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[Verdatung der Bevölkerung (Volkszählung, Bürgernummer) ... ]

Started by Textaris(txt*bot), April 27, 2009, 09:52:26 AM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Eine Volkszählung (auch Zensus, Census oder Makrozensus) ist eine gesetzlich angeordnete Erhebung von statistischen Bevölkerungsdaten, wobei die Bürger bei der herkömmlichen Methode der Zählung per Fragebogen zur Auskunft verpflichtet sind. Beim Modell des Registerzensus wird ohne Befragung der Bürger auf Daten in den Melderegistern zurückgegriffen.

[...] Volkszählungen können auf eine lange Tradition zurückblicken. Aufgrund von Tonscherben lässt sich bereits für die Zeit 3800 v. Chr. eine Volkszählung im antiken Babylon belegen. Statistische Ermittlungen von Bevölkerungszahlen fanden bereits um 3050 v. Chr. in Ägypten statt. Aus der Antike sind ferner Zählungen in China, in Persien und Griechenland bekannt, außerdem in Ägypten unter Amasis (570 v. Chr.) und in Israel unter König David (1000 v. Chr.). Man beschränkte sich dabei oft auf die Erfassung der waffenfähigen Männer.

Im Römischen Reich gab es seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. alle fünf Jahre Volkszählungen und Erhebungen über die Einkünfte der römischen Bürger. Für den Zensus und die Steuerschätzungen war der Censor, ein altrömischer Beamter, verantwortlich. Er legte die Höhe der Steuer fest, die jeder Bürger zu zahlen hatte und war dem Senat verantwortlich. Die Censoren waren sehr einflussreich und genossen hohes Ansehen.

...


Aus: "Volkszählung" (20. April 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Volksz%C3%A4hlung#Die_ersten_Volksz.C3.A4hlungen


-.-

Quote[ngo/ddp] Der Bundestag hat den Weg zur ersten Volkszählung nach der Wiedervereinigung freigemacht. Mit dem am Freitag (24. April) gegen die Stimmen der Opposition beschlossenen Zensusgesetz wird eine für 2011 im Rahmen der Europäischen Union geplante Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) auch in Deutschland ermöglicht. Die letzte Volkszählung in der Bundesrepublik fand im Jahr 1987 statt, in der DDR war es 1981. Anfang der 1980er Jahre war die damalige Volkszählung Gegenstand heftiger politischer Kontroversen. Große Teile der Bevölkerung wehrte sich aus Datentschutzgründen gegen eine umfassende staatliche Ausforschung.

Bei dem für 2011 geplanten registergestützten Zensus soll nicht mehr die gesamte Bevölkerung befragt werden. Stattdessen wird auf Melderegister und Daten der Bundesagentur für Arbeit zugegriffen. Zusätzlich sollen die rund 17,5 Millionen Gebäude- und Wohneigentümer per Post sowie stichprobenartig zehn Prozent der Bevölkerung - etwa vier Millionen Haushalte - per Interview befragt werden.

Anders als ursprünglich vorgesehen sollen auch Angaben zur Religionszugehörigkeit und Migrationshintergrund erhoben werden. Damit wurde eine Forderung der großen Kirchen sowie des Bundesrates umgesetzt. In Ergänzung des Zensusvorbereitungsgesetzes wird zudem die Möglichkeit eingeräumt, Anschriften- und Gebäuderegister als Auswahlgrundlage für spätere umwelt- und wohnungsstatistische Stichprobenerhebungen zu nutzen.

Die neuen Daten zur Struktur der Bevölkerung sowie deren Erwerbs- und Wohnsituation werden offiziellen Angaben zufolge wegen der mit Unsicherheiten behafteten Fortschreibung der zumeist gut 20 Jahre alten Daten "dringend benötigt". So wird vom Statistischen Bundesamt geschätzt, dass allein die amtliche Einwohnerzahl um etwa 1,3 Millionen Personen nach unten korrigiert werden muss.

Die Gesamtkosten der Volkszählung werden auf 528 Millionen Euro veranschlagt. Davon wollte der Bund zunächst nur 84 Millionen Euro übernehmen. Der im Innenausschuss auf Drängen der Länder gefundene Kompromiss sieht nun eine Erhöhung auf 250 Millionen Euro vor.


Aus: "Religionszugehörigkeit und Migrationshintergrund - Bundestag beschließt Gesetz zur Volkszählung 2011" (24. April 2009)
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=19631


Textaris(txt*bot)

#1
Quote[...] Eine Volkszählung (auch Zensus, Census oder Makrozensus) ist eine gesetzlich angeordnete Erhebung von statistischen  Bevölkerungsdaten, wobei die Bürger bei der herkömmlichen Methode der Zählung per Fragebogen zur Auskunft verpflichtet sind. Beim Modell des Registerzensus wird ohne Befragung der Bürger auf Daten in den Melderegistern  zurückgegriffen.


[...]

Zensus unter dem Hakenkreuz

Die Zählungen von 1933 und 1939 während der Zeit des Nationalsozialismus waren gleichzeitig Volks-, Berufs- und Betriebszählungen und wurden wie die von 1925 von dem Bevölkerungswissenschaftler Friedrich Burgdörfer geleitet. Die Ergebnisse beider Volkszählungen bildeten die wichtigste Voraussetzung zur Festlegung der zur späteren Deportation  vorgesehenen Bevölkerung. Bereits in der Zählung vom 16. Juni 1933 wurden etwa eine halbe Million ,,Glaubensjuden" erfasst. Mit der Zählung 1939 wurde für alle Juden, ,,Mischlinge" und Ausländer eine ,,Ergänzungskarte" ausgefüllt, die als Grundlage für die Reichskartei der Juden und ,,jüdischen Mischlinge" im Sinne der NS-Rassengesetzgebung diente. Diese enthielt Namen, Geburtsnamen, Wohnung, Geschlecht, Geburtstag, Religion, Muttersprache, Volkszugehörigkeit, Beruf und Kinderzahl unter 14 Jahren des jeweiligen Haushalts.

Das Statistische Reichsamt erstellte daraus auf Anordnung des Reichsinnenministers Wilhelm Frick vom 17. Mai 1939 eine ,,Volkstumskartei", die, so der Historiker Götz Aly, der ,,Schlußstein in der Erfassung der Juden" und die bürokratische Voraussetzung ihrer Deportation und Vernichtung wurde. Dass es sich dabei um keinen Missbrauch, sondern um von Anfang an gewollte Ergebnisse handelte, erläuterte die ,,Statistik des Deutschen Reiches" 1936, die Sonderzählung erfolge, um ,,einen Überblick über die biologischen und sozialen Verhältnisse des Judentums im Deutschen Reich" zu bekommen ,,im Hinblick auf die grundsätzliche Umgestaltung, die in der Stellung des Judentums zu seinem deutschen Wirtsvolk durch die nationalsozialistische Regierung herbeigeführt worden ist".

...



[...]

Die Volkszählung von 1987

Die 1983 gegen den Widerstand breiter Bevölkerungskreise durchgesetzte Stationierung von Mittelstreckenraketen, die Atompolitik sowie Großprojekte wie die ,,Startbahn West" des Frankfurter Flughafens oder der Rhein-Main-Donau-Kanal trugen mit dazu bei, dass sich innerhalb weniger Wochen nach Bekanntgabe der Fragebögen bereits hunderte von Bürgerinitiativen gebildet hatten, die zum Boykott der Volkszählung aufriefen. Auch Prominente wie Günter Grass, der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Helmut Simon sowie Manfred Güllner, Gründer des Forsa-Instituts, unterstützten die Kritik, die weit über die Fragen des Datenschutzes hinausging. Der zentrale Punkt der Kritiker war die Absicht, die in der Volkszählung erhobenen Daten für eine Korrektur der Meldedaten zu verwenden. Ein besonders brisanter Punkt war die vorgesehene zusätzliche Aufwandsentschädigung für das Erfassen nicht im Melderegister geführter Personen. Für jeden auf diese Weise gefundenen Deutschen sollte es 2,50 DM, für jeden Ausländer 5,- DM Entschädigung geben.

Die Zählung, die für den 27. April 1983 geplant war, wurde zunächst bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 ausgesetzt, dann schließlich laut Urteil untersagt. Die erfolgreichen Kläger hatten beanstandet, dass die Ausführlichkeit der Fragen in den entsprechenden Volkszählungsbögen bei ihrer Beantwortung Rückschlüsse auf die Identität der Befragten zulasse und somit den Datenschutz unterlaufe, damit folglich gegen das Grundgesetz verstoße. Im Hintergrund stand die Befürchtung des so genannten Gläsernen Bürgers. Teilweise wurde die Volkszählung als Schritt in Richtung Überwachungsstaat gesehen. Mit dem historisch bedeutsamen Volkszählungsurteil (1 BvR 209/83) formulierte das Gericht das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung, das sich aus der Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz) ableitet.

...



Aus: "Volkszählung" (16. Juni 2010)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Volksz%C3%A4hlung


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung will gegen die für kommendes Jahr geplante Volkszählung in Deutschland vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dort wollen sie eine gemeinsam mit der Rechtsanwältin Eva Dworschak erarbeitete Verfassungsbeschwerde  einreichen. Ab dem heutigen Dienstag um 12 Uhr sollen die Bürger auf einer vorvorige Woche gestarteten  Aktions-Website  Gelegenheit haben, die Klage zu unterstützen.

Beim Zensus 2011 sollen rund 17,8 Millionen Immobilien-Besitzer per Post einen Fragebogen zu ihren Häusern oder Eigentumswohnungen erhalten. Außerdem soll eine Stichprobe von maximal zehn Prozent der Bevölkerung befragt werden. Dadurch sollen unter anderem in den kommunalen Melderegistern enthaltene Fehler in den Zensusergebnissen statistisch bereinigt werden können, erläutert das Statistische Bundesamt. In erster Linie würden für den Zensus Daten aus Registern der Verwaltung genutzt.

Die Bürgerrechtler meinen, durch die Volkszählung werde der "Trend zu einer Verdatung der Bevölkerung" weiter geführt, da die Daten aller in Deutschland lebenden Menschen zusammengeführt und ausgewertet würden. Zudem werde nach der Religionszugehörigkeit gefragt, obwohl die EU-Vorlage für die Volkszählung dieses nicht vorschreibe. Die Zuordnung der unterschiedlichen Daten aus der Volkszählung 2011 werde über eine eindeutige Personenkennziffer möglich sein. Das aber habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil von 1983 jedoch verboten.

Die Bürgerrechtler fordern, die gesetzliche verordnete Auskunftspflicht abzuschaffen und dass die zu erhebenden Daten nicht an einer zentralen Speicherstelle zusammengefasst werden. Auch halten sie die Bußgeld-Androhung von bis zu 5000 Euro bei Auskunftsverweigerung für "völlig unangemessen".

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hatte 2008 gegen die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die von rund 34.000 Menschen unterstützt wurde. Im März 2010 fällte das Gericht sein Urteil, in dem es die Vorratsdatenspeicherung nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte. Allerdings sahen die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung als unbedingt erforderlich an. (anw)

Quote22. Juni 2010 11:08
Religionszugehörigkeit
Solid (mehr als 1000 Beiträge seit 27.07.01)

Was interessiert den Staat die Religionszugehörigkeit?
Es gibt keine einzige (sinnvolle!) Aufgabe des Staates, wo dieses
Datum wichtig wäre. Bei der Steuerbehörde ist es ohnehin
illegalerweise schon erfasst.

Auf der anderen Seite muss man immer noch das Beispiel des Holocausts
sich in Erinnerung rufen, wo anhand der Volkszählungen der Weimarer
Republik die Listen für die Vergasung zusammengestellt wurden.

Wer weiß schon, ob die Katholiken nicht eines Tages durchdrehen, und
den Atheisten ans Fell wollen? Die Demokratie hat ja keine
Ewigkeitsgarantie. Die erfassten Daten aber leider schon.

Die Beantwortung der Frage nach der Religionszugehörigkeit sollte man
daher verweigern und das notfalls auch vor Gericht durchsetzen.


Quote22. Juni 2010 10:20
Religion: Jedi (Editiert vom Verfasser am 22.06.10 um 10:22)
64kByte (mehr als 1000 Beiträge seit 05.01.06)

Ich glaube so wurde diese dreiste Frage bei der letzten großen
Volkszählung häufig beantwortet. ;-)

Ich persönlich hänge ja eher dem Diskordianismus an, wobei ich auch
dem FSM einiges abgewinnen kann (allein schon wegen der coolen
Piraten).


Quote22. Juni 2010 12:52
Für alle die Glauben, dass der Staat bisher keine Zwangsbefragungen durchführt..
Karr (5 Beiträge seit 16.01.10)

Der Mikrozensus trifft jedes Jahr 1% der Bundesbürger.

Zum nachlesen (auch der Fragenkataloge):

http://de.wikipedia.org/wiki/Mikrozensus

kurze Ablaufschilderung:

1. Du bekommst unverhofft Post vom statistischen Landesamt.
2. In der Woche darauf hast du einen Termin mit dem Interviewer bei
dir zu Hause.
3. Bist du zufällig nicht zu Hause hast Du einen Fragebogen (nur 40
Seiten) im Briefkasten.
4. Diesen darfst du dann ausfüllen und auf eigene Kosten
zurücksenden.
5. Das Beste: in den nächsten 5 Jahren kommen sie 4 mal wieder!
6. ES BESTEHT AUSKUNFTSPFLICHT

Willkommen in unserem Rechsstaat!


Quote22. Juni 2010 13:32
unser Staat muss funktionieren
Fred_EM (mehr als 1000 Beiträge seit 25.04.01)


Ohne Daten und Markdaten funktioniert kein Betrieb, funktioniert kein
Staat. Jedenfalls funktioniert er nicht so wie wir uns das gerne
wünschen.

Also, was soll der Scheiß.

Anstatt gegen den Staat zu sein sollten wir uns lieber überlegen wie
wir den Staat besser, effektiver und leistungsstärker gestalten
können.

Da reicht es aber nicht aus immer gegen irgendetwas zu sein.

In einer Familie oder in einem Kleinbetrieb reicht es ja auch nicht
aus immer gegen etwas zu sein, zu blockieren.
Das geht nicht lange gut, und gehen Familie oder Kleinbetrieb kaputt.
Zum Schaden aller Beteiligten.

Kritisch konstruktive Mitarbeit bzw. Mitwirken und Gestalten ist
angesagt, nicht protestieren.

Wenn wir laufendzu gegen uns selbst (den Staat) protestieren, dann
schießen wir uns selbst ins Knie. Was soll das.

Die NS-Zeit ist vorbei, die 68er sind auch vorbei,
aber das scheint noch nicht in allen Hirnen angekommen zu sein.

Quoteheidenei - NOCH ein Realist ;-) (Editiert vom Verfasser am 22.06.10 um 15:30)
Hinz & Kunz (mehr als 1000 Beiträge seit 28.09.01)

Wie? Staat muss funktionieren?
Ne, HIER reicht es doch wenn Streetview & Twitter funktionieren *ggg

hinz & kunz


Quote22. Juni 2010 15:30
Re: unser Staat muss funktionieren
dure (150 Beiträge seit 29.11.05)

Fred_EM schrieb am 22. Juni 2010 13:32
> Die NS-Zeit ist vorbei, [...]
> aber das scheint noch nicht in allen Hirnen angekommen zu sein.

Doch, und eben deshalb bin ich gegen Zensus und Fingerabdrücke im
Ausweisdokumenten, eben WEIL die NS-Zeit vorbei ist...

Wer hat's erfunden?



...


Aus: "Bürgerrechtler wollen gegen Volkszählung 2011 klagen" (22.06.2010)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Buergerrechtler-wollen-gegen-Volkszaehlung-2011-klagen-1026704.html



Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Gegen eine umfangreiche Erfassung und Zusammenführung ihrer persönlichen Daten unter fragwürdigen Bedingungen" wenden sich mehr als 10.000 Menschen: Sie unterstützten online die Verfassungsbeschwerde gegen den Zensus 2011, teilten die Organisatoren der Verfassungsbeschwerde, der Bürgerrechtsverein FoeBuD und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, mit. Bis zum 12. Juli kann die Initiative noch auf einer Webseite  des FoeBuD unterstützt werden. Am 16. Juli soll die Verfassungsbeschwerde zusammen mit den Unterstützungsunterschriften beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgegeben werden.

"Eine besondere Gefahr sehe ich darin, dass die Zuordnung der Daten aus der Volkszählung 2011 durch eine eindeutige Personenkennziffer bis zu vier Jahre oder gar länger möglich sein wird", erklärte Eva Dworschak, die als Rechtsanwältin die Beschwerdeschrift vorbereitet. Eine solche Ordnungsnummer habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil von 1983 jedoch ausdrücklich verboten.

Am 15. Dezember 1983 hatte das Bundesverfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung, die unter dem Namen Volkszählungsurteil bekannt wurde, ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung postuliert. Die Erkenntnis, dass es keine belanglosen Daten gibt, wenn Daten gesammelt werden, etablierte den Datenschutz als Persönlichkeitsschutz. Die für das Jahr 1983 eigentlich geplante Volkszählung lief im Kern auf die Erfassung der gesamten Bevölkerung mit den Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung hinaus. Praktisch stand hinter der Volkszählung die Einführung eines Personenkennzeichens, die 1978 gescheitert war und bis zu einem gescheiterten Versuch des Reichsicherheitshauptamtes von 1944 zurückverfolgt werden konnte.

Beim Zensus 2011 sollen rund 17,8 Millionen Immobilien-Besitzer per Post einen Fragebogen zu ihren Häusern oder Eigentumswohnungen erhalten. Außerdem soll eine Stichprobe von maximal zehn Prozent der Bevölkerung befragt werden. Dadurch sollen unter anderem in den kommunalen Melderegistern enthaltene Fehler in den Zensusergebnissen statistisch bereinigt werden können, erläutert das Statistische Bundesamt. In erster Linie aber werden für den Zensus Daten aus bestehenden Registern der Verwaltung genutzt. Die Befragung von Immobilien-Besitzern und einer Stichprobe aus der Bevölkerung sei vor allem notwendig, "um in Registern wie zum Beispiel den kommunalen Melderegistern enthaltene Fehler in den Zensusergebnissen statistisch bereinigen zu können", betont das Statistische Bundesamt.

Auch wenn die Aktualisierung der demografischen Basisdaten längst überfällig ist, kritisieren die Bürgerrechtler und Datenschützer die Methoden der Statistiker scharf. Für sie bedeutet der Zensus 2011, dass "die Daten aller in Deutschland lebenden Menschen im nächsten Jahr in einer gewaltigen Datenbank zusammengeführt und ausgewertet" werden. Durch die Volkszählung werde der "Trend zu einer Verdatung der Bevölkerung" weiter geführt, da die Daten aller in Deutschland lebenden Menschen zusammengeführt und ausgewertet würden. Zudem werde nach der Religionszugehörigkeit gefragt, obwohl die EU-Vorlage für die Volkszählung dieses nicht vorschreibe.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hatte bereits 2008 eine Massen-Beschwerde vor das Bundesverfassungsgericht gebracht: Die Klage gegen die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung wurde von rund 34.000 Menschen unterstützt. Im März 2010 fällte das Gericht sein Urteil, in dem es die Vorratsdatenspeicherung in der von der Bundesregierung festgelegten Form für verfassungswidrig, die Maßnahme aber nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte. Allerdings sahen die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung als unbedingt erforderlich an. (jk)


Aus: "Mehr als 10.000 Unterstützer für Verfassungsbeschwerde gegen Volkszählung" (07.07.2010)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Mehr-als-10-000-Unterstuetzer-fuer-Verfassungsbeschwerde-gegen-Volkszaehlung-1034225.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] FitBit, Tinder, Uni-Ranking: Unser Alltag ist immer stärker von Metriken geprägt. Der Soziologe Steffen Mau erklärt die gesellschaftlichen Folgen dieser Vermessung.

... "Die zunehmende Verdatung des Sozialen liefert den Rohstoff für eine tatsächliche oder scheinbare Objektivierung gesellschaftlicher Vergleichsoperationen", schreibt Mau. Es gehe jedoch gar nicht so sehr um die reine Vergewisserung von Rang und Status, sondern zugleich um die "Stärkung eines kompetitiven Modus der Vergesellschaftung". Gerade weil wir davon ausgehen, dass alle anderen den Statusdaten Relevanz zuschreiben, werden sie auch für uns wichtiger.

Die Rhetorik von dacadoo, der Health Score sei so etwas "wie Ihr eigener Aktienkurs Ihrer Gesundheit", ist entlarvend, weil das Ziel des Informationskapitalismus darin besteht, alles immer börsenähnlicher zu machen. Insofern ist das Vergleichsregister ein neoliberales Vehikel, die Menschen noch schneller im Hamsterrad der Leistungsgesellschaft rennen zu lassen. Das Feilen am eigenen Fitnessplan wird zur obsessiven "Statusarbeit". Der Voluntarismus des Self-Trackings könne aber leicht in eine Pflicht oder gesellschaftliche Erwartung umschlagen, warnt Mau.

An der Oral Robert University in Oklahoma etwa seien die Studierenden verpflichtet, ein Fitnessarmband zu tragen und ihre Daten der Universität zur Verfügung zu stellen. Wenn ein Konzern wie BP im Rahmen eines "Wellnessprogramms" unter seiner Belegschaft 24.000 Fitbit-Tracker verteilt, kann man sich diesem Gruppenzwang schwer entziehen. Mau schreibt: "Aus der freiwilligen Datenerhebung sowie der Freigabe für die Öffentlichkeit wird so ein Netzwerk wechselseitiger Sozialkontrolle, das die richtigen Verhaltensweisen bestärkt und die falschen zurückdrängt."

Der zentrale Punkt in dem Buch ist, dass die Scores nicht die soziale Ordnung spiegeln, sondern eine neue Ordnung produzieren, die wiederum einen normativen und politischen Druck erzeugt. Die symbolische Ordnung des metrischen Wir lautet: "Nur wer sich zählen lässt, zählt auch dazu. Nur wer sich beziffern lässt, zählt." Diese symbolische Ordnung einer Gesellschaft sei ein wichtiger Aspekt gesellschaftlicher Macht, der es Akteuren erlaubt, "bestimmte Mechanismen der Zuweisung von Status als legitim darzustellen" und dadurch zugleich andere zu delegitimieren. 

Mau rekurriert auf Bourdieus Konzept der Benennungsmacht, die klassischerweise beim Staat lag, der als "Inhaber des Monopols auf die offizielle Nomination" Status verlieh (Adels-, Bildungs- oder Berufstitel). Im Informationskapitalismus geht diese Benennungsmacht an private Akteure und algorithmische Autoritäten über. Plattformen wie Facebook, Tinder oder Uber werden zu Valorisierungsagenten, die gesellschaftliches Prestige verleihen. Das Social Credit System in China, bei dem jeder Bürger abhängig von seiner Kreditwürdigkeit, politischen Meinung, Zahlungshistorie sowie Social-Media-Aktivität einen "Score" bekommt, und das die Staatsführung ab 2020 verpflichtend machen will, ist die Perversion dieser Quantifizierung.

Steffen Mau führt in seinem theorie- und empiriegesättigten Buch den Irrsinn der Verdatung plastisch vor. Seine analytische Stärke besteht darin, dass er die zugrunde liegenden Machtverschiebungen seziert und darlegt, wie eine Technologisierung der Kontrolle stattfindet. Man hätte sich an der Stelle zur Mandatierung der Benennungsmacht gegen Ende des Buchs noch weitere Ausführungen zu den Fragen gewünscht, ob Valorisierungsagenten wie Facebook oder Google überhaupt dazu befugt sind, oder als Rating-Agenturen unserer sozialen Bonität vielleicht nicht schon staatsähnlich geworden sind. Aggregieren Tech-Konzerne nicht auch Herrschaftswissen? Zu diesen Fragen erwartet man weniger von einem Soziologen als von den Politik- und Rechtswissenschaften Antworten, die bisher ausbleiben.


Aus: ""Das metrische Wir": Nur wer sich zählen lässt, zählt" Adrian Lobe (9. Juli 2017)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/literatur/2017-07/das-metrische-wir-steffen-mau/komplettansicht


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Auf Eckpunkte für einen virtuellen Zusammenschluss der Melderegister und zahlreicher anderer behördlicher Datenbanken hatte sich die große Koalition jüngst bereits geeinigt, nun hat das Bundesinnenministerium einen Referentenentwurf zur "Einführung einer Identifikationsnummer in die öffentliche Verwaltung" vorgelegt. Ressortchef Horst Seehofer (CSU) bleibt demnach bei dem Vorhaben, die Steuer-ID zu einer allgemeine Bürgernummer für alle möglichen Ämter zu erweitern.

Kommen soll laut dem Papier mit Stand Ende Juli, das Netzpolitik.org veröffentlicht hat, eine Identifikationsnummer, um die mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) vorgesehenen E-Government-Dienste mithilfe der relevanten Verwaltungsregister von Bund und Ländern umzusetzen. Die Kennung soll gewährleisten, dass sogenannte Basisdaten natürlicher Personen "von einer dafür verantwortlichen Stelle auf Inkonsistenzen geprüft, verlässlich gepflegt, aktualisiert und bereitgestellt werden".

Die Registermodernisierung soll über eine übergreifende Suchmaske erfolgen. Um den gewünschten Datensatz anhand grundlegender Informationen wie Name und Anschrift in unterschiedlichen Registern von Bund und Ländern finden zu können, ist eine Personenkennziffer nötig. Dabei will das Ministerium Vorarbeiten der Innenministerkonferenz (IMK) entsprechend "auf die vorhandenen Strukturen der Steuer-Identifikationsnummer" aufsetzen und diese "um die für ein registerübergreifendes Identitätsmanagement notwendigen Elemente" ergänzen.

Nur eine eindeutige ID, "die in allen Registern gleichermaßen vorliegt", ermögliche eine medienbruchfreie, verwaltungsübergreifende und nutzerfreundliche Kommunikation, begründet das Ministerium das Vorhaben. Ohne ein solches Ordnungskriterium könne der Grundsatz "once only" nicht umgesetzt werden, wonach die Bürger ihre Daten der Verwaltung nur einmal geben müssen. Dies entspreche auch dem Gebot der Datenminimierung. Um zu vermeiden, dass Profile erstellt werden, dürfe die ID selbst keine Rückschlüsse auf andere persönliche Informationen zulassen.

Als zentrale Relaisstation soll das Bundesverwaltungsamt dienen und dafür zur "Registermodernisierungsbehörde" ausgebaut werden. Es soll beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gespeicherte Daten zur Steuer-ID im automatisierten Verfahren abrufen und im Sinne des OZG an registerführende sowie andere öffentliche Stellen übermitteln dürfen. Der Transfer soll über eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung abgesichert werden.

Bei Datenabrufen prüfe die als "dritte Stelle" zwischengeschaltete Behörde automatisiert bei jedem Aufbau einer Verbindung anhand sicherer Authentifizierungsverfahren die Identität des abrufenden Amts, über die "kein Zweifel bestehen" dürfe. Näheres zum technischen Verfahren soll das Innenministerium per Verordnung festlegen können. Der Bundesdatenschutzbeauftragte soll die Behörde regelmäßig überprüfen können, das Gesetz nach drei Jahren mithilfe auch von "wissenschaftlichem Sachverstand" durch das Innenressort evaluiert werden.

Virtuell verknüpft werden sollen so unter anderem Melderegister, das Ausländerzentralregister sowie Datenbanken etwa für Führerschein-, Waffen- oder eID-Kartenbesitzer. Dazu kämen etwa auch das Schuldner- und Anwaltsverzeichnis sowie Register für Wohngeld- und Bafög-Empfänger. Die vorgesehenen Basisdaten umfassen Informationen wie Namen, Geburtsort und -datum, Geschlecht, Anschriften, Tag des Ein- oder Auszugs sowie Staatsangehörigkeiten. Auch eine mögliche Auskunftssperre für besonders schützenswerte Personen soll vermerkt werden. Große Unterschiede zu den derzeit über Melderegister abrufbaren Merkmalen gibt es demnach nicht.

Aktuelle Basisdaten zu natürlichen Personen seien ein zentrales Anliegen, wirbt das Ministerium für die Initiative. Werde die Verwaltung digitalisiert, müsse im Interesse aller Beteiligten gewährleistet sein, dass Personenverwechslungen ausgeschlossen und vorhandene Datenbestände den Bürgern fehlerfrei zugeordnet werden könnten. Für die Transparenz gegenüber den Bürgern soll ein "Datencockpit" sorgen, das eine "einfache, transparente und zeitnahe Wahrnehmung der Betroffenenrechte" nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ermögliche.

Für Datenschützer ist ein allgemeines Personenkennzeichen ein rotes Tuch. Sie bemängeln seit Langem, dass die Steuer-ID entgegen der ursprünglichen politischen Beteuerungen zunehmend in den verschiedensten Lebensbereichen verwendet werde. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber lehnt den vorgesehenen Ansatz auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ab. Es bestehe die Gefahr einer "vollständigen Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit". Der Normenkontrollrat hatte in seiner Blaupause zur Registermodernisierung 2017 auf eine datenschutzfreundlichere Variante nach dem Vorbild Österreichs verwiesen.

Das Innenministerium räumt zwar ein, dass es um einen "Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung" der Bürger gehe. Dieser sei aber "insgesamt verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil in der registerunterstützten und datenbankbasierten Verwaltung ein hohes Bedürfnis für eine eineindeutige Zuordnung von Datensätzen zu der jeweils richtigen Person besteht". Die einmaligen Kosten für den Aufbau einer vernetzten Registerstruktur schätzt das Haus von Seehofer auf etwa 915,7 Millionen Euro.

(vbr)


Aus: "Vernetzte Register: Seehofer macht Ernst mit Steuer-ID als Bürgernummer" Stefan Krempl (25.08.2020)
Quelle: https://www.heise.de/news/Vernetze-Register-Seehofer-macht-Ernst-mit-Steuer-ID-als-Buergernummer-4878923.html