Kategorie: Kunst.Encoder

[„The Deep“ (Orson Welles) … ]

“ […] Welles war der Mann, der niemals aufgab. Wenn er eines seiner Projekte unterbrechen mußte, widmete er sich einem anderen, oder er verschmolz zwei Projekte zu einem dritten. Der Not gehorchend, aber auch aus Überzeugung, machte er das Fragmentarische, das Prozessuale und die offene Form zur Grundlage seiner Kunst. […] Welles, heißt es, war ein Verschwender. Ein schlampiges Genie, den eine psychische Blockade daran hinderte, etwas zu Ende zu bringen. Der Nachlaß, den Oja Kodar, privat wie bei der Arbeit Welles‘ Partnerin, dem Filmmuseum anvertraut hat, beweist das Gegenteil. Welles war ein Meister der Improvisation und der Sparsamkeit. Als er in Hollywood in Ungnade fiel, begann er, seine Filme fernab vom Studiosystem zu machen. Einige davon bezahlte er aus der eigenen Tasche. „The Deep“ kommt mit fünf Schauspielern, zwei Segelbooten und einem Schauplatz aus, dem Meer. Grundlage ist ein Thriller von Charles Williams, der später, als „Dead Calm“, mit Nicole Kidman erneut verfilmt wurde. Wie immer bei Welles, gibt es eine Entstehungsgeschichte, aus der man auch wieder einen Film machen könnte. Oja Kodar spielte umsonst mit. Weil sie in der Nähe ein Haus hatte, in dem man wohnen konnte, wurde vor der dalmatinischen Küste gedreht. Jeanne Moreau akzeptierte statt der Gage eine Gewinnbeteiligung. Die Ausrüstung und die Techniker stellte eine jugoslawische Firma, in deren eigenem Film Welles dafür auftrat. Die Arbeit auf dem Meer war schwierig. Alles dauerte viel länger als geplant. Die Jugoslawen zogen die Techniker ab. Der Kameramann mußte weg, und nach und nach die Schauspieler. Das war 1967. 1968 machten Welles und Kodar allein weiter. Anfang der 70er drehten sie auf den Bahamas. 1973 starb Laurence Harvey, einer der Darsteller. Das Originalnegativ des Films landete in Paris und wurde 1980 zerstört, weil Welles die Einfuhrgebühren nicht bezahlt hatte. Erhalten ist nur das, was sich in der Sammlung des Münchner Filmmuseums fand: Eine Arbeitskopie. Eine Kopie der Arbeitskopie. Und eine Kopie dieser Kopie. Alles mehr oder weniger, und immer anders, von Welles geschnitten. Aus diesen drei Kopien hat Stefan Drössler, der Leiter des Filmmuseums, eine vorläufige Fassung montiert. …“ | Aus: „Der dicke Mann und das Meer“ – Farbexplosionen auf offener See: Das Münchner Filmmuseum rekonstruierte Orson Welles unvollendeten Film „The Deep“ von Hans Schmid (4. Oktober 2005) | Quelle: http://www.welt.de/data/2005/10/04/784019.html

// https://de.wikipedia.org/wiki/The_Deep_(Film)

// http://www.wellesnet.com/deep_index.htm

Nachtrag #1

Fritz Göttler (30. Januar 2016): “ … Als Welles aufhörte, an dem Film zu arbeiten, fehlte noch die Explosion, die eines der Schiffe zerstörte, die Dialoge der Männer hatte er teilweise selbst nachsynchronisiert, bei einigen Tonaufnahmen war das Surren der Kamera zu hören. Jahre später ging das Originalnegativ verloren, es blieben nur zwei schlechte Arbeitskopien, eine in Farbe, eine schwarz-weiß. 1973 starb Laurence Harvey, so gab es keine Chance auf Nachaufnahmen mehr. …“ | https://www.sueddeutsche.de/stil/dem-geheimnis-auf-der-spur-boeser-mann-an-bord-1.2837303

via The Unknown Orson Welles: The Deep [work print]. 1967.
| https://www.moma.org/calendar/events/1519 (2015)

[Abstrakte Kunst… ]

„[…] wurde [ ] den Künstlern der Sozialistische Realismus einfach abverlangt – sonst gab es keine Aufträge oder sogar Sanktionen -, lief die Einflußnahme im Westen verdeckter, aber kaum weniger massiv ab. […] Während seines Amerikaaufenthaltes 1955 hatte Fuchs Visionen und wie er 40 Jahre später erst erzählt, ein Gotteserlebnis gehabt. „Man kann doch niemanden sagen, dass einem Gott erschienen ist. und Darüber kann man auch nicht schreiben. Ich will ja nicht in eine psychiatrische Anstalt kommen. …“
Bruchstücke aus: „Ernst Fuchs – Das Einhorn zwischen den Brüsten der Sphinx“
Franz Krahberger über Gerhard Habartas Biografie von Ernst Fuchs (Datum?)
Quelle: http://ejournal.thing.at/Kritik/fuchs.html

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„[…] waren die Künstler damit aber gleich auf der Gehaltsliste der CIA? Keineswegs, viel mehr mussten die Verbindungen über viele Jahre geheim gehalten werden, da Motherwell, Rothko oder Pollock schon wegen ihres ungeheuren Eigensinns zwangsläufig nicht mit dem CIA zusammen gearbeitet hätten. …“
Bruchstück aus: „Die Macht der Bilder – Abstract Art, das MoMA und der Kalte Krieg“
Quelle: http://www.deutsche-bank-kunst.com/art/2004/3/d/2/208-4.php

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„[…] Die Verfassung der DDR gebot Meinungsfreiheit. Freiheit des Denkens. Eigentlich eine Banalität. Aber Denken ist nicht zur Selbstbefriedigung in einem Monolog bestimmt. Es muß sich artikulieren, der gesellschaftlichen Prüfung und Praxis stellen. Wie, wenn es nun artikuliert wird – in einer Diskussions-„Gruppe“ von mehr als zwei Personen? Wenn dort z.B. querdenkende Ansichten zur realitätsfremden Politik der SED-Führung artikuliert werden und man nicht davor „zurückschreckt“, persönliche Konsequenzen aus offenkundiger Politikunfähigkeit und Realitätsferne der sprachlosen und unwilligen Führung zu fordern? Oder wenn vielleicht in Privatwohnungen („Gruppe“!) Ausstellungen von Kunstwerken veranstaltet werden, die nicht eben dem Musterbild sozialistischen Realismus entsprechen, sondern abstrakte Kunst sind…“

Bruchstück aus: „Zwie-Gespräch Nr. 27 (1995), Seite 14 – 32“
von Wolfgang Hartmann, Quelle: http://www.mfs-insider.de/Zwiegespr/VielfIM.htm

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„[…] Wozu sollte abstrakte Kunst nütze sein, wenn nicht als Herausforderung für Phantasie und Imagination? Der beste Beleg hierfür ist die Tatsache, dass phantasielose Menschen abstrakte Kunst als »Schrott« abtun oder gar verbieten. …“
Bruchstück aus: „INTELLIGENCE INCREASE, I²“
Quelle: http://www.smilenow.de/s10002.htm

[NO GURU NO METHOD NO MASTER… ]

„…[Bei] Kunst und Liebe gibt es Gebiete, in denen die ihnen beiden konstitutive Eigengesetzlichkeit ihre Gültigkeit einbüßt: in der Warenförmigkeit und in der Prostitution. […] Wahrhaft autonome Kunst, das ist der ethische Kerngedanke der modernen Ästhetik, unterscheidet sich von der Ware dadurch, dass man sie nicht konsumieren, sondern allein anerkennen kann. Darin ähnelt sie nicht nur einem anderen Subjekt eher als einem dinglichen Objekt. Das Verhältnis zu ihr ist überdies einem Ideal von Liebe nachgebildet, bei der die erste Phase bloßer Verliebtheit überwunden, die rosa Brille euphorisch hemmungsloser Projektion auf den anderen abgelegt ist und dieser bedingungslos als anderer angenommen wird. Liebe existiert diesem Ideal zufolge nur unter den Bedingungen solcher Bedingungslosigkeit: sofern sie den anderen nicht zum Besitz macht, ihn weder idealisiert (das Idol der Persönlichkeit ist die Spiegelung von Besitz, sagt Adorno) noch zum Eigentum erklärt. Am Beginn wahrer Liebe steht demnach eine Erfahrung von Unverfügbarkeit der andere ist nicht für mich. Das negative Gegenstück hierzu ist der käufliche Liebesdienst. Denn dieser besteht nicht zuletzt darin, dass sich die Prostituierte dem Kunden als Screen für dessen Projektionen zur Verfügung stellt. Eben deshalb ist sie für diesen auch, anders als die Geliebte, austauschbar. Als Tabula rasa subjektiver Projektionen ist sie nichts als „sein“ Objekt. …“ | Aus: „DIE LIEBE ZUR KUNST UND DEREN VERKENNUNG – Adornos Modernismus“ von JULIANE REBENTISCH (Heft Nr. 52 / December 2003 „Liebe“) | https://www.textezurkunst.de/52/die-liebe-zur-kunst-und-deren-verkennung-adornos-/

“ … Um sich der Unterwerfung unter die gegebenen Verhältnisse die Ökonomisierung des Kulturellen, die Effizienzlogik, die Popularisierung kritischer Diskurse, die Verdummung öffentlicher medialer Räume entgegenzustellen […][…][Die] Repolitisierung des Kunstfelds, die, wie kürzlich Suely Rolnik, eine Psychoanalytikerin und Professorin aus Sao Paulo, formuliert hat, Kreativität mit Widerständigkeit zu verbinden sucht. Die globale Maschinerie des Kapitalismus funktioniert nämlich genau umgekehrt sie versucht unablässig, Kreativität und Widerstand voneinander zu trennen. … Nach der Idealvorstellung postindustrieller staatlicher Politik verwandeln sich Bildungseinrichtungen in effiziente, leicht kontrollierbare Managementschmieden, die anstelle denkender Bürger/innen neue Generationen von Konsument/innen (heute sanft „User“ genannt) und einsatzbereiter Bürokraten hervorbringen. Genau darum bestehe ich auf einer Repolitisierung des Kunst- und Kulturbereichs. Man kann, wie ich finde, kaum von einem offenen demokratischen Projekt der Kunst sprechen, wenn man nicht zugleich auch wieder an die Möglichkeit einer radikal-künstlerischen Erfahrung denkt, die sowohl als „open source“, als frei zugängliche Quelle, funktionieren könnte als auch die Möglichkeit eines Sprungs hin zu einer radikal-politischen Erfahrung innerhalb einer größeren Community birgt. Wir leben heute in einer Welt, die nur im Sinne eines oberflächlichen Trends multikulturell, tatsächlich aber ganz und gar nicht offen genannt werden kann. … Der Zuhälter, den wir … im kapitalistischen Kunstsystem erblicken können, kann aus einem „Engel“ in der Kunst schnell eine Hure machen. … “ | Bruchstücke aus: UMFRAGE – NO GURU NO METHOD NO MASTER – ZUR METHODE UND ZUKUNFT DER LEHRE – CHARLES HARRISON / ASTRID KLEIN / HANS HAACKE / THOMAS BAYRLE / GARETH JAMES / JUDITH HOPF / ALBERT OEHLEN / ERAN SCHAERF / MARINA GRZINIC / ROBERTO OHRT / RENÉE GREEN / JOHN MILLER / ALEXANDER ROOB) | Quelle: http://www.textezurkunst.de/NR53/tzk53_Umfrage2.htm

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