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[Subkultur (Notizen) ... ]

Started by Textaris(txt*bot), October 04, 2016, 09:28:15 AM

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Textaris(txt*bot)

Subkultur ist eine soziologische Bezeichnung für die mehr oder weniger abweichende Kultur der Teilgruppe einer Gesellschaft. Der Grad der Abweichung reicht von bloßen Modifikationen bis zu ausdrücklichen Gegenpositionen. Ursprünglich wurde der Begriff Subkultur im Rahmen der Kriminalsoziologie verwendet. Inzwischen wird er allgemeiner für die Bezeichnung unterschiedlicher Lebensstile gebraucht. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Subkultur (10/2016)

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Quote[...] Vor den Fünfzigerjahren gab es in Großbritannien Teenager als eigenständige Konsumentengruppe nicht, sie wurden entweder als Kinder oder Erwachsene eingestuft. Sie hörten die gleiche Musik, sahen die gleichen Programme, kauften die gleiche Kleidung wie die Elterngeneration. Aber nach dem 2.Weltkrieg kam es im Zuge einer allgemeinen Prosperität zu einer Auflösung der Arbeiterklasse, wie sie vor dem Krieg existiert hatte. Seit den frühen Fünfzigerjahren bekamen Schulabgänger bessere Löhne bezahlt. Da die meisten noch zu Hause wohnten und einiges Geld übrig hatten wurden sie zu einem idealen Objekt des Marktgeschehens.

Und nachdem England die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft und die Ratenzahlung eingeführt hatte, konnte ein eigener Markt für Teenager entstehen. Die Teds (oder Teddie-Boys) entdeckten nicht nur mit dem Rockn' Roll neuen Grund. Sie führten den Teenager als eine relevante Konsumentengruppe ein und kreierten dabei eine Mode, die in ihren Ursprüngen aus der Arbeiterklasse (edwardianische Jackets, Röhrenhosen und Schmiere in den Haaren) kam. Außerdem machten sie es erstmals männlichen Teenagern aus der Arbeiterklasse möglich, sich nur um des Vergnügens willen herauszuputzen.

Die zweite Erscheinung solcher Art von Jugendkultur waren seit den späten 50ern in England die Mods. Dies war ebenfalls eine Subkultur aus der Arbeiterklasse, jedoch mit bürgerlichen Einflüssen, welche dandyhaft übersteigert wurden. Die Mods (oder Modernists, weil sie Modern Jazz hörten) stellten bis in die Mittsechzigerjahre in England die maßgebliche Jugendkultur dar und sind hierzulande in ihrer eher unsubtilen Variante aus dem Film ,,Quadrophenia" bekannt. Anders als die Teds hoben sie sich von dem gewöhnlichen ästhetischen Bewusstsein nicht auf provozierende Weise ab, sondern hoben sich stattdessen sorgfältig heraus.Wichtiger als aufzufallen waren kleine Details, die nur der Eingeweihte als solche erkennen konnte. Laut Pete Townshend, dem Songschreiber der Klischee- Mod-Band-Nr. 1, The Who, waren die ersten Modernists junge jüdische Stricher, welche ihr Geld zwischen ihren Diensten für maßgeschneiderte Kleidung ausgaben, weswegen vielleicht die Geschlechterrollen der Mods stets schon loser waren als in anderen Subkulturen bzw. im Grunde genommen tatsächlich das Gegenteil herkömmlicher Geschlechterrollen darstellen.

... Als gegenläufige Komplementärerscheinung gab es die Rocker, die in Mode, Musik und (Macho-)Gebaren die Traditionslinie der Teddy-Boys fortführten und in der Öffentlichkeit deutlicher als ,,Gegenkultur" wahrnehmbar waren. Ab 1966 spaltete sich die Mod- Bewegung in die eher der Gewalt zugeneigten ,,Hardmods", welche den proletarischen und männlichen Stil betonten, und die in Sachen Drogen besonders experimentierfreudigen ,,Psychedelics" aus welchen die englische Variante der Hippies erwuchs. Die Skinheadbewegung (die nicht per se rassistisch ist) entstand 1969 als Mischung aus den Hardmods und dem dunkelhäutigen Mod-Ableger, den ,,Rude Boys", die Kinder von Auswanderern hauptsächlich aus Jamaika waren. Besonders androgyn war hingegen das Auftreten der Jünger des Glam-Rock, welche die Musik von David Bowie und T. Rex hörten und durch aufsehenerregende Kostüme, üppiges Make-up und die besonders akzentuierten Überschreitung von traditionellem Verhalten auffielen.

... Diese kurze historische Ausführung, welche die Entwicklung jugendlicher Subkulturen in England bis zum Jahre 1970 skizziert, sollte genügen, um zu zeigen, wie paradox und vielschichtig jugendliche Subkulturen im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung sind.

... Seit ihrem Auftauchen sind die klassischen jugendlichen Subkulturen im Guten wie im Schlechten stets Vorboten sozialer und gesellschaftlicher Umbrüche gewesen. Und dies nicht nur, weil die Zeit der Jugend seit dem Rock'n Roll und den Krawallen in den 50er Jahren nicht mehr wie vormals als eine Art Einübung in das Erwachsenenleben verstanden wird, das elementar mit dem Erlernen eines Berufes, von Sitten und Gebräuchen und gesellschaftlichen Konventionen sowie dem Erwerb von Respekt und Anerkennung von Seiten der Eltern und der Institutionen zusammenhängt, sondern genau das Gegenteil davon – den Bruch mit der Erwachsenenwelt darstellt. Jugendliche Subkulturen können Gradmesser für bevorstehende oder statthabende Veränderungen der Gesellschaft sein, die sich (noch) im Kleinen präsentieren. Dabei ist das ,,Kleine" durchaus wörtlich zu nehmen, denn gefochten wird im subkulturellen Mikrokosmos entgegen dem Klischee in der Öffentlichkeit, welche Jugendkulturen z. B. aufgrund außerordentlicher Haartracht wahrnimmt, wesentlich um Details, die den Außenstehenden verschlossen bleiben. Dinge des Alltagslebens werden neuartig interpretiert und kombiniert, in Musik, Mode und Gebaren neu umgesetzt, es geht um Veränderungen im juvenilen Habitus, und die Gefechtslinie dieser Auseinandersetzungen sind Alltag, Konsum und Freizeit, welche die Subkulturen als wesentliche Wirkungsfelder ihrer genuinen Form von Subversion entdeck haben: ,,Das Paradoxe an der Freizeitfunktion des Rockn' Roll, die Wirkung seiner umfassenden Intensivierung des Gefühls, bestand darin, dass sich ein neuartiges Freiheitsgefühl entwickelte, das gleichzeitig Ausdruck von Entwurzelung und Entfremdung war. (...). Dieses Paradox der Freizeit als einem Freiheitsgefühl von solcher Stärke, dass damit auch ein Gefühl von Einsamkeit verbunden ist, hat seine Wurzeln in der Arbeitserfahrung der Arbeiterklasse – in der Entfremdung. Der Bereich der Freizeit ist zur einzigen Sphäre geworden, in der Selbsterfahrung möglich ist, in der man seine eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten ausprobieren und kreative Beziehungen zu seinen Mitmenschen entwickel kann." ...

... Die gesellschaftliche Pointe an der Subkultur ist, dass diese eine Rebellion gegen die Warenform innerhalb der Warenform darstellt (es ist z.B. eine der größten Illusionen von hippiesken Subkulturen, ,,unabhängigen" Plattenfirmen und sogenannten ,,Independent-Bands", dass der Warencharakter im Landkommunen- Selbststrick-Verfahren aufzuheben sei, genauso wenig wie es bei der Beurteilung eines Musikstücks von Bedeutung ist, über die gute oder schlechte Absicht des ,,unabhängigen" Künstlers oder Plattenmoguls zu befinden, sondern schlicht und einfach darauf, welche Güte im Musikstück selber auszumachen ist). Seine Protagonisten benutzen also die Warenform bewusst oder unbewusst, um Bereiche relativer Selbstbestimmung freizukämpfen oder gegen dieselbe zu protestieren. Das Prinzip Mode von unten gewinnt demokratische Bedeutung für die Ausbildung von Individualität, steckt aber als Mode in Form von oben gelenkten Konsums zugleich zumindest ästhetisch den Rahmen ab, in welchem sich diese Individualität zu bewegen hat.

... Der Emanzpationsgehalt und das Widerstandspotential von Populärkultur und Mode stellen somit keine Konstanten dar. Man muss z. B. nur sein Augenmerk auf den ,,Männlichkeitswahn als integralen Bestandteil der Rockkultur" (Gerald Hündgen) richten, um zu begreifen, dass Popkultur niemals von vornherein progressiv war. Da es beim Pop um die Besetzung von allgemeinen Werten und Zeichen durch Mehrheiten geht, die selbst aber als Minderheiten behandelt werden (oder umgekehrt), kann Pop sowohl emanzipatorisch als auch reaktionär sein, je nachdem, was von wem auf welche Weise gehandhabt wird. Scheinbar identische Pop-Phänomene können mit der Zeit ihre Bedeutung verkehren und einstmals emanzipatorische Phänomene der Popkultur können als Merkmale gesellschaftlicher Reaktion wiederkehren. Man denke an die Wiederkehr der Teddy-Boys in den späten Siebzigern, der Punks in den Achtzigern und der Mods in den Neunzigern in Form von über Dreißigjährigen, die als die lebenden Toten eines überlebten Jugendlichkeitskults, die nicht mehr das lebendige Prinzip feiern, sondern nur noch die abgelebte Hülle nachahmen konnten. Gleichfalls muss ,,jedoch wiederum nicht alles, nur weil es eine Renaissance erlebt, notwendigerweise zur Farce verkümmerter Geschichte" (Martin Lickleder) werden.

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Aus: "Zur Genese jugendlicher Subkulturen" Reinhard Jellen (04/2006)
Quelle: http://www.trend.infopartisan.net/trd0406/t320406.html



Textaris(txt*bot)

#1
Quote[...] Crass war eine von 1977 bis 1984 aktive Anarcho-Punk-Band aus England. Crass verstand sein Engagement vor allem als direkt politisch - Musik und die Subkultur waren demnach nur Mittel zum Zweck. Außerdem äußerten sie Kritik an ihrer Meinung nach kommerziellen Bands wie den Sex Pistols, The Clash und Patti Smith.

... Crass verweigerten sich trotz diverser Angebote konsequent der Musikindustrie. Wurden die ersten Platten noch bei kleinen Labels veröffentlicht, hatte die Band nach den ersten Erfolgen genug Geld, um die LPs und Singles selbst zu produzieren. ... Das Verhältnis zu den Massenmedien war schwierig. Der Anarchismus, den die Band propagierte, zog viel Kritik auf sich. Nachdem Crass als Kulturphänomen zu groß geworden war, um es ignorieren zu können, fanden sich fast nur negative Berichte in den britischen Medien. Ebenso hatte die Band verschiedentlich Probleme sowohl mit der regulären Polizei als auch mit Scotland Yard. Im Rundfunk nahmen sie zwar an einer Peel Session teil, landeten aber wenig später auf einer schwarzen Liste des Senders und erschienen nicht mehr.

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Aus: "Crass" (1977 bis 1984)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Crass (8. Oktober 2016)

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Quote[...] Diese ,,Untersysteme"  führen innerhalb des Systems der Gesamtkultur ein relevantes Eigenleben und verleihen dem Einzelnen ein hohes Maß an Identifikationsmöglichkeiten. Innerhalb der Subkulturen werden spezielle Lebensprobleme und Daseinsbedingungen besser berücksichtigt und durch die verstärkte Solidarität der Eigengruppe aufgefangen. Diese Solidarität verstärkt allerdings auch die Gefahr von Konflikten zu anderen Gruppen bzw. Subkulturen. ... Jede Subkultur hat eigene Interessen bzw. Normen, mit denen sie sich von anderen Subkulturen oder der Gesamtkultur abgrenzen: Verhaltensunterschiede, Musik, Solidarität, Antikonventionalismus, Abweichenden Stil, Kleidung, Haare, Sprache, Sexuelle Freiheit, Kreativität, Aktion, Drogenkonsum, usw. Diese Normen können nicht jeder Subkultur zugesprochen werden, manchmal vertritt eine Gruppierung das genaue Gegenteil.  ...


Aus: "Definition Subkultur" (HAWK- Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim Holzminden Göttingen, 20??)
Quelle: http://elearn.hawk-hhg.de/projekte/medienidentitaet/pages/diskurs/jugendkulturen-und-medien/definition-sub--jugendkultur/subkultur.php

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Quote[...] Fichte wird nicht abstürzen, im Gegenteil: Der Abend im Star-Club, der sich nun zum 50. Mal jährt, wird ein "großer Moment der Popkultur". So schreiben es die Kuratoren vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin, die eine Jubiläumsfeier für den Hamburger Autor ausrichten. Am Sonntag wollen sie im Golem, dem Club am Fischmarkt, an Fichte erinnern: Zuerst in einer Diskussion mit Zeitzeugen, dann mit einer Lesung, die den Star-Club-Abend nachstellt. Als "Reenactment" bezeichnen die Veranstalter das – also genau so, wie sonst die Nachstellungen historischer Schlachten und anderer epochaler Ereignisse genannt werden.  ... Was in der Palette abging, würde man heute "Underground" oder "Subkultur" nennen – damals galt das Kellerlokal als Spelunke für "Gammler". ...

Aus: "Spuck's aus, Dichter!" Christoph Twickel (2. Oktober 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/2016/41/hubert-fichte-schriftsteller-hamburg-erfolg

https://de.wikipedia.org/wiki/Hubert_Fichte


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Geschichte zeigt, dass nach einer gewissen Zeit jede Subkultur vom Mainstream vereinnahmt wird. Die Hippiegeneration ist heute die Generation der 60- bis 70- Jährigen, Punker sieht man in großen Städten überall auf der Straße und Graffitis der Hiphop- Szene gehören heute zu jedem Stadtbild dazu. Alle Moden und Stile sind heute im Mainstream etabliert, für jeden Stil gibt es Bekleidungsgeschäfte und Internetshops, kein Kleidungsstil, keine Mode schockiert noch wirklich.

Auch die politischen Einstellungen sind inzwischen durch eine große Vielzahl an kleinen Parteien im System angekommen und in der Regierung vertreten. Es gibt scheinbar nichts mehr, was es nicht schon gab, keine Kombinationen von Stilen und Geschmäckern, die nicht schon einmal vorgekommen sind und bereits im Mainstream etabliert waren. Es gibt keine Möglichkeit mehr etwas Neues zu schaffen, zu provozieren, sich aufzulehnen. Alle alten Subkulturen sind schon lange vom Main vereinnahmt worden.

... Man könnte also auch sagen, dass sich heute die Menschen untereinander so unterscheiden, so individualisiert und individuell sind, dass jede einzelne Person quasi eine eigene Subkultur darstellt. Jede Person hat einen eigenen individuellen Stil, eine individuelle Lebensvorstellung, einen individuellen Geschmack, lebt seine eigene Sexualität und hat individuelle Lebenserfahrungen. Jede Person hat sich im Sinne einer Bastelbiografie das Beste aus den einzelnen Subkulturen und der Massenkultur zusammengebastelt, denn diese sind ja nicht verschwunden, sondern immer noch im Mainstream vorhanden. Jeder Teilbereich dieser Subkulturen, sei es Musik oder Mode, ist ja zudem heute leicht und überall erhältlich.

... Die heutige Gesellschaft ist individualisierter als je zuvor und ohne sich dessen bewusst zu sein gibt es heute mehr Subkulturen als jemals sonst in der Geschichte.

Führt man diese Gedanken weiter, so muss man sich fragen, ob man dann heute überhaupt noch von einer Massenkultur sprechen kann. Sind dann nicht alle Gesellschaftsmitglieder viel zu individuell, um als Masse zusammengefasst werden zu können?
Oder ist es nicht sogar so, dass sich die Massenkultur im ursprünglichen Sinne aufgelöst hat und die neue, eben durch die Masse definierte, Massenkultur heute aus vielen kleinen Subkulturen zusammengesetzt ist? Man kann eigentlich nur noch von Produkten der Massenmedien sprechen, die jeweils von einer bestimmten Masse rezipiert werden, aber eben nicht mehr von einer Massenkultur.

Die eigentliche Frage könnte also lauten ,,Was ist eigentlich mit der Massenkultur passiert?" und auf die Frage ,,Gibt es heute überhaupt noch Subkulturen?" kann man also antworten: ,,Ja, so viele wie nie zuvor!"


Aus: "Wo sind eigentlich die Subkulturen geblieben?" Jo (Veröffentlicht am 29. Juli 2015)
Quelle: http://panoktikum.de/wo-sind-eigentlich-die-subkulturen-geblieben/

Textaris(txt*bot)

#3
Quote[...] Zum 3. Mal in Folge wollen die "Aktion Sylt" und die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands - APPD auf Sylt Protestieren

Die Punker bringen eine einzigartige Dynamik auf die Insel, die von kulturellem Austausch bis hin zu gelegentlichen Spannungen reicht. Ihre Aktivitäten umfassen das Einrichten von Nachtlagern und das gemeinsame Genießen der berühmten Sylter Sonnenuntergänge. Diese Momente der Gemeinschaft und des Ausdrucks bieten einen starken Kontrast zum sonst eher luxuriösen Image der Insel. Allerdings ist ihr Aufenthalt nicht frei von Herausforderungen. In der Vergangenheit kam es zu Auseinandersetzungen mit anderen Besuchergruppen, wie etwa Fußballfans, was polizeiliche Interventionen erforderlich machte.

Die Behörden auf Sylt, insbesondere das Ordnungsamt und die Polizei, haben spezifische Verantwortlichkeiten und Maßnahmen in Bezug auf die jährlichen Zusammenkünfte der Punker auf der Insel. Das das Camp der Punker auf Sylt 2024 verboten wird, damit ist nicht zu rechnen. Man ist im Austauch mit den Organisatoren, um möglichst viele Details im Vorfeld zu klären.

Die Inselverwaltung Sylt, zuständig im Fachbereich Ordnung und Soziales, befasst sich mit der Regulierung von Veranstaltungen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, einschließlich der Überwachung von Verkehrsregelungen und Bußgeldern (gemeinde-sylt). Diese Behörde ist auch die erste Anlaufstelle für Fragen zu örtlich begrenzten Veranstaltungen.

Das Ordnungsamt des Kreises Nordfriesland in Husum, das ebenfalls in diese Prozesse eingebunden ist, kümmert sich um allgemeine Ordnungsaufgaben und koordiniert Maßnahmen im Zusammenhang mit öffentlichen Sicherheitsfragen. Es hat eine breite Palette von Zuständigkeiten, darunter auch die Überwachung der Einhaltung von Vorschriften und die Sicherstellung der öffentlichen Ordnung (11880).

Polizeiliche Maßnahmen bei solchen Ereignissen umfassen in der Regel die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Prävention sowie die Intervention bei eventuellen Konflikten. Die Polizei arbeitet dabei eng mit den Ordnungsbehörden zusammen, um ein sicheres Umfeld für alle Bürger und Besucher zu gewährleisten.

Es ist klar, dass die Behörden die Sicherheit und Ordnung ernst nehmen und bemüht sind, eine Balance zwischen der Freiheit der Veranstaltungsteilnehmer und den Rechten der lokalen Bevölkerung und anderen Touristen zu wahren.

Trotz dieser gelegentlichen Konflikte haben die Punker im letzten Jahr den Wunsch geäußert, ihren Aufenthalt über die geplante Zeit hinaus zu verlängern, was zeigt, wie sehr sie sich mit dem Ort verbunden fühlen. Doch dieser anhaltende Einfluss hat auch seine Schattenseiten. Vor allem die Hinterlassenschaften nach dem Abzug der Punker, insbesondere Müllberge, sind ein Punkt der Kritik vonseiten der Einheimischen und anderen Urlaubern.

Die Präsenz der Punker auf Sylt ist somit ein faszinierendes Beispiel dafür, wie unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen und interagieren können. Es bietet eine Lektion in Koexistenz und die Herausforderungen, die entstehen, wenn eine traditionell rebellische Kultur auf ein Umfeld trifft, das für seinen zurückhaltenden Luxus bekannt ist. Dieser jährliche Zyklus aus Ankommen und Abreisen der Punker auf Sylt unterstreicht die lebendige Vielfalt, die auch Teil der modernen Identität der Insel geworden ist.


Aus: "Punker auf Sylt im Sommer 2024: Subkultur trifft auf idyllische Nordseeinsel" (23. April 2024)
Quelle: https://www.sylt-tv.com/punker-auf-sylt-im-sommer-2024-subkultur-trifft-auf-idyllische-nordseeinsel.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] ... Joachim Hentschel: Auf beiden Seiten wurden ja die Subkulturen vom Mainstream abgelehnt, aber im Westen konnten eigene Netzwerke aufgebaut und Platten veröffentlicht werden. Das ging im Osten nicht. Trotzdem erschien 1983 mit heimlicher Unterstützung von Westlern die historische Punk-LP ,,DDR von unten" in Westberlin. Leute wie Dimitri Hegemann hatten die Aufnahmen von Ostpunkbands in die Bundesrepublik geschmuggelt.


Aus: ",,Heißester Gig des Kalten Krieges"" (18.7.2022)
Quelle: https://taz.de/Interview-mit-Popmusik-Experten-Hentschel/!5865331/

Joachim Hentschel (* 1969) ist ein deutscher Journalist und Sachbuchautor.
https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Hentschel_(Journalist)

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Quote[...] In der Langspielplatte ,,eNDe – DDR von unten", 1983 in Westberlin veröffentlicht, steckte die Geschichte von Punk in der DDR. Eine Rekapitulation.

Punk war für Cornelia Schleime das Zerbrechen der Form. Zugleich war Musik für die Malerin ein alternatives Ausdrucksmittel. ,,Der Grund, überhaupt eine Band zu machen, war, dass wir aufgrund einer Ausstellung, die wir noch während des Studiums gemacht hatten, Ausstellungsverbot bekamen. Da haben wir uns gefragt, was haben wir denn in der DDR noch für eine Zukunft, wenn wir nicht mal ausstellen dürfen? Du willst ja mit deinen Aggressionen auch nach außen. Das Medium Musik war genau richtig, um unserem Frust Luft und Platz zu verschaffen", erzählte Schleime dem Dichter und Sänger Bert Papenfuß vor einigen Jahren.

Mit ihrem Malerkollegen Ralf Kerbach, der eine Gitarre besaß, sich einen Kofferverstärker kaufte und ihn in sein Atelier stellte, gründete Schleime 1979 den Nukleus einer Band, die mal Ende hieß, mal Schwarz-Weiß und mal ganz anders. Unter dem Namen Zwitschermaschine ging sie in die Popgeschichte ein. Zwitschermaschine bespielte die erste Seite der 1983 in Westberlin veröffentlichten LP ,,eNDe. DDR von unten". Auf Seite zwei befanden sich Stücke der Thüringer Punkband Schleim-Keim, die hier unter dem Tarnnamen Sau-Kerle firmierte.

Diese ,,Schallplatte mit 2 Gruppen und Textbeilage" war die erste Veröffentlichung von DDR-Undergroundbands auf Vinyl, sie blieb es für lange Zeit. Denn diese Bands waren Underground im wahrsten Sinne des Wortes. Sie verweigerten die offizielle ,,Einstufung" durch die DDR-Behörden, sie wurden von Volkspolizei und Stasi schikaniert und bespitzelt, durften nur privat oder im Rahmen der Kirche auftreten und konnten ihre Musik nur auf Kassetten veröffentlichen. Wer eine falsche Zeile sang, ging ins Gefängnis.

Das Interview, das Papenfuß mit Schleime und Kerbach führte, ist in ,,Magnetizdat DDR" erschienen, einem von Alexander Pehlemann, Ronald Galenza und Robert Mießner im vergangenen Jahr herausgegebenen Sammelband. Das Buch widmete sich unter anderem der zum Teil immer noch im Dunkeln liegenden Entstehungsgeschichte von ,,eNDe". Diese ist auch deswegen so faszinierend, weil manches nicht seinen Weg auf die Platte fand: Die Songs der Berliner Band Rosa Extra und die Texte, die Michael Rom für Zwitschermaschine schrieb und sang.

Schleim-Keim spielen darauf rabiat-räudigen Punk, sehr einfach, aber voller Wucht. Cornelia Schleime hat deren Schlagzeuger ,,bewundert, der durch sein Gedresche den ganzen Scheißhaufen DDR zerlegen wollte". Die Texte, die der schon vor fast zwanzig Jahren in der Psychiatrie verstorbene Sänger Dieter ,,Otze" Ehrlich aus seinen Eingeweiden herauspresste, erzählten nichts anderes: ,,Du bist zur Norm geboren. Schaffst du keine Norm, bist du hier verloren." Das Gegenprogramm hieß: ,,Untergrund und Anarchie, Untergrund ist stark wie nie." Kaum war ,,eNDe" erschienen, klopfte die Erfurter Stasi bei Schleim-Keim an. Das focht Otze nicht an, selbst wenn er in U-Haft saß, dirigierte er die Geschicke seiner Band.

Henryk Gericke hat in seinem erst vor Kurzem erschienenen Buch ,,Tanz den Kommunismus", das einige Dutzend Punkbands der DDR in so prägnanten wie lustigen Texten vorstellt, Otze ein Denkmal gesetzt: ,,Seine Unberechenbarkeit; seine Hand am Degen; sein politisches Bewusstsein bei bewusster Verhöhnung von Moral; seine autoritären Züge bei gleichzeitiger Verachtung jeder Autorität; die Dunkelheit seines Gemüts; seine diffuse Spiritualität; seine bezeugte Scheu; sein Hass, der vielleicht Weltschmerz war; sein schweres Herz ohne Güte, sein Piratentum; sein absoluter Ausdruckswille waren gepaart mit vollkommener Hingabe und Talent."

Otze galt in der DDR als asozialer Staatsfeind, die Staatsmacht setzte ihn unter Druck, für sie zu arbeiten. ,,Otze sehnte sich nach Freiheit und Würde. Er wollte seine Musik machen und anständig leben. Das wurde ihm in der DDR verwehrt", schreibt Frank Willmann in seinen Erläuterungen zu den Schleim-Keim-Songcomics, die unter dem Titel ,,Betreten auf eigene Gefahr" erschienen sind. ,,Anderthalb Jahre arbeitete er als Bullen- und Stasispitzel. Allerdings behielt er diese fiese Anstellung, die ihm sogar ab und an Geld einbrachte, nicht lang, zu groß war der Unfug, den er allen Genossen der Sicherheitsorgane bei den Geheimgesprächen auftischte."

Das konnte man von Sascha Anderson nicht behaupten, der laut eigenem Bekunden der Stasi alles erzählte: ,,Es gab tatsächlich nichts, worüber ich nicht mit denen gesprochen hätte." Der eitle Anderson dachte ein Spiel mit der Stasi zu spielen, deren Mitarbeiter er nicht für voll nahm, was ihn aber nicht davon abhielt, den Genossen seine postmodernen Theorien zu referieren. Anderson hatte sich machtbewusst einen Platz als dritter Sänger von Zwitschermaschine erobert.

Er organisierte erfolgreich Konzerte für die Band, die er dann hin und wieder sabotierte, indem er seinen Führungsoffizieren davon erzählte. Passenderweise lautet der Refrain des ersten Stücks von Zwitschermaschine auf ,,eNDe" so: ,,Jeder Satellit hat einen Killersatelliten." Anderson war Satellit und Killersatellit in einem.

Bis auf einen sind alle Texte von Zwitschermaschine auf ,,eNDe" von Anderson. Cornelia Schleime braucht in ihrem nur zwei Zeilen, um einen psychedelischen Sog zu erzeugen: ,,Übern Fluss das andre suchen und das Treibholz nimmt uns mit."

Sie war die erste Sängerin der Band gewesen, als sie mit Ralf Kerbach zu spielen begann. Bald fragte das Duo Matthias Zeidler, ob er nicht Bass lernen wolle. Wolfgang Grossmann übernahm den Job des Schlagzeugers. Schließlich kam Michael Rom dazu. Neben Cornelia Schleime sang er seine eigenen Texte. Wie das klang und aussah, beschreibt Wolfgang Grossmann in seinem ,,Magnetizdat"-Beitrag: ,,Michael Rom tritt vor, fixiert das Mikrofon, dann schreit er: ,Die Wochen kriechen dahin ... die Jahre verfliegen im Wind. Der Buhmann geht um.'"

Rom brachte laut Schleime die Modernität und Coolness von New Wave in die Band und konnte auf der Bühne sekundenschnell von Introvertiertheit in extreme Extrovertiertheit fallen. Grossmann schreibt: ,,Rom hält eckig mit, seine Hände zucken, er gebärdet unverständliche Gesten. ,Begießen, begreifen ... abzäunen, abpfählen werd ich meinen Garten ... abpflöcken, lokalisieren ... Begrenzung.' Blickkontakt mit allen.,Das ist der Begriff.' Und peng ist mit dem Doppel-f das letzte Achtel verheizt, der Song bricht ab, die Musik ist weg." Michael Rom starb 1991 bei seiner Arbeit als Nachtportier. Sein Fall, der als Raubmord gilt, ist unaufgeklärt geblieben.

Man kann auf ,,eNDe" eine Ahnung vom originalen Zwitschermaschine-Sound bekommen, sie klingt ganz im Stil der Zeit wie eine No-Wave-Band. Die Musik ist so eckig wie Roms Bewegungen, aber auch funky und psychedelisch. Warum darauf kein Lied von Michael Rom zu hören ist, bleibt weiterhin unklar. Alexander Pehlemann zeichnet die Genese von ,,eNDe" unter anderem mithilfe einer bis dahin nicht erschlossenen Stasiakte zum Operativen Vorgang ,,Boheme I" nach, was sich wie ein Krimi liest und die Politik des Stasi-Staats gegenüber als feindlich eingestuften Individuen und Bewegungen exemplifiziert.

Die Idee für ,,eNDe" war entstanden, weil Dimitri Hegemann, der später das Atonal-Festival erfand und den Technoclub Tresor mitgründete, sich für Punk im Osten interessierte. Er konnte Karl-Ulrich Walterbach dafür begeistern, der mit seiner Plattenfirma bereits einige wegweisende Kompilationen und Punkalben aus dem Westen veröffentlicht hatte, unter anderem das erste Album von Slime aus Hamburg. Walterbach war Anarchist, er hasste das kapitalistische System des Westens genauso wie das stalinistische des Ostens und wollte die Punks in der DDR unterstützen. Recht bald aber ließ die Stasi die beiden Westberliner nicht mehr einreisen.

Laut Pehlemann war Walterbach dafür verantwortlich, dass keins der Lieder Roms auf ,,eNDe" erschienen ist. Liest man die Statements von Schleime und Grossmann, scheinen sie eher Anderson im Verdacht zu haben, die eigenen Werke in den Vordergrund gespielt zu haben. Er hatte den Transport der Aufnahmen aus der DDR nach Westberlin organisiert.

Die erste Band, die Hegemann und Walterbach in Ostberlin getroffen hatten, hieß Rosa Extra. Ihr Szene-Hit hatte den sprechenden Titel ,,Ich fühle mich in Grenzen wohl". Der Text stammte von Stefan Döring. Rosa Extra konnten es mit jeder westdeutschen New-Wave-Band aufnehmen. Wenn sie eine Platte veröffentlicht hätten, dann wäre sie wohl ein Fall für John Peel gewesen. Kurz nachdem die Band, die damals bereits zum Duo geschrumpft war, ihr Material für Walterbach aufgenommen hatte, stand bei ihnen die Stasi vor der Tür und drohte mit Haftstrafen.

Das Cover von ,,eNDe" gestaltete derweil Ralf Kerbach, der die DDR bereits verlassen hatte. Ich habe mein Exemplar von ,,eNDe" Mitte der Achtziger in Westdeutschland aus einer Wühlkiste gezogen, sie kostete fünf Mark. Niemand interessierte sich nach Abflauen der Neuen Deutschen Welle mehr für solche Musik, schon gar nicht aus dem Osten. Heute bezahlt man auf der Internettauschbörse Discogs dafür knapp 400 Euro.

Wolfgang Grossmann hat vor drei Jahren einige Musikerkollegen aus dem DDR-Untergrund versammelt und Fehlfarben-Sänger Peter Hein dazugebeten. Der Schlagzeuger von Zwitschermaschine heißt die Band, die das alte Material rekonstruiert. Gesungen werden vor allem Lieder von Michael Rom. Es ist ein melancholisches und cooles Album, das erahnen lässt, wie es gewesen sein könnte, und doch in der Gegenwart situiert ist. Wenig später erschien das fragmentarisch überlieferte Werk von Rosa Extra auf Vinyl und Tape. Schleim-Keim wiederum spielen heute gut besuchte Konzerte, bei denen alle mitsingen. Dieser Tage läuft eine Doku über sie in den Kinos. Die Punks aus dem Osten haben uns noch immer was zu sagen.


Aus: "Geschichte von Punk in der DDR: Und das Treibholz nimmt uns mit" Ulrich Gutmair (24.5.2024)
Quelle: https://taz.de/Geschichte-von-Punk-in-der-DDR/!6009166/

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Quote[..] Erst ist es nur ein Punk, dann sind es zwei. Nach ein paar Takten sind es schon vier Frauen und Männer, junge und alte, die vor der Bühne tanzen. Das ist nicht weiter verwunderlich. Denn auf der Bühne stehen die fünf Männer der Punkband Planlos, deren Musik willige Körper und Seelen schnell in Bewegung zu setzen vermag – mit längeren Pausen seit 1980.

Insofern also alles normal. Nur dass die Ostberliner Punks, die einst von der Stasi verfolgt wurden, einmal im von der DDR abgerissenen und nun wieder aufgebauten Berliner Stadtschloss spielen würden, war nicht zu erwarten. Es wäre auch nicht passiert, wenn Planlos-Musiker Pankow sich das nicht ausbedungen hätte. Er gebe gern Material für die Ausstellung, aber dann müsste seine Band auch auftreten, habe er Kuratorin Ulrike Rothe gesagt, erzählt er.

Denn der Auftritt von Planlos an diesem denkwürdigen Sonntagnachmittag im Juli 2024 findet anlässlich der Eröffnung der Schau ,,Punk in der Kirche. Ost-Berlin 1979–89" statt. Sie befindet sich in der vom Berliner Stadtmuseum bespielten Abteilung ,,Berlin Global" im ersten Stock des Humboldt Forums.

Schon unten vor der Tür waren einige Punks zu sehen, noch mehr drängeln sich nun drinnen mit vielen anderen, weniger eindeutig zu identifizierenden Menschen um zwei der drei Kuratorinnen und die freie Autorin und Zeitzeugin Anne Hahn, die ebenfalls mitgewirkt hat.

Die drei erklären, worum es geht. Der Titel ,,Punk in der Kirche" erzählt davon, dass Punkkonzerte in der DDR nur in Wohnungen oder in Kirchenräumen stattfinden konnten. Trafen sich die Ostberliner Punks auf dem Alexanderplatz oder im Kulturpark Plänterwald, mussten sie darauf gefasst sein, von staatlichen Organen überwacht und drangsaliert zu werden.

Die Behörden sprachen Platzverweise gegen einzelne Punks aus, die dann den Alexanderplatz nicht mehr betreten durften, oder, wenn sie von außerhalb kamen, gleich Berlinverbot bekamen. Um Punks für längere Zeit in den Knast stecken zu können, wurden sie wegen staatsfeindlicher Hetze oder anderer Gummiparagrafen angeklagt.

Punk konnte sich also nur in Nischen ausleben, und die Nische Kirche gab es nur, weil mutige Pfarrer ihre Räume zum Teil gegen den Widerstand ihrer Kirchenleitungen für die Punks öffneten. Eines der Ausstellungsstücke ist ein Schlagzeug, das vor einem groß aufgezogenen Foto eines Altars steht. Darauf der Slogan: ,,Punk lebt, Jesus klebt."

Hier liest man das als Kommentar zum kürzlich auf dem Humboldt Forum angebrachten Kreuz und der dazugehörigen Aufschrift, die fordert, ,,dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind".

Vor Altar und Schlagzeug hätte man gerne ein paar Bierflaschen kullern lassen und auch ein bisschen Bier verschüttet, sagt Anne Hahn. Das wäre in der Tat eine alle Sinne ansprechende und der Sache angemessene Installation gewesen. Durften die Kuratorinnen aber nicht. Man hat im Humboldt Forum anscheinend Angst vor Punks mit Bier. Denn auch beim anschließenden Konzert von Planlos gibt es weder Bier noch Wein. Könnte ja was danebengehen.

Das alles tut der guten Laune keinen Abbruch, weil sich Planlos als gut geölte Maschine präsentieren. Das erste Lied, das sie zum Besten geben, heißt ,,Deutschland". Ein klassisches Punkstück, das mit minimalen Mitteln die Lage der Nation auf den Punkt bringt: ,,Deutschland, Deutschland, Stacheldraht / Deutschland, Deutschland, Militär / Deutschland, Deutschland, Zucht und Drill / Deutschland, Deutschland, Bürger still."

Das Stück ist um 1982 entstanden, erzählt Pankow später, als die Sowjetunion SS-20-Raketen in der DDR stationiert hatte und in der Bundesrepublik amerikanische Pershings das atomare Schreckensgleichgewicht aufrechterhalten sollten. ,,Deutschland" endet so: ,,Deutschland, Deutschland, Polizei / Deutschland, Deutschland ist entzwei / Russland und Amerika / Bald ist der Atomkrieg da."

Pankow und seine Freunde hatten gehört, dass SS-20-Raketen in Gransee aufgestellt worden seien. Kurzerhand – ,,in Punkmanier", wie Pankow sagt – fuhren sie hin. ,,Wir haben tatsächlich ein Armeegelände gefunden. Ich habe die Scheibe runtergekurbelt und gefragt, ob hier die SS-20 seien, wir würden uns die mal gern ankieken." Sie kamen stattdessen vier Tage in Gewahrsam, bis auch die Polizei verstand, dass die Punks nur einen Witz gemacht hatten.

Als Zugabe spielen Planlos noch mal ,,Deutschland". Das ist eine runde Sache, auch wenn das Stadtschloss noch steht, was für Pankow okay ist. Er findet die Räume des Humboldt Forums schön, obwohl der Palast der Republik, der einige Jahrzehnte lang hier gestanden hatte, bevor man ihn abriss, für ihn und seine Freunde historischen Wert besessen habe. Das rabiate Wegwischen von DDR-Geschichte ärgert auch ihn, der wahrlich genug Stress mit der DDR hatte.

Jetzt ist Zeit, sich die ,,Schau" anzusehen, die sich allerdings über eine gerade mal grob sechs Quadratmeter große Ecke in einem der Räume von ,,Berlin Global" verteilt. Sie ist – für den beschränkten Platz, den man ihr zugestanden hat – sehr gut und anschaulich geworden. Wer mag, kann sich hier vier Punk-Stücke von Feeling B, Die Beamten, Rosa Beton und Namenlos in voller Länge anhören.

Einige Texttafeln und eine Slideshow klären in der durch die Umstände gebotenen Kürze über die Geschichte von Punk in der DDR auf. In einer Vitrine werden ein Kassettenrekorder und eine Kassette mit Musik von Bands aus der DDR, Ungarn und Polen sowie einige selbst gemachte Badges und Nietenarmbänder gezeigt.

Daneben hängt eine Lederjacke, hinten steht drauf: ,,Aufgepasst du wirst überwacht." Wie hatten Planlos eben gesungen? ,,Du steigst in meinen Freund und horchst mich aus / Berichtest die Lügen, wie du sie brauchst."

Jungen Leuten und Touristen, die wenig über den ,,ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden" wissen, könnte man vom Scheitern der DDR erzählen, indem man ausführlicher vom Umgang ihrer Organe mit den Punks berichtet und vor allem darüber, was diese jungen Leute damals umgetrieben hat.

Dafür müsste man aber mutiger sein und einige der locker in diesem Raum von ,,Berlin Global" verteilten Filmchen, von denen manche doch stark nach City Marketing riechen, aus dem Weg räumen, um den Punks den Raum geben zu können, der ihnen gebührt: 60 statt 6 Quadratmeter. Dort könnte Pankow dann erzählen, wie er der Stasi vergeblich zu erklären versuchte, dass die Punks links von ihr stünden.

Dazu am besten jeden Monat ein weiteres Konzert, als nächste Band schlage ich Rosa Beton vor. Die singen dann: ,,In rosa Mauern sind wir gefangen / Satt und zufrieden, es fehlt uns an nichts."


Aus: "Subkultur in der DDR: Punk lebt, Jesus klebt" Ulrich Gutmair (13.7.2024)
Quelle: https://taz.de/Subkultur-in-der-DDR/!6020690/

QuoteHubertus Behr
13. Jul, 2024 13:31

,,Punk konnte sich nur in Nischen ausleben" - aber auch da wurden sie natürlich von der Stasi beobachtet und kontrolliert. Empfehle zu Berichten über alternatives, aber von der Stasi überwachtes Leben in Potsdam das Buch ,,Damals im Cafe Heider".


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Quote[...] An der neu gegründeten Academy for Subcultural Understanding im Berliner Club Tresor sollen Clubgründer:innen aus kleinen und mittelgroßen deutschen Städten lernen, wie man einen Club führt und als nachhaltiges Projekt betreibt. Geführt wird die Akademie nicht nur vom Tresormastermind Dimitri Hegemann, sondern auch von Soziolog:innen, die meinen, Soziologie könnte der Techno-Subkultur von Nutzen sein. Aber braucht die Subkultur diese Art von institutioneller Hilfe überhaupt?

Alex Samuels: Subkultur als Begriff und Forschungsbereich ist tief verwurzelt in der Soziologie. Umgekehrt spielen Soziologen und Soziologinnen bislang keine besondere Rolle in Subkulturen. Was interessiert Sie an dem Thema?

Anastasia Schmidt: Subkulturen sind unter anderem deswegen spannend, weil ganz verschiedene soziologische Interessen dort sichtbar werden. Ein Beispiel, das uns sehr interessiert, ist der räumliche Aspekt: Subkulturen brauchen physische Räume. Ohne diese geht es nicht. Das knüpft an viele wichtige Themen an: Bürokratie, Hierarchien, Zugang.

Martin Fuller [Martin Fuller ist Soziologe, Urbanist und Dekan der Akademie. Er hat in Cambridge promoviert und hat mehr als fünfzehn Jahre Erfahrung in der Forschung und Lehre zu kulturellen, urbanen und räumlichen Themen, unter anderem an der TU Berlin.]: Es gibt eine großartige Forschungsgeschichte zu Subkulturen, von der Chicagoer Schule bis zu Dick Hebdige und der Universität von Birmingham im Centre for Contemporary Cultural Studies. Die alte Denkweise betrachtete Subkulturen als Abweichler. Später erst entwickelte sich die Sichtweise, dass Subkulturen einen bereichernden Teil von Kultur darstellen, besonders der städtischen Kultur. Viele marginalisierte Menschen werden durch die Gemeinschaften, die sich um Subkulturen bilden, ermächtigt, wie man an allen möglichen Musikrichtungen erkennen kann. Subkulturen sind faszinierend im Hinblick darauf, soziale Ungleichheit anzugehen und wie Menschen Handlungsfähigkeit behaupten, wenn sie sonst wenig Einfluss haben.

Alex Samuels: In der Academy for Subcultural Understanding sollen Menschen lernen, wie man einen Club führt. Was kann Soziologie dazu beitragen?

Anastasia Schmidt: Als Akademie versuchen wir nicht unseren Teilnehmer:innen beizubringen, was Subkultur ist – auch nicht aus soziologischer Sicht. Das wissen sie bereits. Aber ich glaube schon, dass soziologisches Wissen in konkreten Fällen eingesetzt werden kann, um der Subkultur zu helfen, zum Beispiel auch, um ein gesellschaftliches Verständnis herzustellen, warum Subkulturen wichtig sind.

Martin Fuller: Subkulturen gedeihen auch ohne die Hilfe von Soziolog:innen. Sie brauchen uns nicht so, wie wir sie brauchen. Und einige Forscher:innen haben manchmal eine Art, das Geheimnisvolle zu entzaubern und diese wunderbaren Momente in Subkulturen zu entmystifizieren. Was wir aber zu tun versuchen, ist, jungen Leuten, die in deutschen Städten kleinerer und mittlerer Größe – wie Erfurt, Bremerhaven, Brandenburg an der Havel oder Münster – Clubs, Veranstaltungsorte und Partys starten, Werkzeuge an die Hand zu geben. Die Soziologie kann eine Reihe von guten Argumenten liefern, warum Clubs wichtig sind. Zum Beispiel wissen wir als Soziologen, dass kreative Menschen auch ein Wirtschaftsfaktor sind. Das ist aber natürlich nicht der Hauptgrund, warum Städte Subkulturen unterstützen sollten – wir brauchen Subkulturen vor allem, weil sie Kulturen und soziales Leben bereichern.

Alex Samuels: Und was ist mit dem soziologischen Überbau? Welche Rolle spielt der in der Akademie?

Martin Fuller: Kürzlich hielt ich einen Vortrag über Raum und kollektive Erfahrungen von Vergnügen. Ich sprach über eine soziologische und philosophische Grundlage, die besagt, dass kollektive Erfahrungen des Vergnügens in fast allen Gesellschaften als wichtig angesehen werden. Clubkultur ist keine Ausnahme, sondern Teil eines allgemeineren soziologischen Phänomens der Ekstasis – altgriechisch für Selbstverlust, Transzendenz, Ego-Verlust, oft in Verbindung mit Gemeinschaften. Anstelle eines typischen Universitätskurses habe ich erörtert, wie diese soziologischen Konzepte nützlich sind, um zu argumentieren, dass Sub- und Clubkulturen in der realen Welt von Bedeutung sind. Wenn man mit einem Bürgermeister oder mit einer Bürgermeisterin spricht, ist es gut, begründen zu können, warum sie einen Veranstaltungsort unterstützen sollten. Zum Beispiel ziehen Clubkulturen Individuen und Gemeinschaften an und halten sie fest: In Berlin wissen wir, wie dies eine Stadt verändert und welche Probleme durch Gentrifizierung entstehen können. In kleineren Städten kann eine lebendige Gemeinschaft rund um Subkulturen jedoch einige der brillanten jungen Leute davon abhalten, wegzuziehen. Außerdem lindern Clubs und Veranstaltungsorte Langeweile, eine der Hauptursachen für soziale Probleme. Sie stärken gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl der Einheimischen, insbesondere der Randgruppen.

Alex Samuels: Was bedroht eigentlich Subkultur?

Anastasia Schmidt: Bürokratie, Eigentumsstreitigkeiten, rein profitorientierte Tätigkeiten. Es geht um den Verlust von Räumen. Tourismus halte ich für keine große Bedrohung. Eine der größten Gefahren in kleinen und mittelgroßen deutschen Städten ist, dass viele junge Leute einfach wegziehen. Das trifft den Kern der Akademie: Es gibt Menschen, die in diesen Städten leben und bleiben wollen, die aber das Gefühl haben, dass es für sie nichts zu tun gibt. Deshalb ziehen sie doch irgendwann nach Berlin oder in eine andere Großstadt. Viele von uns kommen aus kleineren Städten und wissen, dass Veranstaltungsorte einen großen Unterschied für lokale Szenen und Gemeinschaften machen.

Alex Samuels: Wie vermitteln Sie solches Wissen konkret? Was steht auf dem Lehrplan?

Martin Fuller: Wir haben drei Tage pro Woche Seminare und Training. Freitags und samstags übernehmen die Academy-Teilnehmer:innen Schichten im Tresor und können so etwas Geld verdienen. Booking, Kuratierung, Geschichte der elektronischen Musik in Berlin und Detroit, Awareness-Teams, Teambuilding – solche Inhalte sind genauso wichtig wie Lektionen von unserem Bar-Chef, der den Leuten beibringt, wie man sich in einer belebten Nacht verhält. Das gilt auch für die Selektion an der Tür. Einlasskontrolle ist überhaupt ein gutes Beispiel. Wie macht man das etwa in einer kleineren oder mittelgroßen Stadt mit einer nennenswerten rechtsextremen Szene? Setzt man einen großen, weißen Typ mit riesigen Muskeln an die Tür? Oder doch lieber eine FLINTA-, BIPOC-, LGBTQIA+-Person, um gleich beim ersten Kontaktpunkt ein Zeichen zu setzen? Die Tür ist eine gute Möglichkeit, einige Leute willkommen zu heißen und andere nicht. Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Rechtsextremer und das erste, was Sie tun müssen, ist, Ihre Autonomie jemandem zu übergeben, den Sie normalerweise diskriminieren. Die Strategie kann rassistische und homophobe Leute fernhalten. Und sie schafft einen sicheren Raum für Gäste.

Alex Samuels: Ist Clubmusik heute überhaupt noch subkulturell?

Anastasia Schmidt: Das fällt vielleicht gar nicht so einfach nur von ,,der" Clubmusik" oder ,,dem Techno" zu sprechen, weil es so viele verschiedene Richtungen im Spektrum von Mainstream bis Underground gibt.

Martin Fuller: Es wird immer Mainstream-Versionen von etwas geben, das weniger glaubwürdig erscheint als das Original. Einige DJs werden erfolgreich, machen aber immer noch Musik, die mit der Geschichte und Gegenwart einer bestimmten Subkultur verbunden ist. Sicher ist: Kultur gibt es nur wegen blühender Subkulturen. Es geht nicht nur um Geld oder Popularität, sondern um grundlegende Werte.


Aus: ",,Kultur braucht blühende Subkulturen"" Interview: Alex Samuels (9.4.2024)
Quelle: https://taz.de/Dozenten-ueber-Subkultur-Akademie/!6002327/


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Quote[...] Das ist der Moment, auf den das Jugendzentrum Rülps monatelang hingearbeitet hat. Zum 25. Jubiläum des Punkkulturvereins kommen gleich drei Bands ins kleine Kirchheim bei München. 160 Leute haben Tickets vorab gekauft. Die Zahl kommt hin: Der Raum vor der Bühne des Jugendzentrums ist so voll, dass auch ohne Pogo Körperkontakt da ist. Sie warten auf den Main Act: Fahnenflucht, eine Band, die gleich mehrfach auf dem Punk-Sampler "Schlachtrufe BRD" vertreten war. Diese Punkband in einer bayerischen Kleinstadt wie Kirchheim zu sehen – eine Seltenheit.

Springen wir ein paar Stunden zurück. Denn dass Bands wie Fahnenflucht in Kirchheim auftauchen, war lange so wahrscheinlich wie ein CSU-Politiker im Moshpit. In seinen 25 Jahren musste sich das autonome Jugendzentrum Rülps erst ein Standing in der Punkszene erarbeiten – und stand immer wieder vor der Schließung. Kaum zu glauben bei der Menschtraube vor dem Jugendzentrum. Was die Leute herzieht? Vor allem, Freunde, die Musik, die Stimmung oder, wie eine Besucherin es zusammenfasst: "Ein bisschen Moshpit, ein bisschen Bier, ein bisschen Menschen."

Über den Anklang freut sich auch Altmitglied Chris Zenner, Mitte dreißig. Als Jugendlicher ging er selbst ins Rülps, jetzt hat er das Jubiläums-Konzert organisiert. Das Rülps wird als autonomes Jugendzentrum von Jugendlichen selbstverwaltet – hier haben weder Pädagogen noch andere Autoritäten das Sagen. Ein Konzept, das Chris feiert: "Denn so entfalten sich die Jugendlichen ganz anders, weil sie lernen, selber Verantwortung zu übernehmen!" Auch er selbst habe im Rülps gelernt, dass man mit wenig Manpower viel schaffen kann. Einfach dadurch, dass man Hand anlegt.

Das Rülps fing klein an. Man traf sich in der Nähe des Kirchheimer Spielplatzes, baute eine erste Hütte, lebte Punkkultur und nannte sich "Neuer Treff". Dort musste man aber bald weichen, und so kam die Idee, einen Verein zu gründen. Nur so gab es auch feste Vereinsräume. Die im Laufe der Zeit wechselten. Was blieb: eine selbstverwaltete Gruppe ohne festen Vereinsvorstand.

Was, als Chris jugendlich ist, zu einem Eklat führt. Eines der älteren Gründungsmitglieder ist frustriert darüber, dass die jüngere Generation mal wieder nicht aufgeräumt hatte. Und dann zu den Flaschen greift: "Dann hat er angefangen, die herumzuwerfen und auch auf uns geworfen", erinnert sich Chris. "Am Ende lagen überall Scherben." Dass sie etwas falsch gemacht hatten, konnten sie schon erahnen, aber einordnen konnte es zunächst keiner. Dann habe das alte Mitglied ihnen mitgegeben: "Leute, macht halt was daraus! Wirklich! Macht was aus dem Laden. Das ist so wichtig!"

Auch Bands schätzen das Rülps. Marcel von der Band Frustkiller ist extra aus Hannover angereist, um für das Rülps-Jubiläum zu spielen. Der Auftritt ist auch nicht sein erstes Mal dort. Mit großen Clubs hat er eher Probleme. Da komme man als kleinere Band gar nicht rein. Anders sieht es Marcel bei den autonomen Zentren. "Da ist die Willkommenskultur eine andere." Jeder dürfe sich dort wohlfühlen, wodurch man sich auch als Band automatisch wohlfühle, so Marcel. Er sei schon mit verschiedenen Bands im Rülps aufgetreten – alle seien angetan gewesen: "Man kennt das Rülps auch in Hannover."

Jugendzentren wie das Rülps sind Keimzellen lokaler Subkultur. Laut Chris Zenner vom Rülps entwickeln sich in Jugendzentren alternative Musikstränge, wie Punk, Metal oder Hip Hop weiter.



Mehrere Dutzend Kilometer weiter, in Dorfen, feiert ein weiteres autonomes Jugendzentrum bald Jubiläum und bietet lokalen Acts eine Bühne. Im Juli werden im JZ sogar 50 Jahre gefeiert. Auch hier verwalten Jugendliche das Zentrum selbst. Eine positive Entwicklung für das in die Jahre gekommene Gebäude, findet Myriam Birkholtz, Beisitzerin im Vereinsvorstand: "Das Gebäude war früher Teil der Hitlerjugend – heute ist hier ein linkes, autonom verwaltetes Jugendzentrum, das sich seit 50 Jahren hält. Das finde ich sehr schön."

Dabei wurde das Jugendzentrum in seiner langjährigen Geschichte immer wieder kritisch beäugt. Anfang der 70er, bei der Gründung, stießen "die Langhaarigen vom Jugendzentrum" bei konservativen Anwohnern auf wenig Gegenliebe: "Es gab einen ehemaligen Pfarrer, der unzufrieden mit dem Jugendzentrum war", erzählt "Juggi"-Schriftführer Bernhard Roth. Der Pfarrer habe "marxistische Tendenzen" im Jugendzentrum gesehen.

Aber als Dorfens autonomes Jugendzentrum um die Jahrtausendwende schließen sollte, auch weil die NPD Stimmung dagegen machte, konnte sich das "Juggi" auf die mehrheitliche Solidarität der Dorfner verlassen.

Zurück beim Jubiläumskonzert, zurück im Rülps: Die Menge pogt. Es ist der letzte Song. Jetzt geben alle nochmal alles! Auch Chris ist mehr als happy. Er habe viel positives Feedback bekommen. Leute seien zu ihm gekommen, hätten ihn umarmt und gesagt: "Hey Chris, das hast du geil organisiert heute! Richtig cool!" Während die Menschenmenge aus dem Rülps in die Kleinstadt Kirchheim strömt, freut sich Chris, die Stimme schon ganz heiser: "Das gibt mir ein gutes Gefühl, das Richtige zu machen und auch weiterzumachen."


Aus: "Warum (autonome) Jugendzentren Keimzellen der Subkultur auf dem bayerischen Land sind" (10.05.2024)
Quelle: https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/jugendzentrum-kircheim-dorfen-subkultur-100.html