[...] Doch Beweis um Beweis trugen die Richter zusammen, und wer das 216 Seiten starke Urteil liest, ist von der Schuld des Hartmut Crantz überzeugt. Es bleibt kein vernünftiger Zweifel: Auch die theoretischen Varianten, Frau Crantz könne Suizid begangen oder sich mit einem Geliebten davongemacht haben, fallen in sich zusammen. Als der Firma die Pleite drohte, hatte er ihr alles überschrieben. Zu den Indizien passt die Persönlichkeit des Angeklagten.
Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt ihm eine - Als-ob-Persönlichkeit - , die immense Unsicherheiten und Ängste mit der Fassade des Machers , des Herrn-im-Haus kaschiere.
Kontrolle über die Umgebung sei Crantz das Wichtigste, mit Reichtum und Statussymbolen versuche er sein schwaches Ego zu stabilisieren. Gerate sein glanzvolles Selbstbild aber in Konflikt mit der Realität, so täte er - vieles, wenn nicht gar alles dafür - , die schöne Illusion zu retten.
All das hat dem Landgericht im Jahre 2000 die Gewissheit verschafft, dass Hartmut Crantz seine Frau getötet haben muss.
Aus: "Neue Wörter vom 8.8.2002: "Als-ob-Persönlichkeit, die"" Von der Wortwarte (8.8.2002)
Quelle:
http://www.sfs.uni-tuebingen.de/~lothar/nw/Archiv/Datum/d020808.html#w0-.-
[...] Eine Ehe ohne offen ausgetragene Konflikte, ohne Tränen, Wut, Krach und Leidenschaft. Ohne Aussprachen, ohne Ausbrüche, ohne Aus-der-Rolle-Fallen. Man sperrte sich hinterrücks die Konten und ging gemeinsam aus. Man stahl sich Verträge aus dem Aktenkoffer und aß höflich zusammen das Frühstücksei. Man machte den Termin beim Scheidungsanwalt und feierte gemeinsam Weihnachten. Man hasste sich - doch wahrte stets die Contenance. Welch tödliche Maskerade! Kein Schriftsteller hätte ein konsequenteres Ende dieser Ehe ersinnen können.
Aus: "Die letzte Szene einer Ehe" Von Sabine Rückert (DIE ZEIT 33/2002)
http://zeus.zeit.de/text/2002/33/200233_crantz-prozess_xml-.-
[...] Bei der Befragung eines zentralen Belastungszeugen kommt es nun zu folgender Szene: Strate hat gerade das Fragerecht, und es geht zäh voran. Plötzlich unterbricht Strate, schlägt mit der flachen Hand auf die Tischplatte und ruft wütend zum Richtertisch hinüber: "Wissen Sie, Herr Vorsitzender, meine wichtigsten Fragen kann ich hier nicht stellen, weil der Sohn des Angeklagten da drüben sitzt und alles mithört. Er selbst ist aber als Zeuge noch gar nicht vernommen worden. Das ist doch meinem Mandanten gegenüber nicht fair. Ich werde, ich muss jetzt aufhören zu fragen!!" Der Fan-Klub ist außer sich. Erregtes Gemurmel: Was für eine Ungerechtigkeit gegenüber dem Angeklagten.
Der Nebenklägervertreter Schwenn bietet aber überraschend an: Sein Mandant verlasse gerne den Saal, dann könne Strate ja in Ruhe weiterfragen. Warum lächelt er dabei? Warum scheint es so, als müsse auch der Vorsitzende sich das Lachen verbeißen? Warum ist der Verteidiger Strate alles andere als erfreut über dieses Angebot. Warum schaut er so säuerlich, als der Nebenkläger sich erhebt und hinausgeht? Er hat seinen Willen doch bekommen.
Allein bei den Zuschauern herrscht tiefe Befriedigung über die Herstellung der Waffengleichheit. Strate fragt also weiter. Jetzt ohne die Zeugenschaft des Sohnes Crantz. Aber seine Fragen sind eher belanglos. Warum? Er wollte doch jetzt erst richtig loslegen.
Erst später, als ich mich bei den Proezssbeteiligten erkundige, geht mir auf, was ich miterlebt hatte. Der schlaue Strate hatte die Empörung über die Anwesenheit des Nebenklägers nur inszeniert, weil ihm die Fragen ausgegangen waren. Aus diesem Zeugen war - jedenfalls zugunsten des Angeklagten - kein Wort mehr herauszuholen. Also wollte Strate die unergiebige Befragung wenigstens mit einem Paukenschlag beenden und Sympathien für den Angeklagten sammeln. Und bei den Zuschauern hatte er Erfolg damit. Dadurch aber, dass der Nebenkläger freiwillig den Raum verließ, war Strates Plan durchkreuzt. Er musste sich jetzt noch mehr fade Fragen ausdenken. Das ärgerte ihn, und der Vorsitzende hatte sein Freude dran.
[...] Der Gerichtsreporter muss - und damit komme ich zum Schluss - vor allem eines: AUFPASSEN. Denn jedes Stück, in das er geht, wird nur einmal gespielt.
Aus: "Der Gerichtsreporter: Vom Problem zu verstehen, was man sieht und hört." (31.10.2001)
Quelle:
http://www.regino-preis.de/festrede_rueckert.htm-.-
[...] Die Als-ob-Strategie hat sich für alle diejenigen bewährt, die sich neue Felder sozialer Kompetenz erschließen wollen. Sie ist die erfolgreichste Methode, um Bewährungssituationen in ungewohnter Umgebung zu bestehen. [...]
Niemand kann Ihnen von außen ansehen, wie kompetent sie sind. Jedes Urteil über Sie wird allein aufgrund Ihres Aussehens und Ihres sichtbaren Verhaltens gefällt. Wenn Sie auftreten, als ob Sie kompetent sind, dann gelten Sie für die Zuschauer auch als kompetent. Aus dem Schein wird Sein.
Oft zitiert und doch immer wieder wichtig: Ihre Wirkung beruht zu 55 Prozent auf Körpersprache, zu 38 Prozent auf der Stimme und nur zu 7 Prozent auf dem Inhalt des Gesagten.
[...] Die Als-ob-Strategie eignet sich nicht nur für öffentliche Reden. Mit der gleichen Methode können Sie auch andere ungewohnte Situationen meistern, zum Beispiel Bewerbungsgespräche, Telefonate mit wichtigen Personen, Verhandlungen, Verkaufsgespräche, aber auch Flirts, Liebeserklärungen und Heiratsanträge.
Bruchstück aus: "Die Als-ob-Strategie - Hochstapeln für Anfänger und Schüchterne" (Ausgabe Dezember 2001/ 4. Jahrgang )
Quelle:
http://www.berlinx.de/ego/1201/art2.htm-.-
[...] Zum Ende zu finden wir ihn nämlich wieder in gewohnter Form, wenn er über die Mechanismen unseres Zeiterlebens, über neue Erkenntnisse zur "Künstlichen Intelligenz" und in einzigartiger Weise über "Die Künste und das Gehirn" schreibt. Was die Fakten betrifft handelt es sich nämlich um ein lesenswertes Buch, das uns viele aufschlußreiche Einblicke in die Arbeitsweise eines Organs vermittelt, das in der Evolution gelernt hat, mit seinem Nichtwissen auf überlebensdienliche Weise umzugehen. Das macht das Gehirn so perfekt, daß es die Illusion erzeugt, ein objektives Wissen zu besitzen. Aber erst wenn wir seine Als-ob-Strategie durchschauen, fangen wir an, wirklich zu verstehen. Solange wir seine Hypothesen und Erfindungen, wie z. B. die der Zeit, für bare Münze nehmen, sind wir nur die Marionetten des Herrschaftsorgans, die seinen Vorgaben hinterherlaufen. Sokrates jedoch war ein Weiser: Er hatte alle Wissensillusionen solange hinterfragt, bis er wußte, daß wir (objektiv) nichts wissen. Das gab ihm jene mentale Souveränität, die ich uns allen wünsche.
Aus: "Buchbesprechung: Ernst Pöppel, Anna-Lydia Edingshaus/Geheimnisvoller Kosmos Gehirn" (C. Bertelsmann Verlag München 1994, veröffentlicht in der philosophischen Halbjahreszeitschrift "Aufklärung und Kritik" Heft 1/1996)
Quelle:
http://deposit.ddb.de/ep/netpub/03/64/52/968526403/_data_dyna/_snap_stand_2003_01_07/lt12.html-.-
autismuskritik: "assoziation: nachträge zur "als-ob-persönlichkeit""
("als-ob-leben ?", posted by monoma - 25. Apr, 2007)
http://autismuskritik.twoday.net/stories/1872905/