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[Altered State of Consciousness (ASC) ... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 13, 2005, 01:09:25 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote... There is no general definition of an altered state of consciousness, as any definitional attempt would firstly have to rely on a definition of a normal state of consciousness.


Source: https://en.wikipedia.org/wiki/Altered_state_of_consciousness (11 July 2022)

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Quote"Religion ist Opium fürs Volk" (Karl Marx)

Was ich an Drogen so interessant finde, ist zum einen der irrationale Umgang mit ihnen, der oft religiöse Züge annimmt und auch eine Machtfrage ist und wie sie das Bewußtsein auf merkwürdige Weise zu verändern vermögen.
Übrigens sind Drogen nicht die einzige Möglichkeit zur Bewußtseinsveränderung: Man kann z.B. auch ein interessantes Buch lesen ;-)

Autor ?; 2001
Quelle: http://www-user.tu-chemnitz.de/~voj/drogen/ (Der Link ist nicht mehr gültig)

Textaris(txt*bot)

QuoteDas Aufsuchen von veränderten Bewusstseinszuständen findet sich bei nahezu allen Kulturen der Menschheit. Eine diesbezügliche Studie der amerikanischen Ethnologin Erica Bourgignon brachte zutage, dass es in über 90% aller Kulturen institutionalisierte Rituale zum Erreichen aussergewöhnlicher Bewusstseinszustände (ABZ) gibt oder gab; sie musste allerdings auch feststellen, dass in der europäisch-amerikanischen Kultur diese Rituale nahezu gänzlich fehlen - was diesen unseren Kulturkreis von den anderen deutlich unterscheidet. Mögliche Ursachen für diese Abwesenheit institutionalisierter Bewusstseinsveränderung könnten in der Geschichte unserer Kultur zu finden sein: das über sechshundert Jahre lange Wirken der Inquisition in Europa hat zweifelsohne auch das Wissen über die Anwendung bewusstseinsverändernder Rituale, Praktiken und Substanzen als "des Teufels" nahezu zum Verschwinden gebracht - waren es doch vorwiegend jene als "Häxen" bezeichneten Frauen, die die fachgerechte Verwendung von Fliegenpilzen, Bilsenkraut, Mutterkorn, Tollkirsche und dergleichen praktizierten und das Wissen darüber weitergaben.
Dennoch ist es nicht vollkommen gelungen, das Wissen um die angemessene Anwendung bewusstseinsverändernder Techniken zum Verschwinden zu bringen. Allerdings gibt es heute einen deutlichen Mangel an Erfahrung, Wissen und Know-how im Umgang damit [...]


Bedingungen für aussergewöhnliche Bewusstseinserfahrungen:

Wie kommt man nun zu solchen aussergewöhnlichen Bewusstseinserfahrungen und zu solchem Erleben? Denn es gibt eine Reihe von Bedingungen, die für eine "Reise in die Dimensionen ausseralltäglicher Welten" unbedingt berücksichtigt werden müssen, widrigenfalls man zu keinem ABZ gelangt oder diesen als extrem unangenehm, bedrohlich oder sogar nachhaltig destruktiv erleben kann.

Die Bedingungen für "erfolgreiche" ABZ sind im Wesentlichen der Psychotherapie entlehnt, sie finden sich dort unter den Begriffen "SET", "SETTING" und "INTENTION". [...]

1. Das Set

umfasst alles "Mitgebrachte, die gesamte körperliche, seelische und geistige Verfassung, alle Einstellungen, Muster, Prägungen, Gewohnheiten, etc.Prof. Dittrich (ETH Zürich) konnte herausfinden, dass der Verlauf des ABZ deutlich von den Erlebnissen der letzten 14 Tage vor dem ABZ abhängt, also dem, was aktuell vorher geschehen war. Das SET betrifft auch alle Erwartungen an den ABZ, alle Befürchtungen, Projektionen und vorhergegangene Erfahrungen mit ABZ. Gründliche Selbsterfahrung und aufmerksame Selbsteinschätzung (oder Fremdeinschätzung durch jemand Erfahrenen) als Vorbereitung erleichtert die Annäherung an ABZ; ein klares, bewusstes SET ist eine notwendige, allerdings noch keine hinreichende Bedingung für einen erfolgreich durchlebten ABZ.


2. Das Setting

beinhaltet die aktuelle Gestaltung der Umgebung, der Situation und der Konstellation, in welche der ABZ eingebettet werden soll. Das Setting bestimmt in hohem Masse den Verlauf und den Ausgang des ABZ; trotz bester Vorbereitung kann ein unstimmiges Setting den ABZ stark negativ, und bei schlechter Voreinstellung kann ein förderliches Setting einen deutlich positiven Einfluss nehmen. Zum Setting gehören auch die Begleiter und Gefährten, sowie deren Set und deren Absichten (Intentionen). Im Setting fliessen also alle Aspekte zusammen und schaffen den aktuellen Rahmen für das individuelle wie gemeinschaftliche Erleben. Unterstützende oder störende Einflüsse während des ABZ, reiche, angemessene oder auch mangelnde Betreuung oder Versorgung während des ABZ sind ebenso Bestandteil des Settings. Wer aus Psychoanalyse und Psychotherapie die zahlreichen genauen Betrachtungen, Überlegungen und Hinweise zur Gestaltung der therapeutischen Situation kennt, der ist im allgemeinen bestens ausgebildet.

3. Die Intention:

Die zentrale Bedingung für den Verlauf eine ABZ allerdings ist die INTENTION, die Absicht, die für den ABZ gefasst wurde. Die Intention bestimmt, wohin die Reise gehen soll, welchen Verlauf sie nehmen soll und zu welchem Ergebnis man gelangen will. Die Absicht wählt das angemessene Setting und schützt das jeweilige Set auf seine aktuelle Tauglichkeit ein. Die Intention ist wie der Beleuchter, der seinen Scheinwerfer - die Aufmerksamkeit - auf ausgewählte Themen, Orientierungen, Aufgabenstellungen, Kriterien und Dimensionen des ABZ lenkt. Um allerdings klare und starke Intentionen zu fassen, braucht es einiges an Übung; denn eine zu vordergründige Absicht kann genauso störend sein wie eine zu schwach gefasste - beide lassen unterbewusste Intentionen zur Wirkung kommen, was manchmal sehr erhellend, manchmal jedoch auch sehr irritierend sein kann. Eine angemessene Vorbereitung, welche dem Set entsprechend Rechnung trägt und es richtig einstimmt, die Bestimmung einer wohlgefassten Intention und die gewissenhafte Auswahl und Gestaltung des Settings bilden die für jede Erfahrung - nicht nur für ABZ - den geeigneten Rahmen.

Der Tank als Instrument zur Erreichen von ABZ ist damit ein wesentlicher Bestandteil des Settings. Das Floaten im Salzwasser, der Entzug der Aussenreize, die Vorbereitung, Einführung und Begleitung sind ebenfalls dem Setting zuzurechnen. Die Konzeption des Tanks ist derart gestaltet, dass er ein möglichst optimales Setting für ABZ liefert - was ja auch die Intention der Tankerfinder und Tankbauer war und ist. So schafft diese "eingebaute", im Tank manifestierte Intention zukünftiges Setting....

A. Dittrich kam zu folgenden Kriterien, welche bei ABZ unabhängig vom Stimulus erlebt werden können:

- Veränderung der Denkabläufe ("primärprozessartig")

- Veränderung des Zeiterlebens (Geschwindigkeit, "Zeitlosigkeit")

- Angst vor Verlust der Selbstkontrolle

- Intensive Emotionen (Glückseligkeit bis Panik)

- Körperschema-Veränderungen (bis "Körperlosigkeit")

- Verändertes Bedeutungserleben

Aus: "FLOATEN UND BEWUSSTSEIN" von Dr. Rudolf Kapellner; Datum ?
Quelle: www.focus.at/artikel/rk_float.html


Textaris(txt*bot)

Quote"Während einer Depersonalisationsepisode verlieren die Betroffenen ganz plötzlich das Gefühl für sich selbst. Ihre Glieder scheinen sich auszudehnen oder zu schrumpfen; oder sie haben das Gefühl, sich außerhalb ihres Körpers zu befinden und sich selbst aus einer Entfernung zu betrachten. Manchmal kommen sie sich ganz mechanisch vor, haben das Gefühl, sie und die anderen seien Roboter. Oder sie bewegen sich wie im Traum, in einer Welt, die unwirklich geworden ist." (Quelle: Davison/Neale: Klinische Psychologie, Weinheim 1998 (5. Auflage), S.201)

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Begriff "veränderte Bewusstseinszustände" ist [ ] tückisch. Er suggeriert, es gäbe auch "normale" Bewusstseinszustände. Doch auch sportliche Aktivität, [ ] Musik, feuchtkaltes Wetter oder nur ein freundliches Lächeln beeinflussen unseren Bewusstseinszustand. Die Vorstellung, wir könnten uns jemals in einem "unbeeinflussten" Bewusstseinszustand befinden, ist daher falsch. Unser Bewusstsein ist, wenn man so will, immer verändert.

Aus: "Euphorie und Ekstase: Von der Steinzeit bis zur Moderne - veränderte Bewusstseinszustände sind Bestandteil der menschlichen Kultur" von Gabor Paal (MorgenWelt; 13. März 2000)
Quelle: http://www.morgenwelt.de/wissenschaft/000313-bewusst2.htm


Textaris(txt*bot)

#4
Quote[...] Man kann zeigen, daß Kaffee mehrere hundert verschiednee Aromastoffe und Gehaltsstoffe und psychoaktive Stoffe enthalten, so daß auch jede Kaffeesorte etwas unterschiedlich wirkt und es ist beim Tee genauso, das heißt wir müssen uns vorstellen, daß diese leichten biochemischen Unterschiede, die in Genußmitteln enthalten sind, daß die alle auf sehr fein abstimmende Weise auf bestimmte Neuronensysteme in ihrer Aktivität verändern und damit zu Stimmungsveränderungen, Wachheitsveränderungen etc. führen.

[...] Veränderungen des Bewußtseins haben drei Dimensionen[]. Die erste ist rein quantitativ und beschreibt den Grad der Bewußtheit. Jeden Tag bewegen wir uns ein oder mehrmals zwischen Tiefschlaf und vollem Wachbewußtsein, haben also einen natürlichen Rhythmus, den wir allerdings durch zahlreiche Drogen überformen können. Nikotin, Coffein und stärkere Amphetamine können den Wachheitsgrad vorübergehend leicht erhöhen, Alkohol bewirkt genau das Gegenteil, mit den bekannten Nebeneffekten. Ein Narkoticum wie Lachgas wiederum kann den Organismus in wenigen Sekunden vom Vollbewußtsein in die Bewußtlosigkeit befördern.

[...] Die zweite Dimension der Bewußtseinsveränderung ist die qualitative. Hier geht es nicht um ein bißchen mehr oder weniger Wachheit und Aufmerksamkeit, sondern um direkte Veränderungen der Wahrnehmung, wie sie etwa durch Psychedelica ausgelöst werden. Gegenstände verändern ihre Gestalt, sogar das Ich-Bewußtsein kann dann zerfallen in viele kleine Ichs - oder in ein großes Nichts.

Hier werden also Bewußtseinszustände erzeugt, in denen dieses normalerweise, uns charakterisierende Einheitserleben nicht immer gewährleistet ist, bis hin daß dann Dinge erlebt werden, die mit der Außenwirklichkeit gar nicht mehr in Beziehung zu setzen sind, also Halluzinationen, Dinge passen nicht mehr in der Weise aufeinander, passen nicht mehr so zusammen, wie das im üblichen Bewußtseinsfeld der Fall ist.

[...] Neben den quantitativen und den qualitativen Veränderungen gibt es noch eine dritte Dimension: die Emotion. Totale Euphorie auf der einen, tiefe Depression auf der anderen Seite - das sind die Pole, zwischen denen sich das Stimmungsbarometer bewegen kann. Wer hier chemisch etwas nachhelfen will, greift zu Morphinen oder Antidepressiva. Diese emotionale Dimension der Bewußtseinsveränderung ist die problematischste. Denn sie ist es, die süchtig macht. Der Drogenabhängige, [] ist nicht süchtig auf die Verzerrung seiner Erlebniswelt oder die Steigerung seines Bewußtheitsgrades. Er ist süchtig auf das damit verbundene gute Gefühl, das die Droge ihm beschert - solange bis die Wirkstoffe im Gehirn wieder abgebaut werden und sich der Gemütszustand umkehrt - wie bei Marihuana, beim Heroin oder beim Kokain.

[...] Die klassichen Neurotransmitter, die die klassische Pharmakologie seit etwa 50 Jahren beschreibt, Acetylcholin, Serotonin, Dopamin, Noradrenalin, alle diese Substanzen kennt man sehr gut, die geben die großen Impulse, die großen Signale. Und dann gibt es diese ganze Fülle von Neuromodulatoren, die nun die Feineinstellung machen zwischen diesen ganzen Systemen. Man geht davon aus, daß es wahrscheinlich 500 bis 1000 Neuromodulatoren gibt, und wir haben so eine Familie von rund 10-20, die im Moment biochemisch charakterisiert werden. Und jede dieser Biochemien ist nun wiederum so gebaut, daß sie mindestens hundert verschiedene Angriffspunkte hat, und da ist man der Meinung, daß wir noch etwa fünfzig bis hundert Jahre brauchen, bis man das einigermaßen überschaut, wie das im einzelnen funktioniert [...]



Aus: "Welt im Kopf" (?); Autor ?; Datum?
Quelle: http://www.swr2.de/wissen/wik/manusk/manuskript9_2.html (Der Link ist nicht mehr gültig)


Textaris(txt*bot)

#5
Quote[...] "[es braucht] Protest gegen die getrennte Vorstellung, die man sich von der Kultur macht, als gäbe es die Kultur auf der einen Seite und das Leben auf der anderen; und als wäre die wahre Kultur nicht ein ausgefeiltes Mittel, das Leben zu verstehen und auszuüben."

[...] "Das Peyotl führt das Ich an seine wahren Quellen. Aus dem Zustand einer solchen Vision hervorgegangen, kann man nicht mehr wie vorher die Lüge mit der Wahrheit verwechseln. Man hat gesehen, woher man kommt und wer man ist, und man zweifelt nicht länger daran, was man ist. Es gibt weder ein Gefühl noch einen äußerlichen Einfluß, der einen davon noch abbringen könnte."

[...] "Und was ist ein wahrer Geisteskranker"?

Das ist ein Mensch, der es vorgezogen hat, verrückt zu werden, im gesellschaftlichen Sinne des Wortes, statt eine bestimmte höhere Vorstellung von menschlicher Ehre zu verletzen.
Derart hat die Gesellschaft in ihren Asylen all jene erdrosselt, die sie loswerden wollte oder vor denen sie sich schützen wollte, denn sie weigerten sich, mit ihr bei bestimmten erhabenen Schweinereien gemeinsame Sache zu machen.
Denn ein Geisteskranker ist auch ein Mensch, den die Gesellschaft nicht hören wollte und den sie daran hindern wollte, unerträgliche Wahrheiten zu äußern." (Antonin Artaud)




Aus: "bücher für randgruppen - Plaudern mit dem Nervenarzt von Antonin Artaud" -  WOLFGANG MÜLLER (08.05.2001)
Quelle: http://www.taz.de/pt/2001/05/08/a0122.nf/text.ges,1


Textaris(txt*bot)

#6
Quote[...] Die Vermutung liegt nahe, daß erst mit der latenten Entwicklung der bürgerlich-industriellen Gesellschaft die Drogen zum negativen Bezugspunkt sozialer Integration wurden. Letzes Beispiel: das durch den U.S.-Supreme-Court bestätigte Verbot der Verwendung der kulturell und religiös tiefverwurzelten Naturdroge Peyote durch die amerikanischen Ureinwohner.

Im aktuellen "Krieg gegen die Drogen" wiederholt sich jedenfalls zum x-ten Mal der obrigkeitliche Versuch, den Umgang mit irgendeiner psychotropen Droge strafrechtlich oder sonstwie gewaltsam auszumerzen: im Mittelalter waren zeitweilig und in verschiedenen Ländern "kulturfremde" Drogen wie Kaffee, Tee, Alkohol und Tabak kriminalisiert bis hin zur Todesstrafe. All diese Verbote mußten dem massiven "Basisdruck" faktischen Massenkonsums weichen, nicht etwa der bewußten Einsicht in ihre Unschädlichkeit. Dasselbe Schicksal hatte - wie hinreichend bekannt - die Alkoholprohibition in den U.S.A. und anderen Ländern. [...]

Ich sehe so etwas wie ein offiziell verordnetes Denkverbot. Das nenne ich Mystifizierung. Zugleich werden bestimmte überkommene Deutungsschablonen als "eherne Wahrheit" präsentiert: Das nenne ich Mythisierung. Schließlich werden diese Inhalte in Kategorien von Gut und Böse verortet und selbstgerecht mit allen Mitteln von Politik und Pädagogik sanktioniert: Das nenne ich Moralisierung. Dieser Dreiklank konstituiert eine spezifische Herrschaftstechnik. [...]

Ist der Impuls, psychotrope Drogen strafrechtlich kontrollieren zu wollen, unausrottbar?

[...]Die Zeiten magisch-animistischen Denkens der Naturvölker, denen die Tabus zuzurechnen sind, sind vorbei, so schien es. Inzesttabu, Todestabu, Sexualtabu sind unter dem Impakt der Aufklärung geschrumpft und zerbröckelt, erscheinen nur noch rudimentär. Wie konnte es dann - wenn meine These stimmt - mit Beginn der Drogenprohibition vor bald 90 Jahren zu einem derartigen Wiederaufleben von Tabus kommen? Warum sind Tabus offenbar in unterschiedlichem Maße resistent gegen Aufklärung?

Tabus sind per definitionem anti-aufklärerisch, eine Erscheinungsform des Nicht-Hinsehen-Wollens. Der Mensch unterliegt der Suggestion, daß das Tabu sich selbst rächt.

"Wer ein Tabu übertreten hat, der ist dadurch selbst tabu geworden. Gewisse Gefahren, die aus der Verletzung eines Tabus entstehen, können durch Bußhandlungen und Reinigungszeremonien beschworen werden. Als die Quelle des Tabu wird eine eigentümliche Zauberkraft angesehen, die an Personen und Geistern haftet und von ihnen aus durch unbelebte Gegenstände hindurch übertragen werden kann. Personen oder Dinge, die tabu sind, können mit elektrisch geladenen Gegenständen verglichen werden; sie sind der Sitz einer furchtbaren Kraft, welche sich durch Berührung mitteilt und mit unheilvollen Wirkungen entbunden wird, wenn der Organismus, der die Entladung hervorruft, zu schwach ist, ihr zu widerstehen."

Genau dies spielt sich in der öffentlichen, medialen und politischen Reaktion auf Drogen ab: die Suggestion, wenn man auch nur einmal mit Drogen oder dem Drogengebraucher in Berührung komme, sei man verloren. [...] Die Angst vor den Drogen speist sich aus einer offenbar wiederbelebten archaischen "Furcht vor der Wirkung dämonischer Mächte", einer Furcht welche jetzt auf die Drogen verschoben ist. FREUD analogisiert diese Erscheinungsformen mit der Zwangskrankheit:

"Das Haupt- und Kernverbot der Neurose ist wie beim Tabu das der Berührung, daher der Name: Berührungsangst." ... Den Zwangsverboten ist eine großartige Verschiebbarkeit zu eigen, sie dehnen sich auf irgend welchen Wegen des Zusammenhanges von einem Objekt auf das andere aus und machen auch dieses neue Objekt ... 'unmöglich'. Die Unmöglichkeit hat am Ende die ganze Welt mit Beschlag belegt. Die Zwangskranken benehmen sich so, als wären die 'unmöglichsten' Personen und Dinge Träger einer gefährlichen Ansteckung, die bereit ist, sich auf alles Benachbarte durch Kontakt zu übertragen."[...]

Der entscheidende unbewußte Inhalt des Tabus ist, wenn man der Analogie zur Zwangskrankheit folgt, die Ambivalenz der Gefühlsregungen. Am Anfang stand nämlich eine

"starke Berührungslust, deren Ziel weit spezialisierter war, als man geneigt wäre zu erwarten. Dieser Lust trat alsbald von außen ein Verbot entgegen, gerade diese Berührung nicht auszuführen. ... Das Verbot wurde aufgenommen, denn es konnte sich auf starke innere Kräfte stützen; es erwies sich stärker als der Trieb, der sich in der Berührung äußern wollte. Aber infolge der primitiven psychischen Konstitution des Kindes gelang es dem Verbot nicht, den Trieb aufzuheben. Der Erfolg des Verbotes war nur, den Trieb - die Berührungslust - zu verdrängen und ihn ins Unbewußte zu verbannen. Verbot und Trieb blieben beide erhalten; der Trieb, weil er nur verdrängt, nicht aufgehoben war, das Verbot, weil mit seinem Aufhören der Trieb zum Bewußtsein und zur Ausführung durchgedrungden wäre. Es war eine unerledigte Situation, eine psychischen Fixierung geschaffen, und aus dem fortdauernden Konflikt von Verbot und Trieb leitet sich nun alles weitere ab." "Das Verbot verdankt seine Stärke - seinen Zwangscharakter - gerade der Beziehung zu seinem unbewußten Gegenpart, der im Verborgenen ungedämpften Lust, also einer inneren Notwendigkeit, in welche die bewußte Einsicht fehlt. Die Übertragbarkeit und Fortpflanzungsfähigkeit des Verbotes spiegelt einen Vorgang wieder, der sich mit der unbewußten Lust zuträgt und unter den psychologischen Bedingungen des Unbewußten besonders erleichtert ist. Die Trieblust verschiebt sich beständig, um der Absperrung, in der sie sich befindet, zu entgehen, und sucht Surrogate für das Verbotene - Ersatzobjekte und Ersatzhandlungen - zu gewinnen."


Tabus sind [...] solche Zustände oder Verhaltensweisen, die unbewußt zutiefst, d.h. triebhaft erstrebt sind, die jedoch zwecks Vermeidung eines bedrohlichen Konflikts verdrängt und mit der fraglosen Vorgabe der Unberührbarkeit gegenbesetzt werden. Es muß eine unbewußte Phantasie des ungefähren Inhalts geben[...]. Ambivalenz bezeichnet [] den aus einem befürchteten äußeren Konflikt resultierenden inneren Konflikt, der durch Verdrängung, Verleugnung, Projektion und Gegenbesetzung gelöst wird. Die Lösung ist jedoch nur scheinbar, denn die verdrängte Triebstrebung geht nicht unter, sondern kehrt, wenn auch in den verschiedensten Formen entstellt, verzerrt, ins Gegenteil verkehrt, auf andere Objekte verschoben, wieder.[...]

Die Drogophobie ist auch Ausdruck der Abwehr der Angst vor Abhängigkeit, Wahnsinn, Kontrollverlust, Durchbruch sowie vor der Rache der unbewußt phantasierten Adressaten der Destruktivität[...].

Ich sehe z.B. den sog. psychiatrischen Agnostizismus als Ausdruck des Tabus, als Abwehr der Berührungs-Angst, dem Kranken in seinen Wahn zu folgen, und dadurch den eigenen archaischen abgespaltenen Triebimpulsen wiederzubegegnen. Ähnlich zu deuten ist möglicherweise die Tatsache, daß Psychoanalytiker sich nicht darum bemühen, Drogengebraucher in Analyse oder Therapie nehmen. [...]

Herbert Jäger hat - bezogen auf die Nazi-Verbrechen - gesagt: "Kollektive Gewalt ist vor allem durch Rechtfertigung, Neutralisationen, Umwertungen bis hin zu Zuständen vollständiger `moralischer Anästhesie` gekennzeichnet" (JÄGER, Herbert: Kriminologie kollektiver Verbrechen. In: ders. 1967/1982: Verbrechen unter totalitärer Herrschaft. Frankfurt 1982, S.382. )



Aus: "Über die Amoral der Extase" von Lorenz Böllinger (Datum ? )
Quelle: http://www.bisdro.uni-bremen.de/boellinger/extase.htm


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Das Kino hat zum Traum-Bewusstsein, auch weil es der Kinoerfahrung so nahe steht (nicht zufällig entstand die Psychoanalyse etwa zur selben Zeit), schon immer ein symbiotisches Verhältnis gepflegt. In Christopher Nolans eschereskem ,,Inception" bewegen sich die Schlafenden durch Träume wie in einer Architektur, die immer tiefer in das Unterbewusstsein führt. Und der Marvel-Film ,,Doctor Strange in the Multiverse of Madness" erklärte Träume gerade zum Tor in unendlich viele Paralleluniversen.

Abseits solcher Blockbusterszenarien werden auch die Filme des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul gerne als Traumkino beschrieben. Sie folgen einer eigenen Logik, in der Bewusstseinszustände und Zeitenläufe durchlässig sind: Seelen wandern, die Verstorbenen treten mit den Lebenden in Kontakt. Alltägliche Wunder, die nicht zum Staunen anregen sollen, sondern unsere Empfänglichkeit für die feinstoffliche Welt trainieren. Im Traumkino schauen Menschen anderen Menschen sogar beim Schlafen zu.

,,Ich träume nie", sagt in ,,Memoria" ein Mann, den die Botanikerin Jessica (Tilda Swinton) am Ufer eines Flusses antrifft, wo er vor seiner kleinen Hütte Fische schuppt. Traumlose Menschen müssten sich aus dem Kino Weerasethakuls im Grunde ausgeschlossen fühlen, aber Hernán, so heißt der Einsiedler, hat bereits eine höhere Bewusstseinsstufe erlangt; hier lenken Träume nur von den wesentlichen Informationen ab. (Er guckt auch keine Filme.)

Und dann begibt sich ,,Memoria" an einen Ort, an dem die Gesetzmäßigkeiten des Kinos und die Traumlogik verschmelzen: Hernán legt sich zum Schlafen ins Gras am Ufer. Jessica setzt sich neben ihn und beobachtet den friedlich Schlafenden, fast sieben Minuten. Insekten zirpen, der Fluss plätschert, die Zeit vergeht und scheint doch still zu stehen. Filmische Wirklichkeit, expansiv und zugleich hochverdichtet.

...


Aus: "Dem Urknall auf der Spur" Andreas Busche (08.05.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/tilda-swinton-in-memoria-dem-urknall-auf-der-spur/28315108.html