... Es ist der Moment, in dem der Kunst-Pol ins Feuer fliegt ... Kunst und Macht ...-
Bernd Stegemann (16.10.2018): "... Die Machtlosigkeit ist womöglich die Bedingung für Kunst. Wenn die Kunst anfängt, nach Macht zu schielen, wird sie tendenziös. …“
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"Wolfgang Ullrich: Mit dem Rücken zur Kunst"
Die neuen Statussymbole der Macht - KKB. 2000, 128 Seiten. Gebunden. Mit vielen, teilweise farbigen Abbildungen.
ISBN 978-3-8031-5164-3 - Wo Führungskräfte sich noch vor zwanzig Jahren in gediegenem Mobiliar und mit ebenso gediegenen Ölgemälden abbilden ließen, stehen sie heute vor moderner Kunst. Moderne Kunst im Umfeld von Geld und Macht: Wie konnte sie zu einem der wichtigsten Statussymbole unserer Zeit werden? Und was sagt dies über die Kunst selbst aus – sowie über diejenigen, die sich ihrer bedienen? - »Wolfgang Ullrich stößt mit seiner Analyse die Tür weit auf für einen vorurteilslosen Systemvergleich der Kunstbetriebe in BRD und DDR. Selten gab es so entlarvendes Material über die Verstrickungen der Künstler im Spätkapitalismus.« (Berliner Zeitung)
https://www.wagenbach.de/buecher/titel/321-mit-dem-ruecken-zur-kunst.html-
Buch der Könige (auf 4 Bände angelegt)
1. Orpheus und Euridyke, Stroemfeld Verlag 1988
2x. Orpheus am Machtpol, Stroemfeld 1994
2y. Recording Angel’s Mysteries, Stroemfeld 1994
http://www.klaus-theweleit.de/?page_id=6-
[...] "Es ist der Moment, in dem der Kunst-Pol ins Feuer fliegt", so Theweleit. Der Moment auch, in dem sich Gottfried Benn, "Dr. Orpheus", an den Machtpol ankoppelt und auf die Kollaboration mit dem Nazi-Staat einläßt. So, wie sich auch Knut Hamsun an den Nazi-Machtpol anschloß. So, wie sich andere mit anderen Machthabern einließen - Ezra Pound mit Mussolini, Elvis Presley mit Richard Nixon, Andy Warhol mit den Konzern-Mächten von Campbell''s bis Mercedes-Benz.
"Orpheus am Machtpol" ist der Untertitel des zweiten Teils von Klaus Theweleits "Buch der Könige", jenem monumentalen "work in progress", an dem der Freiburger Freelance-Germanist seit mindestens 16 Jahren arbeitet, fast seit seiner berühmten Doktorarbeit von 1977 über "Männerphantasien" (SPIEGEL 52/1977).
Gemeint sind die Kunst-Könige, namentlich die Dichterfürsten, die Herrscher im Kunst-Reich. Vor sechs Jahren, im ersten Band des "Buchs der Könige", untersuchte Theweleit am Modell von Orpheus und Eurydike die Paar-Beziehung zwischen Künstlern und ihren Frauen und stellte die These auf, daß Kunst mit Menschenopfern, vorzugsweise mit Frauenopfern, erkauft wird. Frauen, schreibmaschinenkundige, Manuskripte erstellende Diktat- und Aufschreibengel, kurz: Recording Angels, werden dem Hades geopfert, damit Kunst, damit Literatur zustande kommt. Orpheus ist der Überlebende, Eurydike ist das Opfer; er verwandelt Schmerz in Kunst, sie schweigt und stirbt.
Ging der erste Band des "Buchs der Könige" der Frage nach, wie Orpheus, der Prototyp des Künstlers als Weltverwandler, es mit der Liebe hält, fragt jetzt der zweite Teil (der auf zwei Bände mit insgesamt 1750 Seiten angeschwollen ist), wie Orpheus es mit der Macht hält*. Der Brückenschlag zurück zu den "Männerphantasien", in denen etwa aus der Freikorps-Literatur heraus eine neue Faschismus-Theorie entwickelt wurde, ist offensichtlich und Theweleits Absicht: "Man kann dies hier lesen als ihren genuinen dritten Band."
Es ist ein Werk in Theweleits typischer Endlosbauweise, eine lockere Text-Bild-Montage, die ihre narrativen und illustrativen Mittel gleichwertig ein- und sich über akademische Verfahrensregeln fröhlich hinwegsetzt - weniger ein "Theorie-Epos" (wie Rüdiger Safranski das nannte) als vielmehr eine Fakten-Saga über Fiktionen, die alle Theorieansätze der germanistischen Interpretationszunft zum Werk und zum Leben von Künstlern unterläuft. Tausende Seiten umfaßt dieses work in progress inzwischen, Tausende Seiten könnte es auch noch weitergehen - ein uferloses, sich selbst entgrenzendes Projekt über Literatur und Liebe, Literatur und Frauenleiber, Literatur und Macht.
... 1970 sprach King Elvis bei Präsident Nixon im Weißen Haus vor, um sich einen Spezialausweis als Drogenfahnder vom "Federal Bureau of Narcotics and Dangerous Drugs" zu verschaffen. Was auch gelang: Nixon lancierte eben, als Ablenkung vom Vietnamkrieg, eine Anti-Drogen-Kampagne, da kam ihm der Mega-Rocker Elvis als Kampagnereiter zupaß. Was Tricky Dick nicht wußte: Narziß Presley war selber ein schwerer Narcotic und wünschte sich das magische Emblem eines "Federal Narc" einzig, weil ihm die Plakette das Recht verlieh, jede verbotene oder verschreibungspflichtige Droge bei sich zu führen.
So zeigt die Konstellation des Orpheus am Machtpol, soweit Klaus Theweleits Auge reicht, nur katastrophische Beispiele. Bis auf dies: "Nur bei einem Ausnahme-Mann ging es ohne Katastrophe - Nähe zum Machtpol bei vollem Erhalt des poetischen Schreibens plus Abneigung gegen Diktatoren: Thomas Mann." Na bitte.
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DER SPIEGEL 49/1994
Aus: "Wie einer zum Nazi wird"
Sigrid Löffler über den zweiten Band von Klaus Theweleits "Buch der Könige"" (05.12.1994)
Quelle:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9293848.html