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[In diesem Kontext (Rassismus)... ]

Started by Textaris(txt*bot), March 05, 2015, 10:33:54 AM

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Textaris(txt*bot)

Quote"Denn selbst die Neger müssen wir als Menschen ansehen und in ihnen ist ja die menschliche Gestalt in einer ganz anderen Weise verwirklicht als in uns, zum Beispiel." - Rudolf Steiner, GA 305, S. 100
Quelle: https://de.wikiquote.org/wiki/Gestalt (Link: https://de.wikiquote.org/w/index.php?title=Gestalt&oldid=448509) |  https://de.wikiquote.org/wiki/Rudolf_Steiner

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QuoteSchon Hannah Arendt erklärte: ,,Ein Mensch kann sich nur als das wehren, als was er angegriffen wird." Ein Jude könne seine Menschenwürde nur bewahren, wenn er als Jude Mensch sein kann. Das Gleiche gilt für andere Gruppen. Loslassen können wir zugeschriebene Identitäten erst, wenn sie keine Rolle mehr spielen. Wenn wir tatsächlich zuallererst Menschen sind. (Houssam Hamade, 2020)

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Quote9:30 nachm. · 30. März 2019

Eine Freundin ist heute in Wien Neubau von einer Rassistin beschimpft worden. "Du wertlose Hure", "Die FPÖ wird euch alle zurückschicken"... Für sichtbare Musliminnen ist das Alltag. Aber diesmal tut mir etwas besonders weh...
Die Frau hat sie angespuckt. Auch das nichts Neues.

Etliche Freundinnen sind daraufhin schon zur Polizei. Ohne Ergebnis.
Diese Freundin aber versucht sich zumindest verbal zu wehren. Nachdem sie angespuckt wurde aber weint sie... Und auf das gehässige "Geh zurück in dein Land" antwortet sie weinend:"Das ist mein Land".

Ihre Stimme hat sich in mich hineingebrannt. Aber so sehr ich ihren Schmerz spüre, im Gegensatz zu sichtbaren Musliminnen bin selbst ich maßlos privilegiert.
Fühle mich ohnmächtig. Solidaritätsbekundungen sind schon längst wertlos. Sie alleine ändern nichts.

... Ich ertrage den ganzen Mist schlicht nicht mehr. Mir fällt auch nichts mehr ein, das ich tun könnte um die Situation zu verbessern. Ich kläre auf, über strukturellen Rassismus, über antimuslimischen Rassismus. Ich gebe Vorträge, mache Workshops. Aber wer hört zu?

Und was für eine Wirkung hat es? Ich bin aufgewachsen mit einer Mutter die weinend nach Hause kommt, wenn sie im Supermarkt beschimpft wurde. Geantwortet hat sie nicht, weil sich RassistInnen dann über ihren Akzent lustig gemacht haben.

Aufgewachsen mit einer Schwester, die nachdem sie mal angegriffen wurde Angst hatte, abends nach Hause zu gehen und mich immer angerufen hat um sie abzuholen.
Und ich liebe eine Frau, die mir regelmäßig von ähnlichen Erfahrungen berichtet. Während ich da sitze und nichts tun kann.

... Ich zeige mich für gewöhnlich auch nie so verletzlich. Weil Menschen die von Rassismus betroffen sind in diesem ewigen Kreislauf gefangen sind: Wenn wir zeigen wie sehr uns das alles belastet, geben wir denen, die uns hassen erst recht einen Grund zur Freude. Also wie umgehen?

... Niemand von euch weiß was das bedeutet, die weinende Mutter zu trösten...ihre Tränen auf deiner Haut zu spüren während sie schluchzend erzählt, was passiert ist. Als Kind verdammt nochmal.

Und niemand von euch weiß, wie sich das anfühlt, wenn sich deine Frau nach einem erneuten rass. Angriff, den sie schon den ganzen Tag verarbeitet, weinend auf deine Brust legt und dir sagt, dass sie das alles nicht mehr ertragen kann. Niemand. Außer die, die davon betroffen sind.

Wenn sich eure Solidarität also darauf beschränkt, dass ihr nach solchen Angriffen euer Mitleid bekundet und ansonsten schweigt ihr zu strukturellem Rassismus und dessen Konsequenzen... Dann spart euch die Solidarität bitte. Wir brauchen sie nicht.


Quelle: https://twitter.com/DerRami_/status/1112089706475474944

QuoteNatascha St @Rabid_Glow
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Antwort an @DerRami_
Wie geht es der Freundin? Ich erlebe es leider immer wieder, gerade in den Öffis. Oft "nur" dahin genuschelte Worte in Richtung zb von mir, weil sie glauben ich stimme zu. Manchmal richtige Beschimpfungen. Es ist ein Wahnsinn. 3x musste ich bis jetzt körperlich dazwischen gehen.


QuoteRami Ali
@DerRami_

Ihr geht's wieder gut. Es ist ihr ja auch nicht zum ersten Mal passiert. Das hat sie mir geschrieben:
"Salam. Wieder gut, danke. [...] Hauptsache die Leite sehen dass solche Sachen leider mittlerweile zu unserem Alltag gehören."


QuotePolska Lady
@PenectomyArtist

Antwort an @DerRami_
Ich habe Video gesehen und ich denke, Frau war womöglich geistig verwirrt. Sie wirkte sehr aufgebracht, unrationell und körperlich zittrig. Es ist traurig so oder so. Nur vielleicht es ist psychische Erkrankung.


Quotegelernt ist gelernt @DNASache

Antwort an @DerRami_
DNA ist und bleibt DNA.... Europäische Geschichte geprägt von Brutalität, Hass und Faschismus. ...


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Quote[...] 1933 wurden in Wiesbaden 39 Kinder auf angebliche ,,körperliche und geistige Schwächen" hin untersucht, die als Nachfahren Weißer (Kolonialisten oder deutscher Frauen) und Schwarzer (Afrikaner oder schwarzer Soldaten aus der französischen Besetzung nach dem 1. Weltkrieg) im Rheinland lebten. Ihre bloße Existenz wurde als ,,Gefahr für die Reinheit der deutschen Rasse" gesehen und—gedeckt durch das preußische Innenministerium—daraufhin heimlich zwangssterilisiert, da ein solcher Eingriff nicht durch Gesetze gedeckt war.  ...


Aus: "Die Auschwitz-Dahlem-Connection: Wie Anthropologen den NS-Rassenwahn legitimierten"  Theresa Locker (20 February 2015)
Quelle: http://motherboard.vice.com/de/read/wie-die-vermessung-von-schdeln-zur-wissenschaft-wurde-im-berliner-thinktank-der-ns-eugenik-666


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Quote[...]  Wir kommen aus zutiefst rassistischen Kulturen. Es ist ein Fehler, das zu vergessen. Die westliche Kult ist in Abgrenzung zum Wilden und Barbarischen entstanden. Wir glaubten, so viel weiter entwickelt zu sein, dass wir uns erlaubten, Menschen aus Afrika und anderen Ländern wie Hunde besitzen zu dürfen. ...

... Menschen denken mit Hilfe von Schubladen. Diese ordnen unsere Wahrnehmung. Und das ist auch sinnvoll. Allerdings besitzt der "gesunde Menschenverstand" viele Schubladen, die eine falsche Wahrnehmung erzeugen. Beispielsweise das Gegensatzpaar "Deutsch-Ausländer". Wenn ein Türkischstämmiger in Neukölln einer blonden Frau hinterherpfeift, halten viele das für eine Kennzeichen der "türkischen" Kultur. Wenn ein deutschstämmiger das selbe tut, ist er eben ein "Proll".

Dabei halten die meisten Türkischstämmigen das Nachpfeifen ebenfalls für respektlos, während viele Deutschstämmige es für harmlos bis witzig halten. Selbstverständlich lassen sich in "der" arabischen und türkischen Kultur frauenfeindliche Strömungen finden, aber wo nicht? Und auch in "der türkischen Kultur" wird (zu Recht) über so etwas gestritten, so wie hier gerade um den Rassismus in "der deutschen Kultur" gestritten wird. Große Teile der Gezi-Bewegung gehören zu einer Kultur, die so Sexismus benennt und angreift.

Das Wort "Kultur" hat heutzutage in Bezug auf Nationalitäten den Beigeschmack von Rasse, weil sie fälschlicherweise als einheitlich und homogen vorgestellt wird. "Die Kultur" Istanbuler Bildungsbürger ist der von Berliner Akademikern aber ähnlicher als der von türkischen Bauarbeitern.

...

Quotecalushy, 31. Mai 2015 17:15

Mir ist dieser Umstand vor einigen Jahren bei mir selbst bewusst geworden. In der Fußgängerzone einer mittelgroßen Ruhrgebietsstadt balgten sich
plötzlich direkt vor mir ein Metalhead und ein Türke. In meiner Eigenart, bei derartigen Vorkommnissen dazwischen zu gehen, fragte ich den aggressiver wirkenden Türken was hier los sei. Da war das Gerangel aber auch schon vorbei, der türkische Ladendetektiv hatte eine Stichverletzung und der diebische Metaller gab Fersengeld. An der Geschichte hatte ich lange zu knabbern ...



Aus: "Von Louis CK Antirassismus lernen" Houssam Hamade (31.05.2015)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/45/45013/1.html

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Quote[...] Rassismus ist eine Ideologie, die ,,Rasse" in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlichen bestimmenden Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften deutet. Der Begriff Rassismus entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der kritischen Auseinandersetzung mit auf Rassentheorien basierenden politischen Konzepten. In anthropologischen Theorien über den Zusammenhang von Kultur und rassischer Beschaffenheit wurde der Begriff der Rasse mit dem ethnisch-soziologischen Begriff ,,Volk" vermengt, z. B. von der ,,völkischen Bewegung" in Deutschland und Österreich. Rassismus zielt dabei nicht auf subjektiv wahrgenommene Eigenschaften einer Gruppe, sondern stellt deren Gleichrangigkeit und im Extremfall deren Existenzberechtigung in Frage. Rassische Diskriminierung versucht typischerweise, auf (projizierte) phänotypische und davon abgeleitete persönliche Unterschiede zu verweisen.

Unabhängig von seiner Herkunft kann Rassismus jeden Menschen betreffen. ... Rassismus als soziales und psychisches Phänomen existiert unabhängig von Rassentheorien,[22] als rassistisch zu beschreibende Gruppenkonflikte lassen sich bis in die frühe Menschheitsgeschichte nachweisen. Rassismus als systematisches Lehrgebäude dagegen entwickelte sich seit dem ausgehenden 18. Jh. im kontinentalen Europa und der angelsächsischen Welt.

... [George M. Fredrickson] Theorie oder Konzeption des Rassismus aus dem Jahr 2002 basiert lediglich auf zwei Komponenten: ,,Differenz" und ,,Macht".   ,,Rassismus entspringt einer Denkweise, wodurch «sie» sich von «uns» dauerhaft unterscheiden, ohne dass es die Möglichkeit gäbe, die Unterschiede zu überbrücken. Dieses Gefühl der Differenz liefert ein Motiv beziehungsweise eine Rechtfertigung dafür, dass «wir» unseren Machtvorteil einsetzen, um den ethnorassisch Anderen auf eine Weise zu behandeln, die wir als grausam oder ungerecht ansehen würden, wenn Mitglieder unserer eigenen Gruppe davon betroffen wären" (Fredrickson, S. 16).
    ,,Wollten wir eine knappe Formulierung wagen, so könnten wir sagen, dass Rassismus vorliegt, wenn eine ethnische Gruppe oder ein historisches Kollektiv auf der Grundlage von Differenzen, die sie für erblich und unveränderlich hält, eine andere Gruppe beherrscht, ausschließt oder zu eliminieren versucht" (Fredsrickson, S. 173).

... Für Christoph Butterwegge ist Rassismus ein ,,Denken, das nach körperlichen bzw. nach kulturellen Merkmalen gebildeten Großgruppen unterschiedliche Fähigkeiten, Fertigkeiten, und/oder Charaktereigenschaften zuschreibt, wodurch selbst dann, wenn keine gesellschaftliche Rangordnung (Hierarchie) zwischen ihnen entsteht, die Ungleichverteilung sozialer Ressourcen und politischer Rechte erklärt, also die Existenz von Privilegien bzw. der Anspruch darauf legitimiert, die Gültigkeit universeller Menschenrechte hingegen negiert wird."

... Menschenrechte und -würde stehen auch für den Historiker Georg Kreis im Mittelpunkt, ebenfalls betont er die Verallgemeinerung der Differenz:

    ,,Die Grenzen zwischen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind nicht scharf zu ziehen. Aus der Opfersicht ist es nicht besonders wichtig, welcher analytischen Kategorie man eine Tat zuschreibt. Verschiedene Diskriminierungsformen gehen in einander über. Im Kern geht es um Menschenrechte, um Respekt vor Menschenwürde. Vielleicht möchte man doch eine Definition haben, darum der Vorschlag, den Rassismus als eine Position zu verstehen, aus der heraus gegenüber einer Gruppe aufgrund unpersönlicher Merkmale eine abschätzige Haltung eingenommen und der Einzelne wegen des negativen Gruppenbildes wie auch die gesamte Gruppe wegen negativer Einzelerfahrungen negativ beurteilt wird."

... Fredrickson bemerkt, dass der Begriff ,,Rassismus" häufig unpräzise und unreflektiert verwendet würde, um die feindseligen oder negativen Gefühle eines ,,Volkes" oder einer ethnischen Gruppe gegenüber einer anderen und die aus dieser Einstellung resultierenden Handlungsweisen zu beschreiben (Fredrickson, S. 9).[6]

Kurt Horstmann schlug vor, nicht jegliche Diskriminierung irgendwelcher Gruppen als Rassismus zu bezeichnen, und hält es für angebracht, u. a. in der Flüchtlingsforschung auf den Ausdruck ,,Rassismus" zu verzichten und stattdessen auf die Begriffe ,,Fremdenfeindlichkeit", ,,Xenophobie", ,,Ausländerfeindlichkeit" und dergleichen auszuweichen.

... Der Proto-Rassismus des europäischen Mittelalters lässt sich an verschiedenen Indikatoren aufzeigen. Einmal ist es die Zeit eines umkämpften Bildes vom Afrikaner, zu dem Peter Martin Material zusammengetragen hat, das auf widersprüchliche Konzeptionen verweist, die zwischen Wolfram von Eschenbachs schöner, schwarzer Königin Belakane und den schwarzen, moslemischen Teufeln des Rolandsliedes schwanken. Später treten mit den judenfeindlichen Pogromen während des ersten Kreuzzuges und der großen Pest Ideologien und Praktiken der Ausgrenzung und Vernichtung zutage, die für Léon Poliakov und andere zur Geschichte des Antisemitismus und Rassismus gehören. Entgegenhalten ließe sich dem allerdings, dass die Ablehnung der Juden sich vornehmlich religiös artikulierte.

... In den deutschsprachigen Ländern wird oftmals bis zum heutigen Zeitpunkt angenommen, dass Rassismus in erster Linie in Form von Xenophobie (von griech.: xenos fremd, Gast/phóbos Furcht) vorhanden ist. Zwischen Rassismus und Xenophobie besteht eine Verwandtschaft, allerdings sind Rassismus und Xenophobie nicht einfach gleichzusetzen. Im rassistischen deutschen Nationalsozialismus wurden einheimische ,,Nichtarier" (Juden) viel schlechter behandelt als ausländische ,,Arier" (beispielsweise Skandinavier und andere Nord- und Westeuropäer). Von der Xenophobie nimmt man dagegen an, dass sie keine Rassenbegriffe kennt, sondern eher einen Ethnopluralismus befördert. Man nimmt auch an, dass rassistisch denkenden Menschen häufig nicht bewusst ist, dass sie rassistisch denken, was gleichzeitig impliziert, dass sie ihre Wahrnehmungen nicht mit dem Begriff ,,Rasse" verbinden. Der Begriff der Xenophobie (Furcht vor dem Fremden) wird daher oftmals auch benutzt, um das eigentliche Problem Rassismus nicht offen ansprechen zu müssen.

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Aus: "Rassismus" (11. Februar 2015)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Nationalsozialistische Rassenhygiene (oder NS-Rassenhygiene) war die zur Zeit des Nationalsozialismus betriebene Eugenik oder ,,Rassenhygiene", die eine Radikalvariante der Eugenik darstellte. Die praktische Umsetzung erfolgte durch den Einfluss auf die Wahl der Geschlechts- und Ehepartner durch die Nürnberger Rassengesetze und Eheverbote, durch Zwangssterilisationen bei verschiedenen Krankheitsbildern und Bevölkerungsgruppen, durch zwangsweise Abtreibungen bis zur ,,Vernichtung lebensunwerten Lebens" durch Mordprogramme wie die ,,Aktion T4" beziehungsweise die so genannte Kinder-Euthanasie.

Die NS-Machthaber ermöglichten den Eugenikern/Rassenhygienikern in Deutschland eine radikalere Umsetzung ihrer Ideen ...

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Aus: "Nationalsozialistische Rassenhygiene" (15. Februar 2015)
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Rassenhygiene

Kategorie ,,Rassismus im Nationalsozialismus"
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Rassismus_im_Nationalsozialismus


Textaris(txt*bot)

#2
Quote[...] Der Todesfall Michael Brown ereignete sich am Abend des 9. August 2014 in der Stadt Ferguson im Bundesstaat Missouri in den USA. Dabei wurde der 18-jährige afroamerikanische Schüler Michael Brown nach Tätlichkeiten gegenüber dem Polizisten Darren Wilson von diesem erschossen. ... Nachdem eine Grand Jury am 24. November entschieden hatte, kein Verfahren gegen Darren Wilson zu eröffnen, kam es am folgenden Tag zum Teil zu gewaltsamen Protesten in mehr als 170 Städten der USA. ...


"Todesfall Michael Brown" (1. März 2015)
https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_Michael_Brown

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Quote[...] Dieses Gefühl der Benachteiligung mag übertrieben sein; oft wird auch ein Opferstatus konstruiert, um eigene Verbrechen zu kaschieren oder zu bemänteln. Doch dass es Rassismus gibt – allerdings oft nicht nur in eine Richtung –, dass es oft noch eine selektive Verfolgung gibt, das ist auch nicht zu bestreiten. ...


Aus: "Unruhen in Ferguson: In Flammen" Klaus-Dieter Frankenberger (25.11.2014)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/unruhen-in-ferguson-krawalle-nach-gerichtsentscheid-13285278.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Polizeibeamte lassen einen Hund ohne Maulkorb auf einen strolchenden Jugendlichen los; Menschen werden verhaftet, weil sie nicht auf dem Bürgersteig gehen; Bürger sitzen in einer Gefängniszelle, weil sie widersprochen haben; Polizisten nehmen einen Vater fest, weil sein Kind an einen Busch gepinkelt hat, die Leute werden bedroht, verängstigt, eingeschüchtert und schikaniert. Die Bürger sind praktisch durchgehend schwarzer Hautfarbe, die Polizisten weiße Beamte des Polizeireviers in Ferguson.

Was US-Justizminister Eric Holder am Mittwochnachmittag in Washington über die Zustände bei der Polizei in dem kleinen Ort im US-Bundesstaat Missouri präsentiert hat, ist ein Report über einen Hort rassistischer Stereotype in einer Atmosphäre gewalttätiger Allmachtsfantasien.

Als im vergangenen Jahr ein weißer Polizist den schwarzen Teenager Michael Brown in Ferguson erschoss, fegten teils gewalttätige Proteste den Alltag des Ortes weg. Viele Bewohner berichteten damals von Rassismus und Schikanen der Polizei. Nach einer halbjährigen Untersuchung hat das Justizministerium jetzt eine mehr als 100-seitige Untersuchung vorgelegt. Darin gibt Holder den Bewohnern nachträglich Recht.

Festgestellt wurden ,,Muster unnötig aggressiven und zu Teilen ungesetzlichen Verhaltens von Polizisten". Aktionen der Beamten seien, heißt es im Bericht  teilweise ,,verfassungswidrig und unzulässig grob". Auf die 65 Prozent afro-amerikanischer Bevölkerung verteilten die fast ausnahmslos weißen Beamten 85 Prozent der Verkehrskontrollen, 90 Prozent der Verwarnungen und 93 Prozent der Festnahmen. Die statistische Abweichung sei auch nicht durch andere Faktoren wie Kriminalitätsrate oder demografische Zusammensetzung zu erklären. In jedem Fall übrigens, in dem ein Polizeihund zugebissen hatte und Daten über die ethnische Zugehörigkeit des Gebissenen vorhanden waren, hatte der Gebissene dunkle Haut. Zudem sei das Revier darauf fixiert gewesen, mit den Verwarnungsgeldern und Strafen Gewinn zu erzielen.

Das Justizministerium betrachtet die Situation auf dem Revier als von innen nicht reformierbar. Washington forderte die Stadt Ferguson deshalb auf, sein Strafrechtssystem zu überholen. Die Stadt habe derart viele Verfassungsbrüche begangen, dass dies nur durch einen völlig neuen Zugang zu Polizeiarbeit, eine Umschulung der Beamten und Angestellten und die Einführung einer neuen Aufsichtsstruktur korrigiert werden könne.

In diesem Kontext ist es nicht hart sich vorzustellen", sagte Justizminister Holder, ,,wie ein einzelner tragischer Vorfall, die Stadt wie ein Pulverfass hochgehen lässt". Holder nannte den Tod Michael Browns mit Bedacht einen tragischen Vorfall. Am selben Tag präsentierte das Justizministerium eine Untersuchung, derzufolge gegen den Schützen keine weitere Ermittlung des Ministeriums folgen soll. Es gebe keine klaren Beweise, die die Aussage des Polizisten widerlegten. Dieser hatte ausgesagt, aus Angst um seine eigene Sicherheit geschossen zu haben.

Mit Spannung war am Abend dann auf eine Stellungnahme des Bürgermeisters von Ferguson gewartet worden. James Knowles erklärte auf einer Pressekonferenz, die Stadt habe begonnen, Dinge zu verändern. Auf die konkreten Aufforderungen aus Washington ging er nicht ein. Der Report erlaube der Stadt, ,,Probleme nicht nur in unserem Polizeirevier, sondern in der ganzen Region St. Louis zu identifizieren", sagte Knowles. ,,Nicht nur als Stadt, auch als Bundesstaat und als Land müssen wir besser werden. Wir müssen alle gegen Probleme der Rassenungleichheit in allen Bereichen der Gesellschaft arbeiten."

Bürgerrechter in Ferguson und im ganzen Land reagierten mit einer Mischung aus Unglauben und Ärger auf die Einlassung des Bürgermeisters. Dieser ließ bei seiner Erklärung keine Fragen zu. Immer wieder kam in TV-Diskussionsrunden am Abend zur Sprache, angesichts dessen, was der Report belege, habe man den Rücktritt des Poliziechefs von Ferguson erwartet. Und eine Entschuldigung.

Vom Weißen Haus gab es zumindest bis zum späten Abend noch keine Reaktion. Auch US-Präsident Barack Obama war im Muster von Ferguson rassistisch beleidigt worden. Wie Ermittler festgestellt haben, ließen Beamte rassistische Witze auf ihren Regierungsaccounts zirkulieren - offenbar ohne jegliche Angst vor Bestrafung. Eine schwarze Frau solle einen Kriminalitätspräventionspreis verliehen bekommen, wenn sie eine Abtreibung vornehmen lasse, hieß es in einem Schreiben. In einem anderen wurde Obama als Schimpanse dargestellt. Auch höhere Beamte waren in den Verteilerkreis dieser Emails involviert. Abmahnungen hat es nicht gegeben. Am Mittwoch sagte Bürgermeister Knowles aber, ein Beamter sei inzwischen für das Senden rassistischer Emails gefeuert worden, gegen zwei weitere liefen Untersuchungen.

Die Eltern von Michael Brown ließen am Mittwoch über ihren Anwalt erklären, die Entscheidung, nicht weiter gegen den Schützen zu ermitteln, enttäusche sie tief. Aber wenn der Report Veränderungen in Ferguson bringen könne, ,,dann wird unser Sohn nicht umsonst gestorben sein".

Beispiele aus dem Report ...

- Auf dem Weg zur Verhaftung eines anderen Mannes legt ein Polizist einem anderen Schwarzen auf dem Parkplatz vor dem Haus ohne jeden Verdacht Handschellen an und verfrachtet ihn ins Polizieauto zu Personalienüberprüfung. Es war der Vermieter des Gesuchten.

- Ein Beamter nimmt eine Ladenbesitzerin fest. Diese hatte der Festnahme ihres Angestellten widersprochen. Den Angestellten hatte der Officer festgenommen, als er in seiner Mittagspause auf dem Weg von der Bank in den Laden zurück ,,unsafely" auf der Straße gegangen war. Der Chefin wurde Einmischung in Polizeihandeln vorgeworfen.

- Ein Paar geht mit seinen Kindern in den Park, ein Kind darf an einen Busch neben einem geparkten Auto pinkeln. Ein Officer hält die beiden fest und wirft ihnen vor,  sie hätten zugelassen, dass sich ihr Kind entblöße. Vor den Kindern überprüft er den Vater auf offene Haftbefehle. Als sich die Mutter beschwert, sagt der Polizist zu ihrem Mann: ,,Du wanderst ins Gefängnis, weil Deine Frau nicht den Mund hält." Er nimmt ihn dann mit wegen des Vorwurfs einer Vernachlässigung der Aufsichtspflicht.

- Gegen eine Frau setzt ein Polizist in der Haft einen Elektroschocker ein, weil sie sich geweigert hat, ihre Armbänder abzulegen.

- Ein Officer lässt einen Polizeihund auf einen 14-jährigen Jungen (165 Zentimeter groß, 65 Kilo schwer) los, der sich nachts mit einem Freund in einem leeren Haus herumtreibt. Der Hund beißt den Jungen in den Arm. Wie in anderen Fällen begründet der Beamten sein Handeln damit, er müsse den Hund loslassen, um Leute aus Verstecken zu treiben.


Aus: "Report über Polizei in US-Kleinstadt Ferguson: Ein Hort rassistischer Stereotype" Barbara Junge (03/2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/report-ueber-polizei-in-us-kleinstadt-ferguson-ein-hort-rassistischer-stereotype/11460378.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Als racial profiling (auch ,,ethnisches Profiling" genannt) bezeichnet man das Handeln von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten, wenn dieses auf allgemeinen Kriterien wie "Rasse", ethnischer Zugehörigkeit, Religion und nationaler Herkunft einer Person basiert. Kritiker fordern, dass sich Verdachtsmomente nur auf das Personenverhalten und auf objektive Beweise gründen sollten. Das racial profiling wird dem institutionellen Rassismus zugeordnet. Der Ausdruck entstammt der US-amerikanischen Kriminalistik.

... Racial Profiling tritt auf:

    * Bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung durch Personenkontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen, Zügen und im Grenzbereich bei Menschen, die äußerlich ein ,,ausländisches Aussehen" haben.

    * Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus durch Personenkontrollen von Moscheebesuchern oder "muslimisch aussehender" Personen und bei der entsprechend motivierten Rasterfahndung.

    * Bei Fällen, wo Strafverfolgungsbehörden gegen ethnisch definierte ,,übliche Verdächtige" vorgehen, wie z.B. in den USA bei verstärkten Kontrollen von schwarzen Fahrzeughaltern (Driving While Black).

...


Aus: "Racial Profiling" (22. Februar 2015)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Racial_Profiling


Textaris(txt*bot)

Quote... With the complex contemporary politics this play throws into relief, Shakespeare has left directors and producers a thorny problem. Evidence from his other works suggests he was for free speech however, urging at the end of King Lear that we should "speak what we feel, not what we ought to say". So perhaps he might have agreed with Jacobson rather than Rylance; as he advocated against censorship of any point of view, even if it might offend or oppose. In Richard II he writes:

    Free speech and fearless, I to thee allow.


From: "Should racism and sexism be censored from Shakespeare?" The Conversation (04 Mar 2015)
Source: http://www.rawstory.com/rs/2015/03/should-racism-and-sexism-be-censored-from-shakespeare/

http://www.rawstory.com/rs/2015/03/should-racism-and-sexism-be-censored-from-shakespeare/comments/#disqus


Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Israel ist eine Demonstration äthiopischstämmiger Juden gegen Rassismus und Polizeigewalt erneut eskaliert: Drei Tage nach Ausschreitungen in Jerusalem lieferten sich am Sonntagabend Teilnehmer eines Protestmarschs in Tel Aviv Straßenschlachten mit den Einsatzkräften. Nach Angaben der Organisatoren setzte die Polizei Blendgranaten und Wasserwerfer ein. Teilnehmer warfen Steine und andere Gegenstände auf Polizisten. 46 Beamte und sieben Demonstranten wurden verletzt.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief zur Ruhe auf. "Es ist Raum, um alle Vorwürfe zu untersuchen", sagte er, aber es gebe "keinen Raum für diese Art von Gewalt und Gesetzesbrüchen."

Auslöser der Proteste waren Medienberichte über einen Übergriff auf einen Israeli äthiopischer Herkunft in der südisraelischen Stadt Beerscheba. Der Mann gab an, von Beamten der Einwanderungsbehörde angegriffen worden zu sein, weil sie ihn für einen Einwanderer ohne gültige Papiere hielten. In der Woche zuvor hatte zudem ein Video für Empörung gesorgt, in dem Polizisten einen äthiopischstämmigen Soldaten schlagen.

Zunächst blockierten die Demonstranten in Tel Aviv eine wichtige Straße während des Berufsverkehrs und lösten damit Staus aus. Einige von ihnen legten sich auf die Fahrbahn. "Nicht schwarz, nicht weiß, wir sind alle Menschen", skandierten sie. Viele Teilnehmer reckten ihre Arme über Kreuz in die Luft, als steckten sie in Handschellen.

Der Demonstrationszug zog weiter zum Rathaus von Tel Aviv, wo die Proteste eskalierten: Laute Explosionen waren zu hören. Augenzeugen berichteten, die Polizei habe auf dem zentralen Rabin-Platz Tränengas und Blendgranaten gegen die Demonstranten eingesetzt. Diese hätten die Sicherheitskräfte wiederum mit Steinen und Flaschen beworfen.

Israels Sicherheitsminister Jitzchak Aharonovitsch sagte, es sei schwierig gegen den "Aufstand" anzugehen, da dieser keine eindeutigen Anführer habe. "Es gibt keinen, mit dem man reden kann", sagte er zu Journalisten.

Dennoch versucht Netanjahu, zu vermitteln. Der Ministerpräsident will sich mit dem misshandelten Soldaten und Vertretern der äthiopischen Gemeinde sowie der Polizei und des Innen- und des Sicherheitsministeriums treffen, berichtete die Jerusalem Post.

Nach Angaben des israelischen Statistikbüros leben mehr als 135.000 Bürger mit äthiopischen Wurzeln im Land. Viele von ihnen beklagen Benachteiligungen in Beruf und Alltag.


Aus: "Verletzte und Festnahmen bei Protesten gegen Polizeigewalt" (4. Mai 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-05/protest-israel-polizeigewalt


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Polizeikontrollen ohne erkennbaren Anlass und gewaltsame Angriffe – viele Menschen mit vermeintlich ausländischem Aussehen haben das bereits erlebt. Beamte, die allein wegen äußerlicher Merkmale Verdacht schöpfen und ein neuer Höchststand der rassistisch motivierten Gewalt sind zwei Probleme, die in dieser Woche in Genf zur Sprache kommen dürften. Dann muss Deutschland zum nunmehr 14. Mal vor den Vereinten Nationen nachweisen, ob es die UN-Antirassismuskonvention einhält.

Die Vorzeichen sind wenig günstig: Juristen bewerten Racial Profiling, also Kontrollen von Menschen nur wegen äußerlicher Merkmale, als Verstoß gegen EU-Recht. Menschenrechtsorganisationen registrieren immer mehr solche Fälle und unterstützen Betroffene, die dagegen vor Gericht ziehen – mit Erfolg.

Hinzu kommt eine neue Statistik ostdeutscher Opferberatungsstellen: 2014 griffen Täter aus rassistischen Motiven 30 Prozent häufiger andere Menschen an als 2013, die Zahl stieg im dritten Jahr in Folge.

Am heutigen Dienstag und am Mittwoch sitzen sich in Genf der Fachausschuss gegen rassistische Diskriminierung (CERD) und Vertreter der Bundesregierung gegenüber. Sie werden einen von mehreren Ministerien verfassten Bericht mitbringen, der Deutschlands Bemühungen zum Schutz einzelner Bevölkerungsgruppen vor rassistischen Anfeindungen auflistet, darunter die etwa 200.000 bis 300.000 Schwarzen, die vier Millionen Islamgläubigen, die etwa 110.000 Juden, Sinti und Roma, die Lausitzer Sorben.

An der Anhörung in Genf teilnehmen werden auch Vertreter von sieben Nichtregierungsorganisationen, darunter Diakonie, Caritas, eine Gruppe von Nebenklageanwälten aus dem NSU-Prozess und das Deutsche Institut für Menschenrechte. Alle haben eigene Berichte eingereicht, in denen sie die Einschätzung der Ministerien ergänzen, teils korrigieren.

... In den Berichtszeitraum fällt auch ein Interview, in dem der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin Türken und Araber herabwürdigte und einen Zusammenhang zwischen ethnischer Herkunft und Integrationsproblemen konstruierte. Der Türkische Bund in Berlin und Brandenburg stellte damals – erfolglos – Strafantrag und warf Deutschland vor, nicht entschieden genug gegen Rassismus vorzugehen. Der Antirassismusausschuss der UN hat hierfür bereits eine Rüge ausgesprochen. Das Menschenrechtsinstitut sieht seine Kritik an der Rassismus-Definition Deutschlands bestätigt: Sarrazin sei zwar kein Rechtsextremist, argumentiere aber biologistisch, erläutert Cremer. 

Einige Mängel räumt der Staatsbericht der Regierung bereits selbst ein: Sämtliche Versuche, Sarrazin zu belangen, seien erfolglos geblieben, heißt es. Und rassistisch motivierte Straftaten gegen Schwarze seien nicht zu beziffern, weil die Statistiken dies nicht separat erfassen. Für Folmar-Otto vom Menschenrechtsinstitut ist daher klar: "Es gibt in Deutschland strukturelle Probleme, Rassismus zu erkennen und zu bearbeiten", sagt sie. Und aus Sicht der Diakonie bleibt die deutsche Rechtsordnung ebenso wie die Politik auf Bundes- und Landesebene "weit hinter den menschenrechtlichen Verpflichtungen zurück, die sich aus der Unterzeichnung der UN-Antirassismuskonvention ergeben".


Aus: "Vereinte Nationen: Deutschland muss zum Rassismus-TÜV" Tilman Steffen (5. Mai 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2015-05/rassismus-un-deutschland-racial-profiling-sarrazin


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Gemäss bestätigten Zeugenaussagen hatte sich der junge weisse Mann in einer von Schwarzen besuchten Bibelstunde zur Runde gesetzt, ehe er nach knapp einer Stunde wieder aufstand und das Feuer eröffnete. Anschliessend ergriff er die Flucht.

An einer Pressekonferenz bestätigte der lokale Polizeichef Gregory Mullen neun Todesopfer – sechs Frauen und drei Männer. Nur drei anwesende Personen hätten den Angriff überlebt. Acht Menschen seien am Tatort gestorben, eine weitere Person sei im Spital ihren Verletzungen erlegen.

Offenbar liess der Schütze eine Frau bewusst am Leben, damit diese als Augenzeugin über die Tat berichten könne.

Unter den Opfern ist auch der 41-jährige Pfarrer der Kirche und dessen Schwester. Eine Person liege zudem schwer verletzt im Spital. Laut Mullen soll die Tat rassistisch motiviert gewesen sein.

... Nach Informationen von US-Medien hatte der Verdächtige vor der Tat erklärt, er wolle Schwarze umbringen. Nach dem Blutbad veröffentlichten die Behörden ein Foto, das den jungen Mann in einem Jackett zeigt, auf dem die Flaggen der ehemaligen Apartheidstaaten Südafrika und Rhodesien zu erkennen sind.

... Die Tat ereignete sich in der Emanuel African Methodist Episcopal Church, einer der ältesten Kirchen der schwarzen Gemeinden in Charleston. Unter anderem war dort auch der Pastor und Bürgerrechtler Martin Luther King einst an einem Gottesdienst zu Gast. (cat/sda)


Aus: "Dylann Roof tötete neun Schwarze in einer Kirche - Der Vater schenkte ihm kürzlich eine Waffe" (17.06.2015)
Quelle: http://www.blick.ch/news/ausland/dylann-roof-toetete-neun-schwarze-in-einer-kirche-der-vater-schenkte-ihm-kuerzlich-eine-waffe-id3878939.html

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Beim Anschlag in Charleston erschoss ein 21-jähriger weißer US-Bürger am 17. Juni 2015 neun Afroamerikaner während einer Bibelstunde in einer Kirche in Charleston (South Carolina). Die Ermittlungsbehörden ermitteln wegen eines rassistisch motivierten Hassverbrechens und möglichem Terrorismus. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_in_Charleston

https://en.wikipedia.org/wiki/Charleston_church_shooting

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Quote[...] Scott Roof, who identified himself as Dylann Roof's cousin, told me over the telephone that "Dylann was normal until he started listening to that white power music stuff."  He also claimed that "he kind of went over the edge when a girl he liked starting dating a black guy two years back." ...

... The Wall Street Journal reported that Roof's family had grown concerned over the last two months as his racist views started to boil over. "He apparently told people that he was involved in groups, racist groups," said a woman who identified herself as the mother of Roof's former stepmother. "He turned into a loner in the last couple of years and no one knew why. He just fell off the grid somehow."

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From: "Charleston: Dylann Roof's Cousin Claims Love Interest Chose Black Man Over Him" Juan Thompson (19.06.2015)
Source: https://firstlook.org/theintercept/2015/06/18/cousin-of-charleston-suspect-says-black-man-stole-roofs-love-interest/

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" ... Als hate crimes (deutsch: ,,Verbrechen aus Hass", ,,Hasskriminalität") werden Straftaten bezeichnet, bei denen das Opfer des Delikts vom Täter vorsätzlich nach dem Kriterium der wirklichen oder vermuteten Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe gewählt wird und sich das Verbrechen dadurch gegen die gewählte Gruppe als Ganze richtet. ... Das Konzept der Hate Crimes wurde im Rahmen der Bürgerrechtsbewegungen in den USA entwickelt. Es ist damit zunächst ein soziales Konstrukt, welches den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen strafrechtlichen Schutz vor Übergriffen garantieren sollte. ..."
https://de.wikipedia.org/wiki/Hate_crime




Textaris(txt*bot)

Quote[...] Rassismus gibt es nach Auffassung der Bundesregierung nicht in deutschen Behörden und staatlichen Institutionen. Die bisher bekannten Fälle enthielten bisher ,,keinen Ansatz für die Feststellung eines Strukturproblems", heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Sie bezögen sich alle ,,auf subjektiv als unberechtigt empfundene polizeiliche Maßnahmen", bei denen bei den Betroffenen ,,im Einzelfall fälschlicherweise der Eindruck" entstehen konnte, sie seien wegen ihrer Hautfarbe oder anderer äußerer Merkmale in den Fokus der Polizei geraten.

Deutschland ist bereits mehrfach von der UN-Rassismuskommission vorgeworfen worden, es bekämpfe Rassismus nicht ausreichend. Als sich der Buchautor und frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin für seine Äußerungen gegen türkei- und arabischstämmige Berliner nicht vor Gericht verantworten musste, rügten die Vereinten Nationen, dass in Deutschland Gesetze fehlten, die die Verfolgung von Rassismus möglich machten. Zuletzt hatte das UN-Komitee zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung (CERD) sich im Mai ,,besorgt" geäußert: Im Falle der NSU-Mordserie versäume ,,die staatliche Seite es weiterhin ..., die eigenen systemischen Mängel und das rassistische Motiv hinter diesen Taten zu erkennen", heißt es im Kommentar der UN zum Lagebericht Berlins. "Hinter diesem Versäumnis könnte sich institutioneller Rassismus verbergen." Es sei auch Grund zur Sorge, ,,dass selbst der Bericht des mit der Untersuchung des staatlichen Versagens beauftragten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses weder spezifisch auf rassistische Diskriminierung noch auf das rassistische Motiv für die begangenen Morde Bezug nimmt. In der Gesamtheit scheinen all diese Elemente auf eine strukturelle Diskriminierung als die eigentliche Ursache für diese Probleme hinzudeuten."

In der Antwort auf die Kleine Anfrage rechtfertigt nun die Bundesregierung gerade mit dem von den UN kritisierten Bericht des NSU-Ausschusses, warum sie keinen Anlass zum Handeln sieht: ,,Die Bundesregierung orientiert sich bei ihrer Bewertung der Versäumnisse bei den Ermittlungen zu den Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) an den Feststellungen des NSU-Untersuchungsausschusses. Dieser hat in seinen gemeinsamen Bewertungen (mit seinen 47 Handlungsempfehlungen) keinen strukturellen/institutionellen Rassismus bei den Ermittlungsbehörden festgestellt."

Was rassistische Maßnahmen und Verhalten jenseits des NSU-Komplexes angeht, sind die von der Regierung zitierten Betroffenen allerdings nicht mehr nur "subjektiv" überzeugt, dass es sie gibt. In mehreren Verfahren um sogenanntes "Racial Profiling" haben ihnen Gerichte Recht gegeben. Aktuell wehrt sich die Bundespolizei gegen ein Urteil, das ein dunkelhäutiges Ehepaar aus Mainz im Recht sah. Beide waren als einzige im Zug von der Polizei kontrolliert worden. Wie massiv solche auf äußere Merkmale abzielenden Kontrollen, nicht nur durch Polizisten, sondern auch durch andere Vertreter des Staats das Leben dunkelhäutiger Bürger in Deutschland beeinträchtigt, kam kürzlich auch durch den Prozess wieder zutage, den der Frankfurter Ingenieur Derege Wevelsiep angestrengt hatte, der im Verlauf einer Fahrkartenkontrolle sogar Schläge hatte einstecken müssen. Im Bundestag sprach kürzlich der Hallenser SPD-Abgeordnete Karamby Diaby, der erste Schwarze im deutschen Parlament, von seinen Erfahrungen und der Scham und Resignation, die Betroffene meist sogar davon abhalte, Racial Profiling anzuzeigen.

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Quotevon DaW
    07.07.2015 08:47 Uhr

Nichts sehen, nichts hören...
"Sie bezögen sich alle 'auf subjektiv als unberechtigt empfundene polizeiliche Maßnahmen', bei denen bei den Betroffenen 'im Einzelfall fälschlicherweise der Eindruck' entstehen konnte, sie seien wegen ihrer Hautfarbe oder anderer äußerer Merkmale in den Fokus der Polizei geraten."

Stimmt - wenn Polizisten in die S-Bahn steigen und von 100 Fahrgästen genau den einzigen Schwarzen kontrollieren, ist das natürlich reiner Zufall. Wenn ein Kommilitone, gebürtiger Brasilianer, schon mehrmals "verdachtsunabhängig" am Ostbahnhof seinen Ausweis vorzeigen muss, während mir (weiß, blond) noch nie passiert ist, ist das natürlich ein "falscher Eindruck", der entsteht.


Quotevon tzui
    07.07.2015 08:42 Uhr

Alltagsrassismus
Der alltägliche Rassimus ist so normal, verinnerlicht und weit verbreitet, dass er den betroffenen Behörden natürlich selbst nicht auffallen kann.
Ein vielleicht harmlos klingendes, aber entlarvendes Beispiel: Ich war mit einer Freundin, visuell wie ich eher der nordeuropäischer Typ, beim Ausländeramt. Die Gänge voll mit Menschen, die, wie wir, auf ihren Termin warteten. Seltsamerweise haben uns alle Angestellten des Amtes auf dem Gang gegrüßt, meist mit einem freundlichen Nicken. An den anderen - dunkelhaarigen - sind sie vorbeigegangen als wären sie Luft.
Zur Erinnerung: Diskriminierung heisst erstmal nur "Unterscheidung", überall wo unterschiedlich behandelt wird beginnt der Rassismus...
Und wer behauptet, dass man als Schwarzer am Bahnhof von der Bundespolizei nicht unterschiedlich behandelt wird als die Visuell-Germanen, der war noch nicht oft genug als Schwarzer an einem deutschen Bahnhof.



Aus: "Regierung sieht kein Problem mit Rassismus in Behörden" Andrea Dernbach (07.07.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/diskriminierung-regierung-sieht-kein-problem-mit-rassismus-in-behoerden/12018782.html


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Quote[....] STUTTGART taz | Warum hat es Jahre gedauert, bis die Polizei entschieden hat, was mit zwei Beamten geschieht, die Mitglied des Ku-Klux-Klan waren? Der Untersuchungsausschuss des Baden-Württembergischen Landtags offenbart ein strukturelles Versagen der Behörden beim Bekämpfen rechtsextremer Tendenzen.

Im Herbst 2001 hatte der Polizeibeamte Jörg W. seinen Kollegen Timo H. mit zu einem KKK-Treffen nach Schwäbisch Hall genommen. Wenig später trat der, wie vorher W., der rassistischen Vereinigung bei. Dafür musste er geloben, keine jüdischen Vorfahren zu haben und die Rasse reinzuhalten. Diese Erklärung besiegelte er in einer Zeremonie mit Kapuzen und viel Kreuzsymbolik mit Blut aus seinem Daumen. Er sei dem älteren Kollegen damals einfach so ,,hinterhergedackelt", sagte Timo H. vor dem Ausschuss.

Ein halbes Jahr später verließen Timo H. und Jörg W. den Klan wieder, der wohl aus kaum mehr als acht Leuten bestand. Die Mitgliedschaft der beiden Beamten wurde den Behörden durch eine Abhöraktion des Landesamts für Verfassungsschutz bekannt. Folgen hatte das erst einmal nicht. Im Ausschuss wiesen die Parlamentarier nun nach, dass das Verfahren von den Polizeibehörden zunächst drei Jahre verzögert wurde. Das Ermittlungsverfahren war erst im März 2005 abgeschlossen, von da an habe es noch einmal ein halbes Jahr lang gedauert, bis eine Verfügung ausgesprochen wurde.

Ein Verweis mit möglichen Gehaltskürzungen oder gar eine Entfernung aus dem Polizeidienst waren damit wegen Verjährung nicht mehr möglich. Gegen die beiden Beamten konnte nur noch eine Rüge ausgesprochen werden.

Jörg W., gegen den zuvor schon ein Strafverfahren wegen rassistischer Äußerungen eröffnet worden war, und Timo H. sind bis heute im Polizeidienst. H. war am Tag der Ermordung der Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter, mutmaßlich durch den NSU, deren Einsatzleiter.

Parlamentarier aller Fraktionen zeigten sich von dem schlampigen Disziplinarverfahren empört. Der Abgeordnete der Grünen, Jürgen Filius, sagte: ,,Die Fehler des Verfahrens liegen offen, das darf nicht mehr passieren."

Vor allem die Aussage des damaligen Polizeipräsidenten und heutigen Stuttgarter Bürgermeisters Martin Schairer (CDU) war voller Erinnerungslücken. An den Fall von Jörg W. konnte sich Schairer erinnern. Doch warum das Verfahren zu einem solchen Ende kam, wusste er nicht. Eine eigene Verantwortung für das verzögerte Verfahren schloss der Bürgermeister aus.

Der ehemalige Vorgesetzte von Timo H. sagte, er sei vom damaligen Chef der Bereitschaftspolizei angewiesen worden, bei der Mitgliedschaft der Beamten im Ku-Klux-Klan ,,nicht in die Breite" zu ermitteln, um die Arbeit des Verfassungsschutzes nicht zu gefährden. Schairer kann sich an diese Anweisung nicht erinnern.

Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock kommentierte das Vorgehen der Behörden: Die ,,leichtsinnige Beurteilung" von Polizeibeamten mit rechter Gesinnung ziehe sich in Baden-Württemberg durch. Noch vor wenigen Wochen war ein Beamter der Polizeidirektion Göppingen mit einer Geldbuße davongekommen, der Texte der Nazirock-Band Landser per SMS verschickt hatte.


Aus: "Ku-Klux-Klan in Baden-Württemberg: Rechte Beamte bleiben unbehelligt" Benno Stieber (8.7.2015)
Quelle: https://www.taz.de/Ku-Klux-Klan-in-Baden-Wuerttemberg/!5210324/


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Quote[...] Junge Mädchen sollen vergewaltigt, zur Prostitution gezwungen oder an Freunde weitergereicht worden sein: Staatsanwältin Michelle Colborne erhebt vor Gericht im nordenglischen Sheffield schwere Vorwürfe gegen fünf Männer und zwei Frauen. Teilweise sollen die Opfer in der Stadt Rotherham erst zwölf Jahre alt gewesen sein. Die Angeklagten bestreiten jede Schuld.

Die Verbrechen in der 260.000-Einwohner-Stadt in Großbritannien gelten als Inbegriff des Kindermissbrauchs in Großbritannien. In einem unabhängigen Untersuchungsbericht der Professorin Alexis Jay heißt es, in Rotherham seien über Jahre bis zu 1400 Kinder und Jugendliche Opfer sexueller Gewalt geworden. Den Behörden der Stadt wird vorgeworfen, lange Zeit weggeschaut zu haben.

Die Anklage der Staatsanwältin lässt das Leid der Opfer nur erahnen: "Er benutzte sie für seine eigene Befriedigung, prostituierte sie oder reichte sie an seine Brüder und seine Freunde weiter", warf Colborne einem der Angeklagten vor. Einige Opfer seien regelrecht gefangen gehalten worden.

Einer der Angeklagten habe ein zwölfjähriges Mädchen aus einem Kinderheim geholt - dort habe man gesagt, es sei okay, wenn er das Mädchen bis 23 Uhr wieder zurückbringe. Das Mädchen sei dann gezwungen worden, mehrere Männer in einem Auto oral zu befriedigen, sagte Colborne.

Insgesamt werde man in dem Prozess, der mehrere Wochen dauern dürfte, die Aussagen von zwölf Mädchen und jungen Frauen anhören. Die Anklage umfasst mehr als 60 Punkte. Die Verbrechen sollen über zehn Jahre hinweg begangen worden sein. Es geht darum, wie unsicheren jungen Mädchen aus schwierigen Verhältnissen Schnaps eingeflößt wurde, wie sie mit billigen Geschenken gefügig gemacht wurden. Betrunkene Erwachsene sollen anschließend über sie hergefallen sein.

Was vor Gericht verhandelt wird, ist den Ermittlungen zufolge nur die Spitze eines unfassbaren Skandals. Denn in Rotherham sollen Jays Bericht zufolge auch die Behörden jahrelang aus falsch verstandener politischer Korrektheit weggeschaut haben.

Es bestehe der Verdacht, dass Polizei und Behörden "die ethnische Dimension der sexuellen Ausbeutung von Kindern heruntergespielt" hätten, heißt es in dem Bericht. Sieben der Angeklagten tragen Namen, die eher dem Nahen und Mittleren Osten zuzuordnen sind. Ermittler und Sozialarbeiter vor Ort seien im Unklaren gewesen, "was sie sagen und tun sollten, und was als rassistisch interpretiert werden könnte".


Aus: "Anklage im Rotherham-Prozess: "Mädchen an Brüder und Freunde weitergereicht"" (10.12.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/rotherham-prozess-staatsanwaeltin-spricht-ueber-vergewaltigung-und-prostitution-a-1067205.html#utm_source=panorama#utm_medium=medium#utm_campaign=plista&ref=plista

Unter dem Missbrauchsskandal von Rotherham lassen sich Vorgänge des organisierten sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zwischen den Jahren 1997 und 2013 in Mittelengland zusammenfassen. Zum Skandal wuchsen sich die Ereignisse aus, als 2014 ein Untersuchungsbericht erschien, der die Dimension der Verbrechen bilanzierte und Behördenmitarbeitern, der Polizei und Kommunalpolitikern Verschleierung und Versagen nachwies. 1400 Kinder und Jugendliche wurden in der Stadt Rotherham, deren Umgebung und anderen Orten in Mittelengland durch britisch-pakistanische ,,Grooming"-Banden systematisch missbraucht. Dabei kam es zu Gruppenvergewaltigungen, erzwungener Prostitution und ,,Trafficking" – einem Weiterreichen von einer Männergruppe zur nächsten. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Missbrauchsskandal_von_Rotherham (12/2015)


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#12
Quote[...] Das Hobbymodel Philipp Awounou wurde Werbeträger einer Krankenkasse – und stand plötzlich im Zentrum eines Shitstorms "Kanakenwerbung", "Drecksgesindel", "Vergewaltiger": Diese Worte musste Philipp Awounou auf Facebook über sich lesen. Der Deutsche hatte vor rund einem Jahr mit seiner Freundin für Fotos posiert, diese wurden von einer Krankenkasse für deren Werbekampagne ausgewählt. Sie zeigen ein deutsches Paar mit unterschiedlichen Hauttönen, die sich über ein Ultraschallbild ihres Babys freuen. Im Netz löst das Plakat heftige Reaktionen aus, wie Awounou im Spiegel berichtet.

Angetrieben wird das etwa durch die AfD. Die Facebook-Seite einer lokalen Parteiorganisation teilt das Plakat, schreibt dazu von "Multikulti", "Asylchaos" und dass "der große Teil der Migranten niemals einzahlen" werde.

Awounou ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Er will mit der AfD-Seite Kontakt aufnehmen und sie auf die rassistischen Kommentare hinweisen, die sich unter dem Facebook-Beitrag befinden. Er erhält nur eine knappe Antwort, dass zu wenig Ressourcen für eine Moderation vorhanden seien. Unterstützungserklärungen gelöscht Später entdeckt Awounou, dass andere Beiträge, die den Rassismus der Vorposter kritisieren, sehr wohl rasch gelöscht werden. Er beschließt, seine Geschichte in einem Facebook-Beitrag zu thematisieren, außerdem kontaktiert er einzelne Hassposter. Die erklären ihm etwa, prinzipiell nichts gegen Ausländer zu haben, sich seit der Flüchtlingskrise aber "unwohl" zu fühlen. Die Krankenkasse DAK bleibt indes bei ihrer Kampagne. "Ein junges Paar freut sich auf sein baby – und wir werden für dieses Motiv kritisiert", schreibt sie auf Facebook. "Wir sind die Krankenkasse für alle Menschen – egal welcher Herkunft." (red, 2.4.2018)

...


Aus: "Online-Mob hetzt gegen Plakat, das schwarzen Deutschen zeigt" (2. April 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000077163500/Online-Mob-hetzt-gegen-Plakat-das-schwarzen-Deutschen-zeigt

Quote
Harleygraf,

Hütet euch vor der Frühlingssonne, schon morgen könnte eure Hautfarbe zu dunkel für so manchen Deppen sein.


QuoteSneef,

Wenn er sich ernsthaft integrieren hätte wollen, hätte er seine Hautfarbe loswerden müssen.
So ist das alles nur wischiwaschi...


Quote
homo ökonomicus,

Soziale Netzwerke sind Treffpunkt des untersten sozialen Pöbels ...


Quote
Wurscht? Powidl!,

Mir tun jene irgendwie extrem leid, die nicht erkennen, dass sie mit dem jungen werdenden Vater meistens weit mehr substanzielle Interessen teilen, als mit den Führungskadern von AfD, FPÖ, FN, Lega, Jobbik und wie sie sich alle nennen. Hautfarbblick macht blind.


Quote
RetterausVorarlberg,

Dummheit muss nicht leid tun.


Quote
Rotes Käppchen,

Sorry, aber wer sich die Menschheit als Hierarchie von Rassen vorstellt und dementsprechend in eine Diskussion geht (Motto: weiß, christlich und deutsch ist das allerbeste wo gibt), hat mit Bildung wohl wenig am Hut.

Andererseits: Einbildung ist auch eine Bildung, und immerhin gibt's ja genügend alternative Fakten von 1930 bis heute, an die man sich halten kann.


Quotebadat,

Man kann auch mit einem hohen formalen Abschluss ein Volltrottel sein.
Wer nach gut 100 Jahren rechtsnationaler Politik, in denen diese Politik kein einziges Mal irgendwo irgendeinen nachhaltigen Vorteil für den "kleinen Mann" gebracht hat, solche Parteien noch immer wählt, leistet einen Offenbarungseid.


Quote
Badlands Frankie,

Solche Pöbeleien zeigen in erster Linie nur eines,
dass diese Leute einfach an einer weit verbreiteten Krankheit namens niedriger Intelligenz leiden. Vorurteile, Rassismus und unbegründete aber überhöhte Selbsteinschätzung sind die Hauptsymptome dieser Krankheit. ...


Quoteabaris,

David Alaba nicht vergessen
Ich persönlich freu mich, wenn ich einen Schwarzen im breiten Wiener Dialekt in der U-Bahn telefonieren höre. Oder wenn ich Kindergarten-Ausflüge sehe, die Schwarze, Asiaten und Weiße Kinder gemeinsam ausführen. Kinder urteilen sowieso nicht. Die Blödheit wächst erst mit dem Alter, der Indoktrinierung und der Verbissenheit. Wenn diese Kinder aufwachsen, wird es für sie hoffentlich kein Thema mehr sein. Auch wenn jetzt wieder Kräfte an der Regierung sind, die alles hassen, was nicht in ihr enges Denkschema passt.


Quote
jubilee,

alle övpler hier sollten sich schämen: das sind die leute, das ist die gesinnung, die ihr in die regierung geholt habt. das ist der geist, mit dem ihr keinerlei probleme habt. also hört endlich auf herumzujammern wenn man euch rassismus vorwirft, viel offensichtlicher wird der nimmer


Quote
Gott erhalte, Gott beschütze unsere Große Koalitio,

Sie wollen doch nicht etwa den Herrn Bundeskanzler anpatzen? ...


Quote
Arnold XXIII,

Diese Hetze ist einfach widerlich. Genauso wie mit dem Neujahrsbaby, deren Mutter ein Kopftuch getragen hat. Einfach widerlich.


Quoteino

Gleich mehrere Zeichen für die Zeit, in der wir leben
a) auf Facebook treiben sich immer mehr Extremisten und Rassisten rum. Mit den auf Facebook generierten Daten können Extremisten sich sogar zu Präsidenten wählen lassen, wenn sie genug zahlen. Man sollte dieses Netzwerk meiden.

b) Immer mehr Leute finden es normal, ihren Unmut über andere Menschen zu äußern, weil die anders aussehen. Dabei ist es egal, ob die eine andere Hautfarbe haben, ein Kopftuch tragen oder einen Turban.

c) Die Art und Weise, wie Leute ihren Unmut äußern, wird immer unhöflicher. Kaum wer sagt einem anderen "Arschloch" ins Gesicht, aber im Internet ist es schnell getippt. Soziale Medien enthemmen und es sind nicht unsere guten Seiten, die dabei zum Vorschein kommen. Je mehr enthemmt, desto rassistischer werden viele.


QuoteClama91

Dieser junge Mann ist Deutscher....Aber gegen blinden Hass und totale Dummheit kommt man mit der Wahrheit ja nicht an.
Traurig....


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Es gibt eine Zeichnung aus dem frühen 19. Jahrhundert, die die brasilianische Sklavin Anastácia zeigt. Um den Hals trägt sie einen Metallring wie ein Hundehalsband. Vor ihrem Mund klemmt ein Stück Blech, das von Schnüren über Wangen und Stirn zum Hinterkopf festgebunden ist. Das Blechstück führt weiter in den Mund zwischen Zunge und Kiefer. Es ist die Máscara de flandres, ein Folterinstrument: Es verhinderte, dass Sklaven essen, trinken oder miteinander sprechen konnten.

Mehr als 300 Jahre lang kam diese Maske zum Einsatz. Für die Psychoanalytikerin und Künstlerin Grada Kilomba steht die Máscara de flandres wie kein anderes Symbol für das koloniale Projekt und die Funktionsweise von Rassismus: die Macht auf der einen Seite, die Ohnmacht auf der anderen Seite, und das Schweigen dazwischen. Was hätte sich die weißen Sklavenhalter anhören müssen, wenn die schwarzen Sklaven hätten reden können?

Heute sind die Kolonialherren weg, die Sklaven sind frei. Die Masken aber tragen sie bis heute, sagt Kilomba. Die Masken sind nur unsichtbar geworden. Bis heute sind jene, die diese Maske tragen, oft sprach- und machtlos. Weil die anderen, die ihnen die Masken aufsetzen, heute noch Angst vor ihren Worten haben. Und weil sie Schuldgefühle und Scham plagen.

Eigentlich soll es keinen Rassismus geben. Das deutsche Grundgesetz und alle anderen liberalen Verfassungen verbieten ihn. "Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus dürfen in Deutschland und auch anderswo keinen Platz haben", sagte die Bundeskanzlerin zum 25. Jahrestag des rassistisch motivierten Brandanschlags in Solingen.

Aber die Realität sieht anders aus. "Wenn Menschen mich mögen, sagen sie, sie tun es trotz meiner Farbe. Wenn sie mich nicht mögen, stellen sie heraus, sie tun es nicht wegen meiner Farbe." So beschrieb es der Theoretiker Frantz Fanon 1968, der in der früheren französischen Kolonie Martinique geboren wurde und als Schwarzer dort trotz rechtlicher Gleichstellung herablassend behandelt wurde. Und so erleben es viele auch heute, auch in Deutschland: Da ist zum Beispiel Amaniel, dessen Kollege ihm Bananen auf seinen Arbeitsplatz legte und dabei Affengeräusche machte, Burak, der viel mehr Bewerbungen schreiben muss als Bernd, oder Ismail, der länger nach einer Wohnung suchen muss als Hanna, und die Polizei kontrolliert einen Pakka häufiger ohne Anlass als einen Paul. 

Rassismus ist die stille, vielleicht wirkmächtigste Ideologie der Menschheitsgeschichte. Wie konnte das passieren?

Biologisch, darüber sind sich Wissenschaftler heute einig, gibt es keine unterschiedlichen, abgrenzbaren Menschenrassen. Das sei vielmehr eine "ideologische Kopfgeburt", schreibt der Soziologe Wulf D. Hund. In die Welt gekommen mit Hilfe kolonialer Gewalt, von der Aufklärung des 18. Jahrhunderts systematisiert und in den falschen Stand eines wissenschaftlich beweisbaren Fakts erhoben.

Jahrhundertelang kamen die Menschen ohne Rassismus aus. Aber das Bedürfnis, sich und die eigene Gruppe aufzuwerten, indem man andere abwertet, das gab es wohl schon immer. Das Wort für "ich" ist in vielen Sprachen identisch mit dem Wort "Mensch". Alle anderen sind in der Sprachlogik nicht mal Menschen. Und seit jeher bekämpften die Menschen einander, Sieger drängten nach Kriegen den Besiegten ihre Kultur auf oder versklavten sie. Doch wer Sieger und wer Verlierer war, darüber entschieden keine körperlichen Unterschiede. Die waren lange unwichtig.

In der europäischen Antike zum Beispiel hatten Menschen Unterschiede in ihrem Teint zwar wahrgenommen, der Unterschied ordnete aber nicht ihr Zusammenleben. Die Grenze verlief laut dem Historiker Christian Geulen anderswo, beispielsweise zwischen Hellenen im griechischen Einflussgebiet und Barbaren jenseits davon. Beide gehörten zur antiken Gesellschaft dazu, auch wenn Aristoteles die Barbaren zu geborenen Knechten erklärte und Alexander der Große meinte, mit Barbaren müsse man umgehen wie mit Tieren. Es waren Vorurteile, aber keine unveränderlichen: Barbaren konnten Hellenen werden, "und weder Aristoteles noch sonst ein Grieche wäre auf die Idee gekommen, dass die Welt ohne Barbaren eine bessere wäre", schreibt Geulen. Ähnlich dachten die Römer, die später hellenische Staaten eroberten.

Das änderte sich auch nicht, als die Römer ihren Machtbereich bis an den Rhein ausdehnten und an dessen Ufern auf die Germanen trafen. Sie unterwarfen die Germanen ebenso wie die Gallier und die Kelten – aber nicht, weil die Germanen sich körperlich von ihnen unterschieden, sondern weil die Römer sie für dumm und unzivilisiert hielten.

Die Wende begann im christlichen Mittelalter. In der aristotelischen Weltordnung war für alle Platz, wenn auch nicht mit den gleichen Rechten. Die Christen des Mittelalters hingegen erhoben erstmals den Anspruch, ihre Religion sei die einzig wahre Religion für alle Menschen. Wer nicht dazugehören wollte, wurde verteufelt und drohte aus Sicht der Christen die eigene Gruppe zu unterwandern und damit zu zerstören. Augustinus und andere Gelehrte und Scholastiker gaben dem neuen Gedanken ein theologisches Fundament. Das bis dahin selbstverständliche Zusammenleben verschiedener Gruppen erklärten sie zur Gefahr.

Dieser Gedanke war wichtig für das, was sich ab der Neuzeit zu einer Ideologie namens Rassismus entwickeln sollte. Hier entstehen die Versuche, einen essenziellen Unterschied zwischen sich und den vermeintlich ganz anderen herzustellen, um die eigene Überlegenheit zu begründen und daraus einen alleinigen Anspruch auf Macht und Ressourcen abzuleiten.

Ein Jahr sticht dabei besonders heraus: 1492. Das Alhambra-Edikt ordnete die Zwangsbekehrung der Juden aus dem heutigen spanischen Gebiet an. Damit schlossen die Christen die Reconquista ab, die Rückeroberung des Landes, in dem zuvor jahrhundertelang Christen, Juden und Muslime weitgehend friedlich zusammengelebt hatten.

Allerdings trauten die Christen ihren eigenen Regeln nicht, zu groß war die inzwischen theologisch begründete Angst vor Fremdkörpern. Sie verdächtigten die übergetretenen Juden, nur oberflächlich zum Christentum konvertiert zu sein und insgeheim ihr Judentum weiterzuleben. Taufe und Glaubensbekenntnis allein galten nicht mehr. Aus der Frage nach dem "reinen Glauben" wurde eine Frage nach der "Reinheit des Blutes", der limpieza de sangre. Der Verdacht des unreinen Blutes konnte jeden treffen, von der Landbevölkerung bis zum Adel. Die Folge war häufig Vernichtung auf dem Scheiterhaufen. In dieser Zeit tauchte auch erstmals der Begriff Rasse auf. Er diente zur Aufspürung zu bekehrender Gruppen.

Was in Spanien begann, setzte sich überall in Europa und mit der europäischen Expansion fort. Spanien war zu der Zeit mit drei Weltreligionen und großen Seefahrten ein bedeutendes Zentrum und trug seine Ideen bereitwillig nach außen. Umgekehrt interessierten sich andere Länder für spanische Strategien. Europa sortierte sich gerade neu, die Kirche brach auseinander. Da wollte man wissen, wie die Spanier inmitten des Chaos vorgingen. Und dort galt Vielfalt als Bedrohung für das eigene Überleben – umso mehr, als die Spanier nach der Weltumrundung von Ferdinand Magellan im 16. Jahrhundert verstanden hatten, dass die Erde eine Kugel war, auf der es nur begrenzt Platz gab. Sie mussten den Planeten teilen – und wollten es nicht.

Da kam ihnen die reifende Vorstellung von unterschiedlichen Menschenrassen gerade recht. Mit der Idee konnten sie zu Hause die brutalen Annexionen, die Sklaverei und die Ausbeutung in anderen Teilen der Welt rechtfertigen. Bald galten die vermeintlich rassisch Anderen nicht nur als unrein und gefährlich, sondern auch noch als faul und triebgesteuert. Den Anderen, vor allem den schwarzen Versklavten, wurde alles unterstellt, was man selbst auf keinen Fall sein wollte oder durfte. Karikaturen und erfundene Geschichten über Kannibalen schmückten dieses Bild aus. Die eigentliche Rassenlehre wurde zwar erst später ausformuliert, aber ihre Grundzüge legitimierten schon damals ein hocheffizientes Herrschaftssystem mit weltweitem Sklavenhandel.

Die Vorstellung, dass die Anderen fundamental anders seien als man selbst, sickerte so tief ins Bewusstsein, dass einige Europäer es gar als ihre moralische Pflicht sahen, die Versklavten zu erziehen und zu zivilisieren. Wieder andere begannen damit, die vermeintlich Primitiven zu erforschen. Es war der Beginn der Völkerkunde. Nicht selten forschten die Völkerkundler im Auftrag der Kolonialherren, die ihr Einflussgebiet besser verstehen wollten, um die Menschen darin effizienter zu unterwerfen.

Im 18. Jahrhundert kamen die Aufklärer und forderten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit für alle Menschen. Dem frühen Rassismus tat das keinen Abbruch. Vielmehr begann die Suche nach etwas, das es nicht geben konnte: wissenschaftliche Beweise für die Existenz und Ungleichheit der Rassen.

Die Suche begann bei Äußerlichkeiten. "Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen", sagte der Philosoph Immanuel Kant. "Die Gelben" hätten schon ein geringeres Talent und die Schwarzen hätten "von der Natur kein Gefühl, welches über das Läppische stiege". Einige glaubten, im Klima die Erklärung gefunden zu haben: Das gemäßigte europäische Klima begünstige die Entstehung von Hochkulturen, während Hitze die Leute faul mache und Kälte herzlos. Andere schufen die Figur des edlen Wilden, die in einer Art natürlichen Urzustand lebt. Im Gegensatz dazu seien Europäer moralisch verkommen. Später begannen Anthropologen, den Unterschied an Körpern beweisen zu wollen. Schädel, Kiefer, Nasenform – alles kam unter die Lineale der Forscher und in lange Tabellen, die später in den Lehrbüchern des Nationalsozialismus landen sollten. 

Dass keine dieser Beweisführungen haltbar war, hielt die Nutznießer der Forschung zu keiner Zeit davon ab, sie zu glauben. Was nicht passte, wurde passend gemacht, Abweichungen einfach weggelassen. Und wenn man, wie bei Juden, im Alltag und äußerlich kaum Unterschiede ausmachen konnte, verpasste man ihnen auf NS-Propagandazeichnungen Hakennasen und grimmige Gesichter und ab 1939 im echten Leben Judensterne. Damit sie eben doch äußerlich unterscheidbar waren.

Neue Begehrlichkeiten weckte die Entdeckung der Gene, der Blick ins Innerste des Menschen: Vielleicht ließe sich hier, in den kleinsten Bauteilen, ein unwiderlegbarer Rassenunterschied beweisen? Die Paranoia der spanischen Reconquista ist so bis heute lebendig. In ihrer extremsten Form führt sie zur "sozialen Hypochondrie", wie es der französische Psychoanalytiker und Anthropologe Pierre-Yves Gaudard nennt: zu einer tiefsitzenden Angst, dass sich die Eigenschaften der anderen, schlechteren Rassen irgendwie übertragen könnten. So erklärt er sich die Wucht des Rassismus des 20. Jahrhunderts, der zu Völkermorden an Millionen von Juden, Roma, Sinti, Schwarzen und vielen mehr führte.

Dabei brachte auch die Genetik nicht die erhoffte Bestätigung für die Vorurteile, das menschliche Genom erwies sich als zu komplex. Menschen sind schon immer und überall von einem Erdteil in den nächsten gewandert und haben Kinder mit Menschen anderer Gruppen gezeugt. Diese Vielfalt spiegelt sich in der DNA der Nachfahren wieder. Würde man die DNA all jener Menschen vergleichen, die Weiße als Schwarze bezeichnen oder die sich selbst so bezeichnen, dann könnte man keine signifikanten Unterschiede zu beispielsweise Weißen oder Asiaten feststellen. Trotzdem haben die Menschen gelernt, eine Handvoll äußerer Merkmale zur Erkennung und Kategorisierung zu bevorzugen und andere zu vernachlässigen, zum Beispiel Fußform oder Stimmlage.

Rassismus war und bleibt eine Ideologie. Eine von der Gesellschaft antrainierte Sicht auf die Welt. Seit Jahrhunderten gibt es die Ideologie, dass fundamentale Unterschiede zwischen Menschen den Status in der Welt begründen. Diese Unterschiede werden mal an Äußerlichkeiten, mal am Blut oder an den Genen festgemacht, auch an der vermeintlichen Herkunft, Kultur oder Religion. Die Folge bleibt dieselbe wie im Mittelalter: Die Anderen gefährden die eigene Gruppe und sollen weg.

Am Ende ist es also die Suche nach den Unterschieden selbst, die Rassismus begründet. Der Wille, eine Ungleichheit sehen zu wollen, die die eigene Gruppe unveränderlich über die andere Gruppe stellt. Eigentlich ging es immer um Macht und ihren Missbrauch. Geld, Arbeit, Wohnraum, kulturelle und politische Teilhabe sind wertvoll. Rassismus entscheidet mit darüber, wer was davon bekommen soll.

Daraus folgt aber auch: Rassismus ist kein menschlicher Defekt, keine unheilbare Krankheit. Er ist eine Erfindung der Menschen. Deshalb kann er auch von Menschen überwunden werden.


Aus: "Die Erfindung des Rassismus" Vanessa Vu (13. Juni 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-06/rassismus-ideologie-nationalsozialismus-rassentheorie-antike-mittelalter-genetik/komplettansicht

Textaris(txt*bot)

#14
Quote[...] Der 50-Jährige ist ein hochgewachsener Mann, blond, blass, randlose Brille. Das einzig Auffällige an ihm ist das karierte Hemd, das er auch an diesem zweiten Prozesstag trägt. Er ist vor dem Landgericht wegen Totschlags angeklagt. 50-mal hatte er auf seine Frau eingestochen, so oft rammte er ihr das Messer ins Gesicht und den Oberkörper.  ... Am 5. Dezember kommt er morgens zu der Altonaer Wohnung, in der seine Frau inzwischen mit den Kindern lebt. Zu Fuß geht er in den 15. Stock, in der Hosentasche ein Messer. Angeblich will er nur ein iPad holen, sagt er. Wieder gibt es Streit mit seiner Frau. Er hält ihr vor, sie habe einen Liebhaber, sie erwidert, er sei kein richtiger Mann. Als sie an ihm vorbei aus dem Zimmer will, zieht er das Messer und sticht zu. "Ich bin durchgedreht", sagt Marc-Michael H.

Der 11-jährige Sohn findet seine tote Mutter Stunden später, als er aus der Schule kommt. Ein weiteres drastisches Detail in dem ganzen Drama. Ja, das sei bedauerlich, sagt Marc-Michael H. Und die Richterin erwidert: "Das ist grauenvoll."


Aus: "Nach dem Mord in einen Musikfilm"  Elke Spanner, Hamburg (25. Mai 2019, 12:35 Uhr 9 Kommentare (Stand 27. Mai 9:38 ))
Quelle: https://www.zeit.de/hamburg/2019-05/kriminalitaet-mord-taeter-opfer-messerattacke-altona-nord

Quotedelphi oder so #2  (26.05.2019)
1 Kommentar.
Bis jetzt.

Ich mag mir nicht die Menge der Kommentare vorstellen, die bei umgekehter Konstellation hier stehen würden. Also wenn ein Mann aus Ghana seine blonde Frau niedergestochen und sie von den gemeinsamen Kindern auffinden gelassen hätte.

Quote
Vantheman
#2.1 Antwort auf #2 von delphi oder so

Ihr Kommentar treibt mir die Schamröte ins Gesicht. Sie haben so verdammt Recht. Was sagt das aus über uns?

Quote
elfotografo #2.2

"Ich mag mir nicht die Menge der Kommentare vorstellen ..."

Vierstellig, mit Sicherheit ...


...

Quote[...] Die deutschen Behörden haben am Samstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Würzburg neue Informationen zu der Bluttat bekanntgegeben, die am Freitagnachmittag in der Innenstadt drei Menschenleben gekostet hat. Demnach wurden drei Frauen in einem Kaufhaus getötet, wie Unterfrankens Polizeipräsident Gerhard Kallert mitteilte. Auch die meisten Verletzten sind weiblich.

Ob der mutmaßliche Täter – ein 24 Jahre alter Mann aus Somalia – bewusst Frauen als Opfer ausgewählt hatte, sei noch nicht bekannt und müsse noch ermittelt werden, hieß es. Nach gegenwärtigem Ermittlungsstand könne es sich auch um einen Zufall handeln. ...


Aus: "Deutschland: Alle drei Todesopfer von Würzburg waren Frauen" (26. Juni 2021, 16:52)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000127736498/motivsuche-nach-toedlicher-messerattacke-von-wuerzburg

26. Juni 2021, 19:24: 2.164 Postings (Kommentare)

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Brandon Keith Brown, 1981 in North Carolina/USA geboren, lebt als Dirigent in Berlin. Er arbeitete unter anderen mit dem RSB, der Staatskapelle Weimar und den Nürnberger Symphonikern.

Wie der amerikanische Schmelztiegel-Mythos, so versucht das deutsche Multikulti-Konzept alles, was zwischen uns anders ist, auf wundersame Weise wegzufegen. Multikulti verspricht Gleichheit, Handlungsfähigkeit, Pluralität und eine automatische Akzeptanz von Gefühlen, Gedanken, Erfahrungen, unterschiedlichen Erzählungen, Sprachen und Handlungsweisen von allen Menschen.

Aber das ist nicht das Berlin, das ich kenne. Multikulti leugnet die Erfahrung des alltäglichen Rassismus in dieser Stadt. Weiße Deutsche definieren es, und es hält die weiße Vorherrschaft aufrecht. Weiße Deutsche sprechen nicht darüber, weil sie entweder keine schwarzen Freunde haben oder keine, die bereit sind, über das Thema mit ihnen zu diskutieren. Weil sie Beschwerden von vornherein ablehnen, sofern es sich nicht um körperliche Gewalt handelt oder sie Zeuge von klaren rassistischen Diffamierungen werden. Und vielleicht auch, weil sie sich für den Holocaust schämen und deshalb nicht darüber sprechen wollen.

Rassisten treten nicht mehr nur mit Springerstiefeln und Glatze auf. Die Weigerung, jemanden in einem Lokal zu bedienen, übermäßige Aufmerksamkeit in Geschäften, also angestarrt werden oder von Angestellten verfolgt zu werden, rassistische Polizeikontrollen (Racial Profiling) oder die Weigerung, Englisch zu sprechen, selbst wenn man Englisch sprechen kann – all das ist rassistisch.

Ich musste Sprüche hören wie: ,,Das hier ist Deutschland, sprich Deutsch" oder ,,Du bist hier ein Gast!". Das sind Abwandlungen von ,,Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist" – und das kennen wir doch von irgendwoher.

Ich habe den Eindruck, dass der Alltagsrassismus in den letzten Jahren zugenommen hat. Davon möchte ich hier berichten. ,,Raus mit dir", schrie ein weißer Barbesitzer in Schöneberg einmal, als er mein Computer-Ladegerät aus der Steckdose riss und mich auf die Straße setzte. ,,Du kaufst nichts, also verschwinde!" Drei Minuten mit der Bestellung zu warten, war offensichtlich verboten. Plötzlich war ich ein schwarzer WLAN-Bandit, der wertvolle weiße Ressourcen stahl. Ich rief damals die Polizei an, um diese Diskriminierung zu melden.

,,Ich habe ihn hier noch nie gesehen", sagte der Barbesitzer zu den Beamten. Und natürlich hat die Polizei nicht verstanden, inwiefern dieses Verhalten rassistisch war. Mein Betreten der Bar hatte ihn schlagartig alarmiert. Meine bloße Existenz versetzte ihn in einen Zustand der extremen Wachsamkeit. Der Anblick eines unbekannten schwarzen Mannes in seiner weißen Kneipe hatte ihn verunsichert, also warf er mich raus.

In den USA, wo ich herkomme, führt die Weigerung schwarze Menschen zu bedienen in der Regel dazu, dass Unternehmen Entschädigungen zahlen müssen. Vielen deutschen Einrichtungen fehlt ein solches Bewusstsein über Rassismus – und ein soziales Gewissen.

Hätte ein blonder Gast die gleiche Reaktion hervorgerufen? Wohl kaum! Er hätte den kulturellen Normen der Bar und dem Aussehen ihrer Gäste entsprochen. ,,Das ist Deutschland" bellte ein Angestellter in einem Café, nachdem er gehört hatte, wie ich meinen Kaffee auf Englisch orderte.

Ich erklärte in meinem besten Deutsch, Deutschland sei jetzt globalisiert und hier leben nun nicht bloß weiße Menschen. ,,Raus mit dir oder ich rufe die Polizei", bekam ich zu hören. Ich rief die Polizei selbst an. Die Stimme in der Telefonzentrale sagte, Berlin sei multikulti, von Rassismus hätte sie noch nie gehört. Ich entgegnete, dass das höchstwahrscheinlich daran liegt, dass die Person keine Schwarzen kennt. Stille. Darauf blaffte die Stimme, dass ich warten solle, bis die Polizei eintrifft, und legte auf.

Für Schwarze in Berlin können sogar Lebensmitteleinkäufe schlimm sein. Einmal brachte ich meine wiederverwendbare Tasche mit und wurde von der Supermarkt-Security als Dieb bezeichnet. Das ist Racial Profiling vom Feinsten. Nachdem ich mich beschwert hatte, wurde dem Sicherheitsdienst gekündigt.

Ich bin nicht der Einzige. Facebook-Gruppen und Organisationen wie Each One Teach One e.V. berichten, dass viele Schwarze ähnliche Erfahrungen machen. Am 26. März 2019 wurde die erste EU-Resolution zum Thema Rassismus gegen Schwarze verabschiedet. Jahrelang haben die schwarzen Aktivisten für diese Anerkennung gekämpft. Die weißen Mainstream-Medien berichteten kaum darüber.

Schwarze Menschen sind nicht Weiße mit einer sexy Hautfarbe. Wir sprechen, handeln, bewegen und denken anders. Und das ist gut so. Tief im weiß-deutschen Habitus wird davon ausgegangen, dass sich alle Menschen unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund anpassen müssen.

Deutsche Antirassismusgesetze sind unwirksam und unaufrichtig. Denn obwohl die Verfassung die Gleichheit garantiert, rassistische Diskriminierung verbietet und die Unverletzlichkeit der Menschenwürde verankert, werden diese Grundsätze nicht umgesetzt. Von deutschen Gerichten werden Anzeigen von Rassismusbetroffenen nicht als ,,Beweis des ersten Anscheins" anerkannt. Von den Richtern – die von ihrem eigenen Rassismus gelenkt werden – wird Klarheit verlangt, obwohl ihnen das Bewusstsein für die gelebte schwarze Erfahrung fehlt. Heimliche Rassisten profitieren in Deutschland von Datenschutzgesetzen, die sie davor schützen, dass Vorfälle von Opfern per Video aufgenommen werden können.

Weiße Menschen wissen eben nicht, was alltäglicher Rassismus ist. Nach meiner Erfahrung schweigen sie bei rassistischen Übergriffen. Multikulti macht Weiß-Sein zur Norm und markiert das Fremde. In diesem Land mit seiner fatalen Einwanderungspolitik scheinen Nicht-Weiße für immer Fremde zu sein. Personen mit Migrationshintergrund, auch solche, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschland leben, bleiben in der Regel ,,Ausländer" in der deutschen Statistik und im öffentlichen Diskurs.

Deutschland ist schnell zu einem Land mit zunehmender Heterogenität geworden. Doch es wird erwartet, dass nicht-weiße Deutsche das dominante weiße kulturelle Repertoire übernehmen und sich anpassen. Erasmus-Preisträgerin und Harvard-Soziologin Michèle Lamont definiert kulturelles Repertoire als das Wissen darüber, wer dazu gehört und wer nicht. Trotz der Bemühungen, nach den Regeln zu spielen, werden viele dabei außen vor gelassen. Was ist also die Schwelle für eine deutsche Kulturmitgliedschaft?

Wenn Sie weiß sind und bis hierhin gelesen haben, sind Sie vielleicht wütend, beschämt, aufgeregt und defensiv. Keine Sorge – das wird vorbeigehen. Ich fühle jeden Tag dasselbe. Das wird nicht vorbeigehen. In dem Buch ,,White Fragility: Warum es für Weiße so schwer ist, über Rassismus zu sprechen", schreibt Robin DiAngelo: ,,Bei der Bekämpfung von Rassismus geht es nicht um die Bedürfnisse und Gefühle der Weißen."

Multikulti verbirgt die Realität des Rassismus. Multikulti ist wie eine Droge für das Gewissen der neoliberalen weißen Deutschen. Lernen Sie, verschiedene kulturelle Narrative zu akzeptieren und nicht nur zu tolerieren! Hören Sie zu. Glauben Sie schwarzen Menschen! Multikulti ist eine Waffe gegen die schwarze Erfahrung des Rassismus in Berlin. Multikulti ist der Kern, aus dem Rassismus erwächst. Der Begriff Multikulti trägt Mitschuld an weißer Vorherrschaft. Wollen Sie ihn weiterhin benutzen?


Aus: "Multikulti ist der Kern von Rassismus" (16.08.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/als-afroamerikaner-in-berlin-multikulti-ist-der-kern-von-rassismus/24912998.html

QuoteMansHeiser 18.08.2019, 16:24 Uhr

Berlin ist  weniger ein Miteinander, als vielmehr ein Nebeneinander vieler verschiedener Peer-Groups, die sich etwa über Dimensionen wie Sprache, Herkunft, soziale Schicht, Bildungsniveau und berufliche Aspekte definieren (oft gar nicht bewusst) und "clustern".

Herr Brown gehört dabei als beruflich etablierter Young Urban Professional sogar noch zu einer eher privilegierten Peer-Group, die mobil ist und sich in vielen entwickelten Ländern der Welt problemlos niederlassen kann. Auch die Plattform geboten zu kommen, sich öffentlichkeitswirksam im Tagesspiegel ausdrücken zu dürfen, ist ein Privileg, dass nicht jeder Berliner genießt.

Insofern genießt Herr Brown wahrscheinlich einen sozioökonomischen Status, von dem ein prekäre lebender  biodeutscher Marzahner, der in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen ist und sich als schlecht entlohnter Zeitarbeiter in irgendeinem Logistikzentrum über Wasser hält, nur träumen könnte. Was ich damit sagen möchte: Rassismus allein ist in Deutschland (im Gegensatz zu Jim-Crow Ära USA und Apartheidssüdafrika) nicht der entscheidende Faktor, der über die Teilhabe entscheidet!

Ich rate Herr Brown mal seine linksgrüne Berliner Innenstadt Comfortzone-Bubble zu verlassen und sich im umliegenden Ostdeutschland (ja, Berlin liegt inmitten der ehemaligen, eher monokulturellen DDR Herr Brown) umzuschauen, wenn er den Berliner Rassismus schon für unerträglich hält.


QuoteMartinaxyz 18.08.2019, 20:39 Uhr

Antwort auf den Beitrag von MansHeiser 18.08.2019, 16:24 Uhr
Herr Mans Heiser, ich weise Ihre Behauptung zurück, das 

    prekäre lebender  biodeutscher Marzahner, der in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen ist und sich als schlecht entlohnter Zeitarbeiter in irgendeinem Logistikzentrum über Wasser hält,

für den Rassismus in Deutschland /Berlin verantwortlich ist. Auch dies eine Projektion eines mittelmässig gebildeten Bürgertums das über die mangelnde (Charakter)Bildung anderer spricht. Selbstverständlich eine Stufe (mindestens) unter Ihnen. Weshalb sollte Herr Brown seinen Wohnort verlassen um für welchen Zweck den Projektionen einer Alt-Westberliner Bourgoisie nachzujagen? Ihr Vorschlag wundert mich nicht. Im Fachblatt für die Erhaltung des alten Westberlin. Der leistungslose Chauvinismus jener untergegangene Welt ist doch bereits Legende!. Gehen Sie mal nach Wannsee, klingeln Sie an den Türen der Villen. Ich glaube kaum das dort weniger oder mehr Rassisten wohnen. Oder der Gropiusstadt. Lichtenberg oder Steglitz-Zehlendorf.
Oder wollen Sie damit sagen, das Herr Brown doch nun mal einsehen müsse, was die Beschwernisse seiner Anwesenheit und auch anderer Personen diverser körperlicher Anmutung anrichtet? Dafür müsse er doch Verständnis haben? Glauben Sie Herr Brown bedarf es Ihrer Mischung aus soziologischer Halbwahrheit und verteidigtem weissen Ressentiment um das Problem des selbstverständlichen Alltagsrassismus zu durchdringen? Bei Herrn Brown darf man annehmen, zumal so gebildet - ihm sind derartige Erklärungsmuster und Zuweisungen bekannt. Die Identitätsprobleme einer weissen männlichen Vorherrschaft dürften ihm hinlänglich vorgetragen sein. Einschliesslich der notorischen Behauptung, der Dorfmob den man auf der Fotografie sähe - am Baum die gehängten "Nigger" - belichtete den ungebildeten Prekären der halt nicht besser formulieren könne - was wir alle selbstverständlich miteinander Wissen: Das der dunkelhäutige, andere, gar der schwarze Mensch doch einsehen müsse, welche Probleme er uns verursacht.


QuoteMansHeiser 18.08.2019, 22:45 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Martinaxyz 18.08.2019, 20:39 Uhr

Ich muss Sie enttäuschen: ich bin afrodeutscher Ostberliner und in der DDR geboren. Ansonsten kann ich Ihren Ausführungen leider weder grammatikalisch, noch inhaltlich folgen.


QuoteMartinaxyz 19.08.2019, 10:10 Uhr
Antwort auf den Beitrag von MansHeiser 18.08.2019, 22:45 Uhr

Das ist interessant - das Sie als afrodeutscher Ostberliner und in der DDR geboren, eine so weisse Erzählung von der Relativierung der tatsächlichen Machtverhältnisse haben. Überraschend auch das Ihnen die lange schon verdorrte Westpflanze Hans Meiser so nah ist, da Sie aus seinem Namen Ihren Profilnamen bilden.
Daraus lässt sich insgesamt auf ein Lebensalter schliessen...Sie müssten sozusagen geborenen und gelernten DDR-Bürgern namentlich bekannt sein. War ja ein kleines Land, in dem nur sehr wenige  Bürger als DDR-Bürger mit afrikanischen Wurzeln geboren wurden. Zumal in einem Land, in dem Vertragsarbeiter oder die Kinder der Vertragsarbeiter sicher überwiegend eine andere Erzählung haben. "Das ist die Lehrwerkstatt für unsere Neger" erklärte der Betriebsleiter des VEB Kraftverkehr Eisenhüttenstadt 1983. Und schloss die Tür schnell wieder. Damit sie niemand anspricht. Auch er, der Betriebsleiter, eher nicht der alkoholkonsumierende Prekäre, der in Marzahn Frau und Kinder schlägt. Ich gebe Ihnen noch einmal einen Smileyzwinker für diese Kommunikation, wie sie auch das Handbuch für social media der "Identitären Bewegung" empfiehlt. "Ich bin ja nicht für die AfD aber..." Und nützt gar nichts mehr, beleidige dein Gegenüber.
Tut mir leid das Sie weder grammatikalisch noch inhaltlich meinem Ansatz folgen konnten. Es beweist nur wie blödsinnig Rassismus und die Rechtfertigung, das Bestreiten seiner strukturellen Wirklichkeit ist: Selbstverständlich könnten Sie auch als schwarzer, schwuler Jude, der mit einem Transvestiten seine Adoptivtochter aus Afghanistan grosszieht analytisch total daneben liegen. Und die Erzählung eines rassistischen Bürgertums pflegen, das die Moslems zu den Erfindern und Trägern des Antisemitismus erklärt. Ist Irrtum jedes Rassisten und Gesellschaftshygienikers: Der Schwarze, Gelbe, Rote, Schwule Andersgläubige hat selbstverständlich das Recht unsympathisch, ein schlechter Mensch, ein unangenehm reaktionär-chauvinistischer Mensch zu sein.


QuotePedroleum 19.08.2019, 09:12 Uhr
Antwort auf den Beitrag von MansHeiser 18.08.2019, 16:24 Uhr

    Ich rate Herr Brown mal seine linksgrüne Berliner Innenstadt Comfortzone-Bubble zu verlassen und sich im umliegenden Ostdeutschland (ja, Berlin liegt inmitten der ehemaligen, eher monokulturellen DDR Herr Brown) umzuschauen, wenn er den Berliner Rassismus schon für unerträglich hält.

Diese Relativierung erinnert mich an einen Vergleich des Kabarettisten Wilfried Schmickler. Stellen Sie sich vor, Sie sind krank, und der Arzt verweigert Ihnen die Behandlung mit dem Argument, es gäbe ja wohl noch Menschen, die wären noch viel kränker als Sie:,,Gucken sie mal auf den Friedhof, dann wissen sie was krank ist."


Quotelibelle007 18.08.2019, 20:29 Uhr

Antwort auf den Beitrag von MansHeiser 18.08.2019, 16:24 Uhr

schließe mich an, gelungener Beitrag über Intersektionalität. Weiß sein bedeutet nicht automatisch , priveligiert zu sein. Und ebenso bedeutet schwarz sein auch nicht automatisch benachteiligt zu sein.


QuoteMartinaxyz 19.08.2019, 10:36 Uhr

Antwort auf den Beitrag von libelle007 18.08.2019, 20:29 Uhr

Schön das Sie glauben die historische, kulturelle, soziale und ökonomische Wirklichkeit bestreiten zu können. So etwas wollen bestimmte Kreise ja generell durchsetzen. Das wir zwischen wissenschaftlichen Irrtümern und Erkenntnissen nicht mehr unterscheiden können. Und auf dieser Basis jeden Blödsinn, jede Herrschaftstechnik und ihre Erzählungen unabhängig von ihrer Überprüfung...für eine "Meinung" halten. Mit der wir dann unser Gemeinwesen organisieren. Der Tagesspiegel könnte ja einmal eine Geschichtsserie auflegen, in der wir von all diesen Erkenntnissen vergangener Wissenschaft erfahren. In der Schweiz gibt es umfängliche Schriften studierter Herren die empirisch nachweisen, weshalb der Frau das Wahlrecht zu verweigern ist. Deutsche Universitäten sind spätestens zu  Beginn des 20. Jahrhunderts voll von Professoren, die wissenschaftlich erklären weshalb die Ostkolonisation zwingend ist. Ganz zu schweigen von denen, die mittels Kopfvermessung und allerlei sonstiger Excel-Tabellen, körperliche Merkmale zur Grundlage einer ethnisch-kulturell-gesund-homogenisierten Gesellschaft erklärten. Alles ganz gebildeter, hochanständiger gutbürgerlicher Wissenstand.
Ihr Problem ist offenbar die Opferkonkurrenz. Das macht blind für die Situation anderer. Es deutet auf eine Haltung hin, die davon ausgeht das es immer ein Opfer geben muss. Weshalb man lieber nicht zu ihnen gehören will. Während man erklärt das eigentliche Opfer zu sein.
Obwohl niemand bestreitet, das auch Weisse Weisse ausbeuten, beleidigen und unterdrücken. Nur reicht es es eben nicht einfach der Weisse zu sein. Das passierte Ihnen vergleichbar vielleicht in einem Land des afrikanischen Kontinents. Das ist übrigens der, aus dem nur ein einziger Regierungschef zum "Welt"Wirtschaftsgipfel nach Hamburg geladen war.


QuoteMansHeiser 19.08.2019, 11:20 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Martinaxyz 19.08.2019, 10:10 Uhr

Darf ich Sie aufklären, dass nicht jeder afrodeutsche DDR Bürger zwangsläufig Kind eines Vertragsarbeiters war? Vielleicht ist Ihnen bekannt, dass auch viele Kader afrikanischer Befreiungsbewegungen in der DDR studiert haben / anderweitig ausgebildet wurden?

Und dass es in der DDR, insbesondere vor dem Hintergrund einer eher monokulturellen Gesellschaftsstruktur (verschärft durch die Gleichmacherei des pseudo-sozialistischen Gesellschaftssystems), keine besonders ausgeprägtes Verständnis für diskriminierungsfreie Sprache & problematische Rassismen gab, das brauchen Sie mir nicht erklären. Ich habe selbst oft genug das N-Wort aus dem Munde von DDR sozialisierten Mitbürgern hören dürfen.

Wie Sie aus der Veralberung des Namen eines bekannten 90er Jahre Talkshowhosts ableiten, dass dieser Mensch quasi mein Vorbild sein müsste, erschließt sich mir nicht! Ihre Logik: afrodeutscher Ossi dürfte sich nicht mit Menschen anderer Hautfarbe (z.B. weiß) oder Herkunft (z.B. westdeutsch) identifizieren. Das erinnert stark an die Logik hinter den Nürnberger Rassegesetzen.

Warum fehlinterpretieren Sie meine Hinweise auf die diversen Dimensionen von  Diskriminierungsprozessen als Relativierung von Rassismus? Als Mensch mit rassistischer und ableistischer Diskriminierungserfahrung zugleich  trete ich dafür ein, dass man alle Formen und Ebenen von Benachteiligung und Herabwürdigung in einer Gesellschaft betrachtet und thematisiert! Der prekär lebende Marzahner war nur ein Beispiel. Anderes Beispiel: Herr Brown ist ein gut ausgebildeter, vergleichsweise hellhäutiger Afroamerikaner aus dem afroamerikanischen Bildungsbürgertum mit einer prestigeträchtigen beruflichen Stellung. Wieviel Benachteiligung erfährt er im Vergleich zu einem dunkelhäutigen jungen afrikanischen Bootsgeflüchteten aus Gambia, der nur geduldet ist, in einer Unterkunft lebt, weder akzentfreies Englisch noch Deutsch spricht, nicht offiziell arbeiten darf und jeden Tag von der Polizei belästigt wird?


QuoteMartinaxyz 19.08.2019, 12:45 Uhr

Antwort auf den Beitrag von MansHeiser 19.08.2019, 11:20 Uhr

Sie irren sich. Ich nehme nicht an das Sie sich mit Herrn Hans Meiser "identifizieren" Er gehört nur zu einem kulturell-sozial-medialen Kanon, in dem einem Menschen mit der von Ihnen vorgestellten Biographie dieser Profilname eher nicht einfiele.
Bei allem was Sie hier so herrlich different und divers als Ihre Biographie beschreiben  - selbstverständlich ist alles möglich in einer pluralistische Gesellschaft - vergessen Sie doch eines: Herr Brown erzählt hier eine Geschichte, die die Mehrheit derart privilegierter, gut gebildeter und ökonomisch-sozial wohlausgestatteter nicht-weisser Hautfarbe erzählen: Im Alltag ist es völlig egal ob du der Professor für Quantenphysik bist. Ist der alltägliche Reflex es mit einem schwarzen Penner zu tun zu haben. Der unser Sozialsystem ausnutzt, Frauen in Kopftücher zwingt und eigentlich immer gefühlt der Ausreisepflicht unterliegt. Weshalb er doch dankbar zu sein hat - statt solche Zustände zu beschreiben und für Erkenntnis, einen Konsens ihrer Überwindung zu plädieren. Zumal Herr Brown es doch offensichtlich trotzdem geschafft hat. Das wusste der weisse Südstaatler, der "seine Kultur, seine Lebensweise" verteidigt ja auch schon: Am Ende wird "der Nigger" der Sklave frech. Und sein schwarzer Aufseher stimmte dem selbstverständlich zu. Letzterer war damit zwar nicht die Mehrheit, es war aber seine Existenz, seine Geschäftsgrundlage.
Also - was ändert es an denen von Herrn Brown beschriebenen Verhältnissen, sollten Sie mit Ihrer Biographie beschlossen haben, sich in diesen Verhältnissen zu arrangieren? Selbstverständlich müssen Sie Menschen Ihrer äusserlichen Anmutung in dieser Logik zu Jammerlappen erklären. Deshalb nun der dritte Zwinkersmiley für Ihre rabulistische Eloquenz.


QuoteCurisser 18.08.2019, 13:32 Uhr
Der Autor bedient sich selbst zutiefst rassistischer Klischees. Sonst würde er nicht davon ausgehen, dass eine schwarze Hautfarbe bereits dazu führt, anders zu sprechen, zu denken oder zu handeln. Diese Grundeinstellung ist in etwa ebenso lächerlich wie die Idee, dass Menschen mit blonden Haaren anders denken als Mensche mit roten Haaren. Ein solches Denken kann nur in einem Raum entstehen, in dem eine zunehmend verschärfte Identitätspolitik betrieben wird. Im Falle Browns geschieht dabei mehrerlei zur gleichen Zeit: Zum ersten wird eine nicht kulturell oder ökonomisch, sondern rassisch begründete Gruppenidentität geschaffen, der sich die "Merkmalsträger" nicht entziehen können ("WIR sind DIE Schwarzen"). Zum zweiten werden sämtliche ökonomischen, sozialen oder kulturellen Unterschiede innerhalb der Gruppe negiert - es ist keine Rede davon, dass ein Erntehelfer aus dem Volk der San oder ein Oberst der südsudanesischen Armee eventuell anders geht oder denkt (sprich: Einen anderen kulturellen und sozialen Hintergrund hat) als ein afroamerikanischer Dirigent. ...


QuotePedroleum 18.08.2019, 14:47 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Curisser 18.08.2019, 13:32 Uhr

Sie haben da offensichtlich einiges falsch verstanden!


    Der Autor bedient sich selbst zutiefst rassistischer Klischees. Sonst würde er nicht davon ausgehen, dass eine schwarze Hautfarbe bereits dazu
    führt, anders zu sprechen, zu denken oder zu handeln.



Was Sie hier machen, ist eine Form der Täter-Opfer-Umkehr: Wenn es nach Ihnen geht, handelt nicht der Diskriminierende falsch, sondern der
Diskriminierte.

Denn der Autor sagt nicht, dass die schwarze Hautfarbe ,,bereits dazu führt, anders zu sprechen, zu denken oder zu handeln", sondern dass man bereits wegen seiner nicht-weißen Hautfarbe als fremd markiert wird und von der weißen Mehrheitsgesellschaft durch die Definition des Weiß-Seins als Norm ein diskriminierender Anpassungsdruck erzeugt wird.

    Zum zweiten werden sämtliche ökonomischen, sozialen oder kulturellen Unterschiede innerhalb der Gruppe negiert - es ist keine Rede davon, dass ein Erntehelfer aus dem Volk der San oder ein Oberst der südsudanesischen Armee eventuell anders geht oder denkt (sprich: Einen anderen kulturellen und sozialen Hintergrund hat) als ein afroamerikanischer Dirigent.

Das steht nicht im Text. Brown schreibt nur, dass schwarze Menschen anders sprechen, handeln, sich bewegen und denken. Das impliziert allerdings nicht, dass alle schwarzen Menschen gleich handeln, sich bewegen und denken.

    Zum dritten wird diese Identität dafür genutzt, bestimmte Forderungen durchzusetzen (DIE Weißen müssen UNS nicht nur ertragen, sondern GUT
    finden, sonst...)


Nein, er fordert nur auf, dass die Mehrheitsgesellschaft aufhören soll, von Menschen, die anders sind, eine kulturelle Anpassung zu fordern und sie ständig wegen als Fremde zu markieren. Stattdessen sollte die Mehrheitsgesellschaft diese Andersartigkeit akzeptieren.


Quotepanta_rhei 18.08.2019, 11:30 Uhr

Menschen, die wie Herr Brown Rassismus erfahren haben, neigen häufig dazu, fast jede negative Erfahrung im täglichen Umgang mit Rassismus in Verbindung zu bringen.

Ein gutes Beispiel mag das Aufladen des Akkus sein. Wirte mögen es ganz allgemein nicht, wenn Gäste ohne zu fragen Steckdosen in Beschlag nehmen (in diesem Fall sogar noch vor der Bestellung) oder, wie häufig zu beobachten, Tische und Stühle verschieben. Da bekommt jeder seinen Rüffel oder Abneigung zu spüren.

Leider gibt es rassistische Vorfälle, aber es entspricht nicht meinen privaten und beruflichen Erfahrungen, dass mitten in Berlin dunkelhäutige Menschen davon besonders häufig betroffen sind.


QuoteJelissei 18.08.2019, 12:53 Uhr

Antwort auf den Beitrag von panta_rhei 18.08.2019, 11:30 Uhr

     Wirte mögen es ganz allgemein nicht, wenn Gäste ohne zu fragen Steckdosen in Beschlag nehmen

... was man so alles weiß....


Quotemogberlin 18.08.2019, 10:59 Uhr

Grundsätzlich gilt: Hochproblematisch ist es, nur den Umgang von Rassismusbetroffenen mit ihren Erfahrungen und Wahrnehmungen zu kritisieren, ohne die Täter mit einer Silbe zu erwähnen bzw. ohne zu reflektieren, dass/ob man selbst zu den Tätern zählt. Das ist ein Verhalten, das den Opfern implizit die Schuld an ihrer Diskriminierung zuweist. Kurz gesagt: Das ist Rassismus.


Quotewinter53 17.08.2019, 20:02 Uhr

Seid wann sind wir globalisiert? Seid wann habe ich imaginären globaliserten Verhaltensregeln zu folgen? Ich lebe hier seit 66 Jahren und wenn Fremde zu uns kommen, dann kommen sie zu uns nach Deutschland und nicht ins Globalisierungsparadies. Wir sprechen deutsch, wir denken deutsch und denken und sprechen nicht global. Das gibt es gar nicht.

Ich bin kein Nazi, auch kein Rechtsradikaler, aber wenn ich nach Frankreich fahre, dann versuche ich französisch zu sprechen und in anderen Ländern Englisch.

Wenn man hier arbeitet als Dirigent und mit Deutschen zu tun hat, empfiehlt es sich auch, Deutsch zu sprechen, das haben andere nicht-deutsche Künstler auch schon geschafft, ohne das Rassismussthema hier an die große Glocke zu hängen.

Hinter dieser Vorstellung, Deutschland sei globalisiert verbirgt sich die Faulheit und Arroganz vieler englisch sprechender Menschen, alle Welt müsse Englisch sprechen - unabhängig von der Hautfarbe.


Quotekleopatra 17.08.2019, 13:37 Uhr

Wer ein Lokal betritt und dort sein Ladegerät einstecken möchte, sollte vorher höflich fragen, ob er das darf. Falls es sich wirklich nur um "drei Minuten" Wartezeit bis zur Bestellung gehandelt hat, hätte das kein Problem darstellen sollen, und der Betreffende hätte das zusammen mit der Bestellung erledigen können.
Der Anspruch, in der eigenen Sprache bedient zu werden, wird manchmal erfüllt und manchmal nicht; und Englisch ist m.E.keine Rasse, sondern eine Sprache. ...


Quotelibelle007 17.08.2019, 10:09 Uhr

Die Verallgemeinerungen im Artikel finde ich problematisch. Ich kenne Menschen mit schwarzer Hautfarbe, die diese Erfahrungen bestätigen würden aber auch andere, die heftig widersprechen würden. ...


Quoteylonka 17.08.2019, 09:58 Uhr
Ein ungewöhnlicher Beitrag. Ich bedauere diesen Menschen, daß er sich so unwohl in Deutschland fühlt. Nicht jeder möchte ihm aber Böses, auch wenn er sich dies möglicherweise einbildet. ...


Quoteru2000 17.08.2019, 08:50 Uhr

Herr Brown verallgemeinert einzelne Beobachtungen, die nicht bezweifelt werden sollen. Ich hatte beruflich mit vielen jungen Menschen zu tun, darunter auch mit einigen jungen Menschen mit dunkler Hautfarbe, die allerdings alle sehr gut deutsch sprechen. Auf meine Frage nach ihren Erfahrungen in Berlin habe ich nie eine solche pauschal negative Beschreibung gehört. Anzumerken ist, dass es eine Frage der Höflichkeit ist, um Erlaubnis zu bitten, wenn man in einem Lokal seinen Akku aufladen möchte. Das hat nichts mit Rassismus zu tun.



Quotetrueberuebe 17.08.2019, 19:25 Uhr

Das Weiße Rassismus nicht verstehen können, begreift man sofort, wenn man nur kurz durch die Kommentare zu diesem Artikel scrollt.

Danke für diesen Artikel!


Quotecitizentm 17.08.2019, 07:25 Uhr
Als weisser Deutscher verlobt mit schwarzer Amerikanerin habe ich in den USA wesentlich mehr Rassismus erlebt als in Deutschand. Ob sich daraus eine Allgemeinbild ableiten lässt kann ich nicht sagen. ...


Quoteklaushausmaus 16.08.2019, 22:23 Uhr

Viele begreifen einfach nicht, wo Rassismus anfaengt. Das macht Betroffene verstaendlicherweise wuetend und auch ohnmaechtig. Ich habe es nicht nur einmal erlebt, dass meinem Patenkind ungefragt einfach in die Haare gefasst wird .... man moechte die Lockenpracht gern mal anfassen....Bitte?! Das macht man bei anderen Leuten doch auch nicht einfach?! Dass das absolut uebergriffig, unverschaemt und RASSISTISCH ist, wollen (ja, wollen, nicht koennen) dann wirklich viele tatsaechlich nicht begreifen.


Quotedaubi 17.08.2019, 08:53 Uhr

Antwort auf den Beitrag von klaushausmaus 16.08.2019, 22:23 Uhr
könnte es auch Neugierde sein? Es soll chinesische Kinder geben, die wollen unbedingt mal eine lange Nase anfasse. Ganz böse Rassisten. Ja, gehört sich nicht, dieser Körperkontakt ist in unserem Kulturkreis unüblich. Gut wäre das Kind könnte selber artikulieren, ob das angenehm ist und die "Rassisten" würden darauf achten.


Quotelibelle007 17.08.2019, 09:35 Uhr

Antwort auf den Beitrag von klaushausmaus 16.08.2019, 22:23 Uhr

ich habe das gleiche erlebt. Meinem Sohn wurde jahrelang an fast jeder Ampel, an der Kassenschlange, in der U Bahn in seine seidigen, langen und dichten Kringellocken gefasst: "ach wie süß, ach wie weich". Als ob er ein Hund wäre (den man aber eher nicht ungefragt streichelt). Mit 12 hat er (der eigentlich lange Haare liebt) sie raspelkurz schneiden lassen. Nur, die Locken meines Sohnes sind hellblond und er ist weiß. Interpretationen hängen  von vielen Faktoren ab und sind subjektiv.


Quotebernd.brot 16.08.2019, 22:23 Uhr

Sehr schwieriger Artikel auch nach dem zweiten Mal lesen. Ich (weiß, blond, Deutscher - das scheint dem Autor wichtig zu sein) bin verheiratet mit einer Schwarzafrikanerin. Viele meiner Freunde - unabhängig davon, ob sie hier geboren wurden oder nicht - haben alle möglichen Hautfarben und Schattierungen, kommen aus allen Kontinenten (stop: Australien ist nicht dabei), sind männlich, weiblich, hetero, schwul - oder wissen gar nicht so genau was sie sind. Auch wenn alle - inkl. mir selbst - schon mäßig gute Erfahrungen mit Freundlichkeit Ausländern (egal welcher Hautfarbe) gegenüber gemacht haben, sind alle recht glücklich hier in Deutschland zu leben. Nicht nur weil die meisten von Ihnen recht gute Jobs haben und dort vollumfänglich akzeptiert sind. Vor allem, weil sie hier anders als in ihrem Ursprungsland - und da sind auch nicht-weisse US Amerikaner darunter! - deutlich freier Leben können als daheim. Das gilt auf für dem Mainstream im Heimatland entsprechende Freunde, welche die permanente Waffengewalt und Kriminalität  im eigenen Land nicht mehr ertragen haben. Das gilt im Besonderen auch für die USA - nachdem meine Frau in Los Angeles angepöbelt wurde, weil sie nicht perfekt Englisch spricht und es auf Spanisch versucht hat, ist für uns die USA als Reiseland gestorben. Auch nicht hilfreich waren No-Go Areas für Weisse in LA und Chicago....
Was stört mich an dem Artikel? Nach langem Überlegen ist mir aufgefallen, dass der Artikel selbst zutiefst rassistisch gefärbt ist - halt nur in die Richtung Deutschland automatisch mit weisser Hautfarbe gleichzusetzen. Es ist nicht zu entschuldigen, wenn man seiner Hautfarbe oder Sprache wegen diskriminiert wird. Wer in den USA kein Englisch spricht hat verloren - Rücksicht konnte ich dort nirgends beobachten (und ich habe dort recht häufig dienstlich zu tun). Wer hier in D lebt und kein Deutsch lernt, den halte ich für arrogant und egoistisch. Kaum 2 VHS Kurse und es klappt - und eine völlig neue Welt ist offen...


QuoteApostata 16.08.2019, 20:42 Uhr

Der Artikel macht mich betroffen, aber anders als der Autor vielleicht erwartet. Ich lese ihn so, dass Herr Brown
erwartet, dass in Berlin und Deutschland nach seinen Regeln und nur nach seinen das Leben gestaltet wird. Berechtigt wirft er der deutschen Mehrheitsgesellschaft vor, dass sie nur nach ihren Regeln spielen will. Mit diesen beiden Grundpositionen wird es keinen Konsens geben. ...


QuoteDerJoker 16.08.2019, 21:02 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Apostata 16.08.2019, 20:42 Uhr

meine Güte, welch heuchlerische Betroffenheit Ihrerseits. Da fehlt ja jede Empathie. Wo steht denn, dass der Autor das erwartet, was Sie sofort reflexartig befürchten?
Er kann aber sehr wohl erwarten, überall angemessen und höflich bedient und behandelt zu werden. Sie haben gar nichts verstanden. ...


Quoteklauschristiankoch 17.08.2019, 09:56 Uhr

Antwort auf den Beitrag von EckhardtKiwitt 17.08.2019, 08:06 Uhr

Es gibt im Grundgesetz eine Gleichheit vor dem Gesetz. Da steht nichts von Gleichheit im Alltag. Im Alltag sind die Menschen ungleich. Daran ändert kein Gesetz der Welt etwas.


QuoteHen-Riette 17.08.2019, 10:27 Uhr
Antwort auf den Beitrag von klauschristiankoch 17.08.2019, 09:56 Uhr

    Es gibt im Grundgesetz eine Gleichheit vor dem Gesetz. Da steht nichts von Gleichheit im Alltag. Im Alltag sind die Menschen ungleich. Daran
    ändert kein Gesetz der Welt etwas.


Sie finden den Rassismus im Alltag also normal und OK? ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...]  "Mischehen" standen im Kaiserreich für die Gefahr, dass sich die Sphären der "Weißen" und der "Eingeborenen" nicht mehr trennen ließen und damit die koloniale Ordnung insgesamt ins Wanken geriet. Der rassistische Geist der Segregation begründete eine unterschiedliche Rechtsprechung ebenso wie die Trennung von Wohnvierteln, Schulen und Krankenhäusern. Kritiker fürchteten zudem, "Rassenmischlinge" könnten zu viel Einfluss in den Kolonien gewinnen. Denn nach deutschem Recht erlangte eine ausländische Frau durch die Hochzeit mit einem deutschen Mann dessen Staatsangehörigkeit, die an die gemeinsamen Kinder weitergegeben wurde. Frauen und Kinder konnten also zu "farbigen Deutschen" werden, die nicht mehr unter die Gesetzgebung für Eingeborene fielen. Sogar eine Beamten- oder Militärlaufbahn stand ihnen offen.

Die "Mischlingskinder" allerdings, so die verbreitete Überzeugung, würden nur die schlechten Eigenschaften beider Rassen erben, daher gehe von ihnen eine erhöhte Gefahr des politischen Umsturzes aus. Weiße Männer wiederum, die mit einer einheimischen Frau zusammenlebten, würden "verkaffern", was so viel bedeutete wie kulturell auf Eingeborenen-Niveau herabsinken. "Kaffer" war damals die rassistische Bezeichnung für Volksgruppen im südlichen Afrika.

Noch steigern ließ sich der Skandal nur unter umgekehrten Vorzeichen: Die wenigen Beziehungen weißer Frauen mit einheimischen Männern galten als so verwerflich, dass sie vollständig tabuisiert wurden.

Um die Jahrhundertwende intensivierte sich die Debatte um die "Mischehen". 1905 verbot die lokale Kolonialverwaltung standesamtliche Trauungen von "gemischten" Paaren in Deutsch-Südwestafrika. Drei Jahre später annullierte man hier sogar rückwirkend alle "Mischehen", die vor 1905 geschlossen worden waren. Deutsche Siedler, die mit einer einheimischen Frau verheiratet waren, wurden zunehmend ausgegrenzt: Sie durften Vereinen nicht mehr beitreten, erhielten keine Darlehen mehr und konnten keine Farmen mehr kaufen. 1909 verloren sie ihr Wahlrecht für den Landesrat. "Mischlingskinder" durften außerdem manche Schulen und Kindergärten nicht besuchen.

In Deutsch-Ostafrika wurden "Mischehen" 1906 verboten. Im Grunde waren solche Verbote reine Symbolpolitik, denn die Mehrzahl der "Mischlingskinder" in allen Kolonien entstammte unehelichen Verbindungen. Mit diesen allerdings gingen keine Rechtsansprüche einher, und sie ließen sich auch kaum unterbinden.

In der Heimat wurde hitzig über die "Mischehen"-Verbote in den afrikanischen Kolonien diskutiert. Ihren Höhepunkt erreichte die Debatte, als der Staatssekretär im Reichskolonialamt Wilhelm Solf im Januar 1912 ein generelles "Mischehen"-Verbot für Samoa erließ. Erstmals ging es nicht um eine lokale Entscheidung der Kolonialverwaltung, sondern um eine im Mutterland erlassene Verordnung.

Um die Jahrhundertwende intensivierte sich die Debatte um die "Mischehen". 1905 verbot die lokale Kolonialverwaltung standesamtliche Trauungen von "gemischten" Paaren in Deutsch-Südwestafrika. Drei Jahre später annullierte man hier sogar rückwirkend alle "Mischehen", die vor 1905 geschlossen worden waren. Deutsche Siedler, die mit einer einheimischen Frau verheiratet waren, wurden zunehmend ausgegrenzt: Sie durften Vereinen nicht mehr beitreten, erhielten keine Darlehen mehr und konnten keine Farmen mehr kaufen. 1909 verloren sie ihr Wahlrecht für den Landesrat. "Mischlingskinder" durften außerdem manche Schulen und Kindergärten nicht besuchen.

In Deutsch-Ostafrika wurden "Mischehen" 1906 verboten. Im Grunde waren solche Verbote reine Symbolpolitik, denn die Mehrzahl der "Mischlingskinder" in allen Kolonien entstammte unehelichen Verbindungen. Mit diesen allerdings gingen keine Rechtsansprüche einher, und sie ließen sich auch kaum unterbinden.

In der Heimat wurde hitzig über die "Mischehen"-Verbote in den afrikanischen Kolonien diskutiert. Ihren Höhepunkt erreichte die Debatte, als der Staatssekretär im Reichskolonialamt Wilhelm Solf im Januar 1912 ein generelles "Mischehen"-Verbot für Samoa erließ. Erstmals ging es nicht um eine lokale Entscheidung der Kolonialverwaltung, sondern um eine im Mutterland erlassene Verordnung.

Unter den in Samoa lebenden Weißen sprach sich nur eine Minderheit gegen "gemischte" Beziehungen aus. Vereinzelt wurde sogar darauf hingewiesen, dass die "Beimischung" samoanischen Blutes sich positiv auf die Gesundheit der Nachkommen auswirke und diese mit dem Tropenklima besser zurechtkämen als weiße Siedler.

Mit der Regelung für Samoa waren auch neue Bestimmungen für die Nachkommen aus "gemischten" Beziehungen verbunden: "Mischlinge", die nach Bekanntgabe der neuen Grundsätze geboren wurden, sollten nun zu den "Eingeborenen" zählen. Auf Antrag konnten sie jedoch den Weißen gleichgestellt werden, sofern sie fließend Deutsch sprachen und ausreichend gebildet waren. Die Grenzen zwischen den Rassen waren also nicht nur an äußere Kriterien gebunden, sondern durchlässig und verhandelbar. Aus Schwarzen konnten Weiße werden – und umgekehrt, wie die Furcht vor dem "Verkaffern" zeigt.

Im Reichstag sprach sich die aus Zentrum, Sozialdemokraten und Linksliberalen bestehende Mehrheit gegen Solfs "Mischehen"-Verbot aus. Sie forderte 1912 in einer Resolution, ein Gesetz zu entwerfen, das die juristische Gültigkeit der Verbindungen in allen deutschen Kolonien gewährleisten und die Rechte von unehelichen Kindern aus "gemischten" Beziehungen regeln sollte. Nationale Kreise antworteten entrüstet mit einer Gegenresolution.

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam ein allgemeines "Mischehen"-Gesetz nicht mehr zustande. Gegner des Verbots kritisierten, dass so das Recht des deutschen Mannes beschnitten werde, seine Braut frei zu wählen. Außerdem befürchteten sie einen Anstieg der Prostitution und der unehelichen Beziehungen. Juristen bemängelten das Fehlen einer klaren Definition der Begriffe "Rasse" und "Eingeborener". Auch die Kritiker lehnten jedoch eine "Rassenmischung" ab. Bezeichnenderweise fehlte ein Argument in der Debatte: Dass weiße Männer und ihre indigenen Partnerinnen gleichwertig sein könnten, glaubte damals niemand.


Aus: "Skandalöse Liebe" Ein Gastbeitrag von Livia Rigotti (24. August 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/zeit-geschichte/2019/04/liebe-kolonialzeit-indigene-frauen-mischehen-bedrohung/komplettansicht

Quotehaldor14 #1

Der Zeitgeist war eben ein anderer. Man kann derartige Ereignisse nicht mit den Moralvorstellungen von heute betrachten.


QuoteSimma Wiedersoweit #1.1

Natürlich kann man das. Man sollte es sogar. Wer aus der Geschichte nichts lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.


QuoteLalopre #1.3

Rassismus als Rassismus zu bezeichnen ist keine Sache des Zeitgeistes. Auch damals gab es schon Menschen, die Rassismus als wahnsinnige Ideologie erkannt haben.


QuoteBil Dung #1.6

Natürlich kann man derartige Ereignisse mit den Moralvorstellungen von heute betrachten. Man kann sie sogar mit fiktiven Moralvorstellungen von "morgen" betrachten. Aus so gebildeten Widersprüchen erwächst ja gerade der Erkenntnisgewinn.


Quoteanet2015 #5

...
... mal sind es die Farbigen
... die Heiden
... die Ungläubigen
... die Wilden
... die Barbaren (die man nicht versteht)
... die streitsüchtigen Nachbarn

ein Grund für Ungleichbehandlung findet sich immer. Im Kern lenkt das Wort "Rassismus" vom Problem ab.
Ungerechte Handlungen vom wirtschaftlichem Nutzen bis zur Stärkung des Egos ... brauchen eine Begründung.


...

Textaris(txt*bot)

Todesfall George Floyd
... Der US-amerikanische Vizepräsident Mike Pence von der Republikanischen Partei lud die Familie von Floyd zu einem gemeinsamen Gebet ein und verurteilte den Polizeieinsatz mit den Worten: ,,Wir tolerieren keine von Rassismus inspirierte Gewalt." (,,We have no tolerance for violence inspired by racism") Der Präsidentschaftskandidat und frühere Vizepräsident Joe Biden von der Demokratischen Partei urteilte, dass die Vorgänge ,,die offene Wunde des systemischen Rassismus" (,,the open wound of systemic racism") in den USA sichtbar mache. Michelle Bachelet, UN-Kommissarin für Menschenrechte, äußerte sich ,,bestürzt", dass Floyds Name einer langen Liste schwarzer Amerikaner hinzugefügt werden müsse, die von der Polizei getötet worden seien.... (Stand: 1. Juni 2020 um 09:22 Uhr)
https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_George_Floyd

"Unruhen in den USA: Toter George Floyd: Streife nahm ihn wegen harmloser Tat fest - Neue Details schockieren" Moritz Bletzinger (01.06.2020)
Was hatte George Floyd eigentlich verbrochen, um in den letztendlich tödlichen Fokus der Beamten zu geraten? Was muss ein Mann tun, dass ihn drei Polizistin derart gewalttätig am Boden fixieren? Offenbar genügte eine kriminelle aber im Grunde ungefährliche Straftat.
US-Medien berichten übereinstimmend aus dem Polizeibericht, Floyd habe in einem Lebensmittelgeschäft versucht mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein zu bezahlen. Der Geschäftsinhaber erkannte das Falschgeld und alarmierte die Polizei, heißt es weiter. ...
Derek Chauvin blieb so lange auf der Kehle seines flehenden Verhafteten, bis dieser möglicherweise erstickte. Im Obduktionsbericht ist dagegen die Rede von Gesundheitsproblemen, die - im Zusammenhang mit dem brutalen Einsatz und möglichen Rauschmitteln im Blut - zum Tod geführt hätten. Die Anwälte der Familie des Toten zweifeln diese offizielle Todesursache an. Daher will die Familie durch einen anderen Gerichtsmediziner eine zweite Obduktion durchführen lassen.
Gegen Chauvin wurde nun Anklage erhoben. Gegen seine drei Kollegen wurde indes noch kein Verfahren eingeleitet. Die juristische Reaktion auf den Mord an einem dunkelhäutigen Jogger hatte die USA erst vor wenigen Wochen erschüttert.
Chauvin muss sich wegen ,,Murder of third Degree" verantworten. Dieser ,,Mord dritten Grades" existiert juristisch nur in wenigen US-Bundesstaaten. Er entspricht dem deutschen ,,Totschlag" und wird in Minnesota mit maximal 25 Jahren Haft bestraft. Viele fragen sich, warum keine Klage wegen rücksichtslosen Mordes (Depraved-Heart Murder) erhoben wurde.  ...
https://www.merkur.de/welt/usa-george-floyd-tot-donald-trump-unruhe-proteste-minneapolis-tat-festnahme-polizist-tod-verbrechen-zr-13782711.html

Quote[......] In 75 Städten der USA gab es am Pfingstwochenende Proteste, vier Menschen verloren dabei ihr Leben. Der Tod des 46-jährigen Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt in Minneapolis hat das Land aufgewühlt wie keine der früheren Gewalttaten gegen unbewaffnete Schwarze. Trayvon Martin in Florida, Michael Brown in Ferguson, Missouri, oder Eric Garner in New York wären da zu nennen. Vor allem diese drei Todesfälle waren der Auslöser für die Black Lives Matter-Bewegung, die seit 2013 gegen systematische Gewalt und Diskriminierung von AfroamerikanerInnen protestiert.

Die Szene, wie George Floyd vom Knie eines Polizisten minutenlang die Luft abgedrückt wird, während Umstehende den Beamten drängen innezuhalten, wurde auf Video dokumentiert. Die Washington Post hat nun den gesamten Ablauf der Festnahme aus verschiedenen Blickwinkeln rekonstruiert. Es sind verstörende Bilder, die das Ausmaß der Wut, die sich in den vergangenen Nächten entlud, nachvollziehbar machen.

Brandstiftungen und Plünderungen gingen mit überwiegend friedlichen Protesten einher, auch Polizei und Nationalgarde überschritten die Grenzen des Erträglichen, wenn sie mit Gummigeschossen auf JournalistInnen feuerten oder mit ihren Einsatzfahrzeugen in die Protestierenden fuhren. Aber Demonstranten attackierten ebenso die Presse, wie hier die CBS-Reporterin Briana Whitney in Phoenix [https://twitter.com/BrianaWhitney/status/1266614725284003845], und Einrichtungen wie den Sitz von CNN in Atlanta. Der Berufsverband der Medienleute veröffentlichte einen offenen Brief, in dem an beide Seiten appelliert wurde, die Medien bitte ihren Job machen zu lassen [https://twitter.com/spj_tweets/status/1266927421917405185/photo/1].

Wer sich durch die Websites der US-Medien und die Twitter-Accounts zum Thema klickt, stößt auf viele Grautöne, die überraschen, wenn man die Ereignisse nur zwischen berechtigtem Zorn und brutaler Staatsgewalt unterteilen will. Es gibt Polizeikräfte, die sich mit dem Protest solidarisieren, etwa in Kansas City oder in Flint, Michigan. Es gibt Menschen, die mit vielen anderen anpacken, um die Spuren der nächtlichen Gewalt zu beseitigen.

Wer sich durch die Websites der US-Medien und die Twitter-Accounts zum Thema klickt, stößt auf viele Grautöne, die überraschen, wenn man die Ereignisse nur zwischen berechtigtem Zorn und brutaler Staatsgewalt unterteilen will. Es gibt Polizeikräfte, die sich mit dem Protest solidarisieren, etwa in Kansas City oder in Flint, Michigan. Es gibt Menschen, die mit vielen anderen anpacken, um die Spuren der nächtlichen Gewalt zu beseitigen.

Oder Menschen, die großen Mut beweisen, wie die 17-jährige Darnella Frazier, die die Festnahme George Floyds mit dem Handy filmte und nun online geschmäht wird. Oder andere, die uns berühren, wie der 12-jährige Keedron Bryant mit seinem Gospelsong für George Floyd, der x-fach auf Youtube geteilt wird.

Und Präsident Trump? Er drohte den DemonstrantInnen vor dem Weißen Haus, ,,wilde Hunde" auf sie zu hetzen. Aber er hat tatsächlich die Familie Floyds angerufen. George Floyds jüngerer Bruder Philonise berichtete hinterher: ,,Es ging so schnell. Ich hatte gar keine Chance, auch etwas zu sagen. So schwierig. Ich versuchte, ein Wort dazwischen zu bekommen, aber er hat mich irgendwie abgewimmelt, als ob er es gar nicht hören wollte." Was des Kommentars genug ist.


Aus: "Proteste gegen Polizeigewalt in den USA: Wut, Mut und wilde Hunde" Kommentar von Stefan Schaaf (31.5.2020)
Quelle: https://taz.de/Proteste-gegen-Polizeigewalt-in-den-USA/!5689304/

Textaris(txt*bot)

"Polizeigewalt gegen Schwarze: Von Rodney King bis Eric Garner" (4. Dezember 2014)
Übergriffe der Polizei auf unbewaffnete Schwarze haben in den USA immer wieder Wut und Protest ausgelöst. Oft kamen die Polizisten straffrei davon – eine Chronologie.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2014-12/usa-polizeigewalt-schwarze-chronologie

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Quote[...] Da sind die schrecklichen Aufnahmen der Festnahme George Floyds am 25. Mai durch Beamte des Minneapolis Police Departments, die mit dem Tod des 46-jährigen Floyd endete.

Da ist das Video, das den Mord an Ahmaud Arbery zeigt, dem im Februar in Georgia ein ehemaliger Polizist und dessen Sohn nachstellten, während Arbery joggen war; die Bilder gelangten erst Anfang Mai an die Öffentlichkeit.

Da sind aber auch die Bilder, die der schwarze Christian Cooper von der weißen Amy Cooper gemacht hat, als die sich daran störte, dass sie von ihm, einem Vogelschützer, im Central Park in Manhattan höflich darum gebeten wurde, ihren Hund doch bitte vorschriftsmäßig anzuleinen. Die Frau drohte anfänglich nur, die Polizei anzurufen und sagte, sie werde das mit den Worten tun, dass "ein African American mein Leben bedroht". Sie tat das im vollen Bewusstsein, dass sie dabei von Christian Cooper gefilmt wurde. Für ihre Drohung lässt sich eigentlich nur eine Erklärung finden: Amy Cooper ging selbstverständlich davon aus, dass Polizisten, sollten sie am vermeintlichen Tatort erscheinen, diesem schwarzen Mann Gewalt antun würden. Dessen Schwester postete das Video am 25. Mai auf Twitter, dem Tag, an dem George Floyd starb.

Es dauerte vier Tage, bis der Officer festgenommen wurde, der minutenlang auf Floyds Nacken kniete, während der unter anderem die Worte "I can't breathe" wiederholte, bis er offenbar schließlich das Bewusstsein verlor. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Anklage erhoben gegen den weißen Officer wegen Totschlag und Mord dritten Grades; letzterer Straftatbestand ist ein besonderer im US-Bundesstaat Minnesota, er besagt, dass ein Täter nicht zwingend die Absicht hatte, sein Opfer zu töten.

Seither haben sich andere eindrückliche Bilder zu denen von der Festnahme George Floyds gesellt. Eines der ersten zeigte eine brennende Polizeiwache in Minneapolis. Videos von Protesten in mittlerweile Dutzenden US-Großstädten folgten; vom Aufeinandertreffen von Demonstrierenden und Polizeibeamten, von mehr Gewalt, mehr Flammen, mehr Zerstörung, mehr wütenden, mehr verzweifelten Menschen.

Die Geschichte solcher Bilder ist lang in den USA und jedes Mal, wenn sich diese Prozedur wiederholt, suchen sich die Videos und Bilder andere, neue Kanäle: 1965 waren es noch die Abendnachrichten, die Polizeigewalt auf der Edmund Pettus Bridge in Selma in die Wohnzimmer trugen, diesmal findet man die meisten Videos von den Ausschreitungen auf TikTok und Twitter. Während manche Vertreterinnen und Vertreter der Traditionsmedien von Polizisten vorübergehend festgenommen oder beschossen wurden, dokumentieren Demonstranten ihren Protest selbst mit ihren Smartphone-Kameras. "Ausschreitungen", sagte Martin Luther King, "sind die Sprache derer, die nicht gehört werden." Aber was sagt diese Sprache? Was kann sie noch sagen?

Es gibt keine Einzelfälle mehr. Die visuelle Ikone zeigt in ihrer Wiederholung, dass das Ganze das Problem ist. Denn es mögen neue Videos sein, die auf neuen Kanälen erscheinen und weiterverbreitet werden. Aber es sind Videos, die wir alle schon viel zu oft gesehen haben. Die Journalistin Julia Craven bemerkte in diesen Tagen, dass diese Bilder nie nur für sich stehen, sie rühren an die Tausenden Traumata, die deprimierend identisch aussahen, und die Tausenden, die noch kommen. "Es fühlt sich an wie 2014", schrieb Craven bei Slate. "Es fühlt sich an wie 2015. Es fühlt sich an wie letzten Monat. Es fühlt sich an wie nächste Woche."

Das von Craven ins Spiel gebrachte Stichwort Trauma ist hier wichtig: Es handelt sich um Kommunikationsakte, die um das eigentliche Thema herum kommunizieren. Weil es zum Thema eigentlich nichts mehr zu sagen gibt. Mit Black Lives Matter haben sich die schwarzen Aktivistinnen und Aktivisten das pure Minimum des Einzuklagenden auf die Fahnen geschrieben, und das weiße Amerika hat das in vielen Teilen trotzdem als Herausforderung, ja als Terrorismus empfunden. Und doch bezeichnete ein Polizeivertreter Black Lives Matter bereits vor Jahren als "Terrororganisation"; und der Präsident twitterte am 31. Mai: "Die Vereinigten Staaten werden die Antifa als terroristische Organisation einstufen." Das ist erstens unmöglich, weil die Antifa keine Organisation mit festen Strukturen ist und Trumps Administration lediglich ausländische Organisationen zu terroristischen erklären könnte, aber dieser Präsident interessiert sich zweitens offenkundig weder für Gesetze noch Logik. Er interessiert sich scheinbar vor allem für Brandbeschleunigung.

Der Umgang mit den Bildern der Gewalt hat etwas Ritualisiertes – die betroffenen Communitys müssen zum x-ten Mal etwas erklären, was schon beim ersten Mal nicht der Erklärung bedurft haben sollte, nämlich, dass ihre Leben etwas zählen. Und jene US-Amerikaner, die entweder Komplizen oder Zuschauer sind – oder die sich für Zuschauer halten, obwohl sie in Wahrheit Komplizen sind –, bekunden zum x-ten Mal ihr Mitgefühl, mahnen zur Ruhe, drücken ihre Sorge darüber aus, dass die Konfrontation doch nur dem rassistischen Präsident helfe. Das Verbreiten der Bilder ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit, der Umgang mit ihnen auch.

Was diese Bilder gemein haben ist die Frage, wem der öffentliche Raum, ja, der Raum schlechthin in diesem großen Land gehört. Der Tod George Floyds – wie die gewaltsamen Tode von Tamir Rice, Trayvon Martin, Renisha McBride, Michael Brown und einer schier endlos langen Liste traurig bekannter Namen – attestiert einmal mehr, dass das reine Existieren als Schwarzer, als Schwarze im öffentlichen (aber auch im privaten) Raum in den USA staatlich sanktionierte Gewalt auf den Plan ruft. Und die wohlorganisierten Proteste, mit denen Aktivisten und empörte Bürgerinnen auf das unvermeidliche (weil mutwillig erscheinende) Ausbleiben von Gerechtigkeit reagiert, demonstriert dasselbe nochmal.

Als die Aktivisten von Black Lives Matter Straßen blockierten, ging die Polizei gegen sie als öffentliches Ärgernis vor. Wenn Highways gestürmt oder Brücken blockiert werden, wird das als Angriff auf das uramerikanische Recht auf Mobilität wahrgenommen. Als der Quarterback Colin Kaepernick aus Protest gegen Polizeigewalt während des ritualisierten Abspielens der Nationalhymne kniete, hieß es, Sportveranstaltungen seien weder Anlass noch Ort für politischen Protest. Für die Verteidigung der reinen Identität der Menschen, die da für das absolute Minimum an Würde und Sicherheit demonstrierten, gibt es nie den richtigen Anlass, die richtige Zeit, den richtigen Ort. Das ist kein Unfall der Geschichte, das ist ein zentrales Standbein des US-amerikanischen Rassismus. 

Der Begriff der "Rasse", hat der australische Historiker Patrick Wolfe in seinem 2016 erschienenen Buch Traces of History geschrieben, "soll vermitteln, dass bestimmte Menschengruppen fehl am Platze sind". Der Begriff erlaubte es überhaupt erst, das Territorium der heutigen USA denen, die bereits auf ihm lebten, wegzunehmen. Ein Indigener mochte auf dem Land leben, aber gehören tat es ihm deshalb noch lange nicht. Einen Platz gesteht Amerika People of Color nur sehr begrenzt zu und stets nur auf Zeit, immer bedroht vom möglichen Widerruf, häufig Widerruf durch Gewalt.

Die Japantowns entlang der US-amerikanischen Westküste waren ein Labor japanisch-amerikanischer Identitäten, bis die Bundesregierung die Einwohnerinnen und Einwohner in Lager schickte und ihnen ihr Land nahm. In den Fünfzigerjahren wurden altetablierte, mexikanischstämmige Familien durch Abschiebung und Gewalt nach Mexiko vertrieben – viele von ihnen waren US-amerikanische Staatsbürger. In Tulsa in Oklahoma lag eines der wohlhabendsten Schwarzenviertel – Greenwood, die "schwarze Wall Street" – und 1921 ermordeten die weißen Bürger Tulsas wahrscheinlich um die 300 Einwohner Greenwoods. Am 31. Mai jährte sich das Massaker zum neunundneunzigsten Mal, in den Medien tauchte es mal wieder nicht auf.

Schwarze Bürgerinnen und Bürger (und People of Color generell), genauer: ihre Körper, sollen niemals und nirgendwo zur Ruhe kommen, sollen nirgendwo wirklich hingehören, das ist ein Prinzip des US-amerikanischen Rassismus. In den bizarren, von Präsident Trump unterstützten Corona-Protesten der vergangenen Wochen konnte man sehen, was passiert, wenn man Menschen, denen ein Leben lang vermittelt worden ist, dass sie dank ihrer Hautfarbe überall hingehören und sich nirgendwo verantworten müssen, etwas so Harmloses wie das Tragen eines Mundschutzes abverlangt: Bewaffnete Weiße betraten wie selbstverständlich das Parlamentsgebäude des Bundesstaates Michigan in Lansing, um ihre Meinung auf unmissverständliche Weise kundzutun. Weil das Tragen von Waffen dort explizit erlaubt ist, konnte die örtliche Polizei sie nicht einmal entwaffnen oder des Gebäudes verweisen. Die ungeheuerliche Drohgebärde einzelner Weißer, die auf eine Art Naturrecht beharren und es mit Gewalt durchzusetzen bereit scheinen, verdeutlichte mindestens symbolisch deren Macht.

Die Proteste gegen Polizeigewalt hingegen, die in den vergangenen Tagen in Minneapolis, Louisville, Oakland, Detroit, New York City, Atlanta und an vielen anderen Orten aufgeflammt sind, verkehren die Drohgebärde von Lansing in ihr genaues Gegenteil: Sie verwandeln den öffentlichen Raum in den Albtraum, der er für People of Color so häufig sowieso ist. Der Protest schränkt die Mobilität der weißen Mehrheit in dem Maße ein, wie Angehörige von Minderheiten es bislang täglich erfahren.   

Der Rassenbegriff, wie er in den USA entwickelt wurde, beschreibt keine Ontologie, er beschreibt eine Praxis – auch immer eine visuelle Praxis. Er erlaubt es, nichtweiße US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner zu fragen, "wo sie wirklich herkommen" und aufgrund ihres Aussehens ihre Nationalität infrage zu stellen, gar für ihre Deportation (wohin auch immer) zu agitieren. Und der Rassenbegriff erlaubt es zugezogenen Ortsfremden, Gegenden zu gentrifizieren und dergestalt die ursprünglichen Anwohnerinnen zu vertreiben: Die Alteingesessenen werden als potentiell Ortsfremde markiert, die bei Weißen Angst hervorrufen. Der Rassenbegriff kann, wie die Lyrikerin Cathy Park Hong es in ihrem Essayband Minor Feelings beschrieben hat, darin bestehen, dass ein ethnisierter Körper in bestimmten Räumen als Objekt und nicht als Subjekt verstanden wird.

Hong bezog sich dabei auf ein weiteres virales Video, das den Arzt David Dao zeigte, wie er von drei Sicherheitsbeamten aus einem Flugzeug der United Airlines geschleift wurde, weil er sich weigerte, seinen Sitz aufzugeben. Hong beschreibt einfühlsam die Angst und die Scham, die eine asiatischstämmige US-Amerikanerin bei der Wiedererkennung von Daos Martyrium empfindet. Denn diese viralen Videos, diese visuellen Ikonen der Entrechtung und der Entmenschlichung, dokumentieren die Ethnisierung des (halb-)öffentlichen Raums nicht bloß passiv. Sie befördern sie eben auch. Sie haben Signalwirkung: Das kann euch auch passieren, je nachdem, wer ihr seid.

Nach jedem solcher Vorfälle kursiert nun ein Zitat des Schauspielers Will Smith aus dem Jahr 2016: Der Rassismus werde nicht schlimmer, er werde nun lediglich gefilmt. Das stimmt und stimmt nicht. Klar, irgendein "Wir" wird seit dem Rodney-King-Video, das 1991 die Verhaftung und das Niederknüppeln des schwarzen King durch nichtschwarze Polizisten in Los Angeles zeigte, auf neuartige Weise zu Zeugen. Ein Videoamateur filmte die Szene und schickte das Band an einen örtlichen Nachrichtensender, und so, über die Verbreitung per Fernsehen, gingen die Bilder in vordigitalen Zeiten um die Welt. Als vier Polizeibeamte im darauf folgenden Jahr bei der Gerichtsverhandlung freigesprochen wurden, kam es in Los Angeles zu schweren Ausschreitungen; es entstanden Bilder, die an solche aus Detroit aus dem Jahr 1968 erinnerten, später an die in Ferguson 2014, und nun Ähnlichkeiten mit den neuen aus Minneapolis aufweisen.

Diesen neuen Videos, die ja mittlerweile fast jeden Tag irgendwo entstehen (nicht nur in den USA) und über die sozialen Netzwerke über uns hereinbrechen, wirklichen Neuigkeitswert zuzusprechen, hieße auch zweierlei zu ignorieren.

Erstens haben Schwarze und viele andere People of Color ihre Behandlung durch die US-amerikanische Staatsgewalt ja seit vielen Jahrzehnten thematisiert – was soll an einem visuellen Dokument so anders sein als an schriftlichen Zeugnissen der Polizeigewalt oder daran, einfach Mitmenschen zuzuhören und ihnen zu glauben? Selbst wenn es wahr wäre, dass es der Technologie des Smartphone-Augenzeugenvideos bedurfte, um systematischen, ja systemischen Rassismus durch Polizisten in eine für Weiße verständliche Ikonografie zu überführen, wäre das an sich schon ein bemerkenswertes Armutszeugnis. Diese Aufnahmen aber sind vor allem Ohnmachtserklärungen der krass fehlenden Empathie vieler Weißer: Wenn euch die Tatsache dieses Unrechts schon nicht umtreibt, dann vielleicht zumindest ihre bildliche Darstellung?

Zumal es eklatant viele Menschen schaffen, diese visuellen Ikonen bewusst fehlzudeuten. Bei jedem dieser Fälle gibt es den Artikel in einer Tageszeitung, der erklärt, ein von Polizistenhand Getöteter sei ja "auch kein Engel" gewesen; den Tratschreporter, der eifrig recherchiert, dass ein Opfer von Rassismus ja vorbestraft sei; den Polizeigewerkschafter, der Täter-Opfer-Umkehr betreibt. Wenn man sagt, dass diese selbst ritualisierten und abgenutzten Taschenspielertricks funktionieren, dann heißt das bestimmt nicht, dass die meisten US-Amerikaner sie ehrlich für plausibel halten. Sie können aber als Alibi dienen, auch noch die eindeutigste visuelle Ikone missinterpretieren zu können – nicht zu sehen, was offen zutage liegt, oder etwas zu sehen, was offensichtlich nicht da ist. 


Zweitens aber ist es auch nicht so, als habe sich der US-amerikanische Rassismus früher versteckt oder außer Sichtweite des weißen Mainstreams Bahn gebrochen. Öffentliche Lynchings überall in den USA – nicht nur in den Südstaaten – wurden dokumentiert und fotografiert, über sie wurde in Zeitschriften berichtet, sogar Ansichtskarten gab es. So zu tun, als würde der Rassismus erst durch Handyvideos augenfällig, entlässt die weißen US-Amerikaner aus der Mitschuld – sie haben den Rassismus jahrzehntelang mediatisiert, ja, haben ihn spektakulär gemacht. Denn, das hat die Historikerin Amy Wood nachgewiesen, nur so kann der Rassismus ja die Angst bei den einen und das Gefühl der Komplizenschaft bei den anderen schüren, von dem das Gedankengebilde der White Supremacy lebt, der weißen Überlegenheit. Niemand versteht erst durch das Betrachten solcher Videos, dass Rassismus existiert. Die geschockte Geste des Entdeckens ist in ihrer Hilflosigkeit und impliziten Wiederholbarkeit tendenziell systemstabilisierend.


Viele Aktivisten haben, nachdem das Video von dem Mord an George Floyd die Runde machte, darum gebeten, es nicht zu teilen und gerade Weiße darauf angesprochen, was sie zu dazu antreibt, diese Ikonen des Terrors zu vervielfältigen. Denn die Wirkung auf die eigenen Followerinnen und Follower ist natürlich absolut gespalten, je nachdem, ob der Rezipient sich realistischerweise in diesem Szenario wiedererkennen kann, als Opfer oder Täter. Weiße US-Amerikaner können diese Bilder zur eigenen moralischen Selbstversicherung benutzen: So etwas würde man selbst nie tun. Dass Schwarze sich vom Anblick der weiterverbreiteten Gewalt gegen Schwarze terrorisiert fühlen könnten, scheint diese Weißen nicht zu stören.

Man sollte die Proteste gegen Polizeigewalt nun nicht nur als Kommunikationsgeste der Protestierenden betrachten, sondern auch als eine der Polizei. So paradox es klingen mag, und so wichtig Gesten der Deeskalation in Situationen wie diesen objektiv auch seien mögen: US-Amerikanische Police Departments sind geübt darin, gegenüber insbesondere Protesten von People of Color eine spektakuläre Ohnmacht zu mimen. Wer die Bilder des Rückzugs der Polizei aus der Wache des 3rd Precinct in Minneapolis betrachtet, die Aufgabe des in Brand gesetzten Gebäudes, der wird an ähnliche Manöver während der Riots in Los Angeles 1992 oder in Ferguson 2015 denken müssen.

Die vorgebliche Machtlosigkeit der Polizei wirkt umso seltsamer, als bei jeder Wiederholung dieses Dramas die einschreitende Polizei noch vermummter, noch stärker gepanzert, mit noch absurderen Waffen gegen die eigene Bevölkerung vorgeht. Berühmt wurde ein Bild von den Protesten 2016, das zeigt, wie zwei Polizisten die Krankenschwester Ieshia Evans in Baton Rouge in Louisiana festnahmen – die beiden Beamten hatten futuristische Robocop-Monturen an, Evans trug ein leichtes Sommerkleid. Die Absurdität dieser Szene wird von Bildern der aktuellen Proteste oft noch überboten. Die Police Departments, die zum Teil mit Kriegsgerät ausgerüstet werden, haben eine für europäische Augen mittlerweile beinahe unvorstellbare Ausrüstung. So treten Polizisten den eigenen Bürgern in Gestalt einer militärischen Übermacht gegenüber. Und reklamieren für sich dennoch oft die Ohnmacht von Verfolgten. Das ist in den USA kein Widerspruch – es ist Prinzip.

Inszenierte Machtlosigkeit ist in den USA schon immer unabdingbarer Teil der weißen Übermacht gewesen. Die Siedler verkauften Waffen an Indigene, um sie niederzumetzeln, wenn die sich mit diesen Waffen verteidigten. Die heutige Polizei kann auf ihre vermeintliche Opferrolle verweisen, um die Notwendigkeit ihrer weiteren Aufrüstung zu belegen – für das nächste Mal, wenn die eigene Bevölkerung gegen Polizeigewalt protestiert. Und das nächste Mal wird kommen. Die Ikonen scheinbaren Chaos' sind Indizien einer uralten Ordnung. Die Bilder der in Bedrängnis geratenen Staatsmacht waren, zumindest in der Vergangenheit, Präludien zu ihrer umso rücksichtsloseren Entfaltung.


Aus: "Polizeigewalt: Schwarz-Weiß-Bilder"  Adrian Daub, Stanford (1. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-06/polizeigewalt-usa-george-floyd-proteste-demonstrationen-bilder/komplettansicht

Quoteannoo #1

Die USA haben ein massives Problem. Ein Polizist, der dabei ist, einen schwarzen Mann umzubringen und dabei feist in die laufende Kamera grinst und sich auch von Umstehenden nicht beirren lässt - so was kann man sich nur leisten, wenn man die Justiz und den Präsidenten hinter sich weiß.


QuoteRocketRuhr #4

Was verstörend ist, der Polizist wußte, das er gefilmt wurde und hat trotzdem weiter gemacht. ...


QuoteAvatarbild von Büro für Handstreiche
Büro für Handstreiche #6  —  vor 12 Stunden

...

++ Diesen neuen Videos, die ja mittlerweile fast jeden Tag irgendwo entstehen (nicht nur in den USA) und über die sozialen Netzwerke über uns hereinbrechen, wirklichen Neuigkeitswert zuzusprechen, hieße auch zweierlei zu ignorieren. (...) ++

M.E. geht es bei der Beseitigung von Missständen, Unrecht etc. immer v.a. darum, der mitlaufenden Mehrheitsbevölkerung, die meist apolitisch ist und sich vorrangig nur für ihr eigenes kleines Leben und das ihres nächsten Umgebung interessiert, die Möglichkeit zum Selbstbetrug zu nehmen, der ihnen gestattet, die Probleme und Ungerechtigkeiten um sie herum zu ignorieren.
Augenzeugenberichte über Polizeigewalt z.B. kann man ignorieren, kann man als Falschbehauptung zurück weisen und auf die Institutionen verweisen, die sich schon darum kümmern werden, dass alles seine gerechte Ordnung hat.

Ein Video, dass jeder abrufen kann, wo ein Schwarzer, wehrlos am Boden liegend, 8 Minuten langsam von einem weißen Polizisten, demonstrativ mit den Händen in den Hosentaschen auf dem Nacken des Opfers knieend, erstickt wird, kann man nicht mehr leugnen.
Da funktioniert der Selbstbetrug, in einem gerechten System zu leben, dem man aus menschlicher Sicht nicht widersprechen müsste, nicht mehr, mal von jenen abgesehen, die ideologisch bereits extrem verblendet sind, bzw. die das eben richtig finden, wenn da ein Schwarzer unter dem Knie eines Weißen in seinen eigenen Körperflüssigkeiten liegt.



QuoteJadoo6 #2

Vergessen wir hier nicht die Bilder aus den Banlieues in Frankreich. Oder Unruhen früher in England. Und deren bigottes Verhältnis in der Elite zum Commenwealth.


QuoteHowever #17

Sehr guter Beitrag und m. E. mit einigen, nicht wenigen Parallelen zu D.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Wen lädt man ein, um in einer politischen Talkshow über die Proteste gegen rassistische Polizeigewalt in den USA zu sprechen? Die Redaktion der ARD-Sendung ,,Maischberger. Die Woche" veröffentlichte am Dienstag ihre Liste mit fünf Gästen, darunter der Außenminister Heiko Maas (SPD) und der Journalist Jan Fleischhauer. Nicht auf der Liste vertreten: eine einzige Person, die selbst von Rassismus betroffen ist und aus dieser Perspektive sprechen kann.

In den sozialen Medien reagierten viele mit Unverständnis und Wut, eine Online-Petition mit dem Titel ,,Frau Maischberger, wieso laden Sie fünf weiße Personen ein, um über Rassismus zu sprechen?" unterzeichneten mehr als 26.000 Personen.

Sandra Maischberger reagierte am Mittwochabend in ihrer Show mit keinem Wort auf die massive öffentliche Kritik. Aufgedeckt hat sie mit ihrer Sendung vor allem eins: den institutionellen Rassismus, der auch in Deutschland nach wie vor existiert.

Schon 2019 verliehen die Neuen Deutschen Medienmacher*innen die ,,Goldene Kartoffel" an die vier großen politischen Talkshows, einen Negativpreis für ,,unterirdische Berichterstattung". Die Jury begründete das unter anderem mit dem ,,Diversitätsmangel" der Gäste, der in vielen Sendungen ,,bestechend" sei.

Eine Analyse des Blogs Bliq ergab, dass von den Talkshowgästen im Jahr 2019 etwa 93 Prozent weiß und nur sieben Prozent ,,nicht-weiß" waren. Von den insgesamt 728 Gästen waren drei Talkshowgäste schwarz.

Die Maischberger-Redaktion hatte sich dann doch noch dazu bewegen lassen, die afroamerikanische Germanistikprofessorin Priscilla Layne zu kontaktieren, am Mittwoch wurde sie als sechster Gast vorgestellt. Knapp acht der 75 Minuten Sendezeit wurden Layne eingeräumt, die per Video aus North Carolina zugeschaltet war.

Man wolle nun über Rassismus sprechen, kündigte Maischberger an, fragte dazu aber dann recht wenig. Stattdessen wollte Maischberger von Layne wissen, ob sich die Community eigentlich bewusst sei, wie kontraproduktiv Plünderungen sein können und was sie von den Theorien von US-Präsident Donald Trump halte, dass sie von linksradikalen Gruppen wie der Antifa organisiert würden.

Layne selbst hatte die Sendung zuvor auf Twitter bereits scharf kritisiert. Der Grund, dass sie mich kontaktiert haben, ist entweder, dass der Gedanke eines schwarzen Talkshowgasts ihnen erst in letzter Minute gekommen ist oder, dass sie, wenn sie an Rassismus und Polizeigewalt denken, fälschlicherweise nur an die USA denken", schrieb Layne. Dabei hätte es viele afrodeutsche Expert*innen gegeben, die zum Thema hätten sprechen können.

,,Ich erkenne, dass diese Einladung viel von dem ganzen Bullshit wiederspiegelt, mit dem schwarze Deutsche sich auseinandersetzen müssen", twitterte Layne. Es gehe darum, aus wichtigen Konversationen ausgeschlossen zu werden. Sie kündigte an, für all jene zu sprechen zu wollen, die nicht eingeladen wurden.


Priscilla L. @pdlayne

9. I recognize now how this invitation actually displays a lot of the bullshit Black Germans have to deal with: Like being left out of important conversations due to gate keeping and institutional racism.
2,517 4:12 PM - Jun 3, 2020


Doch aus diesen Plänen wurde nichts, in der Sendung durfte Layne sich ausschließlich zur Lage in den USA äußern. Dabei betonte sie, dass sie selbst schon negative Erfahrungen mit der Polizei gemacht habe und dass Trumps Rhetorik eine ohnehin schon schlechte Situation noch verschlimmert habe.

Die Plünderung sieht Layne als verzweifelten Versuch der Protestierenden, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Viele Amerikaner würden erst hinschauen, wenn es um Geld geht. ,,Profit und Geschäfte sind nicht so wichtig wie Menschenleben", sagte Layne.

Sie verwies auf zahlreiche friedliche Protestversuche der Vergangenheit, die alle gescheitert seien. Den Kniefall vieler weißer Polizisten sieht sie eher als Performance. ,,Ich glaube erst, dass sich etwas ändert, wenn es strukturelle Veränderungen gibt," so das Fazit der Professorin.

Maischberger selbst zeigte sich zwischendurch fast überrascht von der Situation in den USA. ,,Da scheint etwas explodiert zu sein", analysierte sie. Auch Heiko Maas sprach in seinem Interview wiederholt davon, dass eine ,,alte rassistische Wunde" der USA ,,wieder aufgerissen" sei. Wann diese jemals verheilt gewesen sein soll, blieb offen.

Maas betonte, dass es Rassismus auch in anderen Ländern gebe – Deutschland inklusive. Er erwähnte Hanau und Halle als aktuelle Beispiele. Als Rassisten wollte er Donald Trump nicht bezeichnen, sagte aber, dass es ,,Masche der Populisten" sei, über Polarisierung das eigenen Klientel zu mobilisieren und dass Trump ,,Öl ins Feuer" gieße.

Fleischhauer, der für den ,,Spiegel" Kolumnen mit Titeln wie ,,Nazis rein" schrieb und jetzt beim ,,Focus" arbeitet, nahm das Wort ,,Rassismus" gar nicht erst in den Mund. Stattdessen sprach er über ,,marodierende Banden", die nachts durch New York ziehen würden.

Trump sei dafür nicht verantwortlich, die Vorwürfe gegen ihn seien ,,eigenartig". Würde das gleich in Deutschland passieren, würde man auch hier nach einer ,,harten Hand" rufen, nach dem Einsatz von Polizei und Militär.

Die ARD-Börsenexpertin Anja Kohl und der Moderator Dirk Steffens versuchten, dagegen zu halten. Kohl betonte, dass der Rassismus in den USA auf einer großen sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit fuße. Eine der wenigen Momente in der Show, wo strukturelle Probleme überhaupt thematisiert wurden.

Nach 30 Minuten war das Thema dann abgehakt und es ging weiter mit den anderen Schwerpunkten der Woche: Reisewarnungen, Konjunkturpaket und Corona-Impfstoffentwicklung, wozu die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff als Expertin geladen war. Sie dämpfte die Hoffnungen auf einen schnellen Impfstoff, führte aber aus, dass dem Virus auch mit Medikamenten beizukommen sei, wie dies etwa bei HIV geschehen sei.

Mit den anderen Themen der Woche hatte die Redaktion von Maischberger auf Twitter zunächst gerechtfertigt, keine Person of Color (PoC) in die Show eingeladen zu haben – und damit impliziert, dass es in ihren Augen scheinbar keine PoC in Deutschland gibt, die sich kompetent dazu äußern könnte.

Sowohl die Sendung selbst als auch die Reaktionen auf die Kritik haben gezeigt, dass es dringend Zeit wird, mehr politische Talkshows zum Thema Rassismus in Deutschland zu veranstaltet. Dann vielleicht von Anfang an mit einer diverseren Gästeliste.


Aus: "Streit über ,,Maischberger"-Gästeliste: Dann doch mit Afroamerikanerin - das machte es nicht wesentlich besser" Inga Barthels (04.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/streit-ueber-maischberger-gaesteliste-dann-doch-mit-afroamerikanerin-das-machte-es-nicht-wesentlich-besser/25885830.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Polizeigewalt ist kein gutes Wort für das, was George Floyd widerfuhr. Wenn weiße Polizisten sich auf einen schwarzen Bürger stürzen und einer der Beamten dem Festgenommenen so lange Gewalt antut, dass er dessen Tötung anscheinend billigend in Kauf nimmt, dann wäre es besser, man spräche von gewalttätigen Polizisten. Die Polizisten in Minneapolis gingen routiniert und unerbittlich vor. Weder der Beamte, der minutenlang auf Floyds Nacken kniete, noch dessen weitgehend zusehenden Kollegen ließen sich vom Todeskampf des Opfers beeindrucken. Und auch nicht von den Bitten der Augenzeugen, endlich von George Floyd abzulassen.

Polizeigewalt gegen Schwarze ist kein handwerklicher Fehler, nichts, was aus Versehen geschieht, sondern die Folge von Rassismus. Rassismus ist kein Betriebsunfall, sondern ein System, das aufrechterhalten wird, um Ungleichheit zu installieren und zu manifestieren. Und deshalb ist das, was George Floyd widerfuhr, nicht nur das Thema der Schwarzen in den USA, sondern das Thema aller Gesellschaften, deren Kernstruktur Rassismus ist. Und damit eben auch ein deutsches Thema.

Denn Rassismus ist auch der Kern dieser Gesellschaft, wie es der Kern fast aller europäischen Gesellschaften ist. Die kulturelle, politische oder ästhetische Form, in der Schwarze oder auch Bürger, die sich sichtbar von der weißen, christlichen Bevölkerung unterscheiden, Rassismus erfahren, mag von Land zu Land und von Epoche zu Epoche unterschiedlich sein. Aber alles in allem ist uns in der deutschen Gegenwart weder "Polizeigewalt" noch andere Gewalt gegenüber schwarzen und anderen Bevölkerungsgruppen fremd.

Rassismus ist ein Denken, das sich in Deutschland in vielfältigen Handlungen äußert und zeigt. Gewalttaten sind eine sichtbare Form neben anderen. Rassismus ist ein mehrstufiges System, in dem hierarchisiert, stigmatisiert und segregiert wird. Weshalb der Kampf gegen Rassismus nicht damit zu gewinnen ist, indem man gegen Polizeigewalt oder Ungleichbehandlung bei Razzien, in Schulen oder dem Wohnungsmarkt, also gegen die Symptome kämpft. Und schon gar nicht kann es der Kampf der "Betroffenen" sein.

Erst wenn die Unbedrohten, die Ge- und Beschützten beginnen, sich von der rassistischen Struktur der Gesellschaft abgestoßen zu fühlen, sie überhaupt erkennen und sehen, erst dann werden die rassistischen Taten abnehmen. Die Morde, die Zündeleien, auch die ganze rhetorische Gewalt, mit der es Angehörige von Minderheiten jeden Tag ihres Lebens zu tun haben. Oder aber es hört auf, wenn Rassismus zum totalen Zusammenbruch eines Landes führt. Bis dahin ist es oft ein langer und zermürbender Weg, bei dem Diskurs, Benachteiligung und Vernichtung Hand in Hand gehen.

Das System Rassismus in Deutschland funktioniert so, dass die Unbedrohten, die das System stützen, es gleichzeitig leugnen. Sie negieren die Ungleichheit und Ungleichbehandlung durch Politik, Polizei, Gesellschaft. Täglich wird in diesem Land aus rassistischen Gründen attackiert, angezündet oder sogar geschossen. Rassistisch motivierte Gewalt wird zum Alltag. In einer gewalttätigen Alltagskultur gegenüber Minderheiten werden nur noch die spektakulären Tötungsdelikte gefiltert und skandalisiert. Und trotzdem bleibt alles, wie es ist.

Das treibt die bedrohten Minderheiten natürlich zur Verzweiflung oder in die Wut. Sie wehren sich. Sie organisieren politischen Widerstand. Sie argumentieren, sie kämpfen um Glaubwürdigkeit, um Aufmerksamkeit, Gehör und Stimme. Dabei werden sie auf jede erdenkliche Art von der Öffentlichkeit lächerlich gemacht. Man rezensiert ihre Sprache, ihre Ausdrucksformen, ihre Anliegen. Man spottet in Kolumnen, in Zeitungen, in Talkshows, im Kabarett über sie.

Die vom Rassismus Nichtbetroffenen haben ein Thema, über das sie sich profilieren können, mit dem sie Politik machen, über das sie Bücher schreiben, Blogs und Zeitungen gründen, reich werden. Rassismus negieren ist dabei nur eine Methode. Die zweite Methode ist die Erziehung der Rassismusopfer: Sie sollen sich nicht anstellen, nicht so sensibel sein, nicht so laut, nicht so ungeduldig, nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Sie sollen am besten unsichtbar sein und die Entscheidungen und Diskurse der Mehrheitsgesellschaft dulden.

Die dritte Methode ist es, die Marginalisierten, Bedrohten oder Benachteiligten in massiver Weise zu diskreditieren und als rechtschaffene Bürger in Zweifel zu ziehen. Dabei treiben vor allem rassistische Demagogen ihr Spielchen kontinuierlich weiter. Sie werden unverschämt, behaupten, dass die Minderheiten gewalttätig, dumm, habgierig oder gefährlich sind. Die Beleidigungen, die verbalen Gewaltakte im Parlament oder in den Sportarenen, die Demütigungen werden so lange weitergetrieben, bis es fruchtet. Und es fruchtet übrigens immer. Man kennt nahezu kaum eine Gesellschaft, die gegen diese Art von konzeptueller Niedertracht immun ist.

Dann geschehen die ersten Morde an den Minderheiten. Erst sind es Nachbarn oder Mitbürger, die zu Tätern werden, irgendwann Polizisten und andere aus dem Sicherheitsapparat. Und immer werden die Täter aus der Mehrheitsgesellschaft behaupten, sie hätten aus Notwehr gehandelt. Selbst da, wo der Rassismus notgedrungen anerkannt wird, wird er noch damit begründet, dass die Opfer für die Spaltung der Gesellschaft verantwortlich seien.

Je mehr die Minderheiten sich politisch organisieren und emanzipieren, je mehr sie sich anstrengen und etwas erreichen und vielleicht wieder verlieren, umso mehr drängen die unbedrohten Gruppen darauf, dass sie es sind, die bald abgeschafft, umgevolkt oder anderweitig ausgerottet werden. Der politische Kampf der Entrechteten wird zur Bedrohung umgedeutet. Nun müssen die Marginalisierten nicht nur gegen Ungleichheit kämpfen, sondern sind auch noch damit beschäftigt, die Sorgen der Nichtbenachteiligten zu entkräften, sie zu trösten und ihnen zu versprechen, sich demokratisch, rechtsstaatlich, gut und lieb zu verhalten.


Aus: "Kiyaks Deutschstunde / Rassismus: Ein Verbrechen, das jeden Menschen angeht" Aus einer Kolumne von Mely Kiyak (3. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-06/rassismus-george-floyd-alltag-minneapolis-gesellschaft-deutschland/komplettansicht

Quotecr 43 #1.2

Natürlich ist die deutsche Gesellschaft rassistisch. ...


Quotebär bruno #1.6

Es ist weder nur ein amerikanisches, noch nur ein deutsches Problem, sondern ein globales. Ich war noch nie in einem Land, wo es keinen Rassismus gibt. Weder in Afrika, noch in Asien und von den Amerikas braucht man nicht zu reden, Nord- und Südamerika sind durch die Geschichte der Sklavereiwirtschaft von Rassismus geprägt und der Rassismus ist tatsächlich regelrecht kulturell verankert (gegenüber Indigenen und allen anderen Nicht-Weißen). Extrem der Rassismus in muslimischen Ländern im nahen und mittleren Osten und in Nordafrika.

Jeder auf der Welt ist gefordert, dagegen anzukämpfen!


Quotedaselk27 #1.49

""Jeder Mensch ist rassistisch"." Bestreite ich. Es geht nur darum, die eigenen Vorurteile als quasi genetisch determiniert zu entschuldigen."

Nein, genetisch ist das eher nicht, hat aber sehr wohl etwas damit zu tun, wie unser Gehirn arbeitet. Es ist unter anderem deshalb so effizient, weil es Kategorien bildet, alles Wahrgenommene sortiert und Muster sucht.
Das begünstigt die Bildung von Stereotypen, die rassistisch sein können.

Dazu kommen dann noch die Sozialisation, damit meine ich nicht eine ideologisch indoktrinierte Kindheit, sondern ein ganz normales Aufwachsen in einer Gruppe, In- und Outgroupeffekte, Distinktion und so weiter und so fort.

Das soll keine Relativierung sein, denn dass der Mensch anfällig für solche Geschichten ist, entbindet niemanden von uns von der Pflicht, sich selber zu überprüfen und Rassismus oder anderweitige negative Stereotype zu erkennen und ihnen entgegen zu wirken oder sie zu bekämpfen.

Aber ich denke, es ist unklug zu ignorieren, dass es solche Effekte gibt, selbst in ganz homogenen Gesellschaften.


QuoteLeololosone #4

Guter Beitrag. Was ich selbst als schwarze Deutsche erlebe, ist eine Selbstwahrnehmung und Eigeneinschätzung von uns Deutschen, dass wir so tolerant sind. Wir sind es in vieler Hinsicht nicht, aber wir sind es vor allem bei dem Thema Rassismus nicht. Das Thema wird weg definiert, ,,betrifft uns nicht" oder man könne sich gar nicht vorstellen, dass Hautfarbe überhaupt noch ein Thema ist, so der weiße Deutsche, der keinen direkten Kontakt zu schwarzen Mitbürgern hat. Das geht so weit, dass ich es erst gar nicht ansprechen darf in offiziellen Umgebungen, dass es es ein Rassismusthema gibt. Man schaut befremdet auf, halb ungläubig, halb ,,was soll ich denn jetzt tun" und naja, Du weißt doch, dass meint der nicht so.


Quotemr. head #4.25

Interessanter Beitrag. Auch hier wieder. Ich persönlich lehne nie andere Kulturen pauschal ab. Ich plädiere immer für eine ambivalente Betrachtung. Nehmen wir z.B. die Saudische Wahabitische Kultur, die in krassen Gegensatz zum Westen steht. Ich lehne das kulturelle Rollenbild der Frau und die Stellung der Religion maximal ab. Spannend da ein Saudi es wohl direkt umgekehrt sieht. Das ist für mich aber kein Kulturrassismus. Ich halte meine eigene Kultur weder für besser noch für schlechter. Dennoch wird diese Diskussion immer maximal angespannt geführt.

Wenn sich jemand rassistisch angegriffen fühlt muss man zuhören sagen sie. Korrekt. Stimmt. Aber man kann auch hier Grenzen ziehen, denen man nicht zustimmt. In den USA ist der Trend in sehr linken Gruppen als weißer darf man überhaupt nichts beitragen, da man nie das Leben einer Victim-Group kannte. Es gibt aber auch sehr wohl Menschen, die sehr aktiv Gebrauch von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Minderheit machen und diesen Mechanismus in den USA nutzen um voran zu kommen. Wenn man einer Minderheit angehört ist das nicht der alleinige Grund warum man im Leben scheitern kann. Es kann auch einfach in der Person und m Verhalten liegen. In US Konzerne gibt es Leitlinien wie man People of Color kritisieren darf oder es am besten unterlässt weil man die Diskussion ,,nur weil ich schwarz bin" fürchtet.


QuoteTeppich #4.28

Sie haben sehr gut geschildert was ich als nicht Biodeutsche immer wieder erlebe wenn ich mit Biodeutschen über dieses Thema rede.
Aber genau wie Sie gesagt haben geht der Vorwurf im seltensten Fall gegen eine konkrete Person oft sind es Verhältnisse in der Gesellschaft die man ansprechen will. Ich wünschte mir meine Biodeutschen Gesprächspartner würden meine Erfahrungen anerkennen und mit mir zusammen darüber reden wie man diese Missstände ändern kann.
Ich möchte niemanden beschuldigen aber ich möchte auch nicht benachteiligt werden und wenn wir Dinge nicht anspreche weil sie unbequem sind werden sie sich nie ändern.

Aus Ihnen spricht das Privileg nie systematisch benachteiligt geworden zu sein weil Sie anders aussehen als das allgemeine Bild eines Biodeutschen.
Genau diese Benachteiligungen sind es die Rassismus ausmachen. Wenn ich als nicht- Biodeutsche über Rassismus rede geht es im seltensten Fall darüber dass ich direkt mit Schimpfworten beteiligt wurde. Es geht darum dass ich mich in fast allen Bereichen des Lebens für etwas kämpfen muss was für meine Biodeutschen Freunde selbstverständlich ist.
Wenn jeder sich seiner privilegien bewusst wird ist ein gewaltiger Schritt im Richtung einer gerechten Gesellschaft geschafft.


Quotemr. head #4.30

,,Wenn jeder sich seiner privilegien bewusst wird ist ein gewaltiger Schritt im Richtung einer gerechten Gesellschaft geschafft"

Genau diesen bullshit mit den Privilegien kann ich nicht ab. Ich bin als bio-Deutscher mit dem Privileg gesegnet als Kind zweier Alkoholkranker aufzuwachen. Mit 9 Jahren musste ich mich um mein Essen und alles selbst kümmern. Ich bin unter nicht ,,Bio-Deutschen" aufgewachsen. Die meisten meiner Freunde sind nicht bio-deutsch. Die meisten haben es durch heute Arbeit und Anpacken zu Wohlstand gebracht. Im übrigen verheiratet bin ich mit einer nicht bio deutschen. Mein Bruder ebenfalls.

Die Welt ist nicht schwarz weiß. Ich denke es ist eine Frage was man aus seinen Karten macht. Im Leben kämpfen zu müssen hat nichts mit Rasse zu tun. Aber genau diese know your Privileg geredet ist der Punkt ab dem ich aussteige. Er ist hochgradig rassistisch. Er unterstellt bio-deutsche hätten es per Herkunft aus Prinzip leichter.


QuoteJineapple #4.31

Dass Weiße Privilegien haben, heißt nicht, dass es nicht auch weiße Obdachlose geben kann oder die anderweitig ein schweres Leben haben. Es bedeutet, dass sie keine zusätzlichen Schikanen aufgrund ihrer Hautfarbe befürchten müssen.

Beispiel Wohnung: Ein armer Weißer wird oft Schwierigkeiten haben, eine angemessene Wohnung zu finden, die er bezahlen kann und wo ihn der Vermieter nimmt. Aber er muss sich "nur" Sorgen machen, wegen seiner finanziellen Situation/Jobsicherheit keine Wohnung zu bekommen, nicht zusätzlich noch wegen seiner Hautfarbe.


Quotemarried to the game #6

Ich glaube nicht, dass die deutsche Gesellschaft dermaßen rassistisch ist. Natürlich gibt es auch hier unschöne Tendenzen, aber die Abstrahierungen des Artikels gehen für meinen Geschmack deutlich zu weit.


QuoteJimbo2000 #6.1

Ich glaube es schon. Wie kommen wir nun zusammen?


Quote632wtch #6.2

,,Das System Rassismus in Deutschland funktioniert so, dass die Unbedrohten, die das System stützen, es gleichzeitig leugnen. Sie negieren die Ungleichheit und Ungleichbehandlung durch Politik, Polizei, Gesellschaft. Täglich wird in diesem Land aus rassistischen Gründen attackiert, angezündet oder sogar geschossen."


Quotedth #6.14

Ich halte es für schwierig, hier immer von einem "wir" oder auch nur einer Gesellschaft zu reden. Eine Gesellschaft setzt sich aus vielen Milieus zusammen, die unterschiedlich weit auseinanderliegen. Es gibt sicher rassistische Milieus auch bis hin die Mainstreamgesellschaft hinein. Allerdings würde ich die Gesellschaft nicht als pauschal rassistisch einschätzen und ich erkenne auch keine pauschale Motivation etwa der deutschen Politik, rassistische Benachteiligungen aufrecht zu erhalten. Gewisser Politiker ja, aber pauschal kann man das so nicht sagen.
Als Betroffene wie die Autorin mag man das zuweilen so wahrnehmen. Aber man sollte bedenken, dass man da auch keine objektive Sicht hat.


QuoteKlirrtext #6.16

Herzlichen Glückwunsch - Sie sind Teil des Problems. Ich vermute jetzt einfach mal, dass Sie weiß sind: Wie wollen Sie beurteilen, ob eine Gesellschaft rassistisch ist, wenn Sie selber nie Opfer ebendieses sind und ihn wahrscheinlich nicht einmal erkennen können, da Sie selber Teil des rassistischen Systems sind. In diesem Moment sollte man einfach mal den Mund halten und erst einmal den Schwarzen Deutschen lauschen, die diese Erfahrungen gemacht haben. Ich weiß, es ist schwer mal nicht als Weißer den Diskurs zu bestimmen und die Deutungshoheit zu haben - aber Sie werden es überleben.


QuoteFake News Buster #6.17

Es wäre hilfreich, wenn Sie damit aufhören würden, Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe den Mund zu verbieten.


QuoteVerbal #6.15

"Ich glaube nicht, dass die deutsche Gesellschaft dermaßen rassistisch ist."

@Jimbo2000: "Ich glaube es schon. Wie kommen wir nun zusammen?"

In dem wir nicht nur Standpunkte, Haltungen und Vorwürfe austauschen, sondern tatsächlich miteinander reden. Das ist auch das, mit dem meiner Meinung nach so etwas wie Rassismus überwunden werden kann, in dem man (ernsthaft) miteinander redet, indem man sich in die Situation des anderen eindenkt und auch bereit ist den Standpunkt des anderen als grundsätzlich legitim anzusehen (und zwar gegenseitig). Meiner Meinung nach wird unsere Rassismusdebatte nicht wirklich gut geführt. Dass niemand aufgrund irgendeiner Ethnie einen ,,normativen Mehrwert" gegenüber einer anderen Ethnie hat, ist für mich klar. Darüber will/kann ich auch nicht diskutieren. Man kann aber sehr wohl über kulturelle und soziale Wertvorstellungen diskutieren. Das gilt für mich auch, wenn diese Wertvorstellungen ,,fremd", also von neuen Mitbürgern in die Gesellschaft eingebracht werden.


QuoteMaximus Decimus Meridius #11

Danke für die Sezierung, Frau Kiyak.

"Rassismus ist kein Betriebsunfall, sondern ein System, das aufrechterhalten wird, um Ungleichheit zu installieren und zu manifestieren."

Präzisierung dazu, weil Ungleichheit kein Selbstzweck ist:
Grund dafür ist einen Vorteil zu installieren und ihn zu manifestieren.

Und das Prinzip funktioniert gleichermaßen in den kleinsten Gemeinschaftseinheiten wie Familie ebenso wie auf globaler Ebene unter Länderverbänden und Ethnien.


Quotebonsense #23

Bei der (deutschen) Rassismus-Diskussion muss ich immer an die Geschichte von Philipp Awounou denken, der 2018 auf einem Werbeplakat einer Versicherung abgebildet war, umarmt von einer weißen jungen Frau. Daraufhin sah sich Awounou einer Welle von rassistischen Hass-Kommentaren ausgesetzt:

Rassismus pur - Ein Werbeplakat und seine Folgen
Monitor . 26.06.2019. 05:58 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. Das Erste.
Sportstudent Philipp Awounou und seine Freundin waren auf dem Werbe-Plakat einer Krankenversicherung zu sehen. Es folgte ein rassistischer Sturm voller Hass und Beleidigungen.
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-rassismus-pur---ein-werbeplakat-und-seine-folgen-100.html

Es gibt sicherlich viele Beispiele für Rassismus in Deutschland, aber aus irgendeinem Grund, hat mich diese Geschichte ganz besonders entsetzt und beschämt.

Es ist, glaube ich, unmöglich sich als weißer, muster-deutsch aussehender Mensch, wirklich in jemanden hineinzuversetzen, der nur wegen seines Aussehens von so vielen Leuten so abgrundtief gehasst wird. Aber ich stelle mir das unglaublich zermürbend und seelisch schmerzhaft vor.


Quotemurtaddhunt #25

Ich kann dies nur bestätigen. Es wird gefordert, dass man sich integriert. Man hat das Abitur hinter sich. Hat studiert und spätestens bei der Wohnungs- oder Jobsuche zeigt sich, dass man Bürger zweitere Klasse ist. Es reicht der falsche Name, das falsche Aussehen und man zählt nicht dazu. Mir wurde bei der Besichtigung vom Makler gesagt, dass der Eigentümer keine Ausländer im Haus haben wolle und er nichts machen kann.

Früher sagte meine Schullehrerin: Du wirst es eh nicht schaffen.

Im Studium wurde ich von einem Professor (in einer mündlichen Prüfung) derart offenkundig benachteiligt, dass ich die Fassung verlor und ihn in einer anschließenden Sprechstunde schlug, nachdem er sich über mein "Herkunftsland" indirekt lustig machte. Wir einigten uns drauf, die Sache nicht weiter zu verfolgen, da wir beide nicht gut da hinauskommen würden. Es stellte sich heraus, dass seine deutsche Tochter einen arabischen Freund hatte, den er hasste.

In der S-Bahn wurde ich von einem Herren gefragt, ob ich die Zeitung verstehe, die ich gerade lese.

Unsere Vermieterin drohte uns mit der Kündigung des Mietverhältnisses, wenn ich nochmal so ein Grillfest mit sovielen Ausländer im gemeinsam genutzten Garten veranstalte. Die Nachbarn hätten sich gestört gefühlt.

Das sind alles Erfahrungen und auch "Kleinigkeiten" mit denen ich fertig werde. Es passiert im Alltag. Es sind keine Glatzköpfe, sondern es ist der 0815-Deutsche.

...


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach dem Tod das Afroamerikaners George Floyd und den anhaltenden Protesten haben die vier noch lebenden früheren US-Präsidenten systematischen Rassismus in den USA verurteilt.

Jimmy Carter, Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama kritisierten in Stellungnahmen die anhaltende Ungleichheit und die Benachteiligung Schwarzer in den USA. Bei allen klang auch - mehr oder weniger direkt - Kritik an Präsident Donald Trump mit.

Ex-Präsident Carter erklärte am Mittwoch (Ortszeit), es müsse mehr getan werden, um dem systematischen Rassismus in den USA zu begegnen. ,,Wir brauchen eine Regierung, die so gut ist wie ihre Bevölkerung, und wir sind besser als das", schrieb der Demokrat.

Es sei Zeit, sich gegen Diskriminierung in Polizei und Justiz sowie die anhaltende ,,unmoralische" wirtschaftliche Ungleichheit aufzulehnen, forderte er.

George W. Bush hatte zuvor am Dienstag erklärt, es sei ein ,,schockierendes Versagen", dass viele Afroamerikaner in ihrem Heimatland immer noch Belästigungen und Bedrohungen ausgesetzt seien.

,,Wie beenden wir systematischen Rassismus in unserer Gesellschaft?" fragte er. Schwarze erlebten die wiederholte Verletzung ihrer Rechte ,,ohne eine dringliche und adäquate Antwort von Amerikas Institutionen".

Ex-Präsident Clinton hatte bereits am Samstag erklärt, Floyds Tod sei der ,,jüngste Fall in einer langen Reihe von Tragödien und Ungerechtigkeiten sowie eine schmerzhafte Erinnerung daran, dass die Hautfarbe einer Person immer noch festlegt, wie diese in fast jeder Lebenslage in Amerika behandelt wird".

Barack Obama sieht die friedlichen Proteste als Chance, Fortschritte im Kampf gegen den ,,institutionalisierten Rassismus" in den USA zu machen.

Es sei beeindruckend und ein Zeichen der Hoffnung, dass sich Menschen aller Gesellschaftsschichten und Hautfarben an den Protesten im ganzen Land beteiligten, sagte Obama. Die jüngsten Ereignisse seien eine ,,unglaubliche Chance", weil vielen Menschen bestehende Benachteiligungen erstmals bewusst würden.

Obwohl es vereinzelt Ausschreitungen gegeben habe, halte eine Mehrheit der Amerikaner die Proteste weiter für gerechtfertigt ,,wegen der Ungerechtigkeiten, die sie gesehen haben", sagte Obama am Mittwochabend (Ortszeit) in einer Videoschalte seiner Stiftung.

In der Vergangenheit hätten sich vor allem Schwarze und andere Minderheiten an solchen Protesten beteiligt. ,,Das ist jetzt anders. Man sieht sich diese Proteste an und es gibt einen viel repräsentativeren Querschnitt Amerikas, der friedlich demonstriert", sagte Obama.

,,Das gab es in 1960er Jahren nicht ... es gibt einen Mentalitätswechsel, eine stärkere Erkenntnis, dass wir Besseres schaffen können", fügte er hinzu. Alle Amerikaner müssten sich gegen Rassismus auflehnen, vor allem aber Politiker müssten Fehler einräumen und Verantwortung übernehmen, forderte der bislang einzige schwarze Präsident der USA.

Ganz direkte Kritik am Umgang des amtierenden Präsidenten mit der Krise äußerte derweil dessen früherer Verteidigungsminister James Mattis. Trump sei der erste Präsident, den er erlebe, der sich nicht darum bemühe, das Land zu einen, sondern seit drei Jahren versuche, das Land zu spalten, schrieb Mattis im US-Magazin ,,The Atlantic".

,,Wir sind Zeugen der Konsequenzen von drei Jahren ohne reife Führung", schrieb der pensionierte General. Die Ereignisse dieser Woche hätten ihn ,,wütend und entsetzt" zurückgelassen.

Mattis war wegen Meinungsverschiedenheiten mit Trump Anfang 2019 nach zwei Jahren als dessen Verteidigungsminister zurückgetreten, hatte den Präsidenten seither aber nicht öffentlich kritisiert.

Er bezeichnete nun die von Trump gewünschte Militarisierung der Einsätze gegen die Proteste im ganzen Land nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz als unnötigen Fehler.

,,Zuhause sollten wir unser Militär nur sehr selten einsetzen, wenn es von Gouverneuren der Bundesstaaten angefordert wird", schrieb Mattis. Ein Einsatz der Streitkräfte gegen zivile Proteste drohe, einen Konflikt zwischen Bevölkerung und Militär zu provozieren, warnte er.

Mattis fand besonders scharfe Worte für den Vorfall vom Montag, als auf Befehl von Trumps Regierung hin ein friedlicher Protest vor dem Weißen Haus gewaltsam aufgelöst worden war, um es Trump zu ermöglichen, sich vor einer nahen Kirche für ein Foto in Szene zu setzen.

Er bezeichnete den Vorfall als ,,Missbrauch der Regierungsmacht". ,,Wir müssen das ablehnen und jene Amtsträger zur Rechenschaft ziehen, die unsere Verfassung verhöhnen würden", forderte er.

Er habe sich bislang nicht vorstellen können, dass Soldaten befohlen würde, ,,die verfassungsmäßigen Rechte ihrer Mitbürger zu verletzen", um dem Oberbefehlshaber einen ,,bizarren Foto-Auftritt" zu ermöglichen, fügte Mattis hinzu. Er kritisierte indirekt auch Verteidigungsminister Mark Esper, der an Trumps Auftritt teilgenommen hatte. Esper hatte später versucht, sich davon zu distanzieren.

Trump reagierte über Twitter auf Mattis' Kritik und warf ihm vor, vor allem das Feld der Selbstdarstellung zu beherrschen. Er habe dessen Führungskraft nicht geschätzt und sei froh, dass dieser ,,weg ist", schrieb Trump.



    @realDonaldTrump
    Probably the only thing Barack Obama & I have in common is that we both had the honor of firing Jim Mattis, the world's most overrated General. I asked for his letter of resignation, & felt great about it. His nickname was "Chaos", which I didn't like, & changed to "Mad Dog"...

    @realDonaldTrump

    ...His primary strength was not military, but rather personal public relations. I gave him a new life, things to do, and battles to win, but he seldom "brought home the bacon". I didn't like his "leadership" style or much else about him, and many others agree. Glad he is gone!

    3:02 AM - Jun 4, 2020



Der Präsident wirbt seit Tagen für einen Einsatz des Militärs, um Ausschreitungen am Rande der Proteste zu unterbinden. Auf Trumps Befehl hin sind Soldaten und Kräfte des Bundes in die Hauptstadt Washington verlegt worden. Am Dienstag hatte sich auch der frühere Generalstabschef Mike Mullen entsetzt gezeigt und Trumps Regierung scharf dafür kritisiert. (dpa, Tsp)


Aus: "Proteste gegen Polizeigewalt in den USA: Alle noch lebenden Ex-US-Präsidenten melden sich zu Wort" (04.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/proteste-gegen-polizeigewalt-in-den-usa-alle-noch-lebenden-ex-us-praesidenten-melden-sich-zu-wort/25885948.html

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Leopold war Anhänger kolonialistischer Ideen und gründete in Zentralafrika den offiziell eigenständigen Kongo-Freistaat, dessen absoluter Monarch und persönlicher Eigentümer er von 1876/1885 bis 1908 war. Zu dieser Zeit wurde aus dem Kongo vor allem Elfenbein und Kautschuk exportiert.

... Der Bedarf an diesem Rohstoff war seitdem stetig gewachsen. 44 Jahre, nachdem sich Goodyear die Vulkanisierung des Kautschuks hatte patentieren lassen, erfand John Boyd Dunlop den Luftreifen. Er war angesichts der damaligen gepflasterten Straßen und der Schlaglöcher auf den Landstraßen ein Erfolg, der die Nachfrage nach Kautschuk nochmals deutlich steigerte. Die Truppen des Königs überfielen Dörfer, und die Bewohner erhielten den Befehl, eine bestimmte Menge Kautschuk zu sammeln, sonst würde das ganze Dorf niedergebrannt werden. Wer zu fliehen versuchte, wurde erschossen. Um zu kontrollieren, ob die Soldaten nicht nur gejagt hatten, mussten sie für verbrauchte Munition die Hände der erschossenen Menschen vorlegen. Wenn Soldaten doch gejagt hatten, wurden deshalb auch lebenden Menschen die Hände abgehackt. Eine andere Deutung der Praxis, die Hände abzuhacken, ist laut der Fachzeitschrift Message, dass Druck auf die Zulieferer ausgeübt wurde: Wer nicht genug Kautschuk liefert, dem wird eine Hand abgehackt. Zudem bewirkte der Druck auf die Einheimischen, ständig Kautschuk zu sammeln, dass diese immer weniger dazu kamen, ihre Felder zu bestellen. So verhungerten in manchen Gegenden 60–90 % der Bevölkerung oder verließen ihre Dörfer, um sich dem Zugriff des ,,Staates" zu entziehen. Betrug 1890 der Kautschukertrag lediglich 100 Tonnen im Jahr, waren es 1901 bereits 6.000 Tonnen.

Die Methoden, mit denen belgische Handelsgesellschaften und das Militär im Kongo vorgingen, sind unter anderem in Joseph Conrads Buch Herz der Finsternis (veröffentlicht 1899) geschildert. Conrad (1857–1924) hatte 1890 als Kapitän eines Flussschiffes angeheuert. Er wurde jedoch schon bald nach seiner Ankunft krank. Auch was er im Kongo mit ansehen musste, ließ ihn so bald wie möglich nach England zurückkehren. Unter anderem sah er, wie die Soldaten Körbe voller verwesender Hände zum Zählen zu ihren Stützpunkten schafften. Er sah auch, wie an einem Stützpunkt die Köpfe von Hingerichteten auf Pfählen ausgestellt waren.

Zudem begünstigten die Strukturen des ,,Staates" den Missbrauch der Macht. Von einem wirklichen ,,Staat" konnte man nur in der am Atlantik gelegenen westlichsten Provinz Kongo Central sprechen. Der überwiegende Teil des riesigen Landes von der Größe Westeuropas wurde von rund 3.000 Europäern kontrolliert und sollte so billig wie möglich verwaltet werden. Viele belgische Offiziere kamen aus dem Kleinbürgertum und hatten keine Vorstellungen von Afrika und seinen Lebensbedingungen. Auf einen einsamen Posten fernab jeder vertrauten Umgebung versetzt, von Malaria und Luftfeuchtigkeit geplagt, bildeten sich unter den Offizieren oftmals Ängste, Melancholie bis hin zu komplettem Wahnsinn und Allmachtsfantasien, was schließlich in zahlreichen Massakern endete. Auch gab es faktisch keinerlei Rechtswesen. Durch das Fehlen von Gerichten, überhaupt weitgehenden Gesetzen, oder einer Gewaltenteilung war dem Machtmissbrauch der Offiziere, der Beamten und der Angestellten der Gesellschaften Tür und Tor geöffnet. So bildete erst der belgische Staat nach dem Ende des Freistaates eine erste unabhängige Staatsanwaltschaft (procureur général), die gegen korrupte oder gewalttätige Beamte vorgehen konnte. Bis dahin waren weite Gebiete des Kongo auch de jure in einer absoluten Despotie der örtlichen Beamten gefangen, die sowohl politisch als auch juristisch vor Ort die oberste Instanz bildeten und deren Exzesse nur im Umland der Hauptstadt Boma (in der einige europäische Mächte offizielle Gesandtschaften eingerichtet hatten) unterblieben. So ließ Leon Fievez in den ersten vier Dienstmonaten als Distrikt-Kommissar der Provinz Équateur 572 Menschen ermorden. Anschließend unternahm er immer wieder Strafaktionen. Bei einer einzelnen Strafexpedition ließ er 162 Dörfer niederbrennen und 1.346 Menschen hinrichten. In seiner Provinz wurde der höchste Kautschukertrag erzielt.

...


Aus: "Leopold II. (Belgien)" (10. Juni 2020)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_II._(Belgien)

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Quote[...] Antwerpen – Als Reaktion auf die Proteste tausender Belgier gegen Rassismus haben die Behörden in Antwerpen eine Statue des früheren Königs Leopold II. entfernt. Die Statue soll künftig im Depot eines örtlichen Museums aufbewahrt werden.

Wegen der brutalen belgischen Kolonialherrschaft im Kongo im 19. und 20. Jahrhundert ist das Andenken an den damaligen Monarchen seit langem umstritten. Wie in zahlreichen anderen Ländern weltweit beteiligten sich nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis auch in Belgien tausende Menschen an Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Seit Beginn der Proteste wurden mehrere Statuen und Büsten von Leopold II. beschmiert.

Die Gruppe "Reparons L'Histoire" (Die Geschichte reparieren), die sich für die Aufarbeitung der belgischen Kolonialverbrechen einsetzt, forderte die Entfernung aller Denkmäler für Leopold II., der Belgien von 1865 bis 1909 regierte. Sie bezeichnete den König, "der für einige ein Held" sei, als "Henker, der zehn Millionen Kongolesen getötet hat".

Im Namen der "Zivilisationsmission" Belgiens im Kongo errichtete Leopold II. Ende des 19. Jahrhunderts ein Kolonialregime, das von Historikern als eines der gewalttätigsten der Geschichte bezeichnet wird. Rohstoffe wie Kautschuk plünderten die belgischen Kolonialherren durch Sklaverei und Gewalt systematisch aus.

Auch in Großbritannien haben Aktivisten im Rahmen der Proteste gegen Rassismus die Entfernung von Denkmälern gefordert, die an Menschenrechtsverbrechen während der Kolonialzeit erinnern. Am Sonntag hatten Demonstranten im englischen Bristol eine mehr als fünf Meter hohe Bronze-Statue des Sklavenhändlers Edward Colston gestürzt und im Hafen versenkt.

Parallel zur Beisetzung George Floyds in Houston kündigten Aktivisten in Oxford an, die Statue für den Bergbaumagnaten Cecil Rhodes in Oxford zu stürzen, der im 19. Jahrhundert für die britische Krone mehrere Kolonialgebiete im Süden Afrikas erwarb. (APA, AFP, 9.6.2020)


Aus: "Antwerpen entfernt Statue König Leopolds II" (9. Juni 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117986944/antwerpen-entfernt-statue-koenig-leopolds-ii

Quote
Christian Kreil

Primitivität, unsere Baustelle

Das gute an der Diskussion: König Leopold und sein monströses Gewaltregime im Kongo werden thematisiert. ... Was wir benötigen, sind keine Denkmäler, sondern Narrative: Das wissen, das "unsere Zivilisation" eben exakt mit jener Bestialität, Wildheit, Primitivität und Rohheit zu agieren vermochte, die die "Neue Rechte" anderen Kulturen anheftet.


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Textaris(txt*bot)

Police: Last Week Tonight with John Oliver (HBO) (08.06.2020)
As nationwide protests over the deaths of George Floyd and Breonna Taylor are met with police brutality, John Oliver discusses how the histories of policing and white supremacy are intertwined, the roadblocks to fixing things, and some potential paths forward.
https://youtu.be/Wf4cea5oObY

44.216 Kommentare (Stand 11.06.2020)

QuotePeter Spliffin

When the comedians care more than the politicians, you know you have a problem.


Quotebrandon LM01

I was with the 101st airborne during the beginning of the war. Col. Grossman gave us a similar lecture before going to WAR. The whole sheep/sheepdog, the 1%, predator etc. Not a comfortable feeling to know that our police got the same rhetoric before going to handle a mental health call.


Quote
rcppcsk

This is so heartbreaking. Honestly though, when I heard about George Floyd may he rest in peace, I wasn't at all surprised. My family left the US when I was young, but I know enough about the place I was born in to know that cops killing black people without a second thought is nothing new. I'm not even black, so I don't know if it's my place to say this, but everyone should've been marching in the streets for the past hundred years - this isn't a new problem. This has been going on for so long, and it's so fucked up. Where I live I'm ashamed to say I was born in the US - as much as Americans love to say how it's the land of the free, it looks like a prison to me. My black friends were surprised that not every American is racist when they found out I was born in the US. USA, you better step up your game. Start acting like the country of the free and diverse you're so proud of.


...

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NYPD Union Boss RAGES: "Start Treating Us With Some Respect" (09.06.2020)
Some police officers are getting very offended by people holding them accountable. Cenk Uygur and Ana Kasparian discuss on The Young Turks.
https://youtu.be/M0rS8rlFpqk

14.224 Kommentare (Stand 11.06.2020)

Quote
Color Coded

Police union guy:"Stop  treating us like animals and start treating us with respect!"

Protestors: 🗣🗣THATS A TWO WAY STREET!!


Quote
Darlene X

Psychopaths don't know they have a mental problem.



Quote
keki3173

police need to stop acting like a mafia gang and stop acting like they are above the law. When a 75 year old man is knocked down and bleeding from his head and  ZERO cops stop to render aid what the hell is wrong with cops . Cops DO NOT like human beings. IT"S ABOUT TIME COPS ARE HELD ACCOUNTABLE


QuoteANYTHING BAD IS FUCKED AND ALCOHOLICS X

America looking like a 3rd world country


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Textaris(txt*bot)

#24
Quote[...] Es hilft, den Satz "Wir sind rassistisch" nicht als Selbstanklage zu verstehen, sondern als nüchterne Feststellung. Wir sind rassistisch geprägt durch unzählige Bilder und Erzählungen, die wir von Kindheit an aufgesogen haben. In Geschichtsstunden, in Filmen, Werbespots, Fernsehnachrichten, Zeitungen. Ich meine damit gar nicht die alten Bücher oder Artikel, in denen Schwarze noch mit dem N-Wort bezeichnet wurden, oder die Wirtschaftswunder-Kinohits wie Toxi über niedliche, aber störende damals sogenannte "Mischlingskinder". Ich rede von unserem Welt- und Selbstbild als aufgeklärte, ihrer Vergangenheit bewusste Europäer.

Rassismus wird man nicht los durch Schweigeminuten für seine Opfer oder umgestürzte Denkmäler – so wichtig oder berechtigt solche Aktionen auch sind. Einer solchen Ideologie tritt man erst dann ernsthaft entgegen, wenn man willens ist, die Dimension ihrer Geschichte zu begreifen. Das haben wir bislang weder in Deutschland noch in Europa ernsthaft versucht.

Seltsam, denn eigentlich gilt historisches Bewusstsein als nationale und europäische Primärtugend. Als Säule eines demokratischen Deutschlands nach der NS-Zeit und der Schoah. Als Fundament der Aussöhnung nach zwei Weltkriegen und damit der Europäischen Union. Allerdings hört diese Tugend an deren Küsten auf. Europas Vergangenheit jenseits des Mittelmeers und des Atlantiks liegt hinter einem Schleier aus Verdrängung und Geschichtsklitterung. Warum? Weil die Geschichte des Rassismus auch die Geschichte des Kolonialismus und damit unseres Wohlstands ist. Über die Wurzeln des Rassismus zu reden, geht also ans Eingemachte. Aber vielleicht wird genau das gerade möglich – angeschoben durch eine ganze Reihe von Entwicklungen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, akut beschleunigt durch unsere Reaktionen auf den Mord an dem Schwarzen George Floyd durch einen Polizisten. Manchen erscheint eine solche Auseinandersetzung über die Entstehung unserer Privilegien als Bedrohung in ohnehin bedrohlichen Zeiten. In Wahrheit ist es eine Chance.

In Europa geht es konkret um die Überwindung zweier kollektiver Lebenslügen. Die erste ist eine spezifisch deutsche: Demnach haben wir mit der "Erinnerungskultur" zu Holocaust und der Nazi-Diktatur genug zur Aufarbeitung vergangener Verbrechen beigetragen – und beim Kolonialismus waren wir gar nicht wirklich dabei. Die Menschen in den ehemaligen deutschen "Schutzgebieten" sehen das anders. In Kamerun, Togo, Tansania und vor allem in Namibia, wo die Völker der Ovaherero und Nama, nach kolonialer Ideologie "minderwertige Rassen", Anfang des 20. Jahrhunderts Opfer des ersten deutschen Genozids wurden.

Diese deutsche Lebenslüge liegt gut eingebettet in einer europäischen. Demnach war der Kolonialismus eine raue Angelegenheit, ist aber schon lange her. Außerdem haben "die da unten" in Afrika, Asien und Lateinamerika Eisenbahn, Schulen und die Anleitung zum Nationalstaat bekommen. Also die Türöffner zur Moderne. Oder um es im Fall Großbritanniens mit Boris Johnson zu formulieren: den "Segen des britischen Imperiums".

Das ist eine beachtliche Verdrängungsleistung, zumal Historikerinnen und Publizisten seit Jahrzehnten das Ausmaß der Gewalt und der Ausbeutung des Kolonialismus freilegen. Die offenen Adern Lateinamerikas, der Klassiker des uruguayischen Journalisten Eduardo Galeano stammt aus dem Jahr 1971, Frantz Fanons Die Verdammten dieser Erde über die Folgen der europäischen Plünderungen in Afrika erschien 1961. Das Menschheitsverbrechen des Sklavenhandels ist ausführlich, wenn auch noch lange nicht erschöpfend dokumentiert, ebenso die Gräueltaten britischer, italienischer, deutscher, belgischer oder niederländischer Kolonialbehörden.

Aber dieses Wissen blieb lange in der Nische der Postcolonial Studies hängen, es wurde durch die ideologischen Kämpfe des Kalten Krieges überschattet und nach dessen Ende durch die Hybris des vermeintlichen Sieges des (weißen) Westens. Erst die noch junge Debatte um Europas Museen – in Deutschland vor allem um das Humboldt-Forum – traf diesseits des Atlantiks zum ersten Mal den historischen Nerv. Die Einsicht, dass unsere Museen voller Raubgüter aus den ehemaligen Kolonien sind, hat lange gebraucht. Jetzt führt sie uns, ob wir es wollen oder nicht, zur Frage, was sich Europa außer Masken, Speeren, Statuen und Menschenschädeln noch aus seinen Kolonien geholt hat. Die Antwort: materiell fast alles, was es für seinen Aufstieg, also für den Anbruch des europäischen, westlichen, weißen Zeitalters brauchte. Kautschuk, Gold, Silber, Kupfer, Elfenbein, Baumwolle, Zucker. Und Millionen Sklaven.

Wie gesagt, das Wissen darum ist seit Langem mit ein paar Mausklicks verfügbar. Aber noch ist es nicht Bestandteil unserer europäischen Erzählung. Die müsste so lauten: Unsere technischen und geistesgeschichtlichen Errungenschaften – ob Industrialisierung oder Aufklärung – wären ohne die Plünderung der Kolonien, ohne Tod und Versklavung von Millionen Menschen nicht möglich gewesen. Rassismus als Ideologie ist keine Spielart von Gruppenhass, den es auf der Welt immer schon gegeben hat. Er wurde passend zum europäischen Raubzug in den Kolonien entwickelt. Ein weißes Eliteprojekt des 18. Jahrhunderts, in dem Biologen, Mediziner, Philosophen und Theologen die Hierarchisierung von Menschen in und "Höher- und Minderwertige" pseudo-wissenschaftlich wie moralisch zu untermauern versuchten. Und damit auch den Aufstieg Europas und des Westens zur "zivilisierenden" Macht. "Das Taufbecken unserer Moderne" – so hat der kamerunische Philosoph Achille Mbembe den Sklavenhandel und die Plantagenwirtschaft einmal beschrieben. Das anzuerkennen, ist der erste Schritt, um dem Rassismus der Gegenwart auf den Grund zu gehen.

Vielleicht setzen wir gerade dazu an. In Deutschland wie in Europa. Das Wort "Rasse" aus dem Grundgesetz zu streichen, ist dabei ebenso überfällig wie in Bronze gegossene Sklavenhändler vom Sockel zu holen oder Straßen und Gebäude umzutaufen, die immer noch nach deutschen "Helden" der afrikanischen Kolonien benannt sind. Paul von Lettow-Vorbeck, Adolph Woermann, Adolf Lüderitz. Nur dürfen sie eben nicht aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwinden. Im Gegenteil: Sie sind Teil einer gemeinsamen Geschichte Europas, Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Die verlangt auch einen neuen Blick auf unsere historischen Lichtgestalten. "Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen ... die Neger sind weit tiefer." Der Satz stammt von Immanuel Kant, Philosoph der Aufklärung, aber eben auch ein Vertreter der europäischen Ideologie des Rassismus. Das eine schloss das andere nicht aus.

Da kommt also einiges ins Wanken, wenn wir es ernst meinen mit dieser politischen Archäologie. Nicht nur unsere vorbehaltlose Verehrung europäischer Denker, sondern auch unser hartnäckiges, schon zu Kants Zeiten geformtes Narrativ von Afrika als geschichtslosem Kontinent, der wechselweise ohne weiße Hilfe verloren oder ohne Afrikaner besser dran wäre. Mit den Bildern schwarzer Kinder, die von weißen Helfern gefüttert und geknuddelt werden, während erwachsene Schwarze als hilflose Statisten daneben stehen, werden wir bis heute überflutet. Und falls die Frage jetzt tatsächlich auftaucht: Ja, die Infantilisierung ganzer Gesellschaften und die eigene Überhöhung zum weißen Retter, egal wie gut gemeint, ist ein rassistisches Stereotyp. Das Gleiche gilt für das Klischee von Afrika als "unberührter Wildnis" mit möglichst vielen Löwen und möglichst wenig Afrikanerinnen und Afrikanern, bis heute reproduziert in TV-Serien und Naturfilmen. Viele der spektakulären afrikanischen Nationalparks gehen auf die koloniale Praxis (auch der Deutschen) zurück, Landstriche gewaltsam zu entvölkern und zu "Naturschutz- und Jagdgebieten" zu erklären – natürlich nur für die weißen Herren. Zumindest so viel sollte man wissen, bevor man in Post-Corona-Zeiten die nächste Safari bucht.

Eine ehrliche Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Rassismus führt allerdings nicht nur zu einem anderen Fernsehprogramm, sondern unweigerlich zur Frage der Entschädigung und Reparationen.

Die Ovaherero und Nama fordern sie, ebenso die Überlebenden britischer Folterlager im kolonialen Kenia oder die Angehörigen von Opfern niederländischer Massaker in Indonesien. Einigen wurde in den vergangenen Jahren Geld zugesprochen – meist beschämend kleine Summen, die man in europäischen Schadenersatzprozessen für eine gebrochene Nase festlegen würde. Aber die afrikanischen und asiatischen Kläger waren schlicht froh, dass die Verbrechen überhaupt juristisch anerkannt wurden.

Kommt bei der Debatte um koloniale Verbrechen und Ausbeutung materielle "Wiedergutmachung" mit ins Spiel, hört man vonseiten der ehemaligen Kolonialmächte schnell den Einwand: Warum? Wir überweisen "denen im Süden" doch seit Jahrzehnten Entwicklungshilfe. Auch die Bundesregierung hat so immer wieder gegen die Forderungen der Ovaherero und Nama im heutigen Namibia argumentiert. Es ist ein lang erprobter Abwehrreflex, der allerdings immer weniger funktioniert, je stärker sich Vertreter des globalen Südens in die Debatte um die shared history, die gemeinsame Geschichte des Kolonialismus einschalten.

Die Behauptung, vor allem Afrikanerinnen und Afrikaner ritten auf dem Kolonialismus herum, um vom eigenen Versagen nach der Unabhängigkeit abzulenken, ist dabei eine sehr weiße Anmaßung. In so gut wie jedem Land des globalen Südens waren und sind soziale Bewegungen gegen Korruption, Verelendung und Autoritarismus aktiv. Intellektuellen wie Aktivisten – von Textilarbeiter-Gewerkschaften in Bangladesch über Journalistenverbände in Mali bis zu Bauernkooperativen in Bolivien – geht es nicht darum, den reichen Ländern die gigantische und endgültige Rechnung für den Kolonialismus zu präsentieren. Es geht ihnen vor allem um eine neue Aufteilung der Kosten unseres Wohlstands.

Denn alle antikolonialen Befreiungskämpfe, alle Denkmalstürze und Anti-Diskriminierungsgesetze haben an einem nichts geändert: Europa und Nordamerika lagern seit 500 Jahren die Kosten ihres Wohlstands weitgehend aus. Längst haben China und andere asiatische Staaten zu unserem Club aufgeschlossen, was nichts an dem Umstand ändert, dass wir bis heute von diesem kolonialen Erbe profitieren. Die sozialen und ökologischen Kosten für unsere Ernährung (ob mit oder ohne Bio-Stempel), unsere erschwingliche Kleidung, unsere billigen elektronischen Geräte und deren Entsorgung zahlen immer noch "die anderen" – Menschen im globalen Süden. Der Soziologe Stephan Lessenich hat in seinem Buch Neben uns die Sintflut dafür den Begriff der "Externalisierungsgesellschaft" geprägt und bezieht ihn nicht nur auf die brachiale Ausbeutung asiatischer Näherinnen, deren Jeans für 29,90 Euro auf deutschen Grabbeltischen landen. Er meint mit Externalisierung auch unsere kollektive Fähigkeit, diese Zusammenhänge und das damit verbundene Elend zu verdrängen.

Das geht nun nicht mehr so einfach, seit uns mit der Klimakrise die Kosten unserer Lebensweise zum ersten Mal auch vor die eigenen Füße fallen. Wobei diese Krise eben nicht ausgleichend wirkt, sondern das Machtgefälle, das vor ein paar Jahrhunderten entstanden ist, verschärft. Die Weltgegenden, die am meisten für Europas und Amerikas Aufstieg bluten mussten, zahlen jetzt in der Klimakrise wieder doppelt und dreifach extra: mit ungleich schlimmeren Folgen der Erderwärmung infolge eines fossilen Booms, von dem sie am allerwenigsten profitiert haben.

Auch diese Fakten sind mit ein paar Mausklicks abrufbar. Die Frage ist, ob und wie sehr wir uns von ihnen in unserem Selbst- und Weltbild im besten Sinne des Wortes erschüttern lassen. Denn wir haben die Klassifizierung von Menschenleben noch lange nicht aufgegeben. Natürlich sprechen wir nicht mehr von "Rassen", von "Minderwertigen" oder "Höherwertigen". Aber wir denken bewusst oder unbewusst in Kategorien wie "kostbar", "weniger wertvoll" und "entbehrlich". Je dunkler die Hautfarbe, desto tiefer die Einstufung, desto hinnehmbarer die niedrigsten Löhne, die höheren Krankheitsraten, die niedrigere Lebenserwartung, der Verlust von Acker, Land und Wasser. Auch das zählt im Jahr 2020 zum Erbe des kolonialen Rassismus.

Die Debatten und Kämpfe, die jetzt durch die rassistische Polizeigewalt in den USA auch bei uns eine neue, enorme Wucht erfahren haben, sind anstrengend, bitter, verunsichernd, oft auch hässlich. Zumal wir weiße Europäerinnen und Amerikanerinnen Tempo und Richtung nicht mehr vorgeben. Unsere Epoche wird oft als Ende des westlichen Zeitalters beschrieben. In Wahrheit befinden wir uns mitten im "langen Abschied von der weißen Dominanz", wie es die Publizistin Charlotte Wiedemann in ihrem jüngst erschienenen Buch mit ebendiesem Titel beschreibt. Dagegen können wir uns mit Gewalt wehren, was einige jetzt schon tun und in naher Zukunft womöglich noch mehr Menschen tun werden. Aber eines können wir nicht mehr verhindern: dass andere unseren Status und all die Privilegien infrage stellen, die wir bislang für selbstverständlich hielten.

Und was passiert jetzt mit Immanuel Kant? Es gebe seiner drei, schrieb Achille Mbembe vor einigen Jahren in der ZEIT: den Kant, der den Menschen als Wesen mit souveräner Vernunft erkannt habe; den Kant des Ewigen Friedens, "der der Menschheit als Weltgesellschaft einen Horizont eröffnete, auf den wir gemeinsam zugehen müssen". Und den Kant, der in seinen europäischen und deutschen Vorurteilen stecken blieb und den Universalismus verriet. Auf die ersten beiden, sagt Mbembe, könne die Menschheit nicht verzichten. Schon gar nicht in diesen Zeiten.




Aus: "Wir ewigen Rassisten" Aus einem Essay von Andrea Böhm (18. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-06/rassismus-in-europa-kolonien-geschichte-verdraengung-sklaverei

QuoteDrGrundig #39

'Wir sind rassistisch.' hat sich für mich gleich wie eine nüchterne Feststellung angefühlt. Und genau das ist es auch. Ich BIN rassistisch, und die meisten anderen jungen, deutschen Frauen sicher ebenso. Auch wenn es keine von ihnen gern zugeben wird.
Wie ich es merke? Es fühlt sich für mich einfach anders an, wenn ich z.B. in der S-Bahn in einer Gruppe weißer Menschen sitze als in einer Gruppe schwarzer Menschen. Für mich kommt nich Sexismus dazu. Eine Gruppe weißer Frauen fühlt sich anders an als eine Gruppe weißer Männer, Schwarze Frauen anders als schwarze Männer.
Wobei dann noch soziale Kategorien hinzukommen, also 'weniger Bildung/mehr Bildung', 'weniger oder mehr finanzielle Ressourcen' etc.
Also ja: ich bin rassistisch. Ich bin sexistisch.
Jeder und jede, die von sich selbst behauptet, er oder sie mache da keine Unterschiede, sollen noch mal in sich gehen, ob es wirklich so ist.
Finde ich das gut so? Nein, natürlich nicht!
Aber das Bewusstsein darüber ist ein erster Schritt.


QuoteBiatt #7

Danke für dieses Essay! Ein wichtiger Beitrag. Koloniale Geschichte fand beinahe überhaupt nicht in meinem Abitur trotz Geschichte Leistungskurs statt. Ein kritischer Blick wurde kaum gewagt, meist wurde die Erzählung nur von Bismarck und "dem Platz an der Sonne" geprägt.

Ich hätte aber einen kleinen Verbesserungsvorschlag: Das Bild  [im Artikel: Ein Kolonialoffizier in Deutsch-Ostafrika (heute Tansania, Burundi, Ruanda und ein Teil Mosambiks) vergnügt sich mit einem gezähmten Zebra, circa 1910] reproduziert genau das, was im Artikel kritisiert wird. Es ist ein klassisches Beispiel für koloniale Propaganda, die bisher das europäische Afrikabild prägt. Ein Weißer Mann bezwingt das Wilde.


Quotenachdenklich30 #11

Danke für diesen Artikel.


Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Denkmälern, Texten, Bildern, Filmen, Comics und TV-Serien stecken rassistische Klischees, werden immer noch rassistische Personen und Taten verherrlicht. Und dort gibt es auch, eines der größten Probleme, den "Rassismus in netter Form". Damit kann man ins Herz einer europäischen Kulturbiografie stechen: Die Kinderbücher, die man einst so geliebt hat, Pippi Langstrumpf oder Jim Knopf; die Comics, die man verschlungen hat, Tarzan oder Akim, Flash Gordon oder Prinz Eisenherz; die Schlager, die man gedankenlos trällerte, von faulen, kindlichen Südamerikanern etwa, ja, das war mexikanisch; die fragwürdigen Kinderlieder (Dra Chanasan ...); das Blackfacing im Karneval oder bei den Heiligen Drei Königen; Straßennamen, an die man sich gewöhnt hat, ohne über Namensgebung nachzudenken; Firmenschilder, vom "Mohrenbräu" bis zum "Sarotti-Mohr"; alte Filme von Laurel & Hardy mit "lustigem" Blackfacing; Sonntagsmatinee-Western und ihrem heroischen Vernichtungskampf gegen die üblen "Rothäute"; Worte und Begriffe, die auch in weniger verdächtigen Texten auftauchen und doch in ihrer Bedeutung kontaminiert sind; schließlich sogar der umgekehrte Vorgang einer weißen Inbesitznahme schwarzer Musik, schwarzer Helden, schwarzer Kunst und vielleicht sogar schwarzer Politik durch die rebellischen Kinder des weißen Mittelstandes. Widerspruchsfrei ist am Ende nicht einmal "weißer Antirassismus" zu haben. All das steht in einer Geschichte, deren Bezeichnung "postkolonialistisch" einem viel zu leicht von der Hand geht.

Nicht rassistisch zu sein in einer Gesellschaft, die immer noch rassistisch geprägt ist und in einer Kultur, die immer noch nicht mit ihrem rassistischen Erbe umzugehen gelernt hat, ist unmöglich. Möglich und verpflichtend aber ist eine Arbeit an der Überwindung des Rassismus. Diese Arbeit beginnt mit einem Bekenntnis zur Widersprüchlichkeit und zur Unabschließbarkeit: Das Kind, das seine Eltern fragt, was Rassismus eigentlich einmal war, ist im Moment noch reine Utopie. Stattdessen ist die Realität zu beobachten, dass Rassismus aus dem Stadium der sozialen Latenz wieder an die Oberfläche der politischen Rhetorik gelangt, vom rechten Rand ausstrahlend bis in die viel beschworene Mitte der Gesellschaft.

Von diesem rechten Rand freilich kommt mit dem "gewöhnlichen Rassismus" auch noch jener, der an Barbarei alle übertrifft, der Antisemitismus, der uns seit Jahr und Tag fragen lässt, ob man noch Heidegger lesen, Richard Wagner hören, Ufa-Filme sehen kann, und wenn ja, mit welcher Haltung. Einer der beklemmendsten Augenblicke von Art Spiegelmans Graphic Novel Maus ist jener, in dem der Sohn wutentbrannt seinen Vater verlässt, den KZ-Überlebenden, der sich gegenüber seinen schwarzen Mitbürgern in den USA als Rassist entpuppt. Nichts ist klar, nichts erledigt, gar nichts.

Zur Arbeit am Antirassismus gehört allerdings auch, in der Dialektik von sozialem und kulturellem Rassismus wachsam und realistisch zu bleiben. Denn das Wesen des Rassismus ist nicht allein Ideologie, Semantik und Kultur, sondern vor allem politische, soziale und nicht zuletzt eben auch gewalttätige Praxis. Genau darum geht es ja den Protesten gegen rassistisch grundierte Polizeigewalt. Sie ist die Spitze eines Eisberges von realer Unterdrückung, realer Ausbeutung, realer Demütigung. Es geht um den Zusammenhang von Worten und Bildern auf der einen, Verhältnissen und Taten auf der anderen Seite.

Wenn wir also die Archive und die Produktion von Kunst und Kultur kritisch durchforsten, ist es die soziale Wirklichkeit des Rassismus, die uns hier hingebracht hat. Zwar ist es klar, dass mit einer universitären Debatte über Texte und Bilder noch lange keine soziale Gerechtigkeit geschaffen wird, aber es ist auch klar, dass Rassismus nicht in einer Kultur überwunden werden kann, die ihrem rassistischen Erbe gegenüber gleichgültig bleibt.

Es gibt nun mehrere Strategien, damit umzugehen. Nicht alle sind gleichermaßen realistisch oder Erfolg versprechend:

1. Wir lassen alles, wie es ist, in der Hoffnung darauf, dass eine im Wesentlichen aufgeklärte, tolerante und sich selbst historisch-kritisch verstehende Gesellschaft schon damit umgehen kann. Die Denkmäler, Bilder und Textstellen fungieren dann als Erinnerungen daran, wie hart der Weg zur besseren Zukunft war und ist. Leider kann sich eine solche Lösung des bedingungslosen Liberalismus auf keine Gemeinschaft beziehen, die diese Kriterien erfüllen würde. Diese müsste erst geschaffen werden – und wird derzeit offenbar eher verhindert.

2. Da wir unser kulturelles Erbe nicht verfälschen wollen, als hätte es den Rassismus nie gegeben und als ließe sich historische Schuld durch die Säuberung der Dokumente verdrängen, versehen wir diese Dokumente mit Kommentaren und Hintergrundwissen. Mit Texten oder Filmen wird bereits so verfahren, freilich in einem denkwürdigen Sinn: "So hat man das damals gesagt oder abgebildet (wie etwa das rassistische Klischee der übergewichtigen schwarzen Hausdienerin in Tom-und-Jerry-Cartoons), so würden wir das heute nicht mehr machen." Ob die bloße Distanzierung genügt, um etwas vom Rassismus in einer Kultur zu verstehen?

3. Wir nehmen eine selektive Bearbeitung vor. Öffentliche Ehrungen fragwürdiger Personen durch Denkmäler, Straßennamen oder Institutionen, wie gerade am Beispiel des Woodrow-Wilson-Centers in Washington, werden nicht mehr akzeptiert. Dem "normalen" kulturellen Erbe ist man nicht mehr in der Öffentlichkeit ausgesetzt, man kann es in ohnehin kuratierten Institutionen wie Bibliotheken, Museen oder Kinosälen besichtigen. Extreme Achtsamkeit wird bei der neuen Gestaltung des öffentlichen Raums, nämlich bei Werbung und PR erwartet; ein Fall wie die jüngst missratene VW-Werbung etwa (das "Wegschnippen" einer Person of Color durch eine weiße Hand ...) zeigt, wie notwendig eine solche Achtsamkeit ist. Es ist der öffentliche Raum, als materieller wie als digitaler, in dem Rassismus auch in "historisierter" oder "harmloser" Form nicht geduldet werden darf.

4. Die Präsenz einer Gegen-Geschichte ist sehr wichtig. Kritik an den Dokumenten der Geschichte des Rassismus ist die eine Seite, die andere Seite ist die Dokumentation aus der Perspektive der Opfer. Der öffentliche Raum muss nicht nur von der bewusstlosen Darstellung der rassistischen Geschichte und der Klischees von heute befreit werden (durch Entfernung, Distanzierung oder Aufklärung), sondern auch zum Ort für Trauer, Erinnerung und Kritik. Das eine wie das andere wird die "Empfindlichkeit" der Rassisten provozieren.

5. All das wird nicht ausreichen. Es braucht eine fundamentale Erneuerung, ein rewriting der Kulturgeschichte der postkolonialen Gesellschaften und Nationen. Den Nachfahren der rassistischen Politik und den Immer-noch-Rassisten ist es zuzumuten, dass die Nachfahren der Opfer bestimmend an diesem rewriting beteiligt sind, das in der Tat nicht bloß in Text- und Bildwelten eingreift, sondern auch in die kulturellen Biografien, ja in das, was man "kulturelle Identität" nennt.   

Gleichgültig, auf welche Strategie man sich einigt – von der ersten, der Laissez-faire-solution abgesehen: Sie sind alle mit Schmerzen, mit Widersprüchen, mit Entfremdungen verbunden. Und Patentrezepte gibt es schon gar nicht. Nehmen wir ein wahrhaft vergiftetes Werk wie David Wark Griffiths Birth of a Nation. Ohne diesen Stummfilm von 1915 ist die Geschichte des Mediums kaum zu verstehen, aber mit ihm kommt der Keim eines Rassismus, der zwar in einem analytischen Seminar bestens zu entzaubern ist, beim "naiven" Betrachten (und auch das gehört zur Magie des Mediums) untrennbar mit Sentiment und Pathos verbunden ist. Die Geburt einer Nation ist rassistisch, und schmal ist auch hier der Grat zwischen Kritik und Mythos.

Um wie viel drastischer stellt sich das Problem bei einer weniger offensichtlichen Feier des rassistischen Erbes wie in dem Film Vom Winde verweht dar? Sklavenarbeit wird geschönt, die schwarzen Haussklaven werden als loyale Diener dargestellt, die sich voll und ganz mit ihren Herren und mit dem System ihrer Herrschaft identifizieren, die "befreiten Schwarzen" werden als Horden dummer Gewalttäter dargestellt, usw. Es ist ein durch und durch rassistisches Werk, das einen weißen Blick auf die Sklavenökonomie und ihre Brutalität generiert, nicht nur in dem, was ausgeblendet wird, sondern auch in der Verzerrung der Perspektiven. Eine schwarze Gegen-Geschichte wäre dringend erforderlich, aber gibt es dafür eine Basis in der politischen Ökonomie des Filmemachens? Als HBO ankündigte, den Film vorerst vom Markt zu nehmen, um ihn später in einer kommentierten Fassung anzubieten, schnellten die Verkaufszahlen der entsprechenden DVD dramatisch in die Höhe. Man will sich das "authentische" kulturelle Erbe nicht nehmen lassen. Eine Mehrheit der manischen DVD-Besteller würde den Verdacht, rassistisch zu sein, sicherlich weit von sich weisen. 

Nicht minder empört würden sich wohl hierzulande jene zeigen, die sich gegen eine "Zensur" von Texten oder Bilderbüchern wenden. Sie argumentieren oft im Namen einer Autonomie des Kunstwerkes, gewiss, aber auch im Namen einer kulturellen Biografie. Teile einer Kindheit müssen gebrochen werden, wenn Pippis Taka-Tuka-Land oder Micky Maus' kannibalischer "Besuch aus Afrika" als Rassismen enttarnt werden. So auch die Erinnerung an unangemessene Synonyme für Schokoküsse oder die Unmöglichkeit, laut den Namen des Mannes auszusprechen, der in Huckleberry Finn zusammen mit dem weißen Jungen auf dem Weg in die Freiheit war.

Ich (der Rassist, der keiner sein will) spreche als Erbe einer Kultur, in der Rassismus eben nicht nur in seiner brutalen, mörderischen und sadistischen Weise präsent war, sondern auch in einer subtileren, emotionalen und "familiären" Art. Wie lange mussten schwarze Kids darauf warten, bis auch sie einen Superhelden bekamen, und wie bedeutsam war der People-of-Color-Freund der weißen Helden für die postkoloniale Gesellschaft! Auch weiße Mädchen bekamen schwarze Puppen, aber immer erst als zweite oder dritte. Es ist nicht leicht, den strukturellen Rassismus der Popkultur als Erbschaft des Kolonialismus zu verstehen. Noch schwieriger ist es, ihn zu transformieren, sodass er ins postkoloniale Weltbild der Wir-sind-doch-nicht-rassistisch-Gesellschaften passt.

Im Zentrum einer Kultur, die den Rassismus in sich selbst und in der Welt überwinden will, steht neben dem rewriting der Kulturgeschichte und der Bearbeitung ihrer Dokumente das Problem der Restitution von Kunstwerken: Wie umgehen mit jener Beute des Kolonialismus, die zu einem Teil der eigenen Kulturgeschichte wurde? Das "Völkerkunde"-Museum als Traumort gehört ebenso dazu wie der Einfluss afrikanischer Plastik auf das Werk moderner westlicher Künstler. Gibt es für die einst geraubte Kunst überhaupt ein Zurück? Oder einen öffentlichen Raum, in dem sie wirklich für alle zugänglich wären? Ist auch hier zum Beispiel ein Mitausstellen der Umstände ihres Raubes notwendig, und, wiederum, die Präsenz einer Gegenerzählung?

Das Afrikanische, das Asiatische, das Lateinamerikanische – sie sind über die Diebstähle und Ausbeutungen des Kolonialismus und über die Marktstrategien der Popkultur Teil unserer eigenen Kultur geworden, die ihrerseits oszilliert zwischen einer weißen und einer "gesamten" Kultur. Aus der Beute wurde in Teilen eine Aneignung (wie die Aneignung der schwarzen Musik durch das weiße Business), und aus der Aneignung ein internes Amalgam. Wie kraus waren doch die Begründungen der Oi!-Skins und des Nazirock dafür, dass "ihre" Musik ihre Wurzeln im schwarzen Amerika oder in der Karibik hatte!

In der Musik, in der bildenden Kunst, in der Architektur. Wie soll ein weißes Bürgerkind, sagen wir, mit dem Afrikanischen in seiner Kulturbiografie verfahren? Muss das Afrikanische in mir (und es ist eine ganze Menge) also akzeptiert oder kritisch isoliert werden? Es ist die Umkehrung des Problems, von dem Whoopi Goldberg spricht, wenn sie sagt, dass sie die Bezeichnung "Afroamerikanerin" für sich ablehne. Sie sei vielmehr einfach Amerikanerin, denn ihre Vorfahren und sie selbst hätten das Land ebenso mit aufgebaut wie alle anderen. Wann haben wir das Recht, wann das Glück, "wir" sagen zu dürfen?

Wo Widersprüche herrschen, hilft, gelegentlich, Humor. Aber kaum etwas ist so kontaminiert im Diskurs des Rassismus wie das Lachen. Das effizienteste und sadistischste Mittel, zu verhindern, dass wir miteinander lachen (unter anderem über die Schrecken der Vergangenheit, schwierig genug, das), ist es, übereinander zu lachen. Das historische Blackfacing in den USA diente diesem weißen Lachen über die Schwarzen, das alles zugleich ausdrückte und verdrängte, das Empfinden der Überlegenheit, die Angst vor dem kommenden Aufstand und den klammheimlichen Neid. Was wäre Antisemitismus ohne "Judenwitze" – sogar der kultivierte Post-Antisemit pflegt eine Vorliebe für diesen "typisch jüdischen Humor", nicht wahr? Und der neofaschistische Terror bereitet seine Untaten nur zu gern mit "Satire" vor.

Wo lacht man über Rassismus, und wo lacht man rassistisch? Die Satireserie 30 Rock war sicherlich nie rassistisch, trotzdem tat Tina Fey, Hauptdarstellerin und Showrunner, recht daran, die Ausstrahlung von Folgen zu verhindern, in denen es um Blackfacing ging: Der kulturelle Code dieser Inszenierung ist an sich schon kontaminiert, unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Szenen. In der amerikanischen Anwaltserie The Good Wife kommt es zu Auseinandersetzungen einerseits über die Identität des Unternehmens (man hat das Image einer "schwarzen Kanzlei", deswegen müssen die weißen Mitarbeiter gelegentlich in den Hintergrund treten) und andererseits über die reale Gleichheit (verdienen People of Color wirklich weniger als Weiße?) und mediale Restriktionen. "Sagen Sie doch einfach N..., wer hindert Sie", versucht ein schwarzer Rechtsanwalt seinen weißen Kontrahenten in einer Talkshow aus der Reserve zu locken, nachdem der sich über Restriktionen beklagt hat.

Die Komik solcher Szenen ist, wie man so sagt, quälend. Und das gilt wohl auch für entsprechende Szenen in Family Guy, wo der typische Vorstadtbürger Peter Griffin mit seinem schwarzen Freund und Nachbarn immer wieder in Konflikte gerät, weil der eine denkt, der andere denkt, man denke, dass der andere denkt, irgendetwas sei rassistisch gemeint. Den Meta-Humor über Rassismus gibt es auch hierzulande, zum Beispiel in einer Folge der Heimatkrimiserie Mord mit Aussicht, wo ein schwarzer Kriminalpolizist sich seufzend gegenüber der Protagonistin über die Empfindlichkeit seiner Chefin in Sachen rassistischer Kommentare äußert (ein "schwarzer Mann", aha, die eine meint die Kleidung, die andere argwöhnt die Hautfarbe).

Diese mehr oder weniger komischen Szenen gewöhnen uns an einen Alltag, in dem wir lernen müssen, mit der Allgegenwärtigkeit des Rassismus, hier als Realität und da als Projektion, umzugehen. Eine einfache Lösung gibt es nicht in den drei großen Problemfeldern des kulturellen Post-Rassismus – der kritischen Revision des rassistischen Erbes, des Umgangs mit der kolonialen und postkolonialen kulturellen Beute und mit dem Humor als Ventil für die verschiedensten Formen der Spannungen.

Es gibt jedoch eine sehr einfache, sehr strikte Grenze zum realen, expliziten und ideologischen Rassismus. Alles diesseits dieser Grenze zu ordnen und aufzuarbeiten, ist kompliziert. Der Rassismus, der keiner mehr sein will, hat noch viel zu tun.


Aus: "Cancel Culture: Es wird schmerzhaft" Ein Essay von Georg Seeßlen (30. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-06/cancel-culture-struktureller-rassismus-kolonialismus-popkultur/komplettansicht

Quote------ #1

Irgendwann wird es albern. ...


QuoteChristoph Breer #1.15

Ich vermute mal, dass Sie das als Weißer sagen.


QuoteAngus_Parvis #1.20

Und "natürlich" definieren weisse Westeuropäer, wann es albern wird? ;)


QuoteNaturliebe #1.4

"Irgendwann wird es albern."

Es ist erst dann albern, wenn alle darüber lachen können.


QuoteWirhabenkeinPlatz #16

Biologisch-evolutionär betrachtet ist der Rassissmus Teil der Überlebensstrategie von Gruppen. Das kann man nun gut oder schlecht finden. Ist aber ein Faktum.


QuoteTobias87 #16.1

Biologisch-evolutionär betrachtet ist auch die Fortpflanzung durch Vergewaltigung ein Teil einer Überlebensstrategie, werden dadurch doch Gene weitergegeben.
Ob etwas biologisch-evolutionär betrachtet Teil einer Überlebensstrategie ist, sagt also null komma nichts darüber aus, ob es richtig ist.


QuoteMaxxee #26

Ich befürchte, Ausführungen wie in diesem Artikel stürzt viele Normalbürger in Verzweiflung. ...


QuoteZeitig19 #34

Wenn man wirklich einen pluralistischen und demokratischen Staat mit selbstverantwortlichen Staatsbürgern anstrebt, bleibt sicher nur die unter 1. beschriebene und im späteren Text salopp als "Laissez-Faire-Solution" bezeichnete Möglichkeit in Frage. Alles andere führt zu mindestens teilweiser (Meinungs-)Diktatur. Jeder sollte das mit etwas Nachdenken erkennen.


QuoteJens B #51

Bin 1961 geboren. Habe Pippi Langstrumpf, Jim Knopf, Tarzan, Flash Gordon oder Prinz Eisenherz geliebt oder verschlungen. Im Fasching habe ich mich am liebsten als "Rothaut" verkleidet, weil ich den Bogen, mit dem man echte Pfeile verschießen konnte, viel besser fand, als die olle Käpselespistole, die nur ein bisschen geknallt hat. Im Kino habe ich mich gefreut, wenn Winnetou gegen die bösen, alten, weißen Schurken gewonnen hat. Meine italienische Mitschülerin habe ich glühend beneidet, weil ihr Vater die größte Eisdiele am Ort besessen hat. Sie hat übrigens auch Abitur gemacht und studiert. Der Schlager "Zwei kleine Italiener" hat also die Lehrer nicht davon abgehalten, sie gerecht zu benoten.
Noch schlimmer. Die genannten Bücher habe ich auch meinen eigenen Kindern zu lesen gegeben.
Dieser Artikel hat mir erstmals die Augen geöffnet, wie rassistisch vergiftet meine Seele doch ist. Ich werde mir sofort auf Amazon die ganze Karl-May-DVD-Edition bestellen, solange die noch nicht auf dem Index steht. Und dann gabs da noch ein Buch von Otfried Preußler von einem kleinen weißen Nachtgespenst, das durch einen Sonnenstrahl zu einem schwarzen Taggespenst wurde.


Quoteviolettagetyourgun #51.1

Ich bin auch 1961 geboren.
Ich habe die gleichen Bücher gelesen, die gleichen Filme gesehen wie sie.
Ich hatte dunkelhäutige Puppen und liebte den Sarottimohren.
Mein Vater war ein großer Fan von Mohamed Ali.
Meine Mutter hört immer noch gerne Louis Armstrong und Otello.
Vor einigen Jahren habe ich Vom Winde verweht gesehen und fast die ganze Zeit über geweint.
Würde ich der Definition des Autors folgen, müssten wir eine Familie von Rassisten sein.

Absurder Gedanke.


Quotewandalina #53

Es fängt doch schon beim "Nachbar" an. Ist er nicht unserer Meinung und vertritt er nicht unsere Werte dann wird er ausgegrenzt. Ob er Schwarz, weiss, braun, Gelb oder einfach Pole ist, das "wir" wird es nie geben, da kann man die ganze Geschichte ausblenden und vernichten, das ändert den Menschen nicht. Wir werden immer "andere" nicht gerecht oder gleichwertig behandeln, außer sie sind wie "wir".


QuoteBluto Blutarski #73

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich ein schwarzer Millionär von einem weißen Obdachlosen nicht wirklich wirksam diskriminieren lässt.
Mich beschleicht mehr und mehr die Vermutung, all diese Diskussionen um Minderheiten aller Art dienen im Wesentlichen einem einzigen Ziel: Davon abzulenken, dass der wahre und ewige Graben zwischen den Habenden und den Nicht-Habenden verläuft.


Quote------ #73.1

Der Graben verläuft zwischen den Was im Kopf-Habenden und den Nichts im Kopf-Habenden.


Quotemultiply #74

Nationalisten fordern die Reinheit des Volkes. Rassisten die Reinheit der Rasse. Wohin das führt oder geführt hat hat die Geschichte gezeigt.
Jetzt kommen Anhänger des Woke-ism mit dem Ziel die Reinheit der Sprache und des Denkens zu etablieren. Was soll schon schiefgehen?


QuoteWerSchreibtDa #79

Ist es heute bei einem gebildeten, durchschnittlichen Menschen wirklich Rassismus? Ich habe einen deutschen Nachbarn, den ich nicht mag. Bei einem Nachbarn aus Serbien hege ich das gleiche Empfinden. Ist es jetzt beim deutschen Nachbarn normale Abneigung und beim Serben Rassismus? Die Bayern mögen ja die Preussen auch nicht aber mögen (manche) Roberto Blanco ...
Sind Ablehnung und Sympathie nicht menschliche Eigenschaften? ...


Quotetonart #81

viele Beträge zeigen wie wichtig und richtig und überfällig die Debatte ist! ... und ja, es wird unserer Selbstherrlichkeit und Bequemlichkeit weh tun - jedoch ist dieser Schmerz nicht annähernd mit dem Leid der permanenten Herabsetzung als Folge des Kolonialismus vergleichbar.

Danke für den Artikel.


Quotehansmaier2 #98

aus dem Artikel: "Nein, ich bin Rassist, weil ich in einer Gesellschaft lebe, in der immer noch struktureller Rassismus parallel zur sozialen Ungerechtigkeit verläuft, und in der jemand mit heller Hautfarbe, ob er oder sie es will oder nicht, Privilegien erfährt oder wenigstens Gefährdungen und Benachteiligungen vermeiden kann. "

Ich bin also Rassist, nur weil ich in dieser Gesellschaft lebe?
Wenn das mal kein Rassismus ist.
Ich fasse es nicht.



Quotevincentvision #100

Denkfaule, wenig differenzierende Menschen haben Vorurteile, gerne auch rassistische Vorurteile - und finden das auch ganz in Ordnung so...
Sie sind selten bereit, ihre Wahrnehmungen zu überprüfen, warum auch, so ist es viel leichter - und es hebt das Ego, wenn man sich der vermeintlich überlegenen Gruppe zugehörig fühlt.
Intelligente Menschen wissen, wie fehlbar unsere Wahrnehmung ist, wie sehr wir uns täuschen lassen, generalisieren und dadurch Vorurteilen schnell erliegen.
Sie bemühen sich, Einzelbetrachtungen anzustellen, ihre Vorerfahrungen nicht zu dominant werden zu lassen und dadurch nicht zu vorschnell zu urteilen.

Ganz einfach.

Und das sollte selbstverständlich sein - denn schließlich erwartet umgekehrt auch jeder, dass man ihn individuell beurteilt (und als Deutschen nicht pauschal mit Nazis, Fremdenfeinden, Spaßbremsen und Nörglern gleichsetzt).

Oder?


...

Textaris(txt*bot)

#26
Anna-Mareike Krause @mlle_krawall 10:39 PM · Jul 12, 2020
3 meiner 4 Großeltern waren Nazis. Und bei euch? #Stammbaumforschung
https://twitter.com/mlle_krawall/status/1282383808684273665

Oliver Das Gupta @oliverdasgupta Replying to @mlle_krawall 10:39 PM · Jul 12, 2020
Großmutter (deutsch): Mitläuferin & Sekretärin ohne Parteibuch.
Großmutter (indisch): Hausfrau ohne Parteibuch, mit Gewehr (1 Tiger tot)
Opa (d) Wehrmachtsoffizier ohne Parteibuch, aber mit Enthusiasmus.
Opa (i) Bauingenieur bei britischer Armee mit Rolle bei Landebahnbau.
https://twitter.com/oliverdasgupta/status/1282414422296801280

Michael Bittner @MichaelBittner
Auf geht's zur fröhlichen #Stammbaumforschung! 2016 wird in Dessau die chinesische Architekturstudentin Li Yangjie von dem Deutschen Sebastian F. in einer leerstehenden Wohnung vergewaltigt, zu Tode gefoltert und aus dem Fenster in eine Mülltonne geworfen. Er ist Polizistensohn.
Sebastian F. hat schon vor dieser Tat zahlreiche Verbrechen, u.a. Vergewaltigungen, verübt. Seine Mutter ist die Polizeibeamtin Ramona S. Der Stiefvater Jörg S. ist seit 2012 Leiter des Polizeireviers Dessau-Roßlau. ... Übrigens: Auch Li Yangjie war die Tochter eines Polizisten. Und wer Menschen aus ihrer biologischen Herkunft erklären will, ist ein rassistischer Trottel. ...
https://twitter.com/MichaelBittner/status/1282580356831547396

Lauris M. @citoyen_lauris Replying to @MichaelBittner
Ihre Argumentation weist eine gehörige Logiklücke auf: Sohn oder Tochter von Polizisten sind keine biologischen sondern soziologischen Kriterien.
Somit können Sie Vebrechen nicht biologisch, aber in der Häufung sehr wohl soziokulturell erklären.
https://twitter.com/citoyen_lauris/status/1282643341952405506

-

Quote[...] Es ist ja manchmal so eine Last mit den abstrakten Begriffen: Sie schwirren durch die Diskussionen und bedeuten, solange man sich nicht im Einzelfall auf eine Definition geeinigt hat, für alle etwas Anderes. Wenn Horst Seehofer etwa zum Thema Rassismus bei Polizeikontrollen befindet, man habe "kein strukturelles Problem diesbezüglich" und daher auch keine Notwendigkeit für eine Studie dazu, dann besteht immer auch die Möglichkeit, dass er unter "struktureller Rassismus" etwas völlig Falsches versteht, etwa offen rechtsextreme Strukturen.

Vor diesem Hintergrund kann man fast ein bisschen dankbar dafür sein, dass die Stuttgarter Polizei nun Anschauungsmaterial liefert, wie dieser strukturelle Rassismus so funktioniert: Zumindest berichtete die Stuttgarter Zeitung am Samstag, Polizeipräsident Franz Lutz habe im Gemeinderat angekündigt, bei den Tatverdächtigen der Stuttgarter Krawallnacht, die einen deutschen Pass haben, mithilfe der Landratsämter deutschlandweit "Stammbaumrecherche" zu betreiben. Begründet werde das auch mit dem öffentlichen Interesse an dem Fall. "Die grundlegende Erhebung personenbezogener Daten bemisst sich an der Schwere des Delikts, hier kommt dazu, dass ganz Deutschland auf den Fall blickt", wird ein Sprecher des Polizeipräsidiums zitiert. Es würden, so paraphrasiert die Zeitung weiter, Fragen gestellt wie: Wer waren die Täter, politisch, geschlechtlich, welche Nationalität, Migrationshintergrund oder nicht? Diesen sehe die Polizei per Definition bei "einem Elternteil ohne deutsche Staatsbürgerschaft" erfüllt.

Der Rassismus, der sich hier zeigt, kann zum einen strukturell genannt werden, weil er mit anderen gesellschaftlichen Strukturen korrespondiert: Man kennt ihn etwa aus hohntriefenden "Na ja, wo die Großeltern herkommen, kann man sich ja denken"-Kommentarspalten, wenn Polizeimeldungen besagen, dass an einer Tat keine Ausländer beteiligt waren. Dass dieser explizite Hinweis auf die Herkunft von Täterinnen je nach Definition auch schon wieder ein Teil von strukturellem Rassismus ist, sei hier nur am Rande bemerkt. Und wenn Medien sich all dem verweigern, wird behauptet, sie würden "das Volk" über die wahren Hintergründe krimineller Machenschaften täuschen.

Von dort bis zum Terminus "Passdeutsche" der Rechtspopulisten ist es dann aber nicht mehr weit. Und von dort ist es wiederum überhaupt nicht mehr weit bis zu einer rechtsextremen Weltsicht, die eine große Errungenschaft der halbwegs offenen Gesellschaft infrage stellt: dass es heute eben keinen Herkunftsnachweis braucht, um gleiche Rechte und gleiches Ansehen als deutscher Staatsbürger zu genießen. Dazu sollte schließlich auch gehören, in allen Situationen des öffentlichen Lebens genauso angeschaut zu werden wie jene, die eine weiße Haut und Urahnen im Landkreis haben.

Wenn nun eine Polizeibehörde anfängt, bei Menschen, die einer Tat auch erst einmal nur verdächtig sind, Ahnenforschung zu betreiben, dann ist das sogar struktureller oder institutioneller Rassismus im engeren Sinn: ein staatliches Verfahren, das auf ungleicher Wahrnehmung beruht und auf Ungleichbehandlung aus ist. Dabei ist es dann auch völlig egal, wenn dahinter verantwortungsbewusste Motive stehen wie zukünftig bessere Gewaltprävention durch milieuspezifischere Sozialarbeit – auf Ähnliches berief sich das Polizeipräsidium am Sonntagnachmittag.

Auch hier schwingt schließlich die Annahme mit, ethnische Herkunft habe mindestens mittelbar mit der Gewaltbereitschaft zu tun. Viel wichtiger aber: Es ist einfach nicht Aufgabe der Polizei, derartige Zusammenhänge zu erstellen, nicht bei randalierenden Jugendlichen in Stuttgart und auch nicht bei Clan-Mitgliedern in Berlin, deren Taten sich auch ohne den Verweis auf den Libanon bekämpfen lassen. Zumindest sollte die Polizei die Finger davon lassen, wenn sie nicht selbst in den Verdacht geraten will, ein Problem mit ihrer Herkunft zu haben.


Aus: "Polizei Stuttgart: Was ist struktureller Rassismus? Das ist struktureller Rassismus!" Ein Kommentar von Johannes Schneider (12. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/polizei-stuttgart-struktureller-rassismus-stammbaum-recherche-krawallnacht-taeter

Quote
127 Freunde #2

Stammbaumforschung ist für die Aufklärung der Randalen in Stuttgart nicht relevant.
Es nutzt nur der Stigmatisierung und Ausgrenzung.

Es ist ein Armutszeugnis, dass wir diese Debatte nach all den Diskussionen über Rassismus immer noch führen müssen.


Quote
Piritramid #2.2

Es geht bei dieser Datenerhebung auch um Präventionarbeit.


Quoterudolf s #2.4

Stammbaumforschung im Bezug Polizeiarbeit? Da läuft es mir kalt den Rücken herunter. Das klingt schon arg nach der Ariernachweis meiner Großeltern.


QuoteBaumhaus172 #2.8

"Stammbaumforschung ist für die Aufklärung der Randalen in Stuttgart nicht relevant.
Es nutzt nur der Stigmatisierung und Ausgrenzung."

Der kulturelle Background ist Teil der Ursachenforschung und folglich der Problemlösung, kann also sehr wohl relevant sein. Dass dies zu Stigmatisierung und Ausgrenzung führen könnte, sind erstmal nur Befürchtungen und wären ein unschöner Nebeneffekt. Mal logisch überlegt: Diejenigen, die die Ergebnisse so nutzen würden, dass sie andere damit stigmatisieren, benötigen hierfür keine polizeiliche Auswertung. Die haben sich ihr Urteil bereits auf Grundlage diverser YouTube-Videos gebildet.

Spannend finde ich in diesem Kontext, dass man bereits von Anfang an davon ausgeht, entsprechende Ergebnisse zu Tage zu fördern (Auswertung -> Rassismus). Das heißt die entsprechenden Institutionen (Kommentatoren, politische Akteure, Medien) sind selbst von der primären Täterschaft etwaiger kultureller Gruppen überzeugt, wollen aber dennoch lieber an allgemeinen Begriffen wie "Partyszene" oder "Jugend" festhalten.


Quote
ITBungler #2.14

Und was will man dann aus dieser "Datenerhebung" ableiten?
Die Mutter/ der Vater ist vor 40 Jahren mit ihren/seinen Eltern aus der Turkei, Russland oder was weis ich was eingewandert.
Daher müssen wir solche Leute jetzt öfter kontrollieren oder präventiv einsperren, so im Sinne der Gefahrenabwehr?...


Quotesilverhulk #2.20

"Gibt es einen Zusammenhang zwischen Migration und Gewaltbereitschaft?"

Nachgewiesen ist ein Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Diskriminierung. Dazu gibt es zahlreiche Studien. ...


QuoteSchimmelblau #2.23

Was das Polizeipräsiduim da plant, ist ein widerwärtiger und zynischer Rückgriff auf die Stigamitisierungsmethoden der NS-Zeit und es ist eigentlich unfassbar, dass eine Polizeibehörde mitten in Deutschland auch nur in Erwägung ziehen kann, völkische Blut-und-Boden-Hypothesen als Bewertungskriterien heranzuziehen. ... Es gibt keine halben, viertel oder achtel Deutschen. Deutscher ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. So ist es in Artikel 116 GG niedergelegt und andere Kriterien gibt es nicht. Wo die Eltern oder Großeltern des/der Deutschen geboren wurden oder zu welchem Volk sie gehörten, spielt für die Zugehörigkeit zu unserem Volk absolut keine Rolle. Vielleicht sollte jemand (im Idealfall der Dienstherr) die Stuttgarter Polizeidirektion dringend und deutlich darauf hinweisen, dass die Nürnberger Rassegesetze seit 1945 nicht mehr in Kraft und der "Ariernachweis" seitdem ebenfalls abgeschafft ist. Sehr dringend.


Quote
scipio africanus #2.24

Wenn man weit genug zurückgeht, führt das zum Ergebnis, daß unsere Vorfahren aus Afrika stammen.

Ausbreitung des Menschen
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausbreitung_des_Menschen

Das sollte zum Allgemeinwissen gehören!


QuoteDaGoldberg #3.4

Das Problem ist hier, dass in Internetforen die Anschuldigung kursiert, dass es sich ausschließlich um Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund handeln würde, wodurch diese Gruppen stigmatisiert werden. Diese sogenannte Stammbaumforschung könnte hier diese Behauptungen entkräften.


Quoterudolf s #3.6

In Internetforen kurisiert alles mögliche und wenn man auf die Rassisten inhaltlich zugeht, dann hat man schon verloren. ...


Quoteannoo #3.7

"Diese sogenannte Stammbaumforschung könnte hier diese Behauptungen entkräften."

Und Sie glauben ernsthaft, die Stammbaum-Daten sollten mit dem Ziel überprüft werden unschuldige Migrant*innen vor Vorurteilen zu schützen? ...


...

Textaris(txt*bot)

QuoteNatasha Kelly im Gespräch mit Alexander Moritz (06.06.2020)" ... Warum weiß als deutsch imaginiert wird, geht ja damit einher oder führt ja dazu, dass Schwarze Menschen hier als Fremde gelesen werden, obwohl viele Familien seit vielen Generationen schon in Deutschland leben. Das reicht bis zur Kolonialzeit zurück, einige Familiengeschichten. Also, da sind wir jenseits zweiter oder dritter Generation. Und wenn wir nicht anfangen zu verstehen, dass dann im Prinzip die Kontinuität dieser Vorstellung sich in Gesellschaft einschreibt – das ist ja, was die Strukturen schafft – können wir ja gar keine Debatte auf einer strukturellen Ebene führen. ... Das heißt, dass wir Rassismus auch als Struktur, das heißt, als historisch gewachsene Kontinuität einer lange andauernden rassistischen Ideologie lernen müssen zu verstehen. ... Wenn weiße Menschen ihre Abwehrstrategien niederlegen ... ,,Ja, aber ich will nicht als weißer Mann markiert werden." Oder: ,,Ich sehe keine Farbe. Für mich sind alle Menschen gleich." – Also, da sind schon ganze Bücher mit gefüllt worden, alleine mit den Abwehrstrategien. ... Ich brauche keinen weißen Mann, der mir erzählt, was es bedeutet, eine Schwarze Frau in Deutschland zu sein. ... Wenn wir [ ] uns [] die Geschichte des Rassismus ansehen: Die Geschichte des Widerstandes war auch immer kontinuierlich. Die ist ja nie abgebrochen, nur haben Weiße das Privileg gehabt, sich nicht daran zu beteiligen. ... "

Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/soziologin-zur-deutschen-debatte-ueber-rassismus-die.990.de.html?dram:article_id=478142


---

Kommentare zu: https://www.zeit.de/kultur/2020-06/cancel-culture-struktureller-rassismus-kolonialismus-popkultur/komplettansicht

QuoteHolmer Danske #125

Es tut mir wirklich leid für die armen Menschen, die in jedem und allem Rassismus sehen. Was ist denn euer Problem?


QuoteMaximos #18

Das ist wird langsam kompliziert.


Quote------ #1

Irgendwann wird es albern. ...


QuoteMama Lauda #1.18

.... wenn das alles rassistisch ist, was genau ist eigentlich so schlimm am Rassismus?


QuoteLandegaard #1.36

"Es gibt ein paar üble Rassisten in Deutschland (leider). Mehr jedoch nicht. "

... Wenn Sie aber mal in einem Fussballstadium erlebt haben, wie aus wenigen Brüllern ein vernehmbarer Massenchor wird, der einem schwarzen Fussballer Affenlaute zubrüllt, werden Sie es schwer haben, weiter von "ein paar" Rassisten auszugehen.


QuoteDr. Ole De These #1.40

Subjektives Empfinden oder Betroffenheit kann nicht Maßstab gesellschaftlichen Handelns sein außer es genügt der Maxime ein allgemeingültiges Prinzip werden zu können, um einmal Kant verkürzt zu erwähnen. Daher ist einzig richtige Ansatz derjenige, dass die Handlung des Beleidigenden, Kränkenden, Ausgrenzenden eben einem solchen Prinzip nicht genügt und sie deswegen unangemessen, falsch oder was auch immer Sie wünschen ist. Dafür benötigen wir keinen Import us-amerikanischer Betroffenheitsurteilungen, der immer wieder neue Ungerechtigkeiten hervorbringen wird. Wie aber kommen sie auf die Idee in D sei struktureller Rassismus nachgewiesen? Von wem, bitte?


QuoteMattKirby #1.51

Wo und wie würde denn struktureller Rassismus nachgewiesen und nicht nur behauptet?
Ein Thema, dass man mit wissenschaftlichen Maßstäben nicht untersuchen kann.


QuoteWanderertom #1.56

Einfach so Quatsch. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. ...


QuoteAnja Witz #1.70

,,Was genau ist schlimm an Rassismus ,,

Diese Frage können nur weiße so Formulieren. ...


QuotePendlerBlock #2

Wir lassen es einfach wie es ist.


QuoteSchimmiSchimmiJaJa #6

"Und ich lebe in einer rassistischen Kultur"

Gibt es eine die nicht rassistisch ist?


QuoteMSchäfer #12

Erster Schritt wäre mal einen klaren Kopf zu behalten und nicht überall vermeintlich rassistische Gespenster zu sehen. ...


Quotethesard_ecully #25

Ich habe das Gefühl, dass der Selbsthass, an dem viele Menschen in westlichen Gesellschaften (und nur hier) offenbar leiden, immer seltsamere Blüten treibt. ...


QuoteMiro František #35

Das es bei Tom&Jerry eine Haushälterin gab hätte ich nicht mehr gewusst. Mir blieben nur die Maus und die Katze in Erinnerung.


QuoteS1072 #35.1

Sie war auch immer nur für wenige Sekunden zu sehen - und an die Hautfarbe hätte ich mich beim besten Willen nicht erinnern können. ...


QuoteFelis.silvestris #35.2

Gab es.

https://youtu.be/k_oEOdIBOpU

Mit interessanter Meinung von Frau Goldberg dazu.


QuoteKulturist #36

Ich verstehe nun ehrlich das ganze Problem bei alten Filmen nicht. ...


QuoteManeki Neko #37

Der Autor hat jedes Maß verloren. Offenbar ist alles und jedes rassistisch. ...


QuoteAbstraktionsprinzip #46

Wenn wir so Rassismus bekämpfen wollen, können wir es auch gleich lassen.


Quoterumbati #59

Ist Rassismus überwindbar? ...


QuoteHerbstmensch #62

... Es stimmt einfach nicht, dass Weiße insgesamt von Rassismus profitieren. ...


QuotePeterKai #63

Ich bin wohl zu alt dafür. ...


Quote
Schweizer Söldner #64

... Zum Artikel, ich ziehe mir den Schuh, den sich der Autor anzieht bereits im ersten Satz, das man Rassist ist, nicht an. ...


QuotePinkPurple #66

Ich stimme nicht zu. Das hat für mich mit der Definition von Rassismus nichts zu tun.


Quote
AH-JA #68

Mag ja sein, dass sich der Autor als Rassisten sieht. Das ist dann das Problem des Autors. ...


Quoteneuer_user #72

... Rassismus als solcher ist weder Straftat noch ein Hindernis für friedliches Miteinander. ...


QuoteFlorindaGrove #76

Ich denke, dass man das Rassismus - Thema (so angebracht und wichtig es auch ist) nicht ,,überstrapazieren" darf. ...


Quote
WerSchreibtDa #79

Ist es heute bei einem gebildeten, durchschnittlichen Menschen wirklich Rassismus? ...


QuoteHeinz Wescher #83

... Der Text weitet den Rassismus-Begriff so weit aus, dass er seine Schlagkraft verliert. Dann sind die Leute eben rassistisch - so what? ...


Quoterriotrradio #92

... Mittlerweile muss ich über derlei "Essays" herzlich lachen. ...


Quotehansmaier2 #98

Aus dem Artikel: "Nein, ich bin Rassist, weil ich in einer Gesellschaft lebe, in der immer noch struktureller Rassismus parallel zur sozialen Ungerechtigkeit verläuft, und in der jemand mit heller Hautfarbe, ob er oder sie es will oder nicht, Privilegien erfährt oder wenigstens Gefährdungen und Benachteiligungen vermeiden kann. "

Ich bin also Rassist, nur weil ich in dieser Gesellschaft lebe?
Wenn das mal kein Rassismus ist. Ich fasse es nicht.


QuoteT. Becker #107

... Wenn wir jetzt jeden Tag Rassismus vorgehalten bekommen, bin ich eben Rassist. ...


QuoteTee4U #113

Ich konnte diesen unsäglichen Artikel nicht zu Ende lesen. ...


QuoteHab da so meine Zweifel #133

Dieser Artikel ist kontraproduktiv. ...


QuoteChandrasekhar #144

Ich empfinde den Artikel als Elfenbeinturm-Diskussion. ...


QuoteNick Anart #152

Ich kann in den meisten aufgeführten Beispielen überhaupt keinen Rassismus erkennen. ...


QuoteMitdiskutierix #158

.... Was für eine Nonsense-Debatte...


Quote
volcae2 #162

Es wird immer lächerlicher. ...


QuoteHonorisCausae #165

Es muß sehr, sehr mühsam sein, jeden Tag am Morgen aufzustehen und sich über seinen internalisierten Rassismus zu grämen. Viel Spaß dabei, ich habe Besseres zu tun.


QuoteImhotep1111 #171

Wie steht es eigentlich mit den Bezeichnungen White-Trash, Redneck oder Trailer Park Trash in der USA?
Ebenso beleidigend, herabsetzend und ebenso Diskriminierung wie der vorsätzlich beleidigende Gebrauch des N**** Worts... oder bestehen hier akademische Differenzen?
Das Problem ist Armut, die daraus resultierend mangelnde Bildung und entsprechend Teilung der Gesellschaftsschichten: Dies wird defacto vererbt: Nicht nur in der USA.

Kevin-Jason & Mandy-Chantal stellen sich auch in Deutschland von den Lebenschancen nur wenig besser als Murat, Mohammed oder Aishe. Kein Vergleich zur USA aber Deutschland ist auf dem Weg zu solchen Zuständen.

Sören-Maximilian, Sohn einer Gymnasiallehrerin und eines Diplom Biologen im Staatsdienst (beide Fördermitglieder bei BUND & Greenpeace und aktive Mitglieder im Kreisverband der Grünen) wird nie die gleiche Schule, Sandkasten oder Kita besuchen wie Mandy-Chantal oder Murat. Nachwuchs eines Paketzustellers und Hartz4 Aufstockers & einer Verkäuferin mit Jahresvertrag.
Prinzipiell hätten sowohl Mandy-Chantal oder Murat das Potenzial ihr Leben zu besser zu verwirklichen zu dürfen.
Sind wir wirklich so viel besser als die USA? Im sogenanntem grüner Linksliberalismus ist eines unverrückbar verankert : Das Klassendenken nebst dem Trend der Bevormundung. Natürlich nur zum Guten.

Wir haben ein soziales strukturproblem kein ethnisches... und der sogenannte akademische grüne Bürgertum ist nicht Lösung sondern Teil des Problems.


QuoteTachoseal #173

Dem heftigsten Rassismus bin ich persönlich in Afrika begegnet. Die Menschen in Zentral- und Westafrika unterscheiden einander neben der Stammeszugehörigkeit - wörtlich ,,aus welchem Busch man kommt" ...


QuoteMariai #177

Was soll eigentlich mit den Karl May-Filmen nicht in Ordnung sein? ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Menschenwürde steht über der Meinungsfreiheit. So hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einem Beschluss zufolge entschieden. Im konkreten Fall ging es um eine Kündigung wegen einer grob menschenverachtenden Äußerung. Diese hält das Gericht für rechtens. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch auf ein freies Äußerungsrecht stehe dahinter zurück.

In dem Fall, mit dem sich die 3. Kammer des Ersten Senats befassen musste, hatte ein Mann in einer Betriebsratssitzung einen schwarzen Kollegen mit den Worten "Ugah, Ugah" angesprochen. Er selbst musste sich als "Stricher" bezeichnen lassen, "Ugah, Ugah" war aber keine direkte Reaktion darauf.

Weil der Mann zuvor schon eine Abmahnung wegen ähnlichen Verhaltens erhalten hatte, wurde er gekündigt. Diese Entscheidung hatte vor den Arbeitsgerichten durch alle Instanzen Bestand. Nun blieb auch die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Der Betriebsrat könne sich nicht mehr auf seine Meinungsfreiheit berufe. Einen schwarzen Menschen mit Affenlauten anzusprechen, ist demnach nicht nur eine derbe Beleidigung, sondern "fundamental herabwürdigend", hieß es in der Begründung.

Den Karlsruher Richtern zufolge schützt das Grundgesetz nicht nur die Meinungsfreiheit, es wendet sich auch gegen rassistische Diskriminierung. Die Arbeitsgerichte hätten beides zutreffend abgewogen. "Danach wird die Menschenwürde angetastet, wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe adressiert wird."


Aus: "Bundesverfassungsgericht stellt Menschenwürde über Meinungsfreiheit" (24. November 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/diskriminierung-urteil-bverfg-kuendigung-betriebsrat-menschenwuerde-meinungsfreiheit

QuoteJacky Brown #22

"Weil der Mann zuvor schon eine Abmahnung wegen ähnlichen Verhaltens erhalten hatte, wurde er gekündigt"

Unbelehrbar ...


QuoteLusu #4

Mich hätte echt mal interessiert welche angebliche "Meinung" der Kläger hier denn meint geäußert zu haben.


QuoteSimsalartist #4.2

Offensichtlich die Meinung, dass Menschen mit anderer Hautfarbe als seiner keine Menschen, sondern Affen sind.
Schön, dass das Gericht diese Meinung passend eingeordnet hat.


QuotePeerchen #4.9

Ich denke eher, dass der Kläger denkt "Meinungsfreiheit" heißt alles sagen zu dürfen.

Dabei reicht ein Blick ins Gesetzbuch, dass das nicht stimmt - Neben Beleidigung und Herabwürdigung der Menschwürden sind ja auch andere verbale Äuerungen strafbar: Meineid, Erpressung, Üble Nachrede...


Quoteregreub #11

Die Gedanken sind frei!

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.


Quoteeisensau #11.2

Wahrscheinlich Charles Reade (1814–1884)


Quotelassteskrachen #13

"Betriebsratssitzung einen schwarzen Kollegen mit den Worten "Ugah, Ugah" angesprochen. Er selbst musste sich als "Stricher" bezeichnen lassen"
Was ist das für eine Firma mit so einem Umgangston?


QuoteDurch Schaden wird man klüger_Aber niemals klug #13.1

Das habe ich mich auch gefragt.


QuotefuerdieMitte #15

Absolut richtige Entscheidung. Interessant wäre hierzu die Abwägung warum alles was man so Frau Künast an den Kopf geworfen hat am Gericht zur freien Meinungsäußerung gezählt wurde - obwohl dies ebenso herabwürdigend war.


Quotemarcel_nrw #15.1

Die Begründung des Gerichts war, dass ein Spitzenpolitiker sich aufgrund seiner Position mehr gefallen lassen muss als Lieschen Müller. Kann man aber auch anders sehen.


[ " ...  Durfte Renate Künast in Kommentaren zu einem Facebook-Post als "Stück Scheisse", "Schlampe", "Drecks Fotze", als "hohle Nuß, die entsorgt gehört" und als "Sondermüll" bezeichnet werden? Im September 2019 beantwortete das Landgericht Berlin diese Frage mit Ja. Nun kommt es zu einem anderen Ergebnis und ändert seinen Beschluss von damals teilweise ab. Die Grünen-Politikerin will von Facebook die Daten der Nutzer, die sie in den Kommentaren zu einem Post wüst beschimpft hatten, um anschließend zivilrechtlich gegen diese Nutzer vorgehen zu können. Facebook ist gesetzlich zur Herausgabe der Daten verpflichtet, wenn die Kommentare strafbar sind - also etwa beleidigend. ...  Neu war für das Gericht auch, dass der Betreiber der Facebook-Seite seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und "in vielen Presse- und TV-Beiträgen als Prototyp der deutschen 'Fake-News' Szene beschrieben" werde. Zudem sei dem Gericht inzwischen durch ein anderes Verfahren bekannt geworden, dass der Mann "öffentlich Hetze gegen Personen des liberalen bis linken politischen Lagers" betreibe, unter anderem auf einem eigenen Blog. All das rückt die Facebook-Kommentare aus Sicht des Gerichts nun in ein anderes Licht.  Maßgeblich sei nämlich, wie die Kommentatoren den Facebook-Post verstehen durften. Es mache einen "erheblichen Unterschied", ob sie davon ausgehen durften, dass Künast richtig zitiert worden ist. Da den Fans und Followern des Mannes aber der Ruf von dessen Blog bekannt sein dürfte, mussten sie wohl eher davon ausgehen, dass es sich um ein Falschzitat handelte: "Angesichts der für die Nutzer erkennbaren Hintergründe des Posts mussten sich ihnen Zweifel in Bezug auf die Authentizität des weiteren Zitates aufdrängen", heißt es in dem Beschluss. Durch das Falschzitat fehlt den Kommentaren damit jeglicher Bezug einer Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Zwischenruf von Künast während der Debatte von 1986. Im Einzelnen geht das Gericht deshalb nun davon aus, dass die Kommentare teilweise unzulässige Schmähkritik sind - also eine bloße Herabsetzung der Person, keinerlei Auseinandersetzung in der Sache. ..." | https://www.tagesschau.de/inland/kuenast-beleidigung-103.html (21.01.2020) ]

QuotePardier #16

Hier hätte das BVerfG die Menschenwürde als konkurrierendes Schutzgut gar nicht bemühen müssen. Beleidigungen sind bereits vom Grundrecht der Meinungsfreiheit selbst nicht gedeckt, und zwar unabhängig davon, ob sie rassistisch motiviert sind oder nicht; vgl. Art. 5 Abs. 2 GG: "Diese Rechte finden ihre Schranken (...) in dem Recht der persönlichen Ehre."

Auch ein "Sie Volltrottel" berechtigt (nach Abmahnung) zur verhaltensbedingten Kündigung.


QuoteGeai Raison #16.2

Was eine Beleidigung ist, kann man aber nur über die Abwägung mit der ,,Wahrnehmung berechtigter Interessen" herausfinden, was dann wieder geradewegs zum Aufwiegen (manche sagen auch spöttisch: Schaukeln) der Grundrechte führt.

Wenn jemand einen besonders doofen Fehler macht und viel Schaden anrichtet, wird man den wegen des sachlichen Bezugs schon mal straflos als Volltrottel bezeichnen dürfen (müssen).

Etwas anderes ist eine rassistische Beleidigung, die den Persönlichkeitskern und damit die Menschenwürde berührt.


...

Textaris(txt*bot)

"Antimuslimischer Rassismus in der Pornografie: "Es ist die Fantasie der prüden Schlampe, der Heiligen und der Hure"" Meret Reh (14. Dezember 2020)
In Hijab-Pornos haben Kopftuchträgerinnen Sex mit weißen Männern. Ihr Reiz geht von rassistischen Narrativen aus: der vermeintlichen Unterdrückung der muslimischen Frau.
Seit 2015 boomen sogenannte Refugee- und Hijab-Pornos. Darin ist meist eine bis aufs Kopftuch nackte Darstellerin beim Sex mit einem weißen cis-Mann zu sehen. Der Plot ist stereotypisch aufgeladen: Sie sucht eine Wohnung, braucht einen Ausweis oder Job und bezahlt dafür mit ihrem Körper. Oder sie wird für schlecht verrichtete Hausarbeit bestraft.
Der weiße, männliche Blick giere danach, die muslimische Frau zu exotisieren und zu erniedrigen, sagt Claude C. Kempen. Er*sie hat am Berliner Leibniz-Zentrum Moderner Orient zu anti-muslimischem Rassismus und Sexismus in Pornos publiziert. Im Interview mit ze.tt erklärt Kempen, was wir aus diesen Pornos über weiße Zerbrechlichkeit, gesellschaftliche Machtverhältnisse und die Fetischisierung des Kopftuchs lernen können.  ... Ich denke, es ist nicht besonders realistisch oder sinnvoll, diese Filme zu verbieten. Jede muslimische Frau, die im Kopftuch Pornos drehen will, sollte das auch tun dürfen. Das kann sehr emanzipatorisch wirken, wenn es einvernehmlich passiert und allen Teilnehmenden Spaß und Lust bereitet. Außerdem sollten wir nicht den Boten, also das Medium Pornografie, mit der Nachricht, hier Rassismus und Sexismus, verwechseln.  ... Durch Pornos können vermeintliche gesellschaftliche Tabus sichtbar gemacht und dadurch sogar zelebriert werden. So kann das Untersuchen von Pornos Teil feministischer und antirassistischer Praktiken sein. Pornos geben uns die Möglichkeit, weiße männliche Dominanz, Gewaltfantasien und den stereotypen Blick auf Frauen of Colour zu verstehen. Somit können wir auch eine Verteufelung von Pornos umgehen und diese stattdessen als zugängliches und vielfältiges Medium für uns als Feminist*innen nutzbar machen.  ...

https://www.zeit.de/zett/liebe-sex/2020-12/antimuslimischer-rassismus-pornografie-hijab-pornos-fetisch-sexismus/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Diskriminierung durchzieht das gesamte Leben Schwarzer Menschen in Deutschland, in Schule, Privatleben, im Beruf, in Arztpraxen oder einfach beim Gang über die Straße. Und es trifft praktisch alle: 98,1 Prozent berichten von Diskriminierungserfahrungen, nur 2,7 Prozent haben nach eigenen Angaben nie Rassismus erlebt, der sich gezielt an der Hautfarbe festmachte.

Zwei Drittel der Befragten sehen sich etwa schlechter benotet als weiße Mitschüler oder Kommilitoninnen, mehr als die Hälfte (56 Prozent) gibt an, dass sie schon grundlos von der Polizei kontrolliert wurden, zwei Drittel erleben, dass Ärztinnen und Ärzte, die sie konsultieren, ihre Beschwerden nicht ernstnehmen.

Dies hat der am Dienstag veröffentlichte Afrozensus herausgefunden, die erste systematische Untersuchung über die Lebensbedingungen von – einer UN-Definition folgend – Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland. Gemeint sind damit alle, die entweder Schwarze Eltern haben oder selbst aus afrikanischen Staaten eingewandert sind, jedenfalls erleben, dass sie als ,,schwarz" angesehen werden. Das sind in Deutschland etwa eine Million Menschen.

Für die Studie, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes förderte, wurden mehr als 6000 Personen zwischen Ende Juli und Anfang September 2020 online befragt. Die jüngste war 16, die älteste 102 Jahre alt. Sie stammen aus 144 Ländern und sind zum größten Teil dreisprachig. Die allermeisten, nämlich sieben von zehn, wurden aber bereits in Deutschland geboren.

Die Teilnehmer:innen der Umfrage seien etwas älter als die insgesamt sehr junge Afro-Community in Deutschland von etwa einer Million Menschen. Mit einer Mehrheit von 20-39-Jährigen seien sie aber ,,deutlich jünger als die Gesamtbevölkerung", sagte Daniel Gyamerah vom Bildungs- und Selbsthilfeprojekt ,,Eoto", einem der beiden Organisationen, die die Daten mit wissenschaftlicher Unterstützung erhoben haben. Es handle sich also ,,um die Zukunft dieses Landes".

Ein weiteres Ergebnis der Studie, das die Macher:innen betonen: Rassismus wird bestritten. Über 90 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen nicht geglaubt werde, wenn sie das Thema ansprechen und ihre Erfahrungen teilen. ,,Das hat Folgen dafür, wie mit Rassismus umgegangen wird", sagte Joshua Kwesi Aikins, einer der Autor:innen. Viele müssten erleben, dass dies weder angemessen noch professionell geschehe, ,,so dass sie sich gar nicht erst melden".

... Ein Problem der Studie war, wie die Autor:innen einräumten, dass die Pandemie persönliche Interviews unmöglich machte. Das habe den Anteil derer vergrößert, die leichter digital erreichbar waren, also im Schnitt besser gestellt und gebildet. Dabei werden, wie Autorin Teresa Bremberger ergänzte, gerade Nichtprivilegierte, Schwarze Arme oder Migrant:innen, am härtesten diskriminiert, quer durch die Lebensbereiche. Bei der Auswertung der Daten habe man das berücksichtigt.


Aus: "98 Prozent aller Schwarzen Menschen erleben Diskriminierung" Andrea Dernbach (01.12.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ergebnisse-des-afrozenzus-98-prozent-aller-schwarzen-menschen-erleben-diskriminierung/27848622.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Als furiose Tänzerin und Sängerin ist Josephine Baker wohl den meisten ein Begriff. Ihr ,,dance sauvage" (Tanz der Wilden), leicht bekleidet mit dem legendären Bananenröckchen, machte sie1925 in Paris zum Weltstar – bediente er die Klischees der Weißen und spielte gleichzeitig selbstbewusst mit ihnen.

Ihre ,,Revue Nègre" feierte in ganz Europa Erfolge. Die exotische Tänzerin wurde zum Sex-Symbol der ,,Roaring Twenties" und machte den ,,Hot Jazz" in Europa salonfähig. 1926 trat Josephine Baker auch am Ku-Damm auf – in München wurde ein Auftritt wegen möglicher ,,Verletzung des öffentlichen Anstandes" untersagt.

Doch aus dem ehemaligen Hausmädchen aus Missouri wird nicht nur ein Weltstar, sondern auch eine politische Aktivistin, die sich gegen Rassismus und den Nationalsozialismus engagiert.

Den Rassismus, den sie in ihrer Kindheit in den USA erlebte und vor dem sie nach Frankreich geflohen war, holte sie während ihrer Tourneen in den USA ein: Sie bekam kein Hotelzimmer oder musste den Dienstbotenaufgang nehmen. In Frankreich habe sie sich zum ersten Mal frei gefühlt, sagt sie.

So nimmt sie 1937 nach der Heirat mit einem Großindustriellen die französische Staatsbürgerschaft an – und will ihre neue Heimat gegen den Nationalsozialismus verteidigen. Als Agentin schmuggelt sie in ihrem Tourneegepäck Geheimdokumente für den Widerstand. Dafür ehrte der Chef des ,,Freien Frankreichs" und spätere Staatspräsident, Charles de Gaulle, sie bereits 1946.

Am Dienstag nun ist die Widerstandskämpferin Josephine Baker in Anwesenheit von 2000 Gästen feierlich in das Panthéon eingezogen, die Ruhmeshalle bedeutender Franzosen in Paris, ein. (Ihre sterblichen Überreste bleiben auf Wunsch der Familie in Monaco. Sie war eng mit Grace von Monaco befreundet, die ihr in den letzten Lebensjahren behilflich war. ) Als erste Afroamerikanerin und erst sechste Frau. Sie habe als freie Bürgerin würdig und entschlossen gekämpft. Ihr sei es dabei vor allem um die Gleichheit aller gegangen, sagte der Staatschef in seiner Rede.

Sie hat sich auch nach Kriegsende gegen Antisemitismus und Rassismus eingesetzt, hat eine ,,Regenbogenfamilie" mit 12 Adoptivkindern gegründet und war am 28. August 1963 die einzige Frau, die an der Seite des US-Bürgerrechtlers Martin Luther King beim ,,Marsch auf Washington" eine Rede hielt.

Als Macron im Sommer die Aufnahme Bakers in den ,,Tempel der Republik verkündete, konnte man noch nicht ahnen, in welch polarisierte und aufgeheizte Stimmung in Frankreich im Vorwahlkampf die Zeremonie fällt. Zufall oder nicht: Nun fällt sie auf den gleichen Tag, an dem der nationalistische und rassistische Provokateur Eric Zemmour seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im April 2022 verkündete. Damit gab die Zeremonie Präsident Macron die Gelegenheit, eine seiner geschichtsträchtigen politischen Reden zu halten - und an die Werte von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu erinnern, auf die viele Franzosen zu Recht stolz sind und für welche die eingebürgerte Josephine Baker exemplarisch steht.


Aus: "Josephine Baker bekommt Platz im Panthéon: Die Botschaft der Freiheitskämpferin könnte nicht aktueller sein" (30.11.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/josephine-baker-bekommt-platz-im-pantheon-die-botschaft-der-freiheitskaempferin-koennte-nicht-aktueller-sein/27847668.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Zwei Jahre nach den tödlichen Schüssen auf den schwarzen Jogger Ahmaud Arbery sind die Täter in einem zweiten Prozess in den USA eines rassistisch motivierten Hassverbrechens schuldig gesprochen worden. Die Geschworenen eines Bundesgerichts in Brunswick im Südstaat Georgia sahen es als erwiesen an, dass die drei weißen Männer Arbery wegen seiner Hautfarbe gejagt hatten. Das Strafmaß wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.

Eine Geschworenenjury hatte die drei Männer bereits in einem Verfahren des Bundesstaates Georgia für schuldig befunden und im Januar zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 36-jährige Schütze war damals von den Geschworenen des Mordes für schuldig befunden worden, die beiden Mitangeklagten, dessen Vater und ein Nachbar, unter anderem wegen schwerer Körperverletzung und Totschlagsdelikten.

Die Schuldsprüche in dem Bundesprozess haben eine besondere symbolische Bedeutung: Arberys Familie hatte gefordert, dass die rassistische Dimension des Verbrechens klar festgehalten wird. In dem ersten Prozess hatte es die Staatsanwaltschaft weitestgehend vermieden, das Thema Rassismus anzusprechen, und sich auf den Ablauf der Ereignisse und nicht eine mögliche Motivation der Täter konzentriert.

Die Bundesjustiz argumentierte nun, die drei Männer hätten Arbery wegen seiner Hautfarbe ins Visier genommen und damit ein Hassverbrechen begangen. "All das wäre nicht passiert, wenn Ahmaud weiß gewesen wäre", sagte Staatsanwältin Bobbi Bernstein vergangene Woche beim Prozessauftakt. Die Anklage legte den Männern konkret einen Angriff auf Arberys Bürgerrechte und eine versuchte Entführung zur Last. Sie wurden außerdem wegen des Einsatzes von Waffen beim Begehen eines Verbrechens angeklagt.

Die Schuldsprüche erfolgten nun genau einen Tag vor dem zweiten Jahrestag von Arberys Tod. Die drei Weißen hatten den joggenden Arbery im Februar 2020 in einem Vorort der Stadt Brunswick mit zwei Autos verfolgt, weil sie ihn angeblich für einen Einbrecher hielten. Bei einem folgenden Handgemenge erschoss der mit einem Gewehr bewaffnete Travis M. den 25-jährigen unbewaffneten Schwarzen.

Der Fall wurde erst zweieinhalb Monate später durch die Veröffentlichung eines Handyvideos von der Verfolgungsjagd und Arberys Tod publik. Die Aufnahmen sorgten landesweit für Empörung. Arbery wurde zusammen mit den von Polizisten getöteten Schwarzen George Floyd und Breonna Taylor zu einer Symbolfigur der Black-Lives-Matter-Proteste gegen Rassismus in den USA.


Aus: "Angeklagte nach Mord an Schwarzem wegen Hassverbrechen verurteilt" (22. Februar 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-02/ahmaud-arbery-jogger-mord-rassismus-usa-hassverbrechen

QuoteSir Gallahead #4

Manchmal sind diese HandyVideoAufnahmen ein Segen. ...


...

Textaris(txt*bot)

Ukraine's deputy chief prosecutor, David Sakvarelidze, told the BBC, unchallenged: "It's very emotional for me because I see European people with blue eyes and blond hair being killed."


Quote[...] Vladimir Putin's bloody invasion of Ukraine has sharpened two terrifying realisations. The first is that Putin does not function within the realm of the usual finely balanced checks and balances, sticks and carrots, that the west hoped would contain him and maintain an uneasy truce in Europe. The second is that decades of work since the second world war to learn from the mistakes of the past and fortify against them in the future have failed. Here again, we have not a civil war, but an invasion of a sovereign state in defiance of the rest of the world. Here again, we have images that are only known to us as historical reels, of frenzy and panic as thousands attempt to flee to safety.

But there is a third realisation that appears to shape the perception of too many western journalists justifiably appalled at the defiling of Europe. From the tone of much coverage, this seems uniquely distressing and more alarming to them because the lives of non-Europeans have less value, and their conflicts are contained, far away from us.

I thought it was just clumsy phrasing from a couple of reporters under pressure, but soon it became clear that it was, in fact, a media-wide tic. From Al Jazeera to CBS News, journalists were appalled that this was not happening in "Iraq or Afghanistan" but in a "relatively civilised European city". One said: "The unthinkable has happened. This is not a developing, third world nation. This is Europe." Another reflected: "These are prosperous middle-class people ... these are not obviously refugees getting away from the Middle East. To put it bluntly, these are not refugees from Syria, these are refugees from Ukraine ... They're Christian, they're white, they're very similar."

Ukraine's deputy chief prosecutor, David Sakvarelidze, told the BBC, unchallenged: "It's very emotional for me because I see European people with blue eyes and blond hair being killed."

Daniel Hannan, Telegraph columnist, former MEP, Lord Hannan of Kingsclere; put it more bluntly, writing that those suffering in Ukraine "seem so like us. That is what makes it so shocking ... War is no longer something visited upon impoverished and remote populations. It can happen to anyone." It is, he said: "civilisation in retreat".

This strange account of a history in which wars, conflict and dispossession mostly happened in "third world" and "remote" countries (remote from whom?) is a fiction that has come about as a result of a political and media climate that has stripped the humanity of those seeking refuge so completely it has become a fact, repeated with no self-awareness or shame.

An extremely generous view of these statements is that it is not, in itself, an unusual impulse to care more about, or be affected more, by events happening closer to home than farther afield. Perhaps what these people are really trying to say is something along the lines of "this has not happened in this patch in generations" in order to highlight the abnormality of this particular conflict. There is that.

But there is also much more to it. There is an acceptance that war is natural in other places but an aberration here. That war happens only to the poor and the uncivilised, not the well-off and stable.

...


From: "Let the horror in Ukraine open our eyes to the suffering of war around the world" Nesrine Malik (Tue 1 Mar 2022 12.15 GMT)
Source: https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/mar/01/let-the-horror-in-ukraine-open-our-eyes-to-the-suffering-of-war-around-the-world

Topics: Ukraine, Opinion, Vladimir Putin, Refugees, Russia, Europe, comment

Textaris(txt*bot)

Quote[...] In der Ukraine tobt Putins Krieg und Hunderttausende von Menschen sind auf der Flucht. In der Art und Weise, wie viele westliche Medien und Politiker:innen darüber sprechen, zeigt sich oft unverhohlener Rassismus. Dies wurde bereits in den ersten Tagen des Krieges deutlich, als US-amerikanische und britische Korrespondent:innen aufgebracht betonten, dass die Ukraine "kein Dritte-Welt-Land" wie "Irak oder Afghanistan" sei, sondern "europäisch" und "zivilisiert". Bei BBC meinte ein ukrainischer Ex-Staatsbediensteter sogar, dass er besonders emotional sei, weil die Opfer "blond und blauäugig" seien. Und bei Frank Plasbergs Hart aber fair schwadronierten einige der Gäste inklusive des Moderators von "unserem Kulturkreis" und die Feigheit jener "wehrfähigen, starken Männer", die 2015 nach Deutschland kamen und angeblich nicht Manns genug waren, ihre Heimat zu verteidigen.

Von Politiker:innen hörte man Ähnliches. Jean-Louis Bourlanges, ein französischer Politiker, bezeichnete ukrainische Geflüchtete als "hochqualifiziert", der bulgarische Premierminister sagte: "Das ist nicht die Flüchtlingswelle, die wir kennen, sprich, Menschen, über deren Identität wir uns nicht sicher sein können, die Terroristen gewesen sein könnten."

Kurz und knapp: Weiße Europäer:innen haben den "guten Flüchtling" gefunden. Jener, der die Hilfe verdient hat. Hier der tapfere Ukrainer, der sein Land verteidigt. Dort der feige Syrer oder Afghane, der Frau, Kind und Land zurückgelassen hat, anstatt zur Waffe zu greifen. Dass in ihren Ländern seit Jahren oder teils sogar Jahrzehnten Krieg herrscht und Menschen irgendwann einfach nicht mehr kämpfen können, für einen Diktator wie Assad auch nicht kämpfen wollen – oder wie die Kurd:innen in Rojava nach wie vor kämpfen – dafür gibt es kaum Verständnis. 

... Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte vor Kurzem an, dass ukrainischen Geflüchteten schnell und unbürokratisch geholfen werden soll. Sie sollen kein Asylverfahren durchlaufen und sofort Schutz für bis zu drei Jahre erhalten. Auch der Zugang zu Krankenversicherung und Arbeitsmarkt soll so schnell wie möglich gewährt werden. Das ist gut, wichtig und notwendig.

Und dennoch fragt man sich, warum all dies nicht für die Menschen aus Syrien galt, die wie die Ukrainer:innen heute vor Putins Bomben und dessen Schergen Baschar al-Assad geflüchtet sind. Warum galt das nicht für all die Afghan:innen, die in den letzten Jahren aufgrund von Krieg und Zerstörung ihr Land verlassen haben? Die zuletzt im vergangenen August nach der Rückkehr der Taliban in Kabul nicht mal von jenen Deutschen, mit denen sie jahrelang zusammengearbeitet haben – Stichwort Ortskräfte – evakuiert wurden? 

... Keiner ukrainischen Person wünsche ich ein ähnliches Schicksal wie das der nach Deutschland geflohenen Afghan:innen, Iraker:innen, Kurd:innen oder Syrer:innen. Viele, die von Krieg und Leid betroffen sind, gönnen ihnen die angekündigte Abschaffung der deutschen Bürokratie. Ob sie wirklich eintritt, ist eine andere Frage. Der Rassismus jener Kulturkämpfer:innen, die in diesen Tagen die Geflüchteten aus der Ukraine für sich instrumentalisieren, ist lang bekannt – geradezu zynisch in einem Land, in dem Polenwitze, antislawischer Rassismus und die Ausbeutung osteuropäischer Arbeitskräfte zum Alltag gehören. 


Aus: "Guter Flüchtling, schlechter Flüchtling" (Ein Kommentar von Emran Feroz 4. März 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/zett/politik/2022-03/rassismus-ukraine-krieg-fluechtlinge-migration

Quotesonneleipzig #3

Man sollte das Thema mal ganz anders aufziehen und hier müssen wir uns alle an die eigene Nase fassen. Wenn es um Flüchtige geht, da wird ganz schnell über Rassismus gesprochen. Das ist aber nur der eine Teil.

Wo sind die Medien wenn es um den Krieg im Jemen geht? Wie oft wurde darüber berichtet im Vergleich zum Krieg in der Ukraine? Ein zwei Artikel hin und wieder im Vergleich zu einem Nachrichtenregen der jetzt die Hälfte der Medien einnimmt.
Wo sind die politischen Reaktionen und die strengen Sanktionen gehen den - beim Jemen - Aggressor Saudi Arabien? Wo sind die Sanktionen gegen Brasilien, weil sie dort die Indigenen und ein ganzes Ökosystem abschlachten?
DAS ist zutiefst widerwärtig. Putin ist der Böse (ist er ja auch, klar), aber dass man das so klar über die Verantwortlichen anderer Kriege sagt, das fehlt mir massiv.

Erst wenn die Menschen dann hier ankommen, dann interessiert es uns, rechts wie links. Vorher ist es den Meisten die hier den Rassismus gegenüber Flüchtenden anprangern schlichtweg egal.
Vor allem das Traurige ist ja: Flucht ist immer Mist, egal woher. Weil die meisten Menschen doch viel lieber in ihrer Heimat leben wollen, sicher, in Frieden und mit Perspektive.


QuoteTywin Lannister #3.1

Umso näher etwas passiert, desto betroffener und besorgter ist man selbst. Das ist völlig normal.

Oder sind sie jeden Tag genau so besorgt auf Grund der täglichen Terroranschläge in der Welt, wie am Tag der Anschläge von Paris, Brüssel oder Berlin? Nein natürlich nicht


QuoteThawn_ #3.2

Aus meiner Sicht ist der gesamte Artikel nichts als Whataboutism.


QuoteLisa Marie Simpson #3.3

What about ist etwas sehr wichtiges und richtiges. Daran zu erinnern, dass z.B. Afghanen 20 Jahre Krieg hinter sich haben. Das Iraker Krieg hinter sich haben. Das die Niederschlagung des IS noch nicht lange her ist. Das Syrien noch immer im Kriegszustand und weit entfernt von Normalität ist. Das Libyen nicht stabil ist. Man in Eritrea zum Wehrdienst verpflichtet wird. Die Oromo für Unabhängigkeit kämpfen. Saudi-Arabien andere Länder unterdrückt. Es gäbe mehr zu erzählen und das Mittelmeer ist nicht so weit weg. Das Boko Haram immer wieder Frauen versklavt.
Die Hilfsbereitschaft gerade ist toll. Bei Ortskräften aus Afghanistan, als das Land an die Mörderbande fiel, vernahm man deutlich geringere Bereitschaft.


QuotePabloNeruda #6

Überall auf dieser Welt gibt es Menschen, die nicht verstehen, dass jeder Mensch wertvoll ist. Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Das bedeutet: niemand darf von anderen verletzt werden. Das bedeutet aber auch, niemand darf andere verletzen. Alle Menschen sind in ihrer Würde gleich.


Quotekosmokrator #7

Die Antwort auf all die berechtigten Fragen des Autors kann man erhalten wenn man sich mit Peter Singers 'shallow pond' Gedanken-Experiment auseinandersetzt.

Sprich warum würden wir einen Menschen der ein ertrinkendes Kind nicht aus einem Tümpel zieht weil er seine neuen Schuhe nicht ruinieren will als moralisches Monster deklarieren, aber nicht ebenfalls jeden der sämtliche finanziellen Ressourcen die ihm/ihr zur Verfügung stehen einsetzt um andere Kinder in Not irgendwo auf der Welt zu helfen, sprich eigentlich jeden von uns der nicht jeden Cent oberhalb des Existenz-Minimums.


QuoteEinTollerName #7.1

Weil Betroffenheit psychologisch nun einmal sehr viel mit Nähe zu tun hat. Familiäre Nähe, geographische Nähe, kulturelle Nähe, identitäre Nähe, Nähe des Erlebnishorizontes.

Solidarisierung ist auf individueller Ebene kein rationaler, sondern ein emotionaler Akt. Darüber kann man sich moralisch beliebig erheben, psychosozial ist der Mensch nun einmal so gepolt, zwischen "nahen" und "fernen" Mitmenschen zu unterscheiden und deren Belange mit einem unterschiedlichem Maß an Empathie zu begegnen.

Das gilt ja auch umgekehrt: Fernkampfwaffen sind bei Generälen beliebt, weil die Soldaten für ihren Einsatz viel weniger Skrupel überwinden müssen, als wenn sie die Menschen töten müssten, die ihnen Auge in Auge gegenüber stehen.


QuoteKawin #7.3

Diese diffusen Gefühle von "fernen" und "nahen" Menschen lassen sich relativ leicht überwinden, wenn man bereit ist, in jedem Menschen erstmal den Menschen zu sehen und ihm offen zu begegnen. Die Technik unserer Zeit macht das extrem leicht.

Wenn das nicht nur mir, sondern vielen, vielen Menschen schon gelungen ist, warum sollte das nicht allen gelingen?


QuoteEinTollerName #7.4

... ich halte es für eine Illusion, dass Sie wirklich alle Menschen "gleich" sehen.


QuoteKawin #7.5

Ich glaube, Sie wollen mich absichtlich missverstehen.

Darum will ich konkret werden. Es muss nicht unbedingt so sein, dass eine ukrainische Flüchtlingsfamilie in mir mehr Empathie und Hilfsbereitschaft auslöst als eine afghanische oder eine syrische, nur weil mir die orientalischen Mentalitäten fremder sind.

Es reicht vollkommen aus, sich diese unbekannten Menschen gleichermaßen als Menschen vorzustellen, die unter den unglaublichen Härten der Flucht leiden.


QuoteLydiaFinselberger #9

Vielen herzlichen Dank für diesen längst überfälligen Kommentar! Sie sprechen mir aus der Seele! Kein Wort mehr über die immer noch überfüllten Flüchtlingscamps in Griechenland und die Überforderung der griechischen Regierung. Kein Wort über die pushbacks an unseren Grenzen - Europa ist eben ein exklusiver Club. Nur die "richtigen" dürfen auf schnelle Hilfe hoffen. Hier wird die Verteidigung unserer "westlichen Werte" als Farce enttarnt.


QuoteBlack Mirror #12

Ja, auch ich habe in diesen Tagen ein etwas mulmiges Gefühl bei der überbordenden Hilfsbereitschaft der Deutschen - die auf der einen Seite großartig ist, aber tatsächlich auch sehr selektiv. In einigen Facebook-Gruppen, wo sich darüber ausgetauscht wurde, war in den letzten Tagen öfter von "richtigen" Flüchtlingen die Rede, viele sagten, sie engagierten sich jetzt zum ersten Mal und wollten gerne "eine Mutter mit einem Kind" bei sich aufnehmen. Auch das ist alles wichtige Hilfe, aber es bleibt ein seltsamer Nachgeschmack, weil die gleichen Leute eine starke Abwehr gegen die Aufnahme von (männlichen) Geflüchteten aus "anderen Kulturkreisen" in Deutschland generell zeigen.

Auf der anderen Seite: Die schiere geographische Nähe rückt tatsächlich auch für mich diesen Krieg und das Leid näher als in vielen anderen Krisenregionen, es liegt nur ein Staat zwischen uns und der Ukraine, da hat die stärkere Betroffenheit vielleicht auch erstmal gar nichts mit Hautfarben/Religionen etc. zu tun - das würde ich hierbei mitbedenken.


QuoteCZ #12.1

Die Begeisterung über syrische Flüchtlinge war zu Kriegsbeginn auch sehr groß. Die wurden teilweise am Bahnhof willkommen geheißen. Gastarbeiter wurden damals auch sehr freundlich aufgekommen. Eine große Begeisterung löste auch die Wiedervereinigung aus.

Im Alltag jedoch lässt so etwas irgendwann nach und Stereotypen und Vorurteile nehmen überhand. Ich denke den Ukrainern wird das auch nicht anders ergehen.


QuoteJuniperus #14

Danke, dass das mal einer sagt! Mein erster Gedanke, als es hieß "Die Geflüchteten aus der Ukraine dürfen Ihren Bestimmungsort frei wählen und die deutsche Bahn transportiert sie kostenlos" war: Warum konnten wir das für die Geflüchteten aus Syrien nicht auch tun? Wir lernen also: 1. und 2. Klasse gibt es nicht nur bei der Bahn sondern es gibt auch Geflüchtete erster und zweiter Klasse. Nicht falsch verstehen: Ich finde gut und richtig, was für die Menschen aus der Ukraine getan wird (und leider ist selbst das nicht annähernd ausreichend), aber wenn ich Syrer oder Afghane wäre (bin ich nicht, ich bin einer von den "guten" blonden blauäugigen), ich käme mir total verarscht vor. Und übrigens: Es ertrinken weiterhin jeden Tag Afrikaner im Mittelmeer. Aber das ist dann wohl die dritte Klasse Geflüchteter - juckt uns also nicht weiter. Hoffentlich fangen wir bald mal an zu begreifen, dass Not, Verzweiflung und Elend überall auf der Welt gleich sind. Das wir alle gleich sind. Es gibt keine "Brudervölker" im Osten oder "Europäische Nachbarn" und "Dritt-Welt-Länder", es gibt nur MENSCHEN. Furchtbar, das dieser Rassismus so tief in unserer Gesellschaft verankert ist.


QuoteParaibu #20

Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sind nunmal oft (NICHT IMMER!) eben keine echten Flüchtlinge, sondern Wirtschaftsmigranten. ...


Quotecgoise #20.1

Und das Argument ('kein Kriegsflüchtling') wollen Sie allen Ernstes Leuten aus Afghanistan, Syrien, Eritrea, dem Kongo, etc. etc. hinhalten? Soll das ein Witz sein, oder ist das schon fast krankhafte Arroganz? Und zum Thema Wirtschaftsflüchtlinge: was glauben Sie denn, warum es so viele osteuropäische Länder als ganzes und deren Bürger als Individuen in die EU zieht. ...


Quotevomendeher #27

Was ein guter Bericht. Es mag wohl auch damit zusammenhängen, dass viele Menschen wenig Bezug zu den Konflikten in entfernteren Regionen haben.

Da ist natürlich die ,,Russische Bedrohung" eine persönlichere.
Menschen agieren wohl meist erst betroffen, wenn sie persönlich konfrontiert sind.
Das der Rassismus bei und tief sitzt wissen wir nicht erst seit Aladin El-Mafaalani.

[ " ... Aladin El-Mafaalani (* 1978 in Datteln) ist ein deutscher Soziologe und Hochschullehrer. Von 2013 bis 2018 war er Professor für Politikwissenschaft und Politische Soziologie an der Fachhochschule Münster. Seit 2019 ist er Ordinarius für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück. Seine Bücher zu Migration und Bildung erreichen auch eine breite Leserschaft außerhalb des wissenschaftlichen Publikums. ... Sein 2018 erschienenes Buch Das Integrationsparadox – Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt war mehrere Wochen in den Bestseller- und Bestenlisten. El-Mafaalani stellt darin dar, dass sich Offene Gesellschaften diversen Gegenbewegungen ausgesetzt sehen, die er sowohl in fremdenfeindlichen und nationalistischen als auch in religiös-fundamentalistischen Bewegungen verortet. Diese Schließungstendenzen versteht er als unerwartete Nebenfolgen von grundsätzlich positiv zu bewertenden Entwicklungen der sozialen Öffnung und einer zunehmend zusammenwachsenden und integrativen Gesellschaft. Die gesellschaftliche Teilhabe nehme heute auf verschiedenen Ebenen und für verschiedene Gruppen zu, wodurch Verteilungs-, Interessen- und Zugehörigkeitskonflikte wahrscheinlicher werden und es in der Folge zu Neuaushandlungen und einer Beschleunigung sozialen Wandels komme. Entsprechend fordert er, eine konstruktive Streitkultur als Leitkultur zu begreifen. 2020 erschien das Buch Mythos Bildung, in dem El-Mafaalani die Probleme und paradoxen Effekte des Bildungssystems und dessen Dynamik und Trägheit aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert...." | https://de.wikipedia.org/wiki/Aladin_El-Mafaalani]


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