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[Behördliche Informationssysteme (Datenbanken)... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 09, 2005, 04:22:06 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Das Schengener Informationssystem (SIS) ist eine nichtöffentliche Datenbank, in der Personen und Sachen eingetragen sind, die im Schengen-Raum zur Fahndung ausgeschrieben sind. Zugriffsberechtigt sind nur Sicherheitsbehörden in Schengen-Ländern. Rechtsgrundlage ist das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) und die dazugehörigen Durchführungsvereinbarungen.

Die berechtigten Stellen können im SIS Informationen über Personen oder Gegenstände anfragen oder registrieren. Es werden zum Beispiel zur Haft ausgeschriebene Personen oder verlorene Gegenstände erfasst. Die meisten Länder des Schengener Übereinkommens sind an dieses System angeschlossen, zuerst Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande und Luxemburg. Danach haben sich dann die folgenden Länder dem System angeschlossen, die den Schengener Vertrag später unterzeichnet haben: Griechenland, Österreich, Island, Schweden, Finnland, Dänemark, Italien, Portugal, Spanien und Norwegen. Zurzeit wird das Schengener Informationssystem also von 15 Ländern benutzt.


Das SIS wird in das nationale Gesetz der teilnehmenden Länder übernommen. Inzwischen gibt es mehr als elf Millionen Einträge in das SIS, welche die folgenden Informationen enthalten:

für Personen:

    * Name und Vorname, wobei mögliche Aliasnamen getrennt eingetragen werden
    * mögliche objektive und ständige physische Besonderheiten
    * erster Buchstabe des zweiten Vornamens
    * Geburtsdatum und Geburtsort
    * Geschlecht
    * Nationalität
    * ob die betreffende Person bewaffnet ist
    * ob die betreffende Person gewalttätig ist
    * Grund des Eintrags
    * zu ergreifende Maßnahme

Ebenso:

    * die verlorenen, gestohlenen oder umgeleiteten Waffen;
    * die verlorenen, gestohlenen oder umgeleiteten ausgestellten Personaldokumente;
    * die verlorenen, gestohlenen oder umgeleiteten jungfräulichen Personaldokumente;
    * die verlorenen, gestohlenen oder umgeleiteten Kraftfahrzeuge;
    * die verlorenen, gestohlenen oder umgeleiteten Banknoten;

Eine zweite Version des SIS-Systems (SIS II) ist in Vorbereitung, in welcher weitere Angaben erfasst werden können. Das System ist für eine größere Anzahl von Institutionen zugänglich, zum Beispiel die Justizbehörden, Europol und die Sicherheitsdienste. Die Daten von Personen können auf einem tragbaren Gerät in ganz Europa durch die verschiedenen Polizei- und Zolldienste, z.B. während der Passkontrolle, gelesen werden. Einige Mitgliedstaaten möchten von diesen technischen Änderungen profitieren, um daraus weitergehende nationale Fahndungssysteme zu entwickeln, die z.B. mit weiteren nationalen Informationssystemen verbunden werden können, aber die Mehrheit von Mitgliedstaaten will bisher, dass dieses System allein auf europäischer Ebene unter der Leitung von Europol weiterentwickelt wird.

Daten des SIS:
Ein Abkommen über die Definition der in dieses System zu integrieren Personeneinschreibungen ist gefunden worden. Sie betreffen die Personen:

    * gesucht zwecks Auslieferung
    * unerwünscht auf dem Territorium eines Unterzeichnerlandes
    * Minderjährige, oder in Gefahr verschwundene oder geistig gestörte Patienten mit dem Ziel, deren Schutz zu gewährleisten
    * gesucht als Zeuge oder Erscheinen zur Urteilsbekanntgabe
    * verdächtigt, an schweren Delikten teilzunehmen
    * die überwacht oder der kontrolliert sein müssen.

Außerdem sind die folgenden Gegenstände betroffen:

    * Kraftfahrzeuge zu überwachen, zu kontrollieren oder zu erfassen
    * Banknoten
    * gestohlene Blankodokumente oder ausgestellten Identitätsdokumente
    * Schusswaffen

Durch die Mitteilung dieser Angaben stellt jeder Staat seinen Partnern die Elemente zur Verfügung, die ihnen erlauben, auf eigene Rechnung und auf Grund seiner eigenen Auskünfte, den Sicherheitsteil zu versichern, den er ihnen delegiert.

Angesichts der Tatsache, dass ein System nur durch die Benutzung die davon gemacht wird wert ist, hat Frankreich sich für seine Daten Einspeicherung von SIS ein mögliches anhand von den großen nationalen Karteien am meisten automatisiertes Einschreibungssystem entschieden. Diese Automatisierung erlaubt, reduzierte menschlichen Interventionen, die Zeitverlusts und der Fehlerrisiken generieren, zu begrenzen.

Die Länder sind verpflichtet, die Maßnahmen von SIS anzuwenden, auch wenn die Maßnahmen von einem anderen Teilnehmerstaat erfasst wurden. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern geschieht über sogenannte SIRENE-Büros (engl. Supplementary Information Request at the National Entry, franz. Supplément d'Information Requis pour l'Entrée NationalE).

[...]

Erfolge:
Nach mehr als zehn Jahren Existenz des Systems, das ab dem 26. März 1995 für die Endbenutzer verfügbar ist, hat sich diese rechtliche und technische Herausforderung scheinbar bewährt. Das SIS ist heute das System einer leistungsstarken Polizeizusammenarbeit, verwirklicht durch seine einfache Benutzbarkeit und extrem kurze Aktualisierungszeit. Zuerst wurden hauptsächlich Daten über unerwünschte Ausländer eingetragen, aber nun ist eine Zunahme der Personeneinschreibungen für Auslieferung, Verhaftung sowie ein Anstieg der Gegenstandseinschreibungen festzustellen. Es enthält mehr als dreizehn Millionen Einträge.

[...]

Kritik:
Manche sehen in dieser Informationskonzentration durch die Regierungen eine Bedrohung gegen das private Leben. Das SIS war Ziel zahlreicher Proteste, insbesondere vom 18. Juli bis 28. Juli 2002, als 2000 Aktivisten des No Border Network in Straßburg protestierten, wo das C-SIS (Zentrale des Informationssystems) angesiedelt ist. Viele befürchten, dass die zweite Version von SIS Lichtbilder, Finger- und DNA-Abdrücke umfasst, die für Behörden und Organisationen zugänglich werden könnten, für die diese Informationen zum Zeitpunkt der Erfassung nicht bestimmt waren. Allerdings sind DNA-Abdrücke nicht offiziell vorgesehen.

Missbrauch:
Es gab eine ,,Schengener Datenklau-Affäre", als ein belgischer Beamter aus einem SIS-Computer Daten stahl und an die organisierte Kriminalität verkaufte. Bei europaweit vernetzten Systemen wie dem SIS sieht der Bonner Datenschützer Werner Schmidt das größte Problem bei den ,,Innentätern".


Aus: "Schengener Informationssystem (SIS)" (10/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schengener_Informationssystem




-.-

Quote[...] Die Europäische Kommission hat für die Einführung des umstrittenen Schengen Information System (SIS II) einen Vertrag über 40 Millionen Euro mit dem französischen Dienstleister Steria und der belgischen Niederlassung von Hewlett-Packard (HP) abgeschlossen.

Dabei sollen mehrere IT-Unternehmen unter der Führung der Unternehmen sowie von Mummert Consulting und Primesphere-Luxembourg auch das Visa Information System erstellen. Mummert befindet sich derzeit in exklusiven Übernahmeverhandlungen mit der Steria-Gruppe.

Bis Ende 2006 soll das Visa Informations System zentral bei Behörden der EU laufen und bis März 2007 soll SIS II das bisherige SIS I System ablösen, das in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurde, technisch nicht mehr dem Standard der Zeit entspreche wie die Kommission mitteilte, und zudem nur für 18 Mitgliedsstaaten vorgesehen war. Mit dem neuen System sollen auch die Grenzkontrollen bei den neuen Betrittsländern vereinfacht werden.

In der Kritik ist das Informationssystem, weil auch biometrische Daten wie Fingerabdrücke und Lichtbilder mit gespeichert werden sollen. Bislang gibt es aber noch keine Details über die Art und Weise, wie Daten genau erhoben werden und welche Institutionen Zugriff auf diese Daten haben werden.
Aus: "Vertrag über Schengen Informationssystem abgeschlossen" (28.10.2004)
Quelle: http://www.silicon.de/cpo/news-wipo/detail.php?nr=17292

-.-

Quote[...] Vizepräsident Franco Frattini, das für Freiheit, Sicherheit und Recht zuständige Mitglied der Kommission, stellte dazu Folgendes fest: «Das VIS hat zwei Seiten: Es wird einerseits die gemeinsame Visapolitik stärken und Kontrollen von Visumanträgen erleichtern und damit zur inneren Sicherheit der Mitgliedstaaten und zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung beitragen, andererseits aber Reisen in den Schengener Raum ohne Binnengrenzen, die ohne betrügerische Absichten getätigt werden, erleichtern.»

Der Rat hat am 8. Juni 2004 einen ersten Rechtsakt erlassen, der die Kommission ermächtigte, die technische Entwicklung des VIS vorzubereiten. Der von der Kommission verabschiedete Vorschlag für einen zweiten Rechtsakt stellt das eigentliche Instrument für den Rechtsrahmen des VIS dar. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands über die gemeinsame Visapolitik. In dem Vorschlag werden die Leitlinien, die der Rat am 19. Februar 2004 für die Entwicklung des VIS erlassen hat, sowie die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten ausführlichen Folgenabschätzung berücksichtigt.

Ziel dieses Vorschlags ist es, den Zweck und die Funktionen des VIS zu bestimmen die Verantwortlichkeit für das System zu regeln, die Kommission zur Einrichtung und Betreibung des Systems zu ermächtigen und die Verfahren und Bedingungen für den Datenaustausch zwischen Mitgliedstaaten über Anträge auf Ausstellung eines Visums für einen kurzfristigen Aufenthalt festzulegen, um die Prüfung dieser Anträge und die Entscheidung über diese Anträge zu erleichtern. Die im VIS verarbeiteten Daten schließen auch alphanumerische Daten, Fotos und Fingerabdruckdaten der Antragsteller ein, so dass eine genaue Überprüfung und Identifizierung sichergestellt wird.

Die klare Definition der Zugangsrechte, des jeweiligen Zwecks, zu dem Daten abgerufen werden können, der Verantwortlichkeit für die Verwendung der Daten und der Kontrolle soll ein hohes Maß an Datenschutz gewährleisten.

Für die Annahme dieses zweiten Rechtsakts kommt das Mitentscheidungsverfahren zur Anwendung. Es handelt sich somit um eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates. Die Verhandlungen mit diesen beiden Organen werden Anfang 2005 beginnen.

Brüssel, den 7. Januar 2005

IP/05/10


Aus: "Der Vorschlag für das Visa-Informationssystem (VIS) bringt mehr Sicherheit und erleichtert die Reisefreiheit in der EU" (Freitag 18. März 2005, von European Commission)
Quelle: http://www.libertysecurity.org/article149.html


Textaris(txt*bot)

#1
QuoteSchengen II: Eine "panoptische Überwachungsmaschine" für Europa

Die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch [http://www.statewatch.org/] warnt in einer Analyse [http://www.statewatch.org/news/2005/may/sisII-analysis-may05.pdf], dass das umstrittene EU-weite Schengen-Informationssystem II hinter dem Rücken der europäischen Parlamente zu einer regelrechten "Big-Brother-Datenbank" ausgebaut wird. "Dieses System wird benutzt werden, um Millionen vom EU-Gebiet auszuschließen, Überwachung und Kontrolle über die verdächtige Bevölkerung auszuüben und um ein biometrisches Register aller Einreisenden in die EU ähnlich dem US-VISIT-Programm zu schaffen", lautet das Fazit der Untersuchung.

Die Vertreter der Zivilgesellschaft sehen mit den neuesten Entwicklungen ihre schon vor sechs Jahren geäußerten Ängste bestätigt, dass das 1995 eingeführte Schengen-Informationssystem (SIS) Schritt für Schritt zu einer gewaltigen "panoptischen Maschine" ausgebaut werde und sich aufgrund seinen Fähigkeiten zur Registrierung und Überwachung von Individuen sowie ganzer Bevölkerungsgruppen zu einem der "repressivsten politischen Instrumente der Moderne" auswachse.

Das aktuelle SIS, dem sich 15 EU-Mitgliedsstaaten angeschlossen haben, platzt bereits aus allen Nähten. 15 Millionen Einträge gab es in dem computergestützten Grenzkontrollsystem Mitte 2003. Neben Vermerken über gestohlene oder verlorene Identitätsdokumente bezogen sich über eine Million der Notizen auf Personen. Die Mehrheit davon betraf mit 780.922 Datensätzen Warnhinweise zu Individuen, denen der Eintritt in das Schengen-Gebiet zu verwehren ist. Dreiviertel davon stammen laut Statewatch aus Italien und Deutschland. Sie sollen sich größtenteils auf abgelehnte Asylanträge beziehen.

Das SIS der nächsten Generation, dem sich nach seiner Fertigstellung 2007 alle 25 Mitgliedsstaaten anschließen wollen, soll von Anfang an deutlich umfangreicher angelegt sein. Statewatch verweist auf die Einfügung zahlreicher neuer Kategorien, die insbesondere biometrische Daten wie ein digitalisiertes Gesichtsbild und (genetische) Fingerabdrücke umfassen. Diese Entwicklung müsse im größeren Kontext der künftigen zwangsweisen biometrischen Erfassung der rund 450 Millionen EU-Bürger im Zuge der Einführung neuer Pässe und Ausweise sowie aller Visa-Antragsteller gesehen werden. Den Bürgerrechtlern zufolge sind sich die EU-Mitglieder bereits einig, dass in die zentrale Biometriedatenbank auch eine ausgefeilte Suchfunktion eingebaut werden soll. Fingerabdrücke Verdächtiger oder Aufnahmen von Tatorten könnten so mit der Datenbank abgeglichen werden. Aus dem gegenwärtigen Verifizierungssystem würde damit ein Fahndungswerkzeug, das auch "spekulative Suchanfragen" unter allen Registrierten erlaube.

Dazu kommen in SIS II, wie von Statewatch bereits ansatzweise erwartet, eine Reihe neuer Alarmhinweise wie vor "gewalttätigen Unruhestiftern" oder "Terrorismusverdächtigen". Neu ist auch, dass Warnsignale miteinander verknüpft werden können. "Familienmitglieder" könnten dort etwa mit "Clan-Mitgliedern" oder "verdächtigen Angehörigen einer kriminellen Vereinigung" "illegalen Einwanderungs-" oder "Terroristennetzwerken" zusammengeführt werden. Hier zeige sich ebenfalls, dass SIS II verstärkt als Fahndungs- und Geheimdienstwerkzeug eingesetzt werden soll. Dafür spreche auch, dass neben Europol und der EU-Staatsanwaltsinstanz Eurojust immer mehr Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den massiven Datenbeständen selbst "für andere Zwecke" als ursprünglich vorgesehen erhalten können. Das kommt laut Statewatch einem "ungeheuerlichen Bruch" fundamentaler Datenschutzprinzipien gleich.

Argwöhnisch stimmt die Bürgerrechtler zudem, dass SIS II weitgehend mit dem sich ebenfalls im Aufbau befindlichen Visa-Informationssystem (VIS) zusammenarbeiten soll. Offiziell ist vom EU-Rat zwar zu hören, dass es sich um "zwei unterschiedliche Systeme mit strikt getrennten Daten und Zugang" handeln soll. Tatsächlich weisen laut Statewatch aber Beschreibungen wie "zentralisierte Architektur" und "gemeinsame technische Plattform" mit "Interoperabilität" darauf hin, dass letztlich ein gemeinsames Computersystem aus SIS und VIS entstehen soll. Damit wäre die EU-weite Fingerabdruckdatenbank mit Informationen über mit Haftbefehl gesuchter Krimineller, Verdächtiger und sämtlicher Visa-Einreisender Realität.

Besonders empört ist Statewatch, dass die neue Überwachungsarchitektur bereits von einem gemeinsamen Konsortium entwickelt wird, obwohl weder das EU-Parlament noch nationale Volksvertretungen oder Datenschutzbehörden konsultiert wurden. Der EU-Rat habe die "Erfüllung der Wunschliste der Strafverfolger" vielmehr mit dem Segen der EU-Kommission, die eigentlich zuständig ist und das Budget gibt, in Eigenregie unter dem Aufhänger einer "latenten Entwicklung" vorangetrieben.

Die Einleitung eines Gesetzgebungsprozesses durch die Kommission steht nach wie vor aus. Nicht einmal eine rechtliche Prüfung durch den entsprechenden Dienst des Rates sei durchgeführt worden, beklagt Statewatch. Die Ausrede für den Verstoß gegen jegliche demokratische Spielregeln sei, dass die neuen Funktionalitäten zwar dann "von Anfang an verfügbar" seien in SIS II, aber erst nach der Durchführung "der politischen und rechtlichen Arrangements aktiviert" würden. Damit würden im Rahmen eines abgekarteten, "Furcht erregenden" Spiels Fakten geschaffen, die sich kaum noch rückgängig machen ließen. (Stefan Krempl) / (mw/c't)

Aus: "Schengen II: Eine "panoptische Überwachungsmaschine" für Europa" (21.05.2005)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/59755


Textaris(txt*bot)

#2
Quote[...] Das Ausländerzentralregister (AZR) ist eine deutsche Datenbank, in dem etwa 23,7 Millionen personenbezogene Daten zu Ausländern gespeichert sind.

Gespeichert sind Daten von Ausländern in Deutschland, die einen Aufenthaltstitel haben oder hatten sowie die Asyl begehren, begehrt hatten oder anerkannte Asylanten sind.

Dabei werden Grundpersonalien, Aliaspersonalien, Bearbeitungsvermerke (u.a. zuständige Ausländerbehörde und Aktenzeichen), Ausweisungen, Abschiebungen (jeweils mit weiteren Angaben), Zurückweisungen, Auflagen, Beschränkungen, Visa usw. gespeichert.

Das Register wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geführt und vom Bundesverwaltungsamt betrieben. Das AZR ist eines der umfangreichsten automatisierten Register der öffentlichen Verwaltung in Deutschland.

Zugriff auf diese große Datenbank haben 6.000 Partnerbehörden, darunter u.a. alle Ausländerbehörden, der Bundesbeauftragte für Asylfragen und die deutschen Polizei- und Zolldienststellen (via INPOL).


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ausl%C3%A4nderzentralregister (03/2006)

Textaris(txt*bot)

#3
QuoteDas Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) ist ähnlich dem polizeilichen Informationssystem INPOL ein nichtöffentliches automatisiertes Datenverbundsystem, an dem die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beteiligt sind.

Anfang 2005 waren 1.003.959 (Anfang 2004: 985.300) personenbezogene Eintragungen im Informationssystem gespeichert, davon 567.636 Eintragungen (56,5 %) aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen.

Die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung von personenbezogener Daten finden sich in den Verfassungsschutzgesetzen.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/NADIS (03/2006)

Textaris(txt*bot)

#4
QuoteINPOL ist das polizeiliche Informationssystem der deutschen Polizeien, das bundesweit einheitlich ist.

INPOL ist ein informationstechnisches Verbundsystem von Bund und Ländern. INPOL bietet u. a. Schnittstellen zum Schengener Informationssystem (SIS), ZEVIS und AZR.

Es entstand in den 1970er Jahren auf Basis einer BS 1000-Architektur.

Nachfolger war eine Weiterentwicklung INPOL-neu, das bereits in den 1990er Jahren begonnen wurde. Es wurde notwendig, da auf die Datenbänke nur noch mit Emulationen zugegriffen werden konnte. Das Vorgehen im Projekt wurde am sogenannten "V-Modell" ausgerichtet. Nach einer Verzögerung von mehr als einem Jahr scheiterte das Projekt zunächst. Das System brach direkt beim ersten Starten zusammen. Das Zeit-Antwort-Verhalten war viel zu langsam. Die inhärenten Risiken des V-Modells waren nicht frühzeitig genug erkannt worden. Die Medien nannten einen Schaden von 80 Mio. DM (etwa 40,90 Mio. €).

Von da an wurde ein neues INPOL-Projekt gestartet, das vorherige INPOL hieß seitdem INPOL-alt, das BS 2000-System INPOL-aktuell.

Die Anwendung INPOL-neu ging am 16. August 2003 erfolgreich in Betrieb. Es ist erstmals grafikfähig und kann so z.B. Bilddateien von Personen wiedergeben. Seit 2005 ist die Anwendung INPOL-neu 4.2 in Betrieb, entwickelt und betrieben wird die Software von der ILPCC.

Die Teilnehmer sind:

    * Bundeskriminalamt
    * Länderpolizeien
    * Bundespolizei
    * Zollbehörden

Zentraler Bestandteil des INPOL sind die KAN-bezogen Gruppen:

    * E-Gruppe (Erkennungsdienstliche Behandlungen)
    * H-Gruppe (Haftdaten)
    * U-Gruppe (Strafanzeigen gegen die Person mit Tattag, Aktenzeichen und aufnehmender Dienststelle)
    * L-Gruppe (Personenbeschreibung)
    * und anderen

- mit ihren jeweiligen Gruppenbesitzern (z.B. Polizeidirektion ..., Personen-Nummern und Aussonderungsterminen -

INPOL dient vor allem dem Abgleich von Personen- und Gegenstandsdaten bei Fahndungen, der Zuordnung von Kriminalakten sowie der Eigensicherung im Sicherungsangriff.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/INPOL (03/2006)

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Nutzung der MfS-Akten für eine historische Topographie von Opposition und Widerstand begann in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre mit der Einrichtung einer Datenbank (PolGe). Für das Projekt "Politische Gegnerschaft" werden Massendaten erhoben, die öffentlich nur anonymisiert zugänglich sind. Sie werden im Rahmen von Forschungsprojekten zu Opposition und Widerstand verarbeitet, und in einer späteren Arbeitsphase (entsprechend StUG und Bundesdatenschutzgesetz pseudonymisiert) als Datenedition herausgegeben. Ziel ist es, widerständige Handlungen in einer möglichst komplexen Breite zu erfassen sowie das Vorgehen des MfS gegen Widerstand und Opposition auszuwerten. Die aus den Quellen des DDR-Staatssicherheitsdienstes ermittelten Daten vermögen eine breite Basis für vielfältige historiographische, soziologische, rechtshistorische und politikwissenschaftliche Fragestellungen zu bilden. Als eine der Materialgrundlagen des Projektes dienen ausgewählte Karteisysteme aus dem Bestand des MfS. Hinweise auf den Karteikarten führen zu weiteren Materialien wie Operativen Vorgängen (OV), Operativen Personenkontrollen (OPK) und Untersuchungsvorgängen sowie zu anderen Speichern wie beispielsweise die Zentrale Materialablage (ZMA). Die bei der Erfassung anfallenden Informationen über OV zu Personen werden als Grundlage für eine weitere systematische Auswertung aufgelistet.
Das Datenprojekt wird die bisherigen Kenntnisse über Opposition und Widerstand in der DDR und darüber, wie das MfS sie wahrgenommen und darauf reagiert hat, erheblich erweitern. Es birgt die Vorteile in sich, die wissenschaftliche Analysen in der Verarbeitung von Massendaten beanspruchen dürfen.


Aus: "Datenprojekt "Politische Gegnerschaft" (Polge); BStU
Quelle: http://www.bstu.bund.de/cln_042/nn_712448/DE/Forschung/Schwerpunkte/schwerpunkt__datenprojekt.html__nnn=true


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Das Schengener Informationssystem II (SIS II) verzögert sich. Dies wurde am Rande des EU-Minister-Treffens für Justiz und Inneres in Brüssel bekannt. Das umfangreiche Datenbanksystem SIS II und das komplementäre Visa-Informationssystem VIS sollten ursprünglich im Juni 2007 an den Start gehen. Nun wurde bekannt, dass auch die zusätzlich eingeräumten 17 Wochen nicht ausreichen werden, das System zu starten. "Das Projekt befindet sich in einer Phase des Stotterns, wir müssen alles tun, damit es nicht zum Stillstand kommt", erklärte der bayrische Innenminister Beckstein in Brüssel.

[...] Als Gründe für die Verzögerungen wurden in Brüssel technische und juristische Probleme genannt. Zu den technischen Problemen gehört offenbar, dass der von Steria Mummert Consulting und HP Belgien begonnene und nun von Unisys und Microsoft unterstützte Aufbau des SIS-II-Datenbanksystems in Straßburg noch nicht abgeschlossen ist. Dieses Datenbanksystem soll alle (Ein-)Reisedaten der EU-Staaten speichern. Zu den juristischen Problemen gehört der Widerstand verschiedener europäischer Datenschützer, die SIS II abnehmen müssen. Sie bemängeln, dass sie keine ausreichenden Informationen bekommen haben, wie der Datenbestand zu Fahndungszwecken genutzt wird. Ungeklärt ist beispielsweise, wie Fahnder Zugriff auf biometrische Daten haben, die mit den neuen elektronischen Reisepässen anfallen.


Aus: "Informationssystem Schengen II verzögert sich" (25.07.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75922


Textaris(txt*bot)

#7
Quote[...] Das SIS ist ein Informationssystem, das den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten den Zugang zu Informationen über bestimmte Personengruppen und Arten von Sachen ermöglicht. Es stellt somit eine wesentliche Bedingung des reibungslosen Funktionierens des Raums der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts dar und leistet einen Beitrag zur Umsetzung der Bestimmungen betreffend die Freizügigkeit (Titel IV des Vertrags) in Bezug auf die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die polizeiliche Zusammenarbeit. Das gegenwärtige SIS ist für 18 Staaten ausgelegt (die 15 Mitgliedstaaten, Island, Norwegen und ggf. ein weiteres Mitglied). Seine Technologie ist inzwischen überholt, und es müssen neue Entwicklungsoptionen geprüft werden.

Die Einrichtung des SIS der zweiten Generation ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Beteiligung der künftigen Mitgliedstaaten an einem Raum der Sicherheit, in dem keine Binnengrenzen bestehen. Im Anschluss an die Ratstagung vom 28. und 29. Mai 2001, auf dem die Entwicklung des SIS II bis zum Jahr 2006 als vorrangige Aufgabe bekräftigt wurde, hat die Kommission die Verantwortung für die Finanzierung sowie die Entwicklung des SIS II übernommen (die ihr auf Grund ihrer Zuständigkeiten für die Ausführung des Gemeinschaftshaushalts zugewiesen werden). Die Kommission weist indes darauf hin, dass dieses Vorhaben in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, den Beitrittsländern, dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Gemeinsamen Kontrollinstanz durchgeführt werden wird.

Eine erste Studie über die möglichen Entwicklungen des SIS fand 1998 statt. Die weiteren Arbeiten wurden mit Blick auf die bevorstehende Erweiterung der Union energischer vorangetrieben. Zum jetzigen Zeitpunkt erachtet die Kommission die Festlegung der SIS-Funktionalitäten für die vorrangige Aufgabe, da das SIS in naher Zukunft neben einem reinen Informationssystem auch ein Ermittlungssystem sein könnte. Deshalb muss bestimmt werden, welche Behörden Zugang zu dem System erhalten (Justizbehörden der Mitgliedstaaten, aber auch Europol , Eurojust , Sicherheitsdienste usw.). Die neuen Datenkategorien sind ebenfalls festzulegen.

Ansonsten ist es erforderlich, dass das SIS sich von dem Europol-Informationssystem unterscheidet, das 2002 eingerichtet wird. Schwerpunkte müssen die Prävention und Erkennung von Bedrohungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und weniger die Ermittlung im Bereich der organisierten Kriminalität sein.

Mit Blick auf die Anwendung der Bestimmungen zur Freizügigkeit wird sich die Entwicklung des SIS in mehrerer Hinsicht, insbesondere zur Garantie der Dokumentenechtheit und dem Aufspüren von illegal aufhältigen Personen, als nützlich erweisen.

Aus: "Schengener Informationssystem (SIS II)" (Letzte Änderung: 29.04.2005)
Quelle: http://europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/l33183.htm

Textaris(txt*bot)

#8
Quote[...] Der Begriff Antiterrordatei (auch: Anti-Terror-Datei) ist ein politisches Schlagwort (Buzzword). Er kam auf in Folge verschiedener muslimisch-fundamentalistisch motivierter Anschläge sowohl in den USA als auch in Europa und wurde nach den Bombenattentaten in London vom 7. Juli 2005 in Deutschland diskutiert.

Aktuell (Juli/August 2006) wird seitens des Bundesministeriums des Innern (BMI) unter Dr. Wolfgang Schäuble ein Gesetzentwurf verfasst. Nach der Sommerpause 2006 wird über den Entwurf abgestimmt. Es ist bereits bekannt, dass sich die Parteien der großen Koalition (CDU/CSU und SPD) über die Eckdaten einig sind.

Dabei bezeichnet der Begriff eine gemeinsame Datenbank (und keine einzelne Datei) von verschiedenen Ermittlungsbehörden, die bisher traditionell nicht zusammenarbeiten, darunter Inlands- und Auslandsgeheimdienste als auch Polizeibehörden. Gesammelt werden sollen sämtliche Angaben über Personen, über die sich durch Querverweise ein Verdacht auf geplante Attentate verhärten könnte.

Ziel ist, weit im Vorfeld zu erkennen, ob jemandes Verhalten typischerweise dem eines potenziellen Attentäters ähnelt, und weiterhin, die Lücken zu schließen, die traditionell durch die Gewaltenteilung in demokratischen Staaten entstehen können und die evtl. bewirken, dass jemand von der einen Behörde verfolgt, von einer anderen aber geduldet oder sogar wiederum gefördert wird.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Antiterrordatei (08/2006)


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Quote[...] Die Bundesregierung will rasch die Grundlagen für die geplante Antiterror-Datei schaffen. Der Gesetzentwurf dazu soll voraussichtlich noch im Herbst vom Bundestag verabschiedet werden.

[...] Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte der Tageszeitung "Welt", der Gesetzentwurf solle noch im Herbst vom Kabinett beschlossen werden.

Diesem, der Zeitung vorliegenden Gesetzentwurf zufolge sollen der Bundesnachrichtendienst (BND), die Verfassungsschutzbehörden, Landeskriminalämter und das Zollkriminalamt Daten von terroristischen Vereinigungen, Stiftungen und Unternehmen mit Verbindungen in die islamistische Szene abfragen dürfen. Erfasst würden persönliche Daten von Verdächtigen, etwa ihre Bank-, Telefon- und Internet-Verbindungen, Führerscheindaten, Anschriften und Kontaktpersonen. Registriert würden zudem genutzte Fahrzeuge, besuchte Orte und berufliche Qualifikationen wie "Chemiker oder Kampfsportler", heiße es in dem Entwurf.

[...]  Außerdem sollten Informationen von ausländischen Geheimdiensten künftig aus Gründen des Quellenschutzes "verdeckt" gespeichert und mit einer "Verwendungsbeschränkung" versehen werden, berichtete die "Welt" weiter. Die Datenbank soll im Bundeskriminalamt geführt werden. Ermittler rechneten mit mehreren tausend Einträgen. Der Gesetzentwurf befinde sich derzeit noch im Umlaufverfahren der 16 Länderinnenminister.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sprach sich für die Einrichtung einer begrenzten gemeinsamen Datei von Polizei und Geheimdiensten aus. "Ich rechne damit, dass die Abstimmung demnächst abgeschlossen sein wird", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Samstag. Es müsse eine Indexdatei sein, die sich auf Personen mit einem terroristischen Hintergrund und den unmittelbaren Kontaktpersonen beschränkt. In einer solchen Datei dürfen nur Namen und wichtige Informationen zu einer Person sowie Verweise auf andere Fundstellen verzeichnet werden. Ausufernd wäre es, wenn zum Beispiel Menschen erfasst würden, die mit Menschen in einem Bus gesessen haben, betonte Schaar. "Eine Volltextdatei würde das Bundesverfassungsgericht kassieren." (tso/AFP)


Aus: "Innere Sicherheit: Terrordatei soll bereits im Herbst beschlossen werden" (ZEIT online, Tagesspiegel | 12.08.2006)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2006/08/12/70580.xml


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Quote[...] Laut dem Gesetzentwurf sollen Informationen des Bundesverfassungsschutzes, der Landesämter für Verfassungsschutz, des Bundeskriminalamtes (BKA) sowie des Bundes-nachrichtendienstes (BND) und der Polizeibehörden gebündelt werden. Beteiligt sind auch das Zollkriminalamt sowie der Militärische Abschirmdienst (MAD). Eingerichtet wird die Datei laut dem Entwurf beim Bundesverfassungsschutz. «Im Kern geht es um eine Kombination aus Volltextdatei und einer Indexdatei, die dort gilt, wo Quellenschutz notwendig ist», sagte Schünemann.

Bei einer Index-Datei handelt es sich um eine Art Fundstellenregister für Informationen über Terroristen von Polizei und Nachrichtendiensten, die auch den anderen Behörden zur Verfügung stehen sollen. Sie unterscheidet sich von der so genannten Volltextdatei, in der auch der Inhalt der Akten recherchierbar ist. Eine solche Datei war bisher von Sicherheitspolitikern der Union favorisiert worden.

Schünemann sprach sich auch dafür aus, Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) zu erweitern. Zwar sei ihm noch kein Fall geschildert worden, wo es Handlungsbedarf gebe, sagte der CDU-Politiker. «Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass man dem BKA in den Fällen eine erweiterte Befugnis zugesteht, wo es für Hinweise auf terroristische Aktivitäten keinen konkreten Ortsbezug gibt.»


Brucstueck aus: "CDU-Minister will Antiterrordatei «sofort»" (nz; 02. Dez 2005)
Quelle: http://www.netzeitung.de/spezial/kampfgegenterror/370805.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Auf Anfrage von Wikinews erklärte der Sprecher Sven Berger, dass die SPD-Fraktion die Pläne des Bundesinnenministeriums unter Wolfgang Schäuble (CDU) grundsätzlich begrüße. ,,Die SPD-Bundestagsfraktion hält die Schaffung gemeinsamer Dateien der Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des Terrorismus für unbedingt erforderlich", so Berger. Die Bedenken der Linkspartei sowie von Bündnis 90/Die Grünen, dass diese Anti-Terror-Datei die vom Grundgesetz geforderte Trennung von Nachrichtendiensten und Polizei faktisch aushebeln würde, teile er nicht. Das Trennungsgebot beziehe sich lediglich auf die Organisation und sei keineswegs mit der Intention geschaffen worden, auch den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden zu unterbinden. ,,Diese ist sogar dringend geboten zur wirksamen Bekämpfung des internationalen Terrorismus und zur Abwehr von Terroranschlägen in Deutschland", begründet Berger seine Position. Zudem sei vorgesehen, über die Anti-Terror-Datei nur Informationen zugänglich zu machen, die bereits nach geltendem Recht von den Behörden erhoben werden. Auch mit dieser Aussage stellt er sich gegen die Kritik der stellvertretenden Franktionschefin der Linkspartei., Petra Pau, die kritisiert hatte, es würden ,,ungebührlich viele und vielfältige Daten" in der geplanten Datei gespeichert.


Aus: "SPD befürwortet Anti-Terror-Datei – von Datenschutzbehörden hagelt es Kritik" (de.wikinews.org; 11. Aug. 2006)
Quelle: http://de.wikinews.org/wiki/SPD_bef%C3%BCrwortet_Anti-Terror-Datei_%E2%80%93_von_Datenschutzbeh%C3%B6rden_hagelt_es_Kritik


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Quote[...] In Deutschland hat eine politische Debatte eingesetzt, wie auf die Ereignisse in Großbritannien reagiert werden soll. Dort hat Scotland Yard eine Gruppe von 24 britischen Staatsbürgern verhaftet, denen vorgeworfen wird, mit flüssigen Sprengstoffen zum Jahrestag des "11. September" eine Reihe von US-Passagiermaschinen zum Absturz bringen zu wollen. Von 19 Verhafteten sind inzwischen Details bekannt geworden, nachdem die Polizei ihre Konten sperren lies: Nach einem Gesetz zur Bekämpfung finanzieller Unterstützung des Terrors musste die Bank of England Namen und Wohnort der Verdächtigen veröffentlichen.

[...] Gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärte Bosbach, die Vorgänge in London zeigten, "dass wir das Gleichgewicht von Prävention und Datenschutz, das wir zur Zeit haben, nicht zu Lasten der Sicherheit verschieben dürfen." Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck ist dieser Ansicht. In einem morgen erscheinenden Interview mit dem Berliner Tagesspiegel erklärte Struck, dass man ernsthaft über die Anti-Terror-Datei nachdenken müsse. Eine Absage erteilte Struck dem Vorschlag von CSU-Innenpolitiker Hartmut Koschyk, der schnellstmöglich gesetzliche Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr im Innern gefordert hatte.


Aus: "Politische Debatte nach dem Terroralarm" (11.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/76733


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Quote[...] Die Innenexperten der Opposition schlagen Alarm, ihre Kritik richtet sich gegen die geplante Anti-Terror-Datei des Bundesinnenministeriums, die eine ungeahnte Informationsflut auch an persönlichen Daten über Bürger enthalten soll, und sie fürchten um die Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten. Petra Pau, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE., bezeichnete die geplante Anti-Terror-Datei als einen ,,Fall für Karlsruhe".

[...] Nun regt sich in den Reihen der parlamentarischen Opposition Widerstand gegen das Regierungsmodell. Es sollen nach den Vorstellungen der Innenminister Daten über potenzielle terroristische Vereinigungen und Personen, die Kontakt zu islamistischen Terror-Gruppen haben, Telefon-, Internet- und Bankdaten, Führerscheindaten sowie einschlägigen Kontaktpersonen vermerkt werden, die sowohl von deutschen Geheimdiensten und Zollkriminalämtern als auch von polizeilicher Seite genutzt werden können. Dabei sollen auch persönliche Informationen gespeichert werden.

Das Bundesministerium des Innern bestätigte auf Anfrage von Wikinews, dass es sich bei der geplanten Anti-Terror-Datei nicht um eine Volltextversion handeln werde. Neben reinen Indexdaten werde die Antiterrordatei einen erweiterten Kranz von standardisierten, das heißt gesetzlich definierten und damit nicht frei gestaltbaren Daten enthalten. Es handele sich hierbei um einen sinnvollen Mittelweg zwischen einer reinen Index- und einer so genannten Volltextlösung, so Pressesprecherin Gabriele Hermani vom Bundesinnenministerium.

Petra Pau kritisierte die Pläne der Regierung scharf. Sie verstießen gegen das Grundgesetz, weil das Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten aufgehoben werde und zudem ,,ungebührlich viele und vielfältige Daten" in der Datei gespeichert würden.

Auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen fürchtet die Verwässerung des Trennungsgrundsatzes und hat einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Zwar begrüßt die Fraktion im Grundsatz den Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes, besteht jedoch darauf, dass die ,,rechtsstaatlich unabdingbare Trennung beider Behördenstrukturen" erhalten bleibt. Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, zügig eine gesetzliche Grundlage für die Einrichtung einer Anti-Terror-Datei zu schaffen und zu gewährleisten, dass solche Informationen nicht durch das Bundesamt für Verfassungsschutz eingesehen werden können. Zudem solle die Datei dem Zugriff und der Kontrolle des Parlaments und des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unterliegen.

Das Innenministerium des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen äußerte sich auf Anfrage von Wikinews zu den Bedenken der Opposition. In der Stellungnahme heißt es, dass schon nach der derzeitigen Rechtslage eine gegenseitige Datenübermittlung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten zulässig sei, wenn es um die gemeinsame Aufgabe der Terrorismusabwehr gehe. Die Anti-Terror-Datei beschleunige diesen rechtlich bereits zulässigen Datenaustausch lediglich.

,,Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten wird durch die Anti-Terror-Datei nicht berührt. Denn es bezieht sich ausschließlich auf die organisatorische Trennung dieser Sicherheitsbehörden sowie darauf, dass die Nachrichtendienste keinerlei polizeilichen Exekutivrechte haben", so die Sprecherin Dagmar Pelzer vom Innenministerium NRW. Auf die Anti-Terror-Datei könnten laut Gesetz auf der Länderebene ausschließlich die jeweiligen Landeskriminalämter und die Landesämter für Verfassungsschutz zugreifen. Die Anti-Terror-Datei enthalte als standardisierte Datenbank die Grunddaten von Personen und Organisationen nur insoweit, als diese für eine sichere Identifizierung und erste Beurteilung erforderlich seien. So könnten die teilnehmenden Behörden direkt bei der zuständigen Behörde ein Ersuchen um weitere Auskünfte stellen – selbstverständlich nur, soweit das zur eigenen Aufgabenerfüllung bei der Terrorismusabwehr erforderlich sei. ,,Genau so selbstverständlich ist, dass die angefragte Behörde Auskünfte nur im Rahmen des geltenden Rechts erteilt, insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet", so Pelzer. Die Anti-Terror-Datei diene dem Ziel, den bereits heute möglichen Informationsaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten so reibungslos wie möglich zu gestalten. Dies sei im Interesse einer möglichst effektiven Terrorismusabwehr sinnvoll und wünschenswert.

[...] Schon Otto Schily (SPD), der Bundesinnenminister der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder (SPD), hatte die Einführung einer Anti-Terror-Datei forciert. Das damalige Konzept sah jedoch lediglich vor, eine Index-Datei einzurichten, die Zugriff auf die Datenbanken aller Behörden gestattet, der suchenden Behörde jedoch nur Auskunft darüber gegeben hätte, dass bei einer bestimmten Behörde ein Datensatz über die gesuchte Person oder Vereinigung vorliegt. Die Koalition unter Angela Merkel hat das Konzept dieser Index-Datei erweitert. Um auch weiterhin eine Trennung zwischen Polizei- und Geheimdienst-Tätigkeiten sicherzustellen, soll das Prinzip der ,,verdeckten Speicherung" für die Datenbanken der Nachrichtendienste angewendet werden, bei der die Behörde keine Information darüber erhält, ob ein Datensatz über die gesuchte Person vorliegt, der Nachrichtendienst jedoch eine Mitteilung erhält, welche Behörde welchen Datensatz abfragen wollte.


Aus: "Opposition: Geplante Anti-Terror-Datei ,,ein Fall für Karlsruhe"" (1. Aug. 2006)
Quelle: http://de.wikinews.org/wiki/Opposition:_Geplante_Anti-Terror-Datei_%E2%80%9Eein_Fall_f%C3%BCr_Karlsruhe%E2%80%9C


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Quote[...] Die große Koalition will die außer Kontrolle geratenen Geheimdienste mit weiteren operativen Befugnissen ausstatten. Darin sieht die Humanistische Union (HU) eine "Ohrfeige für die Bemühungen der Opposition um Aufklärung schwerer Grundrechtseingriffe durch Geheimdienste". Das erklärte der Bundesvorstand der Bürgerrechtsorganisation am Sonntag (9.7.) in Berlin.

Nach dem vorliegenden Referentenentwurf sollen die im sogenannten "Schily-Katalog" nach dem 11. September 2001 verabschiedeten Geheimdienstbefugnisse nicht nur um weitere fünf Jahre verlängert, sondern noch ausgeweitet werden. Das Kabinett will den Entwurf am Mittwoch (11.7.) beschließen.

Dazu erklärt Rechtsanwalt Dr. Fredrik Roggan, stellvertretender Bundesvorsitzender der HU: "Mit Terrorismusbekämpfung, und das in einem rechtsstaatlichen Sinne, haben die Befugnisse nichts mehr zu tun. Die geplanten Auskunftsmöglichkeiten der Geheimdienste zur Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Inland eröffnen einer unkontrollierbaren Schnüffelpraxis Tür und Tor. 'Anti-Terror' wird nun zum Vorgehen gegen vermeintliche Verfassungsfeinde jeglicher Couleur ohne klar umrissenen Tatbestand herangezogen. Dem Gesetz fehlen hier die notwendige Normenklarheit und Normbestimmtheit. Das ist klar verfassungswidrig."

Als geradezu unseriös bezeichnet Roggan die Tatsache, dass die bestehenden Befugnisse bislang nicht evaluiert wurden. Die als "Bericht zu den Auswirkungen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes" bekannt gewordene Zusammenfassung der Bundesregierung zur bisherigen Anwendungspraxis erfülle nicht einmal ansatzweise die Erfordernisse einer Evaluation, die diesen Namen auch verdient. Überdies sei der Bericht noch nicht vom Bundestag beraten worden.

Bevor die Geheimdienste auch Auskunft über Kontostammdaten einholen dürfen, will die Koalition die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen die Kontostammdaten-Auskunft abwarten. "Dann sollte der Gesetzgeber auch die anhängige Beschwerde der HU gegen den Einsatz des IMSI-Catchers im Strafverfahren abwarten, bevor er den Einsatz erweitert", fordert Fredrik Roggan. Denn auch diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werde Präzedenz-Wirkung für jeglichen Einsatz dieses Instruments entfalten.

"Es ist schon ein starkes Stück, wenn bei der derzeitigen Diskussion um die Skandale der Dienste nun ein ganzes Paket von Befugnis-Erweiterungen für solche Behörden beschlossen werden soll, von denen aktenkundig ist, dass sie sich nicht an gesetzliche Vorgaben halten", kritisiert Roggan.


Aus: "Neues Anti-Terror-Gesetz schafft unkontrollierbare Befugnisse für Geheimdienste" von: Martina Kant
(Pressemitteilung der HU zum Anti-Terror-Kampf - 9.07.06)

Quelle: http://www.humanistische-union.de/aktuelles/presse/pressedetail/back/aktuelles/article/neues-anti-terror-gesetz-schafft-unkontrollierbare-befugnisse-fuer-geheimdienste/

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Quote[...] Der Entwurf des Innenministeriums, der tagesschau.de vorliegt, sieht eine erhebliche Kompetenzerweiterung aller Geheimdienste vor. Er sieht unter anderem vor, dass die Auskunftspflichten von Banken, Post- und Telekommunikationsunternehmen sowie Fluggesellschaften gegenüber den Nachrichtendiensten zur Anti-Terror-Bekämpfung auf "verfassungsfeindliche Bestrebungen" im Inland ausgeweitet werden. Hierbei kann es sich um links- und rechtsextreme Umtriebe ebenso handeln wie um Hasspredigten islamistischer Fundamentalisten. Bisher darf lediglich das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen abfragen.


Aus: Überarbeitete Anti-Terror-Gesetze - Grüne fürchten "sicherheitspolitischen Dammbruch" (06.07.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5685494_NAV_REF1,00.html


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Quote[...] Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich darauf verständigt, den gordischen Knoten rund um die Anti-Terrordatei zu zerschlagen und bereits in der nächsten Woche eine Sondersitzung der Innenminister anzusetzen. Die Minister wollen voraussichtlich in Berlin die aktuelle Lage nach den verhinderten Zug-Attentaten diskutieren und die Vielzahl von Vorschlägen für eine bessere Bekämpfung des Terrors bündeln.

Angeregt hatte die Sitzung der Hamburger Innensenator Udo Nagel. Der genaue Termin wird derzeit vom Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU), organisiert.


Aus: "Fahnder finden Bombenmaterial in Köln" Von Annette Ramelsberger (SZ vom 24.8.2006)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt2l1/deutschland/artikel/412/83329/

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Quote[...] Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) hat eine rechtlich saubere Grundlage für eine Anti-Terror-Datei gefordert. Er hoffe, dass im Streit um diese Datei auf der Innenministerkonferenz in einer Woche am 4. September endlich der Knoten durchgeschlagen werde, sagte er am heutigen Samstag der dpa. Zugleich warnte er aber davor, Datenfriedhöfe zu schaffen, die den Sicherheitsbehörden in brenzligen Lagen eher schadeten. Wolf kritisierte, dass sich Länderinnenminister jetzt mit Vorschlägen nach verschärften Gesetzen gegenseitig überböten.

"Wir müssen geplante Attentate frühzeitig verhindern", betonte der Minister. Die Landesregierung wolle deshalb den Verfassungsschutz für die Beobachtung und Abwehr von potenziellen Terroristen stärken und werde entsprechende gesetzliche Änderungen in den Düsseldorfer Landtag einbringen. Wolf: "Wir wollen wissen, welche Islamisten sich Anleitungen zum Bomben bauen aus dem Internet ziehen und wer in verdeckten Chatrooms über mögliche Anschlagziele diskutiert." Solche schweren Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht seien aber nur zulässig, wenn hinreichende Gefahren vorlägen.


aus: ""Rechtlich saubere Grundlage" für Anti-Terror-Datei gefordert" (26.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77313

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Quote[...] Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz gab gegenüber der Financial Times Deutschland an, dass neben der Religionszugehörigkeit auch "sexuelle Auffälligkeiten" in der Datei gespeichert werden könnten. In der Talkshow "Das Duell" auf n-tv ging Wiefelspütz noch einen Schritt weiter und erklärte, die Geheimdienste müssten als Experten und Profis selbst bestimmen, was in die Anti-Terror-Datei aufgenommen werden soll. Wiefelspütz' Gegenpart, der Unions-Fraktionsvizepräsident Wolfgang Bosbach, verlangte im Interview mit der Tageszeitung Die Welt, dass in der Datei Waffenbesitz und Waffengebrauch vermerkt werden sollen. Außerdem möchte Bosbach die Fingerabdrücke von Einreisenden "aus Problemstaaten" in die Datei aufnehmen lassen. Wer zu den Problemstaaten gehört, darüber machte Bosbach keine Angaben. Auch die Tatsache, dass Fingerabdrücke mit den kommenden biometrischen EU-Visa in dem Schengen-Informationssystem II (SIS II) gespeichert werden, spielt für Bosbach keine Rolle.

Neben den Hardlinern Wiefelspütz und Bosbach gibt es auch gemäßigte Stimmen. In einem Gespräch zwischen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) äußerte die Juristin am Montag Bedenken zum Eintrag der Religionszugehörigkeit in der Anti-Terror-Datei. Das sei verfassungsmäßig ebenso bedenklich wie die von einigen Bundesländern gewünschte Einführung eines Volltext-Kommentarfeldes, in das autorisierte Benutzer "Vermutungen und Verdachtsmomente" eintragen sollen.

Die Veränderungsvorschläge an der seit Langem geplanten Anti-Terror-Datei werden mit der aktuellen Gefahrenlage begründet. Das deckt sich nicht unbedingt mit den jüngsten Ermittlungen gegen die drei Ausländer, die beschuldigt werden, zwei Kofferbomben in Regionalzügen deponiert zu haben: Ihre Daten waren in keiner der verstreuten Gefährderdateien gespeichert. Zumindest die beiden verdächtigen Libanesen reisten mit modernen maschinenlesbaren Reisepässen aus Deutschland aus, sodass sich laut Bundeskriminalamt ihre Reiseroute in den Nahen Osten leicht rekonstruieren ließ. Beide sollen außerdem den libanesischen Personalausweis besitzen, auf dessen Rückseite die Fingerabdruck-Minutiae im Format PDF417 gespeichert sind.


Aus: "Neue Vorschläge für Daten in der Anti-Terror-Datei" (30.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77494

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Quote[...] Netzeitung: [...] Wäre eine Volltextdatei verfassungswidrig?

Schaar: Bei einer Volltextdatei könnte es zu einem Informationsverbund kommen, bei dem ungefiltert Informationen zwischen Polizei und den Nachrichtendiensten hin- und her fließen. So etwas wäre verfassungsrechtlich höchst bedenklich, weil die Nachrichtendienste vielfach ungesicherte Informationen erhalten und verarbeiten. Sie erheben auch Daten, die sich im Nachhinein als nicht zutreffend erweisen können. Es darf nicht sein, dass die Polizei aufgrund solcher weicher Informationen zu einer falschen Bewertung kommt und handelt.

[...] Netzeitung: Sehen Sie Anzeichen dafür, dass sich Deutschland nach und nach zu einem Überwachungsstaat entwickelt?

Schaar: Wir entwickeln uns zu einer Gesellschaft, in der immer mehr Überwachung stattfindet. Ich habe den Eindruck, dass die Diskussion vielfach verkürzt geführt wird. Bisweilen wird ausgeblendet, was die jeweilige Maßnahme bewirken kann und ob es Alternativen gibt, die angestrebten Ziele, insbesondere mehr Sicherheit im öffentlichen Raum, zu erreichen. Das sehe ich außerordentlich kritisch, zumal die Überwachung ganz überwiegend Unverdächtige betrifft. Das ziellose Erheben und Auswerten von Daten halte ich nicht nur für einen wenig effizienten, sondern auch für einen verfassungsrechtlich höchst problematischen Weg.

Netzeitung: Was kann man dagegen tun?

Schaar: Ich setze auf eine kritische Öffentlichkeit und auf die politisch Verantwortlichen. Die Politik sollte immer eine genaue Vorstellung davon entwickeln, was effektive Maßnahmen sind und wie die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt werden können.

Netzeitung: Wir sprechen ja von einer asymmetrischen Form der Bedrohung. Terroristen haben es vornehmlich auf schlecht schützbare Ziele abgesehen. Ist der Rechtsstaat bei der Abwehr solcher Anschläge nicht per se überfordert?

Schaar: Die Gefahr besteht natürlich. Denn es muss immer genau im Blick behalten werden, dass man den Rechtsstaat zu verteidigen hat. Der Rechtsstaat selbst basiert ja darauf, dass man nicht pauschal verurteilt, inhaftiert und überwacht, sondern dass man die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger wahrt. Auch angesichts der asymmetrischen Bedrohung dürfen die rechtsstaatlichen Prinzipien nicht aufgegeben werden. Wenn man sie aufweicht, wäre damit eine Entwicklung eingeleitet, wie sie von Terroristen gewünscht ist. Deshalb sage ich: Überreaktionen im Kampf gegen den Terror sind immer falsche Reaktionen. Es muss immer mit kühlem Kopf, hoher Sensibilität und Rechtsstaatsempfinden gehandelt werden. Das gilt auch angesichts der aktuellen Bedrohungssituation.


Aus: "«Seit 9/11 wird deutlich mehr überwacht»" Mit Peter Schaar sprach Dietmar Neuerer (nz; 04. Sep 2006)
Quelle: http://www.netzeitung.de/deutschland/interviews/436553.html


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Quote[...] Auf einer Sonderkonferenz in Berlin haben sich die Innenminister des Bundes und der Länder über den Aufbau der gemeinsamen Anti-Terror-Datei geeinigt, auf die die Polizei, die Geheimdienste und das Zollkriminalamt zugreifen können. Danach wird die Datei zweigeteilt. In einem allgemeinen Teil sollen die allgemeinen Daten von Terrorverdächtigen gespeichert werden. Angaben zur Religionszugehörigkeit, zu Auslandsreisen und zum Waffenbesitz wandern in einen Teil mit beschränkten Zugangsrechten. Mit dieser Dateiteilung soll vor allem das Problem gelöst werden, dass eine generelle Speicherung der Religionszugehörigkeit verfassungsrechtlich problematisch ist.

Welche Kriterien im Einzelnen dafür sorgen, dass die Daten eines Terrorverdächtigen auch in die zweite, beschränkte Datei eingestellt werden, ist allerdings etwas unklar. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU), der die neue Dateistruktur vorstellte, erklärte dazu im rbb-Inforadio, dass keineswegs die Religionszugehörigkeit von "jedem Moslem" gespeichert werde. Man werde lieber zusehen, "dass bei einem liberalen, toleranten Moslem die Religionszugehörigkeit nicht in die Datei aufgenommen wird, bei anderen dagegen schon". Warum liberale, tolerante Moslems überhaupt in eine Anti-Terror-Datei gehören, ließ Beckstein offen.

Mit der Zweiteilung der Datei und den Zugriffsregeln soll auch die Technik der Datei definiert sein. So soll die Grunddatei eine "Volltext-Datei" sein, während die erweiterte Datei mit den zusätzlichen Angaben eine "verdeckte Datei" sein soll. Das heißt, es werden nicht unmittelbar die Suchergebnisse in den Datenbeständen angezeigt, die überwiegend von den Geheimdiensten stammen. Vielmehr bekommen die Dienste eine Mitteilung über die Anfrage und darüber, wer sie gestellt hat. Auf diese Weise sollen Geheimdienste und Verfassungsschutz eine bessere Kontrolle über ihre eigenen Datenbestände haben. Nur mit diesem Verfahren könne die internationale Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten vertrauensvoll weitergeführt werden, hieß es zuvor in Geheimdienstkreisen.

Im Bundesinnenministerium soll bereits ein Gesetzesentwurf zur zweiteiligen Datei vorliegen, der nun koalitionsintern beraten wird. Ungeklärt ist beispielsweise noch, welche Behörde die technische Installation und Wartung der Datei betreibt und wie die Kosten verteilt werden. Nach Angaben des Magazins Focus sollen allein beim Verfassungsschutz 50 Millionen Euro Mehrausgaben anfallen.


Aus: "Innenminister beschließen zweiteilige Anti-Terror-Datei" (04.09.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77693


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Quote[...] Die von den Innenministern abgesegnete Anti-Terror-Datei, deren juristische Grundlagen momentan als Gesetzentwurf ausgearbeitet werden, hätte das gescheiterte Attentat der beiden Kofferbomber wahrscheinlich schneller aufklären können. Diese Überzeugung äußerte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestern Abend in den Tagesthemen. Ein Bürge für einen der Tatverdächtigen, der schon einmal im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten hervorgetreten war, wäre aller Voraussicht nach aufgrund dieser Anti-Terror-Datei überprüft worden, erklärte Schäuble. Bisher wurden Bürgen und Einlader von ausländischen Studenten nur stichprobenartig überprüft.

Trotz dieses von Schäuble angenommenen hypothetischen Fahndungserfolges gibt es Kritik an der geplanten Regelung. Vor Schäuble erklärte der Datenschutz-Lehrbeauftragte Spiros Simitis in der Tagesschau, dass trotz aller bisher bekannt gewordenen vagen Umrisse der Datei klar zu sein habe, dass sie ständig scharf von Datenschützern kontrolliert werden müsse: "Diese Datei muss uneingeschränkt der Kontrolle der Datenschützer unterstehen. Man darf keine Datei schaffen, in der Verdächtige für ewig geführt werden. Deshalb muss die Datei immer neu durchgekämmt werden, um die Risiken zu beschränken." Simitis forderte klare Fristenregelungen, wer wie lange in einer solchen Datei gespeichert wird. "Es geht nicht an, dass wir eine Datei mit dieser Sensibilität schaffen und nicht zugleich bestimmen, wie lange sie bestehen und wann sie nach welchen Kriterien überprüft werden soll – und wer überhaupt kontrollieren kann."

Nach den bisher bekannt gewordenen Details aus der Beratung der Innenminister des Bundes und der Länder soll die Datei neben dem Datengrundstock, der zur Identifikation einer Person notwendig ist, folgende erweiterten Daten speichern:

    * Zugehörigkeit zu terroristischen Vereinigungen
    * Waffenbesitz
    * Telekommunikations- und Internetdaten
    * Bankverbindungen und Schließfächer
    * Schul- und Berufsausbildung, Arbeitsstelle
    * Familienstand, Religionszugehörigkeit
    * Verlust von Ausweispapieren
    * Reisebewegungen und bekannte Aufenthalte an Orten mit terroristischem Hintergrund (bspw. Ausbildungslagern)

Neben diesen einfachen Daten soll ein Volltext-Datenfeld für "undefinierbare Daten" eingerichtet werden. Es werde Angaben enthalten, mit denen "nach pflichtgemäßem Ermessen der einstellenden Behörde darüber hinaus reichende relevante Daten, wie beispielsweise eigene Einschätzungen und Bewertungen, abgebildet werden".

Weiterhin sollen Polizei, Geheimdienste und Zoll als Sicherheitsbehörden verpflichtet werden, ihre Daten einzuspeisen. Geheimdienstlich begründete Ausnahmen von der Speicherpflicht müssen von einem eigens dazu abgestellten Beauftragten schriftlich begründet werden.

Die Trennung zwischen einfacher Datei und den erweiterten Datensätzen ist im ersten Entwurf zur Anti-Terror-Datei so geregelt: "Den zugriffsberechtigten Behörden sollen die Grunddaten offen angezeigt werden. Die erweiterten Daten sowie die Einschätzungen und Bewertungen sind zunächst verdeckt im System hinterlegt, dabei wird offen angezeigt, welche Behörde über Erkenntnisse verfügt. Die abfragende Stelle fordert dort die Freigabe der weiteren Daten an, die umgehend erteilt wird."

Diese bekannt gewordenen Regelungen provozieren die Kritik der Datenschützer. So erklärte Thilo Weichert vom unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD): "Das Problem dieser Anti-Terror-Datei ist, dass nicht gesicherte Fakten, sondern Verdachtsangaben gespeichert werden. Diese Vorfelderkenntnisse betreffen oft Personen, die sich bislang nichts haben zuschulden kommen lassen. Mit dem Direktabruf bekommen die angeschlossenen Behörden einen Informationswust, den zu bewerten sie ohne Rückfragen bei den Datenlieferanten nicht in der Lage sind." Er kritisierte den Entwurf der Innenminister als "aufwendig, uneffektiv und datenschutzwidrig". Seiner Einschätzung nach dürfte auf der Basis der Beschlüsse der Innenminister kaum ein Gesetz ausgearbeitet werden, das verfassungsrechtlichen Bedenken genügen werde.

Verfassungsrechtliche Bedenken äußerte auch der FDP-Innenexperte Max Stadler gegenüber der Berliner Zeitung. Es sei im Entwurf unklar, welche Informationen der Geheimdienste, die auch Unverdächtige überprüfen, an die Polizei weiter gegeben würden. Dafür forderte der Politiker die Einrichtung eines Datenfilters. Außerdem verlangte er fortzuschreibende Erfahrungsberichte über die Anti-Terror-Datei im praktischen Einsatz.


Aus: "Datenschützer üben Kritik an Anti-Terror-Datei" (05.09.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77724


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Quote[...] Wilhelm betonte, die Anti-Terror-Datei sei ein "wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus". Erfasst werden damit künftig alle für die Terrorbekämpfung sicherheitsrelevanten Daten über Personen und Objekte. Die Behörden werden verpflichtet, ihre Daten in der Datei zu speichern. Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich Anfang September auf die Einzelheiten verständigt.

Ein engerer Datensatz hält nur Informationen zur Identifizierung einer verdächtigen Person bereit. In einem erweiterten Datensatz gehen Information ein, die eine genauere Gefährdungseinschätzung ermöglichen sollen. Dazu zählen Angaben über Religion, Familienstand, Ausbildung, Arbeitsstelle, Bankverbindungen, Kommunikationsdaten, Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und Reisebewegungen.

Der Regierungssprecher betonte, Quellenschutz und Datenschutz würden beachtet. Zugriff habe "nicht jeder einzelne Beamte auf der Straße", sondern nur höhere Stellen. Der erweiterte Datensatz sei zudem nicht sofort einsehbar, sondern werde erst auf Nachfrage einer Behörde beziehungsweise im "Eilfall" angezeigt.


Aus: "Terrorismusbekämpfung: Kabinett beschließt Anti-Terror-Datei - Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur geplanten Anti-Terror-Datei beschlossen. Der Bundestag soll das Gesetz noch in diesem Jahr verabschieden." (ZEIT online, Tagesspiegel | 20.09.2006; tso/ddp)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2006/09/20/74641.xml

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#22
Quote[...] Ausländer in Deutschland sollen eine elektronische «Aufenthaltskarte» erhalten. Parallel zur Einführung elektronischen Personalausweises für Deutsche plane man die Ausgabe einer digital lesbaren Identitätskarte für ausländische Staatsbürger, mit dem der «Aufenthaltstitel» des Inhabers erkennbar sei, sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, August Hanning (parteilos), am Donnerstagabend auf dem achten E12-Gipfel in Hamburg.

Wie Hanning sagte, soll mit der elektronischen Ausländerkarte eine «Identifizierungsmöglichkeit» geschaffen werden, «wie sie der elektronische Personalausweis für unsere Bürger bietet, einen schnellen 1:1-Vergleich ohne Rückgriff auf eine Datenbank».

Eine Verordnung der Europäischen Union zur Einführung von elektronischen Identitätskarten werde Ende 2006 oder Anfang 2007 verabschiedet. «Wir werden bei der Umsetzung dieser Verordnung zu den ersten in Europa gehören - wie bei der Einführung des neuen Reisepasses», sagte Hanning. Ziel sei es auch, die Sicherheit in Deutschland zu verbessern. Die Identitätskarten, die biometrische Merkmale wie Bild und Fingerabdruck enthalten werden, erhöhten vor allem den Schutz vor Fälschungen.

Mit der Einführung einer elektronischen Aufenthaltskarte verfolgt die Bundesregierung laut Hanning das «strategische Ziel, Deutsche und Ausländer bei der Identifizierung gleichzustellen». Dies mache nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch industriepolitisch Sinn. «Damit setzen wir Standards auch in der Sicherheitstechnik, die eine große Wachstumsbranche ist», sagte der Staatssekretär der Online-Ausgabe der «Financial Times Deutschland» (FTD).


Aus: "Ausländer sollen per Chip überwacht werden" (nz; 29. Sep. 2006)
Quelle: http://www.netzeitung.de/deutschland/443695.html

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Quote[...] Allerdings stellt die Komplexität der Datenstrukturen, die Datenvolumina und hochspezifische Datamining-Anwendungen der Antiterrordatei eine Herausforderung dar, die nicht vollständig mit Standardwerkzeugen abgedeckt werden kann. Teradata nutzt daher bei Lösungen für US-Behörden Wissen aus dem universitären Umfeld oder von Spezialanbietern.

Generell handelt es sich bei der von der Bundesregierung geplanten Datei voraussichtlich um eine föderale Datenbanklösung, die eine Vielzahl von Quellsystemen diverser Behörden fortlaufend anzapft. Um die Daten jederzeit konsistent und aktuell zu halten, werden sie wohl in einem zentralen Datenspeicher konsolidiert.

Dazu ist ein logisches Datenmodell notwendig, das die spezifischen Anforderungen für Analysen im Sicherheitsbereich repräsentiert, besonders in den Bereichen Identifikation potenzieller Terroraktivitäten, Erkennen von Terrornetzwerken, Simulation und Erfolgskontrolle von Antiterrormaßnahmen sowie behördenübergreifende Kollaboration und Datenaustausch. Gerade im Sicherheitsbereich ist laut Rodatus die Datenqualität und -aktualität die Kardinalfrage. Das stelle hohe Anforderungen an das Stammdatenmanagement der erfassten Personen.


Aus: "Hohe Datenqualität gilt als Basis für den Erfolg" (Thema: IT-Trends; Ausgabe: 38/2006; Seite: 11)
Quelle: http://www.netigator.de/netigator/live/fachartikelarchiv/ha_artikel/powerslave,id,30798212,np,,ng,stories,thes,9303,obj,,ps_alayout,l_2.inc.html


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#24
Quote[...] Datenschützer haben gegen die vom Bund geplante Erweiterung der Anti-Terror-Gesetze und die Einführung einer Anti-Terror-Datei in Deutschland erhebliche Bedenken. "Es ist besonders fraglich, wenn unter dem Oberbegriff Terrorabwehr riesige Datenmengen ohne konkreten Verdacht und auf lange Zeit auf Vorrat gesammelt werden und staatliche Behörden jederzeit zugreifen können", sagte Sachsen-Anhalts Datenschutzbeauftragter Harald von Bose in einem dpa-Gespräch. Er befürchte zudem, dass die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten immer mehr aufgeweicht werde.

[...] "Terrorabwehr muss sein, aber es ist zum Schutz der Bürgerrechte nötig, bevor eine massenhafte Ansammlung von Daten auf Verdacht entsteht, genauestens und wissenschaftlich begleitet zu prüfen, ob nicht auch vorhandene Gesetze ausreichen. Da sehe ich Reserven", sagte von Bose. In der Anti-Terror-Datei sollen die an unterschiedlichen Stellen vorhandenen Informationen zusammengeführt sowie Polizei und Geheimdiensten zugänglich gemacht werden.

Die Datei beim Bundeskriminalamt (BKA) soll Unterstützer terroristischer Vereinigungen sowie gewaltbereite Extremisten erfassen, "aber eben auch jegliche Kontaktpersonen", erklärte von Bose. Damit bestehe die Gefahr, dass auch nicht verdächtige Menschen erfasst werden. "Das kann ein Student sein, der in einer Wohngemeinschaft mit einer möglicherweise der Terrorszene zuzurechnenden Personen zusammenlebt", warnte von Bose.


Aus: "Datenschützer sehen Anti-Terror-Datei äußerst kritisch" (25.10.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/79996


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#25
Quote[...] Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (Gemeinsame-Dateien-Gesetz-BT-Drs. 16/2950) - verschärft durch Forderungen aus dem Bundesrat - sollen in der Bundesrepublik Deutschland erstmals die rechtlichen Grundlagen für die Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten geschaffen werden. Von besonderer Bedeutung ist die beim Bundeskriminalamt zur Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus einzurichtende Antiterrordatei, in welcher umfangreiches Datenmaterial der beteiligten Sicherheitsbehörden zusammengeführt werden soll.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder verkennt nicht die zur Begründung des Gesetzentwurfs geltend gemachte hohe Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und die Notwendigkeit zur Optimierung des Informationsaustauschs. Jede Intensivierung der informationellen Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten muss jedoch den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem - in einigen Landesverfassungen ausdrücklich genannten - Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten entsprechen. Der vorliegende Entwurf zur Antiterrordatei enthält schwerwiegende verfassungs- und datenschutzrechtliche Risiken.

Insbesondere den folgenden brisanten Aspekten wird im Rahmen der anstehenden parlamentarischen Beratungen besondere Beachtung zu schenken sein:

Die Anti-Terror-Datei sieht gravierende Erweiterungen des Datenaustauschs vor. Deshalb ist zumindest eine weitergehende Präzisierung der zu erfassenden Personen erforderlich. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Nachrichtendienste in der Antiterrordatei auch Personen erfassen, bei denen nur auf weichen Informationen beruhende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum internationalen Terrorismus bestehen. Diese Anhaltspunkte können auf legalem Verhalten beruhen, mit der Folge, dass auch unbescholtene Personen in der Antiterrordatei erfasst werden und deren Daten allen zugriffsberechtigten Behörden zur Verfügung stehen. Dass im Bereich der Vorfeldermittlungen ein besonders hohes Risiko einer Fehlprognose besteht, ist auch bereits verfassungsgerichtlich festgestellt.

Die Definition der in der Datei zu erfassenden sog. Kontaktpersonen muss präzisiert werden und der Kreis der Betroffenen ist einzuschränken. Dies gilt insbesondere für solche Kontaktpersonen, gegen die keinerlei belastende Erkenntnisse vorliegen. Es muss sichergestellt werden, dass nicht bereits unverdächtige soziale Kontakte zu einer Erfassung von Personen aus dem Umfeld Verdächtigter führen.

Die Aufnahme besonderer Bemerkungen, ergänzender Hinweise und Bewertungen in Freitextform eröffnet den am Verbund teilnehmenden Behörden die Möglichkeit, eine Vielzahl, auch weicher personenbezogener Informationen (z.B. nicht überprüfte Hinweise oder Vermutungen) ohne Bindung an hinreichend konkrete Festlegungen des Gesetzgebers in der Datei zu erfassen. Deshalb sollte darauf verzichtet werden.

In diesem Zusammenhang ist auch der Zugriff von Polizeibehörden auf Vorfelderkenntnisse der Nachrichtendienste im Hinblick auf das Trennungsgebot kritisch zu hinterfragen. Besonders bedenklich erscheint dabei die Zulassung von Ausnahmen vom verfassungsrechtlichen Trennungsgebot in den sog. Eilfällen, in welchen den beteiligten Behörden ein unmittelbarer Online-Zugriff auf alle Daten gestattet wird.

Die zugriffsberechtigten Sicherheitsbehörden sind nicht klar genug bezeichnet. Aufgrund der Speicherung auch höchst sensibler personenbezogener Vorfelddaten muss der Gesetzgeber aus rechtsstaatlichen Gründen selbst festlegen, welche Stellen zugriffsberechtigt sein sollen.

Im Übrigen sind auch die bereits jetzt erkennbaren Tendenzen zu einer Erweiterung der Antiterrordatei über die Terrorismusbekämpfung hinaus nicht akzeptabel. Dies gilt insbesondere für die im Gesetzentwurf vorgesehene Nutzung der Datei im Rahmen der Strafverfolgung. Es darf nicht zu einer immer niedrigeren Eingriffsschwelle kommen.


Aus: "Verfassungsrechtliche Grundsätze bei Antiterrordatei-Gesetz beachten" - Entschließung der 72. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 26. - 27. Oktober 2006 in Naumburg
Quelle: http://www.datenschutz.sachsen-anhalt.de/entschl/konf-72/antiterrordateigesetz.htm


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#26
Quote

A. Problem und Ziel
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, angesichts der Bedrohungen durch den
internationalen Terrorismus den Informationsaustausch zwischen Polizeien und
Nachrichtendiensten weiter zu verbessern.

B. Lösung
Es werden die gesetzlichen Grundlagen für die Errichtung einer gemeinsamen
standardisierten Zentralen Antiterrordatei sowie von gemeinsamen Projektdateien
von Polizeien und Nachrichtendiensten geschaffen.

C. Alternativen
Keine.


Aus: "Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (Gemeinsame-Dateien-Gesetz)" (22.09.06)
http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2006/0601-700/672-06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/672-06.pdf



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Quote[...] Der "Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder", kurz Gemeinsame-Dateien-Gesetz (PDF-Datei: http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2006/0601-700/672-06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/672-06.pdf), sieht die Einrichtung einer gemeinsamen, zentralen und standardisierten Anti-Terror-Datenbank von Bundeskriminalamt (BKA), der Bundespolizeidirektion, der Landeskriminalämter, der Verfassungsschutzbehörden, des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesnachrichtendienstes und des Zollkriminalamtes vor. Die Datenbank will die Bundesregierung in die Obhut des BKA geben. In dem System sollen unter anderem Daten über Personen gespeichert werden, die einer terroristischen Vereinigung angehören oder diese unterstützen. Dazu kommen Kontaktpersonen, bei denen "tatsächliche Anhaltspunkte" die Annahme begründen, dass sie mit potenziellen oder überführten Schwerverbrechern in Verbindung stehen.

Zurück wiesen die Ministerpräsidenten eine Empfehlung des Rechtsausschusses der Länderkammer, wonach der missverständliche Begriff der "Kontaktperson" im Gesetz vermieden werden sollte. Schon im eigentlichen Text – und nicht erst in der Begründung – wollten die Rechtspolitiker festgeschrieben wissen, dass Personen, die "flüchtig oder zufällig" mit den Terrorverdächtigen in Berührung gekommen sind, nicht gespeichert werden dürfen. Im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und zur Verwirklichung des Ziels der Datensparsamkeit sollten nur Informationen solcher Personen in der Anti-Terror-Datei gespeichert werden, so der abgeschmetterte Änderungsvorschlag, "die zur Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus unerlässlich sind".

Andererseits konnten sich die Länderchefs auch nicht für eine Empfehlung des Innenausschusses erwärmen, der sich für eine Zugriffsberechtigung von "weiteren Polizeivollzugsbehörden" auf die Terroristendatei ausgesprochen hatte. Nicht an der Datenbank beteiligte Dienststellen könnten andernfalls als "geheim" eingestufte Nachrichten "nur auf alternativen Wegen, die mit hohem Zeitverlust verbunden wären, austauschen". Der jetzige Gesetzesentwurf sieht vor, dass Staatsschutzdienststellen der Länderpolizeien zugriffsberechtigt sein sollen.

Generell hat der Bundesrat keine Einwände an der Anti-Terror-Datei, obwohl sowohl Oppositionspolitiker als auch Bürgerrechtler schwere verfassungsrechtliche Bedenken gegen den weit gestrickten Entwurf der Bundesregierung haben. Auch im Vorfeld der heutigen ersten Behandlung des Datenbankgesetzes in der Länderkammer hatten Datenschützer noch einmal auf "schwere handwerkliche Fehler" hingewiesen, vor der Entstehung eines "monströsen" Datenverbunds gewarnt und ein Einschreiten des Bundesrates gefordert.

Allgemein sieht die Länderkammer weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Abwehr und Verfolgung terroristischer Straftaten. Sie beklagt, dass das Autobahnmautgesetz eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme der Mautdaten und der Kontrolldaten nach anderen Rechtsvorschriften ausdrücklich ausschließt. Die enge Zweckbindung des Autobahnmautgesetzes für die Mautdaten muss nach Ansicht der Länder gelockert werden, um sie "zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Abwehr erheblicher Gefahren für die zuständigen Behörden nutzbar zu machen". Dies diene nicht nur "der
Bekämpfung schwerer Allgemeinkriminalität, sondern insbesondere auch der Terrorismusbekämpfung". Das "hohe terroristische Gefährdungspotenzial" mache es nötig, "die unterschiedlichsten Begehungsmodalitäten in die Abwehrstrategie einzubeziehen". Der Bundesrat hat die Bundesregierung daher aufgefordert, rasch einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Anpassung des Autobahnmautgesetzes vorzulegen, und so Öl in die Debatte über den Ausbau der Überwachung mit Hilfe der Mautdaten gegossen.


Aus: "Bundesrat gegen Befristung der Anti-Terror-Datei" (03.11.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/80504


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#27
Quote[...] Fredrik Roggan von der Humanistischen Union beklagte, dass man leicht in die Datei hineinrutschen könne, das "Rauskommen" aber "völlig unbestimmt" sei. Schon "tatsächliche Anhaltspunkte" auf die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung würden dem Entwurf nach ausreichen, "um eine Speicherung auszulösen". Dabei gehe es um die "unterste Stufe des Tatverdachts" und nur "um mögliche Indizien". Noch uferloser würden die Vorgaben, wenn man sich die Speicherung von Kontaktpersonen anschaue, womit "beinahe jedermann" erfasst werden könne.

Der Würzburger Strafrechtsprofessor Eric Hilgendorf fürchtete ebenfalls, dass schon von den Anfangsparagraphen eine "Sogwirkung" zur Einspeisung Verdächtiger ausgehen dürfte. Die Behörden seien angehalten, "möglichst viel reinzupacken" in die gemeinsame Datei. Ein "trojanisches Pferd" witterte der Wissenschaftler in Paragraph 6, demzufolge die Daten auch zur Verfolgung einer besonders schweren Straftat oder zur Abwehr einer Gefahr für "Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person" verwendet werden dürften. "Es fehlt nur noch die Ehre", um den Katalog der Persönlichkeitsrechte komplett zu machen, verwehrte sich Hilgendorf gegen eine derartige Befugnisausdehnung. Allgemein konstatierte er einen Trend zum "Abschleifen rechtsstaatlicher Sicherungen" der Bürgerrechte, dem die beiden debattierten Gesetzesvorhaben Vorschub leisten würden.

Ralf Poscher, Öffentlichkeitsrechtler an der Ruhr-Universität Bochum, lobte zunächst, dass das vorgeschlagene abgestufte System aus Grund-, Volldaten und einem Freitextfeld die bestehende Trennung zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten nur "ein Stück weit aufhebt". Gleichzeitig machte er aber Schwächen bei der vom Bundesverfassungsgericht immer wieder angemahnten "Sicherung gegen einen sich verselbstständigenden Sicherheitsapparat" aus. Die Polizei könnte künftig seinen Ausführungen nach etwa Peter Handke aufgrund seiner umstrittenen Äußerungen zu den Verteidigungsrechten Serbiens in der Datei speichern, mit eventuell vorhandenen Daten über einen Verkehrsunfall des Autors vereinen und alle Personen dazustellen, "für die Indizien vorliegen, dass sie sein Handeln kennen". Dass selbst ein "bloßes Befürworten" von Gewalt in einer Speicherung enden soll, führt für Poscher zu bedenklichen Eingriffsmöglichkeiten der Polizei in die Meinungsfreiheit.

Protest legten auch Datenschützer ein. Sönke Hilbrans von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD) sprach angesichts der Anti-Terror-Datei von einem Mittel zur andauernden Wiederholung von Grundrechtseingriffen und einem "reinen Verdachtsgewinnungsinstrument". Aber auch das TBEG bewege sich in "rechtsstaatlich unzugänglichem Terrain", da ohne echte Evaluation die Fehlentwicklungen der bestehenden Anti-Terrorgesetze fortgeschrieben und mit den geplanten Erweiterungen der Befugnisse "Datenspuren des Alltags unter inflationär erleichterten Bedingungen den Nachrichtendiensten zur Verfügung" gestellt würden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar gab zu bedenken, dass die Zusammenführung von "ungesicherten Informationen" der Geheimdienste mit den auf Tatsachen beruhenden Erkenntnissen der Strafverfolger im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der Verfassung problematisch sei. Beim TBEG sah er keinen Grund für eine Absenkung der Voraussetzungen für die Eingriffe in Grundrechte. Daten könnten zudem mit der geplanten Möglichkeit zur Ausschreibung von Personen zur europaweiten verdeckten Registrierung und Fahndung im Schengener Informationssystem (SIS) der Kontrolle der deutschen Sicherheitsbehörden entzogen werden.

Der Münchner Staatsrechtler Peter Badura verwarf ein verfassungsgemäß vorgegebenes Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten. Ein Auseinanderdividieren von Organisation und Aufgaben der beiden Bereiche sei allein nach dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beurteilen und müsse sich etwa in Datenlöschauflagen der einzelnen Behörden niederschlagen. Sein Bayreuther Kollege Markus Möstl sah ein Trennungsgebot generell nicht verletzt, da mit der Terrorismusbekämpfung "ein klarer Zweck" für die Datenzusammenführung gegeben sei. Beim TBEG hielt er aber den im Raum stehenden "Einbezug von Telediensten" für möglicherweise überprüfungswürdig.

BKA-Präsident Jörg Ziercke bezeichnete die gemeinsame Datei als "unerlässlichen Baustein", um islamistischen Netzwerken ein "schlagfertiges Kooperationsnetzwerk" der Sicherheitsbehörden entgegenzusetzen. Er erklärte aber zugleich, dass es auch ohne den erweiterten Datenverbund gelungen sei, "fünf große Anschläge" hierzulande zu verhindern. Die Zahl der in einer Anti-Terror-Datei erfassten Personen dürfte laut Heinz Fromm, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, unterhalb von 10.000 bleiben. Es komme darauf an, eine "schmale Schnittstelle" aus den bereits vorhandenen Indexdateien von Polizeien und Geheimdiensten zu erhalten.


Aus: "Zahlreiche Bedenken gegen neues Anti-Terrorpaket" Von Stefan Krempl (07.11.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/80620

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Quote[...] Nach dem Bekenntnis von Claudia Schmid, Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, sind Datenübermittlungen zwischen Polizei und Nachrichtendiensten keine Neuerung, sondern bereits Realität. Im Grunde würden lediglich bestimmte Teilmengen bereits vorhandener Daten aus zwei bestehenden Verbunddateien zu einer neuen Datei zusammengeführt. Das erklärte die Geheimdienstchefin gestern bei einer Anhörung des Bundestags-Innenausschusses für die zur Debatte stehenden Gesetzentwürfe zur Anti-Terror-Datei und zur Terrorismusbekämpfung.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, und Wolfgang Weber, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, untermauerten sogar noch dieses Bekenntnis. Weber sah ein Problem im Widerstand gegen eine Erfassung oder Speicherung der Daten von Ziel- und Kontaktpersonen, da deren "bereits vorhandene und legal erfasste Daten" lediglich in eine neue gemeinsame Datei eingespeist" würden.

Die neuen Überwachungsgesetze führen zum verfassungswidrigen Vollverbund der IT-Systeme von Geheimdienst und Polizei, hielt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar dagegen. Fredrik Roggan, stellvertretender Bundesvorsitzender der Bürgerrechtsorganisation und Sachverständiger in der Anhörung, stellt klar, dass die mit der Anti-Terror-Datei geplante Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Geheimdiensten gegen das verfassungsrechtliche Trennungsgebot verstoßen werde.

Aus: "Antiterrordatei: Datenaustausch zwischen Polizei und Geheimdiensten längst Realität - Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes findet offene Worte" (07.11.2006)
Quelle: http://de.internet.com/index.php?id=2046090&section=Security


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Quote[...]  Der Bundestag hat nach langem Streit die Schaffung einer Anti-Terror-Datei gebilligt. In ihr werden Daten von 38 Polizeibehörden und Geheimdiensten eingespeist. Dabei wird zwischen einer Index-Datei mit Grunddaten über verdächtige Personen und einer erweiterten Datei mit Angaben wie Telefon- und Bankverbindungen, Religionszugehörigkeit, Fahr- und Flugerlaubnissen, Fertigkeiten im Umgang mit Waffen und Sprengstoffen, besuchten Orten und Angaben zu bestimmten Gruppierungen unterschieden.

Die erweiterte Datei soll für die beteiligten Behörden nur im "Eilfall zur Abwehr einer akuten Gefahr" abrufbar sein. Gegner fürchten eine Vermischung der Aufgaben von Polizei und Geheimdiensten, Befürworter hoffen auf Erfolge im Kampf gegen den Terror.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verteidigt die geplante Anti-Terror-Datei von Bund und Ländern. Es gehe nicht um einen Überwachungsstaat wie die Opposition meine, sondern darum, in Zeiten großer Bedrohungen das Menschenmögliche an Sicherheit zu gewährleisten. Schäuble räumte ein, dass eine Datei die Kofferbomben in Zügen nicht hätte verhindern können. Der Staat habe aber die Aufgabe, seine Bürger so gut wie möglich zu schützen angesichts einer sich "wahrscheinlich eher verschärfenden Bedrohungslage".

"Deutschland ist Zielgebiet der Terroristen", sagte der CDU-Politiker Clemens Binninger. Das sieht auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz so: Es müsse selbstverständlich sein, "dass man in Bayern das weiß, was man in Schleswig-Holstein in den Akten hat" Die Gesetze, die zum 1. Januar in Kraft treten sollen, hätten Maß und Mitte. "Dem Netzwerk der Terroristen stellen wir hier ein Netzwerk der Sicherheit entgegen", erklärte sein Fraktionskollege Klaus Uwe Benneter.

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, bezweifelte im ARD-Mittagsmagazin, dass dieses Ziel erreicht werde. "Ich vermute, dass viel mehr Kontakt- und Begleitpersonen in dieser Datei sein werden als tatsächliche Zielpersonen", sagte Schaar. Dies könne Angehörige, Ärzte und Rechtsanwälte von Verdächtigen umfassen.

Für die Grünen warnte Wolfgang Wieland vor einem "Datenmoloch" und einem rechtsstaatlichen Dammbruch. "Beide Gesetze atmen den Geist des Überwachungsstaates." Auch die FDP hätte eine reine Index-Datei mitgetragen, hegt aber verfassungsrechtliche Bedenken gegen die jetzt geplante Form mit erweiterten Grunddaten. Der Innenpolitiker Max Stadler forderte zudem, mit der Verlängerung der Sicherheitsgesetze nun endlich eine bessere Kontrolle der Geheimdienste einzuführen. Der Linksfraktions-Abgeordnete Jan Korte sagte voraus, dass das Vorhaben vor dem Bundesverfassungsgericht landen werde.

Der Bundestag verlängerte außerdem das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 beschlossene "Terrorismusbekämpfungsgesetz" um weitere fünf Jahre. Zugleich erhalten die Nachrichtendienste erweiterte Auskunftsrechte, etwa einen direkten Zugriff auf Fahrzeug- und Halterdaten des Kraftfahrzeugbundesamtes.


Aus: "Bundestag billigt umstrittenes Gesetz - Anti-Terror-Datei kann angelegt werden" (01.12.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6150892_REF1_NAV_BAB,00.html


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Quote[...] Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) begrüßte das Gesetz [ ]: «Die zentrale Anti-Terror-Datei war überfällig. Die Datei ermöglicht eine dringend notwendige Vernetzung der vorhandenen Informationen über terrorverdächtige Personen», sagte der Vorsitzende Wolfgang Speck.


Aus: "Bush und Blair sollen in Anti-Terror-Datei" (nz; 01.Dez.2006)
Quelle: http://www.netzeitung.de/spezial/kampfgegenterror/462666.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Heute herrschte im Bundestag wieder einmal gähnende Leere bei der Absegnung der neuen exekutiven "Ermächtigungsgesetze" für die 38 Geheimdienst- und Polizeibehörden, die sich die Republik immer noch leistet, während die sogenannte "Anti-Terror-Datei" sowie erweiterte Befugnisse der Geheimdienste im Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) mit den Änderungen aus dem Innenausschuss beschlossen wurden.

Welches Ausmaß die jetzt schon vorhandenen, irgendwie zusammengespitzelten Daten haben, machte Wolfgang Wieland (Grüne) deutlich: er sprach von über 1.4 Millionen "Datensätzen", also Verdächtigen, allein bei den Polizeibehörden im Zusammenhang mit dem "internationalen Terrorismus".

Den üblichen Brüller leistete sich wieder einmal Klaus-Uwe, der Bin Netter der großen Koalition: "Das Verfassungsrecht auf Sicherheit ist das Ehrenwerteste im Grundgesetz." Daraufhin die Restbestände der parlamentarischen Opposition: da steht nix von im Grundgesetz. Klaus-Uwe Benneter: "Das Recht auf Sicherheit steht im ganzen Grundgesetz". Man gut, daß den niemand mehr ernst nimmt. Denn sonst hätte man ihn eigentlich, wie einen ganz normalen Faschisten, des Raumes verweisen müssen, als er der FDP-Abgeordneten Pilz (die sich darüber beschwerte, daß der Gesetzestext erst in der Nacht vor der Parlamentsdebatte den Gesetzgebern per Fax zugesandt worden war) folgende unglaubliche Worte sagte: "Wir wollten Ihnen eben nicht die Gelegenheit geben, sich vorher noch den Mund daran zu verbrennen."


Aus: "80 Millionen Verdächtige: LAW ON TERROR" (0815-info.de; 01.12.2006)
Quelle: http://www.0815-info.de/archiv/2006/dezember/120601.php


lemonhorse

Quote[...] Auch weiterhin gilt: Ein Geheimdienst hat keine Zwangsmittel gegen die Bürger und kann insbesondere niemand festnehmen. Er kann die Polizei auch nicht instrumentalisieren, denn über Untersuchungshaft und Unterbindungsgewahrsam entscheidet weiterhin der Haftrichter. Auch gerichtliche Strafurteile können nur dann auf Geheimdienstinformationen gestützt werden, wenn sie belegbar sind. Aus bürgerrechtlicher Sicht sind daher grundsätzliche Bedenken gegen die Anti-Terror-Datei nicht angebracht.



Aus: "DIE NEUE ANTI-TERROR-DATEI BEDROHT DIE BÜRGERRECHTE NICHT - Trennungsgebot bleibt in Kraft" Von CHRISTIAN RATH  (taz vom 2.12.2006, S. 11, (Kommentar))
Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/12/02/a0162.1/text

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Quote[...] Die deutsche Antiterrordatei und das US-VISIT-System sowie weitere Überwachungsprogramme werden mit demselben Argument begründet. Die Anschläge vom 11.9. hätten möglicherweise verhindert werden können, wenn solche Listen, auf die möglichst viele Behörden zugreifen können, bereits vorhanden gewesen seien. Man habe eigentlich alle Informationen über die Täter gehabt, da sie aber nicht verbunden gewesen seien, konnten diese einreisen und ihre Anschläge durchführen.

"Die Untersuchungen des amerikanischen Kongresses haben ergeben, dass theoretisch alle notwendigen Informationen vor dem 11. September 2001 vorhanden gewesen wären, um die Planungen in Bezug auf das World Trade Center zu erkennen; sie waren nur nicht miteinander verknüpft. Das ist keine Kritik. Aber man muss für die Zukunft daraus lernen."
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag im Bundestag

[...] Nachdem also angeblich ein Terrorverdächtiger und 1600 weitere Personen identifiziert wurden, während kein neuer Anschlag in den USA stattfand, ließe sich natürlich sagen, was auch gemacht wird, dass damit das Sicherheitssystem sich als effizient erwiesen habe. Ob deswegen kein Anschlag stattfand, lässt sich allerdings nur behaupten, aber nicht belegen. Dass außer der einen "wirklich bösen" Personen niemand aufgrund des Überprüfungsprogramms festgenommen wurde, ist ebenso ambivalent zu interpretieren. Die einen können sagen, der Aufwand mitsamt den Einschränkungen der Reisefreiheiten und den Prozeduren für Reisende habe sich nicht gelohnt. Die anderen können sagen, das Programm habe die Terroristen wirksam abgeschreckt.

Quote[...] 3. Dezember 2006 11:08
Gibt es Quellen / Umfragen fuer den Zustimmungsgrad?
Von Moody

Telepolis schrieb:

> "Die Menschen in diesem Land haben keine
> Angst vor Datenbanken der Sicherheitsbehörden;
> sie haben keine Angst vor Videokameras der
> Sicherheitsbehörden. Sie haben vielmehr Angst
> vor Anschlägen. Wir tun etwas, um Anschläge
> zu verhindern."
> Clemens Binninger (CDU/CSU) am Freitag im Bundestag

Da es mir 180° entgegengestzt geht frage ich mich: Wie kommt er
darauf? Hat er mal eine repraesentative Umfrage machen lassen? Ich
glaube, dass inzwischen sehr, sehr unterschiedliche Ergebnisse bei
verschiednen Umfragen zu erwarten waeren.

Ueberwiegende Zustimmung vermute ich nur noch in drei Segmenten der
Bevoelkerung:

1) Wohlbegueterte / Reiche
2) Gering- bis Mittelqualifizierte
3) Aeltere

Es haben sich nur wenige Menschen (gemessen an der Gesamtzahl der
Bevoelkerung) mit dem Thema aktiv auseinandergesetzt (darueber
diskutiert, sich Argumente von Kritikern der Ueberwachung angehoert),
aber unter denen, die das getan haben glaube ich nicht an eine hohe
Zustimmungsquote.

Menschen, die das politische Geschehen nur passiv ueber die offiziell
dafuer vorgesehenen Medien konsumieren, werden vermutlich eine
hoehere Zustimmungsquote erreichen. Aus meiner Sicht allerdings nur
aufgrund unzureichernder und verzerrender Darstellung der aktuellen
politischen Probleme und des Problems "Terrorismus".

Quelle: http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=11730349&forum_id=109155



Aus: "Schützen Antiterrordateien und andere Listen wirklich vor Anschlägen?" Von Florian Rötzer (TP; 03.12.2006)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24123/1.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach den Worten der Stasi-Beauftragten ist das Interesse an den Stasi-Akten ungebrochen. ,,Am größten ist das Interesse an der persönlichen Akteneinsicht. Wir hatten 80.000 Anträge im vergangenen Jahr. In diesem Jahr werden wir sogar bei 88.000 Anträgen landen, die meisten davon Erstanträge", sagte Birthler.


Aus: "DDR-Vergangenheit: 1500 Ex-Stasi-Leute bei Polizei und Grenzschutz" - Vor einer Woche erst musste die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen eingestehen, dass mehrere Dutzend frühere Mitarbeiter des DDR-Staatssicherheitsdiensts in ihrer Behörde arbeiten. Jetzt sagt Marianne Birthler, wo noch weitaus mehr Ex-Stasi-Angehörige tätig sind (welt.de; 05.12.2006)
Quelle: http://www.welt.de/data/2006/12/05/1135508.html