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[Data Mining und Abweichungsanalyse... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 09, 2005, 04:42:11 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Handy-Apps sammeln mit Zustimmung von Nutzerinnen und Nutzern GPS-Daten und geben sie für Werbezwecke weiter. Dieses Vorgehen ist legal und bekannt. Allerdings zeigt eine Recherche des Portals netzpolitik.org und des Bayerischen Rundfunks (BR), in welch enormen Ausmaß sich so erhobene Daten käuflich erwerben lassen – und wie leicht Nutzer damit identifiziert werden können.

Den Berichten der beiden Medien zufolge bietet etwa ein US-Datenhändler online an, Standortdaten von etwa elf Millionen deutschen Handys zu verkaufen. Insgesamt gehe es um 3,6 Milliarden einzelne Standortdaten – die der in den Berichten nicht genannte Händler als Vorschau auf ein noch größeres Angebot über einen in Berlin ansässigen Datenmarktplatz verschenkt.

Demnach decken die 3,6 Milliarden erfassten Standorte einen Großteil Deutschlands ab. Erfasst werden sie zwar erst, nachdem Nutzerinnen und Nutzer dies erlaubt haben. Der Recherche zufolge gehen viele Menschen damit sorglos um: So würden aus den online frei verfügbaren Daten private Details ersichtlich, etwa Besuche in Suchtkliniken oder Bordellen, die Nutzern zugeordnet werden können.

Der Recherche zufolge enthält der frei verfügbare Datensatz auch Bewegungsprofile von Menschen, die für die Sicherheit des Landes relevant sind. So habe etwa eine Person identifiziert werden können, die für einen deutschen Geheimdienst arbeite. Eindeutig identifiziert sei auch eine Person, die sich in hoher Position eines nicht genannten Bundesministeriums mit Sicherheitsfragen befasst.

Das Bundesumweltministerium, das auch für Verbraucherschutz zuständig ist, zeigte sich den Berichten zufolge "alarmiert" über das Ergebnis der Recherchen. "Sind die Daten erst einmal in die Werbenetzwerke eingespeist, verlieren die Nutzer jegliche Kontrolle", zitieren netzwelt.org und der BR das Ministerium. "Derartige sensible personenbezogene Informationen sollten in einer freien Gesellschaft nicht für kommerzielle Zwecke Dritter verfügbar sein."

Auch Bundestagsabgeordnete fordern Konsequenzen aus den Erkenntnissen über das Ausmaß des Datenhandels. Konstantin von Notz (Grüne), der Vorsitzende des für Aufsicht über Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums, bezeichnete die Situation demnach als "relevantes Sicherheitsproblem", die ein "untragbarer Zustand" sei. 

Roderich Kiesewetter (CDU), von Notz' Stellvertreter in dem Ausschuss, forderte demnach zusätzliche Regulierungen. Sie sollten verhindern, dass "solche Datensätze (...) von gegnerischen ausländischen Diensten im Rahmen hybrider Kriegsführung verwendet werden".

Vor Missbrauch der Daten warnen auch der Verbraucherschutz und die gemeinnützige Organisation HateAid, die Opfern von Hasskriminalität hilft: "Für Betroffene von digitaler Gewalt ist das ein massives Sicherheitsrisiko", sagte etwa die Juristin Anna Wegscheider von HateAid den Berichten zufolge. Stalker könnten etwa solche Daten nutzen, um Personen ausfindig zu machen.


Aus: "US-Datenhändler bietet Milliarden Standortdaten deutscher Handys an" (16. Juli 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2024-07/datenschutz-datenhandel-standortdaten-ueberwachung-abgeordnete-spionage

QuotePrima_Klima

Was kann man einem Bewegungsprofil entnehmen?

# Wo und wie lange arbeite ich?
# Wo kaufe ich ein? Teuer? Billig? Spezialgeschäfte?
# Welche Ärzte suche ich auf? Psychiater? Onkologen? Regelmässig?
# Teure Restaurants oder billige Kneipen?
# Urlaub im Luxus oder low Budget?
# Politische Veranstaltungen? Kritisch?
# Kultur? Theater oder Konzert?
# usw.

Man kann daraus ein prima Profil ableiten, sei es für Werbezwecke oder politische Manipulation, wie z. B. beim Referendum zum Brexit. Die Möglichkeiten sind vielfältigst.


QuoteHans12312

Sobald Personen in "hoher Position" (Zitat) betroffen sind ist Überwachung sofort ein Risiko. Solange nur das gemeine Volk betroffen ist, nennt es sich Vorratsdatenspeicherung und ist voll ok.


QuoteSuhrkamp

Ich bin stets für Offenheit im zwischenmenschlichen Umgang und hätte keine Bedenken, meine Standortdaten öffentlich zu machen. Auf Werbeangebote reagiere ich in der Regel nicht und habe, was mein Privatleben betrifft, nichts zu verbergen.


QuoteK4799

Ihre Standortdaten können in Verbindung mit ihrem Namen dazu verwendet werden ihre Kinder zu finden. Menschen mit denen sie befreundet sind.

Hat jemand den sie kennen und regelmäßig treffen Probleme mit einem Stalker?
Wurden Bilder von jemandem den sie kennen geleakt? Evtl. sogar mit dem vollen Namen oder Wohnort?
Niemand interessiert ob sie bei Edeka oder Aldi einkaufen. Der Rest ist der Teil, der ihnen Gedanken machen sollte.


QuoteKazuma

Streamen Sie denn auch schon aus Ihrem Schlafzimmer? Sie sagen doch Sie hätten nichts zu verbergen.


Quotedh82

Satire bitte kennzeichnen. Andernfalls müsste man Sie bitten, den Artikel zu lesen.


Quoteambigo

Es ist gleichgültig, ob Sie was zu verbergen haben, oder nicht. Mit dem, was Sie im Internet an Informationen im Internet hinterlassen, könnte jeder Auszubildende in Cyberkriminalität ihnen eine neue Identität verpassen, die mit ihrem realen Leben nichts mehr zu tun hat. Also: Nicht wundern, wenn irgendwann das SEK vor Ihrer Tür steht und Sie wegen Waffen- und Drogenhandels verhaftet.


QuoteSuhrkamp
Antwort auf @_jedermann_

Die von Ihnen zitierten Beispiele treffen allesamt auf mich nicht zu.


QuoteHansPeterCGN
Antwort auf @Suhrkamp

Armer Irrer :)


QuoteFh. v. Drais

Dass wir getrackt werden können, wissen wir alle, aber wie weit das gehen kann, wissen viele nicht. Dem Artikel hätte daher ein Hinweis darauf gut getan, dass und wie man die Standortdatenübermittlung ganz oder weitgehend abstellen kann.


Quoteullibulli

Das wirklich krasse an der Geschichte ist eher....

Dass der deutsche Staat noch nicht einmal zur Verbrechensverfolgung auf die Daten zugreifen kann, während jede Big-Data-KI in den USA uns komplett trackt.

Entweder wir machen endlich Ernst mit Datenschutz und schmeißen auch M365 raus, oder wir passen den Datenschutz an die Realität an.


Quoteambigo

Nicht überraschend. Das Faszinierende ist ja, in welch verschwindend geringem Ausmaß die Begeisterung für Technik und Digitalisierung mit dem damit verbundenen Verständnis für Datensicherheit korrespondiert, egal wohin man schaut.


Quotemustafa.manni

Das ist keine große Überraschung und vermutlich nur die Spitze des Eisbergs. Man kann nun lange Diskussion führen, wer welchen Bedingungen zugestimmt hat und was man wie regulieren könnte, es wird aber nichts passieren: Praktisch das ganze Internet und der Smartphone/Tablet/Smart TV Markt ist auf diesem Geschäftsmodell aufgebaut, daher wird sich nie eine politische Mehrheit finden, die dort effektiv einen Riegel vorschiebt.


QuoteGut-für-Deutschland

Und das alles ganz ohne Huawei.
Dabei dachte ich, nur die wären der Teufel.


QuoteSphinks

Das ist in höchstem Maße beunruhigend. Wer benötigt solche Daten? In der harmlosen Variante: Marketingfirmen, die wissen wollen, wann, wo und wem sie Produkte andrehen können (Achtung, wöchentlicher Einkauf startet, jetzt schnell mit Werbung XY beschallen). In der kritischen Variante: Autoritäre Staaten, die Kontrolle über ihre gläsernen Bürger haben möchten bzw. diese Daten für Kriegsführung nutzen. Realistisch wird fast jede/r von uns bereits solche Daten geteilt haben, denn das Ausschalten von Trackern ist mühsam und anfällig für Flüchtigkeitsfehler.  ...


QuoteHeimweh04

"Für Betroffene von digitaler Gewalt ist das ein massives Sicherheitsrisiko"

Nein, es ist für uns alle ein massives Sicherheitsrisiko. ...


QuoteEric S.

Solange die Daten nicht dazu genutzt werden, um mich von einer Drohne töten zu lassen, ist ja alles gut.


QuoteRedEarl

Gut dass wir die chinesischen Technik bei Infrastrukturprojekten jetzt ausgeschlossen haben, weil sie Daten speichern könnten. Könnten.


QuotePressimist

Ich möchte nicht abfällig erscheinen, aber wo liegt bei dieser Meldung der Neuigkeitswert? Das ist doch alles schon seit Jahren bekannt.


Quotefrimoe


Wer das nicht will, kann eine Menge tun. Zugreifen auf GPS ausschließlich navi-app. Wlan und bt aus wenn man es grade nicht braucht. Die meisten Leute schütteln über mich den Kopf, weil ich viele Apps nicht nutze. Alle, die Zugriff eben auf GPS, Kontakte, Fotos wollen.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die polizeiliche Fahndung mittels Standortdaten beliebiger Handys ist verfassungswidrig, sagt das US-Bundesberufungsgericht für den fünften Bundesgerichtsbezirk einstimmig. Diese Art der Rasterfahndung sei ein Verstoß gegen den vierten Zusatzartikel der US-Verfassung, der willkürliche Durchsuchungen untersagt. Bürgerrechtler wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) begrüßen das Urteil, mit dem sich das Gericht bewusst gegen den vierten Bundesgerichtsbezirks stellt. Dort werden die sogenannten geofence warrants für zulässig erachtet.

Anlass für die aktuelle Entscheidung United States v Smith et al (Az. 23-60321) ist ein Überfall auf einen Lastkraftwagen der US-Post in Mississippi im Februar 2018. Die Post-Polizei nutzte im November 2018 die damals relativ neue Methode, einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss (warrant) gegen Google zu erwirken. Der Datenkonzern hatte daraufhin mitzuteilen, welche Android-Handys mit aktivierter Standortaufzeichnung (Location History) sich während einer bestimmten Stunde am Tag des Überfalls in einem rund 100.000 Quadratmeter großen Gebiet rund um den Tatort aufgehalten haben. Die Standortaufzeichnung ist in Androids Voreinstellung nicht aktiviert.

Google muss dazu die Standortverläufe aller Android-User weltweit durchforsten. Weil das Unternehmen zigtausende solcher Befehle jedes Jahr erhält, dauert das ein paar Monate. Außerdem ist die räumliche Eingrenzung nicht immer exakt möglich. Treffer werden dann gesiebt und mit Daten von Mobilfunkbetreibern sowie aus anderen Quellen angereichert. Im April 2019 nannte Google Identifikationsnummern dreier Android-Geräte, die zum fraglichen Zeitpunkt in einem rund 328.000 Quadratmeter großen Gebiet verortet wurden (eines mittels GPS, zwei mittels WLAN-Daten). Zwei davon führten die Ermittler schließlich zu zwei Männern; einer der beiden konnte in der Folge von einem Zeugen identifiziert werden. Beide Verdächtige wurden schließlich zusammen mit einem dritten Mann für den Überfall verurteilt.

Dieses Urteil bekämpften sie mit dem Argument, die Durchsuchung des Standortverlaufs aller Androidkonten sei ein Verstoß gegen den vierten Zusatzartikel der US-Verfassung, weshalb die daraus gewonnen Beweise im Verfahren nicht hätten verwertet werden dürfen. Das Bundesberufungsgericht gibt ihnen nun teilweise recht: Android-Nutzer dürften davon ausgehen, dass ihr Standortdatenverlauf geheim bleibe. Der vierte Zusatzartikel der US-Verfassung sei grundsätzlich als Schutz gegen staatliche Fischzüge in Form unbeschränkter Durchsuchungen (general warrant) konzipiert. Daher seien Durchsuchungsanordnungen, die sich praktisch gegen jedermanns Standortdaten richten, "kategorisch ausgeschlossen".

Allerdings habe die Post-Polizei damals in gutem Glauben an die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens gehandelt, weshalb die Beweisverwertung zulässig sei. Damit bleibt die Verurteilung der drei Männer aufrecht. Zukünftige Ermittlungen in Louisiana, Mississippi und Texas dürfen diese Variante der Rasterfahndung mit Abfrage des Standortverlaufes aller Android-Handys aber nicht mehr nutzen – solange der US Supreme Court nicht anders entscheidet.

Dass sich dieser mit der Materie befasst, anlässlich dieses Falles oder eines anderen, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Denn im Juli hat das US-Bundesberufungsgericht für den vierten Bundesgerichtsbezirk mit 2:1 Stimmen entschieden, dass die Standortabfrage aller Android-Handys für einen zwei Stunden langen Zeitraum überhaupt kein Eingriff in die Privatsphäre seien (United States v. Chatrie, Az. 22-4489). Damit sei nicht einmal der richterliche Durchsuchungsbeschluss (warrant) erforderlich. Chatrie hat eine neuerliche Überprüfung durch eine erweiterte Richterbank des selben Gerichts beantragt, worauf es aber keine Rechtsanspruch gibt. Der vierte Bundesgerichtsbezirk umfasst Maryland, North und South Carolina sowie Virginia und West Virginia.

Somit gibt es zwei einander diametrale widersprechende Entscheidungen von Bundesberufungsgerichten, was die Wahrscheinlichkeit einer Erörterung vor dem US Supreme Court (SCOTUS) stark erhöht. Außerdem hat der SCOTUS in den letzten Jahren besonders viele Entscheidungen aus dem fünften Bundesgerichtsbezirk, dessen Gericht als konservativstes des Landes gilt, umgedreht. Gleichzeitig könnte die Entscheidung aus dem vierten Bundesgerichtsbezirk einem früheren SCOTUS-Erkenntnis widersprechen: Im Fall Carpenter v United States hat das Höchstgericht erkannt, dass Ermittler Handy-Standortdaten bei Mobilfunknetzbetreibern nur mittels warrant eruieren dürfen. Für einen warrant müssen die Strafverfolger bereits andere Informationen haben, die einen konkreten Tatverdacht begründen. Zur Überwachung beliebiger Handys, gegen deren Inhaber es keinen konkreten Verdacht gibt, sollten US-Gerichte demnach keinen Durchsuchungsbeschluss ausstellen.

Vor dem Höchstgericht des US-Staates Minnesota ist derzeit der Fall State v Contreras-Sanchez (Az. A22-1579) anhängig. Dort wollten die Ermittler von Google wissen, welche Android-Handys eine bestimmte Straße entlang gefahren sind – während eines gesamten Monats. Google übergab die Daten schließlich für eine Woche. Die EFF beteiligt sich an dem Verfahren und argumentiert, die umfassende Datenauswertung aller Android-Handys weltweit sei ein Verstoß gegen die Verfassung Minnesotas sowie den vierten Zusatzartikel der US-Verfassung. Da könnte die aktuelle Entscheidung des fünften Bundesgerichtsbezirks helfen.

...


Aus: "US-Berufungsgericht: Handy-Fahndung ist verfassungswidrig" Daniel AJ Sokolov (14.08.2024)
Quelle: https://www.heise.de/news/US-Berufungsgericht-Handy-Fahndung-ist-verfassungswidrig-9834035.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach 50 Jahren konnte die Polizei den Mord an einer Schwedin in Kalifornien aufklären. Der mutmaßliche Täter Michael Mullen wurde in Idaho festgenommen.

Ein jahrzehntealter Cold Case wurde in den USA offenbar geknackt: Aufgrund von DNA-Beweisen konnten die Ermittler Michael Eugene Mullen (75) als Verdächtigen im Zusammenhang mit dem Tod der Schwedin Nina «Nadine» Fischer im Jahr 1973 identifizieren. Dies teilt das Marin County Sheriff's Office mit. Mullen wurde am Mittwoch in der Nähe von Salmon im US-Bundesstaat Idaho verhaftet und wartet nun auf seine Auslieferung nach Kalifornien.

Fischer lebte mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in San Rafael, Kalifornien, als die 31-Jährige im November 1973 ermordet wurde, informierte das Büro des Sheriffs von Marin County in einer Medienmitteilung. Sowohl Fischer als auch ihr Ehemann waren schwedische Staatsangehörige und bereiteten sich darauf vor, wieder nach Schweden zu ziehen.

Fischers Ehemann fand ihre Leiche, als er von der Arbeit nach Hause kam. Sie war vergewaltigt und dreimal angeschossen worden. Ihr zweijähriges Kind wurde unverletzt in einem anderen Zimmer gefunden.

Die Strafverfolgungsbehörden befragten einige Zeugen, darunter Umzugshelfer und einen Gutachter, der am betreffenden Tag im Haus gewesen war. Jedoch ergaben die Ermittlungen keine Hinweise und der Fall blieb viele Jahre ungelöst, wie aus Zeitungsartikeln nach Fischers Tod hervorgeht.

Im Jahr 2021 übergab dann das Büro des Sheriffs von Marin County den Fall an das Familiensuchprogramm des kalifornischen Justizministeriums. Dieses vergleicht die DNA von Tatorten mit einer Erbmaterial-Datenbank, um Verwandte eines potenziellen Verdächtigen zu finden.

Nach mehreren Monaten ergab die DNA dann tatsächlich eine mögliche Spur, und nach drei weiteren Jahren der Untersuchung wurde Mullen als der Verdächtige identifiziert. Aktuell wird er im Gefängnis von Lemhi County in Idaho festgehalten.


Aus: "DNA-Spuren überführen 75-Jährigen in mysteriösem Mordfall" Reto Bollmann (21.08.2024)
Quelle: https://www.lessentiel.lu/de/story/usa-dna-spuren-ueberfuehren-75-jaehrigen-in-mysterioesem-mordfall-103171898

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bayern hat den Pilotbetrieb der Palantir-Software für ihre "verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform" (VeRA) abgeschlossen. VeRA befindet sich seit dem 25. Dezember 2024 im Echtbetrieb. Dies teilte ein Sprecher des Bayerischen Innenministeriums auf Anfrage von heise online mit. Über einen bereits abgeschlossenen Mantelrahmenvertrag könnte es die Technik aus Bayern für die gesamte deutsche Polizei geben. Der Bundesrat fordert den Einsatz als Interimslösung nun ein.

Der Pilotbetrieb von VeRA lief demnach vom 2. September 2024 bis einschließlich 24. Dezember 2024. Als Quellen für eine automatisierte Abfrage über VeRA hat Bayern inzwischen sein Vorgangsbearbeitungssystem (VBS), sein Fallbearbeitungssystem (FBS), den Fahndungsbestand der Bayerischen Polizei (INPOL-Land-Bayern) und den polizeilich lagerelevanten Schriftverkehr (EPost – dient dem bundesweiten Nachrichtenaustausch) angebunden. Dazu seien auch "verfahrensrelevante Datenfelder aus dem Einsatzleitsystem (ELS) und dem Programm zur Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten (ProVi) angebunden und für die Analyse zur Verfügung gestellt" worden. Der Datenbestand im System kann erweitert werden: "Die Anbindung von weiteren Datenquellen ist abhängig vom fachlichen Bedarf der Analysedienststellen."

Die Polizei Bayern will Palantir den Weg ebnen. Die Pläne zur "Bundes-VeRA" waren aber zwischenzeitlich auf Eis gelegt worden, als die Innenministerien einiger Länder das Überwachungssystem ablehnten und auch das Bundesinnenministerium sich dafür entschied, statt Palantir für die Polizei eine eigene Recherche- und Analyseplattform zu schaffen.

Diese Plattform gibt es bisher bis jetzt nicht. Aktuell liege die Priorität im Programm Polizei 20 darin, die Daten der Teilnehmer in das P20-Datenhaus zu bekommen, teilte eine Sprecherin des BMI auf Fragen von heise online am 7. März 2025 mit. Solange diese Daten-Überführung nicht erfolgt sei, würde ein entsprechender Service zur Auswertung und Analyse nicht stattfinden, "die Entwicklung des Services Auswertung und Analyse (ist) zurückgestellt worden, bis die Überführung der Daten weiteren Fortschritt erreicht hat". Es sei "momentan nicht vorgesehen, 'eine Lösung von Palantir als Interimslösung' für die Datenanalyse im Bund einzusetzen".

Nun fordert der Bundesrat in einem Beschluss vom 21. März 2025 genau diese Interimslösung ein, um die "Fähigkeitenlücken der Polizeien des Bundes und der Länder bei der Informationsverarbeitung, Datenzusammenführung und Analyse unverzüglich zu schließen".

Der Bundesrat weist explizit darauf hin, dass "in der jüngsten Vergangenheit oftmals Personen mit psychischen Auffälligkeiten als Täter von Gewalttaten in Erscheinung getreten sind. Um solche schweren Straftaten besser erkennen und erfassen zu können, müssen personenbezogene Verhaltensmuster und Risiken rechtzeitig festgestellt, analysiert und bewertet werden".

Das IT-Großprojekt Polizei 20 kommt nur langsam voran, frühestens ab 2030 könnte die digital vernetzte Polizei über ein vollständig betriebsbereites eigenes Polizei-Datenhaus verfügen. Bis dahin soll "die kurzfristige zentrale Bereitstellung einer gemeinsam betriebenen Datenanalyseplattform, wie sie bei einigen Landespolizeien im Einsatz ist" bei der "zielgerichteten Datenanalyse einen wichtigen Beitrag zur effektiven Gefahrenabwehr und Strafverfolgung" helfen, fordert der Bundesrat. Bundesweit sollen "Erkenntnisse zwischen Sicherheits-, Gesundheits-, Waffen- und gegebenenfalls Ausländerbehörden" vernetzt werden.

Aktuell wird Palantir als Plattform bei der Polizei in Bayern (Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform – VeRA), Nordrhein-Westfalen (Datenbankübergreifende Recherche und Analyse – DAR) und Hessen (HessenDATA) eingesetzt.

Der Bundesrat nennt die Firma Palantir zwar explizit nicht, fordert die Bundesregierung aber auf, "die bereits im Jahr 2023 geplanten Aktivitäten einer gemeinsam finanzierten, zentral zu betreibenden, rechtlich zulässigen Interimslösung für eine automatisierte Datenanalyseplattform im Programm Polizei 20/20, aus der sich der Bund im Mai 2023 zurückgezogen hat, erneut aufzunehmen".

Um die automatisierte Datenauswertung und Analyse auch für die Strafverfolgung einsetzen zu können, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf die Strafprozessordnung (StPO) zu ändern, "um bestehende Regelungslücken für die Verfolgung von Straftaten zu schließen und der analogen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung für den präventiven Bereich zu entsprechen". Ohne Änderung der StPO ist der Einsatz einer bundesweiten (Interims-)Plattform nicht möglich.

Tatsächlich liegt im Bundesjustizministerium bereits seit ein paar Monaten ein Antrag der Justizminister der Länder vor, der aktuell immer noch geprüft werde, wie eine Sprecherin des BMJ auf Nachfrage von heise online mitteilte. Die Justizminister haben sich in ihrer Herbstkonferenz am 28. November 2024 über den "Einsatz von verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattformen im Ermittlungsverfahren" beraten und anschließend den Bundesminister der Justiz gebeten, die Frage zu prüfen "inwieweit bzw. unter welchen Voraussetzungen ein rechtssicherer strafprozessualer Einsatz einer entsprechenden Software zu Ermittlungszwecken ermöglicht werden kann und ob hierfür eine Gesetzesänderung nötig wäre".

Palantir darf bisher nur im Rahmen der Gefahrenabwehr eingesetzt werden. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Polizei eine automatisierte Datenauswertung und -analyse machen darf, wird grundsätzlich durch die Länder und auf Ebene des Bundes durch das Bundesinnenministerium (Bundeskriminalamt/Bundespolizei) und in den entsprechenden Gefahrenabwehrgesetzen und in den Polizeigesetzen geregelt.

Zuletzt hatte der Bundesrat das ursprüngliche Überwachungs-Sicherheitspaket zur Terrorismusbekämpfung ausgebremst, das in der ursprünglichen Fassung auch Big-Data-Analysen mit Künstlicher Intelligenz und die Zusammenführung polizeilicher Datenbanken im Bereich des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei vorsah. Am 30. Januar 2025 wurde im Bundestag nun in erster Lesung der Entwurf eines neuen "Gesetzes zur Stärkung der polizeilichen Befugnisse" beraten, in dem auch wieder Regelungen zur automatisierten Datenanalyse im Bundeskriminalamtgesetz und Bundespolizeigesetz inklusive Änderungen der StPO vorgesehen sind.

Die Regeln zur Datenanalyse bei der Polizei sind wiederholt Gegenstand beim Bundesverfassungsgericht gewesen. Nun musste auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof prüfen, ob die rechtliche Basis für den Einsatz von Palantir zur automatisierten Datenauswertung und -analyse im Gefahrenvorfeld (also, ohne dass eine konkrete akute Gefahr vorliegen muss) mit der Verfassung des Freistaats vereinbar ist. Konkret ging es um die Auslegung der "drohenden Gefahr" im bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG).

Die Entscheidung vom 13. März 2025 lautet: Der Einsatz von Palantir zur Abwehr einer Gefahr bleibt grundsätzlich erlaubt – aber nur unter strengen Voraussetzungen. Die Polizei muss in jedem Fall sehr genau prüfen, ob konkrete, nachvollziehbare Tatsachen für eine drohende Gefahr vorliegen, um die Software nutzen zu dürfen. Vage Annahmen, allgemeine Risikoeinschätzungen oder bloße Vermutungen reichen dafür nicht aus.

(vza)


Aus: "Palantir als Interimslösung: Bundesrat fordert schnellen Einsatz für die Polizei" Imke Stock (24.03.2025)
Quelle: https://www.heise.de/news/Palantir-als-Interimsloesung-Bundesrat-fordert-schnellen-Einsatz-fuer-die-Polizei-10325605.html

Quotefasse.dich.kurz, 24.03.2025 07:40

Gesetzlich gestütze Vorverurteilungsmaschine mit total(itär)em Zugriff auf alles

GegeVotZaa.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mark James ist begeistert. "Bei all den Anwendungsfällen, die sich vor uns auftun, kommen wir kaum nach." James spricht von Künstlicher Intelligenz, die beim US-Grenzschutz der Customs and Border Protection (CBP) im Einsatz ist. Ein echter Gamechanger sei die Künstliche Intelligenz, sagte der für die Infrastruktur der Grenzwache zuständige Beamte.

Das war bereits im Herbst des Vorjahres. Doch wo setzt die US-Behörde Künstliche Intelligenz ein? Und zu welchem Zweck?

Zum Beispiel, um "Personen von Interesse" beim Grenzübertritt zu identifizieren. Eine KI scannt nahezu in Echtzeit die Social-Media-Feeds der betreffenden Person, wie aus Daten hervorgeht, die nun von der Grenzschutzbehörde veröffentlicht wurden. 31 KI-Anwendungen sind bei der CBP bereits im Einsatz, 28 weitere befinden sich aktuell in der Entwicklung oder im Teststadium.

Fivecast Onyx nennt sich eine solche Software. Sie ist laut Herstellerangaben in der Lage, öffentlich zugängliche Inhalte über eine Person binnen weniger Augenblicke zu erfassen. Vom öffentlich geposteten Foto auf Instagram bis zum längst vergessenen Blogbeitrag von vor 15 Jahren.

Und: Die Software kann die Inhalte rasch sortieren und für die Grenzbeamten so aufbereiten, damit diese entscheiden können, ob die Person bei der Einreise "von Interesse" ist. Der australische Hersteller nennt diese Methode übrigens "taktische Zielerfassung". Zu den Kunden von Fivecast gehören üblicherweise Geheimdienste, wie das Unternehmen auf seiner Website angibt.

Zu den KI-Fähigkeiten gehört aber nicht nur eine vergleichsweise simple Onlinesuche. So bietet der Hersteller auch Objekterkennung an. Das System soll darüber hinaus in der Lage sein, natürliche Sprache nach "riskanten" Schlüsselwörtern oder Phrasen zu scannen. Außerdem soll es Logos zuverlässig erkennen. Des Weiteren soll das Programm in der Lage sein, die Emotion einer Person zu erkennen.

Das ist aber längst nicht die einzige KI-Software, die Einreisende durchleuchtet. Auch Software von Dataminr wird eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Überwachungssoftware, die speziell für Social Media entwickelt wurde.

Das Unternehmen erlangte eine gewisse Bekanntheit, als es durch seine Analysetools 23 Minuten vor anderen Medienhäusern vom Tod Osama Bin Ladens berichten konnte. Auch die Corona-Pandemie will das Unternehmen laut eigenen Angaben allein durch die Überwachung von Social Media vorausgesagt haben.

Die Software soll bei der Analyse eines Onlineauftritts einer Person auch das Deep und Dark Web durchsuchen können.

Zur Ausrüstung des US-Grenzschutzes gehören auch autonome Sensortürme, die Menschen entlang der Außengrenzen erkennen sollen. Auch Unterwasserdrohnen kommen in Grenzflüssen zum Einsatz, wie 404 Media berichtet.

Auch das US-Heimatschutzministerium hat in der Vorwoche angekündigt, dass es damit beginnen wird, die Onlineaktivitäten von Ausländern auf Antisemitismus zu überprüfen. So wurde zuletzt Studenten ihr Visum entzogen, weil sie gegen Bombardements im Gazastreifen durch Israel protestiert hatten.

Laut der Financial Times wurden die Sicherheitsrichtlinien für EU-Beamte, die zu den kommenden Frühjahrstreffen der Weltbank und des IWF nach Washington reisen, deutlich verschärft. Die neuen Vorgaben entsprechen jenen für Reisen nach China. EU-Offiziellen werden sogenannte "Burner-Phones" und einfache Laptops zur Verfügung gestellt, um mögliche Überwachung zu verhindern.

Die EU-Kommission bestätigte die Aktualisierung ihrer Sicherheitsempfehlungen, verneinte jedoch spezifische schriftliche Anweisungen bezüglich Burner-Phones. Dennoch werden Mitarbeiter angehalten, ihre Handys vor dem Grenzübertritt abzuschalten und in speziellen Hüllen zu verwahren. Zusätzlich wird empfohlen, Visa in diplomatischen Dokumentenmappen statt im Pass aufzubewahren, um Komplikationen zu vermeiden.

Es ist bereits vorgekommen, dass Wissenschafter und Touristen wieder heimgeschickt wurden, nachdem bei Telefondurchsuchungen Postings gefunden worden waren, die kritisch gegenüber der Politik der Trump-Regierung waren. (pez, 17.4.2025)


Aus: "Wer in die USA einreist, muss sich einer Gefühlserkennung durch KI stellen" (17. April 2025)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000266068/wer-in-die-usa-einreist-muss-sich-einer-gefuehlserkennung-durch-ki-stellen

QuoteSearles

Eine durch die große Intelligenz von Donald Trump angestoßen großartige Entwicklung. Bekanntlich war man vor einigen Jahren unter Stupid Biden gezwungen, Trump zu kritisieren und seine berechtigten Einwände zum Wahldiebstahl 2020, der zweifelsohne so stattgefunden hat. Auch ich war hier möglicherweise im Sog der Systemmedien und habe entgegen meines Bauchgefühls Trump möglicherweise in sozialen Medien kritisiert, meine Nicht-Standhaftigkeit wird sicher vom Allmächtigen gerichtet werden. Endlich herrscht aber nun wieder Meinungsfreiheit und alle inklusive mir können ihre Meinung kundtun, dass unter Trump ein goldenes Zeitalter beginnen wird.

(ich muss in ein paar Wochen beruflich in die USA reisen)


QuoteSteffl98

Wenn sie meine Posts hier scannen bin ich am Arsch :))


QuoteDasGegenteilVonGutIstGutGemeint

Was sagt eigentlich der Vance dazu? Laut ihm ist ja eher Europa ein Hort der Überwachung und Meinungskontrolle.


QuoteDurango

Mir wird noch mein vor 15 Jahren nicht bezahlte Parking Ticket in der Michigan Ave., Chicago zum Verhängnis werden....


Quoteinsertnamehere

Computer says No. Computer doesn't like your vibes.


Quoteda erich

Wieder ein Schritt zur Orwells Dystopie.


QuoteWoody Guthrie

Black Mirror ist jetzt Doku.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] 380 Millionen Standortdaten aus 137 Ländern: Ein bislang unbekannter Datensatz zeigt so umfangreich wie nie zuvor Gefahren des globalen Datenhandels. 40.000 Apps sind betroffen. Mit alarmierender Genauigkeit geortet wurden Nutzer*innen von Wetter Online, Focus Online und Kleinanzeigen. ... Gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk und weiteren Recherche-Partnern haben wir den Datensatz mehrere Monate lang analysiert, Betroffene identifiziert, mit App-Betreibern und AdTech-Unternehmen gesprochen. Wir veröffentlichen die ersten Ergebnisse gemeinsam mit Le Monde (Frankreich), SRF/RTS (Schweiz), NRK Beta (Norwegen), BNR Nieuwsradio (Niederlande) und Dagens Nyheter (Schweden). ...

Aus: ,,Databroker Files: Neuer Datensatz enthüllt 40.000 Apps hinter Standort-Tracking"
Sebastian Meineck, Ingo Dachwitz – in Überwachung (15.01.2025)
Quelle: https://netzpolitik.org/2025/databroker-files-neuer-datensatz-enthuellt-40-000-apps-hinter-standort-tracking/

QuoteAnonymous sagt am 15. Januar 2025 um 15:07 Uhr: ,,Ich habe nichts zu verbergen"

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Quote[...] Video (2024-12-29): ,,Databroker Files: Wie uns Apps und Datenhändler der Massenüberwachung ausliefern" – Sebastian Meineck, Ingo Dachwitz, Katharina Brunner and Rebecca Ciesielski

Auf unsere Recherchen gab es schockierte Reaktionen aus Bundestag und Bundesregierung, EU-Parlament und Pentagon. Aber Lippenbekenntnisse sind nicht genug, um die kommerzielle Massenüberwachung durch Handy-Apps zu stoppen. ...


LINK zum Video —> https://media.ccc.de/v/38c3-databroker-files-wie-uns-apps-und-datenhndler-der-massenberwachung-ausliefern

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QuoteDeutsche Städte und Gemeinden, die Deutsche Bahn und viele Verkehrsunternehmen vermieten das Recht, auf ihrem Gelände Werbung zu betreiben, an private Unternehmen. Inzwischen werden die bekannten Plakatwände immer mehr durch Bildschirme ersetzt, welche die Ästhetik von Online-Werbebannern in den öffentlichen Raum transportieren.

Lichtverschmutzung, Stromverbrauch, Ressourcenverbrauch für Herstellung und Entsorgung der Geräte, Gefahren für den Straßenverkehr und die ständige Reizbelastung stehen schon länger in der Kritik.

Weniger bekannt ist, dass digitale Werbeanlagen nicht nur wie Werbebanner aussehen, sondern auch dieselbe Technologie nutzen, um wählbare Menschengruppen gezielt anzusprechen. Der deutsche Marktführer im Bereich dieses "Out-Of-Home-Advertisings", der Ströer-Konzern, sammelt durch konzerneigene Online-Plattformen viele personenbezogene Daten und lässt sich von Nutzer*innen erlauben, diese zu Werbezwecken weiterzugeben.

Erik (Hamburg Werbefrei) berichtet über die Initiative "Hamburg Werbefrei", die sich dafür einsetzt, Werbeanlagen in der Stadt zu reduzieren und digitale Anlagen auf öffentlichem Grund zu verbieten. Skye (CCCHH/Radio FSK) erklärt, wie online erhobene Daten benutzt werden, um uns selbst außerhalb unserer eigenen Geräte noch zu verfolgen, und welche negativen Effekte sich aus der Beeinflussung durch die allgegenwärtige Werbung ergeben könnten. Zusammen stellen wir die Frage: Wem gehört der öffentliche Raum und wem sollte er nutzen?


Aus: "Für 'n Appel und 'n Ei: die Vereinnahmung des öffentlichen Raumes durch digitale Werbung"
Skye and Erik 34 Min. (2025-04-18)
Quelle: https://media.ccc.de/v/eh22-80-fr-n-appel-und-n-ei-die-vereinnahmung-des-ffentlichen-raumes-durch-digitale-werbung


Textaris(txt*bot)

Quote[...]  Die Software Palantir macht international von sich reden. Sie wird von US-Behörden genutzt, um Migranten aufzuspüren und abzuschieben. Die Software hat Zugriff auf verschiedene Datenbanken, verknüpft Informationen und wertet sie mit künstlicher Intelligenz aus. In den USA ist Palantir damit zu einem wichtigen Werkzeug im Rahmen weitreichender staatlicher Analyse und Überwachung geworden.

Auch in einigen Bundesländern in Deutschland wird eine stark abgespeckte Version von Palantir genutzt. Offizielles Ziel des Einsatzes der Software hierzulande: die Terrorabwehr und die Abwehr schwerer Gefahrenlagen.

Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann geht es darum, "dass wir in bestimmten Situationen, zum Beispiel bei einem drohenden Terroranschlag, ganz unterschiedliche Dateien miteinander vernetzen, gezielt nach einem bestimmten Namen, nach einer Örtlichkeit, nach einem Stichwort durchsuchen und feststellen können, gibt es da Verbindungen." Der Gebrauch von Palantir für die bayerische Polizei sei entsprechend definiert. "Wir verwenden das für besonders schwere Straftaten", erklärt Hermann.

WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung erhielten nun erstmals Einblick in die Häufigkeit und Art der Straftaten, wofür die bayerische Polizei die Software tatsächlich nutzt. Doch dabei geht es nicht nur um die Verhinderung großer Anschläge oder die Abwehr schwerwiegender Gefahren.

 Die Version, die Bayern nutzt, heißt "VeRA" und gilt als abgespeckte Version von Palantir. WDR, NDR und SZ liegt eine Liste aller Anlässe vor, zu denen die bayerische Polizei VeRA seit der Einführung des Systems Anfang September 2024 bis zum 19. Mai 2025 genutzt hat.

Viele Einträge deuten auf Großlagen hin: Eine Abfrage beispielsweise stammt vom 5. September 2024, der vermerkte Grund für die Gefahr lautet: "Leib, Leben oder Freiheit einer Person". An dem Tag ereignete sich der Anschlag in München auf das israelische Generalkonsulat, der in einem Schusswechsel zwischen einem 18-jährigen Österreicher bosnischer Abstammung und Polizisten endete.

Und auch am 20. Dezember 2024 ist ein VeRA-Einsatz vermerkt: Es ist der Tag, an dem ein saudi-arabischer Arzt in Magdeburg mit einem Auto in eine Menschenmenge raste, sechs Menschen starben, hunderte wurden verletzt. An diesem Tag nutzte das bayerische Landeskriminalamt VeRA, der vermerkte Gefahrenlage: "Bestand oder Sicherheit des Bundes oder eines Landes."

 Insgesamt fast hundert Mal wurde die Software in Bayern im fraglichen Zeitraum angeworfen. Doch große Gefahrenlagen stellen nicht die Mehrzahl der Palantir-Einsätze dar. Mehr als zwanzig Mal ging es um andere Zwecke, etwa Straftaten im Bereich "Eigentums- und Vermögenswerte" oder andere Straftaten. "Das kann auch der bandenmäßige Fahrraddiebstahl sein oder Geldautomatensprenger", so Benjamin Adjei, Grünen-Politiker aus München, der die Liste der Palantir-Einsätze als Antwort einer kleinen Anfrage im Landtag erhalten hat.

"Es ist völlig klar, dass man in einer großen Gefahrenlage auf alles zurückgreift, was man hat. Natürlich auch Palantir", so Adjei. Für ihn zeigt die Liste allerdings, dass es häufig gar nicht darum geht. "Es wird auch für deutlich weniger gemeingefährliche Situationen genutzt, und das besonders oft", so Adjei.

 Das von Palantir entwickelte System VeRA kann nicht nur polizeiliche Datenbanken verknüpfen, wie etwa das Vorgangsverwaltungssystem mit den Akten von Kriminalfällen. Das Herzstück der Software ist es, grundsätzlich auch andere bundesweite Datenbanken einzubeziehen, für die Daten zweckgebunden erhoben wurden und die normalerweise nicht für die Polizei zur Verfügung stehen. So könnten etwa Listen aus Datenbanken des Kraftfahrtbundesamtes oder das Ausländerzentralregister importiert werden und so ihren Weg ins VeRa-System finden.

Der bayerische Datenschutzbeauftragte Petri sieht das kritisch: "Das Problematische an VeRA ist, dass diese Software massenhaft Menschen in die polizeilichen Datenanalysen einbezieht, die überhaupt keinen Anlass für polizeiliche Ermittlungen gegen sie gegeben haben."

Den Einsatz für akute Terrorlagen oder vergleichbare Lagen hält er durchaus für grundrechtskonform. "Wenn allerdings die Polizei VeRA routinemäßig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten einsetzt, dann werden massenhaft unbescholtene Menschen auch dem Risiko von polizeilichen (Folge-)Maßnahmen ausgesetzt", so seine Kritik.

Vom bayerischen Innenministerium heißt es: VeRa werde im Rahmen eng gesteckter Gesetze genutzt, die Bayern dafür erlassen habe. Im Katalog der Straftaten, bei denen VeRa eingesetzt werden könne, seien Eigentumsstraftaten abgedeckt. Eine unverhältnismäßige Ausweitung von VeRa-Nutzungen sehe man nicht, da die Software nur von speziell ausgebildeten Beamten im LKA eingesetzt werden.

 In Hessen wird die Software von Palantir, die dort "Hessendata" heißt, bis zu 15.000 Mal im Jahr genutzt und ist inzwischen ein Kernstück der Ermittlungsarbeit, wie die Polizei bestätigt. Dort werden die verschiedenen landeseigenen Datenbanken sowie Daten aus dem Melderegister analysiert. Der Vorteil, so präsentiert es die Hessische Polizei, liege darin, dass man schwere Kriminalität ohne Datenanalyse nicht bearbeiten könne.

Es geht also weniger um die speziellen Fähigkeiten, die Palantir mitbringt und mehr darum, dass die Datenbanken überhaupt verknüpft und abgeglichen werden können. Bodo Koch, Chief Digital Officer der hessischen Polizei, erklärt, die Software diene zur Gefahrenabwehr. Er sagt, es gehe vor allem um mehr Effizienz im Alltag der Ermittler.

Von der Hightech-Plattform, als die Palantir häufig verstanden wird, und wofür sie auch in den USA eingesetzt wird, ist das weit entfernt - aus Datenschutzgründen. Die Software kann Verbindungen zwischen Daten aufzeigen, die der Polizei bereits vorliegen. Sie kann jedoch  - wie auch die Software VeRA - weder Wahrscheinlichkeiten für Straftaten berechnen, noch kann sie automatisiert etwa soziale Medien durchforsten.

Nach Recherchen von NDR, WDR, SZ hat die Software in Hessen wesentlich an Effektivität verloren, seit das Bundesverfassungsgericht 2023 die bisherige Nutzung einschränkte. Viele Daten laufen seitdem zwar weiter in die Software ein, werden jedoch vor den Ermittlern verborgen. Personen, gegen die kein erhärteter Verdacht vorliegt, werden geschwärzt und können nicht aufgerufen werden.

Die 2.000 Beamten, die mit Hessendata arbeiten, können nur solche Daten sehen, die für ihre Arbeit freigegeben sind. Wer an organisierter Kriminalität arbeitet, bekommt also beispielsweise keine Personen angezeigt, die im Bereich Terror auffällig geworden sind.

 Die Kritik an der Arbeit mit Palantir weist man in Hessen von sich. Ohne die Software habe man nun mal eine große Fähigkeitslücke, erklärt Bodo Koch von der hessischen Polizei. Und Palantir sei nach europaweiten Ausschreibungen beauftragt worden, da es bisher alternativlos sei.

Bisher nutzt neben Bayern und Hessen auch Nordrhein-Westfalen die Software. Und auch in Baden-Württemberg ist man sich sicher, dass es zwar wünschenswert wäre, für die polizeiliche Datenanalyse eine deutsche oder zumindest eine europäische Software nutzen zu können. Aber: "Derzeit gibt es nur eine Software auf dem Markt." Das Innenministerium in Baden-Württemberg meint damit VeRa. Auch das sächsische Innenministerium antwortete auf Anfrage von WDR, NDR und SZ, man sehe keine Alternative zum Palantir-Produkt.

Doch vor allem in einigen SPD geführten Innenministerien der Länder ist die Distanz zu Palantir zuletzt gestiegen. In dem erst kürzlich veröffentlichten Beschluss der Innenministerkonferenz findet sich ihre Kritik deutlich wieder: Zwar will man eine bundeseinheitliche Lösung für die Polizeien aller Länder einführen, der Beschluss verweist aber deutlich auf die veränderte geopolitischen Situation.

Und ohne Palantir zu nennen, scheint der Beschluss den US-Anbieter faktisch als bundeseinheitliche Lösung auszuschließen: "Einflussmöglichkeiten außereuropäischer Staaten (zum Beispiel inhaltliche Datenveränderungen, Datenausleitungen etc.)" sollen bei einer bundeseinheitlichen Datenanalysesoftware für die Polizei ausgeschlossen sein. Es solle eine "digital souveräne Lösung" angestrebt werden.

 Palantir wurde von dem umstrittenen Tech-Unternehmer Peter Thiel gegründet, der häufig durch Verschwörungsideen und seine Abneigung gegen Demokratie als Staatsform auffiel und in der neuen Trump-Regierung zu neuem Einfluss gelangt ist. Offenbar befürchten die Länder, über Palantir könnten Daten in die USA abfließen.

Wie wahrscheinlich ist eine bundeseinheitliche Lösung jetzt noch? Eigene Anläufe sind bislang gescheitert: Zwar wurde schon vor einigen Jahren eine konkrete Initiative gestartet, um eine deutsche Alternative zu den Palantir-Produkten zu entwickeln. Daran beteiligt war unter anderem das Bundesinnenministerium und ein Konsortium mehrerer deutscher Firmen.

Das Projekt "NASA" hatte zum Ziel, Softwarelösungen für Sicherheitsbehörden zu entwickeln, mit denen unter anderem eine schnelle Analyse und Verknüpfung von Daten möglich wird - perspektivisch auch unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

 Im Frühjahr 2024, nach mehreren Jahren, in denen Konzepte für unterschiedliche Behörden, darunter Polizei und Nachrichtendienste, erarbeitet wurden, kam die Initiative zum Erliegen. Ebenso erste Überlegungen einer deutsch-französischen Kooperation zur Entwicklung einer Palantir-Alternative. Die Haushaltslage, so heißt es von damals beteiligten Personen, sei dafür ausschlaggebend gewesen. Eine Anschubfinanzierung in bis zu dreistelliger Millionenhöhe sei nicht realisierbar gewesen.

Palantir wehrt sich gegen die vorgebrachte Kritik. Die Firma betonte auf Anfrage, man sammle keine Daten über oder verkaufe Daten von Bürgern. Man überwache mit seinen Produkten auch niemanden und habe sich als Unternehmen entschlossen, keine Tools zum Vorhersagen von Straftaten (predictive policing) zu entwickeln oder anzubieten. Bezüglich einer etwaigen politischen Nähe zur Trump-Regierung antwortete Palantir, man konzentriere sich darauf, langfristigen Interessen der Gesellschaft zu dienen, unabhängig von politischen Veränderungen.


Aus: "Wird die Palantir-Software unangemessen genutzt?" (19.06.2025)
Johannes Edelhoff, Lorenz Jeric, NDR, Petra Blum und Florian Flade, WDR
Quelle: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/palantir-einsatz-deutschland-100.html