
Illustration von Harry Clarke für eine Londoner Ausgabe (1923)
„The Man of The Crowd“ ist eine Erzählung Edgar Allan Poes,
die das literarische Motiv des verfluchten Wanderers benutzt.
Sie wurde 1840 erstmals veröffentlicht.
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[...] Mit Edgar Allan Poes Erzählung Der Mann in der Menge fand der Flaneur seinen Eingang in die Literatur.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flaneur (12. September 2010)
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[...] [So] stellt sich der namenlos bleibende Ich-Erzähler als ein Flaneur vor, der das abendliche Treiben auf einer großen Straße Londons durch das Fenster eines Kaffeehauses beobachtet. Gerade von einer Krankheit genesen, genießt er diesen Zustand mit Zeitung und Zigarre und beschreibt detailliert die verschiedenen Schichten vorbeiströmender Menschen – von den Geschäftsleuten, Advokaten und Adligen abwärts über die besseren und die weniger guten Angestellten zu den Arbeitern, den Taschendieben und Huren. Ermöglicht wird dieser soziologische Querschnitt durch die Gasbeleuchtung, die die Menschen bis tief in die Nacht hinein auf den Straßen hält und beobachtbar macht. [...] Der Beobachter des menschlichen Treibens in einer Großstadt, der Flaneur, ist durch Poe und in seiner Nachfolge durch Baudelaire zum literarischen Topos geworden.
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http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Mann_in_der_Menge (14. August 2010)
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[...] Der Flaneur ist eine typische Figur der Großstadt des 19. Jahrhunderts und wird als solche vor allem in der Literatur inszeniert. Er wird als müßiggängerischer und ziellos durch die Stadt herumtreibender Citoyen dargestellt. Er ist jemand, der die Stadt als seine erweiterte Wohnung betrachtet. Sein Zuhause sind die Straßen, die Passagen, die Schaufenster, die Menschenmenge und die Straßencafés. Den öffentlichen Plätzen zieht er dabei die Rückseiten und Hinterhöfe, die verwinkelten Gassen und labyrinthisch verborgenen Orte der Stadt vor. Der Flaneur gerät während des Flanierens in einen wahren Straßenrausch und erfährt die alltägliche Stadt als eine ins Mythische reichende Phantasmagorie. Der Blick des Flaneurs ist dabei kein dem Spätkapitalismus angepasster funktionaler Blick, sondern ähnlich dem Blick des Kindes (oder dem surrealistischen Traumerlebnis, der „profanen Erleuchtung“) sieht und entziffert er auf allegorische Weise geheime Botschaften und Zeichen in den Straßen und an den Häusern. Er denkt eher in kombinatorischen Möglichkeiten als in der positiven Wirklichkeit. Physiognomisch lesend betätigt er sich sowohl an menschlichen Gesichtern als auch an Häuserfassaden und -architekturen. So wird ihm die ganze Stadt zum kulturell und mythisch beschrifteten Text, bis hin zur Profanität von Werbebildern und -texten. Beim Flanieren nimmt er mithin mimetisch die mannigfaltigen Identitäten der Stadt selbst an, wird dem Beobachteten gleich. Der Flaneur ist auch eng verwandt mit der Figur des exzentrischen Dandys, dem ästhetizistischen Schöngeist des Fin de siècle, wie er exemplarisch von Charles Baudelaire oder Oscar Wilde ausgelebt wird, und wird darin zu einer beliebten Gestalt des literarischen Surrealismus.
Der Flaneur des 19. Jahrhunderts, wie er in der Literatur oder den philosophischen Texten Walter Benjamins beschrieben wird, scheint im Film nur selten in Erscheinung zu treten. Aber jeder Film, der Figuren zeigt, die sich – oftmals in der Nacht – in der Stadt verlieren, um seltsame und mythische Bekanntschaften zu machen, vielleicht auch die eigene Stadt als fremde erfahren, bedient sich der Topoi des Flaneur-Komplexes.
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Aus: "Metamorphosen des Flaneurs im Großstadtfilm"
Von: Dr. Arno Meteling (01.01.2002)
Quelle:
http://www.f-lm.de/2002/01/01/metamorphosen-des-flaneurs-im-grosstadtfilm/-.-
[...] Sie [Flaneure] sind zuständig für die Instandhaltung der Erinnerung, sie sind die Registrierer des Verschwindens, sie sehen als erste das Unheil, ihnen entgeht nicht die kleinste Kleinigkeit, sie gehören zur Stadt, die ohne sie undenkbar ist, sie sind das Auge, das Protokoll, die Erinnerung, das Urteil und das Archiv, im Flaneur wird sich die Stadt ihrer selbst bewußt.
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Aus: "Die Sohlen der Erinnerung" Von Cees Nooteboom (DIE ZEIT, 49/1995)
Quelle:
http://www.zeit.de/1995/49/Die_Sohlen_der_Erinnerung?page=all-.-
[...] Intensiv hat sich Benjamin [ ] erst im Zusammenhang mit der
Interpretation von Edgar Allen Poes „Mann der Menge“ mit dem Flaneur
auseinandergesetzt. In dieser Betrachtung rückt Benjamin den Flaneur in
die Nähe des Detektivs, beziehungsweise macht ihn als dessen Urform aus:
Poes berühmte Novelle »Der Mann der Menge« ist etwas wie das
Röntgenbild einer Detektivgeschichte. Der umkleidende Stoff, den
das Verbrechen darstellt, ist in ihr weggefallen. Die bloße Armatur ist
geblieben: der Verfolger, die Menge, ein Unbekannter, der seinen
Weg durch London so einrichtet, daß er immer in deren Mitte bleibt.
Dieser Unbekannte ist der Flaneur. So ist er von Baudelaire auch
verstanden worden, als er in seinem Guys-Essay den Flaneur
»l’homme des foules« genannt hat.
Allerdings revidiert Benjamin diese Aussage in der ein Jahr später
erschienenen Untersuchung Über einige Motive bei Baudelaire wieder:
Baudelaire hat es gefallen, den Mann der Menge, auf dessen Spur
der Poesche Berichterstatter das nächtliche London die Kreuz und
die Quer durchstreift, mit dem Typus des Flaneurs gleichzusetzen.
Man wird ihm darin nicht folgen können. Der Mann der Menge ist kein
Flaneur. In ihm hat der gelassene Habitus einem manischen Platz
gemacht. Darum ist eher an ihm abzunehmen, was aus dem Flaneur
werden mußte, wenn ihm die Umwelt, in die er gehört, genommen
ward.
Dem Poeschen Mann der Menge fehlt also die Gelassenheit, das laisserfaire,
um wirklich ein Flaneur zu sein. Trotz allem bleibt diese „Menge“ ein
wichtiger Bestandteil des Flanierens, da der Flaneur in den Städten (ob nun
Paris, London oder Berlin) und selbst in den Passagen ständig mit ihr
konfrontiert ist.
Zusätzlich zum Habitus des laissaire-faire eignet dem Flaneur jener des
Rausches. An einer Stelle des Passagenwerks schreibt Benjamin:
Die Figur des Flaneurs. Er gleicht dem Haschischesser, nimmt den
Raum in sich auf wie dieser. Im Haschischrausch beginnt der Raum
uns anzublinzeln: ’Nun, was mag denn in mir sich alles zugetragen
haben?’ Und mit der gleichen Frage macht der Raum an den
Flanierenden sich heran. Der kann ihr in keiner Stadt bestimmter als
hier antworten. Denn über keine ist mehr geschrieben worden und
über Straßenzüge weiß man hier mehr als anderswo von der
Geschichte ganzer Länder.
Er beschreibt damit den Zustand des Flaneurs während seines Flanierens.
Dieser Zustand ist unmittelbar mit der Art der Fortbewegung verbunden und
kommt dem Rausch nach der Einnahme halogener Drogen gleich.
Ein Rausch kommt über den, der lange ohne Ziel durch Straßen
marschierte. Das Gehn gewinnt mit jedem Schritte wachsende
Gewalt; immer geringer werden die Verführungen der Läden, der
bistros, der lächelnden Frauen, immer unwiderstehlicher der
Magnetismus der nächsten Straßenecke, einer fernen Masse
Laubes, eines Straßennamens.
Es lässt sich also für die Belange dieser Arbeit festhalten, dass Benjamins
Flaneur sich auf eine ganz bestimmte Weise fortbewegt, dabei in einen
Rauschzustand verfällt, der es ihm ermöglicht, Personen, Objekte und ganz
besonders die Orte auf eine veränderte Weise wahrzunehmen.
...
[...] Aber um diese Beobachtungen mit der nötigen Gelassenheit und Ruhe
betreiben zu können, benötigt der Flaneur die Möglichkeit, in der Stadt
herum zu schlendern, ohne von Pferdefuhrwerken oder ähnlichem bedroht
zu sein. Daher hält Benjamin fest: „Die Flanerie hätte sich zu ihrer
Bedeutung schwerlich ohne die Passagen entwickeln können.
Aus: “Der Flaneur in Walter Benjamins Berliner Kindheit um neunzehnhundert – Von der Figur zur Struktur” Doreen Lutze (2004)
Quelle:
http://www.maikatze.de/grafik/Flaneur.pdf-.-
[...] Der Dandy demonstriert seine gute Erziehung, seine guten Manieren, seine luxuriöse Kleidung
als Selbstdarstellung und als Mittel zur Distanzierung vom Bürgertum. Durch seine Erziehung
war er als Edelmann darüber hinaus daran gewöhnt, sich selbstbewußt als individuelle
Persönlichkeit im öffentlichen Raum darzustellen, sozusagen seine Person wie seine
Klassenzugehörigkeit in der Öffentlichkeit zu repräsentieren.
Dies alles charakterisiert den Dandy-Flaneur als eine Übergangsfigur, als eine Schwellenfigur
zwischen Adel und Bürgertum. Der Dandy in der Folge gehört zwar nicht immer zum Adel, doch
er übernimmt deren Leitbilder.
Der flanierende Dandy ist typisch für diese Übergangszeit; Er steht sozusagen “zwischen den
Fronten”. Charles Baudelaire bezeichnet ihn als “Held im Niedergang”.
Um die Mitte des 19.Jahrhunderts wandelt sich das Bild des Flaneurs. Es ist nun nicht mehr der
aristokratisch orientierte Dandy, der flaniert, sondern es ist der Schriftsteller, der Maler, der
Journalist und es sind andere, die sich zur Boheme zählen und die genug Zeit zum Flanieren
haben.
[...] Eine wichtige und unabdingbare Voraussetzung der Flanerie ist, viel Zeit und Muße zur Verfügung
zu haben. Flaneur ist nur derjenige, der ausreichend Zeit zum Flanieren hat.
[...] Die Bürger fanden das Flanieren eher verachtenswert. Man sagte, der Bürger könne deshalb nicht
flanieren, weil er in erster Linie arbeitsorientiert lebt. Arbeit ist für ihn aber nicht nur die Quelle
seines Verdienstes, sondern gleichzeitig auch moralische Verpflichtung. Das Bürgertum bildet
den Gegenpart zur aristokratischen Muße und Verschwendung. Denn dem Bürgertum liegt der
Müßiggang aus moralischen Gründen nicht.
[...] Auf der Grundlage dieser Sparsamkeits- und Arbeitsphilosophie entwickelt das Bürgertum ein
völlig anderes Verhältnis zur Arbeit und damit auch zur Arbeitszeit bzw. zur Freizeit. Die strikte
Trennung von Arbeitszeit und Freizeit stand in Zusammenhang mit der zunehmenden Trennung
von Wohn- und Arbeitstätte und wurde später durch die tayloristisch ausgenutzte Produktionszeit
der Maschinen weiter ausgebaut. Je intensiver die Arbeitszeit ausgenutzt wird, je eindeutiger der
Unterschied zwischen Arbeitszeit und Freizeit wird, desto größer wird der Bedarf an selbstbestimmter
Freizeit. (Taylor 1856-1915; Meth. 1900; mechan. Webstuhl 1787; Weberaufstand
1844). Jede Stunde, in der die Maschine stillsteht, kostet den Unternehmer Geld. Damit ergibt
sich die Notwendigkeit, die Zeit an den Maschinen optimal auszunutzen. Da die Ausnutzung der
teuren Maschinen ökonomisch sinnvoll ist, setzt sich eine strikte Zeitökonomie durch und diese
neue Zeitökonomie hat weitreichende Auswirkungen auf das Zeitempfinden auch im privaten
Bereich.
Der Adelige oder der Bauer brauchte sich zuvor weniger Gedanken um den ökonomischen Wert
der Zeit zu machen, sondern eher um die Jahreszeiten der Natur, die Ernte und die eigene
Vergänglichkeit. Das Tagewerk verteilte sich bei den Bauern über den ganzen Tag und war je
nach Jahreszeit und Aufgabe unterschiedlich arbeitsintensiv.
Zeit war darüber hinaus vor allem bei denen vorhanden, die nicht arbeiten mußten. In dem Maße,
in dem z.B. der Adel keine Aufgaben mehr in Verwaltung der eigenen Güter bzw. im neuen Staat
oder der Politik hatte, konnte er seine Zeit zur Schau stellen wie ein Privileg. (Paris im 18.Jahrh.)
Aber es ist nicht nur der Umstand, daß der Adel die notwendige Zeit zum Flanieren zur Verfügung
hat, sondern er zeigt beim Flanieren, daß er mit diesen neuen Zeit- und Wertvorstellungen
nicht einverstanden ist; und dies, weil diese neue Zeitauffassung die moderne industrialisierte
Epoche symbolisiert. Er demonstriert gegen die Zeitnormen der Moderne, gegen die neue Geschwindigkeit
in allen Dingen, gegen den ständigen Wandel.
Der Dandy demonstriert als Flaneur Müßiggang und Langeweile und spricht sich damit für die
alte Zeit und für die damit verbundenen überkommenen Wertvorstellungen aus. Dies wurde vom
Bürgertum als Faulenzertum kritisiert.
[...] In den zwanziger Jahren ist das Flanieren keineswegs mehr so selbstverständlich wie zu Zeiten
Baudelaires. Während es um 1840 zum guten Ton gehörte bzw. elegant war, beim Flanieren
Schildkröten mit sich zu führen und der Flaneur sich vom ihrem Gang sein Tempo vorgeben ließ,
berichtet fast hundert Jahre später Franz Hessel, daß auch schon ein Hund dem Spaziergänger die
Berechtigung gäbe, langsam zu gehen und auch mal stehen zu bleiben und zu schauen. Die Damen
auf den Kurfürstendamm sind jedoch in Eile. Sie gehen nicht spazieren, sie „kraulen” durch
die Menge der Großstadtbewohner. Alle eilen und hasten und derjenige, der stehenbleibt und
schaut, wird sogleich verdächtigt, etwas auszukundschaften, ein kriminelles Vorhaben zu planen.
Eilen ist die moderne Normalversion der Fortbewegung.
[...] Während er [ der Flaneur ] ziellos durch die Stadt streift, nimmt er
wahllos Bild für Bild in sich auf. Die Überlastung durch die optische Priorität führt zu einer inneren
Distanz und zu einem Rückzug aus der Realität. Mit dieser Distanz und der damit verbundenen
innerseelischen Projektion begibt sich der Flaneur in eine distanzierte und subjektive
Traumwelt. In der Überzahl der Bilder verschwindet die Realität.
Die Wirklichkeit wird dem Flaneur zur Traum. Die innerseelische Projektion, unterstützt den
Tagtraum und die Phantasie. Dies führt zu einer Krise der Wahrnehmung. Es entstehen Fragen:
Was ist Wirklichkeit und was ist Täuschung? Was ist Realität und was ist Illusion? Und dies sind
Fragen, die uns bis heute beschäftigen.
[...] In der Flanerie zeigt sich die neu entdeckte Subjektivität des Großstädters. Der Flaneur erfährt
Individualität und zugleich Anonymität. Er geht immer allein, denn flanieren kann man nur
allein, und beginnt zu lernen, mit der ansteigenden Anonymität der Großstadt umzugehen, wie
auch die Begegnung mit großen Menschenmassen zu verkraften. Er ist der einer der Ersten, der
an den Menschenmassen der Großstadt ein ambivalentes Gefallen findet.
[...] Während zuvor der Dandy als Flaneur, Aristokrat und Edelmann in erster Linie flanierte, um
seinen Status in der Öffentlichkeit zu präsentieren und um die Zeit totzuschlagen, die er infolge
seiner Nichtintegration in den Arbeitsmarkt reichlich zur Verfügung hatte, beginnt um die Mitte
des 19.Jahrhunderts herum das Flanieren jetzt durch den „Künstlerflaneur“ ziel- und zweckgerichtet
zu werden. Die Schriftsteller und Maler versuchen auf der Straße Eindrücke zu sammeln,
um sich künstlerisch anregen zu lassen und um diese Anregungen dann in ihren Werken zu verarbeiten.
Die Journalisten versuchen, die neuesten Neuigkeiten zu erfahren, um sie in ihrer Zeitung
zu veröffentlichen.
Der Aufenthalt der Künstler und Journalisten auf den Boulevards und in den Passagen erhält
damit einen ziel- und zweckgerichteten Charakter: Damit wird die Flanerie Mittel zum Zweck.
Das Produkt ist das literarische oder malerische Werk. Mit dieser Zweckgerichtetheit verliert die
Flanerie ihre alte typische Struktur. Denn die Bedingungen der Flanerie sind: In erster Linie viel
Zeit zu haben, ziellos umherzustreifen, das Flanieren ohne finanzielle Sorgen rein zwecklos zu
betreiben und eine rein ästhetische Betrachtung der Dinge vorzunehmen.
Durch die neue Ziel- und Zweckgerichtetheit des Flaneurs verschwindet die rein ästhetische, die
zwecklose Art der Betrachtung der Dinge. Da diese neuen Flaneure einem Beruf nachgehen,
erhält das Flanieren auch einen abgesteckten, zeitlich genau festgelegten Rahmen. Und auch
wenn Schriftsteller und Journalisten vielleicht über mehr Zeit verfügten als der normale Bürger,
so ist ihr Flanieren etwas anderes, als das Flanieren des Dandys. Denn das Flanieren des Dandys
war nie zielgerichtet und nie zeitgebunden.
Mit den neuen Akteuren im öffentlichen Raum verändert sich die Flanerie. Es ist der Beginn
ihrer Vermarktung. Walter Benjamin sagte hierzu, alles sei im Begriff, sich auf den Markt zu begeben,
die Architektur, die Dichtung .... auch das Flanieren, man zögert noch auf der Schwelle.
Im Flaneur begibt sich die Intelligenz auf den Markt.
Die Schwierigkeiten, die hierdurch für den Flaneur entstehen, werden an Franz Hessels Texten
deutlich. Er war in den zwanziger Jahren aus finanziellen Gründen gezwungen, über seine
Eindrücke in Paris für ein Lokalblatt zu berichten und kam dabei in einen inneren Konflikt. Ihm
wurde klar, daß er das Flanieren und das Schreiben nicht vereinbaren konnte. Entweder konnte
er in alter Art Flanieren, ziellos und zwecklos umherschlendern, oder er machte sich während des
Schlenderns über den von ihm zu schreibenden Text Gedanken, und dann gelang ihm das Flanieren
nicht mehr. Walter Benjamin sagt 1929, mit Franz Hessel hat der Flaneur seine letzte Stippvisite
gegeben.
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Aus: "Der Flaneur und die Architektur der Großstadt"
Der Flaneur als Mythos und als Phantasmagorie der Moderne Vortrag zur Erlangung der „Venia Legendi“ an der Universität Kassel am 7.Dezember 1998 von Dr. Ing. Sylvia Stöbe
Quelle:
http://www.uni-kassel.de/fb13/stoebe/Flaneur.pdf