigkeit? – Und warum ist brutaler Mord und das monströse Elend ein guter Freund der Aufmerksamkeit? – woher kommt die (oft nicht eingestandene) Faszination für das Morbide? – Durch das Unverständnis dem Tod gegenüber? – Weil wir (+/oder ich) immer auch unser eigenes unbekannte Ende dort als Variation liegen sehen (möglicherweise als ein versprengter Teil der psychischen Empfindungslandschaft)? – Weil wir (+/oder ich) den Tod nicht wirklich bis an das Ende denken können? – Weil wir (+/oder ich) auf ‚Gen-Erhalt und Überleben um jeden Preis‘ programmiert sind? – Weil wir (+/oder ich) möglicherweise mehr als uns lieb ist mechanische Bio-Robotter sind? – Weil wir (+/oder ich) immer nur unseren Umständen und der eigenen Situation entsprechned unsere absolutistischen Gedankenbahnen basteln ( \’in meiner alleinigen Welt habe ich immer recht\‘)? – Weil wir (+/oder ich) schmale verstopfte Realitätstunnel benutzen? – Weil sich angeblich 2 Paralellen im Unendlichen treffen und ich mir (+/oder du dir) das mit meinem (deinen) primitiven Gedankenapparat nicht in aller Konsequenz vorstellen kann (kannst)? – und ich mich lachend, weinend, dem wahnsinn nah gefangen im Labyrinth von Metaphysikalien befinde?
Aus dem Keller schalt es mir entgegen: „Macker, deine Probleme möchte ich haben – du gehst mir tierisch auf die Eier mit deinem Gelaber, du blödes Arschloch!“
ok, ich danke der fürsorglichen Ermahnung wegen – und trete so schnell wie möglich die vorschnelle Flucht über die freud\’sche Mythengasse an: rasch noch die Ideen formartieren: Eros und Thanatos als ureigenste Kraft die im Verborgenen bleibt – beide haben es sehr gut eingefädelt sich erfolgreich seichter Logik zu entzeihen [Press Enter] – benutzen wir sie als die letzte Zuflucht vor der banalen ‚bioLOGISCH- materialistischen Faktenlage‘.
Sich zu wehren und zu wiedersetzen als ‚lebendes Material mit klassifizierbarem Existenz-Zustand‘ => (Wilkommen in deinem persönlichen Aggregat, drücke die Taste 1 um deinen Zustand zu ändern, drücke die Taste 2 um die Existenz aufzuladen, drücke die Taste 3 um…).
Richtig, da war doch noch etwas – der Geist? – die Seele? – „Veraltestes Sediment primitiver Unwissenschaflichkeit!“ (erschallt es nun aus den kalten Maueritzen des Fluchttunnels) – „Ich muss wiedersprechen! – Hier laufe ich und kann nicht anders – da ist ein ORT im wORT – und ‚Geist‘ ist eben nicht = Datenverarbeitung!“ (brüllt er nun angespannt ob seiner wagen Vermutungen in die Werkhalle der versteuten Projektionen) – und im verschneiten Hinterhof sitzen derweil die mentalen Geier auf den entlaubten Zweigen und lachen ihn aus – wippen leicht hin und her, in der Hoffnung auf fette Beute – ja, lecker lecker lecker – „Aber so einfach werde ich es euch heute nacht nicht machen!“ – sprach er, glaubt sich selbst nicht recht – und lauscht versonnen den Ventilatoren der kybenetischen Maschienen.
[…] Geist und Bewusstsein indes unterliegen physiologischen, chemischen und physikalischen Gesetzmässigkeiten. „Alles“, erklärte Wolf Singer am gestrigen Donnerstagabend auf einer Diskussionsveranstaltung des Max-Planck-Forums in Berlin, „beruht auf neuronalen Aktivitäten — worauf sonst?“. Das Wollen, Denken und Verhalten werden von limbischen Gehirnsystemen gesteuert, die grundsätzlich unbewusst arbeiten und die dem bewussten Ich kaum zugänglich sind.
„Die Idee eines freien menschlichen Willens ist mit wissenschaftlichen Überlegungen prinzipiell nicht zu vereinbaren“, meint auch Wolfgang Prinz. Die Vorstellung der Willensfreiheit sei lediglich ein soziales Konstrukt; tatsächlich werde das individuelle Verhalten unbewusst determiniert: „Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun“. Was scheinbar als freie Willensentscheidung daherkommt, sei nichts anderes als das nachträgliche Ratifizieren einer Entscheidung, die das Gehirn in der gegebenen Situation schon längst getroffen hat.
Aus „Freier Wille unter Neuronenfeuer“ (04.03.2005 15:07) http://www.heise.de/newsticker/meldung/57086
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