[...] Die Musikindustrie wird von Profitinteressen weniger Grosskonzerne bestimmt, und Hörer wie Musiker zeigen wenig Bereitschaft, dagegen eine Haltung zu entwickeln. ... Sondern: «Die erste Frage aller Musik ist – taugt die Musik etwas? Kann diese Musik die Welt bewegen? Doch über Inhalte wird immer weniger gesprochen.»
... Aber Seliger erweist sich, aller Empathie und Erzürnung zum Trotz, in seinem Buch auch als kühler Diagnostiker, der die genannten Entwicklungen in einem grösseren Rahmen begreifen kann. Das System triumphiert, weil seine Träger es so wollen: die Firmen, die Politik, die Konsumenten, die die Preise zahlen und die eben diese Vertreter wählen, die erst die politischen Rahmenbedingungen bilden. Und nicht zuletzt die von der «Kreativindustrie» angezogenen jungen Menschen, die sich für Hungerlöhne aufreiben. «Es geht darum, eine Arbeitswelt zu inszenieren, in der sich Sklaverei wie Freiheit anfühlt (…) und die bestmöglichen Kandidaten für die bestmögliche (Selbst-)Ausbeutung zu gewinnen, und dafür Kandidaten zu finden, denen jegliches Klassenbewusstsein ausgetrieben wurde, die statt dessen die Kunst der Selbstinszenierung beherrschen.»
... Seliger: «Man kann Grunge als Reaktion auf die Gier des ungehemmten Kapitalismus verstehen, für den Michael Douglas in Wall Street stand.» Und erinnert daran, dass die grosse Gründerzeit des Rock als Protestform, die Sechziger Jahre, einmal Festivalveranstaltungen auch als politische Manifestation gegen herrschende Zustände begriffen hat: «In Monterey [einem kalifornischen Hippiefestival] ging es nicht um Konsum, sondern um Musik, um Kunst. Das waren Zeiten, als auch Filme eine Kunstform waren und keine Geldmaschine, als es in der Musik um etwas ging, um die Darstellung von Entfremdung, um das Erforschen und Herausbilden von Freirämen, um eine andere Gesellschaft mit einer anderen Kultur. Die meisten Festivals unserer Tage sind dagegen eine einzige Konsumveranstaltung, eine Animation zum Vergnügen. Es geht um Freizeitspass, um Fun.»
Dagegen ist an sich nicht viel zu sagen, allerdings ortet Seliger mit marxistischem Blick in der Kulturindustrie eine Zerstreuungsindustrie, die ihre «Herrschaft» ausübt, um noch mehr Profit herauszuschlagen. «Schon Adorno und Horkheimer haben sich an dem Begriff Fun gerieben. Fun ist ein Stahlbad. Die Vergnügungsindustrie verordnet es unablässig. Diesem Stahlbad, das da Fun heisst, unterziehen sich die Konsumenten unserer Tage freiwillig.»
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Aus: "Kritik an der Musik, die nur noch ein Geschäft ist" Andreas Schneitter (17.01.2014)
Quelle:
https://tageswoche.ch/kultur/kritik-an-der-musik-die-nur-noch-ein-geschaeft-ist/-
[...] Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Endverbraucher die Zügel in der Hand hält und der Markt sich in erster Linie nach ihm zu richten hat. Der Erfolg jedes Produktes wird von der Käuferschaft bestimmt und daher muss jegliches Handeln in der Branche letzten Endes mit dem Nutzer vereinbar sein. Die Branche kann nicht gegen die Bedürfnisse der Kunden angehen, da eine starke Abhängigkeit besteht , und das bedeutet, dass mit allen von der Zielgruppe gewünschten Distributionswegen gearbeitet werden muss um größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Kundenorientiertes Arbeiten ist das Leitmotiv nach dem sich die Branche und deren Beteiligte richten müssen um erfolgreich zu sein. ...
Aus: "Joshua Oldenburg - Musikstreaming: Ein ökonomischer Distributionsweg für die Musikbranche?" (2014)
Quelle:
https://monami.hs-mittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/6113/file/Bachelorarbeit+-+Joshua+Oldenburg+Final.pdf-
[...] Das Plus fällt nicht so stark aus wie noch 2021, doch auch ohne den Sondereffekt Corona und angesichts der im Zuge des Krieges allgegenwärtigen Preissteigerungen ist der globale Markt für Musikaufnahmen im vergangenen Jahr stabil gewachsen.
Ein Gesamtumsatz in Höhe von 26,2 Milliarden Dollar bedeutet einen Zuwachs von 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie der Dachverband der Labelseite, die „International Federation of the Phonographic Industry“ (IFPI), am Dienstag in London mitteilte. 2021 war die Branche noch um 18,5 Prozent gewachsen. Das diesjährige Plus liegt in etwa auf dem vor der Pandemie im Jahr 2019 erfassten Niveau (8,2 Prozent). Die Zahlen sind nicht inflationsbereinigt, der Verband passt aber jedes Jahr die vorangegangenen Werte an die aktuellen Wechselkurse im Verhältnis zum Dollar an, sodass die Daten der zurückliegenden Jahre verglichen mit den vorangegangenen IFPI-Berichten teils variieren. So wurde der Gesamtumsatz 2021 im Bericht aus dem Frühjahr 2022 mit 25,9 Milliarden Dollar angegeben.
Als mit Abstand wichtigster Einzelposten steuerte das Streaming 17,5 Milliarden Dollar zum Umsatz bei. Der Anteil werbefinanzierter Angebote und von Abo-Modellen liegt den Daten zufolge nunmehr bei 67 Prozent nach 65,5 Prozent im Jahr 2021. Zum Vergleich: Auf dem deutschen Markt für Musikaufnahmen waren es zuletzt 73,3 Prozent. Das Plus blieb mit 11,5 Prozent wie erwartet hinter den mehr als 20 Prozent Zuwachs aus 2021 zurück. 12,7 Milliarden Dollar trug alleine das Abogeschäft bei (plus 10,3 Prozent). Die Zahl der für Dienste wie Spotify, Apple, Amazon, Youtube Music und andere zahlenden Nutzer lag laut dem Verband zum Ende des vergangenen Jahres bei 589 Millionen. Im Vorjahr waren es 523 Millionen gewesen.
Alle Dienste schütten rund zwei Drittel ihrer Einnahmen an die Rechteinhaber aufseiten der Musikindustrie aus. Grob geschätzt knapp 80 Prozent landet bei der Aufnahme, also bei den Labels. Der übrige Teil geht an die Rechteinhaber der zugrundeliegenden Texte und Kompositionen, vertreten durch Verwertungsgesellschaften und Verlage. Diese Einnahmen sind in der IFPI-Statistik nicht enthalten. Wie viel letztlich bei Interpreten und Songwritern ankommt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab – nicht zuletzt von den individuellen Verträgen mit Labels, Verlagen oder Vertrieben. Die große Bedeutung des Streamings unterstreicht zum Beispiel ein Blick auf die Jahresbilanz des weltgrößten Musikunternehmens Universal Music. 5,3 Milliarden Euro des Gesamtumsatzes in Höhe von 10,3 Milliarden Euro stammten 2022 aus diesem Bereich, der Streaming-Beitrag des Verlagsgeschäft nicht hinzugerechnet.
Zulegen konnte das zweite Jahr in Folge auch der Umsatz mit physischen Tonträgern wie Vinyl und CD. Das Plus fällt mit 4 Prozent allerdings deutlich niedriger aus als jenes im Streaming. Auch hier zeigt sich das Abflauen der Pandemie-bedingten Sonderkonjunktur, besonders bei Vinyl. 49,8 Prozent der Umsätze stammen dem Bericht zufolge aus Asien. Nicht zuletzt auf dem weltweit zweitgrößten Markt für Musikaufnahmen, Japan, verkauft sich die CD auch weiter gut. Das Plus rührt jedoch primär aus dem anhaltenden Wachstum im Bereich Vinyl (plus 17,1 Prozent). Die Einnahmen aus der Wahrnehmung von Aufführungsrechten stiegen um 8,6 Prozent, während jene aus der Nutzung von Aufnahmen in Filmen, Werbung oder Videospielen mit 22,3 Prozent das stärkste Wachstum verzeichneten.
Gerade in westlichen Märkte mit höherem Preisniveau, die aber nicht mehr so stark wachsen wie andere, dürften die Rufe nach Preiserhöhungen der Streamingdienste lauter werden. Auch auf der Vorstellung des Berichts wurde das Thema angerissen.So sind zwar abermals alle 62 betrachteten Märkte gewachsen. Die Zuwachsraten jedoch unterscheiden sich mitunter deutlich: Legten die Regionen Lateinamerika und Afrika südlich der Sahara um 25,9 Prozent respektive 34,7 Prozent zu, fiel das Plus in Nordamerika und Europa mit 5 beziehungsweise 7,5 Prozent deutlich geringer aus.
Auch der weltgrößte Markt für Musikaufnahmen, die USA, wuchs nur um 4,8 Prozent, wohingegen beispielsweise Brasilien (plus 15,4 Prozent), Südafrika (plus 31,4 Prozent) oder auch China (28,4 Prozent) deutlich stärker zulegten. China überholte so auch Frankreich als fünftgrößten Markt und folgt nun direkt hinter Deutschland. Die Top drei bilden unverändert die USA, Japan und Großbritannien. Alleine Kanada und die USA stehen weiterhin für 41,6 Prozent des Marktes. Brasilien verdrängte derweil Italien aus der Liste der 10 größten Märkte und rangiert nun vor Australien auf Platz 9.
Für Deutschland weist der IFP-Bericht ein Plus von 2,2 Prozent aus – deutlich weniger als die vom Bundesverband Musikindustrie (BVMI) Ende Februar vermeldeten 6,1 Prozent. Hintergrund sind laut BVMI unterschiedliche Berechnungsmethoden. So arbeitet man in Deutschland etwa mit dem Handelsumsatz, während der Dachverband das Einkommen der Musikindustrie heranzieht.
Quelle: F.A.Z.
Aus: "Die Musikindustrie bleibt auf Wachstumskurs" Benjamin Fischer (21.03.2023)
Quelle:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/globale-bilanz-fuer-2022-die-musikindustrie-bleibt-auf-wachstumskurs-18765081.htmlhttps://www.heise.de/news/Nach-20-Jahren-Deutsche-Musikindustrie-knackt-wieder-2-Milliarden-Umsatz-7530327.html