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[Information und Geistiges Eigentum [?]... ]

Started by Textaris(txt*bot), July 10, 2006, 11:11:52 AM

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Textaris(txt*bot)

#35
Die Piraten als politische Bewegung sind nicht das erste asoziale Kollektiv, das die Geschichte kennt. Ihr Versuch, sich mit dem positiv besetzten Begriff der Schwarmintelligenz zu legitimieren, ist klassische Demagogie, denn auf dem Feld des geistigen Eigentums, und nicht nur dort, favorisieren sie keine Verteidigungs-, sondern eine pure Raubzugsphilosophie. Ihr Verhalten muss man deshalb als Dschingiskanisierung des Politischen wie Sozialen begreifen. Der demokratisch legitimierte Rechtsstaat ist darum aufgefordert, nichts anderes zu tun, als hier die Anerkennung des Rechts auf geistiges Eigentum rigoros zu erzwingen. Für einen Schriftsteller, der von den Früchten eben dieses Eigentums lebt, versteht sich eine solche Position von selbst.
ULRICH SCHACHT, Schriftsteller (2012)
http://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/mein-kopf-gehoert-mir-ulrich-schacht-frauke-scheunemann-rayk-wieland-thomas-weymar-juli-zeh/6483554-7.html

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Da haben sich die Verleger aber eine hübsche Kampagne ausgedacht, die jetzt in Etappen über die klassischen Massenmedien ausgegossen wird. Nach der Wutrede von Sveni Regner und dem offenen Brief der GEZ-beseelten Tatort-Autoren werden nun im Handelsblatt 100 "kreative" Schriftsteller, Sänger, Künstler, Werber, Softwareentwickler und Unternehmer in Szene gesetzt, um gegen die "Umsonstkultur" im Internet und deren politischen Protagonisten, die Piraten, zu protestieren. Das ist wohl ein bislang einmaliger Vorgang in der Untergangsgeschichte des medialen Establishments, dass sich Meinungsbildner nicht nur vor den Karren von Lobbyinteressen spannen lassen, sondern expliziert gegen eine politische Partei lamentieren, die in Deutschland noch nirgendwo in der politischen Verantwortung steht. ...
Mein Betonkopf gehört mir, Gunnar Sohn (Netzkultur, Netztheorie | 05.04.12)
http://www.netzpiloten.de/2012/04/05/mein-betonkopf-gehort-mir/


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Über 160 Statements zum Urheberrecht (06.04.2012)
Mehr als 160 Vertreter aus Kunst, Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben sich für die Aktion ,,Mein Kopf gehört mir" zu Wort gemeldet. Hier eine Übersicht über die Statements.
http://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/mein-kopf-gehoert-mir-ueber-160-statements-zum-urheberrecht/6484234.html

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Offener Brief an die Contentindustrie
von Anatol Stefanowitsch, 06. April 2012, 02:50
Liebe Schreiberinnen und Schreiber offener Briefe, liebe an der Nadel des Staates hängende Subventionsjunkies, liebe Leibeigene der Contentindustrie, liebe schlipstragende Verwalter und Verkäufer kultureller ,,Güter",
Ihr habt in den letzten Wochen soviel Unfug von euch gegeben, dass es hundert offener Briefe bedürfte, um auch nur das Fundament für eine angemessene Antwort zu legen. ...
http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachwandel/2012-04-06/offener-brief-an-die-contentindustrie

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Dass die Kampagne der letzten Wochen (Regener, Tatort, Handelsblatt) nur der Anfang sein soll, will Netzpolitik erfahren haben. Den Stellungskriegern in der Verwertungsindustrie und denjenigen Urhebern, die nicht verstanden haben, dass sie von ersterer nur instrumentalisiert werden, sei schon einmal gesagt: so ein Schützengrabenkrieg ist die falsche Strategie, wenn man gegen einen Gegner kämpft, der mobil, kreativ, kompromissbereit und in der Überzahl ist. ...
http://www.metronaut.de/2012/04/urheberrecht-handelsblatt-im-schuetzengraben/

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Quote[...] Unter der Überschrift "Mein K©pf gehört mir" wenden sich in der heutigen Ausgabe des Handelsblatts 100 Kreative gegen die "Umsonstkultur" im Internet sowie deren Protagonisten in Gestalt der Piratenpartei. Die Kreativen nehmen dabei Bezug auf die laufende Debatte über das Urheberrecht, an der sich unter anderem Tatort-Drehbuchautoren und der CCC beteiligten. In einem Begleitartikel unter dem Titel "Kreative, hört die Signale!" wird an Deutschland als das "Land der Dichter und Denker" erinnert, das nur dank der Ideen in der Weltwirtschaft vorne mitspiele. Erst die Anerkennung des Urheberrechts habe Künstler unabhängig gemacht und die Zeiten der Staatskünstler beendet. Deshalb sei der Schutz des geistigen Eigentums auch Freiheitspolitik.

Die Schriftstellerin Julia Franck beispielsweise meint, "ohne die Wertschätzung geistiger Schöpfungskraft, deren Förderung und Schutz hätten sich die europäischen Kulturen nicht so entwickeln können". Die Schauspielerin Franka Potente fügt hinzu, "auch im Youtube-Zeitalter gilt: Ohne Urheberrechte gibt es in Film und Fernsehen keine Qualität". Deshalb seien sie unverzichtbar. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass eine Aufhebung des Schutzes von geistigem Eigentum das Ende für die Weiterentwicklung von Ideen sei. Das Denken würde dann nivelliert, formuliert der Autor Anselm Grün.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, meint, "der Status Quo des Urheberrechts ist ein einziges Ärgernis". Es schaffe keinen Interessensausgleich und lasse alle unzufrieden zurück. Eine Reform sei deshalb lange überfällig. Martin C. Wittig, der Chef von Roland Berger, erkennt an, dass Open-Source-Programme sehr erfolgreich sein können. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger erklärt, "fertige Antworten gibt es angesichts der Dynamik nicht". Nur eines sei klar: "Es liegt auch an der Wirtschaft, Geschäftsmodelle für morgen zu entwickeln, die von vorneherein Piraterie verhindern."

Eine Gesellschaft, die ihre Kreativen vernachlässige, beraube sich ihrer Zukunft, argumentiert das Handelsblatt in dem Begleitartikel. Unterschieden werden sollte zwischen dem Bedürfnis, kreativ zu sein und der professionellen Produktion von Kunst und Kultur. Für Spitzenleistungen brauche es Freiraum und Kapital. Die Alternative sei eine Wissensgesellschaft, geformt aus Amateuren. Weiterhin wird in dem Artikel darauf verwiesen, dass jeder Software-Programmierer einen Aufstand machen würde, wenn jemand seine Idee klaue. (mho)

Quote5. April 2012 16:14
www.handelsblatt.com: Apache/Coyote auf Linux
Bernd Paysan, Bernd Paysan (mehr als 1000 Beiträge seit 11.01.00)

Sagt zumindest netcraft. Also, alles nur geklaut, ihr
Software-Piraten. Oder habt ihr von dem Aufstand nichts mitbekommen,
den die Urheber von Apache und Linux veranstalten, weil sich alle da
kostenlos bedienen?

Stimmt, ich auch nicht. Die stellen das sogar extra unter ein
Copyleft, damit das so bleibt - und laut Statistik verdienen über 80%
ihre Brötchen damit, am Linux-Kernel zu arbeiten. Trotz
Kostenloskultur. Aber genau deshalb, weil das so ist, kann man nur
fassungslos dastehen, vor der Dummheit, die von so einem Artikel
ausgeht.



Aus: "Kreative wenden sich gegen "Umsonstkultur" und Piratenpartei" (05.04.2012)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Kreative-wenden-sich-gegen-Umsonstkultur-und-Piratenpartei-1516832.html


Textaris(txt*bot)

#36
Quote[...] Der Chef-Programmierer des illegalen Filmportals Kino.to muss für mehrere Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Leipzig verurteilte den 29-Jährigen aus Hamburg am Mittwoch zu drei Jahren und zehn Monaten Haft. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Verteidigung und Anklage sowie Nebenklage verzichteten noch im Gerichtssaal darauf, Rechtsmittel einzulegen.

Das Landgericht Leipzig sprach den Mann am zweiten Verhandlungstag der massenhaften Verletzung des Urheberrechts schuldig.

... Der Programmierer hatte zum Prozessauftakt am 30. März eingeräumt, die technische Infrastruktur hinter der Website von Anfang an programmiert zu haben. Das Geständnis legten die Richter zu seinen Gunsten aus. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte vier Jahre und zwei Monate Gefängnis gefordert, die Verteidigung lediglich ein "angemessenes Strafmaß".

Die Begründung des 29-Jährigen, er meinte sich in einer Grauzone bewegt zu haben und sei sich der Strafbarkeit seiner Taten nicht bewusst gewesen, ließ das Gericht indessen nicht gelten. "Man kann sich nicht auf eine Grauzone zurückziehen", sagte der Vorsitzende Richter Carsten Nickel. Der Programmierer habe dafür gesorgt, das Kino.to funktioniert. Bei dem Filmportal handele es sich um die schwerste bisher bekanntgewordene Straftat zum Nachteil von Urheberrechten. Der Verurteilte sei neben dem Leipziger Gründer des illegalen Portals der höchstbezahlte Mitarbeiter der Firma gewesen.

Allerdings hätten das umfassende und vollständige Geständnis des Angeklagten und seine Bereitschaft zur weiteren Mitarbeit wesentlichen Einfluss auf die Höhe des Strafmaßes gehabt. Das Gericht sprach sich für die Unterbringung im offenen Vollzug aus. Nach zehn Monaten Untersuchungshaft wurde der 29-Jährige unter Auflagen bis zum Haftantritt auf freien Fuß gesetzt. Sein Anwalt zeigte sich zufrieden mit dem Richterspruch. Das frühzeitige Geständnis habe sich ausgezahlt. Staatsanwalt Dietmar Bluhm sprach von einem gerechten Urteil.

Kino.to war im Juni 2011 aufgeflogen. Über die Seite waren zeitweise hunderttausende Filme, Serien und Dokumentationen zu erreichen, die bei Filehostern lagerten. Zeitweise verzeichnete das Portal bis zu vier Millionen Nutzer täglich. Geld wurde mit Werbung verdient. Wann der Kino.to-Gründer vor Gericht kommt, ist noch nicht klar.

[Update: Nach Bekanntgabe des Urteils waren die Websites des Bundesjustizministeriums und der sächsischen Justiz vorübergehend nicht erreichbar. Das BMJ bestätigte eine dDoS-Attacke auf den Server. Auf Twitter haben sich Unbekannte, die sich der österreichischen Anonymous-Bewegung zuordnen, zu den Angriffen aus "Rache für kino.to" bekannt.] (mit Material von dpa) / (vbr)

Quote11. April 2012 20:36
Die Troll-Nanny
Besser Leute mit Abmahnungen, Schneeballsystemen, Kaffeefahrten betrügen.
Oder als Bauunternehmer eine Schrottbude hinstellen und
alle paar Jahre eine neue Baufirma gründen. So kann man Geld
scheffeln ohne Strafe.



Aus: "Knapp vier Jahre Haft für Kino.to-Programmierer" (11.04.2012)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Knapp-vier-Jahre-Haft-fuer-Kino-to-Programmierer-1519229.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bundesaußenminister Guido Westerwelle wirft der Piratenpartei vor, mit der Forderung nach einer Aufweichung des Urheberrechts die deutsche Außenpolitik zu gefährden: "Wenn wir den Schutz des geistigen Eigentums in unserem eigenen Land infrage stellen, können wir anderswo auf der Welt kaum glaubwürdig für die Einhaltung des Urheberrechts kämpfen", sagte der FDP-Politiker im Interview mit dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe). Seine Politik des Kampfs gegen die weltweite Produktpiraterie, die der deutschen Exportwirtschaft jährlich Milliardenschäden zufüge, werde dadurch hintertrieben Wirtschaft, Kultur und Intellektuelle sollten "sich dem Zeitgeist der Infragestellung des geistigen Eigentums entgegenstellen". Deutschland habe keine Rohstoffe und sei als Exportnation auf den weltweiten Verkauf seiner Erfindungen und dabei auf den Schutz geistigen Eigentums angewiesen.

"Wenn Deutschland in der Welt den Schutz des geistigen Eigentums zu Recht verlangt und gegen Produktpiraterie antritt, ist es kaum nachvollziehbar, wenn im eigenen Land die Forderung nach Aufgabe des geistigen Eigentums neumodischen Zulauf bekommt", sagte Westerwelle ...


Aus: "Westerwelle: Piratenpartei gefährdet deutsche Außenpolitik" (15.04.2012)
Quelle: http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=49418&title=Westerwelle%3A+Piratenpartei+gef%E4hrdet+deutsche+Au%DFenpolitik&storyid=1334507515876


Textaris(txt*bot)

#38
Quote[...] Der Microblogging-Dienst Twitter setzt sich dagegen zur Wehr, für den Prozess gegen einen Occupy-Aktivisten dessen gelöschte Tweets herauszugeben.  ... Zuvor hatte der Angeklagte selbst Widerspruch einlegen wollen, was das Gericht in einer Entscheidung im April abgelehnt hatte. Nur ein rechtmäßiger Besitzer könne der Maßnahme widersprechen – und die Tweets des Angeklagten gehörten laut Auffassung des Gerichts nicht ihm, sondern Twitter.

...

Quote9. Mai 2012 16:10
tafkad

Interessant, die gelöschten Tweets gehören
nicht demjenigen der Sie erstellt hat sondern Twitter. Umgekehrt
heißt das dann auch jemand Musik auf eine Sharingplatform lädt gehört
die Musik der Plattform und nicht demjenigen der den Account hat und
somit ist derjenige fein aus der Sache raus.

Oder sind wir wieder beim Fähnchen Wind Problem angekommen



Aus: "Twitter wehrt sich gegen Tweet-Herausgabe an US-Gericht" (09.05.2012)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Twitter-wehrt-sich-gegen-Tweet-Herausgabe-an-US-Gericht-1571038.html






Textaris(txt*bot)

#39
http://www.zeit.de/kultur/2012-05/urheberrecht-aufruf-reaktionen

QuoteRanjit
   11.05.2012 um 11:35 Uhr

Ermüdend

Der Aufruf ist eine Farce.

Keine ernsthaften inhaltlichen Argumente, keine empirische Evidenz, keine konstruktiven Vorschläge. Stattdessen wird suggeriert, Verwerter und Künstler stehen auf der selben Seite.

Dabei bietet das Internet den Künstlern endlich die Chance direkt für ihre Arbeit entlohnt zu werden und nicht erst nach eine Reihe an Juristen, Managern und Marketingleuten die Reste zu bekommen.

Ebenso ist der Aufruf ein Schlag ins Gesicht der meisten Kreativen, die die Verwertungsrechte an ihren Werken abgeben müssen. Auch all die Künstler, die die Möglichkeiten des Internets nutzen werden hier beiseite gewischt. Was ist mit all den Autoren, deren Werke frei herunter zu laden sind und die trotzdem ihren Lebensunterhalt damit bestreiten? Was ist mit Musikern, die erst durch das Internet erfolgreich wurden? Was ist mit all den Werken, die kollaborativ entstehen? Und all den Werken von Laien?

... Analog sehen wir derzeit das aufbegehren von Organisationen die nicht mehr benötigt werden und den Personen die von ihnen abhängig sind. Verständlich, aber keinesfalls der Ausgangspunkt konstruktiver Politik.

http://www.zeit.de/kultur/2012-05/urheberrecht-aufruf-reaktionen?commentstart=9#cid-2053305


QuoteSonderseite
   11.05.2012 um 12:32 Uhr

Das Heil iegt in der Wiederholung

... von falschen Inhalten. ... Ziel dieser Kampagnen sind die Menschen, die am Spielfeldrand stehen und das Falschwissen durch Wiederholung als wahrhaftig aufnehmen sollen.

...

http://www.zeit.de/kultur/2012-05/urheberrecht-aufruf-reaktionen?commentstart=33#cid-2053467


Quotemockingbird
   11.05.2012 um 12:51 Uhr

Verwerter ist ein obsoleter Beruf wie Hufschmied. Jeder kann heute selbst ein Studio anmieten, vervielfältigen, werben, vertreiben. Alles was einen Verwerter ausmacht, wird heute auch do it yourself durchgeführt. Hufschmiede verlangen auch keine Anbringung von Hufeisen an Autos.

http://www.zeit.de/kultur/2012-05/urheberrecht-aufruf-reaktionen?commentstart=41#cid-2053505



https://netzpolitik.org/2012/nochmal-100-kopfe-diesmal-in-der-zeit/

http://www.internet-law.de/2012/05/wir-sind-die-burger.html

http://www.wir-sind-die-urheber.de/

http://wir-sind-die-buerger.de/


http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/kuenstler-schreiben-offenen-brief-fuer-das-urheberrecht-a-832538.html

Quote... 1500 Autoren protestieren. Aber diese 1500 Autoren protestieren nicht gegen die Verletzung der Menschenrechte in China. Diese 1500 Autoren protestieren nicht gegen die Demokratievernichtungsmaschine EU. Und diese 1500 Autoren protestieren auch nicht gegen eine Wirtschafts- und Wachstumspolitik, die die Welt in den Untergang treibt, wie es gerade der Club of Rome beschrieben hat. Nein, wenn 1500 Autoren protestieren, dann denken sie an ihr eigenes Frühstück. ...


Aus: "Aufgeblasener Protest" Eine Kolumne von Georg Diez (11.05.2012)
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/georg-diez-zur-urheberrechtsdebatte-und-wir-sind-die-urheber-a-832665.html



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Victor Willis ist bekannt streitlustig: Der frühere ,,Polizist" der Discogruppe Village People hat in der Vergangenheit auch seine ehemaligen Band-Kollegen mit Klagen eingedeckt. In seinem jüngsten Prozess hatte er es auf scheinbar aussichtsloser Position mit der Musikindustrie aufgenommen. Doch zur Überraschung aller trug Willis den Sieg davon - und versetzt damit die Branche in helle Aufregung.

Willis hatte aufgrund der US-Urheberrechtsnovelle des Jahres 1976 geklagt. Damals wurden nach heftigem Lobbying der Musikindustrie die Schutzfristen für Tantiemenpflichten verlängert. Als Trostpflaster für die Künstler wurde damals die kaum beachtete Nebenbestimmung eingefügt, dass sich Urheber von Werken unter bestimmten Auflagen nach 35 Jahren aus ihren Verträgen lösen könnten. Willis wartete - und brachte zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Klage gegen die Verlagsfirmen Scorpio und Can't Stop ein.

Willis wollte die Rechte an Hits wie ,,Y.M.C.A.", ,,Macho Man" und ,,In The Navy" zurück. Insgesamt ging es um 33 Songs, die er damals für die Gruppe mitverfasst hatte, und die er nun wieder haben wollte. Wie unzählige andere Künstler am Beginn ihrer Karrieren hatte Willis in den 70ern einen Vertrag unterschrieben, der ihm nur einen geringen Anteil der Tantiemen an seinen eigenen Songs ließ und damit vor allem - jedes Mal, wenn der Song gespielt oder gekauft wird - bei Verlegern und Plattenfirmen die Kassen klingeln lässt.

Es war ein ,,David gegen Goliath"-Szenario: Die Anwälte der Gegenseite deckten Willis mit einem Sperrfeuer aus spitzfindigen Argumenten ein, warum die Klage nicht zulässig sein solle. Genau das erwies sich jedoch als gewaltiger Bumerang: Richter Barry Ted Moskowitz entschied in jeder einzelner dieser Detailfragen zugunsten von Willis. Damit wurden - zumindest für die USA - mit einem Schlag die über Jahrzehnte lang beliebtesten Tricks, mit denen die Unterhaltungsindustrie Künstler übers Ohr gehauen hat, vom Tisch gewischt.

Die Vertreter der Industrie hatten etwa argumentiert, die Village People seien eine Castingband gewesen und Willis hätte allein keinen einzigen Song verkauft, sei also nur musikalischer ,,Lohnarbeiter" gewesen. Irrelevant, urteilte der Richter: Die Songs hätten sich eben gut verkauft und Willis habe sie eben geschrieben. Außerdem brachten die Anwälte vor, die Songs seien erst durch den Beitrag der Industrie zu Hits geworden. Irrelevant, befand der Richter: Willis sei der Autor, die Entlohnung der Industrie basiere auf anderen Faktoren.

Schließlich brachten die Verlegeranwälte ins Spiel, dass alle Beteiligten damals die gleichen Verträge unterschrieben hätten und also auch gemeinsam wieder aus den Verträgen aussteigen müssten. Das Kalkül dahinter war klar: Niemals würde Willis oder sonst jemand alle Beteiligten an einer Plattenproduktion, bis hin zum Tontechniker, für eine aussichtslos scheinende Klage hinter sich versammeln können. Irrelevant, urteilte der Richter jedoch auch da: Willis sei Urheber und müsse damit die Möglichkeit haben, mit seinen Rechten nach eigenem Gutdünken umzugehen.

Der wahre K.-o.-Schlag gegen die bisherige Übermachtposition der Industrie versteckt sich jedoch in der zehnseitigen Begründung des Urteils. Darin heißt es, Sinn des US-Urheberrechts sei es gerade auch, Künstler vor ,,wenig einträglichen" Tantiemenvereinbarungen zu schützen. Eigens wird dabei auf die oft ,,ungleiche Verhandlungsposition" des Künstlers gegenüber Unterhaltungskonzernen hingewiesen, die auch an der ,,Unmöglichkeit" liege, ,,den Wert eines Werks zu bestimmen, bevor es verwertet wird".

Willis bekam damit als erster Künstler der USA das Recht, gemäß der Urheberrechtsnovelle des Jahres 1976 aus seinem alten Vertrag auszusteigen. Künftig bekommt er ein Drittel aller Tantiemen seiner Village-People-Hits. Bisher waren es nur ein bisschen mehr als zwölf Prozent. Und es könnte noch weitergehen: Willis will noch einmal klagen, weil er argumentiert, dass sich sein damaliger Verleger als Mitautor eingetragen hatte, ohne je an den Songs mitgeschrieben zu haben - eine ebenso seit Jahrzehnten übliche Praxis.

Richter Moskowitz zeigte sich zuversichtlich, dass Willis auch diese Klage gewinnen könne. Es wäre eine weitere Revolution: In einem Prozess müsste dann geklärt werden, wie wichtig der Anteil einzelner Beteiligter für den Wert eines Werks wäre. Bisher müssen sich im Normalfall alle als Urheber angegebenen Personen die Tantiemen zu gleichen Teilen aufteilen - etwa auch bei Hits mit blödsinnigen Texten, die ihren Erfolg ausschließlich der zugkräftigen Melodie verdanken. Nicht umsonst ist der Texter bei gerade solchen Liedern ,,zufällig" auch sehr oft der Verleger.

Laut internationalen Medienberichten wollen weitaus bekanntere Künstler nun jedenfalls auf Willis' Pfaden wandeln: Bob Dylan, Bruce Springsteen, Billy Joel, Tom Waits, Tom Petty und andere mehr sollen ebenfalls Klagen gegen ihre früheren Verleger und Rechtehalter vorbereiten. Viele Künstler haben die Chance jedoch nicht: Zu den Lobbying-Erfolgen der US-Musikindustrie im Jahr 1976 gehörte auch, dass de facto alle Künstler mit Erfolgen vor den 70er Jahren - man denke an Rock 'n' Roll und Soul - auf ewig in Knebelverträgen gefangen sind.

Lukas Zimmer, ORF.at




Aus: "Künstler sind keine ,,Lohnarbeiter"" (Publiziert am 10.05.2012)
Quelle: http://orf.at/stories/2119654/2119662/

http://www.guardian.co.uk/music/2012/may/09/village-people-policeman-royalties

http://artsbeat.blogs.nytimes.com/2012/05/08/village-people-singer-wins-a-legal-battle-in-fight-to-reclaim-song-rights/?ref=music

http://www.guardian.co.uk/music/2012/may/09/village-people-policeman-royalties


Textaris(txt*bot)

Quote[...] EU-Handelskommissar und Acta-Befürworter Karel De Gucht hatte noch am Mittwoch vergeblich versucht, die Abstimmung im Handelsausschuss zu verschieben. "Acta ist kein Angriff auf unsere Freiheiten, es ist die Verteidigung unserer Lebensgrundlage", sagte er. Die Unternehmen bräuchten gerade in Zeiten der Krise den Schutz des Urheberrechts, um sich im Wettbewerb durchzusetzen.

...


Aus: "Acta steht kurz vor dem endgültigen Aus" Von Patrick Beuth (21.06.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/digital/internet/2012-06/acta-handelsausschuss

Textaris(txt*bot)

Quote[...] 1. Es wird dauernd von (geistigem) Eigentum geredet, wo von Arbeit gesprochen werden müsste.

2. Verwertungsgesellschaften wie die GEMA verdienen Millionen am Verkauf von Computern und Speichermedien, werden aber nicht müde, deren Nutzung als Diebstahl zu verleumden.

3. Analoges lässt sich am Verhältnis von Großverlegern zum Internet konstatieren. Ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist ein demokratiefeindliches Monopolrecht.

4. Fernsehen ist das zentrale Propagandamedium der neoliberalen Elite; seine zensierten Erzählungen arbeiten an der Etablierung und Zementierung des Mangels. Die Tatort-Autoren sollten sich besser nicht so weit aus dem Fenster lehnen.

5. Es gibt kein Recht auf Reichtum. Sven Regener nagt nicht am Hungertuch. Ich schon.

6. Mit dem Budget eines 100-Millionen-Dollar-Films ließen sich 100 Eine-Million-Dollar-Filme oder 1000 Hunderttausend-Dollar-Filme drehen.

7. Aufgeklärte Menschen können nur ein Interesse an der Vernichtung, nicht aber am Bestand einer solchen Kulturindustie haben.


The Revolver Shoots # 9: Sieben Sätze zur Befindlichkeit der Kulturindustrie
Eingestellt von The Revolver um 2:17 PM
http://welteninwelten.blogspot.de/2012/06/revolver-shoots-9-sieben-satze-zur.html


Textaris(txt*bot)

Quote[....] Prof. Dr. Joost Smiers ist Politikwissenschaftler (Research Fellow) an der Forschungsstelle für Kunst und Ökonomie an der Kunsthochschule Utrecht (HKU). Er war Gastprofessor an der University of California Los Angeles (UCLA) und hält Vorträge in zahlreichen Ländern zu Themen der Entwicklung der Kulturindustrien, des geistigen Eigentums und der Gemeinfreiheit, des Wettbewerbsrechts im Kulturbereich, der Europäischen Kulturpolitik, der kulturellen Vielfalt und Identität.

...


Aus: ",,No Copyright" mit Joost Smiers [Buchvorstellung]" Valie Djordjevic  (12.06.2012)
NO COPYRIGHT. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift
Aus dem Niederländischen von Ilja Braun. Mit einem Nachwort von Jürgen Marten
168 Seiten, 2012, Broschur, Fadenheftung, ISBN 978-3-89581-275-0
Quelle: http://irights.info/?q=content/no-copyright-mit-joost-smiers

http://soundcloud.com/irightsinfo/buchvorstellung-no-copyright-joost-smiers-2012-06-26

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Quote[...] futurzeone: Sie sprechen sich dafür aus, das Urheberrecht abzuschaffen. Warum hat das Urheberrecht seine Legitimität verloren?

Joost Smiers: Die Kultur wird von großen Konzernen dominiert. Das hat ein System von Blockbustern zur Folge, das für die meisten anderen Künstler ein Problem ist. Sie werden kaum wahrgenommen. Kulturelle Vielfalt ist nicht möglich. Die Investitionen der großen Unternehmen werden durch das Urheberrecht geschützt. Bei großen Produktionen werden bis zu 60 Prozent des Budgets in Werbung und Marketing gesteckt. Darunter leidet der Wettbewerb. Das ist nicht die Welt, die wir brauchen. Wir müssen gleiche Rahmenbedingungen für alle schaffen - ein "level playing field". Dazu ist es notwendig, das Urheberrecht abzuschaffen und mit dem Wettbewerbsrecht große Unternehmen zu verkleinern. Wir brauchen diese Konzerne nicht. Dieses System ist für die meisten Künstler schlecht und es ist auch schlecht für die Demokratie.

Warum ist dieses System nicht gut für die Demokratie?

Weil ein wesentlicher Teil unserer Kommunikation privatisiert wird. Ich kann auf Werke nicht reagieren. Ich kann zwar eine Kritik schreiben, aber ich kann das Werk nicht ändern. In vielen Kulturen war und ist es etwa üblich, dass Musik nachgespielt und verändert wurde. Das ist lebendige Kultur. Das Urheberrecht friert die Kultur ein. In unserer Gesellschaft sind wir dazu verurteilt, passive Konsumenten zu sein. Wir müssen die Arbeit von anderen ändern dürfen und darauf aufbauend arbeiten können. Wenn das nicht möglich ist, verlieren wir unsere Kultur. Wenn ich aber heute kulturelle Werke auf andere Art nutze oder verändere, bekomme ich einen Brief von einem Rechtsanwalt oder habe es gleich mit der Polizei zu tun. Um Urheberrechtsvergehen zu unterbinden, wird in die Privatsphäre der Leute eingegriffen. Das kann doch nicht sein.

Warum genügen Reformen nicht? Kritiker ihres Buches meinen, dass es auch genügen würde Fair-Use-Regelungen zu erweitern oder die Schutzfristen zu verkürzen, um das demokratische Verarbeiten von Inhalten und die Rede- und Meinungsfreiheit zu gewährleisten.

Natürlich ist es besser, die Schutzfristen zu verkürzen. Aber solche Argumente, wie sie etwa von der Piratenpartei vorgebracht werden, übersehen die Marktbedingungen. Sie haben keine Vision für die Zukunft. Die Frage ist, welche Wirtschaft wir haben wollen. Es muss nicht so sein, dass der Markt von großen Unternehmen dominiert wird, die dabei auf geistige Eigentumsrechte zurückgreifen. Es ist auch ein Markt möglich, an dem alle teilhaben können und der es ermöglicht, Dinge gemeinschaftlich zu entwickeln.

Welche Auswirkungen hätte das für Künstler und Kreative?

Ich bin überzeugt, dass die meisten Künstler ein bisschen mehr verdienen werden. Es wird mehr Vielfalt geben, die auch ihr Publikum finden wird. Das Publikum wird nicht mehr durch die Werbung der großen Industrie beeinflusst.

Sie gehen davon aus, dass für kulturelle Werke bezahlt wird - Micropayment-Modelle gibt es auch schon heute und sie funktionieren für viele Kreative sehr unbefriedigend. Was macht Sie zuversichtlich, dass es unter geänderten Bedingungen funktioniert?

Micropayment-Systeme müssen weiterentwickelt werden. Natürlich wird es Leute geben, die nicht bezahlen wollen. Aber wenn es einfach ist, zu bezahlen, werden die meisten das auch tun. Auch Pauschalabgaben können weiterentwickelt werden. Sie funktionieren aber nicht, solange der Markt von großen Unternehmen dominiert wird.

Wie soll verhindert werden, dass Dritte Werke zu ihrem Vorteil nutzen?

Wenn ich ein Buch schreibe und Sie setzen Ihren Namen darunter und verkaufen es, dann gibt es auch heute Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Dazu brauch ich kein Urheberrecht. Wenn es das Urheberrecht nicht mehr gibt, wird es einfacher sein, zu sagen, meine Arbeit basiert auf diesem und jenem Werk. Dann kann eine öffentliche Diskussion entstehen, die jetzt nicht möglich ist. Man kann darüber diskutieren, ob die Änderung mit Respekt gemacht wurde, ob sie interessant ist oder dem Werk etwas hinzufügt. Es kann frei darüber gesprochen werden. Heute ist das einzige, das ich erwarten kann, ein Brief von einem Rechtsanwalt. Aber das ist nicht die Form von Diskussion, die wir in unserer Gesellschaft brauchen.

Ich kann aber nicht verhindern, dass Sie mein Werk verkaufen und damit Geld verdienen?

Natürlich besteht die Möglichkeit von Trittbrettfahrern, die mein Werk verkaufen. Das kann passieren, aber es führt dazu, dass ich mein Werk selbst wieder besser verkaufen kann. Das trägt auch zu meiner Berühmtheit bei. Für die meisten Künstler wird das aber kein Problem sein, da sie nicht berühmt genug sein werden, um Trittbrettfahrer anzulocken.

Würden solche Rahmenbedingungen nicht Technologiekonzernen helfen, die schon heute kulturelle Angebote aggregieren und gebündelt zugänglich machen?

Ich denke, dass die Zukunft so aussehen wird, dass Künstler ihre Werke selbst anbieten. Sie werden besser verdienen als mit YouTube oder Spotify.

Müssen Künstler auch Verkäufer werden?

Nicht unbedingt. Sie können auch jemanden finden, der das für sie macht. Aber die Unternehmen werden kleiner. Der Charakter von Unternehmen wird sich ändern. Wir brauchen keine Industrie mehr. Es werden mittelgroße oder kleine Unternehmen sein, bei denen Künstler mehr Einfluss haben und direkter mit dem Publikum in Verbindung stehen, das für ihre Werke bezahlt oder sie etwa mittels Crowdfunding finanzieren wird. Es werden auch andere ästhetische Formen entwickelt werden, die andere Geschäftsmodelle haben. Auch das heutige System ist nicht naturgegeben. Durch die Digitalisierung wird die kulturelle Landschaft ganz anders. Wir müssen den Mut haben auch die wirtschaftlichen Grundbedingungen zu ändern. Wir können dabei nur gewinnen.

Quote

ebolah 08.10.2012

>>Die Kultur wird von großen Konzernen dominiert

... und vorallem von Konzernen eines einzigen Landes. Das über diesen Weg massiv versucht, Einfluss auf unsere Gesellschaft und Gesetzgebung zu nehmen. Und diesen Einfluss wird es mit Zähnen und Klauen verteidigen, selbst wenn die EU über Nacht plötzlich in einem Anfall von Vernunft das Urheberrecht abschaffen würde.



Aus: ""Interview: Urheberrecht ist schlecht für die Demokratie"" Patrick Dax (08.10.12)
Quelle: http://futurezone.at/netzpolitik/11733-urheberrecht-ist-schlecht-fuer-die-demokratie.php



Textaris(txt*bot)

Quote[...]  Rund 350 Demonstranten, darunter viele Künstler, nahmen am Mittwochnachmittag an einem Protestmarsch für eine Festplattenabgabe teil. Sie fordern die gesetzliche Verankerung der Festplattenabgabe. In den Abendstunden hielten auch die Abgabe-Gegner und Befürworter einer Urheberrechtsreform einen Protestmarsch ab. Die Abgabe gilt als heiß umstritten.

"Wer Kunst will, soll sie bezahlen" oder auch "Festplattenabgabe jetzt", war am Mittwoch auf Transparenten zu lesen. Die Befürworter der Festplattenabgabe - insgesamt riefen 27 Künstler- und Interessenverbände zur Teilnahme an der Demonstration auf - machten sich für ihr Anliegen stark. Vom Schwarzenbergplatz über das ORF-Funkhaus, dem Bildungszentrum der Arbeiterkammer (AK) bis zur Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) wanderten die rund 350 Demonstranten. ,,Die Lage ist ernst, aber nicht unabänderlich ernst", sagte Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren Autorinnen und einer der Organisatoren der Kundgebung.

Viele prominente Autoren wie Marlene Streeruwitz, Robert Schindel, Heinz R. Unger, Barbara Neuwirth, Sabine Gruber oder Gustav Ernst und Künstler und Kulturschaffende wie der Schauspieler Erwin Leder, der Musiker Wolfgang ,,Fadi" Dorninger oder der Regisseur Peter Gruber nahmen am Protestzug teil. Den Befürwortern der Abgabe geht es wie berichtet darum, dass die Erlöse der Leerkassettenvergütung, die es seit 1980 gibt, in den vergangenen Jahren von 18 Millionen Euro auf acht Millionen Euro geschrumpft sind. Als Kompensation fordern sie eine Abgabe auf Festplatten, denn der "heutige Konsument habe etwa 4300 urheberrechtlich geschützte Werke auf seiner Festplatte gespeichert", so Ruiss.

Der Protestzug führte nicht ohne Grund zur Arbeitkammer (dort wurde eine Steinskulptur mit einem Kran aufgestellt) und zur Wirtschaftskammer (wo aus Protest Elektroschrott deponiert wurde), denn die beiden Organisationen lehnen eine gesetzliche Festschreibung der Festplattenabgabe ab. Die Arbeiterkammer betonte am Mittwoch, dass es eine gerechte Bezahlung für Künstler, genauso wie für alle anderen Ewerbstätigen, geben müsse, aber dass die Festplattenabgabe nicht der richtige Weg sei. "Es kann nicht sein, immer nur Tarife auf ,,neue" Speichermedien auszudehnen und nichts an zugrundeliegenden Strukturproblemen zu ändern. Das derzeitige Vergütungsmodell passt nicht mehr in unser digitales Zeitalter", heißt es seitens der Arbeiterkammer.

Am Abend zog eine Gegendemo der ,,Initiative für Netzfreiheit", die vom Sitz der AustroMechana zum Justizministerium. Daran nahmen rund 50 bis 70 Personen teil. Ein Demonstrant berichtete auf Twitter: "Es herrscht eine friedliche, angepasst-unterwürfige, anonymous-occupy-artige Stimmung." Ein anderer Twitter-Nutzer fragte sich während des Demonstrationszugs: "Gilt die "Festplattenabgabe" auch fuer SSDs? Dann muesste sich auch für RAM gelten ..." Auch das Justizministerium, das von den Demonstranten gegen 19.30 Uhr erreicht wurde, wurde nicht zufällig als Ort für die Demonstration ausgewählt: Dort wird derzeit in Arbeitsgruppen eine Novelle des Urheberrechtsgesetzes erarbeitet.

Die Festplattenabgabe sei einseitig, nicht treffsicher und löse keine Probleme, argumentieren die Gegner. Man protestiere ,,gegen unausgegorene politische Schnellschüsse zugunsten von Partikularinteressen einzelner Interessensvertretungen. Eine Festplattenabgabe ist der falsche Weg, künstlerische Leistungen wertzuschätzen und künstlerische Existenz materiell abzusichern", so Markus Stoff von der "Initiative für Netzfreiheit".

Der Zwischenstand der Umfrage unter futurezone.at-Lesern: Sieben Prozent der futurezone.at-Leser sprechen sich für eine Festplattenabgabe aus, 82 Prozent dagegen. Eine Abgabe auf Internetanschlüsse fänden neun Prozent besser. Nur einen Prozent der Leser lässt die Diskussion um die Festplattenabgabe kalt.



Aus: "Demos für und gegen Festplattenabgabe" Barbara Wimmer (17.10.12)
Quelle: http://futurezone.at/netzpolitik/11975-demos-fuer-und-gegen-festplattenabgabe.php


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Quote[...]  Die deutsche Piratenpartei fordert von Behörden und Regierung mehr Offenheit bei Informationen und Computerprogrammen.Diesen Anspruch bekräftigten die Piraten anlässlich des "Document Freedom Day", der am Mittwoch stattfindet.

In der Verwaltung sollten etwa Dateiformate genutzt werden, die auf offenen Standards basierten. ,,Wichtige, zentrale Verwaltungsprogramme wie `ElsterFormular` laufen weiterhin nur auf einem der gängigen Betriebssysteme", kritisiert Anke Domscheit-Berg, die für die Piraten in den Bundestag einziehen will.

Elster ist das elektronische System zur Abgabe von Steuererklärungen. Die vom Staat kostenfrei zur Verfügung gestellte Software ,,ElsterFormular" läuft nur auf PCs mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows. Nutzer anderer Betriebssysteme werden auf das ElsterOnline-Portal verwiesen, wo allerdings derzeit noch die sicherheitsanfällige Java-Technologie eingesetzt wird.

Domscheit-Berg forderte, die Behörden sollten den Bürgern grundsätzlich mehr Informationen zur Verfügung stellen, etwa Dokumente und Daten. ,,Wir brauchen ein Transparenzgesetz, das den Rechtsanspruch aller Bürger auf diese Informationen garantiert". Behörden sollten Daten, so sie keine personenbezogenen Informationen enthielten, von sich aus veröffentlichen. Domscheit-Berg kritisierte das Datenportal der Bundesregierung www.Daten-Deutschland.de, das im Februar freigeschaltet wurde. Die dort gesammelten Informationen könnten nur eingeschränkt und nicht kommerziell genutzt werden.

Der Document Freedom Day wurde am 26. März 2008 von der Stiftung Free Software Foundation Europe ins Leben gerufen. In diesem Jahr wird der Tag am 27. März begangenen.


Aus: "Piraten wollen Freiheit für Dokumente" (26.03.13)
Quelle: http://futurezone.at/netzpolitik/14881-piraten-wollen-freiheit-fuer-dokumente.php


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Quote[...]  Die schwedische Polizei ist am Dienstag mit harten Bandagen gegen die Betreiber der Webseite Undertexter.se vorgegangen. Im Rahmen einer Razzia beschlagnahmten die Strafverfolger offenbar wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen neben Desktop-Rechnern die beiden Server der Plattform, auf der Fans eigene Übersetzungen von Filmdialogen bereitstellten. Die entsprechenden Untertitel konnten dabei als Textdateien heruntergeladen und in zugehörige Videos integriert werden.

Der Gründer des Angebots, Eugen Archy, sieht laut einer Mitteilung auf der derzeit nicht funktionsfähigen Seite den schwedischen "Piratenjäger" Henrik Pontén hinter der Aktion, den Rechtsanwalt der "Rechteallianz" des skandinavischen Landes. Er wirft "Hollywood" bei diesem "Überfall" aber vor, die falsche Karte gespielt zu haben.

Die Nutzer, die viel Arbeit in die Übersetzungen gesteckt hätten, betrachten Archy zufolge ihre eigenen Interpretationen von Dialogen in Kinofilmen oder Fernsehsendungen keineswegs als illegal, sondern als Ausdruck der Rede- und Meinungsfreiheit. Ferner sei zu bedenken, dass sie die Texte ohne Entgelt zur Verfügung gestellt hätten. Archy will daher "niemals aufgeben" und sich rechtlich zur Wehr setzen.

Scharfe Kritik an dem Vorgehen kommt auch von den Piraten. Die Unterhaltungsindustrie greife zu immer verzweifelteren Maßnahmen, um ein "obsolet gewordenes Copyright-Monopol" zu verteidigen, moniert die Chefin der schwedischen Piratenpartei, Anna Troberg. Damit werde Kreativität in gänzlich unverhältnismäßiger Form behindert. Sie wertet die Razzia gegen die Untertitel-Seite als weiteren Beweis dafür, dass das Urheberrechtssystem "von Grund auf" reformiert werden müsse.

Von einer "Eskalation im Krieg gegen das Teilen von Kultur und Wissen" spricht Rick Falkvinge, Gründer der "Piratpartiet". Er warnt in seinem Blog vor dem Aufkommen eines zweischichtigen Justizsystems, in dem der Copyright-Industrie zunächst von Anfang an standardmäßig das Recht nebst zugehörigen Privilegien und Durchsetzungsbefugnissen über die Staatsmacht zuerkannt werde. Für den Rest der Bevölkerung gelte nur noch ein Rechtsschutz zweiter Klasse. Die Polizei oder die Rechteallianz haben sich bislang nicht zu dem Fall geäußert.

Falkvinge verweist ferner auf einen Hinweis eines Lesers, wonach es in Polen jüngst einen ähnlichen Fall gegeben habe. Dabei seien sich juristische Experten einig gewesen, dass eine Übersetzung abgehörter Filmkonversationen und das Tauschen entsprechender Aufzeichnungen keinen Urheberrechtsverstoß darstelle. (Stefan Krempl) / (mho)

Quote11. Juli 2013 15:10
Richtig so!
Rote_Gruetze

Angesichts dieses mit enormer krimineller Energie geführten, in
seiner Hinterhältigkeit seinesgleichen suchenden Attentats auf das
geistige Eigentum  kann nicht hart genug durchgegriffen werden!

Wehret den Anfängen des Untertitel-Raubes!

Quote11. Juli 2013 21:58
Re: Richtig so!
fr.osch

> Angesichts dieses mit enormer krimineller Energie geführten, in
> seiner Hinterhältigkeit seinesgleichen suchenden Attentats auf das
> geistige Eigentum  kann nicht hart genug durchgegriffen werden!
>
> Wehret den Anfängen des Untertitel-Raubes!

Das Schlimme ist ja, dass jetzt so mancher Film nicht mehr verkauft
wird, weil er nicht auf schwedisch verfügbar ist und er ohne
Untertitel für manche potentielle Kunden nicht verständlich ist. Wie
doof kann man sein... eine Seite dicht zu machen, die es den eigenen
Kunden erleichtert, die eigenen Produkte komfortabel zu nutzen.

    fr.osch



Aus: "Schwedische Polizei beschlagnahmt Server von Untertitel-Webseite" (11.07.2013)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schwedische-Polizei-beschlagnahmt-Server-von-Untertitel-Webseite-1915924.html


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Quote[...] Knapp anderthalb Jahre nach der Aufnahme des Betriebs des umstrittenen "Copyright Alert System" in den USA hat das zuständige Center for Copyright Information (CCI) seinen ersten Jahresbericht herausgegeben. Der Tätigkeitsstatistik zufolge haben die fünf beteiligten Provider bereits in den ersten zehn Monaten 1,3 Millionen Hinweise an auffällig gewordene Nutzer in den Vereinigten Staaten verschickt. Das CCI geht davon aus, dass sich diese Aktivität im Laufe des zweiten Operationsjahres in etwa verdoppeln wird.

Die meisten Mitteilungen haben sich dem Report zufolge auf die erste Warnstufe beschränkt. Es sei also bei einer einmaligen Aufklärung geblieben. Knapp drei Prozent der Verwarnungen hätten aber auch die letzte von sechs Stufen erreicht. Verzeichnen die beteiligten Zugangsanbieter danach weitere Copyrightverstöße, drohen Maßnahmen wie das Drosseln der Internetverbindung.

Das CCI bezeichnet das Six-Strikes-System als weitgehend akzeptiert, da es nur 265 Beschwerden gegeben habe. So sei nur in 0,27 Prozent der Fälle hätten Betroffene eine unabhängige Überprüfung der Vorwürfe erbeten. In einer gesonderten Untersuchung habe man herausgefunden, dass die Mehrheit der Angeschriebenen erklärt habe, von weiteren rechtsverletzenden Tätigkeiten künftig die Finger zu lassen. 62 Prozent teile die Überzeugung, dass Copyright-Verstöße inakzeptabel seien. Die CCI-Leiterin Jill Lesser freute sich, dass das Programm offenbar das Potenzial habe, eine weitreichende abschreckende Wirkung auf Urheberrechtssünder auszuüben. Betroffene würden parallel auf legale Inhaltequellen aufmerksam gemacht.

Das CAS wird als freiwillige Aufklärungsmaßnahme von AT&T, Cablevision, Comcast, Time Warner Cable und Verizon sowie den Verbänden der Musik- und Filmindustrie RIAA und MPAA getragen und soll jährlich rund zwei Millionen US-Dollar kosten. Eine französische Studie hat derweil die Wirksamkeit vergleichbarer Abschreckungsmodellen in Frage gestellt. Das Pariser staatliche Pendant zum CCI, die zur Disposition stehende und auch Netzsperren verhängende Behörde Hadopi, verteilte in den ersten beiden Betriebsjahren gut 1,15 Millionen Warnhinweise. (Stefan Krempl) / (axk)

Quoteepp4, 3. Juni 2014 06:57

Gibt es einen anschaulicheren Beweis, dass das Internet umfassend überwacht wird?


QuoteRubbel Die Katz, 2. Juni 2014 19:18

Und dafür brauchen wir die totale Überwachung
Irgendwie habe ich in letzter Zeit häufiger das Gefühl in einem
falschen Film zu sein!

Ich warte immer auf den Typen der mir eine rote und blaue pille
anbietet.

Das kann einfach nicht war sein das die Leute dass die Menschen schon
so auf Linie gebracht wurden.



Aus: "USA: Schon 1,3 Millionen Hinweise wegen Copyright-Verletzungen" (02.06.2014)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/USA-Schon-1-3-Millionen-Hinweise-wegen-Copyright-Verletzungen-2214569.html

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Quote[...] Wer derzeit als europäischer Nutzer über das Internet die Los Angeles Times lesen möchte, wird leider ausgesperrt. Grund dafür ist der europäische Datenschutz, der viele US-Zeitungen davon abhält, ihr Angebot den Europäern zur Verfügung zu stellen. Ein solches Geoblocking könnte künftig noch viel häufiger vorkommen. Ein seriöser außereuropäischer Dienst, der keine Uploadfilter gegen Terrorinhalte oder Urheberrechtsverletzungen installieren will, hat kaum eine andere Wahl, als den hiesigen Markt zu verlassen. Willkommen im rein europäischen Internet!

Es war wohl bloßer Zufall: Am 12. September 2018 hat das Europaparlament mittags für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger und Uploadfilter gestimmt, am Morgen hatte die EU-Kommission ihre Pläne für eine gesetzliche Schnelllöschung von Terrorinhalten präsentiert. Zudem sollen alle Internetanbieter weltweit dazu verpflichtet werden können, Uploadfilter zu installieren, um das Hochladen von bereits gelöschten Inhalten zu verhindern.

Die Europäische Union ist damit dabei, im vorgeblichen Interesse von Sicherheit und Urheberrecht die Struktur des Internets stark zu verändern. Bisherige Mechanismen sollen immer stärker durch automatisierte Verfahren ersetzt werden, die jegliche Rechtsverstöße schon unterbinden, bevor sie überhaupt begangen werden können. Ein solches Vorgehen kann in manchen Bereichen sinnvoll sein, doch gerade im Urheberrecht erscheint dies völlig unverhältnismäßig. Dies alles führe dazu, "dass das Internet kaputtgefiltert wird", kommentierte der IT-Branchenverband Eco frustriert.

Die Gefahr ist aber nicht nur, dass die Filter nicht funktionieren und legale Inhalte zurückhalten, was vielfach als Zensur bezeichnet wird. Ganz zu schweigen von der Ausweitung auf politische Inhalte wie in Katalonien. Den Anbietern werden auch immer mehr technische und administrative Auflagen gemacht, die vor allem von kleinen Firmen kaum zu stemmen sein werden. So stellt die EU-Kommission in ihrem vorgelegten Entwurf ausdrücklich klar, dass es keine Ausnahmen für kleine oder kleinste Unternehmen geben soll. Betroffen ist im Grunde jede Website, die über eine Kommentarfunktion verfügt oder nutzergenerierte Inhalte ermöglicht. Kriminelle Anbieter stören sich daran ohnehin nicht, Filesharing-Dienste werden gar nicht davon erfasst.

Seriösen Anbietern von außerhalb der EU könnte daher keine andere Wahl bleiben, als europäische Nutzer mit Hilfe von Geoblocking prinzipiell auszuschließen. Immerhin drohen ihnen bei Verstößen happige Bußgelder in Höhe bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. Und welcher kleine Anbieter kann schon sicherstellen, dass er rund um die Uhr die Löschanordnungen erfüllen kann? Schon die Benennung eines rechtlichen Vertreters in der EU könnte viele überfordern.

Nicht anders sieht es bei den Uploadfiltern für urheberrechtlich geschützte Inhalte aus. Die aktuellen Vorschläge machen die Plattformen direkt für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer verantwortlich. Die Anforderung, mit allen Rechteinhabern Lizenzverträge abzuschließen, ist völlig inpraktikabel. Zwar soll es hier Ausnahmen für Mikro-Unternehmen geben, doch schon ein mittleres Startup müsste vermutlich die Auflagen erfüllen. Das Resultat könnte sein: Uploadmöglichkeiten werden stark eingeschränkt oder deaktiviert, europäische Nutzer wieder ausgesperrt.

Das könnte selbst für Seiten gelten, die auch künftig ohne Lizenz auf Zeitungsartikel verlinken möchten. Da es hier praktisch keinerlei Ausnahmen gibt, ist jeder Internetanbieter vom Leistungsschutzrecht für Presseverleger betroffen. Auch hier droht ein Geoblocking, wenn ein Dienst europäische Verlage seinen Nutzern zugänglich machen will.

Sollte der Vorschlag des Europaparlaments beschlossen werden, droht eine massenhafte Auslistung von Medientexten in allen Suchmaschinen und Newsaggregatoren. Den Verlagen würde die Regelung eine Art "legales Kartell" erlauben, in dem sie ihre Angebote beispielsweise in einer eigenen Suchmaschine bündeln würden. Alle anderen Dienste müssten dann hohe Lizenzgebühren zahlen oder sämtliche Medien ausschließen, die Geld für die Verlinkung haben wollen. Welche Folgen dies alles haben wird, ist völlig unklar.

Auch hier dürften vermutlich die großen Verlage wie Axel Springer und die großen IT-Konzerne wie Google und Facebook am meisten davon profitieren, ganz gleich, wie die Debatte am Ende ausgehen wird. Eine einvernehmliche Lösung im Sinne von Nutzern und Anbietern scheint derzeit kaum möglich.

Einen kleinen Lichtblick hat es an diesem schwarzen Tag für das Internet aber dennoch gegeben. So wiesen die Zeitungsverleger darauf hin, dass die jahrelangen Debatten "zum Teil durch die massenhafte Verbreitung falscher Tatsachen begleitet wurden". Diese Selbsterkenntnis hätte man den Verbänden am Ende wirklich nicht mehr zugetraut.

IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)


Aus: "Netzpolitik: Willkommen im europäischen Filternet" Ein IMHO von Friedhelm Greis (12. September 2018)
Quelle: https://www.golem.de/news/netzpolitik-willkommen-im-europaeischen-filternet-1809-136538.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mit dem gerade verabschiedeten Entwurf zur Änderung des Urheberrechts im EU-Parlament dürfen in Zukunft nur noch kürzeste Ausschnitte aus Nachrichtenartikeln oder Überschriften im Internet weiterverbreitet werden. Auch müssen große Plattformen Urheberrechtsverstöße künftig schon vor dem Hochladen ahnden. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch dafür. Die abgesegnete Version geht jetzt noch in den Trilog, wird also von Rat der EU, EU-Kommission und Parlament verhandelt. Im Frühjahr muss die Reform dann endgültig vom EU-Parlament verabschiedet werden.

Eine katastrophale Entwicklung, die völlig an der Zeit vorbeigeht: Menschen teilen millionenfach Links, sie laden Bilder und Videos hoch, basteln an Gifs und Memes. Diese Kultur regulieren zu wollen, konterkariert die Idee eines freien Internets.

Dabei war ein Update der Regelungen grundsätzlich richtig: Das derzeitige europäische Urheberrecht stammt noch aus dem Jahr 2001, damals gab es weder Google News noch Facebook noch Twitter noch YouTube. Veränderungen waren dringend notwendig, das ist klar.

Nur ist der verabschiedete Entwurf immer noch nicht besser als der schon im Juli zur Debatte gestellte. Trotz Überarbeitung liest er sich, als wäre er von Menschen geschrieben worden, die noch nie auch nur einen Browser geöffnet haben. Was da auf jeden, der im Netz unterwegs ist, zukommt, gefährdet nicht weniger als die freie Verteilung von Informationen.

Der Artikel 11 zum Leistungsschutzrecht sieht etwa vor, dass News-Aggregatoren wie Google nur noch einzelne Wörter von Artikeln aus Magazinen und Onlinemedien teilen dürfen. Bisher galt das Urheberrecht für gesamte Texte, nicht für einzelne Sätze oder Abschnitte. Kommt die Reform durch, könnte künftig schon das Teilen einer Überschrift abgestraft werden. Freies Teilen von Informationen und Nachrichten wird so zum Ratespiel: Wer schafft es, aus einer halben Überschrift auf den Inhalt eines Artikels zu schließen? Für Leserinnen und Leser von Nachrichtenseiten bringt das Leistungsschutzrecht somit absolut nichts. Es schränkt sie im Gegenteil weitreichend ein. Wenn eine Plattform keine Lizenzen an einem Artikel hat, könnte es sogar sein, dass schon die Linkvorschau auf Twitter oder bei WhatsApp nur noch einzelne Wörter enthalten darf.

Natürlich können private Nutzerinnen und Nutzer weiterhin Links verbreiten, heißt es fast schon großzügig in dem geänderten Entwurf. Doch was ist, wenn sie diese Links zum Beispiel auf ihrer Facebook-Seite teilen? Das soziale Netzwerk ist eine kommerzielle Plattform – müssen die Nutzerinnen dann dafür zahlen? Oder das Netzwerk? Und wie liegt der Fall, wenn sie auf ihrer privaten Internetseite eine Presseschau erstellen? Die schwammigen Formulierungen in dem verabschiedeten Entwurf machen einen Ausschluss jedweder Verantwortung unmöglich. Die Angst vor einer Abmahnung wird die Verbreitung von Links eindämmen. Und damit auch die Verbreitung von Nachrichten und Wissen.

Damit nicht genug. Auch Uploadfilter würden mit den Änderungen praktisch eingeführt. Sie fischen dann möglicherweise auch Bilder heraus, die gar keine Urheberrechtsverletzungen begehen – zum Beispiel Memes, Gifs oder andere Formen der Satire, die auf urheberrechtlich geschützten Werken beruhen. Dass Kritiker wie Bitkom-Präsident Achim Berg schon von Zensur sprechen, klingt übertrieben, ist aber berechtigt: De facto entscheiden künftig die Plattformen, auf denen Inhalte geteilt werden, was erlaubt ist und was nicht. Dadurch erhalten die Unternehmen wie schon beim in Deutschland geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetz zu viel Entscheidungsgewalt.

Wem bringt die Reform also überhaupt etwas? Befürworter sagen natürlich: den Urheberinnen und Urhebern. Aber tatsächlich dürften vor allem die Verlage profitieren. Wenn auf Google News nur der Titel eines Textes angezeigt würde, könnten sie dafür eine Lizenzgebühr verlangen. Die europäischen Verleger wollen dadurch einen Teil der Erlöse erhalten, die etwa Google News mit ihren Inhalten verdient. Auch wenn das schon in Deutschland nicht geklappt hat.

Für die Uploadfilter hat vor allem die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) fleißig geworben. Auch sie will Plattformen wie YouTube oder Wikipedia dazu bringen, kommerzielle Lizensierungen zu erwerben. Das schreibt die Public-Relations-Abteilung der Gesellschaft auch ganz offen. Aus Gema-Sicht soll mit den neuen Regelungen praktisch ein Rechtsbruch verhindert werden, ehe er begangen wurde: YouTube müsste ein Video etwa auf eine Urheberrechtsverletzung überprüfen, bevor sie überhaupt stattgefunden hat.

Dass etwa YouTube dafür Technologien einsetzen müsste, die Inhalte prüfen, das verschleiern die Befürworter gerne: Der Begriff Uploadfilter selbst sei ja nirgends im Entwurf zu finden. Aber wie sollen sich die 450 Stunden Videomaterial, die allein auf YouTube pro Minute hochgeladen werden, sonst auf Urheberrechtsverstöße automatisiert überprüfen lassen?

Dass die Urheberrechtsreform nun trotz all dieser unbeantworteten Fragen durchgekommen ist, verdankt sie der exzellenten Lobbyarbeit von einzelnen Interessenvertretern. Und Politikerinnen und Politikern, die sich offenbar viel zu oft von deren Positionen blenden lassen, anstatt mit denen zu sprechen, die die Reform wirklich betrifft: uns Internetnutzer.


Aus: "Urheberrechtsreform: Diese Überschrift dürfen Sie künftig nicht mehr zitieren" Ein Kommentar von Lisa Hegemann (12. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/digital/internet/2018-09/urheberrechtsreform-eu-parlament-abstimmung-uploadfilter-leistungsschutzrecht-lobbyismus