Kategorie: Fraktal.Text

Textfraktale

[Opferakten]

[…] Bukarest, eine graue Kaserne am Rand der rumänischen Hauptstadt. Hier lagert ein Teil des Archivs von Ceausescus berüchtigtem Geheimdienst Securitate. Florin Pintilie, der Direktor des Archivs, schließt eine Panzertür auf, hinter der etwa ein Kilometer Akten lagern: „Hier befindet sich ein Teil der Opferakten, also Akten über die Leute, die von der Securitate verfolgt wurden. Es sind nicht so beeindruckend viele Akten wie in der deutschen Stasi-Akten-Behörde, aber es sind auch nicht wenig.“

[Aus: „Einsicht in nur unvollständige Akten – Umgang mit den Securitate-Archiven in Rumänien“ (Bonn, 26.11.2003, DW-radio) / Quelle: http://www.dw-world.de/dw/article/0,,1043787,00.html]

[Terror kippt in Geborgenheit um… ]

“ … Treu und Gehorsam, haben dieselben Wurzeln in einem Beitreten zur Autorität, wodurch die resultierende freiwillige Knechtschaft als moralischer Wert und bewundernswerte Qualität eines Menschen vor Augen gehalten wird. Solches Verhalten ist das Resultat eines destruktiven Vorgangs, indem eigener Wert zum Unwert und Unwert zum Wert umgewandelt wurde.
Es ist schon etwas eigenartiges, dass der Mensch, wenn er mit Terror und Nichtexistenz bedroht ist, sich mit der ihn bedrohenden Instanz identifiziert, sich mit ihr verschmelzt, seine Identität aufgibt, um vermeintliche Rettung zu erlangen.
… Silverberg (1947) beschreibt diesen Mechanismus der Identifizierung mit dem Aggressor als eine bereits in frühester Kindheit auftretende Reaktion auf äußerste Hilflosigkeit. Was hier zu passieren scheint, ist eine Verneinung der Differenzierung, der Trennung vom bemutternden Objekt, weil das in diesem Entwicklungsstadium zu bedrohlich wäre. Diese Trennung darf nicht, kann nicht wahrgenommen werden, sonst wäre das Überleben gefährdet. Damit dies ermöglicht wird, bedarf es eines Manövers, vergleichbar mit einer Halluzination, einer Phantasie oder einem Traum. Es besteht darin, dass die Wirklichkeit zwischen sich selbst und dem anderen verdreht wird. Es ist, als ob das frühkindliche Ich doch einmal etwas besseres erlebt hat und nun versucht, diesen Zustand zurückzuholen (Silverberg, 1952), indem es eine phantasierte Homöostasis aufrechterhält, um sein Weiterleben zu ermöglichen – Terror kippt in Geborgenheit um. “

Aus: „Die Konsequenzen des Gehorsams für die Entwicklung von Identität und Kreativität“ von Prof.Dr. Arno Gruen – Psychoanalytiker in eigener Praxis in Zürich, Schweiz (Vortrag bei den 53. Lindauer Psychotherapiewochen am 12. April 2003) | Quelle: http://www.susannealbers.de/04psycho-gruen-werk01.html

[Praxis der Sonderauslieferungen]

[…] Sieht man sich die Praxis der Sonderauslieferungen an, kann man eine überraschende Entdeckung machen: Zum Transport ihrer Gefangenen benutzen die CIA und andere Agenturen der USA regelmäßig anonyme Privatflugzeuge.

In meinem Besitz befinden sich die vertraulichen Logbücher eines Langstreckenjets vom Typ Gulfstream V, der für das Transportsystem der CIA offenbar eine zentrale Rolle spielt. Dieses Flugzeug hat seit 2001 über 49 Flughäfen außerhalb der USA angeflogen, darunter regelmäßig Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Marokko und Usbekistan – also durchweg Länder, in denen die USA ihre Gefangenen abliefern.

„Plane-spotters“ haben das Flugzeug schon mehrfach fotografiert. Es ist weiß angestrichen und trägt als einzige Aufschrift die zivile Registriernummer N379P, jedenfalls bis vor kurzem. Nach Dokumenten, die ich einsehen konnte, wurden die beiden Ägypter im Dezember 2001 in Schweden eindeutig mit diesem Flugzeug abgeholt. Dieselbe Maschine wurde im Oktober 2001 auch in Pakistan gesichtet, als Zeugen auf dem Flughafen von Karatschi beobachteten, wie eine Gruppe Maskierter einen Mann in ein Flugzeug schaffte. Der Mann landete schließlich in Jordanien.

Auch Robert Baer, dem die Logbücher vorlagen, hat keine Zweifel, dass dieser Gulfstream-Jet mit den Auslieferungen zu tun hat: „Er fliegt immer Orte an, wo gefoltert wird.“ Baer hat für die CIA 21 Jahre lang als Geheimagent im Nahen Osten gearbeitet, bevor er vor etwa zehn Jahren den Dienst quittierte. Er meint, ein solches Flugzeug sei für den Geheimdienst deshalb von Nutzen, weil es keine militärischen Kennzeichen trägt. Als formeller Besitzer fungiere eine Briefkastenfirma: „Die kann man praktisch über Nacht auflösen, wenn sie enttarnt wird. Und wenn’s sein muss, wechselt man einfach das Flugzeug. Das ist ziemlich üblich.“

Nach Baer geht es bei der Sonderauslieferungspraxis um mehr als nur darum, Terroristen in Länder wie Ägypten zu schicken, damit sie dort im Gefängnis sitzen. Manchmal geht es auch darum, sie ganz verschwinden zu lassen. Der angestrebte Zweck sei je nach Land verschieden: „Wenn du einen Gefangenen nach Jordanien schickst, bekommst du ein besseres Verhör. Wenn du aber einen etwa nach Ägypten schickst, wirst du ihn wahrscheinlich nie wieder sehen, und dasselbe gilt für Syrien.“

[…] So befindet sich die zentrale Operationsbasis für die Ausweisungsflüge der CIA in Deutschland. Und die von mir eingesehenen Logbücher belegen, dass der genannte Gulfstream-Jet wie auch eine Boeing-737, die für andere Ausweisungen benutzt wurde, regelmäßig in Frankfurt gelandet sind.

[Bruchstück aus: „DAS STILLE SYSTEM DER AUFTRAGSFOLTER – Entführt, verhört, versteckt“ – Le Monde diplomatique Nr. 7612 vom 11.03.2005, Seite 6-7, STEPHEN GREY / Le Monde diplomatique, Berlin (deutsch von Niels Kadritzke) / Quelle: http://www.monde-diplomatique.de/pm/2005/03/11/a0027.text]

[built and operated in secret… ]

[…] Coats informed the German minister that the CIA had wrongfully imprisoned one of its citizens, Khaled Masri, for five months, and would soon release him, the sources said. There was also a request: that the German government not disclose what it had been told even if Masri went public.

The U.S. officials feared exposure of a covert action program designed to capture terrorism suspects abroad and transfer them among countries, and possible legal challenges to the CIA from Masri and others with similar allegations.

The Masri case, with new details gleaned from interviews with current and former intelligence and diplomatic officials, offers a rare study of how pressure on the CIA to apprehend al Qaeda members after the Sept. 11, 2001, attacks has led in some instances to detention based on thin or speculative evidence. The case also shows how complicated it can be to correct errors in a system built and operated in secret.

[…] „They picked up the wrong people, who had no information. In many, many cases there was only some vague association“ with terrorism, one CIA officer said.

While the CIA admitted to Germany’s then-Interior Minister Otto Schily that it had made a mistake, it has labored to keep the specifics of Masri’s case from becoming public.

[From: „Wrongful Imprisonment: Anatomy of a CIA Mistake“ – German Citizen Released After Months in ‚Rendition‘ – By Dana Priest (Washington Post Staff Writer (Sunday, December 4, 2005) / Source: LINK]

[but we normally remain ignorant]

[…] I am a strong advocate of the hypothesis that psychedelic drugs do not do things, but rather they allow things to happen. All the states of consciousness that can be revealed have always been present within that remarkable organ we call the brain, but we normally remain ignorant of our potentials. (Alexander T. Shulgin)

[From: „21st Century Highs – The Future of Psychedelics: An interview with Alexander T. „Sasha“ Shulgin by Dee; Fringecore 7 (1998) / Source: http://www.fringecore.com/magazine/m7-1.html]

[Die Reformer und die Überflüssigen… ]

Die „Überflüssigen“ platzten in die Inszenierung des Unternehmerverbandes Gesamtmetall zur Wahl des „Reformer des Jahres„. […] Honorige Herren der INSM eröffneten gerade die Veranstaltung, da schwappte eine Welle „Überflüssiger“ in den Marmorsaal des Palais am Festungsgraben. Der Ort, pompös und direkt hinter den Neuen Wache in Berlin, passte nicht so recht zu den folgenden Szenen.

Bodyguards liefen aufgeregt umher, gegen die Türen stemmten sich beleibte Sicherheitskräfte und trotzdem waren die „Überflüssigen“, die „Reformierten“ plötzlich im Saal. In der vorher noch schön moderierten Unternehmeridylle waren sie einfach da. Der Redner der INSM gab das Rednerpult frei, und ein „Überflüssiger“ eröffnete die Preisverleihung für die dreisteste, dümmste und teuerste (immerhin etwa 10 Millionen Euro, die von dem Unternehmerverband ihrer PR-Maschine zur Verfügung gestellt werden) Propaganda des Jahres. Die Zuhörer, unter ihnen der diesjährige ultrakonservative Verfassungsrichter Udo di Fabio, begannen, den Redner mit zerknülltem Papier zu bewerfen, riefen Feigling (eventuell sind einige es sonst gewohnt, burschenschaftlich mit Degen aufeinander einzuschlagen). Der Veranstalter schaltet flugs die Mikros ab, und so war der amüsante Beitrag von der zahlreich vertretene Presse akustisch nur schwer zu verstehen. Die Preisverleihung ging fast im Chaos der Ordnungskräfte vor der Bühne unter. Die „Überflüssigen“ überreichten in zwei Plastiktüten von Lidl und Aldi (zwei bereits vortrefflich reformierte Unternehmen) Berliner Herbstlaub und märkischen Sand. Mit dem Laub, das von Berliner Ein-Euro-Jobbern gesammelt wurde, könne die INSM noch kräftig Rauschen im journalistischen Blätterwald erzeugen, kommentierte ein Sprecher. Der Sand könnte weiter dazu genutzt werden, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen.

[Aus: „Überflüssige stören ‚Reformer des Jahres‚“ (von martina reill – 29.11.2005) / Quelle: http://de.indymedia.org/2005/11/134070.shtml]

[Fliegende Untertassen]

[…] Der umgangssprachliche Begriff Fliegende Untertasse (engl. flying saucer) wurde im Jahr 1947 durch ein Interview mit dem US-amerikanischen Piloten Kenneth Arnold geprägt, der das Bewegungsmuster der von ihm gesichteten UFOs beschrieb. Kenneth Arnold erklärte der Presse: „Die Dinger flogen wie Untertassen, wenn man sie übers Wasser springen lässt“. Diese Äußerung verkürzte ein Journalist zu dem Begriff „Fliegende Untertasse“. Die der Radartechnik entspringende Abkürzung UFO wurde 1954 von Edward J. Ruppelt, einem Captain der U.S. Air Force, eingeführt, um die umgangssprachliche Bezeichnung der Fliegenden Untertasse abzulösen. […]

  • Nach der Klosterchronik von St. Albans erschien in England am Neujahrstag 1254 „eine Art Schiff in der Luft, von anmutiger Bauweise und wunderbaren Farben“.
  • 1546 haben mehrere tausend Einwohner über Basel einen Schwarm glänzender Scheiben beobachtet. Das Ereignis sorgte für Aufsehen im gesamten Abendland.

Bruchstück aus: http://de.wikipedia.org/wiki/UFO (11/2005)

[30 goto 20]

10 REM Muliple Ego Rekalibrierung v0.01
20 PRINT „ich bin der bödmann.“
22 PRINT „nein ich. “
24 PRINT „hey moment mal ich bin das. “
26 PRINT „das ist nicht wahr – ich bin der blödmann. “
28 PRINT „nein ich.“
30 GOTO 20

[Macht und Unsichtbarkeit]

“ … Interpretieren heißt die Kraft bestimmen, die einer Sache ihren Sinn gibt. … Jede Kommunikation aktiviert unvermeidlich Macht. Diesen Sachverhalt aber permanent zu negieren, ist schließlich nur eine der vielen Strategien der Macht, nämlich sich in die Unsichtbarkeit zurückzuziehen. …“ Aus: „Spuren der Macht“ von Kurt Röttgers (2002) / Quelle: shspuk.pdf]

[Ein semiotischer Vorgang]

[…] Ein semiotischer Vorgang in sprachwissenschaftlicher Hinsicht liegt vor, wenn eine codierte Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger gesendet wird und diese Nachricht vom Empfänger decodiert, also entschlüsselt werden kann.

Diese Daten oder Nachrichten werden durch den Empfänger klassifiziert und interpretiert.

Bruchstück aus: „Semiotik“
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Semiotik

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[…] Es gibt keine übergeordnete Sprache, keine allgemeinverbindliche Wahrheit, die widerspruchsfrei das Ganze eines formalen Systems legitimiert. Wissenschaftliche Rationalität, sittliches Handeln und politische Gerechtigkeitsvorstellungen spielen je ihr eigenes Spiel und können nicht zur Deckung gebracht werden.

„In äußerster Vereinfachung kann man sagen: ‚Postmoderne‘ bedeutet, dass man den Meta-Erzählungen keinen Glauben mehr schenkt.“ (Lyotard, Das Postmoderne Wissen, 1986, 7/14)

Bruchstück aus: „Postmoderne“ (11/2005)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Postmoderne

[Neurophilsophie]

[…] haben die 90er Jahre, das Jahrzehnt des Gehirns, vor allem eins gezeigt: Sowohl die Philosophen als auch die Naturwissenschaftler muessen umdenken, wenn sie das Bewusstsein verstehen wollen. Bis jetzt ist noch nicht einmal klar, mit welcher Art von Erklaerung wir ueberhaupt zufrieden sein sollen. Das Phaenomen verlangt nach einer neuen Naturphilosophie, einer Neurophilsophie im besten Sinne des Wortes. Und wer meint, das mit dem Bewusstsein sei gar kein Problem – der ist vielleicht doch ein Zombie.

[Aus: „Radio Akademie: Welt im Kopf“ (1998) SUEDDEUTSCHER RUNDFUNK; Autor: Gabor Paal; Redaktion: Detlef Clas, Radio Akademie Regie: Iiris Arnold – Quelle: ra980620.txt]

[Dekonstruktion der Subjektvorstellungen… ]

[…] Die postmoderne Herausforderung, die die Dekonstruktion psychologischer Subjektvorstellungen beinhaltet, liegt in der Verabschiedung der Psychologie als Leitwissenschaft für die Gestaltung des – guten – Lebens: „Jedermann wird seine eigene Geschichte und seinen eigenen Stil selbst bestimmen können; aber dieses „Eigene“ ist eine Illusion.“ (van der Loo & van Reijen 199o, 262)

| [Aus: „Dekonstruktion psychologischer Subjektvorstellungen in der Krise der Moderne: Herausforderung der Postmoderne“ (Auszüge aus: Journal für Psychologie 4, 1995, 1/ 1996, 27-38) von Klaus-Jürgen Bruder – Quelle: postmoderne/bruder_dekonstruktion_subjektvorstellungen.htm]

[der sublimale geruch]

zeit frist sich in die seitenstrassen.
rostwasser läuft die beine hinab.
die unhaltbarkeit aller standpunkte.
verwischt sich – und niemand ist davor sicher.
der schweiss, der sublimale geruch,
phantasmen und sex, blicke.
bewegung im nieselregen und schneematsch.
die schwachsinnsbombe explodiert mitten im alltag.
ein moral-porno mit orgasmus-belehrungen.
die vorführung hat begonnen.
auf offener strasse.
eintritt frei.

[letztlich systemimmanent]

[…] „Der typische Folterknecht in einem Land, das die Folter gutheißt, ist kein Perverser, sondern ein hart im Folterkeller arbeitender Familienvater, der abends zu seinen Kindern fährt.“ (Chris Haderer)

Aus: „Kalkulierter Schmerz“ / Quelle: http://www.evolver.at/?story=1756

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[…] „Naja, ich kann auch nicht über den, der gefoltert wird, reden. An ihm beweist sich schließlich auch nur in der endlich offenen Liquidierung der Fiktion des Subjektstatus des Objekts staatlicher Repression, daß die Werte bürgerlicher Rechtsideologie für den imperialistischen Staat lästige Antiquitäten sind, wenn sie den Verwertungsbedingungen des Kapitals nicht mehr entsprechen.“

(von Andreas Baader / Aus: Ausgewählte Dokumente der Zeitgeschichte: Bundesrepublik Deutschland (BRD) – Rote Armee Fraktion (RAF), GNN Verlagsgesellschaft Politische Berichte, 1. Auflage Köln Oktober 1987) / (web: nadir.org)

[Aus: „Erklärung von Andreas Baader“ / Quelle: brd+raf/025.html]

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[…] In dem 38-seitigen Bericht: „The Road to Abu Ghraibâ€?, zeigt Human Rights Watch, wie die Bush-Regierung bewusst eine Politik illegaler Verhörtechniken einsetzte – und diesen Umstand dann zwei Jahre lang vertuschte. Frühe Berichte von Folter und Missbrauch durch die US-Truppen wurden einfach ignoriert.

[Aus: „Irak: Missbrauch direkte Folge der Bush-Politk“ (New York, 10. Juni 2004) / Quelle: http://hrw.org/[…]iraq8793.htm]

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[…] Aussagen von Templern werden vorgebracht, zum großen Teil – aber nicht ausschließlich ! – unter der Folter erpreßt. Die Beweise scheinen erdrückend. Das Konzil verfügt die Auflösung des Ordens. Die Gewinner sind König Philipp und die alten Konkurrenten der Templer vom Johanniterorden. Am 18. März soll dem einstigen Großmeister der Templer, Jacques de Molay, das Urteil verlesen werden. Es lautet auf lebenslängliche Haft. Da aber erhebt sich der gealterte Templer und widerruft alle seine Geständnisse. Damit gilt er automatisch als rückfälliger Ketzer und wird noch am selben Abend auf einer Seineinsel in Sichtweite der Kathedrale Notre Dame verbrannt…

[Aus: „Historische Persönlichkeit des Monats“ (Magister Rothers Mittelalter in Europa / Quelle: person2002.php4]

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[…] Auch im so zivilisiert geltenden Europa ist Folter keineswegs ein unbekanntes Phänomen. Hier hat das Anti-Folter-Komitee des Europarats ein wachsames Auge auf mögliche Folter-Orte. Dazu gehören Gefängnisse und Polizeistationen, psychiatrische Klinken und sogar Heime für behinderte Menschen und Altenheime.

[Bruchstück aus: „Folter: ‚Es ist nicht immer der böse Wille'“ / Quelle: Deutsche Welle (26.06.2005) / http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1626284,00.html]

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[…] Wer wundert sich noch über die Bilder von Misshandlungen in Basra? Wer hört noch hin bei den Nachrichten über eine Bombe in Bagdad? Im Irak werden Perversionen und Gewalt in solchem Übermaß produziert, dass der Überdruss inzwischen sogar die Verantwortlichen ergriffen hat.

[…] Die mit prallem Stolz mit der Kamera dokumentierten Misshandlungen mögen Auswüchse sein, für die einzelne Soldaten zur Verantwortung gezogen werden. Doch kein noch so transparentes Gerichtsverfahren und kein noch so hartes Urteil kann darüber hinwegtäuschen, dass diese Auswüchse letztlich systemimmanent sind.

[Aus: „Auf die Kriegslüge folgt die Demokratielüge“ von Peter Münch (SZ vom 21.1.2005) / Quelle: ausland/artikel/404/46358/]

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[…] Irakische Ermittler haben Dutzende von Häftlingen gefoltert. Die irakische Regierung bestätigte am Donnerstag Berichte über die Misshandlung von Gefangenen. Der stellvertretende Innenminister Hussein Kamal sagte in Bagdad, die schlimmsten Befürchtungen der Regierung seien wahr geworden.

[Aus: „Iraks Regierung bestätigt Folter an Häftlingen“ (17. Nov 2005 12:49) / Quelle: http://www.netzeitung.de/ausland/368293.html]

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[…] Zunächst ist klarzustellen, dass die Folter im Mittelalter nicht als Bestrafung galt, sondern als legitimes Mittel zur Erlangung eines Geständnisses.

Es ist immer sehr gewagt, gegenwärtig gültige moralische Vorstellungen auf andere Epochen übertragen zu wollen. Deshalb ist es auch eine heikle Sache, die Weltanschauung des mittelalterlichen Menschen als primitiv zu bezeichnen.

[Thema: „Strafen im Mittelalter“ Text-Bruchstück von L. Borgia (11.10.2005) / http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=3642&page=2]

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„Es ist sehr wichtig für die Menschen im Nahen Osten zu verstehen, dass unsere Soldaten im Ausland anständige und ehrenwerte Bürger sind, die sich um Freiheit und Frieden kümmern, die täglich im Irak dafür arbeiten, dass sich das Leben der Irakis verbessert.“ – George W. Bushs Kommentar nach Veröffentlichung der Folterfotos aus dem Irak, Mai 2004.

[Aus: „Folter“ / Quelle: http://www.graswurzel.net/290/folter.shtml]

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„Die Folter ist eine Systematisierung und Verfeinerung der Brutalität. Es existiert die erklärte Absicht, die Persönlichkeit des Subjektes zu brechen, zu zerstören und ihn politisch zu neutralisieren. Das Subjekt muß in einer systematischen Ungerechtigkeitssituation zu einem Wesen ohne Selbstvertrauen werden, unfähig zum geringsten Widerstand“ (Corvalan 1983, zit. n. Potts / Prasske 1993, S. 60f).

[Aus: „Frauen auf der Flucht“ / Quelle: http://www.zebra.or.at/doc/frauen-flucht/folter.htm]

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[…] Die meisten Menschen haben eine latente Bereitschaft zum Foltern. Diese Bereitschaft bricht sich leichter ihre Bahn, wenn die Folter durch „ethische“ Gründe (siehe Wolfgang Daschner) oder Sachzwänge („mir blieb ja keine Wahl“) gerechtfertigt oder gar „zwingend“ erscheint. Die Psychologie testete die latente Bereitschaft, anderen Menschen Grausames anzutun (indem man das eigene Gewissen dem Gehorsam unterordnet) mit dem Milgram-Experiment („Abraham-Test“).

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Tortur

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Thema: Telepolis-Artikelforum > „Dieser Geheimdienst foltert nicht“

[…] Was mich bei der ganzen Diskussion wundert, ist, dass die Kategorie „Terrorist“ auch bei den Leuten, die noch einigermaßen klar denken können in das allgemeine Neusprech eingegangen ist und kaum noch hinterfragt wird, was es damit auf sich hat.

Wenn ein Rechststaat „Teroristen“ jagt, dann hat er seine Rechtsstaatlichkeit bereits aufgegeben. Mit dem Begriff „Terrorist“ wird willkürlich eine Gruppe von Menschen definiert, die außerhalb jeglicher zivilisatorischer Norm behandelt (verschleppt, gefoltert, geschlachtet) werden kann. Sogar präventiv, auf Verdacht, ohne eine Kontrollinstanz.

Damit wird außerdem die Grundlage für den willkürlichen Zugriff ohne jede Kontrolle durch die Gesellschaft auf JEDEN geschaffen. So ein Staat ist seinerseits ein Terrorstaat. Die Dimension dessen, was da losgetreten wird scheint kaum jemanden aufzufallen.

Nochmal: in einem zivilen Rechtsstaat gibt es freie Bürger und, sofern einer andere schädigt, wird er als Krimineller behandelt und bekommt ein ordentliches Verfahren. Darüber hinaus gibt es nichts. Alles andere wäre Staatsterror.

[Autor: stoffer1 (331 Beiträge seit 24.1.05) / Quelle: http://www.heise.de/tp/foren…]

[Pier Paolo Pasolini… ]

[…] [„120 Tage von Sodom“] – Ist es wirklich verbietenswerte Exploitation, die sich darauf gefällt, das Verachtenswerte der menschlichen Animalie für viel Geld und Aufsehen auszuschlachten?

[…] Auf glitzernde Opulenz oder subtile Erotik verzichtet er ganz, sondern zeigt uns nur die Perversionen und Gewalttätigkeiten in einer Direktheit und Klarheit, dass sich durchaus der Magen des Zuschauers umdrehen mag.

Kontrastiert werden die schrecklichen Episoden, in denen die jugendlichen Opfer dazu gezwungen werden, sich inzestuös untereinander und innerhalb des eigenen Geschlechts zu paaren, und ihre eigenen Exkremente zu verspeisen, durch die hohe Kultiviertheit der „Bösen“. Hochtrabend zitieren sie Nietzsche und Baudelaire und hängen sich Picasso-Gemälde in ihrem Schloss auf. Ihr Verhalten bleibt untereinander immer gesittet und gebildet, wenden sie sich ihren zu Objekten degradierten Opfern zu, werden sie zu reißenden Bestien, nur darauf aus, ihnen Schaden hinzuzufügen und zu ejakulieren. Pasolini zeigt und sagt: Das Böse schlummert überall. Auch der intelligenteste, hochgestellteste Mensch hat jene dunkle Seite in sich.

Ja, Pasolinis Werk muss, auch wenn man das Gezeigte verabscheut, eine respektable Wahrheit zuschreiben. Er zeigt den Horror, das Unmenschliche im Schöngeistigen und zeigt auch, wie konsequent das Böse ist. Am Ende des Films stehen Folter- und Tötungsszenen, die zwar oft nur angedeutet werden, aber wieder durch die gleichgültige Freude der vier Männer zu einer fürchterlichen, absurden Intensität geschaukelt werden. Da wird skalpiert, verbrannt und zerschnitten. Und die Politiker tanzen, onanieren und scherzen dazu. Pasolini zeigt ein ehrliches Sittenbild; er erfindet die Perversion nicht, er bildet nur die Realität ab, zeigt uns, in welche Abgründe der menschliche Geist, unabhängig des Bildungsgrades, fallen kann.

[…] Pasolinis Werk ist auch eine Reflektion auf den Faschismus in seinem Land. Die Geschichte ist 1944 angesiedelt, kurz vor dem Ende Mussolinis, einer Zeit, in der sich das Volk dem diktatorischen Folterer untergeordnet hat, die Augen schließend und das Töten leugnend. Und so ist „Die 120 Tage von Sodom“ eine wichtige Parabel auf eine Politik, die ihr Volk vergewaltigt, ohne dass dieses rebelliert.

[Aus: „MITTERNACHTSKINO – 120 Tage von Sodom“ von Björn Last / Quelle: Sodom.htm]

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[…] Was spätestens aus heutiger Sicht eigentlich kaum der Erwähnung wert ist – ein Siebenundzwanzigjähriger wichst mit einem Sechzehnjährigen im Gebüsch, wird zum Skandal. Pasolini war damals bereits aufgrund seiner Tätigkeit als Schriftsteller, Pädagoge und Politiker eine „öffentliche Gestalt“ (Naldini); die Anzeige, der Skandal, der Prozeß und schließlich die Flucht aus dem heimatlichen Friaul in unbekannte Rom bilden einen biographischen Wendepunkt und bündeln einige Motive, die von da an mit Pasolini, ob er es will oder nicht, verbunden bleiben werden: persönliche Leidenschaft, politisches Engagement, öffentliche Erregung und nicht zuletzt: Homosexualiät.

[Aus: „Pier Paolo Pasolini… che vivo di passione“ von Stefan Broniowski (2000) / Quelle: http://www.kpoe.at/redout/Text/pasolini.html ]

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[…] Er kritisierte trotz seiner Religiösität die Kirche, als überzeugter Marxist den Marxismus und als Patriot forderte er in Zeitungsartikeln auf, der Regierung den Prozess zu machen. Fest steht, dass die Ermordung Pasolini die Möglichkeit nahm, seinen Pessimismus zu revidieren, den er in Salò verewigte.

[…] In diesem Pessimismus siedelt Pasolini den Sadismus zwar im Faschismus an, vor allem jedoch als „Symbol der Macht“, versteht die Herabsetzung der Sexualität und der Körper zur Ware jedoch als Analogie zur heutigen Gesellschaft.

[…] Die Zumutung dieses Films gründet nicht nur in den zugespitzten Gewaltszenen, sondern in der immanenten Gewalt des Systems, seines Regelwerks der Machtunterwerfung. Dieses funktionierende Konstrukt spiegelt der Film in seiner ästhetischen Umsetzung wider. Die strenge Bildkomposition durch kühle Farben, distanzierte Weitwinkelobjektive und abrupt geschnittene Montage, die jeden Ansatz von Mitleid mit den Opfern konsequent abbricht, die narrative Schlichtheit der mechanisch vollzogenen Riten, die den Film mit einer penetranten Langatmigkeit durchzieht, all das bereitet Angst vor der Aktualität dieses Films. Neben vielen von Pasolini geleisteten Interpretationen ist diese am offensichtlichsten: Jenes in ‚Salò‘ gezeigte Regelwerk und die Praxis der Machtausübung sind Grundbestandteil jeglicher Herrschaft. Gewalt wird (staatlich) sanktioniert, Regeln erlassen und genau wie bei de Sade lediglich ganz regelkonform in die Tat umgesetzt. Insofern ist auch unsere heutige Demokratie von einem latenten Ungleichgewicht im Mächteverhältnis geprägt, das die Gefahr eines Missbrauchs impliziert. Bemüht sich die Politik über die Gewaltenteilung noch um Ausgleich und Transparenz, tritt das Ungleichgewicht am deutlichsten in der (Global-) Ökonomie zutage, die sich nach klaren wirtschaftlichen Normen die Abhängigkeit vom Geld und vom Arbeitsplatz zu Nutze macht und dabei auch nur Regeln konform umsetzt.

Diese apokalyptische Sprengkraft hat sich in 28 Jahren nicht geändert, nur schreit deshalb heute keiner mehr auf. Denn gewalttätige Darstellungen bieten kaum mehr Anlass zur Empörung, sondern dienen als Schauermärchen vielmehr der individuellen Berauschung. Des Weiteren wird ‚Salò‘ geduldet, weil er sich als wahr erwiesen hat. Die breite Öffentlichkeit hat sich mit ihrer Opferrolle fraglos abgefunden, nur eine Minderheit nutzt die relativen Freiheiten, um ihren Protest kundzutun.

[Bruchstück aus: „Von der Wiederentdeckung eines Ungetüms (Die 120 Tage von Sodom)“ von Jörn Seidel (Leipzig Almanach Kulturtagebuch) / Quelle: pasolini_die_120_tage_von_sodom_joern_seidel.html]

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[…] „Salò“ bedeutete die Entkleidung menschlicher Beziehungen von allen Euphemismen: das Eintauchen in Höllenkreise exzessiver Sexualität, Gefühllosigkeit und Gewalt, mit Szenen, die im Kino bis dahin noch nicht zu sehen gewesen waren. Die Menschheit ist hier unterteilt in Herren und Knechte; das Ausschlachten der Körper, das Verzehren von Kot und Trinken von Blut, als Gipfel und zugleich tiefster Punkt der Konsumgesellschaft. „Salò“ rief mehr Ermittlungsbeamte auf den Plan als der Tod Pasolinis: Der italienische Staat verhängte zeitweise eine Totalzensur über den Film, gegen die zahlreiche Regiekollegen, darunter Bertolucci, Antonioni, Rosi und Visconti protestierten.

[…] Seine Ideale führten Pasolini zu den Kommunisten, deren ideologische Engstellen er zu Gunsten einer eher urchristlichen solidarischen Haltung aufzubrechen suchte. Er war ein dialektischer Träumer, ein blasphemischer Christ, ein emotionaler Analytiker, dem seine Hoffnungen auf eine bessere Welt freilich irgendwann nur noch als Utopie erschien: „…weil ich alt geworden bin, weil ich weise‘ geworden bin, weil ich die Dinge zu sehr akzeptiert habe.“ Dann drehte er „Salò“.

[Aus: „DAS FLIEGENDE AUGE – Der Käse des Gekreuzigten“ von RALF SCHENK (27.10.2005) – Quelle: berliner-zeitung/serie_kultur/495318.html]

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[…] Drei Wochen vor der Uraufführung von „Die 120 Tage von Sodom“ im November 1975 wurde Pasolini ermordet. In vielen Ländern wurde der Film damals zensiert, in einigen auch verboten, unter anderem in der Bundesrepublik.

[…] Als literarische Vorlage griff Pasolini das gleichnamige Fragment de Sades auf, dessen Handlung er in Mussolinis letzten Rumpfstaat, die Republik von Salò, verlegte. Eine Gruppe von Jungen und Mädchen werden von Faschisten in eine Villa verschleppt, wo sie den perversen Fantasien von vier „Herren“ ausgeliefert sind. An drei Tagen durchleiden die Opfer danteske „Höllenkreise der Leidenschaften, der Scheiße und des Blutes“. Nach sexueller Erniedrigung und der Tortur, ihre eigenen Exkremente zu verzehren, werden sie qualvoll zerstückelt. Doch bezieht der Film seine schockierende Wirkung nicht nur aus den Gewaltszenen, sondern vor allem auch aus der Strenge des formalen Aufbaus sowie der großbürgerlichen Kulturviertheit, auf der die Unterdrücker ihren Sadismus begründen.

[Aus: „Höllenkreise aus Blut und Scheiße – Wieder im Kino: Pasolinis ‚Die 120 Tage von Sodom'“ von Sebastian Preuss (08.05.2003)/ Quelle: 2003/0508/berlinberlin/0072/index.html]

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Der wegen Ermordung des italienischen Schriftstellers und Regisseurs Pier Paolo Pasolini verurteilte Pino Pelosi hat sein damaliges Geständnis widerrufen. Mehrere Unbekannte hätten den Mord begangen. Ob es neue Ermittlungen geben wird, steht nicht fest.

[Quell: http://shortnews.stern.de/shownews.cfm?id=572171]

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