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[`Hell` - freundlich... ]

Started by Thomasio, September 18, 2007, 08:37:46 PM

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Thomasio

16 Uhr: inmitten der Feierabendwelle. Alle paar Minuten falle ich in einen komatösen Halbschlaf und stürze in Sekundenträume, während Marek die Lücken auf der Autobahn sucht und seinen neuen Renault auf zweihundert Stundenkilometer durch drückt. Sein Fahrstil erinnert an einen Runningback, der im fliehenden Zickzack durch die Löcher der Offensline schlüpft. Wir sitzen in einem vollklimatisierten `Createuer D`Automobile`, lauschen der Laola – Welle von Radio N`Joy, dessen Gute – Laune Auftrag den Mittwoch als Bergfest feiert, rasen an sonnenverbrannten Straßenarbeitern vorbei und versuchen, uns gegenseitig mit kurzen Floskeln wach zu halten. Das Bi – Xenonlicht mit automatischer Leuchtweitenregulierung, die Scheinwerferwaschanlage, das dynamische Kurvenlicht, die automatische Parkbremse, der Licht – und Regensensor , die Klimaautomatik, der Bordcomputer und schließlich die hundertzwanzig PS machen es schon fast zur Pflicht, auf der linken Spur nach Hause zu kommen.
  Aber wir sind nicht allein, es gibt eine dritte Person im Wagen, die uns alle paar Minuten auf etwas aufmerksam macht. Im Bordcomputer selbst sitzt Lena (Marek hat ihr den Namen gegeben), die freundliche Frauenstimme, die den reibungslosen Ablauf der Maschine überwacht und die kleinsten Fehler meldet;
  ,,Bitte schnallen Sie den Sicherheitsgurt an!"  oder
  ,,Kraftstoff auf Reserve – Reichweite eingeschränkt." oder
  ,,Scheinwerferlicht defekt!"
  Marek könnte die Stimme ausschalten, tut es aber nicht, wahrscheinlich auch, um nicht einzuschlafen. Zehn Stunden Arbeit sitzen in den revoltierenden Knochen. Doch ihre Stimme ist nicht unangenehm; freundlich, akzentfrei, mit weichen f und w – Lauten, mit der nötigen Distanz, um auf den erschöpften Fahrer Rücksicht zu nehmen, und doch mit einem gewissen Nachdruck, hinter dem man ihren pflichtbewussten Charakter heraus hören kann. Ihre Fehlerquote liegt bisher bei O,O Prozent, was letztendlich auf ein gutes Verhältnis zum Fahrer schließen lässt. Doch an diesen Tag meldet sie um 16. 30 Uhr, dass das rechte Blinklicht defekt sei. Marek richtet sich alarmiert auf, schaut mich in einer Mischung aus Skepsis und vorsichtigem Unbehagen an und fährt schließlich auf eine Raststätte. Er steigt aus, während ich den Blinker betätige. Kopfschüttelnd steigt er wieder ein.     
  ,,Einwandfrei." sage er, und dann, nach einer kurzen Pause. ,,Seltsam."
  Wir fahren weiter. Kurz vor Kiel geraten wir in den Stau. Marek macht den Motor aus, (das heißt, er drückt den Zündknopf, da der Wagen über eine Keycard funktioniert), und lehnt sich in den Sitz zurück. Wir müssen beide eingeschlafen sein, denn als wir aufwachen, hat sich der Stau gelöst. Die Autos überholen uns, ohne zu hupen. Marek drückt auf den Zündknopf, aber der Wagen springt nicht an. 
  ,,Betriebssystem defekt!" sagt Lena in ihrer gewohnten, `Hell` - freundlichen Stimme.
  ,,Was soll das denn jetzt?" ruft Marek und drückt wieder auf den Zündknopf.
  ,,Betriebsystem defekt!" wiederholt Lena. ,,Halten Sie sofort an!" 
  ,,Scherzkeks!"
  ,,Bitte suchen Sie die nächste Renaultwerkstatt auf!"
  ,,Was...?"
  ,,Betriebssystem... Halten sie sofort....Steigen sie... Kraftstoff....die nächste Renaultwerkstatt!"