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[Deutungshoheit [...?]]

Started by Textaris(txt*bot), December 07, 2006, 12:55:44 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Deutungshoheit ist das Vorrecht einer Person oder Gruppe, zu einem bestimmten Sachverhalt oder Ereignis eine Meinung oder Interpretation abzugeben. Dieser Person oder Gruppe wird die Deutungshoheit entweder aufgrund ihres Fachwissens oder aber ihrer Machtposition zugestanden. Diese Meinung wird damit auch meist zur vorherrschenden Meinung in der Gesellschaft.

Für die Erklärung der Hintergründe von politischen oder gesellschaftlichen Ereignissen in Japan werden zum Beispiel meist Japanologen oder in Japan lebende Personen befragt, da ihnen aufgrund ihres Wissens oder ihrer Erfahrung die Deutungshoheit für Ereignisse in Japan zugestanden wird. Ein anderes Beispiel sind Diktaturen, in denen die Nomenklatura qua Macht die Deutungshoheit für praktisch alles hat. Wenn Kim Jong-il beschließt, dass der Verzehr von Fleisch ungesund ist, dann wird dieser Standpunkt auch von den nordkoreanischen Medien übernommen, obwohl naheliegend ist, dass mit dieser Aussage nur ein Mangel kaschiert, bzw. "aus der Not eine Tugend gemacht" werden soll.


Aus: "Deutungshoheit" (12/2006)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutungshoheit


Textaris(txt*bot)

[...] Das Schlüsselkonzept heißt "Deutungshoheit": Darunter verstehen die...

[...] "Das Kernproblem bleibt die Deutungshoheit"...

[...] mit welcher Verbissenheit der Kampf um die Deutungshoheit von Geschichte zeitweise geführt...

[...] Wer hat eigentlich die Deutungshoheit in der derzeitigen zumeist auf unsäglichem Niveau geführten Debatte um...

[...] Deutungshoheit über Begriffe zu haben, das ist wahre...

[...] Die Überheblichkeit eigener Deutungshoheit für Werte...

[...] Deutungshoheit über den Krieg...

[...] Die Deutungshoheit im Selbstverständnis...

[...] Der Kampf um die Deutungshoheit von Geschichte hat eine Dimension erreicht...

[...] Zweierlei Maßstäbe - im Kampf um die Deutungshoheit...

[...] Das Programm stand unter dem Motto Deutungshoheit – Innovation – Evaluation – Förderung...

[...] Wer die Deutungshoheit über die Begriffe hat, steckt Spielräume ab...

[...] Der Wettbewerb der Sinnproduzenten – zum Kampf um die Deutungshoheit...

[...] durch Schilderung seiner Karriere legt er dar, warum ihm die Deutungshoheit über diese Offenbarungen zusteht...

[...] der Humor hätte die Deutungshoheit der Kirche sabotiert...

[...] Es geht also um den Versuch, die Deutungshoheit der Politik und ihrer Trabanten, vor allem im Kulturbetrieb, infrage zu stellen. Deshalb.



Textaris(txt*bot)

#2
Quote[...] Als Linker mit langer Paper-Credibility muss man das Rezo-Video erst mal gut finden, findet Helmut Höge. Anders als konservative Chefkommentatoren.

... Als alter Mann mit langer Paper-Credibility wurde ich gefragt, ob das Rezo-Video ,,Die Zerstörung der CDU" nicht Ausdruck einer ,,staatstragenden Jugendrevolte" sei? Man muß es ja als Linker erst mal gut finden, weil noch nie ein Vortrag eines angry young man, in dem Klartext geredet wird (über die Klimaerwärmung und einige ihrer Hintermänner, die Kriegsverbrechen der USA von Ramstein aus, das Auseinanderklaffen der Einkommen von Armen und Reichen und die Unwissenheit der deutschen Drogenbeauftragten) so viele Male angeklickt wurde: Fast 10 Millionen Mal bis jetzt.

Dem folgte ein weiterer Clip, als ,,Statement", in dem der aufklärerische ,,Youtuber" Unterstützung von über 90 weiteren deutschen ,,Internetstars aus der Influencer-Scene" bekam – jeweils mit ein, zwei eindrücklichen Sätzen, die noch mehr reinhauten, wie man so sagt, also noch häufiger aufgerufen wurden.

Der Chefkommentator der FAZ, Jasper von Altenbockum, schätzte nach dem Hype des Rezo-Videos die soziale Lage hinter diesem Medienphänomen so ein: ,,Jedes Like ist ein Armutszeugnis." Aber beim Hype des zweiten Videos sah er trotz aller Intelligenzmängel doch auch das Staatsgefährdende – in den Zugriffszahlen – und meint nun: Nach dem kurzen Gastspiel der ,,Piraten" auf der Oberfläche der Parlamente und Parteitage wäre die Jugendbewegung mit ihrer ,,digitalen Willensbildung" jetzt ,,von außen" da ,,eingebrochen". Und das zusammen mit der analogen Willensbildung in der ,,Fridays for Future"-Schülerbewegung.

Die ,,Jugendrevolte", vor allem die 90 Influencer, die sich laut der FAZ ,,als Jugendliche von nebenan, als authentische Stimme des digitalen Volkes präsentieren", wurden dann auch prompt von den alten und neuen Generalsekretären der CDU mit ,,Du" angekumpelt. Die FAZ stellte klar: Dieser Eindruck hat ,,wenig mit der Wirklichkeit zu tun".

In Wahrheit ist Rezo ein 26-jähriger ,,Unternehmer" und er habe nicht selbst ,,mehrere hundert Stunden über Armutssatistiken und Klimaberichten" gebrütet, sondern seine dafür bezahlten Mitarbeiter. Er beschäftige einen Produktionsleiter, einen Manager, einen Fanshop und werde von ,,Tube One", einer Kölner Werbeagentur ,,,betreut", die zum ,,Stöer"-Konzern gehört, dem Marktführer für Außenwerbung.

,,Es war ein unternehmerisches Risiko. Würde er die Kosten eines solchen politischen Videos anderswo wieder erwirtschaften können?", muss Rezo sich folglich laut FAZ genau überlegt haben. Aber die FAZ hat sich auch was überlegt: Für den Aachener Rezo sei quasi die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalens zuständig, mit einem ganzen Arsenal an Gesetzen und Verordnungen, und die habe schon mal Youtuber (auf Betreiben der FAZ) abgemahnt, die mit ,,moralischen Themen Geld verdienen" wollten. Wenn ihnen nachgewiesen wird, dass sie für ihren Clip bezahlt wurden, droht eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro.

Das mag man noch hinnehmen, aber es kommt noch dicker: Auch die ,,Nennnung irreführender oder falscher Statistiken ist ein solcher Verstoß" gegen den Rundfunkstaatsvertrag. Laut einem anderen Staatsvertrag veröffentlicht aber die Agentur für Arbeit sogar regelmäßig irreführende und völlig falsche Arbeitslosenstatistiken. Rezo ist insofern staatstragend, als er den Parteienstaat bis rauf zur EU nicht infrage stellt, er will nur, dass die Politiker wie er selbst ,,im Einklang mit Logik und Wissenschaft" stehen.

Wie oft ist es aber doch vorgekommen, dass eine kleine soziale Bewegung, zum Beispiel die der Milchbauern, in Brüssel demonstrierte und dort gesagt bekam: ,,Wir setzen nur um, was eure Regierungen beschlossen haben," und wenn sie sich dann an ihre Regierungen wandten, bekamen sie zu hören: ,,Das haben die in Brüssel so beschlossen, da können wir leider nichts machen."

Ein demokratischer Doppelstaat quasi, man könnte und müßte jedoch noch etwas weiter greifen: Bis zur Einführung der ,,Demokratie" in Griechenland. Schon drei Generationen später wußten die Athener: Die Demokratie, die Gleichheit aller vor dem Gesetz (isonomia), ist ohne eine Gleichheit des Besitzes (isomoiria) eine Farce. Hinzu kommt: Ein wirklicher Stop der Klimaerwärmung würde einen derartigen ,,Umbau" der Gesellschaften, der Staaten erfordern, dass so ziemlich alle sozialen und ökonomischen Bereiche davon betroffen wären.

Schon allein der Widerstand der FAZ gegen die zunehmende ,,Wirkung" solcher Rezo-Videos zeigt, wie die vom Verschwinden erfasste professionelle Journalistik sich mit allen Mitteln selbst gegen eine Veränderung wehrt, die bloß ihre Deutungshoheit infrage stellt.


Aus: "Diese jungen Leute und die Europawahl: Weg mit der Deutungshoheit" Helmut Höge (26. 5. 2019)
Quelle: https://taz.de/Diese-jungen-Leute-und-die-Europawahl/!5597909/

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Quote[...] Der Streit um die von Schwan verfasste Kohl-Biografie "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" beschäftigt die Gerichte seit Jahren.  ... Die Rolle von Kohl-Richter ist durchaus umstritten. Kohls in dem aktuellen Verfahren als Zeuge geladener Sohn Peter Kohl warf der zweiten Frau des früheren Kanzlers in seiner Aussage vor, diese wolle die Deutungshoheit über das politische Vermächtnis seines Vaters erlangen. ...


Aus: "Gericht gibt Kohl-Witwe ein bisschen recht" (11. Dezember 2019)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Gericht-gibt-Kohl-Witwe-ein-bisschen-recht-article21450791.html

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Quote[...] Der Titel ist reißerisch (,,1979 – Urknall der Gegenwart"), doch die Arte-Rückschau auf das Jahr 1979 war hochspannend (Dienstag, 20.15 Uhr). Damals war die ,,Welt ein Vulkan": Schah und Khomeini, Thatcher und die Gewerkschaften, der Papst aus Polen und die Kommunisten, Deng Xiaoping und die USA, Saddam Hussein und der Westen, Atomkraft und die Grünen, Erderwärmung ... Zeitzeugen reflektierten ihre Haltung zu den Ereignissen, befragten sie und sich kritisch.

Auch die Medien standen im Fokus: Vor Begeisterung für die ,,Lichtgestalt" Khomeini vergaßen viele, dass Carter, Callaghan, d'Estaing und Schmidt den u. a. wegen seiner Anti-Frauenwahlrechtshaltung exilierten Khomeini nutzten, um das ,,Problem Schah" zu lösen. Medien, die kritisch-distanziert berichten sollen, mischen mit hehrer Absicht mit beim Kampf um Macht und moralische Deutungshoheit.

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Aus: "Ein kritischer Blick und viele Fragen" Dr. Gunhild Müller-Zimmermann (10. Dezember 2019)
Quelle: https://www.siegener-zeitung.de/siegen/c-kultur/ein-kritischer-blick-und-viele-fragen_a188866

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Berlin - Es gibt Geschichten in der Politik, die so gut wie unendlich erscheinen. Dazu gehört der Kampf um den geistigen Nachlass von Helmut Kohl, man könnte auch sagen: um die Deutungshoheit über das politische Wirken des einstigen Kanzlers und CDU-Vorsitzenden. Dieses Recht beansprucht seine Witwe, seine zweite Ehefrau Maike Kohl-Richter, vor allem für sich. Und darum kämpft sie löwinnenhaft mit allen Mitteln und auf allen Ebenen. An diesem Donnerstag findet nun die nächste Kampfrunde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) statt.

Ihr Hauptgegner ist dabei der einstige Ghostwriter ihres Mannes, Heribert Schwan. 630 Stunden an 105 Tagen haben der Publizist und der Politiker 2001 und 2002 zusammengesessen, und die ganze Zeit lief Schwans Tonbandgerät mit. Kohl erzählte wohl so offen wie noch nie aus seinem langen politischen Leben, vor allem aber über die 16 Jahre, in denen er Bundeskanzler war. Diese Tonbänder sind ein Schatz. Denn der 2017 gestorbene Kohl hatte als Folge eines schweren Sturzes 2008 in seinem Haus einen Großteil seiner Sprachfähigkeit verloren. Damit war klar: Nie wieder würde man seine Stimme so hören können wie auf diesen Bändern. Sie bergen die Deutungshoheit über sein Leben, sein Vermächtnis. Das macht sie so wertvoll. Und deshalb führt seine Witwe seit Jahren diesen verbissenen Kampf um die Bänder, in dem sie zwar schon manchen Sieg davongetragen hat. Aber zu Ende ist er immer noch nicht.

Heribert Schwan nahm die Tonbänder seinerzeit mit nach Hause und ließ den Wortlaut abschreiben. Das war die Grundlage für drei umfangreiche Memoirenbände und Kohls Tagebuch der Spendenaffäre – Bestseller, die er unter dem Namen Kohls schrieb. Doch nach dem Unfall beendete Kohl die Zusammenarbeit, wohl unter starkem Einfluss von Maike Kohl-Richter, die nun seine Ehefrau, Pflegerin und Hüterin seines Vermächtnisses wurde. In diese Zeit fällt auch der Bruch mit seinen Söhnen und vielen seiner Wegbegleiter. Die Kohls forderten die Herausgabe von Schwans Unterlagen. Denn der Schatz ist noch nicht ganz gehoben – der vierte Band der Memoiren, die Jahre 1994 bis 1998, mit der Wahlniederlage Kohls und dem Ringen um seine Nachfolge von besonderem Interesse, ist bis heute nicht erschienen.

Während der Publizist die Bänder und Transkripte für sein Eigentum hielt, klagte Maike Kohl-Richter durch alle Instanzen auf Herausgabe und obsiegte am Ende vor dem BGH. Im Zuge einer richterlich angeordneten Zwangsvollstreckung gab Schwan im März 2014 insgesamt 200 Tonbänder heraus. Inzwischen ist allerdings streitig, ob auf den Originaltonbändern die Stimme Kohls zu großen Teilen nicht mehr zu hören ist.

Im Oktober 2014 erschien dann Schwans Buch ,,Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle". Es sorgte für einige Furore, weil der Altkanzler in den Gesprächen nach Darstellung Schwans deftig über andere Politiker hergezogen war, was der Autor nun ungefiltert zum Besten gab – unter anderem geringschätzige Äußerungen über Kohls Nachfolgerin Angela Merkel sowie die Bundespräsidenten Christian Wulff und Richard von Weizsäcker. Außerdem ließ Schwan wissen, dass es ,,jede Menge Kopien" der Tonbänder gebe.

Genau darum wird es nun am Donnerstag vor dem BGH gehen. Maike Kohl-Richter verlangt Auskunft über Existenz und Verbleib sämtlicher Vervielfältigungen der Tonbänder sowie über andere Unterlagen, die Schwan aus der Zusammenarbeit mit Kohl besitzt oder weitergegeben hat, und deren Herausgabe. Insgesamt sind dazu drei Parallelverfahren geführt worden, die zum Teil erfolgreich waren. So gab ihr das Oberlandesgericht (OLG) Köln 2018 hinsichtlich der Tonbänder weitgehend recht. Die Forderung nach Herausgabe der Transkripte und weiterer schriftlicher Unterlagen sei hingegen verjährt, befanden die Richter. Dagegen hat sie erneut geklagt.

Freilich ist das nur eine Flanke im Feldzug der Witwe um das Vermächtnis ihres Mannes. Kohl und sie haben auch erfolgreich gegen zahlreiche Zitate in Schwans Protokoll-Buch geklagt, die nicht wieder veröffentlicht werden dürfen. Zudem sprach das Gericht Helmut Kohl die Rekordsumme von einer Million Euro Schmerzensgeld wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch das Buch zu. Das war kurz vor seinem Tod. Mit dem Versuch, die Summe als seine Erbin zu kassieren, scheiterte Kohl-Richter. Schmerzensgeld sei an die Person gebunden, der es zugesprochen wurde, und nicht vererbbar, stellte das OLG fest. Auch darüber wird der BGH später noch endgültig urteilen müssen. Gescheitert ist die Witwe schließlich mit dem Versuch, den Kohl'schen Bungalow in Oggersheim und die dazugehörige Polizeiwache unter Denkmalschutz stellen zu lassen.

All diese Auseinandersetzungen überlagern die Bemühungen der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung mit Maike Kohl-Richter eine Verständigung über die dauerhafte, öffentlich zugängliche Archivierung und wissenschaftliche Auswertung seines gesamten Nachlasses als CDU-Vorsitzender zu finden. Ihrer Ankündigung, die Gründung einer der Willy-Brandt-Stiftung ähnelnden öffentlich-rechtlichen Einrichtung zu ermöglichen, sind bislang keine weiteren Schritte gefolgt. Die Geschichte geht weiter.


Aus: "Streit um ,,Kohl-Protokolle" geht weiter" Holger Schmale (19.8.2020)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/streit-um-kohl-protokolle-geht-weiter-li.99620

Textaris(txt*bot)

Quote[...] In großangelegten Werbekampagnen von Handel und Industrie sind sexistische Motive immer weniger zu finden. Dagegen werben Handwerksfirmen und kleinere Dienstleistungsunternehmen immer aggressiver mit geschlechtsdiskriminierenden Bildern und Slogans. ,,Werf' deine Alte raus", heißt es bei einem Sanitärunternehmen, das eine halbnackte Blondine in der neuen Badewanne zeigt. Ein anderes Beispiel: Eine Frau mit gespreizten Beinen auf dem Auto einer Rohrreinigungsfirma mit dem Werbespruch: ,,Wir kommen überall durch".

Rund 5000 solcher Beispiele hat die Frauenrechtsorganisation Pinkstinks im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über zwei Jahre hinweg gesammelt und bewertet. Das ,,Monitoring sexistischer Werbung" hat die Hamburger Organisation im September 2019 vorgelegt. Doch fast ein Jahr danach habe Pinkstinks keinerlei Reaktion erhalten von Seiten des Ministeriums.

,,Das sind 400.000 Euro, die uns gegeben wurden für zwei Jahre, um die Studie zu machen", erklärt Stevie Schmiedel, Geschäftsführerin von Pinkstinks. "Und jetzt interessiert sie niemanden. Wir haben überhaupt keine Rückmeldung von den PolitikerInnen bekommen, die letztendlich die Studie beauftragt haben. Das ist eigentlich nicht fair, den SteuerzahlerInnen gegenüber", beklagt sie.

Auch die Wirtschaftsjuristin Susanne Engelsing, Professorin an der Hochschule Konstanz, bedauert, ,,gegen frauenfeindliche Werbung wird zu wenig getan". Sie fordert schärfere Gesetze, weil die Selbstkontrolle der Werbewirtschaft durch den Deutschen Werberat leider nicht funktioniere. ,,Der Deutsche Werberat ist selbst Partei und hat die alleinige Deutungshoheit über das, was menschenverachtende Werbung ist", so Engelsing. "Man darf es aber nicht in den Händen der Werbewirtschaft lassen, sondern es müssen Gerichte eingeschaltet werden können."

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Aus: "Sexistische Werbung: Nackte Haut für den Profit" (Frontal 21 vom 11. August 2020)
Quelle: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/sexistische-werbung-100.html

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Quote[...] Die Moral hat es dieser Tage nicht leicht. Sie ist zum Ismus verkommen und damit zum Schimpfwort. Ganz neu ist die Debatte nicht, doch im Zuge der Migrationshysterie wurde aus dem augenzwinkernden ,,Moralin" der spaßbefreite ,,Moralismus". Die rechte Publizistik hyperventiliert sogar von einer ,,Moralismus-Diktatur" – und rückt so Moral sprachlich in die Nähe von NS-Regime oder DDR. Aber Moral, war das nicht eigentlich mal was Gutes?

,,Moral ist im Prinzip erst mal etwas Gutes. Also Moral brauchen wir ja auch, um den Gang der Gesellschaft irgendwie zu ordnen. Aber sobald Moral sich selbstständig macht, dann wird es eben schnell zum Moralisieren."

Die finnisch-deutsche Schriftstellerin Beile Ratut sprach sich deshalb im Deutschlandfunk für einen kritischen Blick auf moralische Belehrungen aus. Der Philosoph Alexander Grau diagnostizierte ebenfalls im Deutschlandfunk einen ,,Moralismus mit totalitären Zügen". Der verlangt dann auch nach einem neuen Superlativ, beziehungsweise Hyperlativ: dem Hypermoralismus.

,,Der Hypermoralismus ist ja nicht politisch neutral, sondern wir kennen ihn vor allem eigentlich aus dem linken oder linksliberalen Lager. Er ist der Versuch, die Gesellschaft anhand linker Ordnungsvorstellungen und eines weitestgehend links konnotierten Menschenbildes auszurichten und hat seine Wurzeln in der 68er-Bewegung und in der kulturellen Hegemonie, die in einigen Teilen der Gesellschaft zumindest dieser Linksliberalismus inzwischen erlangt hat."

Die viel gescholtenen ,,alten weißen Männer" scheinen besonders stark unter der vermeintlichen linken Moraldiktatur zu leiden: Broder, Hahne, Tichy und so weiter haben dem Moralismus den Kampf angesagt (Der Vorwurf des ,,links-grünen Moralismus").  ...


Aus: "Moralismus-Debatte: Hype um die Hypermoral" Christian Röther (10.08.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221