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[Paternalismus (Herrschaftsordnung)... ]

Started by Textaris(txt*bot), February 19, 2019, 09:38:19 AM

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Textaris(txt*bot)

QuoteMit Paternalismus (von lat. pater = ,,Vater") wird eine Herrschaftsordnung beschrieben, die ihre Autorität und Herrschaftslegitimierung auf eine vormundschaftliche Beziehung zwischen herrschenden und beherrschten Personen begründet. Der familiäre Bereich wird dabei meist in der Betrachtung ausgeklammert. Als paternalistisch wird umgangssprachlich auch eine Handlung bezeichnet, die gegen den Willen, aber auf das vermeintliche Wohl eines anderen ausgerichtet ist. ... Der Ausdruck ,,Paternalismus" bezeichnet auch eine Idee Robert Owens zur Lösung der sozialen Frage in Deutschland im 19. Jahrhundert. Es bezeichnet die private betriebliche Sozialpolitik der Großunternehmer (wie Krupp, Stumm u. a.). Diese Leistungen boten den Arbeitern Betriebskrankenkassen, betriebliche Altersversorgung, Unterstützung in Notlagen, Werkswohnungen sowie Werkskantinen. Ziel dessen war es, den jeweiligen Betrieb als Kombination aus Herrschafts- und Produktionsbereich sowie einer Lebensgemeinschaft auszubauen. ...


Aus: "Paternalismus" (15. Januar 2019)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Paternalismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Herrschaftsform


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die italienische Regierung führt 2019 ein Minimaleinkommen ein. Der Haken dabei: Wer sein Geld unethisch ausgibt, dem wird es wieder entzogen. Und wie sich denken lässt, entscheidet Vater Staat, was seinen Kindern frommt.

... Die neue Regierung, in der auch Vertreter der rechtskonservativen Lega sitzen, hat das Mindesteinkommen unter einer klaren Prämisse lanciert: dass damit keine «unmoralischen Ausgaben» getätigt werden. Die Begünstigten erhalten eine Art Kreditkarte bzw. eine App – beide Systeme zeichnen haargenau nach, wofür der Batzen ausgegeben wird. Wenn sich herausstellen sollte, dass jemand sein Geld für anrüchige Produkte oder Dienstleistungen verwendet – nun, dann wird dieser jemand zur Rechenschaft gezogen: Er oder sie verliert den Anspruch auf das Bürgergeld.

Was hat denn als unmoralisch zu gelten? Natürlich Zigaretten, Glücksspiel, TV-Gebühren, Videospiele. Auch Alkohol könnte dazu gehören, Pornografie, Prostitution und überhaupt jeder Online-Kauf, von dem ja zumeist auch ausländische Firmen profitieren. Wie sich denken lässt, dürften die Italiener Wege finden, die Spuren ihrer Geldflüsse zu verwischen – in solchen Dingen sind wir schliesslich Spitzenklasse. Das gewichtigere Problem ist damit aber noch nicht gelöst, und eine Frage bleibt offen: Welche moralische Rolle soll der Staat im Leben und bei den persönlichen Entscheidungen seiner Bürger spielen?

... Die Regierung tut so, als würde das Geld ihr gehören und nicht den Bürgern, die die Steuern mit ihrem sauer verdienten Geld berappen. Zudem setzt sich der Staat als jene Instanz in Szene, die besser als die Bürger weiss, was ihnen frommt – die Infantilisierung der Gesellschaft, die Silvio Berlusconi einst einleitete, nimmt in Italien die nächste Stufe. Führt sich das Kindlein schlecht auf – nun ja, dann stutzen wir ihm eben die Zuwendungen! So lernt es etwas.

Diese Haltung, die der Staat gegenüber Untertanen einnimmt, hat einen Namen: Paternalismus. Sie beruht auf der Annahme, der Mensch sei ein schwaches, verletzliches Wesen mit beschränkter Rationalität, das der Unbill der Welt schutzlos ausgeliefert sei. Dieses Wesen bedarf eines Begleiters, der ihm zeigt, wo es langgeht und wie zwischen Gut und Böse zu unterscheiden ist.

... Der Paternalismus gehörte zur Herrschaftsform des Ancien Régime. Georg Wilhelm Friedrich Hegel brachte diese Auffassung auf den Punkt, als er schrieb: «Der Staat fasst die Gesellschaft nicht nur unter rechtlichen Verhältnissen, sondern vermittelt als ein wahrhaft höheres moralisches Gemeinwesen die Einigkeit in Sitten, Bildung und allgemeiner Denk- und Handlungsweise.» Was schon im 19. Jahrhundert veraltet war, versucht also die neue, mutmasslich reformerische Regierung in Italien im 21. Jahrhundert wiederzubeleben.

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Aus: "Italien ist die neue Avantgarde des Paternalismus: wie die neue Regierung eine liberale Idee in ihr Gegenteil verkehrt"
Damiano Cantone (24.11.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/lieber-papa-hast-du-mir-geld-fuer-zigaretten-ld.1438693


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Trotz eines Gerichtsurteils zur Abgabepflicht tödlich wirkender Medikamente an Schwerstkranke hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) entsprechende Maßnahmen des zuständigen Bundesamts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn unterbunden. Wie die Behörde dem Tagesspiegel mitteilte, seien 93 von insgesamt 123 vorliegenden Anträgen abgelehnt worden. Einen positiven Bescheid habe es in keinem einzigen Fall gegeben. 22 suizidwillige Antragsteller seien in der Wartezeit verstorben.

,,Mit seiner rechtswidrigen Hinhaltetaktik hat das Bundesgesundheitsministerium Schwerkranke nun kleingekriegt", kritisiert die FDP-Gesundheitspolitikerin Katrin Helling-Plahr. An diesem Mittwoch berät der Bundestag über einen Antrag der FDP-Fraktion, die Rechtslage klarzustellen und für unheilbar Erkrankte eine Möglichkeit zu schaffen, an Sterbemedikamente zu kommen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im März 2017 letztinstanzlich entschieden, dass Schwerkranke in einer unerträglichen Leidenssituation vom BfArM ausnahmsweise eine Erlaubnis zum Erwerb tödlich wirkender Betäubungsmittel erhalten können. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weigert sich jedoch, das Urteil umzusetzen, da es den Staat zur Suizidassistenz verpflichte.

Zwar erklärt das BfArM offiziell, es bescheide die Anträge ,,stets nach sorgfältiger Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der individuellen Umstände." Doch aus internen Unterlagen des Bundesgesundheitsministeriums, die nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an den Tagesspiegel herausgegeben werden mussten, geht hervor, dass Spahn frühzeitig selbst eine Sperre verfügt hat – ohne, dass es auf nähere Prüfungen ankommen soll.

So heißt es in einem Vermerk aus dem Juni vergangenen Jahres: ,,Gemäß der Vorgabe von Herrn Minister" sollten die beim BfArM anhängigen Anträge auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis für Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung ,,im Ergebnis versagt werden." Dazu fertigten die Beamten einen Brief für Staatssekretär Lutz Stroppe an das BfArM, in dem dieser das Anliegen zwar lediglich als Bitte formulieren sollte. Intern ließen die Beamten jedoch keinen Zweifel an der Verbindlichkeit der Ansage: Der Brief sei als ,,Erlass gegenüber dem BfArM zu werten" und dies sei auch ,,so gemein und gewollt", heißt es. Die ,,Bitte" an das BfArM komme ,,im Ergebnis der Wirkung eines Nichtanwendungserlasses gleich". Solche Erlasse von Ministerien an nachgeordnete Behörden, rechtskräftige Urteile zu übergehen, sind rechtspolitisch hoch umstritten und bisher nur aus dem Steuerrecht bekannt.

Die FDP-Politikerin Helling-Plahr ist daher überzeugt, dass auch die übrigen Antragsteller keine Chance haben. Und Betroffene klagen müssen, wenn sie sich gegen die Ablehnung wehren wollen: ,,Jedem einzelnen der abgelehnten Antragsteller bürdet Jens Spahn mit seinem Dekret den langwierigen Rechtsweg auf". Nach Tagesspiegel-Informationen sind bislang sieben entsprechende Fälle anhängig, überwiegend beim Verwaltungsgericht Köln. Auch das Bundesverwaltungsgericht wird am 6. Juni 2019 erneut über einen Sterbehilfe-Fall entscheiden.

Andere Handlungsalternativen waren von Spahn zuvor abgelehnt worden. So hatte die zuständige Abteilung im BMG zunächst als ,,Variante 1" vorgeschlagen: ,,Weiter nicht entscheiden über vorliegende Anträge, weiter hinauszögern". Diese passive Haltung sei jedoch ,,politisch immer schwerer durchzusetzen. ,,Juristisch ist sie das ohnehin nicht". Die Medien zeichneten zudem das Bild einer untätigen Bundesregierung, die Menschen einfach sterben ließe. ,,BMG wirkt in dieser Darstellung zynisch". Als ,,Variante 2" wurde eine ,,BMG-Anweisung" vorgeschlagen, das Urteil zu übergehen, auch wenn das ,,unter rechtsstaatlichen Aspekten nicht unheikel" sei. ,,Variante 3", ein verfassungsgerichtliches so genanntes Normbestätigungsverfahren, wurde als ,,politisch kaum umsetzbar" deklariert. ,,Variante 5", dem Urteil des Bundesgerichts ,,Folge leisten wie es die Regel bei obersten Bundesbehörden ist", wurde ebenfalls verworfen: Es würde ,,die Tür zur staatlichen Mitwirkung am assistierten Suizid geöffnet".

,,Variante 4", das Vorhaben, gemeinsam mit der SPD ein Verbot festzuschreiben, tödliche Betäubungsmittel auszugeben (,,Das wäre der Königsweg"), scheiterte am Parlament. Zwar hatte Spahn ausweislich der Akten dem BfArM noch im April 2018 mitgeteilt, mit SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles und dem damaligen CDU-Fraktionschef Volker Kauder sei bereits ,,vereinbart, eine Klarstellung im Betäubungsmittelgesetz zu erreichen (also Verbot der Abgabe von Betäubungsmitteln)". Doch die SPD-Abgeordneten wollten dabei nicht mitmachen. Am 16. Juni klebte Spahn einen gelben Post-it-Zettel in die Akten: ,,Da SPD nicht Änderung/Klarstellung will, bleibt aus meiner Sicht nur Option 2. Bitte vorbereiten".

Ende Juni ging das Stroppe-Schreiben an das BfArM, danach wurde mit der Ablehnung der Anträge begonnen. Mittlerweile werden auch nur noch ein bis drei neue Anträge pro Monat gestellt. Betroffenen ist klar, dass sie ohnehin abgewiesen werden. Im BMG war den Beteiligten klar, dass dieses Vorgehen eine ,,politische und öffentliche Angriffsfläche" bietet. Zudem wurde auf das Risiko hingewiesen, dass wegen der ,,Außenwirkung" des Briefs Klagen künftig direkt an das BMG gerichtet werden könnten.

Um seine umstrittene Haltung in der öffentlichen Diskussion abzusichern, hatte das Ministerium bei dem früheren Bundesverfassungsrichter und erklärtem Sterbehilfe-Gegner Udo Di Fabio frühzeitig ein Rechtsgutachten bestellt, in dem dieser die Ansicht vertrat, die Entscheidung der Leipziger Richter von 2017 sei verfassungsrechtlich unhaltbar. Dieses Gutachten diente offenkundig weniger der fachlichen Beratung des Ministeriums als der Außenwirkung. In einem BMG-Vermerk heißt es zum Gutachtenauftrag: ,,Ziel sollte sein, für die öffentliche und politische Kommunikation anhand eines solchen Gutachtens klarstellen zu können, dass das Bundesverwaltungsgericht hier eine alles andere als eindeutige oder vollzugsfähige und im Ergebnis fehlgehende Entscheidung getroffen hat."

Das BfArM hat dennoch dafür 95.200 Euro an den Gutachter überwiesen, wie es dem Tagesspiegel jetzt bestätigt hat. ,,Der Gesundheitsminister stützt sich auf ein Gutachten, dessen Ergebnis schon vor Erstellung feststand und für das er Steuergelder verschwendet hat", sagt die FDP-Politikerin Helling-Plahr dazu. ,,Die Betroffenen brauchen aber schnelle Rechtssicherheit, um selbstbestimmt sterben zu können."


Aus: "Jens Spahn verhindert Sterbehilfe" Jost Müller-Neuhof (19.02.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/gesundheitsminister-ignoriert-urteil-jens-spahn-verhindert-sterbehilfe/24010180.html

Quotekucki61 09:40 Uhr
Wozu und woher die Aufregung. Es ist doch alles so wie wir es wollen und wählen. Die Grünen bestimmen wie wir leben sollen. Die Sozis und Linken bestimmen wen wir alles alimentieren sollen und die CDU bestimmt wie wir krepieren sollen.


QuotePat7 09:20 Uhr

Das zeigt exemplarisch wie die Regierung mit Urteilen umgeht, die ihr nicht in den Kram passen.
Die Sterbehilfe ist da garantiert kein Einzelfall.


Quotekurzundknapp 09:38 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Pat7 09:20 Uhr

stimmt, die von gerichten angeordneten fahrverbote werden auch umgangen.


QuoteSteglitzer1 09:18 Uhr

Schwerstkranke sind für Ärzte und die Pharmaindustrie eine Gelddruckmaschine. Wer hat also ein Interesse an Sterbehilfe?


Quotekurzundknapp 08:34 Uhr

es darf nicht sein, dass politiker über das leben oder das "sterben wollen" entscheiden dürfen und schon gar nicht über die masse, der menschen die keiner religion angehören. ...


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Für [Sarah Buddeberg] bedeuten die Paragraphen 218 und 219 des StGB eine ,,Demütigung für alle Frauen" und sind Zeichen einer ,,zutiefst paternalistischen Haltung". Sie fordert daher ihre endgültige Abschaffung. Das eigentliche Problem sieht sie in der Gesellschaft, die Schwangerschaftsabbrüche kriminalisiere und in der alleinerziehend zu sein eines der größten Armutsrisiken darstelle. Eine Statistik der Gesundheitsberichterstattung des Bundes bestätigt, dass in den vergangenen zehn Jahren die meisten Schwangerschaftsabbrüche bei ledigen Frauen durchgeführt wurden. Buddeberg hält zudem eine Beratung vor dem Eingriff für notwendig, sie sollte jedoch auf freiwilliger Basis und neutral ablaufen. Denn nur so sei das Selbstbestimmungsrecht von Frauen gewährleistet.

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Aus: "Abtreibungsgesetz paternalistisch?" Denise Dörries (27.07.2017)
Quelle: https://mephisto976.de/news/abtreibungsgesetz-paternalistisch-61666

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Quote[...] Gesundheitsminister Jens Spahn kündigt an, man werde ,,genau definieren", wie Ärzte informieren dürfen. Das spiegelt das altbekannte Misstrauen wider – gegenüber Ärzten, die angeblich gewissen- und skrupellos Abbrüche als vermeintlich normale Dienstleistung anpreisen. Und gegenüber Frauen, die man vor dieser manipulativen Werbung unbedingt schützen muss, weil sie sonst leichtfertig abtreiben. Wie realitätsfremd kann man eigentlich sein?

Der moralische Fundamentalismus und der Paternalismus, die die Debatte und das juristische Regelwerk bis heute prägen, müssen ein Ende haben. Der Weg dahin führt über die Abschaffung des Werbeverbots. Dafür gibt es im Bundestag eine erfreulich klare Mehrheit. Höchst unerfreulich ist dagegen das Schauspiel der SPD, die sich wieder einmal zugunsten des Machterhalts in der großen Koalition verbiegt.

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Aus: "Paragraf 219a - Politik des Misstrauens" Karin Dalka (14.12.2018)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/politik-misstrauens-10945660.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...]  ... fünf Frauen stellen im Film dar, wie sie das Casting erlebt haben. Dann, in der Mitte des Films, positionieren sie sich frontal vor der Kamera. Sie sagen und führen vor, wie sie bedrängt wurden, wie sie angefasst wurden und wo. Sie erzählen, was ihnen in diesen Momenten durch den Kopf ging, sie aber nicht aussprechen konnten. Daneben gibt es eine Interviewebene, in der Alison Kuhn vorsichtig Fragen zu dem Casting stellt. Es geht auch um die Lebensumstände der fünf Frauen, um ihre Erwartungen von dem Beruf als Schauspielerinnen. Aber auch um konkrete Situationen beim Casting.

Seit der #MeToo-Bewegung gibt es schleichend ein neues Verständnis gegen paternalistisches Regieverhalten. In den vergangenen Jahren vermehrten sich auch am Theater die Vorwürfe gegen übergriffige und ihre Macht missbrauchende Vorgesetzte, zum Beispiel gegen die Gorki-Intendantin Shermin Langhoff oder dem inzwischen zurückgetretenen Intendanten der Berliner Volksbühne, Klaus Dörr. Die Film- und Fernsehbranche hat inzwischen reagiert: An vielen Sets gibt es inzwischen Beauftragte, die aufpassen, dass sich die Darstellerinnen und Darsteller mit Szenen wohlfühlen, bei denen es zum Beispiel um Sex oder Gewalt geht.

Ihr sei es nicht um Anschuldigungen gegangen, sagt Kuhn. "Dieser Film soll ein Fallbeispiel für ein strukturelles Machtproblem sein." Ihr sei es auch egal, ob der Regisseur je The Case You sehe. "Ich wollte den Frauen die Möglichkeit geben, ihre Geschichte zu erzählen. Stellvertretend für alle Menschen, denen Machtmissbrauch widerfahren ist."

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Aus: "Vorgeführt" Niko Kappel (10. März 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/film/2022-03/the-case-you-dokumentarfilm-rezension/komplettansicht

QuoteTante Prusseliese #4

"Eine Herausforderung, die Schauspieler entweder als Test der eigenen Stärke annehmen oder als nicht zu tragende Bürde ablehnen. Nackt, geohrfeigt, eingesperrt und von der Kamera bedrängt, werden die Vorsprechenden hier an ihre Grenzen gebracht."

Das ist so krank.
Es erinnert an missbräuchliche, demütigende Aufnahmerituale.
Die meist prekäre Situation der Schauspieler, (gerade auch von Schauspielerinnen, denn es gibt immer noch tendenziell mehr Männer- als Frauenrollen) wird schamlos ausgenutzt nach dem Motto: Zeig mir, wie weit du bereit bist, dich für diesen Job erniedrigen zu lassen und sobald du Grenzen setzt, bis du halt nicht geeignet.
Und mit solchen Floskeln wie "Test der eigenen Stärke" und "nicht zu tragende Bürde" wird ihnen noch die Verantwortung untergeschoben.
Das hat nichts mit Kunst zu tun, das ist Machtmissbrauch durch zutiefst gestörte, skrupellose Egomanen.


QuoteRagas #6

"All dies sei passiert, ohne dass es vorher abgesprochen worden sei."

Das ist der zentrale Satz. Theaterarbeit geht mitunter an und über Grenzen. Insbesondere bei den älteren Generationen der TheatermacherInnen herrscht die Meinung vor, dass extreme Gefühle und Situationen nur mit adäquaten Mitteln generierbar sind. Das dies die einzige Methode ist, ist grober Unfug. Dass diese Methode zu ihrem Ziel führen kann, kann man allerdings nicht von der Hand weisen. Daraus aber abzuleiten, dass KollegInnen auch gegen ihren Willen in extreme Situationen gebracht werden dürfen ist ein Trugschluss und kriminell.


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