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Author Topic: [Menschen in Schichten und Klassen... ]  (Read 496383 times)

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Textaris(txt*bot)

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[Menschen in Schichten und Klassen... ]
« Reply #1400 on: March 01, 2023, 11:20:22 AM »

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[...] Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland haben 2022 real zum dritten Mal in Folge weniger verdient als im Jahr davor. Die Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen seien zwar um 3,5 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise mit 6,9 Prozent aber deutlich stärker, teilte das Statistische Bundesamt mit. Damit sanken die Reallöhne im Rekordtempo von 3,1 Prozent. Eine frühere Schätzung hatte sogar ein Minus von 4,1 Prozent ergeben, wurde aber nun deutlich nach unten korrigiert.

Das wurde notwendig, weil die Inflationsrate für das vergangene Jahr neu berechnet wurde. Der zur Preisermittlung herangezogene Warenkorb wurde auf die Konsumgewohnheiten aus dem Jahr 2020 umgestellt, bislang diente 2015 als Basis. Dadurch wurde die Inflationsrate deutlich nach unten korrigiert, nämlich von 7,9 auf 6,9 Prozent.

"Nach wie vor handelt es sich um den höchsten Anstieg der Nominallöhne bei gleichzeitig stärksten Reallohnverlust für die Beschäftigten, der seit Beginn der Zeitreihe 2008 in Deutschland gemessen wurde", teilten die Statistikerinnen mit. Während 2020 insbesondere der vermehrte Einsatz von Kurzarbeit wegen der Corona-Pandemie zur negativen Nominal- und Reallohnentwicklung beigetragen hat, zehrte 2021 und 2022 die hohe Inflation den Nominallohnanstieg auf. Zuletzt fiel die Entwicklung ebenfalls negativ aus: Im vierten Quartal 2022 sanken die Reallöhne um 3,7 Prozent.


Aus: "Inflation: Reallöhne das dritte Jahr in Folge gesunken" (1. März 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-03/realloehne-inflation-statistisches-bundesamt

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JaguarCat #1

Läuft also für die Reichen.


...

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[...] Jeder fünfte vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in Deutschland muss mit einem Bruttogehalt von 2.500 Euro oder weniger auskommen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage von Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hervor, die der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vorliegt. 2021 lagen 4,7 Millionen Vollzeitbeschäftigte in Deutschland unter dieser Lohngrenze von 2.500 Euro brutto. Das entspricht 21,9 Prozent.

Linkenfraktionschef Dietmar Bartsch nannte die Zahlen "ein Armutszeugnis für unser Land". Er forderte: "Wir brauchen höhere Löhne in Deutschland." Eine Familie lasse sich damit kaum ernähren, zudem sei massenhafte Altersarmut programmiert. Schlechte Löhne seien auch eine Ursache für den grassierenden Fachkräftemangel. "Wir brauchen eine Lohnoffensive in Deutschland, die die Inflation zumindest ausgleicht." Die Forderungen der Gewerkschaften seien gerechtfertigt, sagte Bartsch.

Der Verdienst fällt von West nach Ost steil ab. Während in den westlichen Bundesländern 2021 nur 19,6 Prozent der Beschäftigten weniger als 2.500 Euro brutto bekamen, war es im Osten fast jeder Dritte (31,9 Prozent), wie aus der Tabelle des Ministeriums hervorgeht.

Nach dem von der EU gesetzten Standard gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. Für einen Einpersonenhaushalt waren das 2021 1.148 Euro netto im Monat. Für eine alleinerziehende Person mit einem Kind unter 14 Jahren waren es 1.492 Euro.

Mehrere Gewerkschaften streiken derzeit und fordern mehr Gehalt. Im Tarifkonflikt des öffentlichen Diensts in Bund und Ländern hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für Freitag Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr in sechs Bundesländern angekündigt. 


Aus: "Jeder Fünfte verdient trotz Vollzeit weniger als 2.500 Euro brutto" (1. März 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2023-03/einkommen-vollzeitjob-2500-euro-loehne

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Örkelchen #2

So ist das letzten Endes ja auch gedacht, könnte man meinen.


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-Palomino- #2.1

Könnte man nicht meinen, ist so, nennt sich Kapitalismus.


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Kiwimann #2.2

Stimmt, weil die Geschichte gezeigt hat, dass die Menschen in anderen Wirtschaftsformen so viel besser da stehen. [Wenn jemand pauschal den Kapitalismus kritisiert, kann ich ihn auch pauschal verteidigen.]


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Blaubeerchen #2.5

In der Kritik des Kapitalismus sind sich in der Regel alle einig, aber bisher konnte niemand eine bessere Wirtschaftsform präsentieren, bei der am Ende der gemeine Pleb langfristig nicht sogar noch schlechter dastand.

Selbst China hat die Idee der ewigen kommunistischen Revolution alá Mao aufgegeben und sich einem Staatskapitalismus zugewandt als man erkannt hat, dass die roten Träume nicht funktionieren und erst recht keinen Wohlstand schaffen.


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TwixoderRaider #2.9

Ja es ist schon erstaunlich und es wird auch kaum auf eine entscheidende Ursache medial eingegangen. Im Artikel wird z.B. einerseits das gewaltige Niedriglohnprekariat benannt (welches auf 40% anwachsen würde würde man die Grenze bei gut 3000€ brutto festlegen) am Ende kommt aber die vermeintliche Trostmeldung: 'Mehrere Gewerkschaften streiken derzeit und fordern mehr Gehalt. Im Tarifkonflikt des öffentlichen Diensts in Bund und Ländern hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für Freitag Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr in sechs Bundesländern angekündigt'
Nur, der weit überwiegende Teil der schlecht bezahlten Billiglöhner in unserem Land ist nicht tariflich gebunden. Deutschland hat die niedrigste Tarifbindungsquote aller größeren EU-Staaten. Sie ist von 63% 1998 auf unter 43% in 2021 gesunken und fällt weiter. Die Brüsseler Zielsetzung von 80% Tarifbindung verfehlt Deutschland weit.
Profitieren von durch Streiks erstrittenen Gehaltssteigerungen werden daher nur die, die sowieso schon mindestens durchschnittlich bis überdurchschnittlich verdienen. Die Schere wird immer größer. Und nicht der Mindestlohn stabilisiert das Lohnsystem entscheidend nach unten sondern Tarifbindung.


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Tordenskjold #2.10

"- nennen Sie mir die konkreten Punkte, die Sie kritikwürdig finden."

Wenn Familien vom Vollzeitjob des Vaters ohne staatliche Unterstürtzung nicht mehr leben (wohnen, heizen etc.) können? Und wenn die staatliche Unterstützung vom Steuerzahler kommt und so die Arbeitgeber indirekt subventioniert werden?

Wenn die Eliten sich reproduzieren und die soziale Mobilität gegen Null tendiert? Wer studiert? Kinder von Akademikern...

Wenn Susanne Klatten, Milliarden Dividendenausschüttung bekommt und davon kaum Steuern bezahlen muss?

Wenn Privatpatienten sofort einen Termin beim Facharzt bekommen und der Rest monatelang (und manchmal komplett vergeblich) auf einen Termin warten muss?

Wenn Löhne und Gehälter stagnieren, die Kaufkraft des unteren Drittels der Gesellschaft kontinuierlich sinkt, während Managementgehälter inzwischen durch die Decke gehen und die Zahl der Armen und die Zahl der Millionäre immer mehr zunimmt?

Das sind so vier spontane Dinge, die mir einfallen...


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Das denke ich #7

"Wir brauchen eine Lohnoffensive in Deutschland, die die Inflation zumindest ausgleicht. Die Forderungen der Gewerkschaften sind gerechtfertigt."

Was dabei am Ende herauskommt ist eine Verstärkung der Inflation, die letztlich auch den Geringverdienern schadet.


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Jinx Powder #7.1

„Was dabei am Ende herauskommt ist eine Verstärkung der Inflation, die letztlich auch den Geringverdienern schadet.“

Was kommt denn dabei raus wenn man flächendeckend prekäre Lebensumstände zementiert und Geringverdiener in Armut stürzt und die Sozialsysteme überfordert?


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Das denke ich #7.2

Genau deshalb ist eine hohe Inflation schädlich, weil sie letztlich dazu führt, dass soziale Sicherungssysteme überfordert werden, Lebensumstände zementiert und Geringverdiener in Armut stürzt.


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Earl Byrd #7.3

Sie wollen also die Inflation bremsen, indem Sie die gering Verdienenden als Prellbock benutzen? Gestern kam im Radio die Meldung, dass die Zahl der Überschuldungen rasant steigt. Anspruchslos lebende Menschen können ihr Dasein in Deutschland nicht mehr mit Arbeit finanzieren. Und das ist okay für Sie? ...


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Smoove13 #8

Es ist der 01.03.2023 und im Artikel geht es um Zahlen für das Jahr 2021.
In der Zwischenzeit wurde der Mindestlohn deutlich angehoben, Hartz IV ersetzt durch Bürgergeld und im Zuge von einem Krieg innerhalb Europas eine Energiekrise ausgelöst.
Die Zahlen von 2021 beinhalten zudem noch diverse Schließungen im Rahmen von corona. Da gab es mit Sicherheit noch einige Vollzeitstellen mit Kurzarbeitergeld.
Unsere Datenlage zwei Monate nach Ende des Jahres 2022 ist offensichtlich so schlecht, dass wir für eine solche Diskussion auf veraltete und überholte Daten zugreifen müssen.
Und hier begehen Foristen den Fehler die Daten aus 2021 mit den Kosten aus 2023 zu vergleichen.


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Dagehtnochwas #8.1

„Und hier begehen Foristen den Fehler die Daten aus 2021 mit den Kosten aus 2023 zu vergleichen“

Die grundlegenden Fakten haben sich doch nicht verändert, hier verdienen viel zuviele Menschen zu wenig. Und zwar meist die, deren Jobs den Laden am Laufen halten.


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Smoove13 #8.2

2021: Mindestlohn 9,50€/9,60€ 1. HJ/2. HJ

Oktober 2022: Mindestlohn 12€ Steigerung von 25%
Sie sagen also, dass sich nichts verändert hat seit 2021?


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Okidastova #8.3

Na ja. Inflation von 10% frisst das halt wieder auf.


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Earl Byrd #10

Die Spanne zwischen Top- und Kleinstverdienern im selben Unternehmen ist um ein Vielfaches größer als früher. Es gibt keine Arbeit, die wirklich 60mal soviel wert ist wie eine andere. Wenn die Kleinlöhne angepasst werden, darf das nicht jedesmal dazu führen, dass die Steigerung (womöglich noch überproportional) nach oben durchgereicht wird. Wir haben eindeutig ein Gier- und Neidproblem. Neidisch sind aber die Reichen auf die Armen, und gönnen ihnen nicht das Hemd auf dem Leib. Zu erkennen an den hier auch wieder zu lesenden Sprüchen wie "Warum soll der mehr bekommen? Der kann doch nichts!" Damit lässt sich jede Ausbeutung perfekt rechtfertigen. Umgekehrt: Die "Führungselite" ist oft genug die Personalschicht ohne fachliche Qualifikation, welt- und sachfremd BWL-verseucht. "Nieten in Nadelstreifen", kennt das noch jemand?


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Büffelmozzarella #10.2

""Warum soll der mehr bekommen? Der kann doch nichts!""

Traurig ist dass. Arbeit sollte immer geschätzt werden und vor allem anständig entlohnt werden. Auf Baustelle gibt es auch ungelernte Handlanger die dem Maurer zum Beispiel zu arbeiten. Die bewegen tagtäglich mehrere Tonnen an Material. Verdienen aber meistens nur Mindestlohn. Ohne diese Menschen würde es aber teilweise nicht laufen.

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TwixoderRaider #40

Würde man die Grenze bei 3.000 brutto setzen würden fast 40% der Arbeitnehmer darunter fallen. Das ist skandalös. Was mir dann besonders übel aufstösst aber zeigt wie weit viele Medien wohl von den Verhältnissen des Normalbürgers entfernt sind ist die Rubrik 'Kontoauszug' hier bei Zeitonline.
Reihenweise werden dort Arbeitnehmer vorgestellt die 7.000, 10.000 oder 14.000€ im.Monat verdienen, drei, fünf oder 10 Immobilien besitzen oder 1.000, 2.000 oder mehr Euro im Monat für Hobbys, Reisen oder Investitionen ausgeben. Ist das die Welt wie sie ZON Redakteure erleben und die irgendwie repräsentativ sein soll? Das würde viel erklären.


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Einfach Mensch #40.1

"..Reihenweise werden dort Arbeitnehmer vorgestellt die 7.000, 10.000 oder 14.000€ im.Monat verdienen, drei, fünf oder 10 Immobilien besitzen oder 1.000, 2.000 oder mehr Euro im Monat für Hobbys, Reisen oder Investitionen ausgeben. ..."

Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Schön wäre es, wenn dort einmal andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Wort kommen würden. Die Reinigungskraft mit zwei Jobs zum Beispiel, der Handwerksgeselle, die/der "kleine" Sachbearbeiter im mittelständischen Unternehmen, der ungelernte Zeitarbeiter etc. Die Ergebnisse dieser Interviews könnten gewisse Leute allerdings stark verunsichern...



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Mistral_2000 #46

Die sind halt alle zu faul.
So hat man mir das damals 2004 erklärt.
Agenda 2010 sag ich da mal.
Ausbau des Niedriglohnsektors
Leiharbeit
Ausstieg aus den Manteltarifverträgen (SPD in Berlin) Etc etc etc

Wenn man jetzt die Mittelstandsverortung von Herrn Merz zum Maßstab nimmt ? Was man ja dringend tun sollte, weil der Mann hat ja „Ahnung von Wirtschaft „,
dann wären all die Arbeitnehmer mit 2500 Euro brutto jetzt WAS genau im sozialen Ranking ?
Also 2500 Euro brutto. Davon gehen im Schnitt (und der ist jetzt optimistisch) 800 Euro für Miete drauf, Versicherungen , Lebensmittel , Transport , etc.
Vom Rest kauft man sich natürlich ne Eigentumswohnung und investiert in die Aktienrente. Wir leben halt in einer LEISTUNGSGESELLSCHAFT!
So jedenfalls propagieren es und die Politiker, die dann eben auch mit ihren „ überdurchschnittlichen Leistungen“ als gutes Beispiel unser Land anführen.
Na Hauptsache es gibt genug Hartz 4 Empfänger denen man dann seine ganze Verachtung schenken kann, spätestens an DER Grenze sind dann viele in Deutschland wieder gleich .
Auch irgendwie ne Form des „ sozialen Ausgleichs „


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FTzFL #54

So ist es eben, wenn Dividenden wichtiger sind als tatsächliche Arbeits und Lebensleistung!


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« Reply #1401 on: March 03, 2023, 10:34:34 AM »

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[...] Die Tafeln in Deutschland sehen sich am Limit. Im bundesweiten Durchschnitt seien im vergangenen Jahr 50 Prozent mehr Menschen zur kostenlosen Lebensmittelverteilung gekommen, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Tafeln, Jochen Brühl, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Die Tafeln unterstützen aktuell etwa zwei Millionen Menschen, so viele wie nie zuvor in unserer 30-jährigen Geschichte." Die Helfer seien "psychisch und physisch am Limit".

Die Tafeln stehen demnach außerdem vor dem Problem, dass vielerorts Lebensmittel zum Verteilen fehlen. Das liege an der gestiegenen Nachfrage – aber auch daran, dass Supermärkte anders kalkulierten und dadurch nicht mehr so viele Lebensmittel übrig hätten.

Brühl forderte eine neue Politik für von Armut betroffene Menschen. "Es ist keine Lösung, dass alle zu den Tafeln kommen", sagte er. "Wir können nicht auffangen, was der Staat nicht schafft." In Armut lebende Menschen müssten schnell, direkt und krisenfest unterstützt werden. "Es ist genug da, nur nicht gerecht verteilt."


Aus: "Tafeln sehen Helfer "psychisch und physisch am Limit"" (3. März 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-03/tafel-deutschland-versorgungsknappheit-fodert-unterstuetzung
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« Reply #1402 on: March 07, 2023, 10:14:03 AM »

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[...] In Berlin ist bei fast jedem zehnten Ausreisepflichtigen mit abgelehntem Asylantrag das Herkunftsland unbekannt. Ein vergleichbar hoher Anteil von ausreisepflichtigen Menschen mit ungeklärter Herkunft findet sich in keinem anderen Bundesland. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Den Angaben zufolge stammen knapp 18 Prozent der insgesamt etwa 21.654 Ausreisepflichtigen in Berlin aus Moldau. Die mit Wohnsitz Berlin im Ausländerzentralregister erfassten 2020 Menschen mit ungeklärter Identität bilden mit rund 9,3 Prozent die zweitgrößte Gruppe, gefolgt von Menschen aus dem Irak sowie Ausreisepflichtigen aus der Russischen Föderation und aus Georgien.

Das Bundesinnenministerium hatte 2021 gegenüber dem Berliner Innensenat die Vermutung geäußert, die hohe Zahl der Asylantragsteller aus Moldau könne mit der damals gängigen Praxis der Auszahlung von Sozialleistungen für mehrere Monate im Voraus in Berlin zusammenhängen.

In Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen stammten die meisten Ausreisepflichtigen 2022 aus dem Irak. In Brandenburg kam fast jeder vierte Ausreisepflichtige aus der Russischen Föderation. In Baden-Württemberg bildeten Menschen aus Gambia unter den Ausreisepflichtigen die größte Gruppe.

Laut Bundesregierung waren zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt 304.308 Ausländer ausreisepflichtig, davon verfügte die Mehrheit (248.145 Menschen) über eine sogenannte Duldung.

Geduldete bleiben ausreisepflichtig, dürfen aber vorübergehend bleiben, weil sie nicht abgeschoben werden können, etwa weil sie keine Ausweisdokumente haben oder eine Krankheit.

Im vergangenen Jahr hatten 26.545 ausreisepflichtige Menschen Deutschland freiwillig verlassen. 12.945 Menschen wurden abgeschoben. Wie die Bundesregierung weiter mitteilte, wurde rund die Hälfte (6348) dieser Abschiebungen ohne Begleitung vollzogen.

Bei der Abschiebung von 340 Menschen waren Sicherheitskräfte aus den Zielstaaten zugegen - eine Variante, die vor allem bei Abschiebungen nach Algerien häufiger angewandt wurde. In Begleitung von Sicherheitskräften einer Fluggesellschaft liefen demnach 1637 Abschiebungen ab.

Eine Frage der Linksfraktion nach den Namen von an Abschiebungen beteiligten Fluggesellschaften beantwortete die Bundesregierung nicht öffentlich. Zur Begründung schrieb sie: „Eine öffentliche Benennung der Fluggesellschaften, die Rückführungsflüge anbieten, birgt die Gefahr, dass diese Unternehmen öffentlicher Kritik ausgesetzt werden und in der Folge für die Beförderung von ausreisepflichtigen Personen in die Heimatländer nicht mehr zur Verfügung stehen.“ Dadurch würden Rückführungen weiter erschwert oder sogar unmöglich.

Aus Sicht der Abgeordneten Clara Bünger (Linke) sind das keine überzeugenden Argumente. Sie sagte: „Wenn Fluggesellschaften befürchten, für ihre Beteiligung an Abschiebungen kritisiert zu werden, müssen sie sich eben aus diesem Geschäft zurückziehen, ganz einfach.“

Dass Abschiebungen und Zurückschiebungen 2022 wieder deutlich zugenommen haben, sieht sie kritisch. Sie meint, oft würden dadurch Menschen unter Androhung oder Anwendung von Gewalt an Orte zurückgezwungen, an denen ihnen Krieg, Folter, willkürliche Haft, extreme Armut oder Perspektivlosigkeit drohten.

Im Vergleich zu den Jahren vor Beginn der Corona-Pandemie, die vorübergehend zu erheblichen Einschränkungen für internationalen Verkehr führte, war die Zahl der Abschiebungen im vergangenen Jahr jedoch immer noch relativ niedrig.

So gab es 2019 rund 22.000 Abschiebungen aus Deutschland. Im Jahr 2020 lag die Zahl mit 10.800 Abschiebungen dann deutlich niedriger: Ein Jahr später wurden 11.982 Abschiebungen organisiert und durchgeführt.

Zu den Faktoren, die zuletzt zu einem Rückgang der Abschiebungszahlen geführt hatten, zählen die Machtübernahme durch die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan 2021 sowie der Wegfall direkter Flugverbindungen nach Russland infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und die Repression nach den Massenprotesten im Iran. (dpa)


Aus: "Fast jeder Zehnte: Mehr als 2000 Ausreisepflichtige in Berlin haben ungeklärte Herkunft" (07.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/fast-jeder-zehnte-uber-2000-ausreisepflichtige-in-berlin-haben-ungeklarte-herkunft-9462920.html

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« Reply #1403 on: March 10, 2023, 10:35:50 AM »

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[...]  Erbstreit: Hast du jung geerbt und es endete im Streit? Von Tülay Karakuş

Bei Erbstreitigkeiten kommen oft Konflikte aus der Kindheit an die Oberfläche. Manchmal enden sie vor Gericht oder im Kontaktabbruch. Welche Erfahrungen hast du gemacht?  ...


Aus: "Hast du jung geerbt und es endete im Streit?" (9. März 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/campus/2023-03/erbstreit-erbe-kinder-gericht-aufruf

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Nicetohave #5

Da kommen die tiefsten Dämonen zum Vorschein. ...


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SphärischerMathestein #10

Wir haben uns als Geschwister schon immer versprochen nicht über das Erbe zu streiten. Die Immobilien und Depots gehen uns nicht über unsere enge Bindung. Jeder hat schon einen Vorbezug bekommen mit dem wir sehr gut leben können, es gab keinerlei Streit. Der Löwenanteil wird, hoffentlich spät, ebenso gerecht und einvernehmlich aufgeteilt. Mir tun Menschen leid die sich um ein Erbe streiten. Da fehlt offensichtlich der Blick auf das Wesentliche. ...


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4h-Liga #19

Diese Art von Problemen liegt mir und meinem Bruder fern. Meine Familie ist dafür schlicht zu arm ...


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Martello #11

In Anbetracht der besitzlosen Mehrheit auf unserem Planeten kann ich ob dieser Luxusprobleme nur sagen: I don't give a f**k. ...


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SCHNATTERHENNE #2

"Welche Erfahrungen hast du gemacht?" Die richtigen Eltern ausgesucht und nichts geerbt;-)


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unendliche weiten #2.1

Doch, Schulden! Man kann nämlich auch die Schulden der Eltern erben. Die Panik, irgendwelche Fristen zu verpassen und die Schulden nicht rechtzeitig auszuschlagen, überschattet dann leider die Trauerzeit. Aber hey, dafür hat man keinen Ärger mit Erbstreitigkeiten!


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Cantrikant #21

Das einzige Erbe, das unbegrenzt vererbt werden dürfte wäre: Vernunft.


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« Reply #1404 on: March 12, 2023, 04:38:26 PM »

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[...] Fast 30 Jahre nach ihrem Tod wird die Villa der früheren First Lady Jackie Kennedy in der US-Hauptstadt Washington verkauft. Dem Nachrichtensender CNN zufolge liegt der aufgerufene Preis bei 26,5 Millionen US-Dollar.

Dafür bekommt man allerdings auch ein riesiges Gelände mitten in DC, die betreuende Immobilienfirma "Sotheby's Realty" gibt die Gesamtgröße mit fast 15.000 Quadratmetern an. Insgesamt befinden sich darauf drei Villen mit 13 Schlafzimmern und 13 Bädern, die mit einem Tunnel verbunden sind und über eine Tiefgarage verfügen. Auf der Internetseite des Unternehmens können Kaufinteressierte auf zahlreichen Fotos einen Eindruck von der Immobilie bekommen.

Den Angaben zufolge stammt das älteste Haus von 1794 und gehört zu den bedeutendsten Anwesen Georgetowns. Nicht nur Jackie Kennedy habe hier gelebt, sondern auch der Bürgermeister von Georgetown, Thomas Beall, der Kriegsministers Newton D. Baker und die ehemalige Miss America, Yolande Fox.

Vor dem Verkauf seien umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt worden. Sotheby's verweist auf die "große Empfangshalle, originale Kamineinfassungen und elegante Zierleisten" sowie edle Parkettböden und richtet sein Angebot an die "anspruchsvollsten" Käuferinnen und Käufer. Bei den Arbeiten sei die "historische Eleganz" erhalten worden, gleichzeitig genüge alles modernsten Ansprüchen, "Design, Oberflächen und Ausstattung" seien von "höchster Qualität". Geschirrspüler, Wäschetrockner und Kühlschränke sind in dem Preis natürlich inbegriffen, ebenso wie ein Sicherheitssystem. Mit dem aufgerufenen Preis könnte die Immobilie als eine der teuersten je in Washington verkauften werden.

Jackie Kennedy war Ende Januar 1964 mit ihren beiden Kindern Caroline und John in das Haus in der 3017 North Street NW gezogen, nur zwei Monate nach der Ermordung ihres Mannes. Sie habe damit die Hoffnung verbunden, dass es ein Zufluchtsort für ihre trauernde junge Familie werden würde, berichtet die Zeitschrift "Elle Decor". Nachdem Touristenbusse vor dem Haus vorfuhren, zog sie jedoch noch im selben Jahr mit ihren Kindern nach New York.

Quelle: ntv.de, sba


Aus: "Jackie Kennedys Haus steht zum Verkauf" (12.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Jackie-Kennedys-Haus-steht-zum-Verkauf-article23978314.html
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« Reply #1405 on: March 12, 2023, 04:43:21 PM »

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[...] Mehr als 1300 Menschen sind aus überfüllten Flüchtlingsbooten im Mittelmeer in italienische Häfen gebracht worden. Die in verschiedenen italienischen Häfen an Land gebrachten mehr als 1300 Flüchtlinge wurden laut Küstenwache von drei völlig überfüllten Booten gerettet. Videos der Küstenwache zeigten ein großes Fischerboot mit Dutzenden Menschen an Deck, das in rauer See hin- und hergeworfen wird. Andere Bilder zeigten Rettungs-Schlauchboote, die sich einem weiteren Fischerboot voller Menschen nähern.

In der süditalienischen Region Kalabrien nahmen derweil Tausende Menschen an einem Gedenkmarsch für die Opfer des Bootsunglücks teil, bei dem vor knapp zwei Wochen Dutzende Flüchtlinge ertrunken waren. Mit dem Fund der Leiche eines Mädchens stieg die Zahl der Todesopfer der Flüchtlingstragödie vor der kalabrischen Küste auf mindestens 76.

In Cutro nahe dem Ort des Bootsunglücks vor der kalabrischen Küste marschierten Tausende Menschen hinter einem aus Wrackteilen des gesunkenen Flüchtlingsbootes gezimmerten Kreuz. "Dieses Kreuz ist ein Symbol des Leids", sagte der frühere Bürgermeister und Flüchtlings-Aktivist Domenico Lucano der Nachrichtenagentur Ansa. Die Flüchtlingsunglücke bewegten die Bewohner der Region, "und es herrscht ein Geist der Solidarität, den die Regierung nicht zeigt".

Die Tragödie vom 26. Februar hat der rechtsgerichteten Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni scharfe Kritik eingebracht. Ihr wird vorgeworfen, nicht rechtzeitig eingegriffen zu haben, um die Menschen bei schwerem Seegang aus ihrem sinkenden Boot zu retten. Am Donnerstag kündigte Meloni nach einer Kabinettssitzung in Cutro zwar längere Haftstrafen für Schlepper an, aber keine neuen Maßnahmen zur Rettung von Flüchtlingsleben.

Melonis seit Oktober amtierende, weit rechts stehende Regierung hatte im Wahlkampf angekündigt, Boote mit Migranten zu stoppen. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind seit Anfang des Jahres knapp 17.600 Geflüchtete nach Italien gelangt, fast dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum.

Vor der Südwestküste der Türkei ertranken derweil laut der türkischen Küstenwache fünf Flüchtlinge, die bei rauer See in einem Schlauchboot offenbar nach Griechenland übersetzen wollten. Elf Insassen des Bootes wurden demnach gerettet. Fünf weitere Überlebende gelangten nach Angaben der griechischen Küstenwache aus eigener Kraft zur zehn Kilometer von der türkischen Küste entfernten griechischen Insel Farmakonisi. Insgesamt sollen demnach 31 Menschen an Bord des Schlauchboots gewesen sein.

Quelle: ntv.de, als/AFP


Aus: "An Deck hin- und hergeworfen: Italien rettet mehr als 1300 in Seenot geratene Migranten" (11.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Italien-rettet-mehr-als-1300-in-Seenot-geratene-Migranten-article23977981.html
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« Reply #1406 on: March 14, 2023, 11:58:57 AM »

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[...] Die Pleite zweier US-Banken löst ein Börsenbeben aus. Investoren fürchten eine Kettenreaktion des Misstrauens oder gar eine Finanzkrise wie 2008. Die Sorge in den USA ist so groß, dass Präsident, Notenbankchef und Finanzministerin die Bevölkerung beruhigen wollen.

... Die Pleite der SVB gilt bereits als möglicher Endpunkt der Boomjahre im Silicon Valley. Der spektakuläre Erfolg vieler Tech-Unternehmen basierte auch auf einer Phase billigen Geldes. Viele Projekte mit hohen Risiken wurden leichthändig finanziert. Damit könnte es nun vorbei sein. Gerade die SVB war bekannt dafür, dass Startups hier in Finanzierungsrunden leicht an viel Geld kommen konnten.

... Der CEO der Bank war in Kalifornien beliebt, weil er mutiger und kreativer Geld fließen ließ als die vermeintlich konservativen Banker in New York. Greg Becker verkündete noch vor wenigen Wochen, dass man für 2023 wieder prächtige Geschäfte erwarte. "Wir sind optimistisch, weil unsere Kristallkugel ein wenig klarer ist", sagte Becker gegenüber CNBCN. Nur 24 Stunden vor der Pleite hatte Becker persönlich Kunden angerufen, um ihnen zu versichern, dass ihr Geld bei der Bank sicher sei.

Er selbst aber brachte Geld in Sicherheit. Nach Angaben der Aufsichtsbehörden verkaufte Becker am 27. Februar 12.451 SVB-Aktien für 3,6 Millionen Dollar. Auch ein Jahresbonus wurde ihm noch kurz vor der Pleite ausbezahlt. Seine Jahresbezüge bei SVB lagen zwischen 9 und 10 Millionen Dollar im Jahr.

Becker war schon 30 Jahre bei der SVB und arbeitete sich vom Kreditsachbearbeiter bis zum Vorstandsvorsitz (seit 2011) hoch. Er inszenierte sich als Held der kalifornischen Geldwelt. Auf der Webseite der SVB steht noch heute, dass er ein "Champion der Innovationsindustrie" sei. Unter seiner Führung sei SVB in den S&P500-Index aufgestiegen, sei zu einer der besten Banken der USA gewählt worden, überhaupt das weltführende Institut zur Innovationsfinanzierung geworden. Becker ließ sich als Spender und Philanthrop feiern, als einer, der in Gender- und Umweltfragen die Avantgarde verkörpere und die Nähe zu Politikern wie Al Gore suchte. Becker gehörte dem Vorstand der Federal Reserve Bank of San Francisco an und ist dafür eingetreten, dass Insidergeschäfte zeitlich nicht zu sehr beschränkt werden sollten. Genau davon hat er nun profitiert.

In seiner Belegschaft herrscht - wie CNN berichtet - inzwischen offene Wut über ihren Chef, der die Bank mit zu hohen Risiken, allerlei Ungeschicklichkeiten im Krisenmanagement und einer unverhohlenen Selbstbereicherung in die Pleite geführt hat. Beckers Videobotschaft an die Mitarbeiter vom Freitag wird als zynisch wahrgenommen. Darin sagte er, dass die 48 Stunden bis zum Zusammenbruch der Bank wohl "unglaublich schwierig" gewesen seien. Doch Becker hat schon im Dezember die BBC wissen lassen, dass man sich in seiner Branche ohnedies gar keine Sorgen machen müsse. Gute Leute aus der Innovationswirtschaft verfügen immer "über wirklich endlose Möglichkeiten". Seine eigenen Möglichkeiten sind mit den geretteten Millionen bestimmt größer als die seiner Mitarbeiter, die jetzt arbeitslos werden.

Quelle: ntv.de


Aus: "Person der Woche: Greg Becker" Wolfram Weimer (14.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/politik_person_der_woche/Die-Angst-vor-einem-Banken-Crash-ist-groesser-als-man-zeigt-article23982492.html

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« Reply #1407 on: March 14, 2023, 12:10:52 PM »

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[...] Bis Ende Juni 2023 sollen zunächst 21 Filialen in diesen Städten geschlossen werden: Celle, Coburg, Cottbus, Duisburg Düsseldorfer Straße, Erlangen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamburg-Harburg, Hamburg-Wandsbek, Leipzig Neumarkt, Leverkusen, München-Bahnhof, Neuss, Nürnberg Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Offenbach, Paderborn, Regensburg Neupfarrplatz, Saarbrücken am Bahnhof, Siegen, Wiesbaden Kirchgasse.

Bis Januar 2024 sind folgende 31 Standorte zur Schließung vorgesehen: Bayreuth, Berlin-Charlottenburg, Berlin-Müllerstraße, Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Darmstadt am weißen Turm, Dortmund, Düsseldorf Schadowstraße, Essen, Esslingen, Frankfurt Zeil, Hanau, Heidelberg Bismarckplatz, Hildesheim, Kempten, Krefeld, Leonberg, Limburg, Lübeck, Mönchengladbach, Oldenburg, Pforzheim, Reutlingen, Rosenheim, Rostock, Schweinfurt, Siegburg, Stuttgart-Eberhard-Straße, Viernheim-RNZ, Wuppertal.

Über 5000 Menschen drohe die Kündigung, heißt es.

... Die Warenhauskette gehört der milliardenschweren Signa-Holding des österreichischen Investors Rene Benko, der Karstadt und Kaufhof zusammengeführt hatte. Vor zwei Jahren hatte Galeria Karstadt Kaufhof bereits im damaligen Insolvenzverfahren gut 40 von damals 172 Filialen geschlossen, wobei rund 5000 Mitarbeiter ihre Stellen verloren.


Aus: "Karstadt Kaufhof: Diese Galeria-Warenhäuser schließen" (13.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Karstadt-Kaufhof-Diese-Galeria-Warenhaeuser-schliessen-article23981121.html

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[...] München - Kaut-Bullinger war sein letzter Coup. Bis jetzt. Milliardär René Benko kauft sich die Münchner Innenstadt Filetstück für Filetstück, wie bei einem namhaften Brettspiel. 2020 hatte der österreichische Investor mit seiner Signa Holding das alte Kaut-Bullinger-Haus an der Rosenstraße erworben. Das Haus, in dem bis vor Kurzem noch Schreibwaren verkauft wurden, existiert seit dem Zweiten Weltkrieg, die Firma ist sogar noch älter, gegründet wurde sie 1794. Doch zuletzt brach der Umsatz im Einzelhandel ein. Kugelschreiber und Radiergummis shoppen die Kunden lieber im Internet. Wie viel Geld Benkos Signa bezahlt hat, ist geheim. Insgesamt 4200 Quadratmeter fasst die Mietfläche, 3300 davon entfallen auf den Einzelhandel. Das Haus soll schon dieses Jahr abgerissen werden. Geplant ist der Neubau eines Büro- und Geschäftsgebäudes.

Die Ära Benko in München begann allerdings weit früher, bereits im Juni 2011 erwarb die Signa die Immobilien des Oberpollingers und des benachbarten Karstadt Sporthauses für 250 Millionen Euro vom einem Konsortium.

... Benkos Einkaufstour ging 2013 weiter, als er vom Freistaat für 240 Millionen Euro die Alte Akademie an der Fußgängerzone im Rahmen einer 65-jährigen Erbbaurechtsvergabe erwarb. Der Gebäudekomplex aus dem 16. Jahrhundert ...

... Benkos Einfluss in München wuchs 2015 weiter an, als er sich mit der Signa Retail ein Joint Venture mit der italienischen Eataly einging. Seitdem ist der gebürtige Innsbrucker auch am Lebensmittelhändler in der Schrannenhalle beteiligt.

... Zwischenzeitlich erwarb die Signa die Warenhauskette Galeria Kaufhof Karstadt. So betreibt die Signa den Kaufhof am Marienplatz. Und seit 2017 gehört Benko auch das Karstadt-Gebäude am Hauptbahnhof, im Komplex am Stachus war die Warenhauskette lediglich Mieter. Mieter ist Benko auch in der Neuhauser Straße, im Joseph-Pschorr-Haus, das der Schörghuber-Gruppe gehört. Denn 2020 erwarb der österreichische Multimilliardär die Sport Scheck-Warenhauskette von der Otto-Group.

Benko hatte 1999 mit einem Zwei-Personen-Unternehmen angefangen. Sein Vermögen wurde von Forbes 2021 auf 5,6 Milliarden Dollar geschätzt. 2004 hatte er mit dem Kaufhaus Tyrol in seiner Heimatstadt Innsbruck sein erstes großes Bauvorhaben umgesetzt. Seitdem wächst sein Imperium unaufhaltsam – nicht nur die Münchner Innenstadt trägt immer stärker seine Handschrift. Auch das KaDeWe in Berlin sowie das Alsterhaus in Hamburg gehören zu seinem Portfolio.


Aus: "Milliardär René Benko: Österreicher sichert sich immer mehr Filetstücke in Münchens Innenstadt" Sascha Karowski (14.03.2023)
Quelle: https://www.tz.de/wirtschaft/bullinger-muenchen-rene-benko-oesterreichischer-milliardaer-oberpollinger-karstadt-sport-kaut-92140066.html

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[...] Zum zweiten Mal setzt der österreichische Multimilliardär und Galeria-Eigentümer Rene Benko der Bundesregierung die Pistole auf die Brust: Geld her, oder die 17.000 pleitebedrohten Galeria-Kaufhof-Jobs sind weg, so lautet kurz zusammengefasst die Forderung. Auf 590 Rettungsmillionen aus dem ersten Insolvenzverfahren, bei dem die damaligen Gläubiger mit zwei Milliarden bluten mussten, soll der Staat verzichten. Andernfalls, so heißt es kühl im Juristendeutsch des Insolvenzplans, sei der „Geschäftsbetrieb unmittelbar einzustellen“. Für die leidgeprüften Angestellten der Warenhauskette ist das der nächste Schock, für die Bundesregierung eine Zumutung. Im besten Fall bleiben 80 der 120 Filialen erhalten.

Zugegeben: Benko war seit dem Erwerb der maladen Kaufhof-Kette nicht vom Glück verfolgt. Erst kam Corona, dann der Ukrainekrieg und die Inflation, die weniger betuchte Kunden vertrieb. Allein die Energiekosten stiegen von 65 Millionen auf 150 Millionen im Jahr. Das ist die eine Seite.

Die andere ist das anrüchige Geschäftsmodell des Signa-Chefs Benko. Das funktioniert, jedenfalls in einem Teil seiner Häuser, so: Der Milliardär kauft Warenhäuser in besten Innenstadtlagen, trennt die meist schwachbrüstigen Betreibergesellschaften von den werthaltigen Immobilien, als deren neuer Mitinhaber er Galeria dann stattliche Mieten abverlangt. Aufgehen kann diese Rechnung nur mithilfe des Steuerzahlers, der einspringen soll, wenn den Kaufhäusern die Luft ausgeht – schließlich gehe es ja, heißt es dann stets, um viele Jobs und lebendige Innenstädte. So wurden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert.

Ob und wie (und wo!) das Modell Warenhaus noch funktionieren kann, ist nach den Pleiten von Innenstadtgrößen wie Goertz und Peek & Cloppenburg offener denn je. Klar aber ist: Der Steuerzahler ist nicht dazu da, Raubtierkapitalismus zu finanzieren. Benko wird, will er Vorwürfe entkräften, viel eigenes Geld in die Hand nehmen und in die Modernisierung seiner Warenhäuser stecken müssen. Der neue Insolvenzplan birgt Chancen - aber noch mehr Risiken.


Aus: "Schon wieder: Milliardär Benko bittet die deutschen Steuerzahler zur Kasse" Georg Anastasiadi (14.03.2023)
Quelle: https://www.merkur.de/wirtschaft/bundesregierung-muenchen-rene-benko-milliardaer-immobilien-galeria-karstadt-kaufhof-kaut-bullinger-92137736.html

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Frank Pech

... So kommen diese Leute zu ihren Milliarden.


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Franz

Benko war ein Mitglied der Buberl-Gruppe und damit Günstling des dubiosen, nun wegen des Verdachtes unlauterer Aktionen und wegen unwahrer Aussagen in einem Nationalrats-Untersuchungsausschuss vor Gericht stehenden ehemaligen österreichischen Bundeskanzler S. Kurz. Benko hat keinerlei abgeschlossene höhere Schulbildung und auch keine abgeschlossene Berufsausbildung, sondern wurde durch seinen Onkel, einen Immobilienmanager, als Jungspund in die Tricks der Immobilienbranche eingeweiht. Schlau und gerissen wie er war, arbeitete er sich rasch hoch und gewann das Vertrauen von Banken, die händeringend einen wagemutigen Hasardeur gesucht hatten, um anstatt für ihr bei der Bundesbank und der EZB geparktes Geld teure Strafzinsen zu zahlen, dieses lieber günstig als Kredit zu verleihen. So kaufte dieser Typ der Reihe nach in der Pandemie in Schieflage geratene Groß-Kaufhäuser in Österreich und in Deutschland auf Kredit auf und und luchste jeweils dem Staat mehrmals zig-millionenfache Unterstützungen ab, um angeblich diese Betriebe zu retten. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, war jedoch Benko's Ziel von vorne herein, die Kaufhausketten entweder stark abzuspecken oder überhaupt zu zerschlagen, um vorallem die Immobilien teuer zu verhökern. Dazu meldete er jeweils Insolvenz an und die zuvor erhaltenen Millionen-Zuschüsse waren futsch. ...


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« Reply #1408 on: March 15, 2023, 11:12:33 AM »

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[...] [Fabian Soethof, 40, hat das Buch „Väter können das auch!“ geschrieben. Der Journalist arbeitet als Online-Redaktionsleiter beim Musikexpress.  Er schreibt einmal im Monat samstags auf der Familienseite die Kolumne „Oh Mann“ über den Vater-Alltag in Berlin.]

... Das Abendessen beim Lieferdienst bestellen? Mit den Kindern ins Kino? Im Sommer Freibad mit Pommes und Eis? All diese kleinen Luxusmomente, die für at least durchschnittlich verdienende Eltern wie uns über Jahre hinweg Selbstverständlichkeiten waren, sind es plötzlich nicht mehr. Von einem großen Urlaub ganz zu schweigen.

Die Mieten steigen, die Nebenkosten steigen, die Lebensmittelkosten steigen, die Energiekosten explodieren – aber die Gehälter stagnieren. Na klar, wir leben (noch) in Frieden und ohne Lieferengpässe. Im eigenen Portemonnaie wird es für den, der nicht an sein karges Erspartes will, seit Monaten trotzdem knapp.

Ein paar Inflations- und Preissteigerungsbeispiele aus dem eigenen Alltag: Als ich neulich beim Friseur meines Vertrauens war, nahm der für Haarschnitt und Rasur plötzlich 30 statt 25 Euro. Frauen können darüber nur müde lächeln, ich weiß.
Ein BVG-Einzelticket kostet nun 3 Euro, die Packung Käse 2,50 Euro. Ich schätze: Pro Monat geben wir im Supermarkt rund 200 Euro mehr als noch vor einem Jahr aus. Die gute Schokolade? Das leckere lokale IPA-Bier? Lieber mal im Regal lassen.

Klar, Doppelverdienern wie uns geht es trotzdem gut. Große Sprünge bleiben Wunschdenken, doch wir kommen über die Runden und haben keine Angst, in einem halben Jahr unsere Miete nicht mehr bezahlen zu können. Aber wenn wir die Teuerungsrate schon derart spüren, wie muss es dann den viel zu vielen Menschen in dieser Stadt gehen, die schon vor Kriegsbeginn an der Armutsgrenze lebten? Wie sollen die sich Hoffnung wahren, wenn viel Arbeit zunehmend weniger bringt?

Doch nicht alle spüren das. Als es uns neulich ausnahmsweise mal ins KadeWe verschlug, stand da eine ältere Dame mit mehreren prall gefüllten Hermès-Einkaufstaschen nett lächelnd neben uns, als ob es das Normalste der Welt wäre – während wir den Kindern mehrfach sagten, dass sie nichts anfassen sollten.

Ich werde in dieser knappen Kolumne nun nicht das Fass einer Vermögenssteuer oder zumindest weiterer Elternhilfen aufmachen. Ich finde aber: Jetzt, da wir Durchschnittsverdiener langsam eine Ahnung davon kriegen, wie es den vielen Familien geht, die noch nie „fette Jahre“ erleben durften, wäre es hilfreich, wenn auch andere – wie die Hermès-Dame – dies erführen.

Ich finde [ ] durchaus: Jetzt, da wir langsam eine Ahnung davon kriegen, wie sehr viel zu viele andere Familien schon längst auf ihr Geld achten müssen, wäre es doch nur menschlich und der Nächstenliebe helfend, wenn andere dies auch erführen. Weil viele in ihrem Leben noch nie „fette Jahre“ erleben durften und auch nicht mehr werden.


Aus: "Die fetten Jahre sind vorbei: Eine Ahnung von Armut bekommen"  Ein Kommentar von Fabian Soethof (07.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/die-fetten-jahre-sind-vorbei-ein-ahnung-von-armut-bekommen-9445895.html

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« Reply #1409 on: March 15, 2023, 12:09:36 PM »

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[...] Paris – In Frankreich: ausfallende Züge, blockierte Raffinerien, geschlossene Schulen – dafür 1,3 Millionen Menschen auf den Straßen. In Paris probt die Bevölkerung gerade den Aufstand. Der Grund: Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron will das Alter für den regulären Beginn der Rente schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Außerdem soll die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen.

In Deutschland: Hier fordert die Gewerkschaft Verdi für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro pro Monat. Grund sind die Inflation und die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Einigen konnte man sich mit den Arbeitgebern bislang nicht. Bis zur dritten Verhandlungsrunde Ende März hat Verdi daher weitere Streiks in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz angekündigt.

Die konkreten Anlässe in den beiden Ländern mögen verschieden sein, doch die Motive sind ähnlich: Es ist die Angst vor dem sozialen Abstieg, die immer mehr Menschen umtreibt. Doch während in Frankreich am 7. März insgesamt 1,3 Millionen Menschen Lärm machten (so viele wie nie in der jüngeren Geschichte), hört man auf den deutschen Straßen wenig bis gar nichts. Den größten Aufschrei löste hierzulande die Friedens-Kundgebung von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer aus.

Zahlen unterstreichen die Streiklust der Franzosen beziehungsweise die Streikfaulheit der Deutschen – je nachdem, wie man es liest. Auf 1.000 französische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen im Schnitt 123 Streiktage pro Jahr. In Deutschland sind es sieben Tage. Das hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln in einer Untersuchung für die Jahre 2007 bis 2016 herausgefunden. Warum ist das so?

Johannes Maria Becker ist Politikwissenschaftler. Er hat das Zentrum für Konfliktforschung an der Universität Marburg mit aufgebaut. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist Frankreich. Becker hat drei Jahre in Paris gearbeitet und hat seit 45 Jahren einen zweiten Wohnsitz in Frankreich. Seine Analyse: „In Frankreich sind Proteste weniger vorhersehbar als bei uns. Das liegt unter anderem an den Gewerkschaften, die viel radikaler agieren. Es gibt dort politische Richtungsgewerkschaften, zum Beispiel eine sozialdemokratisch orientierte, eine kommunistisch orientierte und sogar eine zuweilen trotzkistisch maoistisch agierende Gewerkschaft. In Deutschland hingegen haben wir eine sozialdemokratisch orientierte Einheitsgewerkschaft.“

Neben der institutionellen Erklärung gibt es auch eine kulturelle Begründung: die Volksseele. „Das französische Volk hat – neben der Kultivierung der obsiegenden Revolutionen – ein kollektives Bewusstsein für Unrecht. Es läuft etwas schief? Dann macht man eher die zentrale Obrigkeit verantwortlich und geht auf die Straße – und zwar alle, nicht nur diejenigen, die direkt betroffen sind. Deutsche suchen die Schuld eher bei sich, sie zweifeln die Makrostrukturen nicht an.“

Becker erzählt eine Geschichte, die ihm diese Erkenntnis konkret vor Augen führte. „Als 2005 Hartz IV eingeführt wurde, sollte es hier in Marburg eine Demonstration geben. Man rechnete damit, dass von den etwa 500 erwerbslosen Lehrern in der Region viele kommen würden, denn sie mussten durch die Reform massive Verluste hinnehmen. Letztlich sind sechs gekommen.“

Eine Zahl, die in Frankreich undenkbar wäre, sagt Becker. Die Streiklust hänge auch mit einem grundlegenden Misstrauen in den Staat zusammen. „Die Franzosen sagen: Wenn Macron meint, er müsse mehr Geld einnehmen, dann soll er die Superreichen stärker besteuern oder Steuerhinterziehung effektiver bekämpfen. Mit dieser Einstellung gilt man in Deutschland als Neider“, so Becker.

Dass die Streikkultur in Frankreich anders ist, hat auch historische Gründe. Erst wurde das Streikrecht eingeführt, danach kamen die Gewerkschaften. Protestieren kommt vor Verhandeln – das hat in Frankreich eine lange Tradition. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs steht das Streikrecht sogar in der Präambel der Verfassung. Grundsätzlich darf in Frankreich jeder streiken – auch Beamte. In Deutschland ist Staatsbediensteten dieses Recht untersagt.

Was als Streik gilt, ist ebenfalls unterschiedlich definiert. Wenn in Frankreich mindestens zwei Beschäftigte ihre Arbeit niederlegen, gilt das als Streik. In Deutschland dürfen nur Gewerkschaften zum Streik aufrufen. Trotzdem gibt es eine Gemeinsamkeit: Streiks sind nur zulässig, wenn es um Forderungen geht, die sich im Rahmen des Tarifvertrags regeln lassen. Es muss also beispielsweise um das Gehalt, die Arbeitsbedingungen oder den Kündigungsschutz gehen.

Ein Ende des Streiks ist in Frankreich noch nicht abzusehen. Das hat, sagt Konfliktforscher Becker, auch mit der Historie des Landes zu tun: „In Frankreich gibt es eine Protestkultur, die auf Siege zurückschauen kann. Man feiert dort Revolutionen. Der Nationalfeiertag ist der 14. Juli. Das ist in Deutschland undenkbar.“


Aus: "Tränengas und Gewalt: Warum sind Streiks in Frankreich so viel explosiver als bei uns?" Max Müller (13.03.2023)
Quelle: https://www.fr.de/politik/streik-proteste-frankreich-deutschland-verdi-macron-gehalt-rente-zr-92142009.html

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Minando

Vermutung: französische Bürger treten dem Staat selbstbewusster gegenüber.
Und nicht halbkniend wie mancher Deutsche.


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Rene Kummetat

Dann bin ich wohl im Herzen Franzose. Es ist unfassbar was momentan abgeht in Sachen Preissteigerung und Löhnen. Aber niemand macht auch nur ansatzweise den Mund auf. Die Bevölkerung wird regelrecht geschöpft und wenn ich ausspreche woran es liegt, werde ich als, Verschwörer abgetan.

Dabei wäre es alles ganz einfach, der Kapitalismus braucht eine gewisse Obergrenze, ab der Einkommen zu rechtfertigen ist.
Bzw. ein Plan vorgelegt werden muss, wie und wann das Geld ausgegeben werden soll um eine Teilenteignung zu verhindern. (Jedem seien seine Millionen und sein Reichtum gegönnt. Aber bei Milliarden wird es albern)

So wird es wenigstens ausgegeben und der Motor bleibt in Gang. Auch der Bau einer Superyacht schafft Arbeitsplätze und der nächste muss sehen, wie er seine Milliarden loswird, wenn er schon meint, sie auf Kosten seiner Angestellten erwirtschaften zu müssen. Aber dass einfach mal gut 90% des gesamten Geldes der Erde, auf Konten von alten Männern schlunmert, ist falsch.
So funktioniert das einfach auf Dauer nicht. Wo soll das denn hinführen? ...


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« Reply #1410 on: March 15, 2023, 12:23:37 PM »

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[...] Hamburg – Inflation, Energiekrise und höhere Mieten: Sarna Röser (Familienunternehmerin) sieht, wie in ihrem mittelständischen Betrieb die Beschäftigten jeden Tag zu kämpfen haben. Sie würde sich – wie viele andere auch – wünschen, dass am Ende des Monats mehr Netto vom Brutto übrig bleibt. Auch für Roman Pletter (Leiter des „Zeit“-Wirtschaftsressorts) ist es bei Markus Lanz nicht ersichtlich, warum „jemand, der jeden Tag arbeitet (…), mehr bezahlen soll als jemand, der etwas erbt.“

Johannes Vogel (stellvertretender FDP-Bundesvorsitzende) verspricht seit Jahren mit seiner Partei, dass „jemand, der sich anstrengt“ mehr haben sollte als „jemand, der sich nicht anstrengt“, – das sei aber nicht der Fall: Die Menschen, die „viel Geld und Ressourcen einsetzen“, können sich „dieses System untertan machen“, erklärt Roman Pletter. Denn die „Vermögensverteilung in Deutschland ist extrem ungleich“, – ja „fast wieder so wie im Feudalismus“, findet auch Christoph Trautvetter (Steuerexperte vom „Netzwerk Steuergerechtigkeit“) deutliche Worte.

Das eigene Vermögen mit möglichst wenigen Steuerausgaben verwalten zu können, das ist „ein Privileg, das sich (außer den Reichen) sonst kein Mensch leisten kann.“ Da kämpft die Millionenerbin Marlene Engelhorn dafür, mehr Steuern oder überhaupt Steuern zahlen zu dürfen: Denn in Österreich, wo sie lebt, gibt es mittlerweile überhaupt keine Erbschaftsteuer mehr, – was sie als ein „Armutszeugnis der Demokratie“ empfindet. In ihren Augen kann es nicht sein, dass „ein Mensch, der arbeiten geht, ganz normal Steuern bezahlt“ und da „auch nie gefragt wird“, wohingegen bei Menschen, die erben, lange diskutiert wird. „Das verletzt schon an und für sich den Gleichheitsgedanken, den wir immer so hochhalten.“

Gäbe es das Empfinden in der Bevölkerung, dass das „ein supergerechtes Steuersystem“ ist, dann „gäbe es die ganze Debatte nicht.“ Unter www.taxmenow.eu kämpft Marlene Engelhorn bereits die letzten Jahre für einen „demokratischen, transparenten, partizipativen und inklusiven Diskurs“ sowie dafür, dass „Gerechtigkeit nicht das Maß derer ist, die davon profitieren.“ Wieso ist es in Ordnung, führt sie bei Markus Lanz weiter aus, dass Menschen, die für einen Haushalt schuften müssen, die Pflegeeinrichtungen der Eltern bezahlen und ihre Kinder finanzieren, es schaffen, ihre Einkommenssteuer zu bezahlen, – aber ein Unternehmen in einer hochrangigen Größenordnung schafft es nicht, „so zu wirtschaften“, das sie angemessen Steuern abgeben können?

In den Gesellschaften kommen immer wieder dieselben Familien durch Vererbung in die Machtposition und entscheiden damit auch politisch „wie Geld und Vermögen verteilt wird, wie die Unternehmenslandschaft aussieht und welche Priorität bestimmte Krisen haben“, erklärt Marlene Engelhorn anschaulich weiter. Ist es „demokratisch legitim“, dass manche Menschen nur aufgrund ihrer Familie mehr „Macht im kleinen Finger“ haben als ganze Gesellschaftsgruppen „in großer Stimmenanzahl“? Auch Roman Pletter bestätigt, wie das Steuersystem „Machtinteressen“ widerspiegelt und damit die Basis einer Gesellschaft mit den Schwerpunkten in der Ausrichtung bestimmt.

Währenddessen läuft die Diskussion, als wäre „eine Naturkatastrophe am Werk, vor der man sich schützen muss.“ Dabei ist das Steuersystem eingebettet in das Rechtssystem: Somit können alle Menschen mitentscheiden, wie sich dieses System gestaltet. Marlene Engelhorn sieht bei Markus Lanz (ZDF) die „Steuerpolitik als das Herz der Demokratie.“ Da müssten viel mehr Menschen darüber nachdenken, „wie Macht verteilt wird“ und wie dafür gesorgt werden kann, „dass soziale Herkunft nicht darüber bestimmt, ob man es gut im Leben hat oder nicht.“ (Tina Waldeck)


Aus: "„Armutszeugnis der Demokratie“: Millionenerbin Marlene Engelhorn spricht bei Lanz Klartext" Tina Waldeck (15.03.2023)
Quelle: https://www.fr.de/politik/markus-lanz-zdf-marlene-engelhorn-millionenerbin-tv-kritik-92146550.html

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Rolf Luebbers

Wenn es Menschen gibt, die rund um die Erde Schlösser (Villen) besitzen und Jachten von der Größe eines Kreuzfahrtschiffes ihr eigen nennen, sich auch noch lächelnd von Steuern befreien, andererseits aber Millionen an der Armutsgrenze leben (Millionen von hungernden Menschen nicht erwähnt), dann erinnert dies tatsächlich an feudale, herrschaftliche Zeiten, von demokratischen Verhältnissen weit weg! Ja die Politik, die Politiker, dass die da nicht viel tun könnte daran liegen, dass sie sich eher zu den Feudal-Herren hingezogen fühlen, als zum arbeitende Volk.


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Funtapur

Nach gut einer halben Stunde hat man den Eindruck, dass alle von unterschiedlichen Themen sprechen. Die Fr. Röser verteilt Panik, dass aufgrund von z.B. Konsumrückgang die Unternehmen nichts mehr verdienen. Davon wird ihr Betonwerk wohl nicht betroffen sein. Zudem hält sie sich, aufgrund ihrer Medienpräsenz, für wichtiger als sie ist. Mehr Schein als sein.

Der Ansatz von Fr. Engelhorn ist ja nicht, unbedingt die Steuern zu erhöhen. Sie stellt Grundsatzfragen, die für viele schwer verständlich sind, aber das Fundament der friedlichen Demokratie sind. Erstaunlich, dass das niemanden interessiert! Solche Fragen haben sich reiche Menschen nie gestellt, weil es ihnen egal ist.

Am Ende erzählt der Hr. Vogel, wir sollten dieses Thema sprachlich anders behandeln, weder von Feudalismus etc zu sprechen, obwohl genau diese Wörter exakt das ausdrücken, was hier in Deutschland - sogar belegbar - passiert.

In Frankreich gehen die Menschen auf die Straße, weil das Eintrittsalter für Rentner auf 64 Jahre erhöht werden soll, welches es in Deutschland noch nie gegeben hat. Aber im Vergleich dazu geht in Deutschland niemand auf die Straße, wenn das Eintrittsalter auf 67 angehoben wird. Erstaunlich ist auch, dass immer mehr und immer wieder - sogar Gewerkschaften !! - davon sprechen, dass in den letzten 20-30 Jahren eine Umverteilung von unten nach oben stattgefunden hat. Und niemanden haut das aus den Sessel. Absolut niemanden.

Mit uns Deutschen kann man halt alles machen. Und das weiß die Politik auch. Brot und Spiele funktioniert immer noch.


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« Reply #1411 on: March 15, 2023, 03:27:32 PM »

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[...] Reportage - Für die Ultra-Reichen reicht reguläre Therapie nicht aus. Bei psychischen Problemen wie Alkohol- oder Drogenmissbrauch bieten Luxus-Kliniken wie Paracelsus Recovery in Zürich konzentrierte Einzeltherapie und vor allem Diskretion


[...] Mitarbeiter bei Paracelsus sind [ ] an Leute gewöhnt, die ihr Gepäck nicht selbst tragen und für die eine Million in jeder beliebigen Währung eine zu vernachlässigende Summe ist.

Die Patienten sind typischerweise Mitglieder königlicher Familien aus dem Nahen Osten, Selfmade-Milliardäre, berühmte Schauspiel- und Sportstars oder die geplagten Kinder all dieser Leute, die ihren Reichtum und die damit verbundenen Belastungen geerbt haben.

Noch frappierender als der materielle Luxus des Paracelsus-Büros mit seinen hohen Decken und Reihen von weißen Orchideen war die Menge an Aufmerksamkeit, die mir geschenkt wurde, sobald ich durch die Tür getreten war. Ich war nicht für eine Behandlung hier, würde aber in einer der Penthouse-Apartments auf dem Klinikgelände untergebracht sein, während ich die Mitarbeiter:innen interviewte. Dennoch kamen aus allen Zimmern gepflegte Pflegekräfte, Ärzte, Verwaltungsangestellte und Ernährungsberater, die mit einem Lächeln lächelten, das man oft auf den Gesichtern von Geistlichen und Psychotherapeuten oder anderen Personen sieht, die glauben, Zugang zu einer schmerzlindernden Wahrheit zu haben.

... Für den typischen Patienten der Paracelcus-Klinik ist Zuhause normalerweise eins von mehreren großen Häusern, möglicherweise ein Palast. Nach Zürich kommen sie für eine besondere Form der Behandlung, bekannt als Einzel-Reha, oder „nur ein Patient gleichzeitig“, für die die Stadt weltweit unter den Ultra-Reichen bekannt geworden ist. Außer Paracelsus gibt es in Zürich auch noch die Kusnacht Practice, in der das Konzept seinen Ursprung hat. Im Gegensatz zu anderen bekannten Kliniken – das Meadows in Arizona, Betty Ford in Kalifornien, The Priory in Großbritannien – sehen oder interagieren in den Züricher Kliniken Klienten niemals mit anderen Klienten. Es gibt keine Gruppentherapie, keine Gemeinschaftsräume.

Die Klienten oder Klientinnen wohnen in ihrem eigenen Haus oder Apartment und haben einen eigenen Fahrer, eine Haushälterin, einen Koch und persönliche therapeutische Betreuung rund um die Uhr durch einen Live-in-Therapeuten. Dazu kommen tägliche Einzelsitzungen bei einem 15- bis 20-köpfigen Team, darunter Psychiater, Ärzte, Krankenpflegepersonal, Yogalehrer, Masseur, Ernährungsberater, Hypnotiseur und Traumatherapeuten, die sich nach jedem Termin über den Zustand und den Fortschritt des Patienten austauschen. Obwohl sich in verschiedenen Residenzen der Klinik drei oder vier Klienten gleichzeitig aufhalten mögen, sind ihre Terminpläne so ausgeklügelt, dass der Eindruck erhalten bleibt, sie seien der einzige Fokus der gesamten Einrichtung. Abgesehen von den Mitarbeiter:innen wird niemals jemand wissen, dass sie da sind.

So, erklärte Gerber, müsse es auch sein. Nicht, dass der Schmerz der Superreichen komplizierter ist als der aller anderen. Sicherlich sind sie laut dem sich entwickelnden Gebiet der Reichtumspsychologie von speziellen Erfahrungen betroffen, etwa Problemen wie „plötzlicher Reichtum“ oder die Verantwortung für eine enorme Erbschaft. Angstzustände, Depressionen, Suchtverhalten und Essstörungen sind jedoch nicht auf diese Bevölkerungsgruppe beschränkt. Alle nehmen Drogen und trinken Alkohol; nur dass bei den Reichen „ihre Drogen teurer sind“, erklärte die medizinische Leiterin bei Paracelsus, Doktor Anna Erat (Kokain-Konsum, der tausende Dollar die Woche kostet, eher als die Abhängigkeit von billigem Wodka).

Dennoch würde laut Gerber ein normaler Entzug einfach nicht funktionieren. Die Klienten sind oft weltberühmt und wollen absolute Diskretion. Abgesehen von dem Wunsch nach Privatsphäre hat extremer Reichtum eine seltsam isolierende Wirkung. „Wenn man einen Milliardär in eine Gruppe steckt, selbst mit gut situierten Menschen aus der Mittelschicht, können sie keine Beziehung zueinander aufbauen“, erklärte mir Gerber. Diese Leute seien nicht wie wir anderen. Ihr Leben und ihr Denken haben sich durch ihr Vermögen verändert.

In Zürich fühlt sich sogar das Sonnenlicht teuer an. Die Berge und der See verleihen ihm einen goldenen Glanz, der von den Schmuckstücken in den Schaufenstern der Designerläden an der Bahnhofstraße und den makellosen weißen Segeln der Schiffe, die über den See fahren, reflektiert wird. Die Lebenshaltungskosten in der Stadt sind die höchsten in der Schweiz und die sechsthöchsten auf der ganzen Welt. Die „goldene Küste“ Zürichs zieht sich über die Stadtgrenze hinaus den See entlang. Am Ende der Straßen, die zum Seeufer führen, befinden sich Strände, an den Kinderfrauen kleine Kinder zum Spielen bringen und Männer in knappen Badehosen schwimmen, bevor sie wahrscheinlich heimgehen, um ihre Investitionen zu checken. Als ich eine der größeren Straßen entlanglief, kam ich am Algonquin vorbei, einem mit einem Zaun verschlossenen Schloss, in das sich 2009 Tina Turner zur Ruhe gesetzt hat. Wenn sie in den lokalen Supermarkt geht, dreht sich scheinbar niemand um, um sie anzustarren. Für die Reichen und Berühmten ist Zürich ein guter Ort, um sich in Ruhe zu verstecken, dank der – wie es ein Züricher nannte – „einzigartigen Unaufgeregtheit der Schweizer“.

Einen kurzen Spaziergang von Turners Zuhause befindet sich im Ortsteil Küsnacht am Seeufer das Haus von Carl Jung, eine große, crèmefarbene Villa, in der der Psychiater den Großteil seines Lebens verbrachte. In den späten 1920er-Jahren behandelte Jung mehrere Monate lang einen alkoholsüchtigen amerikanischen Geschäftsmann namens Rowland Hazard III. Nachdem Hazard wieder zu trinken begonnen hatte, sagte ihm Jung, ohne ein spirituelles Erwachen werde er sich nie erholen. Daraufhin schloss sich Hazard einer evangelikalen christlichen Gemeinschaft namens Oxford Group an, hörte mit dem Trinken auf und unterstützte einen alten Freund bei der Bewältigung seiner Alkoholsucht. Dieser alte Freund wiederum betreute Bill Wilson, der dann 1935 die spirituell angehauchten Anonymen Alkoholiker gründete.

Was Heilung angeht, ist die Gegend um Zürich also geschichtsträchtig. Sie ist sowohl der Ursprung des größten, kostenlosen, Peer-to-Peer Anti-Sucht-Programms der Welt als auch am anderen Ende der Skala des exklusivsten. Die erste Klinik für „einen Klienten nach dem anderen“ wurde hier 2009 von einer Krankenschwester und ihrem damaligen Ehemann, einem Suchtberater, gegründet. Das Paar – Christine Merzeder und Lowell Monkhouse – beschloss, einem alkoholkranken Freund zu helfen. Anstatt ihn an eine etablierte Suchtklinik zu überweisen, fanden sie ihm eine Wohnung, verwandelten ein ungenutztes Schlafzimmer in ihrer Wohnung in einen Praxisraum und holten jemanden für die Anleitung von Yogaübungen ins Boot.

Merzeder fand die tägliche, gezielte Behandlung eines einzelnen Klienten befriedigender und effektiver als die übliche Einheitsbehandlung in einer öffentlichen Klinik. Nur war das arbeitsintensiv. Merzeders Sohn, Jan Gerber, erkannte eine Gelegenheit. Nach seinem Abschluss an der London School of Economics (LSE) arbeitete Gerber als Finanzberater für Investmentbanken und hatte verschiedene Unternehmen gegründet, darunter eine Schönheitsoperationsklinik für Männer in Zürich. Er kannte die Gewohnheiten der sehr Reichen und ihre Probleme. Er wusste, es würde viele Leute geben, die bereit waren, zu zahlen.

Gemeinsam gründeten sie 2011 die Kusnacht Practice. Am Anfang kam der Erfolg durch persönliche Weiterempfehlung. Laut Moustafa Hammoud, der früher als Vermittler für Kunden aus dem Nahen Osten arbeitete, schickte ein Kunde aus Saudi-Arabien mindestens drei seiner Kinder, die alle an Suchtproblemen oder Depressionen litten. Hammoud schätzt, dass anfangs rund 70 Prozent der Klienten aus Saudi-Arabien, den Vereinten Arabischen Emiraten, Kuwait und Ägypten stammten. Zu Hause berühmt, suchten viele Klienten im Ausland Hilfe, damit die „Schande“ ihrer Probleme nicht öffentlich wurde. Viele, erzählte er, kamen mehrere Male. „Sie erholten sich, wurden wieder rückfällig und kamen dann wieder. Die Klinik wuchs schnell, stellte mehr Mitarbeiter ein und mietete weitere Häuser für die Kunden. 2013 verließ Gerber das Unternehmen und gründete Paracelsus. In der Zwischenzeit verkaufte Monkhouse das Kusnacht an eine Private-Equity-Firma. Es wird nun von einem brasilianischen Unternehmer geführt und bietet verschiedene medizinische Behandlungen, darunter „biomolekulare Wiederherstellung“, sowie Reha an. Paracelus bleibt kleiner – „mehr Boutique und persönlicher“, erklärte Gerber.

Von Anfang an brachte diese Art Klienten Herausforderungen mit sich, denen Merzeder während ihrer Laufbahn im öffentlichen Gesundheitssystem der Schweiz nicht begegnet waren. Oft kamen sie mit mehreren Rezepten an, die das Ergebnis von Überbehandlungen durch konkurrierende Privatärzte waren, die nicht die Anmerkungen der jeweils anderen gelesen hatten. Sie erinnerte sich an eine jüngere Patientin, „eine Prinzessin“, die vom besten US-amerikanischen Professor für Kinderpsychiatrie behandelt worden war und „vollgepumpt mit Pillen“ bei ihr ankam. Merzeder war überzeugt, dass ein Ansatz, der die Versorgung von Körper und Psyche zusammenführt, ein besseres Ergebnis bringen würde. „Ich habe mich nie für die Geschäftsentwicklung oder das wirtschaftliche Ergebnis interessiert“, fügte sie hinzu. „Ich war nur an den klinischen Erfolgen interessiert.“ Gerber, der neben ihr saß, strahlte: „Darum sind wir ein gutes Team!“

Gerber kennt seinen Markt und weiß, dass er am Wachsen ist. Von 2019 bis 2021 wuchs die Zahl der sehr vermögenden Personen, die mehr als 50 Millionen US-Dollar (47,4 Millionen Euro) besitzen, von 174.800 auf 264.000 an. Obwohl sie finanziell gegen zahllose Schwierigkeiten gewappnet sind, ist laut Gerber die Wahrscheinlichkeit, an einer psychischen Krankheit oder einem Drogenproblem zu leiden, für Menschen in dieser Wohlstandsklasse drei- bis fünfmal höher als für den Durchschnitt. Angesichts der Tatsache, dass Paracelsus nur 30 bis 40 Patientinnen im Jahr aufnimmt, ist der Pool sicher groß genug, um die Klinik zu beschäftigen.

Die ultra-exklusive Behandlung psychischer Krankheiten ist eine von vielen neuen Mikroindustrien, die im Dienst der Superreichen entstanden sind. Der Spears 500, ein jährlicher Index für Beratungsdienste, empfiehlt jetzt Experten für alles, vom Erwerb von Weinbergen bis Krypto-Reputations-Management. Die „Ultra-Nettowert-Psychologin“ Dr. Ronit Lami pendelt zwischen Los Angeles und London. Als sie im Jahr 2000 mit ihrer Arbeit begann, habe niemand viel über diesen Bereich gewusst, erzählte sie. Heute wollen ihre Klienten spezialisierte Fachleute, die sich mit den Besonderheiten der Nachfolgeplanung und der Übertragung von Generationenvermögen auskennen. Sie wünschen sich wie in vielen anderen Bereichen eine maßgeschneiderte und exklusive Dienstleistung, einen Privatjet statt einer kommerziellen Airline.

Frühere Kusnacht-Mitarbeiter exportierten die Idee der Einzelklienten-Reha inzwischen in die ganze Welt und eröffneten ähnliche Kliniken auf Mallorca (The Balance), in Irland (Rosglas) und eine weitere in Zürich (Calda). Das erste luxuriöse Einzelklienten-Zentrum in London, Addcounsel, wurde von einem Geschäftsmann namens Paul Flynn eröffnet. Er verkaufte seine Personalvermittlungsfirma und gründete 2016 die Klinik, nachdem ein Freund, der bei Kusnacht arbeitete, die Idee vorgeschlagen hatte. Flynn erzählte mir, das Unternehmen sei im vergangenen Jahr um 300 Prozent gewachsen. Für 2023 erwartete er einen ähnlichen Anstieg. Das Elend der Superreichen ist ein Markt wie jeder andere, und es gibt eine Marktlücke. In den kommenden Jahren wird es seiner Meinung nach „zu einer Menge Fusionen und Übernahmen in diesem Bereich kommen.“

Man muss sich anstrengen, nicht vom Luxus verführt zu werden. Gerber zeigte mir das Apartment, in dem ich bei Paracelsus wohnen würde, eine Reihe von Penthouse-Räumen mit Seeblick, in denen alles zu glitzern schien: Glastische, silberne Kerzenständer, Marmoroberflächen. Im Schlafzimmer hatte die Bettwäsche ein leuchtendes, makelloses Weiß, das unmöglich zu erreichen ist, wenn man seine Wäsche selbst wäscht. Ein Tablett mit frisch zubereiteten Miniatur-Auberginen und Ricotta-Cannelloni wurde auf den Couchtisch gestellt, nur für den Fall.

Sie strebt danach, mühelos zu erscheinen, diese Opulenz, während die Arbeit, die sie ermöglicht, im Verborgenen stattfindet. Haushälterin Izabela Borowska-Violante und Küchenchef Moritz von Hohenzollern kommen normalerweise zur Arbeit, bevor ein Klient aufgewacht ist. Während ich durch die perfekten Räume lief, nichts zu berühren versuchte und mir wünschte, mein Rucksack wäre nicht ganz so schmutzig, kamen sie aus dem Personalraum der Wohnung, als hätten sie dort in aller Ruhe gewartet. Gerber erzählte mir, dass die Mitarbeiter sich ganz so verhalten, wie ein Klient es möchte, sei es gesprächig oder unsichtbar. Auf jeden Fall sollten sie die „ruhigen, guten Geister des Hauses“ sein, fast wie eine Familie, wenn auch keine Familie, die ich kenne. „Bei mir geht es vor allem darum, still im Hintergrund zu sein“, bestätigt von Hohenzollern, es sei denn, der Kunde wünscht Gesellschaft. Trotz dieser Politik der Zurückhaltung konnte er seinen Enthusiasmus nicht immer zügeln. „Ein herzliches Willkommen von uns von der gastronomischen Seite“, dröhnte er bei meiner Ankunft.

Anfangs kam ich ins Schleudern, weil ich das Vorhaben nicht ganz verstanden hatte. Ich dankte ständig allen, sodass es schon für Irritationen sorgte. Weil es mir peinlich war, versuchte ich Dinge selbst zu tun, etwa mir selbst Wasser zu holen – bis von Hohenzollern mich daran erinnerte, dass das sein Job sei. Am ersten Morgen fragte er mich, ob ich Pilze möge. Oh ja, log ich höflich. Später bereitete er Pilze zum Abendessen zu und ich aß sie alle auf. Am nächsten Tag, während einer Beispielsitzung mit einer Ernährungsberaterin, fragte sie mich, ob es etwas gebe, was ich nicht besonders gern esse. Ich sagte: Pilze. Noch bevor ich ins Apartment zurückkehrte, war die neue Information bereits im Team weitergegeben worden. Von Hohenzollern war geknickt. Warum hatte man ihm das nicht vorher gesagt? Wie konnte er seinen Job gut machen, wenn er mir nicht zu jederzeit das bot, was ich genau wollte?

Der typische Klient wäre einen solchen Service natürlich gewohnt. Wenn überhaupt, ist das Paracelsus-Apartment – mit seiner Küche und dem Esszimmer und einem großen privaten Bereich für die Klient:innen – wahrscheinlich beengt im Vergleich mit ihrem eigenen Zuhause. Die Klinik wolle eine sichere, Kokon-artige Umgebung schaffen, ideal für die Genesung, erklärte Gerber. Im Gegensatz dazu beherbergt die Kusnacht Practice, die eine zehnminütige Autofahrt entfernt liegt, ihre Kunden in großzügigen Villen. Als man mir eine zeigte, mit Marmorbädern auf allen drei Stockwerken, einem Außenpool und einer riesigen Dachterrasse, fiel mir das Porträt eines Mannes auf, der einen aus dem Rahmen heraus anstarrte. Mir wurde versichert, dass man es entfernen könne, falls der Kunde es als störend empfände, angeblickt zu werden, wenn auch nur von einem Gemälde.

Die letzte Komponente des Paracelsus-Apartments, die bei meinem Aufenthalt fehlte, war die Rundumbetreuung durch die Live-In-Therapeutin. Es sei „eine sehr enge Beziehung“, sagte Danuta Siemek, die seit einem Jahr in dieser Funktion tätig ist. Sobald sie Patienten zugewiesen ist, begleitet sie sie für die gesamte Dauer eines Aufenthalts. Sie isst mit ihnen, spricht mit ihnen, wann immer ihnen danach ist, und kümmert sich um sie, wenn sie um 4 Uhr morgens eine Panikattacke haben. Es ist eine intensive und intime Arbeit, eine Dynamik, die andere Psychotherapeuten, mit denen ich sprach, überraschte, da sie an das konventionelle Format streng begrenzter, wöchentlicher 50-minütiger Sitzungen gewöhnt sind. Um Unklarheiten zu vermeiden: den Patient:innen werden in der Regel Therapeut:innen zugeteilt, die nicht in ihrem Alter sind und ein Geschlecht haben, das nicht mit ihren sexuellen Präferenzen übereinstimmt. „Das Leben, wie wir es kennen, hört auf“, sagte Siemek über ihre Arbeit. Ich fragte mich laut, wie man da nicht verrückt wird. „Power Walking“, antwortete sie.

Es hat einen bestimmten Effekt, das Zentrum der Aufmerksamkeit mehrerer professioneller Mitarbeiter zu sein. Ich erwähnte, dass ich Nüsse mag. Leicht gewürzte Nüsse wurden gebracht. Wenn ich ein Handtuch auch nur streifte, wurde es sofort neu gefaltet, um unberührt zu wirken. Während der Sitzung mit der Ernährungsberaterin begann ich mich zu fragen, ob meine Essgewohnheiten tatsächlich einzigartig faszinierend sind. Ein sanftes Abgleiten in den Narzissmus schien unausweichlich.

Aber genau dafür zahlt der Patient: die komplette Hingabe eines ganzen Teams. Zu Beginn des Aufenthalts hat die körperliche Stabilisierung Priorität. Das medizinische Personal führt Bluttests durch, überwacht den Blutdruck und die Herzfrequenz und erstellt anschließend einen Bericht, der alle Schwachpunkte aufzeigt. „Viele unserer Kunden sind sehr datenorientiert“, sagt der medizinische Leiter Erat. Manchmal seien sie ein wenig besessen von den Berichten, die sie als Tabellenkalkulation wiedergeben, als ob ihre Probleme durch die Korrektur eines einzigen schlechten Werts gelöst werden könnten. Aber für ihre Genesung „ist es nur eine Methode von vielen“, erklärte Erat.

Psychische Heilung ist harte Arbeit, ob man extrem reich ist oder nicht. Paracelsus’ leitender Psychiater Thilo Beck ist einer der renommiertesten in Zürich. Der ruhige Mann mit dem rasierten Kopf, den riesigen weißen Turnschuhen und der kühlen, unerschütterlichen Ausstrahlung teilt seine Zeit zwischen Paracelsus und der Arud auf, einer der größten nichtkommerziellen ambulanten Suchtkliniken der Schweiz. In der Arud behandelt er Leute vom anderen Ende des sozioökonomischen Spektrums, Abhängige, die in Armut oder an der Grenze zur Obdachlosigkeit leben. Beide Gruppen sind laut Beck „in gewisser Weise stigmatisiert und marginalisiert. Sie werden nicht als ganz normal angesehen“. Bei beiden trifft er häufig auf emotionale Vernachlässigung. Auf der einen Seite wurde ein Klient möglicherweise von einem Elternteil aufgezogen, das mehrere Jobs jonglieren musste, um über die Runden zu kommen. Auf der anderen Seite des Spektrums wurden die Klienten oft „von Kinderfrauen aufgezogen“. Häufig war da das Gefühl – wie er es formulierte –, dass man niemandem richtig wichtig war.

... Die Klienten lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: diejenigen, die in den Wohlstand geboren sind und diejenigen, die ihn als Erwachsene erworben haben. Erstere fühlen sich oft richtungslos, erdrückt durch den Erfolg ihrer Eltern und beschämt über die Leichtigkeit ihres Lebens. „Die Selfmade-Männer sind komplett anders“, erzählte Beck. „Nicht einfacher.“ Häufig hatten sie eine Arbeitsethik, die selbstzerstörerisch war und dazu führte, dass sie Familie, Freunde und ihre eigene Gesundheit vernachlässigten. Aber es gab auch Ähnlichkeiten zwischen den beiden Gruppen. Beide schienen zu spüren, dass etwas fehlt: ein tieferes „Werteproblem“, wie Beck es formulierte, das sich letztlich mit der Frage zusammenfassen lässt: „Was soll ich auf dieser Welt tun?“ Es fehlte an Sinn; etwas, das nicht da oder verloren gegangen war; eine klaffende Leere, die unter dem Geld lag.

An meinem zweiten Abend in Zürich erzählte mir Pawel Mowlik von dem Moment, an dem er die Leere spürte. Im Sommer 2014 wachte er in der Präsidentensuite in einem Hotel in Monaco auf, umgeben von den nackten Körpern von Leuten, die er nicht kannte. Da wurde ihm klar, dass seinem Leben der Sinn fehlte.

Wir saßen dabei in einem seiner Lieblingsrestaurants in Zürich, einem von Hunderten, die er im Laufe eines einzigen Jahres aufsucht und rund eine Million Euro für gehobenes Essen ausgibt. Mowlik ist in einer polnischen Kleinstadt geboren und hatte eine strenge Mutter und einen unglücklichen Vater. Nach der Scheidung seiner Eltern begann er, mit Amphetaminen zu experimentieren. Laut seiner Erinnerung lag er einmal drei Tage lang wach und redete mit jedem Nachbarn, der ihm zuhören wollte. Mit 15 verließ er die Schule und arbeitete als Page im Hotel Atlantic Kempinksi in Hamburg. Dort machte ihn sein Charme so bekannt, dass er in einem Lokalmagazin porträtiert wurde. (Ein Foto des Artikels hebt er auf seinem Handy auf). Während des Studiums an einer Hotel-Management-Schule in Zürich traf er einen Hedgefonds-Manager, der ihm einen Job im Bereich Investor Relations in der Schweizer Niederlassung des Fonds anbot. Mit 24 Jahren hatte er Millionen verdient, zog von New York nach London („meine Glanzzeit“) und machte so viel Party, wie man von jemandem erwartet, der früher nichts hatte und mittlerweile alles erworben hat. Er trug Anzüge von Louis Vuitton und Hemden von Tom Ford und wurde, wie er es ausdrückte, „so ein James-Bond-Typ“. Zu diesem Zeitpunkt betrachtete er Kokain nicht mehr als Droge, sondern als eine praktische Notwendigkeit, um weiterzumachen.

Als Mowlik merkte, dass er kurz davor war, sich selbst zu zerstören, begab er sich in eine Sucht-Reha-Klinik, zunächst in Florida, dann in mehrere andere, bis er bei Paracelsus landete. Nach seiner Genesung schloss er sich Gerber’s Team an. Mowlik liebte es, sich mit den Kunden anzufreunden. Oft reiste er mit ihnen in die Provence, nach Monaco oder Mailand. Er erzählte seine Geschichte, und im Gegenzug erfuhr er ihre. „Manchmal ist es lustig, manchmal ist es traurig“, sagte er, „denn ich habe viele traurige Dinge erlebt. Mehr als einmal nahm er eine Überdosis. Und er hatte das Gefühl, dass alle seine Freundschaften gekauft waren. „Mein ganzes Leben lang habe ich mich irgendwie einsam gefühlt, obwohl ich so viele Leute kenne“, erklärte Mowlik. „Es gibt einen Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit. Ich habe mich einsam gefühlt, nicht allein. Und das tue ich immer noch. Er schien das gelassen zu sehen, als sei das einfach der Preis für ein Leben wie seines. „Ich bin nicht mehr traurig darüber, nicht wie in der Zeit, als ich Drogen und Alkohol brauchte, um es zu kompensieren. Ich akzeptiere es einfach.“

Das Thema Einsamkeit taucht wiederholt auf. Gerber skizzierte das typische Profil eines Kindes von Milliardären, das von einem teuren Kindermädchen aufgezogen und auf ein Eliteinternat geschickt wird. Später wird erwartet, dass es in das Familienunternehmen eintritt oder sich zumindest einem bestimmten Lebensstil anpasst. Oft dürften solche Kinder auch nicht heiraten, wen sie wollen, weil ihre Eltern „dafür sorgen, dass du niemanden mit nach Hause bringst – aus Sicherheitsgründen“.

Es fiel mir auf, dass die Bedingungen in der Klinik die Einsamkeit zu wiederholen schien, die das Leben vieler Klientinnen bestimmt: abgeschnitten von der Gemeinschaft, kostspielig isoliert und geplagt von einem Gefühl der ungerechtfertigten Besonderheit. Gerber betonte zwar oft, dass es für die Genesung der Klienten wichtig sei, in einer vertrauten Umgebung zu sein, die einem Standard entspricht, an den sie gewöhnt sind. Aber wie mir eine frühere Live-in-Therapeutin in einer der Schweizer Kliniken erzählte: „Es ist Segen und Fluch zugleich. Letztlich unterstützen wir die Dynamik, dass die Person die wichtigste im Raum ist.“

Beunruhigende Anzeichen stellten sich ein. Am zweiten Tag in dem Apartment hatte ich fast völlig aufgehört, mich unermüdlich zu bedanken. Auch hatte ich mich so sehr daran gewöhnt, herumgeführt zu werden, dass ich mich, als ich ausnahmsweise meinen Weg allein finden musste, aussperrte. Ich musste eine Krankenschwester rufen, damit sie mich hereinließ, hilflos wie ein Kind.

Das Umfeld schien zu begünstigen, nicht selbst Verantwortung zu übernehmen. Oft seien die Leute, die zur Behandlung kommen, nicht daran gewöhnt, früh aufzustehen, erzählte mir Hammoud. „Manchmal darf man sie nicht wecken. Sie gucken dich dann von oben nach unten an und sagen: Wer bist du, dass du mich aufweckst?“ Ein Patient griff alle verbal an, erinnerte sich von Hohenzollern. Einmal schleuderte der Mann seinen Teller voll Essen auf den Boden. „Wir gehen auf alle ihre Bedürfnisse und Wünsche ein“, stellte die frühere Live-in-Therapeutin fest. „Sie machen nicht die Erfahrung, in der Realität anzukommen.“ Manche hätten nie in ihrem Leben ein Nein gehört, erzählte Gerber. Es seien dennoch Menschen mit sehr hohem Leidensdruck, betonte er, möglicherweise, weil er in meinem Gesichtsausdruck Wellen der Verurteilung bemerkt hatte.

Laut Live-In-Therapeutin Danuta Siemek ist das Prinzip ihrer heiklen Beziehung zu den Klienten, ihnen mit „bedingungslos positiver Wertschätzung“ zu begegnen. Sie akzeptiert sie ohne Vorbehalt. Das bedeutet nicht, dass die Patienten nie herausgefordert werden, aber „wenn wir sie zu sehr fordern“, erklärte Gerber, „könnten wir eine Situation schaffen, in der beide Seiten verlieren. Sie packen ihre Sachen und verschwinden.“ Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Privatjet-Pilot eines Klienten in einem nahegelegenen Hotel in Zürich untergebracht ist, damit eine Abreise jederzeit möglich ist. Natürlich ist es besser für die Bilanz, wenn der Patient bleibt.

... Mehr als einmal hörte ich bei meiner Recherche in den Luxus-Kliniken in Zürich, dass der entscheidende Moment der Veränderung, das spirituelle Erwachen der Behandelten, der Besuch eines Lebensmittelgeschäfts war. In einer Version wurde ein Mitglied einer königlichen Familie aus dem Nahen Osten von ihren Kindern gefilmt, wie sie in der Schlange an der Kasse stand und sich freute, dass sie etwas in ihren Korb gelegt und dann bezahlt hatte. Sie hatte so etwas noch nie getan. Ein andermal wurde von einem jungen Patienten berichtet, der völlig überwältigt in einem Regal mit verschiedenen Joghurt-Sorten stand, weil er noch nie zuvor vor so einem Regal stehen und auswählen musste.

Ich fragte mich, ob ein Patient wirklich ein gesamtes Klinik-Team braucht, um einen Moment der Erleuchtung im Supermarkt zu erleben. Angesicht der Beobachtung, dass extremer Reichtum die Menschen in eine leidende Kombination aus sich selbst isolierenden Einzelgängern und verwöhnten Kindern zu verwandeln scheint, ist das aber vielleicht doch der Fall

Thilo Beck beschrieb die „kleinen Schritte“, die er häufig mit Patient:innen geht, indem er sie ermutigt, „neue Freunde zu finden oder eine Gruppe von Freunden oder andere Hobbys“. Es ist allerdings eine Menge Geld für den Rat, sich bei einem Akt-Zeichenkurs anzumelden. Die Klinikmitarbeiter, insbesondere diejenigen, die auch mit Menschen mit drastisch niedrigeren Einkommen arbeiten, sind sich der Ungleichheit in der Versorgung durchaus bewusst. „Ich wäre sehr gern in der Lage“, meinte Beck, „das jedem anzubieten“. (Wobei natürlich ein solcher Schritt, den Anspruch der Klinik auf Exklusivität deutlich dämpfen würde.)

„Als ausgebildeter Ökonom weiß ich, dass das keine Option ist“, erklärte denn auch Gerber, argumentierte aber, dass ihre Arbeit einen Trickle-Down-Effekt habe. Hilf dem Menschen an der Spitze eines riesigen Unternehmens oder dem Mittzwanziger mit nicht selbst verdienten Millionen auf der Bank und ihr verwandeltes Ich könnte sich entschließen, ihren Mitarbeitern zu helfen, ihrer Gesellschaft, der Welt. Wie bei einem Großteil der Trickle-Down-Rhetorik schien eher eine Hoffnung beschrieben zu werden als Realität. Ich konnte nicht umhin zu denken: Wenn Reichtum zum Teil die Krankheit ist, könnte auch radikale Besteuerung ein Mittel zur Heilung sein.

Für Mowlik, der Paracelsus kurz nach meinem Besuch verließ, liefen seine Erkenntnisse als Mitbetreiber einer Reha-Klinik auf einige einfache Wahrheiten hinaus. „Ich glaube ganz ehrlich, dass selbst der reichste Mensch der Welt letztlich eine Verbindung zu Menschen sucht“, erklärte er. Der Behandlungserfolg hänge ausschließlich von der Entschlossenheit des Klienten selbst ab. „Man muss dazu bereit sein, sich zu ändern. Weder ein Bentley noch eine Villa werden den Ausschlag geben.“

Er war zu der Überzeugung gelangt, dass der Überfluss an Luxus – „dieser ganze Schwachsinn, entschuldigen Sie mein Französisch“ – nur eine Ablenkung war. Diese Kliniken seien Blasen, unhaltbar und zerbrechlich, „weshalb viele Patient:innen keine Antworten finden und wieder in ihrem alten toxischen Lebensstil landen“. Als nächsten Schritt beschloss er, eine gemeinnützige Stiftung für psychische Gesundheit zu gründen. Rückblickend empfand Mowlik die Arbeit als Hotelpage in Hamburg als den authentischsten Abschnitt seines Lebens. Sinn, Dienstleistung, menschliche Verbundenheit: Alle Lektionen des Lebens waren dort zu finden.

Spät in der zweiten Nacht merkte ich, wie ich ziellos allein im Apartment herumwanderte. Nach zwei Tagen, in denen alle Bedürfnisse vorweggenommen und alle praktischen Dinge für mich erledigt worden waren, hatte ich keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich wusste, dass es Luxus war, nicht kochen und putzen zu müssen oder die alltäglichen logistischen Aufgaben zu bewältigen, aber mich überkam auch ein deutliches Gefühl von Leere. Alles, woran ich denken musste, war ich selbst: ein schrecklicher Zustand.

Am nächsten Morgen verabschiedete ich mich von von Hohenzollern, der mir einige selbstgemachte Schokoladen für zu Hause mitgab. Er wollte mir noch zeigen, wo man etwas zum Lunch kaufen kann, wie ich zum Flughafen komme und den besten Ort zum Brotkaufen in Zürich empfehlen. Keine Sorge, antwortete ich, das finde ich schon heraus. Ich wollte es dringend selbst herausfinden. Ich schnappte meinen schäbigen Mantel und rannte aus dem Gebäude, als sei ich auf der Flucht vor einem Feuer.


Übersetzung: Carola Torti



Aus: "Aus dem Inneren einer Schweizer Luxus-Klinik: Wo sich Milliardäre therapieren lassen" Sophie Elmhirst (14.03.2023)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/aus-dem-inneren-der-paracelsus-klinik-wo-sich-milliardaere-therapieren-lassen


"The long read - ‘One billionaire at a time’: inside the Swiss clinics where the super-rich go for rehab" Sophie Elmhirst (Thu 23 Feb 2023 06.00 GMT)
https://www.theguardian.com/society/2023/feb/23/one-billionaire-at-a-time-swiss-clinics-super-rich-rehab-therapy-paracelsus-kusnacht


Sophie Elmhirst is a journalist. She writes regularly for the Guardian Long Read and the Economist's 1843 magazine, among others. In 2020, she won the British Press Award for Feature Writer of the Year, and a Foreign Press Award for Finance and Economics Story of the Year.
https://www.sophieelmhirst.com/
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Re: [Menschen in Schichten und Klassen... ]
« Reply #1412 on: March 15, 2023, 03:49:28 PM »

Quote
[...] Die Bankenaktien schlugen einen Erholungskurs ein. Große Geldhäuser wie Goldman Sachs, Citigroup und Wells Fargo gewannen zwischen 2,1 und 5,9 Prozent und machten damit ihre Verluste vom Vortag größtenteils wett. Kleine regionale Banken wie First Republic und PacWest, die bis zu 85 Prozent verloren hatten, kletterten um bis zu 34 Prozent. Auch die Facebook-Mutter Meta stand im Rampenlicht. Eine neue Entlassungswelle trieb die Aktie um mehr als sieben Prozent in die Höhe. Das Unternehmen, zu dem auch der Messengerdienst WhatsApp und die Fotoplattform Instagram gehören, will weitere 10.000 Stellen streichen. Zudem sollten rund 5000 offene Stellen nicht besetzt werden. Erst vor vier Monaten hatte Meta bereits die Entlassung von 11.000 Mitarbeitern angekündigt. ... Gefragt waren auch die Papiere des Fahrdienstvermittlers Uber, die um knapp fünf Prozent zulegten. Ein kalifornisches Gericht hat eine Regelung wieder in Kraft gesetzt, die es App-basierten Fahrdienstleistern erlaubt, ihre Fahrer als unabhängige Unternehmer und nicht als Angestellte einzustufen. ...


Aus: "Zinshoffnungen beflügeln Wall Street" (14.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Zinshoffnungen-befluegeln-Wall-Street-article23984758.html

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[Menschen in Schichten und Klassen... ]
« Reply #1413 on: March 20, 2023, 12:47:36 PM »

Quote
[...] 50 Milliarden Franken stellte die Schweizerische Nationalbank (SNB) am vergangenen Donnerstag der angeschlagenen Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) zur Verfügung. "Wir danken der SNB", ließ sich CS-CEO Ulrich Körner in einer Mitteilung zitieren.

... Auch am Sonntagabend im Medienzentrum blieb die Stimmung auf dem Podium kuschelig. Kein kritisches Wort fiel über das CS-Management, das die Bank überhaupt erst in diese Lage gebracht hatte – und in den vergangenen 20 Jahren trotzdem 42 Milliarden Franken an Boni kassiert hatte. Weder durch den sozialdemokratischen Bundespräsidenten, die freisinnige Finanzministerin, noch die Finma-Verwaltungsratspräsidentin Marlene Amstad. Diese verstieg sich sogar zur Behauptung, es seien Social-Media-Gerüchte gewesen, welche die CS ins Wanken gebracht hätten. Auf eine Nachfrage relativierte sie ihre Aussage immerhin. Und als der CS-Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann darauf angesprochen wurde, wer an diesem Desaster eigentlich die Schuld trage, sagte er: "Schauen Sie, rückwärts zu schauen ist immer einfach und mit dem Finger auf jemanden zu zeigen."

... Für das globale Finanzsystem stellt sich an diesem Sonntagabend die Frage: Ist das Ganze wirklich nur eine Vertrauenskrise einer Schweizer Bank, die seit 15 Jahren mit Missmanagement und einem Skandal nach dem nächsten auffiel? ...


Aus: "Das Monster vom Paradeplatz" Aus einer Analyse von Matthias Daum, Zürich  (19. März 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-03/credit-suisse-uebernahme-ubs-bankenkrise-stabilitaet-finanzmarkt-steuerzahler/komplettansicht

Quote
loge1881 #1.18

... die 42Mrd betreffen die gesamte Belegschaft über die letzten 20 Jahre ... macht dann bei ca. 20'000 Angestellten immer noch stolze 100'000 pro Nase und Jahr .... da der Schalterbeamte wohl eher Vierstellig abgespeist wurde, dürften für die Investment-Gambler halt bis zu Millionenbeträge drin gelegen haben.


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Jinx Powder #13

War wieder niemand Schuld.


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vetterling #17

Das Top Management von vielen Großunternehmen erinnert immer mehr an den unfähigen Adel…


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Izel #22

Too big to fail and whatever it takes! Großbank müsste man sein…


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ThatsLife943 #26.1

"Schwierigkeiten" der CS aus den letzten knapp 4 Jahren: Millionenstrafen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche für bulgarische Mafia, 600+ Mio Schadensersatzzahlung weil ein Mitarbeiter Kundengelder unterschlagen hat, Strafe von 475 Mio USD wegen Bestechungsaffäre, 5 Mrd Verlust wegen der Pleiten von Greensill Capital und Archegos Capital. Ein CEO tritt zurück, weil man einen ehemaligen Mitarbeiter hat beschatten lassen, der nächste CEO wegen 3 Verlustquartalen in Folge. Der Verwaltungsratspräsident muss gehen, weil er sich nach einer Auslandsreise nicht an die Corona-Quarantänebedingungen gehalten und dazu gelogen hatte.

Das hat das Vertrauen der Kunden untergraben, die daraufhin ihre Guthaben abgezogen haben.


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Jan der Freie Denker #20

Der Finanzplatz Schweiz lebt zum Teil immer noch von den Vermögen von Kriminellen und Korrupten aus der ganzen Welt.
Da möchte man natürlich auch die Pleite einer involvierten Grossbank möglichst diskret abwickeln. Und es ist ausreichend belegt, dass auch die UBS tief in diesem Sumpf steckt. Die Übernahme der CS durch die UBS passt also.


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ThatsLife943 #28

"... noch die Finma-Verwaltungsratspräsidentin Marlene Amstad. Diese verstieg sich sogar zur Behauptung, es seien Social-Media-Gerüchte gewesen, welche die CS ins Wanken gebracht hätten"

Andere Länder haben also auch Probleme mit der Qualität vom Behördenpersonal.


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Direkte Demokratie 1 #30

Wenn wir eines aus den letzten Finanzkrisen gelernt haben, dann, was jetzt kommt: „Gewinne privatisieren, Verluste, sozialisiert!“ Solange die Bank gewinnt macht, dürfen sich alle Manager fette Boni geben. Wenn die Bank dann fast pleite geht, dürfen Sie diese Boni natürlich behalten, obwohl diese ja wegen Missmanagement gezahlt wurden. Die Verluste muss dann der Steuerzahler zahlen! Ich bin sehr gespannt, wie lang sich die Bevölkerung das noch bieten lässt, dass der Steuerzahler für alle Verfehlungen der Bankmanager dieser Welt verantwortlich gemacht wird!


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Mirgas #30.1

Ich fürchte das lassen wir uns noch ewig so bieten. Selbst die Boni werden ja immer in Schutz genommen. Die Bonzenindustrie hat Narrenfreiheit. Aber wehe ein Bauarbeiter mahnt an dass er nicht bis 65 arbeiten will. ...


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unendliche weiten #41

Wenn man sich die Geschichte der Großbanken anschaut, war das sicher ein großer Fehler. UBS musste vor 15 Jahren noch selber gerettet werden. Zerschlagung und Verstaatlichung der Großbanken ist die einzig richtige Antwort auf die maßlose Gier. Die Schweiz hätte die Chance gehabt, das Ende des Großbanken-Kapitalismus einzuleiten. Dass sie es nicht getan hat, war ein Riesenfehler.


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Alles-nur-eine-Phase #44

Nach der letzten Bankenkrise war das große Ziel, künftig "to big to fail" tunlichst zu vermeiden.
Das hat ja schon einmal hervorragend geklappt.


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Klaus Go #52

Da legt man jetzt 2 Banken zusammen, die allein schon "too big to fail" waren. Kannste Dir nicht ausdenken.


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Run4fun #48

Hier findet sich erwartungsgemäß das übliche Böse-Banker-BS-Bingo
- Alle kassieren Boni
- Alle Banker reich und alle Banker gierig
- und überhaupt sollen doch alle pleite gehen.
Sachlich fundierte Argumentation sieht anders aus.

Dass die letzten Schieflagen dadurch ausgelöst wurden, dass Spekulationen die Runde machten und ein gewisser saudischer Aufsichtsratchef eine folgenschwere Äußerung in den Raum geworfen hat, interessiert nicht.
Insgeamt gesehen hatte die CS in den letzten Jahren durchaus schwere Fehler gemacht. Zu nennen wären da bspw. das Spygate von 2019/20, der Zusammenbruch von Greensill, die geplatzte Kredite an Bill Hwang.

Die Finanzwelt ist nun mal nicht so einfach schwarz weiß wie sich manche das vorstellen.


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Jupp_Zupp #48.1

„Die Finanzwelt ist nun mal nicht so einfach schwarz weiß wie sich manche das vorstellen.“
Natürlich nicht. Aber hatte man nicht vor einiger Zeit behauptet, für immer und ewig gelernt und gesichert zu haben? Und?

Interessant zu erfahren: eine Ewigkeit hält fünfzehn Jahre.


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So gut wie Neu #55

Ich bin immer fasziniert davon wie schnell Geld vorhanden ist um z.B. Banken zu retten. ...


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echoderzeit #63

Wenn's um die Kohle geht, hört die Neutralität bei den Schweizern auf. Ja, dann herrscht Notrecht!


...
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« Reply #1414 on: March 23, 2023, 11:21:15 AM »

Quote
[...] Gosford Park ist ein Spielfilm des US-amerikanischen Regisseurs Robert Altman aus dem Jahr 2001.  ... Robert Altmans Sittengemälde der englischen Klassengesellschaft, verkleidet in einem Whodunit, feierte seine Premiere am 7. November 2001 beim London Film Festival.

...


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gosford_Park (8. Februar 2023)

-

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[...] Altmeister Robert Altman ("M*A*S*H*", "Short Cuts") feierte mit dem sarkastischen Kriminalfilm "Gosford Park" einen seiner größten Triumphe. Mit scharfem Humor und genauer Beobachtungsgabe fertigt der Regisseur ein pointiertes Sittengemälde der britischen Klassengesellschaft an, wobei er auch die Diener und Zofen nicht verschont, die untereinander ähnliche Hierarchien wie ihre aristokratischen Arbeitgeber führen und eine Klassengesellschaft innerhalb der Klassengesellschaft bilden.

...


Aus: "Gosford Park" (2023)
Quelle: https://www.br.de/br-fernsehen/programmkalender/sendung-3632012.html

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[...] König Charles III. sucht einen neuen Sous Chef für den Buckingham Palast. Der neue Stellvertreter des Küchenchefs soll nicht nur für den Monarchen kochen, sondern auch für Mitarbeiter des Palastes und die Gäste bei großen Staatsbanketten, wie es in der Stellenausschreibung heißt. "Dieser Job ist wirklich einzigartig", ist dort zu lesen. Der "Premier Sous Chef" wird dabei helfen, "ein Team talentierter Profis in den königlichen Küchen" zu leiten.

Zu den zukünftigen Aufgaben erklärt das Königshaus weiter: "Als Unterstützung des Küchenchefs beaufsichtigen Sie den täglichen Betrieb und stellen sicher, dass jede Mahlzeit den höchsten Standards entspricht, egal ob es sich um Mitarbeiteressen oder ein großes Staatsbankett handelt." Der neue Sous Chef wird zu einem 30-köpfigen Team stoßen, das von sechs verschiedenen Residenzen aus operiert, dadurch seien "die Möglichkeiten und die Vielfalt, die diese Rolle bietet, unübertroffen".

Die Stellenanzeige besagt weiter: "Sie werden verschiedene Menüs entwickeln und zubereiten und die allerbesten saisonalen Zutaten beschaffen sowie dabei helfen, die Lagerbestände zu verwalten und die Dienstpläne der Mitarbeiter zu koordinieren."

Bewerben können sich Köche, die "hochqualifiziert und erfahren" sind, schon auf Führungsebene gearbeitet haben und aus einem gehobenen Restaurant- oder Fünf-Sterne-Catering-Betrieb kommen. Nützlich wäre es für den neuen Palastmitarbeiter wohl auch, Erfahrung in der veganen Küche zu haben. König Charles ernährt sich einen Tag in der Woche vegan und zwei Tage die Woche vegetarisch, wie er einmal in einem BBC-Interview verriet.

Wer nicht kochen, aber mit Geld umgehen kann, kann über die Sommermonate ebenfalls eine Stelle im Buckingham Palast finden. Dort wird gerade auch ein Kassierer gesucht. "Sie unterstützen das Finanzteam während der geschäftigen Sommermonate, wenn der Buckingham Palast seine Türen und Geschäfte für Tausende von Besuchern öffnet", lautet die Anzeige für diesen Job.

Im Büro des königlichen Privatsekretärs werden ebenfalls neue Mitarbeiter gesucht, unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit. Briefe, die das Königshaus "zu sozialen, kommunalen und nationalen Angelegenheiten" erhält, sollen hier beantwortet werden. Auch die Stelle eines Programmkoordinators für die Planung der offiziellen Termine und Reisen von König Charles ist ausgeschrieben. Zudem ist im Buckingham Palast eine Stelle im Digital-Team frei, um Innovationen auf diesem Feld für die Royals voranzutreiben.

Quelle: ntv.de, nan/spot


Aus: "Stellen im Palast zu vergeben Neuer Koch für König Charles III. gesucht" (22.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/leute/Neuer-Koch-fuer-Koenig-Charles-III-gesucht-article24005069.html

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[...] Nach dem Staatsbesuch noch eine Runde Klavierspielen mit Blick auf das Brandenburger Tor oder mitten in der Nacht dem Butler Sonderwünsche auftragen. Wenn König Charles und Königin Camilla in dieser Woche in der Hauptstadt zu Gast sind, dürften sie Insidern zufolge im Hotel Adlon nächtigen. Das Luxushotel bestätigt das zwar offiziell „aus Diskretionsgründen“ nicht – gewährte aber Einblicke, wie es sich auf einen Staatsbesuch vorbereitet.

Königin Elizabeth II. hat hier residiert bei ihren Besuchen 2004 und 2015. Eine der drei Präsidenten-Suiten wurde deshalb zur Royal Suite ernannt, wie eine Hotel-Sprecherin berichtet. Seit den Besuchen der Monarchin kennt das Personal die Vorlieben des britischen Königshauses. „Die Engländer leben diese britische Höflichkeit“, sagt Concierge Ole Petersen und schwärmt vom „schönsten Staatsbesuch“.

Bei dem muss alles auf die Minute sitzen: roten Teppich vom Wagen hieven; ausrollen unter den neugierigen Augen von Berlin-Besuchern bis zur Straße, wo die Limousine halten wird; mit dem Besen letzte Krümel wegfegen. Ist der Staatsgast vorgefahren, geht es über den roten Teppich in die Lobby, vorbei an den Gästen in den Fahrstuhl – und ohne Zwischenstopp zur Royal Suite.

Nach dem Fall der Mauer 1989 und Deutschlands Wiedervereinigung ist das berühmte Adlon wieder aufgebaut worden. Es war 1997 das erste neue Gebäude am Pariser Platz, wo der Zweite Weltkrieg und die DDR alle alten Prachtbauten zerstört hatten. Im Sommer 2000 eröffnete Queen Elisabeth in unmittelbarer Nachbarschaft die Britische Botschaft als erste Vertretung an dem historischen Ort. Im Vergleich zu neuen Luxushotels mit modernem Einrichtungsstil punktet das Adlon mit einer mehr als 100-jährigen Geschichte und Tradition, wie etwa der Tea-Time im Foyer mit Elefantenbrunnen.

„Wir haben eine sehr große Nähe zum britischen Königshaus“, sagt Butler Ricardo Dürner – ebenfalls Fan von Queen Elisabeth. „Ich habe sie als sehr freundliche, nette Person kennengelernt.“ Seine Dienste rund um die Uhr gehören zum Service, wenn man für mindestens 20.000 Euro die 185 Quadratmeter große Suite mietet.

Im Wohnzimmer mit Kamin und schwarzem Flügel hängt ein signiertes Foto von der Queen und Ehemann Prinz Philip. Gegenüber dem Esszimmer gibt es eine Mini-Küche, in der Dürner auch mitten in der Nacht einen Tee zubereiten könnte. Im Badezimmer hätten Charles III. und Ehefrau Queen Camilla ihre ganz persönliche Sauna. Das Bett im benachbarten Schlafzimmer hat Übergröße – King Size eben.

Florist Mario Weidner plant in der Regel eine Woche vor königlichem Besuch den Blumenschmuck. Den bevorzugte die Queen „sehr dezent“, verrät er. Nun plant Weidner vor allem in Weiß. Die Ausstattung erfolgt in enger Abstimmung mit Ricardo Dürner. Vorlieben bei Süßigkeiten oder Obst, Unverträglichkeiten oder Extra-Wünsche wie Fitnessgeräte in der Suite – der 54-Jährige sollte sie kennen.

Seit 1999 bietet das Nobelhotel einen Butler-Service an – seitdem ist Dürner da. Er hat den Dalai Lama erlebt. Hat mit dem früheren russischen Präsidenten Michail Gorbatschow gemeinsam auf das Brandenburger Tor geschaut. Und er war im November 2002 zugegen, als Michael Jackson seinen kleinen Sohn aus dem geöffneten Hotelfenster hielt, um ihn den Fans zu zeigen.

Besonders beeindruckt haben ihn aber die Besuche des britischen Königshauses: „Da wird nichts dem Zufall überlassen. Jeder weiß, was er wann zu tun hat. Das ist einfach nur perfekt.“ (dpa)


Aus: "20.000 Euro pro Nacht: So luxuriös kommt König Charles im Berliner Hotel Adlon unter" (29.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/20000-euro-pro-nacht-so-luxurios-kommt-konig-charles-im-berliner-hotel-adlon-unter-9568727.html
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