
http://peekasso.tumblr.com/post/232429544/2 (Found 01/2010)
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Der Kunstmarkt ist so global geworden wie sonst nur das Finanzwesen. ..." (Eva Karcher, 13. Juni 2018)
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"Der Kunstmarkt ist eine Fantasiewelt. Es geht um irreale Werte. Der Glaube an Kunst ist wie in die Kirche gehen. ..." (Beltracchi)
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[...] APT helps artists with innovative financial planning solutions that are achievable through investment of their artwork. This allows artists to focus more fully on the creative development of their work by reducing some of the financial risk inherent to their profession.
Aus: "An Investment Program Designed Specifically for Artists" (111/2006)
Quelle:
http://berlin.aptglobal.org/SiteFiles/1/19/122.asp-.-
[...] Von Hausswolff ist eine von knapp 50 Künstlern, die sich am Artist Pension Trust (APT) in Berlin beteiligen. Die Organisation wurde vor zwei Jahren in New York ins Leben gerufen und ist jetzt nach Los Angeles und London auch in Deutschland aktiv.
Die Idee des APT ist, dass Künstler, die am Anfang oder in der Mitte ihrer Karriere stehen, eine Möglichkeit haben, für ihre Rente zu sorgen, ohne dass sie dafür Geld zahlen müssen. Stattdessen gibt jeder am Fonds beteiligte Künstler innerhalb von 20 Jahren 20 Werke an den APT ab. Die Firma Mutual Art, die hinter dem APT steckt, kümmert sich um Aufbewahrung und Pflege der Werke, sie leiht sie auch an Galerien aus. Ein Gremium aus Kunstprofessoren, Künstlern und Kuratoren entscheidet, wessen Werke in den Fonds aufgenommen werden und wann der richtige Zeitpunkt ist, die Werke zu verkaufen. Wenn ein Werk verkauft wird, gehen 20 Prozent an Mutual Art, 40 Prozent an den Künstler, die restlichen 40 Prozent werden unter allen Künstlern des Fonds aufgeteilt. So profitieren die Künstler vom eigenen Erfolg, tragen aber auch zur Rente ihrer Kollegen bei.
Aus: "Das geht: Malen für später" Text: Ümit Yoker (brand eins 3/2006)
Quelle:
http://www.brandeins.de/home/inhalt_detail.asp?id=1925&MenuID=8&MagID=71&sid=su662496672750907-.-
[...] Auch im Kunstsystem hat sich das Dogma von der Unfehlbarkeit des Marktes durchgesetzt: Als erfolgreich gilt allein das, was einen nennenswerten Geld- oder Geltungsgewinn verspricht. Gleichwohl ist die moderne Kunst noch eng mit der Tradition ihrer Autonomie verbunden, und viele staatliche Verfassungen verbürgen ihre Freiheit. So profitiert Kunst weiterhin von dem Image, sie sei ein Refugium selbstbestimmt agierender Personen, die ihrer Meinungsbildung und Urteilsfindung unabhängig betreiben. Diese heute gern als idealistisch abgetane, aber für eine demokratische Kultur unverzichtbare Leitvorstellung droht nun durch einen weiteren Schritt in der Ökonomisierung von Kunst vollends ad absurdum geführt zu werden. Gemeint ist die Etablierung des global angelegten Artist Pension Trust, der zunächst in London, Los Angeles, New York, Mexiko-Stadt und Mumbai sowie seit November 2005 auch in Berlin tätig geworden ist und ständig weitere Dependancen etwa in Bangkok, São Paulo, Istanbul und Peking eröffnet.
In der Öffentlichkeit wird der APT - eine nach dem Recht der British Virgin Islands gegründete Gesellschaft - als innovatives Modell zur Alterssicherung von Künstlern dargestellt. Sie sollen ihre Arbeiten in den Fonds einbringen und darauf hoffen, dass sich durch Wertsteigerungen aufgrund optimierter Nutzungs- und Verkaufsstrategien für sie besondere Gewinne realisieren lassen. Doch tatsächlich besteht die Geschäftsidee des APT wie bei allen so genannten Private Equity Fonds darin, den Investoren eine hohe Rendite zu verschaffen. Folglich darf nicht einfach jeder Künstler bei APT mitmachen. Vielmehr ist vorgesehen, dass pro Dependance von einem regional verantwortlichen Komitee, dessen Mitglieder am Geschäft prozentual beteiligt sind, maximal 250 zumeist jüngere und vorzugsweise bereits von einer Galerie vertretene Künstler ausgewählt werden. Diese sind gehalten, über einen Zeitraum von 20 Jahren dem Fonds in einem vorgegebenen Turnus 20 Kunstwerke als Kapital zu überlassen.
Aus: "Die Wölfe fressen Kreide" Von MICHAEL LINGNE (taz vom 22.5.2006, S. 15)
Quelle:
http://www.taz.de/pt/2006/05/22/a0149.1/text-.-
[...] Susanne Prinz, die Direktorin des Berliner Trusts, findet derartige Ängste vor einem „Moloch“ APT maßlos übertrieben. Prinz versteht sich als Interessenvertreterin der Produzenten und definiert APT als eine Art Künstlerzusammenschluss, dessen organisatorische Aufgaben an Profis delegiert sind.
[...] Folgt man Prinz´ Argumentation, so stehen im Zentrum der Bemühungen die Alterssicherung von Künstlern und der Aufbau einer kuratorisch durchdachten Kunstsammlung: „Wir wollen eine Künstlergeneration repräsentieren“. Eine Generation fast durchweg junger Künstler, deren Werke zum größeren Teil noch gar nicht da sind. Soll hier ein Hype kreiert werden? „Wir fischen nicht im Trüben“, gibt Susanne Prinz zu denken, weist auf die kuratorische Basis der Entscheidungen hin und auf die Diskussionen während der Jurysitzungen, die zeitweilig durchaus kontrovers abliefen.
[...] Etwas überspitzt – angesichts von zwanzig abgegebenen Arbeiten in zwanzig Jahren – wirkt Lingners Vergleich der APT-Künstler mit Bauern der Dritten Welt, „die nicht durch ‚fair trade’ geschützt werden“ und die gezwungen sind „ihre Ernte abzutreten, bevor sie überhaupt gewachsen ist“.
[...] Prinz wirft Lingner vor, den Trust als Sündenbock für eine Entwicklung in der Kunst anzuprangern, in der auch wirtschaftliche Prinzipien eine Rolle spielten: „Lingner scheint der Vorstellung anzuhängen, es sei obszön, Kunst und Geld in einem Satz zu erwähnen. Ich muss das nicht gegeneinander stellen. Und: Geld per se macht nicht korrupt.“ Prinz stellt nicht in Abrede, dass sie APT:Berlin zum Erfolg führen will, „aber wir wollen Erfolgsmodell sein in dem Sinne, dass sich gute Kunst durchsetzt und nicht etwa ökonomische Faktoren.“
Aus: "Artist Pension Trust: Malen statt Zahlen" Von Jens Hinrichsen (28. September 2006)
Quelle:
http://www.artnet.de/magazine/features/hinrichsen/hinrichsen09-28-06.asp-.-
[...] Gefahr droht der Kunst einerseits durch erneuten Machtstabilisierung im Rahmen einer Ästhetisierung und andererseits durch eine politische Funktionalisierung in einen falschen Dienst. Als subversives Element, welches der Kunstbetrieb zu nutzen weiß, das seinem Wesen nach aber über diesen Nutzen hinausgeht, führt die ästhetische Kraft eine Existenz am Rande der Institution, die von ihr lebt. Obwohl sie den Betrieb antreibt, hat sie bis auf die wenigen Ausnahmen der großen Namen nicht viel von ihm. So zeigt das Leben der Kunst heute eine verdrehte Existenz. Mit den Möglichkeiten ausgestattet, eine radikale Kritik der bestehenden Gesellschaft zu leisten, trägt sie zugleich auch zu deren reibungslosen Fortgang bei und manövriert sich dabei selbst in eine Position, die sie zunehmend überflüssig macht.
Aus: "Kunst und Gefahr" Von Wolfgang Bock, ein Beitrag zum Projekt "Thesen zu Kunst und Öffentlichkeit"
Quelle:
http://www.kunst-basis.org/texte/kunst_gefahr.htm-.-
[...] Jost Hermand ist eine Ausnahmeerscheinung in der Kunstwissenschaft. Er beschreibt und bewertet Kunstwerke vor dem Hintergrund der Geschichte, ihren sozialen Bedingungen und Machtgefügen. Seine Perspektive beschreibt die Kulturgeschichte als einen Prozess der Humanisierung menschlichen Zusammenlebens. Damit unterscheidet er sich von anderen Theoretikern, die ein weniger zeitgebundenes Denken verfolgen und nach überzeitlichen Kriterien suchen, mit denen sich der Ewigkeitsanspruch von Kunstwerken aber auch der lethargische Status quo der Gesellschaft, begründen lässt.
Bevor Hermand den Zustand der Gegenwartskultur beschreibt, widmet er sich der Frage nach der Relevanz der historischen Kunst für den heutigen Betrachter. Wie wird die Kunst vergangener Unrechtsstaaten, wie etwa der antiken Sklavenhaltereien oder mittelalterlicher Notgesellschaften heute angesehen? Hermand findet einen naiven Blick auf das altehrwürdige Milieu, der in jenen Schloss- und Burgtouristen gipfelt, die sich noch den Richtblock des Fürsten unter handwerklichen Gesichtspunkten ansehen können. Das Unrecht vergangener Zeiten verschwindet im Blendwerk der Kunst. Wer genauer hinsieht, wird vieles an Machogehabe, Kriegsverherrlichung und rücksichtsloser Triebhaftigkeit finden und nur selten jemanden, der darauf hinweist.
[...] Das wir mit diesem historischen Ballast einen derartig leichten Umgang finden, haben wir den Deutungswissenschaften zu verdanken, genauer gesagt jenen Wissenschaftlern, die das Zeitlose anstatt der historischen Umstände suchen, um Kunst zu bewerten. Zeitlos ist nach Hermand vor allem der Verweis auf Kriterien, die aus unserer psychologischen Grundausstattung stammen. Dort, wo die Schönheit, Melancholie oder der Grusel zeitreisender Kunstwerke auch den heutigen Betrachter erschauern lässt, verschwindet die Frage nach der gesellschaftskritischen Haltung des Künstlers. Besonders die bildende Kunst ist anfällig für eine Kunstauffassung, die Hermand mit dem „Eintauchen in eine warme Badewanne“ vergleicht. Ihre visuelle Erscheinungsform kommt der oberflächlichen Lesart unserer Zeit entgegen, die meist nicht über die ästhetische Hülle hinausgeht. Wenn Kunstkritiker sich von Restaurantkritikern unterscheiden sollen, müssen also andere Qualitäten als das zeitüberspannende Auslösen von Gefühlen in die Betrachtung einbezogen werden.
Hermands Kritik an der Rezeption des historischen Kunstbestandes schließt eine Schilderung des Zustands der Gegenwartskultur an, die vor allem die Entwicklung der Künste in Deutschland nach 1945 im Blick hat. Künstlerische Reformbewegungen, die nach einer besseren Gesellschaft suchten, trafen auf beiden Seiten der politischen Blöcke auf Widerstand. Sie verschwanden in den doktrinären Apparaten der Ostblockstaaten, die an Instrumentalisierung mehr als an Auseinandersetzung interessiert waren. Im Westen behinderte der Totalitarismus-Verdacht, der jeden Realismus sofort der braunen oder roten Diktatur zuordnete, eine realistische Weltsicht in der Kunst. Die ungegenständliche Form erlebte ihre eigentliche Karriere und dient bis heute als ein fragwürdiger Freiheitsbeweis der kapitalistischen Gesellschaft. Verloren ging dabei das Bewusstsein um das Gegenüber einer Gesellschaft, die es zu verbessern gilt. Es wich einem Verständnis des „Postismus“, welcher besagt, dass wir uns heute in einer Nach-Zeit befinden, in der alles Ringen um die Geschichte ein Ende gefunden hat. Auch die 68er Bewegung beendete ihren Marsch durch die Institutionen kurz nachdem sie dort angekommen war. Das Wort „ideologisch“ wurde zu der Negativvokabel, in der es heute bedenkenlos verwendet wird.
Um nicht als ideologisch gelesen zu werden, verzog sich die Künstlerschaft auf den Olymp der autonomen Kunst und geht dort seither einer Praxis der eitlen Selbstbespiegelung nach. Jeder Künstler will Star oder Diva sein. Die Inhalte verschwinden hinter den ästhetischen Modehüllen des Zeitgeists, die laufend erneuert werden müssen, um die gesellschaftliche Stagnation nicht durchdringen zu lassen. Auch die Wissenschaften ziehen mit. Jede neue Hülle erhält ihren „differenzierten Wissenschaftsjargon“. Die hohe Kunst bewegte sich in jenen randständigen Bereich, in dem sie sich heute befindet. „Theoretiker sprechen zu Theoretikern in dem vollen Bewusstsein, dass ihnen niemand zuhört.“
[...] Um gesamtgesellschaftliche Fragestellungen geht es kaum noch, sondern vielmehr um philosophisch abgehobene Spitzfindigkeiten, mit denen „akademische Lorbeerkränze und Stipendien“ anvisiert werden. Künstler wie Akademiker verstehen sich nicht mehr als Anwälte einer gerechten Welt, sondern als „Vertreter einer kulturellen Elite“, der „von Staats wegen noch mehr Freizeit eingeräumt werden soll, um in Ruhe über ihre eigenen Kultur- und Theoriebedürfnisse nachzudenken“.
[...] Was die Kunst seither vernachlässigt, ist die Ansprache an die breite Bevölkerung. Diese bleibt den Massenmedien überlassen, deren ständig strömende mediale Flut den Kulturkonsumenten kaum noch über den Augenblick hinaus denken lässt. „Social engineering“ nennt man die Erziehung des Fernsehzuschauers zu konsumorientierten Lebensmodellen. Der tägliche Presserummel wird als demokratische „Pluralität“ ausgegeben, ist aber nichts anderes, als die Gleichschaltung zu einem eindimensionalen Denken.
Hermand beschreibt die Ökonomisierung des Kulturlebens an zahlreichen Beispielen und zeigt, wie sich unter der zersetzenden Wirkung des Geldes kulturelle Werte in die Effizienzfaktoren der Warenproduktion verdinglichen. Kunst und Wissenschaft hat der Trend zur Ökonomisierung wie alle anderen Bereiche des Lebens erfasst.
Soll die Kunst überhaupt noch eine Chance haben, so muss diese sich einer gesamtgesellschaftlichen Kritik verschreiben und der Vereinnahmung durch den Markt widersetzen. Nur wer eine utopisch hoffnungsvolle Perspektive im gesellschaftlichen Sinne hat und seine Arbeit als eine Didaktische versteht, der kann laut Hermand auch heute noch bedeutende Kunst hervorbringen. Die Kunst der Zukunft soll dem ästhetisch wie historisch denkenden Menschen „sinnliche Gratifikation und ideologische Schubkraft“ geben. Alle andere Kunst aber darf immer noch darauf hoffen in aller Zukunft aufbewahrt zu werden: als schlechtes Beispiel für eine degenerierte Gesellschaft der Vergangenheit.
Aus: "Jost Hermand „Nach der Postmoderne“" Rezension, Wolfram Höhne (Jost Hermand „Nach der Postmoderne“, Böhlau-Verlag, 2004)
Quelle:
http://www.kunst-basis.org/index.html?http%3A//www.kunst-basis.org/texte/jost_hermand.htm