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[Spurensuche und innere Abgründe (Ethik?...) ... ]

Started by Textaris(txt*bot), November 13, 2006, 01:47:06 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...]  [ ...  Nicht mehr die Psychiatrie, sondern Kriminalromane und Fernsehfilme widmen sich den Schattenseiten von Gefühlen und Realität. Sie leisten dadurch sozialpolitische Aufklärung, meint die Dresdner Trauma-Therapeutin Astrid von Friesen. Schauen Sie Krimis, weil sich darin Ihre dunklen Leidenschaften spiegeln? ... ]

In den Krimis darf sich das Unbewusste, welches aus den Psychiatrien vertrieben wurde, in voller Blüte zeigen. Weswegen jeder Zuschauer und Leser sich mehrfach in der Woche mit der eigenen gestörten Seele beschäftigt – in der beruhigenden Gewissheit des Märchens, dass Gerechtigkeit wieder hergestellt wird. ...

Die Detektive sind somit als Identifikationsfiguren und als unsere Schutzengel unterwegs, wenn auch phasenweise hilflos, ratlos und verwirrt ob der schrecklichen Lage, ob all dem, was unsere Gesellschaft stört und ängstigt.

Analytikerwissen ist nach 100 Jahren also zum aufgeklärten Alltagswissen geworden, um Motive aller Beteiligten eines Ereignisses zu verstehen. Bezogen auf die politische Ebene lässt sich hinzufügen, dass der ,,Tatort" gehaltvoller, weil emotionaler als vieles Politikergerede den Glauben an die Staatsgewalt aufrechterhält, denn die Mörder werden stets überführt und bestraft.

...


Aus: "PsychoanalyseWenn Krimis in die Abgründe der Seele blicken" Astrid Friesen (14.09.2016)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/psychoanalyse-wenn-krimis-in-die-abgruende-der-seele-blicken.1005.de.html?dram:article_id=365774

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Quote[...] Sind die Motive für [ ] Taten während ihrer Laufbahn gleich geblieben?

Josef Wilfling: Ja. Seit Adam und Eva sind die Gewaltmotive gleich geblieben. Dafür stehen auch die sieben Todsünden. Bei den alten Römern hat es die gleichen Verbrechen auch schon gegeben. Brutalität und Grausamkeit stecken in uns allen und sind nicht zeit- oder ortsgebunden. Sie sind unabhängig von äußeren Einflüssen. Die brutalsten Morde wurden im wohlhabenden München begangen, von einem Polizisten und einem Postboten. Da würden selbst die Leute in Kolumbien, wo jeden Tag ein Mord geschieht, die Hände vor das Gesicht schlagen. Dieses Böse ist zeitlos und trotzdem ist kein Mord wie der andere. Deswegen ist es so wichtig zu sehen, wo die Tat ihren Anfang genommen hat.


Aus: ""Der Mord steckt in uns allen"" Reinhard Jellen 09.06.2012
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37041/1.html

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Quote[...] Die Beschäftigung mit Serienmördern bestimmt seit 30 Jahren ihre Arbeit als Psychiaterin. Über mehr als 80 Killer hat sie geforscht und sie oft über Jahre hinweg interviewt. In ihrem aktuellen Buch "Mein Leben unter Serienmördern" berichtet die Profilerin Helen Morrison von prominenten Fällen. Zwar gilt sie als Koryphäe auf ihrem Gebiet, ihre Thesen aber sind höchst umstritten.

"Serienmörder sind nicht geistig behindert oder geistig zurückgeblieben, und haben keinen überdurchschnittlich ausgeprägten Sexualtrieb", meint Helen Morrison. "All die Mythen, die die Erklärungsversuche über Serienkiller hervorgebracht haben, sind grundsätzlich falsch." Richtig ist: Serienmörder gibt es - obwohl Medienphänomen - nicht erst im 20. Jahrhundert. Sie sind auch keine US-amerikanische Erfindung. Es ist ein internationales Phänomen. Da sind sich alle Experten einig. Oft sind es eher normale unauffällige Menschen.

"Der Serienmörder hat kein wirkliches Motiv", erklärt die Expertin. "Er tötet um des Tötens Willen. Das wird ein ganz automatischer Teil seines Verhaltens. Ich bin immer noch fasziniert von der Tatsache, dass sie funktionieren wie ein menschliches Wesen, aber sie sind keine menschlichen Wesen." Diese Behauptung ist ungeheuerlich. Ist John Wayne Gacy beispielsweise, den Morrison über 14 Jahre lang interviewt hat, eine Bestie in Menschengestalt ohne Motiv? Er ist eine Bestie, die aussah wie ein Clown. Gacy, der rund 30 seiner Opfer unter seinem Haus bei Chicago verscharrte, ist eine "andere Art" von Mensch, so Morrison: emotional nicht entwickelt, ohne jegliche Persönlichkeitsstruktur. "Da ist nichts, was von einem Serienmörder widergespiegelt wird", so die Profilerin, "absolut nichts". Man begebe sich hinein in diese Person und da sei nichts. "Da kommt nichts zurück, das bei einem selbst ankommt. Nichts!"


Aus: "Zum Töten wird man geboren" (3sat.de; 27.10.2006)
Quelle: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/lesezeit/99598/index.html

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Quote[...] Schlagzeilen gaukeln uns vor: Mit uns, den "normalen" Menschen, hat das alles nichts zu tun. Doch stimmt das auch? Psychisch abnorme Täter sind die absolute Ausnahme. Dorothee Frank weiß das heute. Die preisgekrönte Autorin hat ein Sachbuch über das Töten verfasst: "Menschen töten". Zig Täter hat sie interviewt - Angst eingeflößt haben ihr jedoch nicht die, sondern die Erkenntnis: Fast alle könnten wir in die Situation geraten, die uns anfällig macht, zu töten.

[...] "Als ich mich näher darauf eingelassen habe, die Motive, die Beweggründe nachzuvollziehen, war es erschreckend", bekennt sie. Denn man entdecke "emotionale Prozesse bei diesen Menschen, von denen sie erzählen, die man von sich selbst kennt". Bei der Vorstellung gewisser Lebenssituationen habe sie sich auch dabei ertappt, dass da hin und wieder "ein kleiner verkappter Tötungswunsch" sei, bekennt die Autorin. Was die Täter von uns unterscheidet, ist: Sie haben es getan.

[...] Die monströsen Taten von Sexualmördern wie Marc Dutroux sind einfach die "bessere Story". Tatsächlich sind 70 Prozent aller Tötungsdelikte im deutschsprachigen Europa auf ganz normale zwischenmenschliche Konflikte unter Alkoholeinfluss zurückzuführen. Es sei ganz wichtig, so Dorothee Frank, dass man immer weiß: "Man kann über das Töten sprechen, man kann darüber schreiben, sich damit wissenschaftlich auseinandersetzen - aber es gibt immer einen letzten unaussprechlichen Kern." Unsagbar, unvorhersehbar, was Menschen letztendlich zu Tätern macht - auch uns selbst.


Aus: "Die Bestie ist in uns" (3sat.de; 04.07.2006)
Quelle: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/lesezeit/93552/index.html

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Quote[...] Es ist ein bedrückender Befund, dass unbescholtene Bürger zu Verbrechern werden können. Denn die Taten - gerade in der Zeit des Nationalsozialismus - waren so anormal, dass bis heute die Frage bleibt, wie das alles geschehen konnte. Dem geht Harald Welzer in seinem Buch "Täter" nach - es untersucht die Sozialpsychologie des Massenmords. Für alle Täter, so Welzer, existiert der Wunsch als moralisch handelnde Person angesehen zu werden. Ihnen geht es darum, die mörderische Aufgabe von der eigenen Moral zu trennen: "Es war eben Krieg" oder "Es war ein Befehl".

Töten von Menschen war im Dritten Reich akzeptiert, die Täter handelten in Übereinstimmung mit wissenschaftlicher Lehrmeinung, militärischer Pflichtauffassung und Ehrenkodex. Ein Mechanismus auf dem Weg zum Völkermord ist das Ausgrenzen von Personengruppen. Im sozialen Gefüge muss nur eine einzige Koordinate - die der sozialen Zugehörigkeit - verschoben werden, um das Ganze zu verändern.

Die Massenmorde in Vietnam, Ruanda und Ex-Jugoslawien sind auch ethnisch begründet. 1968 töten amerikanische Soldaten in My Lai nicht nur 504 wehrlose, unbewaffnete Vietnamesen, sondern schlachten zudem deren Vieh und brennen die Häuser nieder. Es gibt weder Befehl noch Grund all diese Menschen zu ermorden, von ihnen geht keine Gefahr aus. Zwischen April und Juni 1994 wurden in Ruanda bis zu 800.000 Menschen umgebracht. Es war ein geplanter, administrativ organisierter und höchst effizienter Massenmord mit zuvor angelegten Opfer-Listen und systematischer Bewaffnung der Bevölkerung. Die Tötungsarbeit war geregelt, strukturiert, wie eine x-beliebige Arbeit.

Srebenica 1995: Der Massenmord der Serben an rund 7000 Muslimen mitten in Europa zeigt, welche Bereitschaft selbst in modernen Gesellschaften besteht, sich für das Töten zu entscheiden. Die ausgeübte Gewalt übernimmt für die Täter strukturierende Funktionen. Sie schafft Ordnung. Alles ist möglich, und es gibt keine Grenze für menschliches Handeln, so Harald Welzers Fazit. Es gibt keinen Massenmord, der nicht seine Täter fände.


Aus: "Die Trennung von Mord und Moral" (3sat.de; 01.09.2005)
Quelle: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/lesezeit/82894/index.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Zwei der ungebetenen Gäste standen Schmiere, der Dritte nahm sich den Zellenbewohner vor und vergewaltigte ihn. Die Szene wiederholte sich - an drei verschiedenen Tagen. Erst dann traute sich das eingeschüchterte Opfer einer Beamtin zu melden, was ihm da angetan worden war. Ähnliches geschah vor wenigen Tagen in der Düsseldorfer Justizvollzugsanstalt. Ein junger Straftäter missbrauchte dort seinen 19-jährigen Zellennachbarn. Im Klever Gefängnis wurde kürzlich erst eine Aufseherin mit dem Messer bedroht und stundenlang als Geisel festgehalten. Zwei Jugendliche schlugen vor noch gar nicht langer Zeit im Knast von Hövelhof einen Aufseher nieder. Während sich in der Haftanstalt von Werl vor einer Woche ein Häftling umbrachte - der zwölfte Selbstmord seit Anfang des Jahres in einem nordrhein-westfälischen Gefängnis.

Alltag hinter Gittern. Klaus Jünschke kennt viele solcher schlimmen Geschichten. Seit 13 Jahren leitet der gelernte Pädagoge und Sozialwissenschaftler eine Gesprächsgruppe mit jugendlichen Häftlingen in der Justizvollzugsanstalt Köln Ossendorf. Der Mord an einem 20-Jährigen im Siegburger Gefängnis, den drei Mithäftlinge zwölf Stunden unbemerkt vom Personal misshandelten und anschließend töteten, hat ihn nicht überrascht. "Für alle, die mit wachen Augen beobachten, was im Strafvollzug läuft, lag eine solche Tat sozusagen in der Luft." Denn Vergewaltigungen, schwerste Schlägereien, Abzockerei, dies alles gehört zum Haftalltag.

Jünschke weiß aus eigener Erfahrung wie es hinter Gittern zugeht. 1977 war der damalige RAF-Terrorist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. 1988 wurde er begnadigt, nachdem er sich eindeutig vom Terrorismus losgesagt hatte. Seitdem kümmert er sich um junge Menschen im Gefängnis, gibt demnächst ein Buch heraus über "Gespräche mit Jugendlichen in Haft", bereitet eine Ausstellung über den Zellenalltag vor.

Kopfschüttelnd bekommt er mit, wie sich seit dem Mord in der Justizvollzugsanstalt Siegburg plötzlich alle Welt dafür interessiert, wie es hinter Gittern zugeht. Dabei warnen Leute wie er schon seit langem davor, dass "der Alltag im Knast immer rauer wird. Die Jugendlichen bleiben sich mehr und mehr selbst überlassen." So seien weder ausreichend Arbeitsplätze für sie vorhanden noch ausreichend schulische Angebote, kritisiert Jünschke. "Gefängnisbedienstete beklagen, dass die Zahl der Eltern sinkt, die ihre inhaftierten Kinder überhaupt noch besuchen." Und der hinreichend bekannte Personalnotstand ist für Jünschke nur die eine Seite der Medaille: "Worüber nicht geredet wird, ist die Qualität des Personals."

[...] Von den 7000 jungen Menschen, die derzeit bundesweit in Jugendstrafanstalten einsitzen, sind allein 95 Prozent junge Männer. "Das heißt, Kriminalität ist ein Männerphänomen. Es gibt aber so gut wie keine jungenorientierte Pädagogik hinter Gefängnismauern, die sich mit den Männlichkeitsentwürfen und den Männlichkeitsbildern dieser Jugendlichen befasst", sagt Jünschke. Stattdessen werden die Jugendlichen, wie in Siegburg, in Haftanstalten verwahrt, die noch im Kaiserreich erbaut wurden. 1886 war Siegburg als königlich preußische Strafanstalt errichtet worden. Derzeit sind dort 649 Haftplätze vorgesehen, die allerdings mit 715 Häftlingen überbelegt sind.

[...] In Siegburg war es darüber hinaus, wie vielerorts, zu eng geworden. Um alle unterzubringen, waren die dort inhaftierten 187 Jugendlichen zu viert auf gerade mal 20 Quadratmeter großen Zellen untergebracht. Das hat sich nach dem Mord geändert. Nun dürfen die winzigen Zellen nur noch mit höchstens zwei Gefangenen belegt werden.

[...] "In Siegburg", so erzählte er Klaus Jünschke, "stehen im Hof in der einen Ecke die Russen, in der anderen die Araber, dort die Afrikaner, drüben die Türken und da hinten verdrücken sich ein paar Deutsche". Rassismus und Sexismus, das erlebt Jünschke tagtäglich, nimmt in den Haftanstalten zu. Die Schwelle zur Gewalt sinkt.


Aus: "Foltertod in der JVA Siegburg - "Etwas läuft grundsätzlich schief"" VON INGRID MÜLLER-MÜNCH (fr-aktuell.de; 21.11.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/hintergrund/?em_cnt=1013440


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Quote[...] Was aber passierte in Siegburg? Zunächst berichtete die Anstaltsleitung von einem Selbstmord. Dann hieß es, der Gefangene sei von den drei Mitgefangenen in der Nacht zum vergangenen Sonntag sexuell missbraucht und zum Selbstmord getrieben worden. Dann fand die Staatsanwalt Hinweise darauf, dass die 17-, 18- und 20-jährigen Mithäftlinge des Opfers am Samstag beschlossen hatten, ihren Zellennachbarn zu töten.

In der Tatnacht haben sie ihn dann offenbar geschlagen, getreten, gezwungen, Urin zu trinken, schließlich dreimal versucht, ihn aufzuhängen, wobei der Kabelstrick jeweils gerissen sein soll, ihn mit Bettlakenstreifen stranguliert, zwischendurch den Strang vor seinem Tod nochmals gelöst und ihn durch erneutes Schlagen wieder zum Bewusstsein gebracht. Man habe "mal einen Menschen sterben sehen wollen", soll einer der Täter gesagt haben. Dem Opfer sei es einmal gelungen, durch den Rufknopf die Aufsicht zu alarmieren. Diese aber ließ sich von den Tätern mit der Erklärung beruhigen, es handele sich um ein Versehen. Später, nachdem sich andere Gefangene wegen des Lärms beschwert hatten, wurde ein Bediensteter noch innerhalb der Zelle hinters Licht geführt.


Aus: "Subkultur hinter Gittern" Eine Analyse des Rechtswissenschaftlers Arthur Kreuzer (ZEIT online  17.11.2006)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2006/47/Haeftlingsmord-Kommentar?page=1

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Quote[...] Die drei mutmasslichen Täter, Mithäftlinge aus einer Gemeinschaftszelle im Alter von 17, 19 und 20 Jahren, haben den Angaben zufolge «weitgehende Geständnisse» abgelegt. Zum Motiv habe einer der Beschuldigten gesagt, sie hätten «einen Menschen sterben sehen» wollen.

[...] Während dieser Quälerei gelang es dem Opfer ein Mal, einen Rufknopf in der Zelle zu drücken und das Aufsichtspersonal zu alarmieren. Die Täter beteuerten aber über eine Sprechanlage, dass sie den Schalter nur versehentlich berührt hätten. Später wurde die Zelle dann sogar von einem Aufseher betreten, nachdem sich andere Häftlinge über Lärm beschwert hatten. Der Beamte habe aber keinen Verdacht geschöpft, sagte der ermittelnde Staatsanwalt Robin Faßbender. Der 20-Jährige lag im Bett und «war wohl schon derart misshandelt, dass er nicht mehr zu irgendwelchen rationalen Handlungen fähig war». Das Opfer verbüsste eine Jugendstrafe von sechs Monaten wegen Diebstahls mit Waffen.


Aus: "Zum Selbstmord gezwungen" (16.11.2006)
Quelle: http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/14301100

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Quote[...] Was genau zu diesem Gewaltexzess führte ist noch unklar. Sicher ist: Auch diese Justizvollzugsanstalt (JVA) ist überbelegt. 372 Häftlinge sind hier inhaftiert, 288 sollten es höchstens sein. Die Betreuungssituation ist gerade am Wochenende schlecht. "Das macht auch teilweise aggressiv, weil wenn man gar nichts hat, man weiß nicht, was man mit sich anfangen soll, man hat nichts, was man verlieren kann", erzählt Häftling Sven.


Hinter den Gittern vieler Jugendgefängnisse in Deutschland entsteht so aus Langeweile Frust und schließlich Gewalt. Seit Jahren platzt der Jugendstrafvollzug aus allen Nähten. Für viele Häftlinge bedeutet das: Verwahrvollzug, endlose Stunden absitzen, sinnlos, sich selbst überlassen. Zudem mangelt es im Jugendstrafvollzug an qualifiziertem Personal und an Resozialisierungsmaßnahmen für die jungen Straftäter.


Die Folge: Wenn die Jugendlichen wieder in die Freiheit entlassen werden, sind sie ohne Ausbildung, ohne Chancen, werden leicht rückfällig. Das bestätigt der Kriminologe Christian Pfeiffer, der in einer Langzeitstudie zu alarmierenden Ergebnissen kommt. "Für den geschlossenen Jugendstrafvollzug wissen wir, dass die Rückfallquote nach vier Jahren bereits über 80 Prozent liegt, dass zwei Drittel wieder in Haft geraten - nicht gerade ein Ruhmesblatt für die Anstalten", so Pfeiffer.


Dabei forderte das Bundesverfassungsgericht bereits vor einem Jahr eine Reform des Jugendstrafvollzugs. "Ausreichende Bildung und Ausbildung, soziales Lernen in der Gemeinschaft, Schutz der Inhaftierten vor Gewalt, pädagogische und therapeutische Betreuung sowie Entlassungsvorbereitung" sollen gesichert sein. Dazu müssen die Länder bis Ende 2007 Gesetze vorlegen.

Jasper von Schlieffen, Geschäftsführer der Strafverteidigervereinigungen, traut den Ländern allerdings nicht zu, die geforderte Neugestaltung des desolaten Jugendstrafvollzugs zu meistern. Es mangelt an Reformwillen und zunächst auch an Geld: "Aus Sicht der Strafverteidigervereinigung ist durch die aktuelle Lage eine Art Wettbewerb der Schäbigkeit in Gang gesetzt worden. In sechzehn Länderministerien wird parallel an Gesetzentwürfen gearbeitet. Und unsere Befürchtung ist, dass sich diese Entwürfe gegenseitig an rechtsstaatlichen Standards unterbieten."

Aus: "Knast macht krimineller: Versagen im Jugendstrafvollzug" von Gesine Enwaldt und Kersten Schüßler (04.06.2007)
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/2/0,1872,5547074,00.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Richards will vor allem Erkenntnisse aus ihrer früheren Arbeit nutzen: Sie hat sich mit häuslicher Gewalt beschäftigt. "Menschen wachen nicht einfach auf und werden zum Verbrecher", sagt sie. Es gebe eine Vorgeschichte, in der sehr häufig Gewalt gegen Ehepartner oder nahestehende Personen vorkomme. Die Psychologin will solche Kriterien sammeln und daraus ein Profil der besonders gefährlichen potentiellen Täter erstellen.

Die Leiterin der Mord-Präventions-Abteilung der Londoner Polizei ist nicht die einzige, welche die Menschheit vor schweren Straftaten bewahren will - ähnlich wie in Stephen Spielbergs Film "Minority Report". Richard Berk, Kriminologe an der University of Pennsylvania, hat sogar eine Statistik-Software geschrieben, die auf Knopfdruck die Namen jener Menschen ausspucken soll, die bald einen Mord begehen könnten.

Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass eine solche Software mit einer um den Faktor 40 verbesserten Genauigkeit künftige Morde vorhersagen könne als herkömmliche Methoden, behauptet Berk laut dem "Philadelphia Inquirer". Das Risiko zum Mörder zu werden, sinke mit zunehmendem Alter - besonders bei Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Der Abfall verlaufe nicht stetig, es gebe vielmehr ab einem bestimmten Punkt einen starken Rückgang des Risikos. Berk stützt seine Thesen auf Analysen einer Datenbank von Personen aus Philadelphia, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden waren. 30 bis 40 Kriterien würden pro Betroffenen erfasst - als Ergebnis liefere die Software eine Abschätzung für die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Mordes.

Unter Deutschlands Kriminologen stoßen die Konzepte von Richards und Berks auf Skepsis. "Die Idee, gefährliche Täter schon zu entdecken, bevor sie zum Täter werden, ist ebenso alt wie verlockend", sagt Hans-Jürgen Kerner, "manche würden auch sagen: fragwürdig".

[...] "Bei Sexualmördern gab es in der Regel eine Verquickung von Sexualität und Gewalt, die als Kind oder Jugendlicher nicht verarbeitet werden konnte", sagt Robertz. Häufig beobachte man auch Tierquälerei, die mangels funktionsfähiger sozialer Kontakte aber nicht thematisiert werde. "Schließlich werden die dunklen Fantasien immer mächtiger und es kann zur Straftat kommen."

[...] Datenbanken, wie sie die Londoner Psychologin Richards aufbauen will, existieren laut Robertz im Prinzip schon. In den USA gebe es eine namens sie VICAP, in Europa VICLASS. Diese Datenbanken hätten genau den Zweck, Informationen über auffällig gewordene Straftäter zu sammeln. In den deutsche Bundesländern und beim Bundeskriminalamt gebe es zudem OFA (steht für Operative Fall-Analyse) - ein System, das Einflüsse des amerikanischen Profilings übernommen und mit stärker wissenschaftlichen Elementen verknüpft habe.

Die Frage ist, was man mit den Informationen aus solchen Datenbanken macht. Man könnte die besonders gefährlichen Menschen einsperren, bevor sie zur Tat schreiten, wie es Richards offenbar in London vorhat. Aber wen genau will man präventiv wegschließen? Die ersten zehn der Liste oder die Top 100? Und für wie lange? Und vor allem: Mit welcher rechtlichen Grundlage?

Robertz sagt, man könne im Vorhinein aktiv werden, etwa indem man solchen Personen sagt: "Hallo, wir haben dich im Blick". Weitere rechtstaatliche Möglichkeiten gebe es aber kaum. "Man kann schon aus rechtsstaatlichen Gründen niemanden festnehmen, der noch keine Straftat begangen hat", betont der Berliner Kriminologe.

Auch beim Bundeskriminalamt (BKA) hält man eine Top-100-Liste der potentiellen Straftäter für keine gute Idee. "Es gab auch in Deutschland Überlegungen in dieser Richtung", berichtet BKA-Sprecher Dietmar Müller im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Es ging um eine Hitliste für Sexualstraftäter. Dies ist jedoch verworfen worden, in erster Linie aus Datenschutzgründen."

Derartige Bedenken spielen in den USA, wo Adressen verurteilter Sexualstraftäter im Internet veröffentlicht werden, nur eine untergeordnete Rolle. Dem Software-Entwickler Berk geht es vor allem um die Frage, wie viele durch solche Präventiv-Maßnahmen fälschlich beschuldigt würden. Unter hundert zur Bewährungsstrafen Verurteilten gebe es statistisch gesehen einen künftigen Mörder. "Angenommen, ich könnte die zehn mit dem höchsten Risiko identifizieren". Wenn darunter tatsächlich der Mörder sei, dann hätte man neun zu Unrecht verdächtigt. Damit könne man womöglich leben - meint Berk. Juristen dürften das anders sehen.


Aus: "PROFILING AUFGEBOHRT: Kriminologen wollen Morde vorhersagen" Von Holger Dambeck (05. Dezember 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,452288,00.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Kröber, der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie an der Berliner Charité, zeichnete in seinem Gutachten das Bild eines hochintelligenten und durchaus zu differenzierten Gefühlen fähigen Mannes, der sich aber im Lauf seiner Biographie immer mehr in eine von anderen Menschen weitgehend isolierte, nur noch von seinen eigenen Werten bestimmte Welt zurückgezogen habe. In seinen Beziehungen zu Frauen habe es wiederholt impulsive Gewaltausbrüche und zuletzt auch ein zwanghaftes Bedürfnis nach absoluter Kontrolle gegeben.

Andererseits hätten frühere Partnerinnen Mario M. auch als zugewandt, liebevoll und fürsorglich geschildert, sagte Kröber. Aus einer dieser Partnerschaften ging auch eine heute elfjährige Tochter hervor. Seine letzte Partnerin hatte sich von ihm getrennt, nachdem M. im Juni 1999 ein 14-jähriges Mädchen vergewaltigt hatte.

Während der für diese Tat verhängten Haftstrafe sei in ihm die Vorstellung entstanden, sich eine Partnerin zu beschaffen, die ihm bedingungslos und widerstandslos zur Verfügung stehe und die er ganz nach seinen eigenen Vorstellungen formen und erziehen könne.

Macht und Unterdrückung

Es sei ein "Konzept von Liebe, das Verlust und Enttäuschung ausschließen sollte", erläuterte der Sachverständige.

Mario M. sei sich zwar darüber im Klaren gewesen, dass die sexuellen Missbrauchshandlungen schlimm für das Mädchen gewesen seien, er habe aber die Vorstellung gehabt, Stephanie werde im Laufe der Zeit ihren Widerstand aufgeben und anfangen, ihn zu lieben.

Dass es ihm bei der Umsetzung dieses "Projekts" in Wahrheit um Macht, Unterdrückung und "Sex ohne Limitierung" gegangen sei, habe M. vor sich selbst nicht eingestanden. Er habe zwar sein Bedauern über seine Tat ausgedrückt, tatsächlich halte er aber seine Handlungsweise nach wie vor subjektiv für gerechtfertigt, weil er selbst oft ungerecht behandelt worden sei.


Aus: "Stephanie-Prozess - Ein "Konzept von Liebe"" - Das psychiatrische Gutachten attestiert Mario M. "schwere seelische Abartigkeit". Damit kann er lebenslang in Sicherungsverwahrung eingesperrt werden | Von Hans Holzhaider " (SZ vom 7.12.2006)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,kulm3/panorama/artikel/952/93859/

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Quote[...] Die entführte und wochenlang mißbrauchte Schülerin Stephanie hat nach Aussage der Psychologin Angelika Schrot Todesängste durchgemacht und ist schwer traumatisiert. Nach dem was passiert sei, habe das Mädchen große Angst, sagte die Psychologin am Mittwoch im Dresdner Landgericht. Auch die Eltern seien schwer traumatisiert und würden wie Stephanie psychologisch betreut.

Die sexuellen Handlungen seien für das Mädchen ganz entsetzlich gewesen. ,,Sie ist gefoltert worden - körperlich und psychisch", sagte die Traumaexpertin. Stephanie sei derzeit den Umständen entsprechend aber stabil, erklärte die Psychologin. Sie habe eine große Selbstdisziplin, gehe zur Schule und versuche, den Alltag zu bewältigen.

[...] Stephanie habe immer dann, wenn der Täter seine Wohnung verließ, in die Holzkiste steigen müssen. Sie sei in eine Decke eingehüllt gewesen. Er habe sie geknebelt und ihr ein Band über den Mund geklebt und die Holzkiste mit Schrauben verschlossen, so daß Stephanie sich nicht daraus habe befreien können. Die Kiste wurde vor Gericht als Beweismittel präsentiert.

Nach Angaben der Kommissarin wurde bei der Durchsuchung der Wohnung des vorbestraften Kinderschänders auch eine weiße Tasche mit einem großen Loch gefunden, aus der heraus offensichtlich versteckte Videoaufnahmen gemacht wurden. Die Tasche sollte wohl auch zur unauffälligen Beobachtung dienen, berichtete die Zeugin, denn darin sei ein Fernglas entdeckt worden.


Aus: "Stephanie-Prozeß: ,,Sie ist gefoltert worden - körperlich und psychisch"" (Text: FAZ.NET; Reuters, dpa, AP; 29.11.2006)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub21DD40806F8345FAA42A456821D3EDFF/Doc~EB930D97D78704FC5BC935A9DCB9530FE~ATpl~Ecommon~Scontent.html


Textaris(txt*bot)

#4
Quote[...] Freunde und Angehörige der Opfer haben oft darüber geklagt, dass die Polizei nicht energisch genug auf die ersten Vermisstenmeldungen reagiert habe - vielleicht, weil es sich um Prostituierte handelte.

Dass die Kritik der Angehörigen nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, kann aus dem Bericht eines Ausschusses des Stadtrats von Vancouver vom November 2002 herausgelesen werden: "Es bedurfte der Beharrlichkeit der Angehörigen dieser Frauen, um die Öffentlichkeit auf die verschwindenden Frauen aufmerksam zu machen. Es bedurfte ihrer Entschlossenheit, dass die Polizei ihnen zuhörte." Die Polizei behandelte die Vermisstenanzeigen lange als Einzelfälle. Erst Ende der 90er-Jahre wurden die Ermittlungen intensiviert und nach einem Serienmörder gesucht. Im Frühjahr 2002 wurde mit Baggern und Planierraupen das Erdreich der vier Hektar großen Farm bis zu zwei Meter Tiefe abgetragen und auf Fließbänder gekippt. Polizisten und Gerichtsmediziner durchwühlten, unterstützt von Studenten der Medizin und Archäologie, die Erde. Immer wieder stießen sie auf menschliche Überreste oder Gegenstände, die einem Opfer gehört haben könnten. Die Liste der Opfer wurde immer länger. Bis Mai 2005 wurde gegen Pickton Mordanklage in 26 Fällen erhoben. In einem Gerichtstermin vor einem Jahr plädierte der jetzt 57-jährige Farmer auf "nicht schuldig".

Die Gesichter der Opfer

Die Künstlerin Zoe Pawlak hat Porträts der getöteten Frauen gemalt. Sie sind jetzt in einer Ausstellung in der Interurban Art Gallery in Downtown Eastside zu sehen. Pawlak wendet sich dagegen, dass man nur den Horror wahrnimmt. Sie möchte den 26 Frauen die Würde geben, die ihnen in ihrem Leben oft verweigert wurde. "Porträtmalerei war immer ein Akt des Erinnern und des Ehrens", sagt die 25-Jährige. Die Porträts sollen die Frauen dort ehren, wo sie lebten - in den Straßen von Downtown Eastside.


Aus: "Die Leichen von der Schweinefarm" Gerd Braune (Berliner Zeitung, 22.01.2007)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/vermischtes/622410.html

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Quote[...] Fakt ist, dass mehr als 60 Frauen, meist Prostituierte, seit den neunziger Jahren aus dem Rotlichtviertel von Vancouver verschwunden sind, dass bisher DNA-Analysen auf 33 der vermissten Frauen hinweisen und dass alle Proben vom Grundstück des Schweinezüchters stammen. In 26 Fällen glaubt die Anklage, Pickton Mord nachweisen zu können. Aufgeteilt wurde das Verfahren, weil der Richter befürchtet, dass die Geschworenen nicht mehr als die grausamen Einzelheiten der ersten sechs Fälle verkraften.

Magie de Vries, die Schwester eines der Opfer, sagt: "Die Namen zu hören, geht über alles hinaus, was mein Kopf verkraftet. Ich kann es nicht ertragen."

[...] Der Täter soll die Frauen zerhäckselt und teils verfüttert haben. Noch gibt es für alles, was über die Anfangsermittlungen auf dem sechs Hektar großen Gelände hinaus geht, eine Nachrichtensperre. Die Details werden erst im Gerichtssaal präsentiert. Sie auszuhalten, dürfte die größte Herausforderung für das Gericht werden.


Aus: "Mutmaßlicher Frauenmörder vor Gericht: Kanadisches Gericht verhandelt grausige Mordserie" Von Rainer Sütfeld, ARD-Hörfunkstudio New York (22.01.2007)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6324986_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html

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Quote[...] Seit 1978 verschwanden Huren zu Dutzenden vom Straßenstrich in der Downtown Eastside, dem verwahrlosten Rotlicht- und Drogenviertel Vancouvers. Und doch brauchte es den Protest der Medien und Familienangehörigen, bis die Polizei endlich einen Serienmörder in Betracht zog.

Dies, obwohl schon lange unheimliche Gerüchte über Picktons Schweinefarm und seinen Partyschuppen "Piggy's Palace" (Schweinchenpalast) in Port Coquitlam, 45 Autominuten von Vancouver entfernt, die Runde machten.

Pickton war bereits 1997 des versuchten Mordes an einer Prostituierten beschuldigt worden, nachdem er sie mutmaßlich in Handschellen legen wollte und auf sie einstach. Die Anklage wurde fallengelassen, weil die Zeugin, die sich vor Pickton retten konnte, von der Polizei als unzuverlässig eingestuft wurde.

Als Marnie Frey im selben Jahr nicht wie üblich abends ihre Mutter anrief, wollte die Polizei lange nicht an ein Verbrechen glauben. Erst im Februar 2002 wurde Robert Pickton verhaftet. Die Polizei hatte illegale Schusswaffen auf seiner Farm gefunden, und die Beamten fuhren fort, die Gebäude und das Gelände zu durchsuchen.

Was sie dort genau entdeckten, darf von den Medien nicht veröffentlicht werden, weil der Richter, der um einen fairen Prozess fürchtet, ein Publikationsverbot verhängt hat. In den folgenden Monaten gruben mehr als hundert Spezialisten die Erde auf der Farm bis zum letzten Krümel um.


[...] Im März 2004 warnten die Behörden in Vancouver vor dem Verzehr von Schweinefleisch von Picktons Farm, da es mit menschlichen Überresten kontaminiert sein könnte. Offenbar hat er die Leichen den Schweinen zum Fraß vorgeworfen. Pickton hatte viele Schweine geschlachtet und deren Fleisch an Bekannte und andere Abnehmer weitergegeben, möglicherweise lagert es noch heute in einigen Gefriertruhen.

Nach Polizeiangaben wurden DNS-Spuren und Überreste von 26 Opfern auf der Schweinefarm gefunden. Auf der Vermisstenliste der Polizei von Vancouver stehen allerdings insgesamt 68 Frauen [...]

Robert Pickton hatte bei den Vorverhandlungen in einem schusssicheren Glaskäfig gesessen, er hatte mit wässrigen Augen in die Ferne gestarrt, ohne Augenkontakt mit den Menschen im Gerichtssaal aufzunehmen. Manchmal hatte er den Kopf geschüttelt oder gelächelt.


Aus: "Das dunkle Geheimnis von Piggy's Palace" (SZ vom 22. Januar 2007)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/923/98825/1/

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Quote[...]  Gina Houston, eine langjährige Freundin, beschrieb den Schweinefarmer als "netten, fürsorglichen Mann", der gerne Frauen hilft. "Er gab Prostituierten lieber etwas Geld, als sie arbeiten zu sehen." Und Bill Hiscox, ein Alkoholiker, der in den Neunzigerjahren auf der Farm arbeitete, nannte Pickton einen "ziemlich ruhigen Kerl, mit dem man nur schwer ein Gespräch anfangen kann".

Auch sei er öfter in einem umgebauten Bus mit getönten Scheiben durch die Gegend gefahren. Es war Hiscox, der 1998 gegenüber der Polizei die Verbindung zwischen vermissten Prostituierten in der Eastside und der Pickton-Farm herstellte. Er erzählte den Polizisten auch von den Damenhandtaschen in Picktons Wohnwagen und dessen "dauernden Besuchen in der Eastside, wo er Frauen aufgabelte".

Die Fahnder reagierten. Dreimal wurde Picktons Bauernhof durchsucht, ohne Ergebnis. Trotzdem galten er und sein Bruder von nun an als "persons of interest", ein juristisch weicher Ausdruck für Verdächtige. Doch überwacht wurden sie nicht. Währenddessen wurde die Liste der vermissten Frauen länger.

Dass Pickton gewalttätig war und auch Prostituierte angriff, war zu dieser Zeit bereits aktenkundig. Im April 1997 nahm er die Prostituierte Wendy Lyn Eistetter mit auf seine Farm. Im Streit verletzte er die Frau mit einem Küchenmesser. Sie konnte sich vom Gelände retten und Anzeige erstatten. Die Klage wurde im Januar 1998 wieder fallen gelassen, weil sie nicht gegen ihn aussagen wollte.

Fünf Monate nach dem geplatzten Verfahren wegen Wendy Lyn Eistetter erhielten die Ermittler den Hinweis einer anderen Prostituierten, in einem Wohnwagen Picktons lägen Tüten voll blutiger Wäsche und die Pässe von Frauen. Wieder gab es eine Durchsuchung, wieder ohne Erfolg. Den Bauernhof fanden die Ermittler verwahrlost vor, übersät mit Müll und Schrottautos. Über dem von Stacheldraht umrahmten Eingang baumelte eine Tafel, die Eindringlinge vor dem Angriff eines HIV-infizierten Pitbulls warnte.

[...]  Jamie Lee Hamilton, ein Transsexueller, der zuvor als Prostituierte in der Eastside gearbeitet hatte und jetzt ein Frauenhaus leitete, gab eine viel beachtete Pressekonferenz, in der er auf die rasant gewachsene Zahl verschwundener Frauen aufmerksam machte.

Doch erst als die "Vancouver Sun" - eine der beiden großen Tageszeitungen der Stadt - im September 2001 eine Serie über die vermissten Frauen startete, wurde der öffentliche Druck groß genug: Die Fahnder rückten Robert Pickton erneut auf den Leib.

Im Februar 2002 schließlich wurde er verhaftet. Im Juni des Jahres begannen die Ermittler der Bundespolizei mit 80 Experten und Spürhunden sowie Dutzenden von Archäologiestudenten, die auf menschliche Knochen spezialisiert waren, die Farm umzugraben.

Auf einem Fließband wurden die Funde sortiert: Knochenteile, Wimpern, Zähne, Hautfetzen, Fingernägel und Schädelstücke. Nicht eine Leiche soll vollständig gewesen sein. Kanadas Bundespolizei benötigte über ein Jahr, um den sechs Hektar großen Bauernhof von Robert Pickton zu durchkämmen.

Dass es auf Picktons Farm nicht ganz normal zuging, haben Anwohner und Mädchen aus der Eastside schon lange erzählt. Pickton und sein Bruder David feierten wilde Partys in einer Scheune, die sie "Piggy Palace" nannten.

[...] Vor acht Jahren inspizierte der Feuerwehrchef von Port Coquitlam den Piggy-Palast, weil die Brüder Pickton keine Lizenz für Tanzveranstaltungen hatten. Randy Shaw beschrieb die Tanzhalle anschließend als professionellen Vergnügungsort mit industrieller Küche, einer großen Bar, einer Bühne, einem Parkett, einem Sound- und Lichtsystem sowie einer Bestuhlung für mindestens 150 Leute. Und nicht nur Prostituierte tanzten hier. Auch zwei Bürgermeister, zahlreiche Stadträte, lokale Wirtschaftsgrößen und sogar Schüler feierten Bankette, Konzerte und Freizeitveranstaltungen im Piggy-Palast.

Die Tageszeitung "Toronto Star" porträtierte Pickton im März 2004 nach Befragung von Prostituierten, die an seinen ausschweifenden Partys teilgenommen hatten, so: "Er war großzügig, kochte für sie, teilte Drogen aus und gab wilde, nie endende Partys."

[...] In den Kühlschränken, wo Pickton unverkaufte Schweinshaxen aufbewahrte, wurden die Füße, Hände und Köpfe von zwei vermissten Frauen gefunden. Die "Vancouver Sun" berichtete unter Bezugnahme auf forensische Spezialisten, dass einige Opfer auch an die Schweine verfüttert wurden. Den Nachbarn erzählten die Pickton-Brüder, sie sammelten auf den Partys Geld für wohltätige Zwecke.

[...] Von manchen der Opfer wurden nur noch Gewebereste gefunden, gerade genug für einen genetischen Fingerabdruck. Die gigantische Suchaktion kostete 40 Millionen Euro und förderte so grausame Funde zu Tage, dass Journalisten, die im vergangenen Jahr der vorgerichtlichen Beweisprüfung beiwohnten, anschließend psychologisch betreut werden mussten.

[...]  Richter Williams hat die Anklage gegen Robert Pickton zweigeteilt. Er fürchtet, die Geschworenen könnten die vielen erschütternden Details aus allen 26 Anklagepunkten nicht auf einmal verkraften. Daher werden im ersten Verfahren gegen ihn zunächst "nur" sechs Morde verhandelt.

Für die Familien der ermordeten Frauen geht das ganze Leid über den Verlust der Angehörigen damit in eine neue Phase. "Da hat sich ein enormer Stress aufgebaut, Schmerz und Leid", sagt etwa Wayne Leng, die in den Neunzigerjahren die Polizei drängte, endlich die Suche nach der wachsenden Zahl verschwundener Frauen zu forcieren. Wayne Lengs Freundin Sarah de Vries war eine von ihnen.

Ihre DNA wurde auf der Pickton-Farm gefunden. Ihr Name steht auf der Liste der Anklage für das Verfahren ab Januar. Sarahs Schwester Maggie hat ihre Geschichte in einem Buch aufgeschrieben. "Missing Sarah" gilt als das detaillierteste Porträt über eine Frau in der Eastside.

Rick Frey, der Vater von Marnie Frey, einer der 26 Frauen, die Pickton auf dem Gewissen haben soll, hat sein Trauma nicht in einem Buch verarbeitet. Er weiß nicht, ob er das anstehende Verfahren durchhalten wird. Im vergangenen Jahr ging er zur Anhörung, als das Gericht prüfte, ob die Beweise für eine Anklage gegen Robert Pickton ausreichend sind. "Als der Anwalt aufstand und erzählte, was sie von unserer Tochter gefunden haben, ist meine Frau kollabiert."

Während Angehörige der Opfer neue Albträume fürchten, rüsten sich Hilfsorganisationen in der Eastside für den Ansturm der Fernsehcrews aus aller Welt, wenn das Verfahren beginnt. "Wenn die ersten Details aus dem Gerichtssaal dringen, wird jede Frau hier in der Eastside - egal wie sehr sie von den Vorgängen betroffen ist - traumatisiert werden", sagt Kate Gibson, die das "Women in Need Safe House", eine Betreuungsstation für Frauen, in Vancouver leitet. Ihr Team hat Fakten über den Handel mit Sexsklaven in Vancouver zusammengetragen und auch einige Videofilme produziert. Sie sollen an Journalisten verteilt werden.

Die Absicht hinter der ungewöhnlichen Vorproduktion: Viele Prostituierte in der Eastside haben ihren Familien nichts von ihrer Tätigkeit erzählt und sollen davor bewahrt bleiben, plötzlich in Fernsehberichten über das Pickton-Verfahren aufzutauchen.

Der Schweinchenpalast, so scheint es, wird seine Schatten noch lange auf die Stadt am Pazifik werfen. Und Robert Pickton, der in Kanada keine Todesstrafe fürchten muss, kann außerdem hoffen. Er hatte laut kanadischem Gesetz die Wahl zwischen einer Jury und einem Berufsrichter und hat sich für die Geschworenen entschieden.

Wenn von den zwölf Juroren und ihren zwei Ersatzleuten nur drei von den anstehenden Enthüllungen traumatisiert werden und aufgeben, dann muss Richter Williams ein "mistrial" erklären, ein Scheitern des Verfahrens. Dann muss der gesamte Prozess neu aufgerollt werden.


Aus: "Massenmörder: Prozess gegen den vermutlich schlimmsten Serienkiller aller Zeiten" Von Markus Gärtner (Artikel erschienen am 22.01.2007)
Quelle: http://www.welt.de/data/2007/01/22/1164691.html?s=3

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Quote[...] Die kanadische Polizei hat die Kritik an ihrer Arbeit nicht akzeptiert. Ihre Ressourcen seien begrenzt und das Ausmaß des Falles überwältigend, verteidigten sich die Ermittler. Eine Task Force identifizierte 102 verschwundene Frauen, 62 von ihnen galten im vergangenen Dezember noch als vermisst. Auf dem Hof Picktons wurden zudem DNA-Spuren von drei noch nicht identifizierten Menschen gefunden.

Die Mutter eines Opfers, Lynn Frey, äußerte sich bestürzt, dass sie erst in der vergangenen Woche eine Vorladung als Zeugin erhalten habe. "Pickton wurde 2002 angeklagt. Heute haben wir 2007", sagte ihr Mann Rick dem kanadischen Fernsehen. "Brauchen sie fünf Jahre um zu kapieren, dass wir mögliche Zeugen sind?" Lynn Frey will am Montag im Gericht auf den für die Familien der Opfer reservierten Stühlen Platz nehmen. "Ich will wissen, was Marnie passiert ist", sagte sie. Ihre Tochter verschwand 1997 im Alter von 25 Jahren. "Ich weiß nicht, ob ich es ertragen kann, aber ich will es hören."


Aus: "SENSATIONSPROZESS IN KANADA: Schweinezüchter soll 26 Frauen ermordet haben" Von Jeremy Hainsworth, AP (21. Januar 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,461167,00.html

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#5
Quote[...] Fritzlar (dpa) - Der 29-Jährige aus dem nordhessischen Fritzlar hatte Geldsorgen. Indem er den Tod seines Bekannten verschwieg, konnte er die Rente des Mannes weiter kassieren, teilte die Polizei am Montag mit. Im Ort erzählte er zunächst, der Rentner sei in ein Pflegeheim gekommen. Als sich Nachfragen häuften, sagte er, der Mann sei gestorben und täuschte eine Urnenbeisetzung vor. Weil es für die Beerdigung keine Genehmigung gab und keine Sterbeurkunde vorlag, schaltete die Friedhofsverwaltung die Polizei ein.

Der Landwirt hatte die Bankvollmacht des Rentners und wickelte eigene Geldgeschäfte über ihn ab, da seine eigenen Konten wegen finanzieller Probleme gesperrt waren. Als der Landwirt den Rentner im Februar 2005 leblos auf dem Hof entdeckte, verbarg er die Leiche, um die Rente weiter zu erhalten.

Zunächst schaffte er den Toten in eine Tiefkühltruhe, kündigte die Mietwohnung des Mannes und bestellte das «Essen auf Rädern» für den Rentner ab. Schließlich taute er den Toten nach eigener Aussage auf, zerschnitt den Körper und gab ihn den Schweinen zum Fraß. Die Überbleibsel verbarg er in der Scheune.


Aus: "Rentenbetrug: Landwirt verfüttert toten Bekannten an Schweine" (06.03.2006)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/landwirt-verfuettert-toten-bekannten-an-schweine/690638.html

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Quote[...] Brick Top, der missliebige Mitmenschen schlachten und auf seiner Schweinefarm verfüttern lässt, ist nun hinter Tommy und Turkish her.


Aus: "Snatch – Schweine und Diamanten" (01/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Snatch_%E2%80%93_Schweine_und_Diamanten


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Quote[...] Berlin (ddp). Ein unsichtbares Netz der Triaden, der China-Mafia, überzieht nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden Deutschland. Alles deutet darauf hin, dass die drei Frauen und vier Männer im China-Restaurant «Lin Yue» im niedersächsischen Sittensen lautlos und brutal von Mitgliedern der Triaden hingerichtet worden sind. Die «Machart», dass die Opfer vorher gefesselt wurden, ist ein «eindeutiges Zeichen für die Handschrift der Triaden», war am Dienstag aus Sicherheitskreisen zu erfahren. «Alle äußeren Tatumstände» sprächen dafür, hieß es. Der Besitzer des Restaurants muss sich nach Einschätzung der Fahnder nachhaltig geweigert haben, weiter seinen festgelegten Schutzgeldbetrag an die Triaden zu zahlen.

Ein Besitzer eines chinesischen Restaurants, der auf keinen Fall genannt werden wollte, schilderte das Vorgehen der Triaden in den Tausenden China-Lokalen in Deutschland. Die Mitglieder der Triaden verständigten sich durch einen Fingercode. Die Triaden-Männer kämen in unregelmäßigen Abständen in sein Lokal zum Essen, meist abends. Sie seien gut gekleidet und hätten tadelloses Benehmen. Zunächst seien sie überhaupt nicht als Angehörige der Triaden zu erkennen. Erst bei der Bezahlung werde der Chef verlangt. «Nach einer bestimmten Handbewegung weiß ich, es ist Zahltag», sagte der Restauranteigentümer. Wie das Geld in welcher Höhe übergeben wird, wollte er nicht verraten. «Das wäre mein sicherer Tod.»

«Das Eintreibungsnetz der Triaden ist nicht zu durchdringen», erläuterte ein Experte. «Wir wissen nur, dass sämtliche China-Restaurants abkassiert werden.» Die Triaden, schon im zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt gegründet, erstrecken sich über die ganze Welt. In China gibt es nach Schätzungen etwa 5 000 «Triaden-Brüderschaften». In Europa soll die chinesische Mafia, die wesentlich brutaler als die italienische Mafia agiert, rund 250 000 Mitglieder haben. Sie sollen jährlich 16 Milliarden Dollar mit ihrem kriminellen Vorgehen erwirtschaften.

Einem chinesischen Gastronomen auf der Hamburger Reeperbahn wollten die Triaden einfach die Hand abhacken, weil er nicht zahlen wollte. Die Polizei schätzt, dass so gut wie alle rund 150 chinesischen Restaurantbesitzer in Hamburg Schutzgelder zahlen müssen.

Einige Hauptsitze der Triaden in Europa sind bekannt. Dazu gehört in Großbritannien in Manchester die «Wo»-Gruppe, in den Niederlanden die «Fourteen-K-Bande» und in Paris die «Big Circle». In Deutschland sollen etwa 70 000 chinesische Staatsbürger leben. «Wir haben mit ihnen so gut wie nie Schwierigkeiten. Sie leben eigentlich unauffällig», berichtete ein Polizeiexperte. Die Lokale zahlten offenbar immer pünktlich ihre Schutzgelder. «Das geht im Allgemeinen ohne Aufhebens über die Bühne», sagte der Experte.

Auffällig wurden die Triaden allerdings im Frühjahr 2005. Ihre Schleuser, «Shetous» und «Schlangenköpfe» genannt, schleusten gleich dreimal in kurzen Abständen hintereinander chinesische Landsleute in die Bundesrepublik. Drehscheibe war Bonn. Die Triaden betätigen sich als Menschenschmuggler. Im Raum Bonn konnte die Polizei die eingeschleusten Chinesen befreien. Sie waren in einem erbärmlichen Zustand in Kleinlastern eingepfercht und sollten offensichtlich weiter nach Frankreich und England befördert werden. Die «Shetous» bringen die «Wu Min», die «Namenlosen», die ihr Heil im Ausland als Tellerwäscher, Prostituierte oder Handlanger in Restaurants suchen wollen, von China in alle Welt - gegen ein hohes Honorar.

Die Triaden leiten sich vom Spätlateinischen trias (drei) ab. Modern auf Englisch ausgedrückt: «Triad Society». Es ist die Gesellschaft der «Dreiheit»: Himmel, Erde, Mensch. Mitglieder der Triaden müssen Eide auf absoluten Gehorsam und Verschwiegenheit für Lebenszeit leisten. Rote Gladiolen werden den in Ungnade Gefallenen als Warnung geschickt, «dass ihnen der Tod bevorsteht».


Aus: "Triaden agieren lautlos und brutal" (ddp; Dienstag 6. Februar 2007)
Quelle: http://de.news.yahoo.com/06022007/336/triaden-agieren-lautlos-brutal.html

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Quote[...] Rise of the Triad oder kurz ROTT ist ein Ego-Shooter für den PC, der am 21. Dezember 1994 von der Firma Apogee Software veröffentlicht wurde. Da in dem Spiel exzessive Gewalt vorkommt, wurde es in Deutschland indiziert.

Das Spiel war ursprünglich als Add-on zu Wolfenstein 3D konzipiert (benutzt auch eine ähnliche Engine) und wurde von Apogee Software als Konkurrenzprodukt zu Doom vermarktet. ROTT ist, in der Entwicklungsgeschichte Apogees/3D Realms', auch der direkte Vorgänger von Duke Nukem 3D.

[...]  Story:
Eine militante Sekte namens ,,Triad" will die Weltherrschaft an sich reißen und hat ihr Hauptquartier auf einem Klostergelände. Um den Orden auszuschalten, wird ein Agent eingeschleust, der aber sofort enttarnt und erwartet wird. Dieser muss sich nun in das Herz des Klosters vorkämpfen.

Spieldesign:
ROTT verband altbewährte Elemente des Genres mit neuen Ideen. Maßstäbe setzte vor allem das revolutionäre Waffensystem. Als erster Ego-Shooter ermöglichte es die Aufnahme einer zweiten Handfeuerwaffe. Die Benutzung der Waffen wurde an reale Gegebenheiten angepasst. So konnte die Spielfigur nicht mehr unbegrenzt viele Waffen transportieren.

Auch im Level-Design setzte es neue Maßstäbe, z. B. durch den Einsatz von Glasscheiben und anderer durchsichtig wirkender Objekte. Erstmalig führte der Beschuss auch zu Spuren im Leveldesign, so waren unter anderem Einschusslöcher in den Wänden erkennbar.

Waffen & Effekte:

Die Waffenauswahl in ROTT war, gemessen an den damaligen Ego-Shootern, wesentlich härter und umfangreicher. So gab es Napalm-Flammenwerfer, deren Feuer am Boden entlanglief und vom Gegner nur ein schwarzes Skelett zurückließ, dessen Knochen dann mit einem Xylophonklang zu Boden fielen. Auch gab es hier erstmals automatische Waffen und aus dem Boden kommende Giftgasquellen, denen man nur mit einer Gasmaske entgehen konnte.

Ein ultimatives Extra war die ,,Hand of God", welche nacheinander alle Gegner in einem bestimmten Umkreis durch eine Art Lichtquelle eliminierte.


Aus: "Rise of the Triad" (02/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rise_of_the_Triad


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Quote[...] Nach drei Monaten erst machte die Polizei eine Durchsuchung bei Hausbesitzer Mohinder Singh Pandher, einem häufigen Kunden von Payal. Sie ortete Payals Mobiltelefon - es lag im Haus Pandhers.

Rasch wurde klar, dass dieser - oder sein Angestellter Surender Kohli - nicht nur die Prostituierte ermordet hatte. Plötzlich begann die Polizei auf die vielen Anzeigen über vermisste Kinder aufmerksam zu werden, die sich über zwei Jahre lang angesammelt hatten, und deren Spuren die Polizei nicht ernsthaft verfolgt hatte. Im offenen Abwasserkanal hinter dem Haus wurden die sterblichen Überreste von nicht weniger als 17 Leichen gefunden, meist nur noch Knochen. Im Haus fand sich im Verlauf der letzten Wochen nicht nur pornografisches Material in Überfülle, sondern auch Teile von Körpergliedern und Organen. Kohli bekannte, dass er nicht nur Payal, sondern auch die Kinder erwürgt hatte, nachdem sein Arbeitgeber sie sexuell missbraucht hatte. Er habe sich an den Leichen, bevor er sie zerschnitt - und möglicherweise Teile davon verspeiste -, sexuell befriedigt. Es ist unklar, wie viele Opfer einer oder beide auf dem Gewissen haben - die Zahl neu entdeckter Leichenteile nimmt weiter zu.

Medien und Polizei agierten nun hektisch. Auch die Politiker standen Schlange, um die Opfer zu besuchen, ihnen Schmerzensgeld-Schecks auszustellen und die Regierung der Nachlässigkeit zu bezichtigen. Die Nachrichtenkanäle übten harsche Selbstkritik, um dann auch die Polizei heftig zu kritisieren. Ihr Zustand ist in der Tat problematisch. Die gewöhnlichen Polizeigefreiten sind schlecht bezahlt und können von Wohlhabenden damit leicht mit Schmiergeld zum Schweigen oder Nichtstun gebracht werden.

Polizei-Offiziere widmen sich derweil lieber dem Schutz und den Interessen ihrer politischen Dienstherren, die sie mit Versetzungen und Beförderungen nach Belieben belohnen und strafen können. Ein Beispiel war Subinspektorin Simranjeet Kaur, die ins Dorf des Vaters von Payal gegangen war, um die Leute dort zu überzeugen, dass Payal entlaufen sei und der Vater derweil einen ehrenwerten Mann - Pandher - erpresse. Kaur ist inzwischen aus dem Dienst entlassen worden.

Den Platz an den Schranken vor dem Haus Pandhers füllt inzwischen eine andere, größere Menschenmenge - ebenfalls mit Kinderbildern. Aus ganz Nordindien sind Leute zusammengeströmt, deren Kinder ebenfalls verschwunden sind. Sie wollen die Anwesenheit von TV-Kameras nutzen, um die Fotos einer breiten Öffentlichkeit vor Augen zu bringen, in der verzweifelten Hoffnung, Nachrichten der Vermissten zu erhalten. Die Angst, dass diese ebenfalls den Psychopathen Pandher und Kohli zum Opfer gefallen sein könnten, hat über vierhundert dieser Familien bewogen, bei der Noida-Polizei eine Vermisstenanzeige zu machen.

Die Tragödie von Nithari hat damit eine noch tiefer liegende Malaise offenbart. Jährlich werden über 44.000 Kinder in Indien als vermisst gemeldet. Laut P. M. Nair, der eine Studie über Frauen- und Kinderhandel in Indien geschrieben hat, dürfte die Zahl mindestens doppelt so hoch liegen, da viele Kinder gar nicht als vermisst gemeldet werden. Vikas Sawant, ein Vertreter der NGO Pratham in Bombay, schätzt die Gesamtzahl verschwundener Kinder in Indien auf rund drei Millionen.

Das große Gefälle zwischen Arm und Reich, zwischen prosperierenden und bitterarmen Regionen bewirkt einen Migrationsstrom vom Land in die Städte. Rund hundert Millionen Inder verdingen sich auf Arbeitsplätzen außerhalb ihrer Dorfgemeinschaften. Nithari ist das Beispiel eines solchen "Dorfs": die erste Adresse von Menschen aus Bihar und Bengalen, um in Noida und dem nahen Delhi als Hausangestellte, Wächter, Putzleute, Gärtner Arbeit zu finden. Angesichts des Kommens und Gehens in diesem Slum bestand kaum ein Gemeinschaftsgefühl, und als Bürger ohne Identitätspapiere waren sie für die Polizei ohnehin Verdachtspersonen. Deren Untersuchungen richteten sich, entsprechend dem sozialen Vorurteil, dass Verbrechen von armen Menschen begangen werden, gegen diese Neuankömmlinge.

[...] Pinki Virani, Autorin eines Buchs über sexuelle Kindesmisshandlungen mit dem Titel "Bitter Chocolate" zitierte in einem Beitrag in der Zeitschrift India Today den Ausspruch eines Scotland-Yard-Beamten, wonach Indien im Begriff sei, zum wichtigsten Umschlagplatz für internationale Pädophilie zu werden. Die familiäre und ökonomische Problematik wird verschärft durch den mangelnden Rechtsschutz für Kinder. Es gibt keine verbindliche Definition von "Kind", sexueller Missbrauch ist nur bei Vergewaltigung strafbar. Es kommt nur selten zu Vermisstenanzeigen, weil das Gesetz für solche - im Gegensatz zum Tatbestand der Entführung - kaum polizeiliche Untersuchungsschritte verlangt. Die Polizei, sagte Sagar Hudda, ein hoher Polizeioffizier in Delhi, macht sich eher auf die Suche nach einem gestohlenen Auto als auf die Spur eines vermissten Kinds.


Aus: "Indiens vermisste Kinder" Von  BERNARD IMHASLY (taz vom 13.2.2007, S. 13, 279 Z.)
Quelle: http://www.taz.de/pt/2007/02/13/a0180.1/text


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Quote[...] Eine im November aufgedeckte Frauenmordserie könnte sich ausweiten: Ein Lastwagenfahrer aus Hof in Bayern, der fünf Morde an Prostituierten in Spanien und Frankreich sowie die Tötung einer 14-jährigen Mitschülerin vor 33 Jahren gestanden hat, kommt nach Polizeiangaben für weitere 13 Morde in Frage.

Wie die EU-Justizbehörde Eurojust in Den Haag mitteilte, steht der 48-Jährige unter dringendem Verdacht, von 1974 bis 2006 mindestens 19 Frauen ermordet oder zu töten versucht zu haben. Der Lkw-Fahrer war am 17. November 2006 bei Köln festgenommen worden, nachdem ihn die spanische Polizei mit internationalem Haftbefehl gesucht hatte.

Der Fernfahrer stand zunächst im Verdacht, eine 20-jährige Prostituierte in der Nähe von Barcelona ermordet zu haben. Das mit einer Schnur erdrosselte nackte Opfer lag in einem Gebüsch.

Im Laufe der Vernehmungen gestand er, von 1999 bis 2006 fünf Prostituierte umgebracht zu haben, davon drei in Spanien und zwei in Frankreich. Als Motiv erklärte er, er habe Sex nur genießen können, wenn er seinen gefesselten und wehrlosen Opfern beim Todeskampf ins Gesicht habe schauen können. Er habe nicht aufhören können zu töten.

Bei ihren Ermittlungen stellten die Beamten zahlreiche Polaroid-Fotos und Haarteile mehrerer Opfer sicher, die der Serienmörder offenbar als Trophäen gesammelt hatte. Der 48-Jährige hatte die Utensilien eigenen Angaben nach seit Jahren in der Schlafkabine seines Lkws aufbewahrt. Einige Fotos zeigten dabei nach früheren Angaben nicht identifizierte Frauen.

Außerdem gestand er, bereits 1974 im Alter von 15 Jahren eine 14-jährige Mitschülerin in Plauen erwürgt zu haben.

Der Fall war in der damaligen DDR als Selbstmord registriert und daher nicht weiter verfolgt worden. Die EU-Justizbehörde geht nun davon aus, dass weitere ungeklärte Mordfälle in anderen Ländern ebenfalls auf das Konto des Lastwagenfahrers gehen könnten.


Aus: "Lkw-Fahrer wird in 19 Mordfällen verdächtigt" (21.03.2007)
Quelle: http://orf.at/070320-10403/index.html

Quelle #2: http://www.nachrichten.at/weltspiegel/530380?PHPSESSID=26598d5077c77809070c3d71d0ee5948


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Quote[...] Sie haben hunderte von Mördern, Psychopathen, Gewalt und Sexualverbrecher untersucht. Nach den vorliegenden Zahlen gibt es laut Jérôme Endrass keinen Zweifel, dass alle bisherigen Vorstellungen von Schuldzusammenhang mit einer "schweren Kindheit" nichts als blanker Unsinn sind. "Kriminelle sind nicht Opfer schwieriger Lebensumstände", so Jérôme Endrass, Leiter des psychatrisch-psychologischen Dienstes des Justizvollzugs Zürich und Spezialist für Risk-Assessment, der Gefährlichkeitsbeurteilung von Gewalt- und Sexualstrattätern und Kriminalprognosen.

[...] Die von dem Psychater Frank Urbaniok und einem Team von Wissenschaftlern durchgeführte Studie räumt mit diversen Vorurteilen auf. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass

    * die Täter nicht schlechter gebildet sind als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dies gilt sowohl für Schweizer, als auch bei Ausländern.
    * Ein Drittel aller Gewalt und Sexualstraftäter waren einschlägig vorbestraft.
    * Drei Viertel der Täter stammten aus intakten Mutter-Vater-Kind-Familien.
    * Gewalt und Sexualstraftäter hatten Mühe feste Bindungen einzugehen.
    * Bei Jugendlichen Tätern wurden 9 von 10 Tätern rückfällig, bei denen als Jugendlicher bereits eine Erziehungsmassnahme angeordnet wurde. 38% davon sogar mit einem Gewalt- oder Sexualdelikt.
    * Täter, die während ihres Gefängnisaufenthalts eine Ausbildung absolviert haben werden nicht weniger rückfällig als andere, die keine Ausbildung absolvieren.


Aus: "Kriminalstudie: Resozialisierung von Sexualstraftätern nicht möglich" -  Zürich (cc) - Gewalt- und Sexualstraftäter stammen automatisch aus zerrütteten Familien und schwierigen Lebensumständen und hatten eine schwere Kindheit (Montag, 26. März 2007)
Quelle: http://www.carechild.de/news/aktuelle_news/kriminalstudie_resozialisierung_von_sexualstraftaetern_nicht_moeglich_140_1.html

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Quote[...] Sie sind also überzeugt, dass es in Zukunft weniger Rückfälle geben wird?
Die Zahlen belegen, dass schon in der Vergangenheit therapierte Straftäter nur selten rückfällig wurden. Spezifische Massnahmen sind erfolgreich. Und die Rückfallquote war früher deutlich höher als heute.

Auf welcher Basis liegen diese Erkenntnisse?
Die Studie umfasst Beobachtungen über die letzten fünf bis sechs Jahre. Von den therapierten Straftätern wurden 5 Prozent rückfällig. Ich bin allerdings vorsichtig mit dieser Zahl, denn sie wird über die nächsten Jahre sicher noch steigen, weil Täter ja auch noch viele Jahre nach der Therapie rückfällig werden können.

Welche Zahl ist realistischerweise anzustreben?
Wie behandeln stark rückfallgefährdete Gewalt- und Sexualstraftäter, viele davon befinden sich in Freiheit. Wenn es gelingt, die Rückfallquote solcher Täter auf ca. 10% zu drücken, wäre das schon ein grosser Erfolg. Aber: Welches Risiko bzw. welche Rückfallquote vertretbar ist, muss die Gesellschaft entscheiden, wir können das nicht.

Wird es in Zukunft weniger verwahrte Sexualstraftäter geben?
Es ist sicher so, dass auch in Zukunft einige Straftäter verwahrt bleiben müssen. Seit dem Mord in Zollikerberg 1993 ist man mit solchen Tätern viel vorsichtiger geworden. Aber in unserer Gesellschaft wird die Diskussion immer nur auf die kleine Gruppe der Verwahrten gelenkt. Rund 98 Prozent der Gewalt- und Sexualstraftäter werden aber sowieso entlassen und sind irgendwann wieder in Freiheit. Die Frage ist nur: wurden sie vorher therapiert oder nicht.

Welche Programme sehen Sie in Zukunft für welche Täter?
Für Gewalt- und Sexualstraftäter haben sich sogenannte deliktorientierte Therapiemethoden bewährt. Das sind spezielle Therapietechniken, bei denen das Tatverhalten des Täters ganz im Zentrum der Behandlung steht.

Auch die Berufsausbildung in der Strafanstalt wird in der Studie stark angezweifelt. Soll man sich diesen Aufwand in Zukunft ersparen?
Das kommt auf die Klientel drauf an. Aber unsere Erkenntnisse zeigen, dass sie vor allem für schwere Sexual- und Gewaltverbrecher nicht geeignet ist, um die Rückfallgefahr zu senken. Das zeigt: Man kann nicht flächendeckend mit allen Straftätern das gleiche Programm durchführen.

Quote
    Arbeitsbeschaffung
Es geht doch einzig um Arbeitsbeschaffung für die Therapieindustrie.
von: Pat Beasley
am: 26.03.2007 22:29


Quote
    Für immer hinter Gitter
Gewalt- und Sexualstraftäter gehören für immer hinter Gitter, dies ohne Therapie.
von: Clear
am: 26.03.2007 21:13

Quote
    ja genau
und wenn wir schon undifferenziert Kritik üben: die Raser gehören auch lebenslang eingesperrt, die werden auch alle rückfällig. Und die Bankräuber auch und die Diebe auch und die Handtaschenräuber auch und die Schwarzfahrer auch und die Nasengrübler auch...
von: obi wan
am: 26.03.2007 21:13

Quote
Wegsperren
Das Restrisiko ist zu eliminieren - durch konsequentes Wegsperren. Sextäter dürfen nicht mehr raus, basta.
von: Vorname Name
am: 26.03.2007 19:27


Quote
Kinderschänder
Kinderschänder haben auf dieser Welt nichts verloren. Man sollte Sie auf ein Containerschiff verladen und im offenen Meer den Haien verfüttern.
von: Paul Bernasconi
am: 26.03.2007 17:54

Quote
Lieber zu viel wegsperren
Täter werden wieder mal besser geschützt als Opfer. Mir ist es lieber wenn 100'000 Menschen zu viel verwahrt werden als ein einziger zu wenig! Was das für die Täter bedeutet interessiert mich kein bisschen! Die Sicherheit der Allgemeinheit geht vor!
von: Ramona
am: 26.03.2007 18:13


Quote
Die Sicherheitsfanatiker, ...
geben mal wieder Vollgas hier. Risikominimierung ist eine Frage der Verhältnismässigkeit. Es gibt für Kinder wesentlich grössere Risiken, als die Kundschaft von Urbaniok. Verzichtet ihr etwa aufs Autofahren für spielende Kinder? Wäre auch Risikominimierung.(200 Verl. / einige Tote Kinder / Jahr)
von: Philipp Lenherr
am: 26.03.2007 19:34

Quote
Sexualstraftäter gehören verwahrt
Ein Rückfall ist vorprogrammiert. Man muss nicht Psychiater sein um zu wissen, dass Sexschänder nicht therapierbar sind. Kastrieren nützt nichts, da das Problem im Hirn ist. Ich denke, dass im obigen Artikel von nicht schwer psychisch Gestörten die Rede ist. Aber, jede Tat ist eine zuviel!
von: Susanne Münger
am: 26.03.2007 19:05


Quote
In den Familien hat es die meisten Opfer
Das stimjmt so nicht!! 80% der Täter sitzen zuhause bei ihren Familien und wurden (werden) NIE von IHR angezeigt..
von: Die Wahrheit
am: 26.03.2007 17:30

Quote
Therapie ist billiger als Strafe
Lebenslängliches Wegsperren kostet in jedem Falle mehr, als einen Täter zu therapieren. Herr Urbaniok versucht ja das Rückfallrisiko zu senken, dafür sollte man ihm keinen Vorwurf machen. Es gibt ein Restrisiko. Unbestritten. Die Gesellschaft muss lernen, dieses in Kauf zu nehmen.
von: InDecision
am: 26.03.2007 16:58

Quote
super Nachricht :(
Na toll, nur bis ca. 10%  was für ne Riesenzahl! Und wieder einmal denkt niemand an die Opfer die LEBENSLAENLICH leiden!
von: salomee

Quote
Man kann sich ändern... ABER
Sexualstraftäter sollten für immer verwahrt werden!!! Es gibt schon zu viele Geschichten von Kinderschändern und Vergewaltigern, die Rückfällig wurden! Mal einen Ausraster haben und handgreiflich werden, ok., das kann therapiert werden, aber doch nicht sexuelle "Vorlieben"
von: Nixy
am: 26.03.2007 16:25




Aus: "«98 Prozent der Gewalt- und Sexualstraftäter werden entlassen»" Früher wurde oft vergeblich resozialisiert, heute wird - mit grossem Erfolg - therapiert, sagt Chefarzt Frank Urbaniok im Interview mit 20minuten.ch - Von Marius Egger (26.03.07)
Quelle: http://www.20min.ch/news/schweiz/story/12156781

Textaris(txt*bot)

#10
Quote[...] Einmal erzählte ihm ein Vergewaltiger, dass er zwei seiner Opfer habe laufen lassen, weil er in ihren Augen keine Angst gesehen habe - eine der Frauen bat ihn sogar, sie zu küssen: Es war ihre Rettung.


Aus: "Verbrechen: Er ist der Kartograph des Serienmords" Von Melanie Mühl (22.03.2007, Nr. 69 / Seite 42)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~E70636457945C4C34872F3AD073C9AE48~ATpl~Ecommon~Scontent.html



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Quote[...] Laut Urteil hat die Angeklagte zwischen 1992 und 1998 acht lebend geborene Kinder unversorgt gelassen, bis sie einen qualvollen Tod durch Unterkühlung erlitten. Dann wickelte die 13fache Mutter die Babys in Plastiktüten und verscharrte sie in Gefäßen. Das Motiv der gelernten Zahnarzthelferin war nach Überzeugung der Richter Angst um ihre Ehe.

Aus: "Neun tote Babys - BGH hebt Urteil auf" (Mittwoch, 4. April 2007)
Quelle: http://www.n-tv.de/787234.html


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Quote[...] Nach 22 Jahren im Gefängnis ist ein 50-jähriger US-Amerikaner für unschuldig befunden worden. Er war damals wegen schwerer Vergewaltigung verurteilt worden.
Eine DNA-Analyse bewies, dass das Verbrechen von einem anderen Mann begangen wurde, wie die Justizbehörden in Buffalo im US-Staat New York am Montagabend mitteilten. Ein Richter hob daraufhin die Haftstrafe von 35 Jahren auf.

Der Mann, der als schizophren diagnostiziert wurde, befindet sich zurzeit in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt. Ein Antrag auf Freilassung auf Bewährung wurde in den vergangenen zehn Jahren fünf Mal abgelehnt, weil er das ihm zugeschriebene Verbrechen niemals eingestand. Jetzt aber wird er vermutlich noch in dieser Woche entlassen, wie sein Anwalt mitteilte.


Aus: "USA: 22 Jahre unschuldig im Knast" (03.04.2007)
Quelle: http://www.vol.at/news/welt/artikel/usa-22-jahre-unschuldig-im-knast/cn/news-20070403-07572095


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Mörder der 21 Jahre alten Alexandra aus Sachsen-Anhalt ist am Donnerstag zu lebenslanger Haft mit Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Jens Jan S. ist als Sexualstraftäter einschlägig vorbestraft.

Nach Überzeugung der Richter am Landgericht Halle hat der 39-Jährige seine junge Nachbarin im November 2004 in sein Haus in dem nur 200 Einwohner zählenden Ort Neujanisroda gelockt - unter dem Vorwand, ihr Handy gefunden zu haben. Dort hat er sie vergewaltigt und erdrosselt. Die Leiche vergrub er im Keller. Die Verteidigung hatte auf eine Verurteilung wegen Totschlags und maximal zehn Jahre Haft plädiert.

Alexandra galt monatelang als vermisst. Ihre Leiche war trotz des Einsatzes mehrerer Suchhunde erst im April 2006 in einem nur 60 mal 60 Zentimeter kleinen Loch im Keller des verwahrlosten Hauses des Täters gefunden worden. Die Ermittler stellten in dem Gebäude DNA-Spuren sowie Alexandras Handy, ihr Fußkettchen und einen Schal als Beweismaterial sicher.

Auf die Spur des Vorbestraften war die Polizei erst nach der Anzeige einer Ex-Freundin wegen Vergewaltigung gekommen. Seit Januar 2006 verbüßte der Mann für diese Tat eine viereinhalbjährige Haftstrafe.


Aus: "Alexandras Mörder erhält Höchststrafe" (nz/dpa; 12.04.2007)
Quelle: http://www.netzeitung.de/vermischtes/612271.html


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#14
Quote[...] Das Bundeskriminalamt (BKA) ist eine dem Bundesministerium des Innern nachgeordnete Bundesoberbehörde der Bundesrepublik Deutschland mit Standorten in Wiesbaden (Hauptsitz), Berlin und Meckenheim (Rheinland). Zusammen mit der Bundespolizei und der Polizei beim Deutschen Bundestag ist es eine der drei Polizeien des Bundes.

Es hat die Aufgabe, die nationale Verbrechensbekämpfung in Deutschland in enger Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern zu koordinieren und Ermittlungen in bestimmten schwerwiegenden Kriminalitätsfeldern mit Auslandsbezug durchzuführen.

Darüber hinaus schützt das BKA die Verfassungsorgane des Bundes. Das BKA vertritt die Bundesrepublik Deutschland bei Interpol als nationales Zentralbüro (NZB).

[...] Ende 1945 wurden von den alliierten Besatzungsmächten erste regionale Kriminalämter eingerichtet. Die Landesregierungen fassten in Abstimmung mit den Alliierten die regionalen Kriminalämter zu ,,Landeskriminalpolizeiämtern" zusammen. Das Grundgesetz bestätigte, dass die Polizeihoheit nicht beim Bund, sondern bei den Ländern liegt. Dem Bund wurde lediglich die Befugnis zugebilligt, ein zentrales Kriminalpolizeiamt zu unterhalten. Die verfassungsrechtliche Grundlage findet sich in Art. 73, 87 GG. Nachdem am 15. März 1951 das Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) (BKAG) in Kraft trat, wurde Wiesbaden im April/Mai des selben Jahres als Sitz des BKA von der damaligen Bundesregierung ausgewählt. Die Behörde wurde zu dieser Zeit unter der Leitung der Kriminalkommissare und ehemaligen SS-Angehörigen Paul Dickopf und Rolf Holle aufgebaut. Sie übernahm dabei die Aufgaben des Kriminalpolizeiamts für die Britische Zone in Hamburg, das mit Schaffung des BKA als Außenstelle in dieses überführt wurde. Eine eigenständige bundesweite Einrichtung zur Verbrechensbekämpfung war zu dieser Zeit sehr umstritten, sowohl aus Sicht der Länder, die ihre Selbstständigkeit beibehalten wollten, als auch wegen der Forderung der drei westlichen Alliierten, in Berücksichtigung der Erfahrungen mit einer zentral geführten Polizei in der nationalsozialistischen Vergangenheit die Polizei möglichst dezentral zu organisieren. Das BKA erhielt anfangs überwiegend Aufgaben der Koordination ohne so genannte Exekutivbefugnisse. Eine Strafermittlungstätigkeit konnte nur auf besondere Anordnung des Bundesinnenministers oder auf Ersuchen der Länder aufgenommen werden.

1952 wurde das BKA in die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation IKPO (Interpol) aufgenommen. Das BKA war sowohl Zentralstelle für die Länderpolizeien als auch für eigene Ermittlungen in einigen festgelegten Deliktsfeldern zuständig. Noch 1959 hatten nur zwei von 47 leitenden Beamten des BKAs keine NS-Vergangenheit, 33 waren ehemalige SS-Führer.[2] Zu diesem SS-Führern zählte auch Theo Saevecke, der stellvertretender Leiter der Sicherungsgruppe wurde.

Anfang der 1970er-Jahre begann der Ausbau des BKA. Der Generalbundesanwalt wurde nun ermächtigt, das BKA mit polizeilichen Ermittlungen zu beauftragen. 1972 wurde das Inpol-Fahndungssystem mit Standort beim BKA installiert.

1973 wurde das BKA-Gesetz so geändert, dass das Bundeskriminalamt neue Zuständigkeiten in der Bekämpfung bestimmter schwerwiegender organisierter Delikte mit internationalem Bezug erhielt, sofern Ermittlungen im Ausland erforderlich waren. Es war nun zuständig bei international organisierten Rauschgift-, Waffen- und Falschgelddelikten, sowie bei terroristischen Anschlägen gegen Verfassungsorgane des Bundes. Wegen der Aktivitäten der Rote Armee Fraktion (RAF) gründete man 1975 am damaligen Standort Bonn-Bad Godesberg die Abteilung zur Bekämpfung des Terrorismus (TE). Das BKA war nun Koordinierungsstelle im Bereich der Bekämpfung politisch motivierter Gewalttaten. Das Bundeskriminalamt erfuhr auch einen starken personellen und materiellen Ausbau. Die Zahl der Beschäftigten, die 1965 noch bei 818 lag, stieg bis 1980 auf 3.339.

Das Bundeskriminalamt ist heute für die Schengenfahndung in Deutschland zuständig, die nach dem Abbau der Grenzkontrollen in der Europäischen Union als Ausgleichsinstrument der ,,Schengen-Mitgliedsstaaten" gegründet wurde.


Aus: "Bundeskriminalamt (Deutschland)" (11/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bundeskriminalamt_%28Deutschland%29#Geschichte

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Quote

Kurzvita
[Dieter Schenk]
Jahrgang 1937
Verheiratet, 4 Töchter
Lebt in Schenklengsfeld und in Berlin


Polizeilaufbahn:

    1963-1971: Hessisches Landeskriminalamt Wiesbaden: nacheinander Leiter der Ermittlungszentralstelle für Raub, Diebstahl und Hehlerei; der Ermittlungszentralstelle für Rauschgiftbekämpfung und der Ermittlungszentralstelle für Kapitalverbrechen, Vermisste und unbekannte Tote.

    1971-1972: Polizeiführungsakademie
    1973-1979: Leiter der Kriminalpolizei im Polizeipräsidium Gießen

    1980-1988: Kriminaldirektor in der Stabsstelle Interpol des Bundeskriminalamtes Wiesbaden, zuständig als Berater des Auswärtigen Amtes für die Sicherheit des deutschen diplomatischen Dienstes. Dienstreisen in über 60 Staaten.

    1989: Antrag auf vorzeitiges Ausscheiden aus dem Polizeidienst wegen unüberbrückbarer Gegensätze mit dem BKA insbesondere wegen der Ignoranz des BKA gegenüber Menschenrechtsverletzungen in Folterregime.



Quelle: http://www.publizist-schenk.de/persoenlich.html (11/2007)

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Quote[...] Führende Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) haben in zwei Jahrzehnten nach dem Krieg das Amt aufgebaut und die Verbrechensbekämpfung der Bundesrepublik wesentlich beeinflusst, obwohl sie selbst in der NS-Zeit schwerste Verbrechen begangen hatten. Diese schockierende Behauptung stellt Dieter Schenk in seinem jüngsten Buch auf und belegt dies mit umfangreichen Materialien aus einem Dutzend Archiven in Deutschland, Polen und in der Schweiz. Da das BKA Schenk eine zeitgerechte Akteneinsicht, trotz einer Genehmigung durch den Bundesinnenminister verweigerte, bisher zu keiner Stellungnahme bereit war und nicht erkennen ließ, sich von den ehemaligen Nazi-Kollegen offiziell zu distanzieren, richtete MdB Ulla Jelpke und die Fraktion der PDS im
Deutschen Bundestag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung
(Bundestags-Drucksache 14/7520).
Aus den Untersuchungen des Autors ergibt sich, dass das Bundes-kriminalamt von Nazi-Tätern aufgebaut wurde – eine Tatsache, die bis heute schwer zu begreifen ist. 1959 bestand der Leitende Dienst des BKA aus 47 Beamten (und nur er ist Gegenstand der Forschungen) – bis auf zwei hatten alle eine braune Weste. Für das rechtsstaatliche Selbstverständnis des BKA ist es rückblickend als moralische Katastrophe zu bewerten, dass fast die Hälfte der 47 BKA-Chefs als NS-Verbrecher im kriminologischen Sinne bezeichnet werden müssen.
Fünf von ihnen waren Schreibtischtäter des Reichskriminalpolizei-amtes (RKPA), die mitwirkten, unzählige Homosexuelle, ,,Zigeuner", ,,Asoziale" und sogenannte ,,Berufs- und Gewohnheitsverbrecher"
im Rahmen des Programms der Vorbeugenden Verbrechensbe-kämpfung in ein Konzentrationslager einzuweisen und damit einem fast sicheren Tod auszuliefern.
16 BKA-Führer waren Mitglieder der Einsatzgruppen in Polen und als Vorgesetzte in die Vernichtung der polnischen Intelligenz verstrickt. Oder sie beteiligten sich als Angehörige der SS-Einsatzkommandos oder der Polizeibataillone in der besetzten UdSSR am Völkermord. Sie befehligten die Geheime Feldpolizei in Weißrussland, die an der Ausrottung der jüdischen Bevölkerung beteiligt war und massen-weise Menschen als Partisanen oder politische Kommissare tötete, wenn nur ein fragwürdiger Verdacht vorlag.
Einige BKA-Vorgesetzte hatten bei Exekutionen selbst ,,Hand angelegt" oder waren Einsatzführer an der ,,Grube", unter den erbarmungswürdigen Opfern waren auch Frauen und Kinder. Zwei BKA-Führer waren Angehörige von Standgerichten oder SS- und Polizeigerichten. Annähernd jeder Dritte gehörte der Gestapo an, womit die in der Fachliteratur überwiegend vertretene Meinung widerlegt ist, dass wenigstens den Angehörigen der Geheimen Staatspolizei – von Einzelfällen abgesehen – der Zugang in Führungspositionen der Nachkriegspolizei versperrt blieb. Zwei dieser späteren BKA-Führer wurden (im Ausland) verurteilt, alle anderen blieben straflos, überstanden schadlos disziplinare Überprüfungen und gingen als Räte oder Direktoren in allen Ehren in Pension. Sie haben sich nie distanziert oder Reue gezeigt, schon gar
nicht Trauer.

Zieht man eine Bilanz, dann gelten die ,,alten Nazis" in der Polizei – bis heute – als rehabilitiert. Sie schwuren nie ihrer Gesinnung ab, vielmehr schlüpften sie gleich zu Anfang durch die nicht ernsthaft betriebene ,,Entnazifizierung" und wurden als ,,entlastet" eingestuft.

Paul Dickopf, der Architekt des BKA und spätere BKA-Chef (1965 bis 1971) und Interpol-Präsident (1968 bis 1972),wurde 1943 von Abwehrchef Canaris als Doppelspion in der Schweiz eingesetzt. Nach dem Krieg gab sich der ehemalige Kriminalkommissar und SS-Untersturmführer als Widerstandskämpfer aus und agierte als CIA-Agent, der das Vertrauen der amerikanischen Besatzungsmacht genoss. Einer seiner Vertreter im BKA war der ehemalige Kriminalrat und SS-Sturmbannführer Dr. Bernhard Niggemeyer. Er hatte während der Kriegsjahre die Funktion eines Leitenden Feldpolizei-direktors in Russland inne, und seine von ihm verfassten Tätigkeitsberichte beweisen, dass unter seiner Dienst- und Fachaufsicht massenhafte Exekutionen begangen wurden.           
Der andere Vertreter des BKA Präsidenten, Rolf Holle, gehörte bereits vor der Machtübernahme dem NS-Schülerbund und danach der SA Standarte Leipzig an. Als er sich 1939 zum polizeilichen Kolonialdienst bewarb, bat der SS-Hauptsturmführer, der offenbar die Weltmachtansprüche des Regimes verinnerlicht hatte, nach seiner Ausbildung in Deutsch-Südwestafrika oder in der Südsee eingesetzt zu werden.
Die Alliierten ermächtigten Dickopf, ab 1951 ausschließlich ehemalige Angehörige der NS-Sicherheitspolizei für das BKA zu rekrutieren, denen er dort Unterschlupf verschaffte. Auf etwas mehr als 300 Planstellen bewarben sich bis Mai 1951 etwa 8000 ehemalige Mitglieder der Gestapo, des Sicherheitsdienstes (SD) oder der NS-Kriminalpolizei. Das waren fast ein Drittel des gesamten Berufsstandes. So gut wie alle waren Angehörige der NSDAP und der SS gewesen und hatten ihr Handwerk unter Himmler und Heydrich gelernt. Auf diese Weise wurde der Cheffahnder des Reichskriminal-polizeiamtes Cheffahnder des BKA, wie u.a. auch der oberste Biologe, der Leiter der Personenfeststellungszentrale oder der führende Kriminaltechniker in ungebrochener Kontinuität ihre Chefsessel tauschten. Ausdrücklich verzichtete damals das Bundesinnenministerium auf eine Ausschreibung aller BKA-Stellen, da man ja über genügend qualifizierten Nachwuchs verfüge, wobei anzumerken ist, dass auch die Ministerialbürokratie von ehemaligen
Nationalsozialisten durchseucht war.
Das Reichskriminalpolizeiamt war identisch mit dem Amt V des Reichssicherheitshauptamtes, der Terrorzentrale in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße. In Organisation und Arbeitsweisen, fachlichen Richtlinien und dem fast identischen Formularwesen machte Dickopf das BKA zum Abklatsch des Reichskriminalpolizeiamtes unter Ausklammerung der Positionen, die in einem Rechtsstaat unmöglich hätten übernommen werden können. Die neu geschaffene ,,Sicherungsgruppe" des BKA versuchte schon in den fünfziger Jahren, ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der politischen Kriminalität ständig zu erweitern und die Abgrenzung zwischen Polizei, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst zu verwischen.
Der Geist der alten Nazi-Seilschaften weht in manchen Bereichen noch immer im BKA. Die Führungsstrukturen sind heute oft so autoritär ausgeprägt wie damals: Vorgesetzte behalten Herrschafts-wissen für sich, behandeln Untergebene arrogant und schirmen sich nach außen ab. Die mangelnde Distanz zu Unrechtsstaaten hatte Dickopf aufgebaut, seinem Beispiel folgend werden weltweit begangene Menschenrechtsverletzungen immerfort ignoriert, denn das tabuisierte Wort Folter fällt auf keiner Interpol-Konferenz – stattdessen werden Diktaturen durch BKA-Entwicklungshilfe noch effizienter gemacht.
Der BKA-Nachwuchs lernt von Generation zu Generation, dass der Feind links von der eigen definierten Mitte liegt. So ist es stringent, dass das BKA jahrelang rechtsextreme Gewalt verharmloste, eigenen Personaleinsatz auf ein Minimum beschränkte und Opferzahlen klein redete. Obwohl zwischen 1990 und 2000 durch Rechtsterrorismus 93 Menschen ihr Leben verloren, hatte das BKA aufgrund eingestandener ,,Erfassungsdefizite" weder diese Straftaten alle registriert, noch rechtzeitig Bekämpfungsstrategien entwickelt – ein Beweis, wie halbherzig man dieser Kriminalität entgegenarbeitet.
Bereits im April 2000 genehmigte Bundesinnenminister Schily für das Buchprojekt Akteneinsicht im BKA. Autor Dieter Schenk hat jedoch bis zum Abschluss des Buchmanuskriptes kein Blatt eines Schriftstückes aus dem BKA zur Kenntnis nehmen dürfen. Dies verhindert ein Korpsgeist, der innere Demokratie und Transparenz nicht will. Man scheint eine Mauer des Schweigens errichten und sich trotz entgegengesetzter Ankündigungen in falsch verstandener Loyalität schützend vor die ehemaligen Nazi-Kollegen stellen zu wollen.
Das BKA nahm bisher gegenüber Medien zum Buch keine Stellung mit dem Hinweis, es enthalte ,,im wesentlichen bekannte Tatsachen". Die Amtsleitung zeigt bisher keine Neigung, sich offiziell von den ehemaligen Nazi-Kollegen zu distanzieren. Und die Beantwortung der Kleinen Bundestags-Anfrage gipfelt in der Behauptung der Bundesregierung: ,,Das BKA hat keine nationalsozialistische Vergangenheit, weil es 1951 gegründet wurde."


Aus: "Innere Sicherheit, Rechtspolitik - 21.03.02: Die nationalsozialistische Vergangenheit des Bundeskriminalamtes und die Folgen bis in die Gegenwart" (Mitteilungen Nr. 177, S.16-17) Von: Tobias Baur
Quelle: http://www.humanistische-union.de/themen/rechtspolitik/rechtspolitik_detail/browse/3/back/rechtspolitik/article/die-nationalsozialistische-vergangenheit-des-bundeskriminalamtes-und-die-folgen-bis-in-die-gegenwart/


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Quote[...] "Aus den bisherigen Untersuchungen ergibt sich, dass das Bundeskriminalamt (BKA) von Nazi-Tätern aufgebaut wurde - eine Tatsache, die bis heute schwer zu begreifen ist. 1959 bestand der Leitende Dienst des BKA aus 47 Beamten - bis auf zwei hatten alle eine braune Weste. Für das rechtsstaatliche Selbstverständnis des BKA ist rückblickend als moralische Katastrophe zu bewerten, dass fast die Hälfte der 47 BKA-Chefs als NS-Verbrecher im kriminologischen Sinne bezeichnet werden müssen." Dieses Urteil fällt der frühere Kriminaldirektor beim BKA, Dieter Schenk, in seinem Buch über "Die braunen Wurzeln des BKA".

Es ist die die erste systematische Untersuchung zur Entstehung des Amtes und das dritte Buch von Schenk zum BKA. In dem Tatsachenroman "BKA - Eine Reise nach Beirut" (1990) durchleuchtete er kritisch das internationale Wirken der Bundespolizei, der er immer wieder die polizeiliche Zusammenarbeit mit Folterregimen und Diktaturen vorhielt. Diese Kooperationen in den Achtzigerjahren waren es auch, die ihn zur Kündigung beim BKA veranlasste. In "Der Chef" (1998) widmete sich Schenk der Zeit der Terrorismusbekämpfung in den Siebzigerjahren und der herausragenden Persönlichkeit des damaligen BKA-Chefs Horst Herold.

Das neue Buch will Schenk als Abschluss einer Trilogie verstanden wissen. In der Führungsspitze des BKA wird man diese Ankündigung mit Erleichterung lesen. Kaum ein BKA-Kritiker hat sich den Zorn der Behördenspitze so zugezogen wie Schenk - vor allem, weil er als ehemaliger Insider detailliert Behördeninterna vorlegen konnte.

Vier der frühen BKA-Führungsleute benennt Schenk als "Schreibtischtäter", die an Deportationen von Homosexuellen, Sinti und Roma, und von so genannten Asozialen mitgewirkt hätten. 15 der ersten BKA-Führer waren nach Schenks Recherchen darüber hinaus Mitglieder der Einsatzgruppen in Polen und als Vorgesetzte in die Vernichtung der polnischen Intelligenz verstrickt. Sie hätten die Geheime Feldpolizei in Weißrussland befehligt, "die an der Ausrottung der jüdischen Bevölkerung beteiligt war, und massenweise Menschen als Partisanen oder polnische Kommissare tötete, wenn nur ein fragwürdiger Verdacht vorlag". Einige hätten bei Exekutionen "selbst Hand angelegt". Jeder dritte der leitenden BKA-Beamten sei zudem ein früheres Mitglied der Gestapo gewesen.

Die Gründer des BKA haben nach Schenk nicht nur die Organisationsprinzipien und Strukturen des früheren NS-Kriminalpolizei nachgebildet. Sie blieben auch der von den Nationalsozialisten kreierten Kategorisierung verhaftet, wenn sie intern von "Elementen", "Gewohnheitsverbrechern", "Asozialen" oder "Zigeunern" sprachen, die "auszuschalten" seien. Penibel rekonstruiert er unter anderem die Vita von sieben Absolventen der "Führerschule der Sicherheitspolizei" von 1938, die später im BKA Führungspositionen einnahmen - unter ihnen Paul Dickopf, der 1965 zum BKA-Präsidenten aufstieg und der Schenk zufolge in den letzten Kriegsjahren als Doppelagent sowohl dem NS-Geheimdienst wie auch US-Diensten zuarbeitete. Später habe sich Dickopf mit einigem Geschick die Legende eines Widerstandskämpfers zugelegt.

Die "Alt-Kriminalisten" im BKA um Dickopf, schränkt Schenk ein, "waren keine offen erklärten Nazis, sie fügten sich - nolens volens - den demokratischen Spielregeln des neuen Staates". In ihren Herzen bewegten sie aber weiter die alten Zeiten, wie Briefe an den "lieben Kameraden Dickopf" belegten. Schenk zitiert die Haltung Dickopfs mit dem Satz: "Die sicherste Methode, die Demokratie zu zerstören, besteht darin, sie zu übertreiben." Paul Dickopf wurde 1970 bei seiner Verabschiedung als BKA-Präsident vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher als "Vorbild für die gesamte deutsche Polizei" gewürdigt.

Vor dem Hintergrund der in Schenks Buch erhobenen Vorwürfe gegen Dickopf wollte die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke Ende 2001 in einer kleinen Anfrage wissen, ob die Bundesregierung eine amtliche "Korrektur" der Bewertung der BKA-Entstehungsgeschichte für notwendig erachte. Lapidar heißt es in dem von Staatssekretär Körper verfassten Antwortschreiben vom 3. Dezember: "Das Bundeskriminalamt hat keine nationalsozialistische Vergangenheit. Es ist im Jahre 1951 gegründet worden". Diese Aussage hat Schenk widerlegt. WOLFGANG GAST

Dieter Schenk: "Auf dem rechten Auge blind. Die braunen Wurzeln des BKA", 372 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2001, 22,90 Euro


Aus: "Ganz die alte "Führerschule"" (taz, 2002/03/05/)
Quelle: http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2002/03/05/a0166

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Quote[...] Zum Abschluss einer Reihe von Kolloquien zur Entstehungsgeschichte des Bundeskriminalamtes hat BKA-Chef Jörg Ziercke angekündigt, dass die Behörde ein Forschungsprojekt zur weiteren Aufarbeitung der BKA-Vergangenheit in Auftrag geben wird. Unter Verweis auf die Auseinandersetzungen um das BKA-Gesetz betonte Ziercke, dass die aktuelle Arbeit wie auch die historische Forschung deutlich machen soll, wie sehr sein Amt sensibilisiert sei, wenn es darum gehe, die Grundrechte in einer Demokratie zu sichern.

Nach drei Tagungen zur Geschichte des BKAs zog der oberste deutsche Polizist sichtlich zufrieden ein Fazit. Es sei ein Stück weit gelungen, die Übergänge aus der Zeit des Nationalsozialismus zu erhellen, ohne dabei nur von Schuld zu reden. Das aber reiche nicht aus, die Position des BKAs zu vertreten, erklärte Jörg Ziercke. "Ich erlebe das ja im Grunde täglich, wenn es darum geht, die Positionen des Bundeskriminalamtes rechtspolitisch zu vertreten. Im Grunde geht es immer darum, die Sorgen derer ernst zu nehmen, die sich um unseren Rechtsstaat Gedanken machen", erläuterte Ziercke die Motiviation zur historischen Aufarbeitung. Einen Schritt weiter ging der Polizeihistoriker Hans-Joachim Heuer in seiner Stellungnahme: Er wertete den Kompetenzzuwachs beim BKA bis hin zum BKA-Gesetz mitsamt den heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern als "empirischen Fall", dass die demokratische Gesellschaft einem BKA vertraue, dass seine Geschichte offenlegt.

Als wissenschaftliches Projekt ist diese Aufarbeitung nach Meinung von Zeithistorikern wie Kriminalisten überfällig: Spätestens seit dem 2001 erschienenen Buch "Die braunen Wurzeln des BKA" des ehemaligen BKA-Kriminaldirektors Dieter Schenk ist bekannt, wie Seilschaften des Reichskriminalpolizeiamtes den Aufbau des BKAs formten. Ein erster Versuch zur Ausrichtung einer solchen Tagung wurde vom damaligen Innenminister Otto Schily (SPD) torpediert. Er erklärte schlicht, dass das BKA 1951 gegründet wurde und damit keine nationalsozialistische Vergangenheit haben könne.

Tatsächlich gab es in den ersten Jahren des Amtes nur zwei von 47 Personen in Leitungsfunktionen, die eine weiße Weste hatten. Der Rest kam von der Gestapo, der geheimen Feldpolizei und vom Sicherheitsdienst der SS. Den zweifelhaften Verdienst, das Amt mit Schergen des III. Reiches zu füllen, kann der frühere SS-Mann Paul Dickopf für sich in Anspruch nehmen, der 1965 vierter BKA-Präsident wurde. Dickopf sorgte dafür, dass seine Studienfreunde, die an der SS-Führungsschule der Sicherheitspolizei in Berlin Charlottenburg ausgebildet wurden, beim BKA eine Stelle bekamen. Die im Kriminalamt "Charlottenburger" genannten Bereichsleiter bestimmten bis in die 70er-Jahre das Klima im Polizeidienst. Untersuchungen über Kriegsverbrechen wurden verschleppt und verhindert; Kriminalisten wurde die Beförderung versagt, wenn sie bei der Gewerkschaft der Polizei engagiert waren.

Die mit den Kolloquien begonnene späte Aufarbeitung der BKA-Geschichte lieferte keine neuen Erkenntnisse. Dennoch bezeichnete der Publizist Ralph Giordano seine Teilnahme als ein "bedeutendes Ereignis meines Lebens". Giordano hat mit seinen Werken den Begriff der "zweiten Schuld" der Deutschen geprägt, die darin bestehe, dass sich die Deutschen nicht ihrer Geschichte stellten und die Nazi-Verbrechen verdrängten. Unter den diversen Festansprachen überzeugte die Rede des jungen Kriminalkomissaranwärters Thorben Meier. Er sprach von der Gefahr einer "dritten Schuld", wenn das BKA in seinen Führungsgrundsätzen sich nicht als demokratische Behörde verstehe, in der Minderheiten ihre Meinung vertreten können.

Mit dem vorläufigen Abschluss der Aufräumarbeiten kehrt das BKA zu seiner Alltagsarbeit zurück. Auf der demnächst stattfindenden dreitägigen BKA-Herbsttagung steht der "Tatort Internet" auf dem Programm, wird "das WWW als Fernuniversität und Trainingscamp" für Extremismen aller Art analysiert. (Detlef Borchers) / (jk/c't)

Quote1. November 2007 10:38
eigentlich okay, wirkt aber in der heutigen Zeit wie PR und Ablenkungsmanöver
Tyler Durden, JensMander@baldmama.de (mehr als 1000 Beiträge seit 26.06.00)

Also grundsätzlich halte ich eine Aufarbeitung der Geschichte immer
für sinnvoll, aber das Timing ist schon beeindruckend.
Bei dem, was alles an Überwachungsmassnahmen durchgesetzt wurde oder
noch ansteht, interessiert mich jetzt eigentlich Gegenwart und
Zukunft des BKA viel mehr.

TD

Quote1. November 2007 11:09
Das Timing ist ok, der letzte Nazi-Mörder beim BKA ist tot. (kwt)
Theo Phrast, Theo Phrast (46 Beiträge seit 03.01.07)



Quote1. November 2007 11:30
Grundrechte in einer Demokratie sichern + annalist.noblogs.org
MarcelChemnitz (624 Beiträge seit 07.03.06)

> Unter Verweis auf die Auseinandersetzungen um das BKA-Gesetz betonte Ziercke,
> dass die aktuelle Arbeit wie auch die historische Forschung deutlich machen
> soll, wie sehr sein Amt sensibilisiert sei, wenn es darum gehe, die
> Grundrechte in einer Demokratie zu sichern.

Das BKA vs. Grundrechte, Demokratie, Freiheit. Das passt alles nicht
zusammen.
Am besten zeigt das der aktuelle Fall Andrej.

Quote1. November 2007 19:03
Neusprech in Reinkultur
/Rak (mehr als 1000 Beiträge seit 26.10.01)

"Unter Verweis auf die Auseinandersetzungen um das BKA-Gesetz betonte
Ziercke, dass die aktuelle Arbeit wie auch die historische Forschung
deutlich machen soll, wie sehr sein Amt sensibilisiert sei, wenn es
darum gehe, die Grundrechte in einer Demokratie zu sichern."

Ja.
Krieg ist Frieden.
Freiheit ist Sklaverei.
Unwissenheit ist Stärke.
Zircke ist ein Demokrat.
Das BKA und insbesondere die politische Polizei des Staatsschutzes
achtet den Rechtsstaat.

Für wie blöd halten die einen eigentlich?

Oder meinen die, dass sich die nachrichtentechnischen Abteilungen und
die Abteilungen für eigentlich illegale Aktionen (das celler Loch
wurde ja z.B. schon erwähnt) jetzt besonders intensiv um diese
Querulanten kümmern wollen, die immer wieder mit dem Grundgesetz in
der Hand wedeln und was von "Das ist doch keine Demokratie mehr!"
rufen....


Aus: "BKA: Geschichte als Vertrauensarbeit" (01.11.2007)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/98305


Textaris(txt*bot)

#15
Quote[...] Die FDP-Bundestagsfraktion nimmt die jüngsten Bestrebungen des Bundeskriminalamts, sich etwas gründlicher mit seinen nationalsozialistischen Wurzeln zu beschäftigen, zum Anlass, bei der Bundesregierung nach entsprechenden "Nachwirkungen des Nationalsozialismus" im Bundesamt für Verfassungsschutz und im Bundesnachrichtendienst zu fragen (Kleine Anfrage Drs. 16/7063, PDF-Datei: http://dip.bundestag.de/btd/16/070/1607063.pdf).

Die FDP möchte darin wissen, ob beide Behörden ebenfalls Veranstaltungen planen, die ihre Vorgeschichte thematisieren. Außerdem ist den Liberalen zu Ohren gekommen, dass solche Pläne offenbar bereits seit zehn Jahren existieren, ohne dass sie je verwirklicht worden seien. Hierzu möchte die FDP Gründe hören. Auch möchte sie wissen, ob es zutrifft, dass beim Bundesamt für Verfassungsschutz in den 1950er und 1960er Jahren frühere Gestapomitarbeiter führende Positionen inne hatten.

Hinsichtlich des Bundesnachrichtendienstes will die FDP von der Bundesregierung erfahren, ob in der Anfangszeit Mitarbeiter insbesondere aus der Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) des Oberkommandos des Heeres der Wehrmacht rekrutiert wurden. Auch möchte sie eine Bestätigung dafür, dass unter den leitenden Offizieren des Bundesnachrichtendienstes während der 1950er Jahre auch ehemalige Angehörige der SS und des SD waren.

Tatsächlich ist spätestens seit 1971 bekannt, dass der Bundesnachrichtendienst von ehemaligen Angehörigen der FHO gegründet wurde. Damals veröffentlichte der Gründungspräsident des BND, Reinhard Gehlen, seine Autobiographie "Der Dienst". Gehlen hatte sich in den letzten Kriegstagen den Amerikanern ausgeliefert – angeblich war er damals bereits davon überzeugt, dass eine Konfrontation zwischen der Sowjetunion und den USA unvermeidlich war. Er schlug daher seinen Vernehmern vor, das "deutsche nachrichtendienstliche Potenzial für die USA nutzbar zu machen".

...

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Quote23. November 2007 11:23
Sollen sich lieber um wichtigere Dinge kümmern !
SatzmitX (mehr als 1000 Beiträge seit 17.01.05)

Als ihre teuer bezahlte Zeit mit solchen "Nebensächlichkeiten" zu
verschwenden.

Es gibt wirklich wichtigeres zur Zeit in Deutschland zu tun !!

Quote23. November 2007 11:46
Re: Sollen sich lieber um wichtigere Dinge kümmern !
uschatko (542 Beiträge seit 08.01.01)

Du musst die Vergangenheit kennen um dieselben Fehler in der Zukunft
zu vermeiden. Und an Dir sieht man das zu wenig Leute die
Vergangenheit kennen...

Quote23. November 2007 11:49
Re: Sollen sich lieber um wichtigere Dinge kümmern !
Hangover (mehr als 1000 Beiträge seit 04.04.00)

danke, waren exakt meine gedanken





Quote23. November 2007 11:42
mal ein link, für die FDP
dannyray (53 Beiträge seit 23.07.07)

Die Geschichte des BND (WDR)
http://video.google.de/videoplay?docid=-308045487478695701



Quote23. November 2007 12:35
Und wo sind die Stasi-Leute hin?
Rume (243 Beiträge seit 20.03.01)

Zitat aus Wikipedia:

> Eingestellt wurden zu einem großen Teil ehemalige
> SS-, SD- und Gestapo-Offiziere. Noch 1970 waren
> zwischen 25-30 Prozent der Beschäftigten des BND
> ehemalige Angehörige dieser Organisationen. Aus
> ihnen entstand der zunächst namenlose, im Sprach-
> gebrauch als "Organisation Gehlen" bezeichnete
> Geheimdienst in der US-amerikanischen Besatzungszone.

Ganz hervorragend ist es daher, dass die Aufarbeitung erst 50 bis 60
Jahre später beginnt, wenn die meisten der Täter längst verstorben
sind. Viel mehr als ein paar Einträge in die Geschichtsbücher wird eh
nicht herauskommen, die zwar historisch ganz brauchbar sein könnten,
aber rechtlich nix mehr bringen. Die an ehemalige SS-Schergen
ausgezahlten Gehälter, Prämien und Pensionen sind eh futsch und
persönliche Strafen für Kriegsverbrechen eh nicht mehr ausführbar.

Deshalb würde ich viel lieber eine aktuelle Ausleuchtung sehen, die
in Richtung Stasi- und Mauerschützen-Unterwanderung des BKA oder auch
BND geht. Die Erfahrungen aus der DDR kann man angesichts der
hierzulande immer unverfrorener ausgesprochenen Forderungen nach
Abschaffung von Grundrechten sicherlich auch "gut gebrauchen":

> Das ist Sven Hüber. Vorsitzender des Haupt-
> personalrates bei der Bundespolizei. Er ist
> beteiligt, wenn es um Personalfragen im höheren
> Dienst geht. Sein oberster Chef der Innenminister.
> Hüber pflegt politischen Beziehungen. Zum Beispiel
> zu dem CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, zu SPD-
> Fraktionschef Peter Struck oder zu seinem einstigen
> Chef, Ex-Innenminister Otto Schily. Doch der
> Personalrat hat auch eine interessante Vergangenheit.
> In der DDR war Hüber Politoffizier der Grenztruppen
> an der Berliner Mauer. Ein linientreuer Genosse.
>
> http://www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_5575280.html

Und noch ein Artikel:

> Sven Hüber, Funktionär bei der Gewerkschaft der Polizei
> und ehemaliger Politoffizier der DDR-Grenztruppen,
> prozessiert wegen der Preisgabe seiner Vergangenheit
> in verschiedenen Medien. Hüber, als Hauptpersonalsrats-
> Vorsitzender im BKA beteiligt an etlichen Karriere-
> Entscheidungen, möchte also ungenannt bleiben; sein Anwalt
> pocht auf "die Interessen des Klägers an seiner Anonymität".
>
> http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/842/139551/

Aber das wird sicherlich auch erst in weiteren 50 bis 60 Jahren
passieren, wenn die ehemaligen Stasi- und Mauerschützen längst tot
sind und bis dahin ein unbehelligtes und angenehmes Leben führen
konnten.

Quote23. November 2007 12:42
Das heißt die FDP wird künftig auch abgehört?
Räuber Glotzenfotz (219 Beiträge seit 23.08.07)

Ich glaube kaum dass den BND das freuen wird wenn seine
NS-Vergangenheit dem deutschen Michel präsentiert wird. Ich vermute
mal da wird es noch einen richtig üblen Überwachungsskandal geben der
FDP gegenüber.

Journalisten und Aufklärer stehen ja nun nicht gerade hoch im Kurs
des BND...






Aus: "FDP will Gründungsgeschichte des Bundesnachrichtendienstes aufklären" Christiane Schulzki-Haddouti (23.11.2007)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/99456

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Quote[...] Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhard Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP
Aufarbeitung der Gründungsgeschichte der Nachrichtendienste unter besonderer Berücksichtigung möglicher Nachwirkungen des Nationalsozialismus
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat zwischen August und Oktober 2007 drei Kolloquien durchgeführt, in deren Mittelpunkt die kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Behörde insbesondere mit Blick auf den sozialhistori- schen Kontext ihrer Gründung und mögliche Nachwirkungen des Nationalsozi- alismus stand. Als Ergebnis will das Bundeskriminalamt ein externes For- schungsprojekt zur Untersuchung dieser und weiterer Aspekte in Auftrag geben. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Praxis beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und beim Bundesnachrichtendienst (BND).
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Haben sich in der Vergangenheit auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst mit dem Kontext ihrer Gründung und mög- lichen Nachwirkungen des Nationalsozialismus befasst?

2. Wenn ja, wann, in welcher Weise, und mit welchen Ergebnissen?

3. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit der Gründungsgeschichte der beiden vorgenannten Behörden und möglichen Nachwirkungen des Nationalsozialismus, und wie begründet sie ihre diesbe- zügliche Auffassung?

4. Planen die beiden vorgenannten Behörden ähnliche Veranstaltungen, wie sie das Bundeskriminalamt zwischen August und Oktober 2007 durchgeführt hat, und wenn ja, wann, bzw. wenn nein, warum nicht?


5. Trifft es zu, dass beim Bundesnachrichtendienst derartige Pläne bereits seit etwa einem Jahrzehnt bestehen, ohne bis jetzt verwirklicht worden zu sein, und wenn ja, was sind die Gründe hierfür?

6. Trifft es zu, dass derartige Pläne auch beim Bundesamt für Verfassungs- schutz bestehen, bisher aber an angeblich fehlenden Akten gescheitert sein sollen?

7. Führte die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand des damaligen Präsiden- ten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hubert Schrübbers, am 30. April 1972 wegen dessen angeblicher Tätigkeit in der NS-Justiz zu einer Aufar- beitung der Geschichte des Amtes, und wenn ja, mit welchen Ergebnissen, bzw. wenn nein, warum nicht?

8. Welche besonderen Kontinuitätslinien zu der Zeit des Nationalsozialismus wies das Bundesamt für Verfassungsschutz auf?

9. Trifft es zu, dass in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts insbesondere frühere Gestapomitarbeiter führende Positionen beim Bundes- amt für Verfassungsschutz inne hatten?

10. Welche besonderen Kontinuitätslinien zu der Zeit des Nationalsozialismus wies der Bundesnachrichtendienst auf?

11. Trifft es zu, dass das Personal des Bundesnachrichtendienstes in der An- fangszeit insbesondere aus Angehörigen der Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) des Oberkommandos des Heeres rekrutiert worden sein soll?

12. Trifft es zu, dass auf den Führungsebenen des Bundesnachrichtendienstes während der 1950er Jahre unter den leitenden Offizieren ehemalige Ange- hörige der SS (Schutzstaffel) und des SD (Sicherheitsdienst-Reichsführer) gewesen sein sollen?


Berlin, den 7. November 2007
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion




http://dip.bundestag.de/btd/16/070/1607063.pdf

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Reinhard Gehlen (* 3. April 1902 in Erfurt; † 8. Juni 1979 in Berg am Starnberger See) war General der Wehrmacht, Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) des deutschen Generalstabs, Leiter der Organisation Gehlen und erster Präsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND).
http://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Gehlen


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Quote[...] Berlin (AFP) — Der Bundesnachrichtendienst (BND) will seine Geschichte trotz massiver Widerstände aus dem eigenen Apparat wissenschaftlich erforschen lassen. Eine Entscheidung über die Art der Aufarbeitung stehe unmittelbar bevor, sagte BND-Sprecher Stefan Borchert dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag". Voraussichtlich werde sich der Auslandsgeheimdienst in Absprache mit dem Kanzleramt für die Ausschreibung eines Forschungsprojekts über die ersten zwei Jahrzehnte des Dienstes entscheiden. Die Akten der Jahre 1945 bis 1968 würden an das Bundesarchiv übergeben und dann Historikern und Journalisten zur Verfügung gestellt.

Bereits Ende 2007 hatte das Bundeskriminalamt (BKA) dem Bericht zufolge angekündigt, die eigene Geschichte aufarbeiten zu lassen und insbesondere auch die personelle Kontinuität des eigenen Hauses mit NS-Organisationen aufzuklären. Auch in dem 1956 als Bundesbehörde etablierten BND waren demnach in der Gründungsphase viele ehemalige SS-, SD- und Gestapo-Offiziere beschäftigt. Dies bestätigte die Bundesregierung im Dezember auf eine FDP-Anfrage hin. Die BND-Vorläuferformation "Organisation Gehlen" war im beginnenden Kalten Krieg von den US-Amerikanern aus der Aufklärungsabteilung "Fremde Heere Ost" der Wehrmacht gebildet worden.


Aus: "BND will eigene Geschichte aufarbeiten lassen" AFP (22.02.2008)
Quelle: http://afp.google.com/article/ALeqM5hnoDYp7IH9JOdCLDrSAWo0nM47jQ


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#17
Quote[...] 13.000 sexuell missbrauchte Kinder, tausende Priester als Täter: Der Pädophilie-Skandal hat die katholische Kirche in den USA in die Krise gestürzt.

[...] Zwischen den Jahren 1950 und 2002 sollen sich mehr als 5000 Priester landesweit an insgesamt 13.000 Kindern und Jugendlichen vergangen haben. Die Kirche musste zwischenzeitlich gut zwei Milliarden Dollar Entschädigung zahlen, fünf Diözesen meldeten Bankrott an.


Aus: "PAPST ZUM PÄDOPHILIE-SKANDAL: "Es bereitet tiefe Scham"" (Aus Washington berichtet Alexander Schwabe,  17. April 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,547910,00.html

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Quote[...] Nach Angaben der Opferschutzorganisation Broken Rites wurden in Australien bislang 107 Priester und andere Geistliche wegen sexueller Übergriffe verurteilt. Weitere Prozesse laufen noch. Broken Rites geht aber davon aus, dass die Justiz über weitere Fälle, von denen kirchliche Würdenträger Kenntnis haben, noch nicht informiert wurde.

...


Aus: "SYDNEY - Papst entschuldigt sich für sexuelle Übergriffe Geistlicher" (19.07.2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,566792,00.html


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Quote[...] Jede Gesellschaft hat ihre eigenen ultimativ normierten Sitten. Dringlicher noch als Knut Ipsen waren die obersten Chefs des DRK von 1933 an genötigt, sich zum Zeitgeist zu verhalten. Passenderweise ging ihre politische Meinung mit der des damaligen Regimes konform.

Kurz nach der Machtübernahme 1933 hatte die Spitze des DRK nichts gegen die Direktive der Regierung, dass es seine Arbeit fortan auf die Verpflegung von Kriegsverletzten konzentrieren solle.

Im Zweiten Weltkrieg fiel die Idee, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene als minderwertige Existenzen zu betrachten, die der Pflege weniger bedürftig wären als Volksdeutsche, auf allen Ebenen des DRK auf fruchtbaren Boden.

Das DRK konnte auf Hunderttausende freiwillige Hilfskräfte zurückgreifen. Für Schwestern und Sanitäter wurden rassenideologische Schulungskurse anberaumt.

[...] Natürlich hat das DRK die Eliminierung der linksgerichteten und der jüdischen freiwilligen Hilfskräfte in seinen Reihen gleich nach 1933 betrieben. SS-Chargen hatten frühzeitig Spitzenposten im DRK übernommen. Die stritten sich dann mit der SA und Martin Bormann, Chef der Reichskanzlei, Fürsprecher der SA. Die SS obsiegte.

Deshalb blieb das DRK nominell unabhängig. In dem unter seiner Aufsicht geführten Hospital in Hohenlynchen wurden grausame Experimente an Menschen durchgeführt. Was die Konzentrationslager angeht, schreiben die Autorinnen, das DRK habe als "willfähriges Sprachrohr des ,Dritten Reiches'" agiert, wenn auch "ungern": Man besichtigte diesen oder jenen Ort und erklärte hernach, dass alles dort bestens bestellt sei.

Von 1942 an entsprach das DRK dabei allerdings den Vorgaben des Internationalen Komitees Rotes Kreuz in Genf, das im Oktober 1942 beschloss, seine Kenntnisse über die deutschen KZs nicht öffentlich zu machen.

Die Autorinnen legen zwar alle Erkenntnisse auf den Tisch. Zu Urteilen, können sie sich aber kaum aufraffen. Vielleicht fühlen sie sich ihrem Geldgeber, dem Deutschen Roten Kreuz, verpflichtet.

Der letzte Satz ihres Buchs lautet: "So aufopferungsvoll und segensreich der Dienst der DRK-Einsatzkräfte vor Ort ... auch immer gewesen ist, so bleibt doch die Frage, ob die nationale Rot-Kreuz-Organisation in Deutschland in den Jahren 1933 - 1945 nicht allzu bereitwillig die auch auf fremdes Leid gerichteten humanitären Prinzipien des Roten Kreuzes preisgegeben" habe.

Das ist keine Frage. Das war so. Auch beschreiben die Autorinnen nicht, wie das DRK nach 1945 seine Kollaboration mit dem NS-System schöngeredet hat.

Eine Studie über den Flick-Konzern, die mit dem Geld des Kunstsammlers Friedrich Christian Flick jetzt vom Münchner Institut für Zeitgeschichte publiziert wurde, geht auf die Zeit nach 1945 ein. Die Frage ist: Wäre das für das DRK zu viel an "Vergangenheitsbewältigung" gewesen?


Aus: "Das Rote Kreuz und das NS-Regime - Die willigen Helfer" Von Franziska Augstein (SZ vom 25.06.2008/mst/odg)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/815/182250/



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Quote[...] Die Erinnerungslücken von Bundeskanzler Helmut Kohl erklärte CDU-Generalsekretär Heiner Geißler später mit einem ,,Blackout" des Kanzlers. Durch den Untersuchungsausschuss wurde klar, dass insgesamt mehr als 25 Millionen D-Mark aus Flicks schwarzen Kassen an Politiker von CDU/CSU, FDP und SPD geflossen waren.


Aus: "Flick-Affäre" (12. April 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Flick-Aff%C3%A4re

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Quote[...] Flick, dem es gelang, in der Zeit des Nationalsozialismus noch vor den Nazi-Größen und anderen Industriellen das bedeutendste deutsche Privatvermögen anzusammeln, wurde insbesondere wegen der Zwangsarbeit in seinen Betrieben angeklagt. Für Flick arbeiteten zwischen 40.000 und 60.000 Arbeiter. Die Arbeitsbedingungen in seinen Lagern waren selbst unter den damaligen Zeitumständen ausgesprochen grausam. Selbst eine Untersuchungskommission des NS-Staates bemängelte im Dezember 1942:

    Die Ostarbeiter sind gegenwärtig in Baracken für Kriegsgefangene mit schwerstem Stacheldraht und vergitterten Fenstern untergebracht. Entwesung (Desinfektion) mangelhaft. Viel Ungeziefer. Strohmatratzen mussten entfernt werden, daher Schlafen nur auf Drahtmatratzen. Zuweilen Prügel. Lohnfragen ungeklärt. Essen nicht besonders.

Die Ankläger im Flick-Prozess fassten zusammen, dass

    Zwangsarbeiter und die Kriegsgefangenen in den Ruhrbergwerken des Flick-Konzerns unter schrecklichen Bedingungen ausgebeutet wurden und dass Krankheit und Tod in ungeheurem Ausmaß die Folgen dieser Bedingungen waren. Auch ist es offensichtlich, dass in allen Betrieben des Flick-Konzerns besonders schlechte Bedingungen herrschten; in vielen Fällen waren die Unterkünfte elend, die Arbeitszeit übermäßig lang; Angst und Freiheitsentziehung, körperliche Leiden und Krankheit, Misshandlungen aller Art, darunter Auspeitschungen, waren an der Tagesordnung.

[...] Flick fühlte sich unschuldig verurteilt. Er war nicht bereit, in seinem Verhalten etwas anderes zu sehen als Handeln unter Notstand. Als einziger Industrieller reichte er bei der Hohen Kommission Widerspruch gegen sein Urteil ein. Am 25. Februar 1950 wurde er aus dem Gefängnis entlassen. Flick weigerte sich bis zu seinem Tod, den Zwangsarbeitern eine Entschädigung zukommen zu lassen, da dies seiner Meinung nach einem Schuldeingeständnis gleich gekommen wäre.




Aus: "Flick-Prozess" (28. Mai 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Flick-Prozess

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Quote[...] Die Friedrich Christian Flick Collection ist eine Sammlung moderner Kunst von Friedrich Christian Flick. Sie umfasst rund 2.500 Werken von 150 Künstlern und ist seit 2004 in Teilen in Berlin im Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart zu sehen. Die Ausstellung ist umstritten, weil die Gelder, von denen die Kunstwerke gekauft wurden, auch durch Zwangsarbeiter in Rüstungsbetrieben während der Zeit des Nationalsozialismus erwirtschaftet wurden.


Aus: "Friedrich Christian Flick Collection" (29. April 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Christian_Flick_Collection

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Quote[...] Ein im Oldenbourg Verlag erschienenes Buch des Münchner Instituts für Zeitgeschichte (ifz) beschäftigt sich nun mit der Geschichte des Flick-Konzerns im Dritten Reich. Auftraggeber war die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Geld dafür stellte der Enkel und Kunstsammler Friedrich Christian Flick zur Verfügung.


Aus: "Literatur Kritiken - Neues Buch zu Flick im Nationalsozialismus" (5. Jun. 2008)
Quelle: http://www.monstersandcritics.de/artikel/200823/article_86026.php/Neues-Buch-zu-Flick-im-Nationalsozialismus


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Quote[...] Die grundsätzlichen Fakten über Flick im Dritten Reich sind zwar bekannt, darunter die Beteiligung an ,,Arisierungen", die Beschäftigung zehntausender Zwangsarbeiter und nicht zuletzt auch Flicks Verurteilung nach dem Krieg. Das Verdienst des Autorengespanns Johannes Bähr, Axel Drecoll, Bernhard Gotto, Kim C. Priemel und Harald Wixforth liegt allerdings darin, eine Vielzahl neuer Mosaiksteine zur Geschichte des Flick-Konzerns im Dritten Reich zusammengetragen zu haben. Immerhin stützt sich die Untersuchung auf die Bestände aus 39 Archiven in fünf Ländern, darunter die National Archives in Washington.

Über die Tragweite von Flicks Verstrickung und seine Verantwortung lassen die Autoren keine Zweifel aufkommen. ,,Friedrich Flick erzielte im Dritten Reich Erfolge, wie sie kein anderer Eigentümerunternehmer erreichte." Vorrangige unternehmerische Ziele seien ,,Expansion und Machtzuwachs" gewesen. Dabei sei er ,,extrem kaltschnäuzig" vorgegangen, stellt Mitautor Bernhard Gotto klar. Im Mittelpunkt habe das Machbare gestanden, die moralischen und ethischen Dimensionen seines Handelns habe er ausgeblendet.

Nach Hitlers Machtübernahme expandierte Flick massiv. Er habe 1933 ,,keinen Augenblick gezögert, die Gunst der neuen Machthaber zu suchen", heißt es in dem Buch. Dabei profitierte er massiv von sogenannten Arisierungen, also der zwangsweisen Überführung jüdischer Unternehmen in deutsche Hände. Juristische Bedenken fielen nach und nach. Damit mauserte sich der Konzern zum drittgrößten deutschen Montankonzern und ,,einer der ersten Adressen im Rüstungsgeschäft".

Der massenhafte Rückgriff auf Zwangsarbeiter markierte die weiteste Verstrickung des Konzerns in die NS-Politik. In den Flick-Werken wurden während des Krieges nach Schätzungen der Autoren rund 100.000 Zwangsarbeiter beschäftigt. In manchen Betrieben des Flick-Konzerns lag ihr Anteil bei bis zu 85 Prozent. Zweifel und Skrupel spielten dabei keine Rolle. ,,Die Leute in den Führungsetagen wussten, was abläuft und kannten auch die Lebensbedingungen der Arbeiter", sagt Gottos Kollege Axel Drecoll.



Literaturangaben:
BÄHR, JOHANNES / DRECOLL, AXEL / GOTTO, BERNHARD / PRIEMEL, KIM C. / WIXFORTH, HARALD: Der Flick-Konzern im Dritten Reich. Herausgegeben durch das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Verlag Oldenbourg, München 2008. 1018 S., 60 Abbildungen, 20 Grafiken, 64,80 €.


Aus: ",,Extrem kaltschnäuzig": Neues Buch zu Flick im Nationalsozialismus" Von Michael Friedrich (Die Berliner Literaturkritik, 06.06.08)
Quelle: http://www.berlinerliteraturkritik.de/index.cfm?id=18343



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Quote[...] Nach Kriegsende wird das Thema Zwangsarbeiter Jahrzehnte lang ignoriert. Doch Staat und Gesellschaft machen in den Achtzigerjahren Druck. Der Flick-Konzern gibt 1986 seine jahrelange Weigerung auf und kündigt eine Entschädigung der ehemaligen KZ-Zwangsarbeiter an. Das alarmiert auch den Autobauer Daimler-Benz. Neun Tage vor dem 100-jährigen Firmenjubiläum tritt das Unternehmen 1986 die Flucht nach vorne an. Es soll noch im selben Jahr eine ungeschönte Geschichte des Konzerns in der NS-Zeit veröffentlicht werden. Das Ergebnis wird von Historikern stark kritisiert.

Karl-Heinz Roth von der Hamburger Stiftung für Sozialforschung beurteilt die Untersuchung als reine Gefälligkeitsstudie: "Sie präsentiert den Konzern so günstig wie es überhaupt nur geht und unterschlägt einen riesigen Teil." Historiker Goschler stellt rückblickend fest: "Entscheidend ist, dass Daimler-Benz in der letzten Kriegsphase schon begonnen hat, sich auf die Nachkriegssituation einzustellen." Wertvolle Produktionskapazitäten hätten von Zwangsarbeitern unter hohen Verlusten in Bunker und Höhlen in Schutz gebracht werden müssen. Das Wirtschaftswunder sei "unter erheblicher Beteiligung der Zwangsarbeit" zustande gekommen. "Hätten die Unternehmen nicht die Zwangsarbeiter gehabt, wären sie nicht in der Lage gewesen, ihre Betriebe zu erhalten, ihren Kapitalstock zu halten oder sogar auszubauen", so Goschler.

Die Konzernleitung in Stuttgart reagiert auf die Kritik mit einer weiteren Ankündigung: Am 13. Juni 1988 erklärt sie, 20 Millionen Mark Entschädigung für Zwangsarbeiter zu zahlen - als "humanitäre Geste". Der Interessengemeinschaft ehemaliger Zwangsarbeiter unter dem NS-Regime genügt das nicht: "Gemessen an der Summe, die Daimler-Benz durch die Ausbeutung der Zwangsarbeiter an Extraprofiten eingestrichen hat und am heutigen Finanzpolster der Firma, sind 20 Millionen Mark entschieden zu wenig." Als 1998 die rot-grüne Koalition in einer gemeinsamen Regierungserklärung eine Bundesstiftung zur Entschädigung fordert, setzt sich Daimler an die Spitze der Stiftungsinitiative deutscher Unternehmen. Im Sommer 2000 ist es soweit: Fünf Milliarden Mark von der Wirtschaft und fünf Milliarden Mark von der Bundesregierung sind eingesammelt. Im Juni 2007 hat die Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" die Auszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter abgeschlossen.



Aus: "Vor 20 Jahren: Humanitäre Geste entschädigt Zwangsarbeiter - "Humanitäre Geste"" (Stand: 13.06.08)
Quelle: http://www.wdr.de/themen/kultur/stichtag/2008/06/13.jhtml


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#21
Quote[...] In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Prügelstrafe für Kinder im Jahr 1973 abgeschafft. Das Bayerische Oberste Landesgericht erklärte noch 1979, dass "im Gebiet des Freistaates Bayern ein gewohnheitsrechtliches Züchtigungsrecht" besteht. 1980 wurde die Prügelstrafe an Schulen auch in Bayern abgeschafft. ...

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP


Aus: "Gewalt im Kinderheim - Ehemalige Heimkinder erheben Vorwürfe gegen Bischof Mixa" (31.3.2010 )
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-03/bischof-mixa-vorwurf-schlaege

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Quote[...] In den 50er- und 60er-Jahren ist es in kirchlichen Kinderheimen zu schweren Misshandlungen gekommen. Nach Informationen von NDR 1 Niedersachsen belegt das eine Dokumentation, die von der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Hannover in Auftrag gegeben wurde. Der Studie zufolge sollen zahlreiche Kinder geschlagen, gedemütigt und sogar vergewaltigt worden sein. Außerdem seien die Heimkinder zu Arbeiten wie Torfstechen oder dem Straßenbau verpflichtet worden.

Der Direktor der Diakonie in Niedersachsen, Manfred Schwetje, räumte Misshandlungen in kirchlichen Heimen ein. "Es gibt die Situation, dass Übergriffe in einigen Heimen keine seltene Ausnahme bildete", sagte er am Montag in Hannover. Wenn die Untersuchung abgeschlossen sei, solle über Hilfen für die Betroffenen entschieden werden. Diese erwarteten aber mehr als eine Entschuldigung. Die Caritas bezweifelte am Montag in einer ersten Reaktion eine Systematik der Gewalt in den kirchlichen Kinderheimen. Vielmehr seien die Erzieher dort durch die schlechten Voraussetzungen wahrscheinlich überfordert gewesen, so ein Caritas-Sprecher.

Der Verfasser der noch in Arbeit befindlichen Dokumentation, Hans Bauer, sagte, es habe sich nicht um bedauerliche Einzelfälle gehandelt, sondern um systematischen Missbrauch. Die schweren Misshandlungen seien zwar nicht von oben angeordnet, aber gängige Praxis gewesen. Ehemalige Zöglinge hätten ihm vom sexuellen Missbrauch durch das Personal der Einrichtungen berichtet, so der ehemalige Erziehungleiter. "Da vergingen sich Erzieherinnen an 13-jährigen Jungen und umgekehrt noch häufiger Erzieher an Mädchen. Da ist beides geschehen." Männer, die heute schon im Rentenalter seien, hätten ihm unter Tränen das ihnen zugefügte Leid geschildert. Jahrzehntelang hätten die Opfer aus Scham und der Angst davor, dass ihnen nicht geglaubt werde, geschwiegen.

Die Zahl der betroffenen Opfer soll in Niedersachsen bei rund 50.000 liegen. Experten schätzen, dass bundesweit rund eine halbe Million Kinder in kirchlichen Heimen misshandelt wurden. Dem Bericht von NDR 1 Niedersachsen zufolge ist die evangelisch-lutherische Landeskirche in Hannover eine der wenigen, die sich in dieser Frage der Vergangenheit stellt. Viele Betroffene hätten sich nie von dem Unrecht erholt.


Aus: "Niedersachsen - Studie: Kinder in kirchlichen Heimen misshandelt" (Stand: 15.09.2008 18:23)
Quelle: http://www1.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/missbrauch100.html

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Quote[...] Berlin - Die Große Koalition hat die staatlichen Hilfen für ehemalige DDR-Heimkinder ausgebaut und verlängert. Das Kabinett beschloss am Mittwoch, die Mittel auf bis zu 364 Millionen Euro aufzustocken - von zunächst 40 Millionen. Mit dem Geld soll Betroffenen dabei geholfen werden, die Folgeschäden zu bewältigen. In der DDR waren zwischen 1949 und 1990 knapp 500.000 Kinder und Jugendliche in Heimen untergebracht, darunter etwa 135.000 in Spezialeinrichtungen, die für besonders grausame Methoden der "Umerziehung" bekannt waren.

In der DDR wurden auffällige Kinder und Jugendliche, der Staatsideologie von der "allseitig gebildeten sozialistischen Persönlichkeit" entsprechend, als lästige Beiladung der Gesellschaft behandelt: Anders als im Westen waren die DDR-Jugendhelfer berechtigt, Kinder aus zerrütteten Familien auch ohne Einverständnis der Eltern in Heime einzuweisen. Problemfälle verschwanden in sogenannten Jugendwerkhöfen oder wurden in Heimen verwahrt. Ein System heilpädagogischer Beratung und psychologischer Betreuung gab es nicht.

Bis September 2014 hatten sich rund 27.500 Betroffene mit der Bitte um Unterstützung an den 2012 geschaffenen Fonds gewandt. Dadurch war die Aufstockung der Mittel notwendig geworden.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte den Beschluss. "Auch wenn wir mit den Leistungen des Fonds das Leid dieser Menschen nicht ungeschehen machen können, so können wir ihnen doch dabei helfen, heute mit den Folgen besser zu leben", sagte sie. Gewährt werden unter anderem medizinisch-therapeutische Hilfen, Hilfen in sozialen Notlagen und Ausgleichszahlungen für entgangene Rentenansprüche.

Die Erweiterung erfolgt in zwei Stufen: um weitere 240 Millionen Euro in den Jahren 2015 bis 2018, um die Restsumme anschließend bei Bedarf. Die Kosten teilen sich Bund und ostdeutsche Länder. Auch für ehemalige Heimkinder aus den westdeutschen Bundesländern gibt es einen Hilfsfonds.

ler/dpa


Aus: "Opfer der "Umerziehung": Kabinett stockt Hilfen für ehemalige DDR-Heimkinder auf" (25.02.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ddr-mehr-geld-fuer-ehemalige-heimkinder-a-1020408.html

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Quote[...] Eigentlich sollten sie dort ein Zuhause, Schutz und Fürsorge finden: Kinder, die nach dem Krieg bis in die 1970er-Jahre in Heimen, Psychiatrien und Einrichtungen der Behindertenhilfe in Schleswig-Holstein untergebracht waren. Sie leiden heute noch an den Folgen von Schlägen, Nahrungsentzug, von psychischem und sexuellem Missbrauch - oder Medikamentenversuchen. Sie erzählen von Pillen und Spritzen, die ihnen unter Zwang verabreicht wurden, von tagelangen Dämmerzuständen, Krämpfen und Schmerzen. Vor mehr als drei Jahren hatte der NDR Schleswig-Holstein recherchiert, dass es im ehemaligen Landeskrankenhaus Schleswig an Kindern und erwachsenen Patienten Versuchen mit Medikamenten gab - in mehr als 1.000 Fällen.

m Januar hatten Forscher der Universität Lübeck die Medikamentenversuche vor dem Sozialausschuss im Landtag bestätigt. Im Anschluss sprach der Ausschussvorsitzende über die Idee, dass das Land die Opfer mit einem Hilfswerk unterstützen könnte. Dazu kursiert laut Informationen von NDR Schleswig-Holstein jetzt ein erster Vorschlag unter den Regierungsfraktionen mit Eckpfeilern, wie eine solche Einrichtung im Land gestaltet sein könnte.

Demnach soll das Hilfswerk des Landes Heimkindern, Opfern sexueller Handlungen und Geschädigten staatlichen Handelns zu Gute kommen. Dabei soll die soziale, berufliche und gesellschaftliche Integration gefördert und vor allem durch Landesmittel finanziert werden.

Das Land beteiligt sich zwar bereits an bundesweiten Entschädigungsfonds - ein eigenes Hilfswerk des Landes, das Entschädigungen auszahlen und Hilfen bereitstellen könnte, gibt es bislang aber nicht.

Die Idee für das Hilfswerk kommt ursprünglich aus der CDU-Fraktion. Für Werner Kalinka ist dies ein wichtiges Signal: "Das Thema der Heimkinder ist in besonderer Weise ein Anliegen von uns." Auf NDR Anfrage stimmen inzwischen auch fast alle anderen Fraktionen im Grundsatz zu. So sprechen die Grünen von einer "super Grundlage". Wichtig sei jetzt, die Betroffenen selbst in die Planung mit einzubinden. Die FDP wollte den laufenden Vorgang nicht kommentieren. Der SSW wünscht sich für ein solches Hilfswerk einen niedrigschwelligen Zugang für Betroffene. Für die AfD stimmt die Richtung des Vorschlags.

Zustimmung kommt auch von der SPD: Laut der sozialpolitischen Sprecherin Birte Pauls seien manche Opfer so traumatisiert, dass sie trotz vorhandener Sicherungssysteme ihr Leben lang Begleitung und Unterstützung bräuchten. Das zu organisieren, sei im Sinne der SPD. Pauls ist allerdings gespannt, "wie sich der Minister an dieser Stelle bewegt - und ob die Landesregierung mit diesem Vorschlag einverstanden ist", sollte es zu einer Mehrheit im Parlament kommen.

Der Sozialausschuss-Vorsitzende Kalinka ist zuversichtlich. Er hätte bereits im Januar - als Lübecker Forscher ihr Zwischenergebnis zu Untersuchungen der Medikamentenversuche an Heimkindern vorgestellt haben - den Eindruck gehabt, "dass auch Sozialminister Garg es für richtig ansieht, dass wir hier etwas tun." Der Sozialminister selbst hat dem NDR zu dem Thema kein Interview gegeben. Aus dem Ministerium hieß es zur Idee des Hilfswerks, sie sei derzeit "in Prüfung". Abschließend habe der Landtag über weitergehende Maßnahmen für die Betroffenen zu entscheiden. Das Ministerium werde noch in dieser Legislaturperiode dazu einen Vorschlag machen.

Die Finanzierung eines solches Hilfswerk soll laut Vorschlag der CDU-Fraktion "aus Mitteln des Landes" Schleswig-Holstein kommen. Zusätzlich sollen "Organisationen, Unternehmen und Träger" gebeten werden, "eine finanzielle Beteiligung am Hilfswerk zu prüfen." Günther Jesumann, der Beauftragte für ehemalige Heimkinder, wünscht sich vor allem ein Engagement von Pharmaindustrie und Kirchen: "Ich hoffe, dass alle einsehen, so wie das Land es offensichtlich tut, dass man da Verantwortung trägt - auch als Verantwortungsnachfolger."

Und was sagen die Betroffenen selbst zu diesem Vorschlag? "Es ist sehr ehrenwert, dass man die Einrichtung eines solchen Hilfswerkes beabsichtigt", meint Eckard Kowalke, Vorsitzender des Vereins ehemaliger Heimkinder in Schleswig-Holstein. "Wir als Opferverband würden es begrüßen, wenn wir bei der Einrichtung eines solchen Hilfswerkes von vornherein mit einbezogen würden."

Wichtiger noch als das Schaffen einer Neueinrichtung sei aber, die bereits bestehenden Möglichkeiten zugänglicher und weniger bürokratisch zu gestalten - wie zum Beispiel das Opferentschädigungsgesetz. Die Frist für Anträge der Stiftung Anerkennung und Hilfe als Unterstützung läuft bis zum Jahresende aus. Bis dahin können Menschen, die in der Nachkriegszeit in einer Heimeinrichtung oder Psychiatrie untergebracht waren und dort Unrecht erlitten haben, eine finanzielle Entschädigung und Rentenleistungen beantragen.


Aus: "Medikamentenversuche: Hilfswerk des Landes für Heimkinder?" Julia Schumacher und Christian Schepsmeier (04.03.2020, NDR 1 Welle Nord)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Ein-Hilfswerk-fuer-Heimkinder,heimkinder242.html

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Quote[...] 1957 brachte die Pharmafirma Grünenthal das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan auf den Markt. Schwangere, die das Medikament schluckten, bekamen vermehrt missgebildete Kinder. Im Jahr 1961 schnellte die Zahl fehlgebildeter Kinder in die Höhe. Noch im selben Jahr wurde das Mittel vom Markt genommen.

Bevor Contergan 1961 vom Markt genommen wurde, ist das Medikament in der Caritas-Lungenheilanstalt Marie Grünewald an mehr als 300 tuberkulosekranken Kindern getestet worden. Das zeigen Recherchen des ARD-Magazins Report Mainz. Demnach seien mehrere Medikamentenstudien durchgeführt worden. Ob Kinder dadurch geschädigt wurden, sei nicht bekannt.

Dem Bericht zufolge seien den zwei bis 14 Jahre alten Kindern teilweise gezielt Überdosen verabreicht worden. Die Ergebnisse wurden demnach Ende des Jahres 1960 veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt habe es schon seit mehr als einem Jahr zahlreiche Hinweise auf die schweren Nebenwirkungen von Contergan gegeben.

Ein niedergelassener Kinderarzt aus Stuttgart soll das Medikament außerdem zum Teil erst zwei Wochen alten Säuglingen verabreicht haben. Wie das Magazin berichtet, habe er seine Tests an insgesamt 89 Kindern durchgeführt, um damit die Wirkung des Schlafmittels auf unruhige und "verhaltensgestörte" Kinder zu erproben.

Man habe nichts von den Versuchen gewusst und sei erschüttert, sagte der Vorsitzende des Caritasverbandes für das Bistum Trier und Weihbischof Franz Josef Gebert dem Magazin. "Soweit wir das tun können, bedauern wir das sehr und entschuldigen uns für Fehler, die unter dem Namen der Caritas passiert sind", sagte Gebert. Es sei beschämend, wenn wehrlose Kinder zu Objekten von Experimenten würden.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte die Medikamentenstudien mit Contergan Menschenversuche. "Die Studie hätte so niemals durchgeführt und publiziert werden dürfen. Man ist quasi volles Risiko gegangen, wie man es sonst nur in Tierversuchen wagen kann." Solch eine grobe Gefährdung von Kindern hätte für die Ärzte heute wahrscheinlich Haftstrafen zur Konsequenz, sagte Lauterbach weiter. Alle beteiligten Ärzte hätten eine sehr hohe Schuld auf sich genommen.

Der Contergan-Hersteller Grünenthal teilte laut Report Mainz mit, Medikamentenstudien an Kindern seien zur damaligen Zeit nicht unüblich gewesen. Aus heutiger Sicht seien sie aber nicht nachzuvollziehen. Außerdem entsprächen sie nicht den aktuellen strengen ethischen Grundsätzen der Arzneimittelforschung. Die Contergan-Tragödie werde immer Teil der Firmengeschichte von Grünenthal bleiben. Die weitreichenden Folgen für die betroffenen Menschen bedauere man zutiefst.


Aus: "Contergan offenbar an kranken Kindern getestet" (18. August 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-08/contergan-medikamentenversuche-kinder-saeuglinge

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Quote[...] 1890 nahm die ein Jahr zuvor in München von Carl von Thieme und Wilhelm von Finck gegründete Allianz Versicherungs-AG in Berlin ihre Geschäftstätigkeit auf. Die Gesellschaft wurde in der Anfangszeit maßgeblich durch das Bankhaus Merck Finck & Co, die Dresdner Bank AG sowie der von Thieme und Finck zuvor gegründeten Münchener Rückversicherung finanziert. 1893 wurde in London die erste Auslandsfiliale eröffnet, 1895 wurden die Aktien des Unternehmens erstmals an der Berliner Börse gehandelt.

1906 bestand die Allianz ihre erste Belastungsprobe, als sie einen nicht unerheblichen Teil der Entschädigungen nach dem verheerenden Erdbeben in San Francisco zu leisten hatte. Als im April 1912 die Titanic sank, musste die Allianz ebenfalls hohe Entschädigungszahlungen leisten.

1922 wurde die Tochtergesellschaft Allianz Lebensversicherungs-AG gegründet. Während der in den 20er Jahren durch Deutschland rollenden Fusionswelle wurden mehrere Firmen (u. a. die Frankfurter Versicherungs-AG, Bayrische Versicherungsbank AG) von der Allianz aufgekauft, die aber teilweise ihren Namen behalten konnten und bis ins 21. Jahrhundert halbautonom am Markt agierten. 1932 startete die Allianz ihr Engagement in der Schadenforschung und eröffnete eine Materialprüfstelle zur Schadenforschung, aus der später das Allianz Zentrum für Technik (AZT) hervorging. Ziel war es, aus den Schadenereignissen gewonnene Erkenntnisse interessierten Unternehmen zur Schaden- und Risikominimierung zur Verfügung zu stellen. Von 1933 bis 1945 versicherte die Allianz auch Unterorganisationen der NSDAP und erschloss im Zuge der Ausbreitung des Deutschen Reiches neue Geschäftsfelder. Unter anderem wurde durch die Übernahme jüdischer Versicherungshäuser der Kundenstamm ausgeweitet. Darüber hinaus wurden Gebäude und Personal in Auschwitz und Dachau von der Allianz versichert. Die Allianz profitierte damit direkt von der Deportation.

...


Aus: "Allianz SE" (28. September 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Allianz_SE


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Quote[...] Die Allianz war wie andere Versicherer auch im Dritten Reich der Politik der Nationalsozialisten gefolgt und hatte in den 40er-Jahren unter anderem Lebensversicherungen von Juden beschlagnahmt und nicht ausgezahlt. Der Konzern versicherte auch Konzentrationslager wie das in Auschwitz. 2002 einigte sich die deutsche Versicherungswirtschaft mit dem Wiedergutmachungsverband ICHEIC, der mehr als 300 Mio. Dollar an Personen mit Ansprüchen aus Policen ausschüttete. Die Allianz ist zudem Mitglied der "Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft", die Entschädigungen an ehemalige Zwangsarbeiter gezahlt hat.

Die Unternehmensgeschichte von 1933 bis 1945 hatte die Allianz unter anderem vom jüdischen Historiker Gerald Feldman untersuchen lassen "Wir haben uns unserer Vergangenheit gestellt", sagte eine Konzernsprecherin.

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Gerald D. Feldman: Die Allianz und die deutsche Versicherungswirtschaft 1933-1945. München, Verlag C.H. Beck, 2001 - ISBN 3406482554


Aus: "Allianz wird in USA mit Nazi-Vergangenheit konfrontiert" Von Martin Dowideit (13. September 2008)
Quelle: http://www.welt.de/welt_print/article2438425/Allianz-wird-in-USA-mit-Nazi-Vergangenheit-konfrontiert.html


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#23
Quote[....] Karlheinz Deschner (eigentlich Karl Heinrich Leopold Deschner; * 23. Mai 1924 in Bamberg) ist ein deutscher Schriftsteller und Religions- und Kirchenkritiker. Zu seinen Werken zählen unter anderem Abermals krähte der Hahn (1962) und die auf zehn Bände angelegte Kriminalgeschichte des Christentums.

Deschner beschrieb einmal seine Motivation zum Schreiben so: ,,Ich schreibe aus Feindschaft. Denn die Geschichte derer, die ich beschreibe, hat mich zu ihrem Feind gemacht". Dazu sagte der emeritierte Professor für Kirchengeschichte an der Universität Bamberg, Georg Denzler, der selbst mit kirchenkritischen Texten hervorgetreten ist: ,,Eine solche Motivation kann niemals die Basis für eine ernst zu nehmende Geschichtsschreibung sein." In einer Stellungnahme anlässlich von Deschners 80. Geburtstag benannte Denzler folgende Einwände seiner Wissenschaftlerkollegen: ,,Er (Deschner) kennt kein Quellenstudium, er trifft eine höchst einseitige Literaturauswahl, interpretiert gedruckte Quellen ohne Berücksichtigung des Zusammenhangs, nimmt Einzelereignisse für das Ganze und täuscht einen gelehrten Anmerkungsapparat vor, bei dem oft nicht zu kontrollieren ist, was behauptet wird." Deschner sei kenntnisreich, doch mangele es ihm an historischem Denken und historischem Urteilen.[6]

In letzter Zeit nannte Hubertus Mynarek den Kirchenkritiker einen bloßen Kompilator, ,,dessen Werke eine fundamentale Abhängigkeit von den Forschungsresultaten der historisch-kritisch arbeitenden Theologen aufweisen".[7] Joachim Kahl zeigt sich über zahlreiche Aphorismen Deschners erschrocken, worin er ein Menschenbild als ,,hämisch herabsetzend, fatalistisch, voll Sehnsucht nach Tod und Tötung" zu erkennen glaubt.[8] Armin Pfahl-Traughber kritisiert an Deschners Buch Der Moloch, dass es teilweise auf dubiosen Quellen beruhe, an einen ,,Stammtisch-Diskurs" erinnere und stellenweise suggeriere, dass ,,die US-Amerikaner schlimmer als die Nationalsozialisten waren".[9]

Es gibt jedoch auch Wissenschaftler, die Deschner und sein Werk, zumindest das kirchenkritische, positiv bewerten. Drei Beispiele von vielen: Der Philosophieprofessor Wolfgang Stegmüller urteilte über ihn kurz und knapp: ,,Der bedeutendste Kirchenkritiker des Jahrhunderts". Horst Herrmann, Professor zunächst für katholisches Kirchenrecht, dann – nach Konflikten mit der Kirche – für Soziologie, äußerte sich wie folgt: ,,Deschner bietet Texte, an denen wir uns schärfen, keine an denen wir ermüden, weil sie so erschöpft sind wie die kirchensatte Entschuldigungsliteratur. Soll kontrastiert werden, braucht er keinen Vergleich zu scheuen. Seine Schriften werden in Schulen gelesen, die kein Hirtenbrief mehr interessiert, und wenn das Wort zum Sonntag verstummt sein wird, spricht sein Text. Sicher wird einmal auch ein Karlheinz-Deschner-Preis gestiftet." (Was inzwischen geschehen ist, s.o.). Und die Kirchenkritikerin Uta Ranke-Heinemann urteilt: ,,Der europäische Bürger, den beim Begriff ,Christliches Abendland' satte Zufriedenheit zu befallen pflegt, weil ,Christliches Abendland' in seinen Ohren nach frommer Rechtschaffenheit klingt, sieht nach der Lektüre von Deschner seine Suppe voller Haare. Christliche Unwissenheit und Arroganz werden durch Deschner empfindlich gestört." (Nein und Amen. Mein Abschied vom traditionellen Christentum, Heyne München, 7. Aufl. 2007, S. 298f.) und ,,... einer, der auch Verdrängtes wieder bewußt werden läßt, einer, der über den vielen vergessenen Gräbern der Opfer der Kirche trauert". (Revier-Rundschau Bochum)

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Aus: "Karlheinz Deschner" (14. September 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Deschner

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Quote[...] Herr Deschner, Sie arbeiten nun seit über 20 Jahren an der ,,Kriminalgeschichte des Christentums". Erste kirchenkritische Schriften von Ihnen erschienen vor über 50 Jahren. Was hat Sie über diesen langen Zeitraum hinweg motiviert?

Karlheinz Deschner: Schlicht die Tatsache, dass ich Unrecht nicht leiden kann, dito Heuchelei. Zumal wenn man beide in welthistorischen Dimensionen praktiziert; wenn man, ganz systematisch, das Geschehene umfälscht; aus Massenmördern Heroen, Vorbilder, ,,die Großen" macht, aus Gaunerchen und Gaunern ,,Heilige"; wenn man das himmelschreiende Unrecht der ,,Heilsgeschichte" von Jahrhundert zu Jahrhundert in lammfromme Sprüche verpackt, in unverschämte Lügen. Oder rief nicht schon Helvétius: Wenn man ihre Heiligenlegenden liest, findet man die Namen von tausend heiliggesprochenen Verbrechern?

Sie haben akribisch Gräueltaten, Völkermorde, Folterungen aufgezeigt, die über die Jahrhunderte hinweg von Menschen an Menschen verübt wurden – die Schuld daran suchen Sie im christlichen Glauben. Aber ist tatsächlich der Glaube, die Religion daran schuld – oder ist nicht der Mensch von vorneherein böse und zum Frieden unfähig? Gräueltaten werden auch im Namen anderer Religionen verübt. . . man denke nur an den 11. September 2001.

Deschner: Aber entlastet es denn das Christentum, dass auch andere Religionen kriminell sind? Voran die monotheistischen, die kraft des Auserwähltheitsanspruchs ihrer ,,Offenbarungen" etwas besonders Chauvinistisches haben, die extrem gewalttätig sind? Entlastet es denn einen Verbrecher, dass auch andere Leute Verbrecher sind? Und wenn der Mensch von vornherein böse war, ich weiß es nicht, entbürdet dies das Christentum, das gerade seine größten Scheußlichkeiten stets im Namen Gottes und der Religion begangen hat? Sklaverei, Inquisition, Indianerausrottung, Kreuzzüge, Kreuzzüge in alle Himmelsrichtungen, überhaupt ungezählte Gemetzel (im 17. Jahrhundert führten christliche Staaten nur in einem einzigen Jahr keinen Krieg!) bis hin zu den von allen Kirchen fanatisch geförderten Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Was den ,,11. September" betrifft, bleibt erst noch abzuwarten, ob ein islamisches Monsterdelikt dahintersteckt oder ein christlicher Staatsakt sozusagen, der übrigens sehr an Pearl Harbor denken lässt auf der Hawaii-Insel Oahu, wo am 7. Dezember 1941 Franklin Delano Roosevelt, der Präsident der Vereinigten Staaten, einen Großteil der US-Pazifikflotte kühl kalkuliert in den Meeresgrund bomben ließ und fast zweieinhalb Tausend amerikanische Soldaten dazu, um einen Kriegsgrund gegen Japan zu bekommen.

Ob die Welt wohl friedlicher wäre, wenn man die Religion aus den Köpfen herausbringen könnte? Ich fürchte, dann würden die Machtgierigen andere Vorwände finden, um ihre Macht gewaltsam auszuweiten oder zu zementieren.

Deschner: Ohne Religion, ohne institutionalisierte Religion, wäre ein gewaltiger Faktor des Unfriedens beseitigt, aber gewiss nicht der Unfrieden an sich. Die Mächtigen, Sie haben recht, fänden andere Vorwände für die Ausübung ihrer Macht. Denn Macht ist da alles. Ohne Macht sind Machthaber nichts und vermögen sie nichts. Das ganze große Welttheater hat sich immer zuerst und zuletzt um Macht gedreht. Macht aber führt früher oder später zu Gewalt. Und Gewalt führt zu Verbrechen. Jede Weltmacht wurde Weltmacht durch Verbrechen, neben denen alle Werke der Unterwelt verblassen.

Sehen Sie über die Jahrhunderte hinweg eine Entwicklung zum Besseren? Zu mehr Toleranz, zu mehr Friedfertigkeit bei den christlichen Kirchen? Schließlich führt der Papst keine Kriege mehr gegen Heiden . . .

Deschner: Nein, Kriege, Kriege in eigener Regie, führt der Papst inzwischen keine mehr, nicht mehr gegen Heiden und nicht mehr gegen Christen, weil man ihm alles, womit er jahrhundertelang Kriege geführt, weggenommen hat – Truppen, Generäle, Schlachtschiffe, Kanonen, Festungen, Waffenfabriken. Doch gibt es Möglichkeiten, die Menschheit auf andere Weise, gleichsam friedlicher, zu bekämpfen. Ideologisch, durch dogmatischen Wahnsinn, der sich ja nie mit dem bloßen Glauben begnügt, der ,,missionieren", ausgreifen will; durch Unterstützung einer desaströsen Gesellschaftsmoral, die die Armen zugunsten der Reichen betrügt; durch eine desaströse Sexualmoral, die im Mutterschoß schützt, was sie preisgibt im Krieg; durch das Verbot der Empfängnisverhütung, das noch Opfer fordern könnte, wenn es gar kein Papsttum mehr gibt, aber Opfer solange Menschen leben werden und sterben. Im Übrigen ist das Papsttum, seine ganze Geschichte beweist es, intolerant durch und durch, ist tolerant nur, wenn es die Opportunität erheischt, wenn es zweckdienlich ist, wenn es einfach nicht mehr anders geht, aber nur dann!

Dass Bücher wie die Ihren erscheinen können – ist das nicht Zeichen einer Verbesserung?

Deschner: Ach ja, so fragt man häufiger. Auch ich selbst soll der leibhaftige Gegenbeweis meiner kirchenfeindlichen Haltung sein. Denn wären, sagt man, meine Gegner wirklich so schlecht, wie sie bei mir erscheinen, würde ich dann noch leben? Aber könnte ich nicht, frage ich zurück, vielleicht gerade diesem Gedankengang mein Leben verdanken?

Die Verbesserung ist also nur eine vermeintliche – ist sie einfach nur der Tatsache geschuldet, dass die Kirche an Macht eingebüßt hat?

Deschner: Natürlich ist die ,,Verbesserung" bloß scheinbar, ist sie erzwungen. Seit Paulus, das heißt von Anbeginn, und gerade von Anbeginn an, lebt das Christentum von der Anpassung. Und gar keine Frage: Man hat nicht erst heute weniger Macht. Aber man hat noch Macht, teilweise enorme Macht. Doch man operiert subtiler, ja. Man täte wenig lieber, als unsereinen zu foltern und zu verbrennen, ,,schön von unten herauf", hätte man die Macht dazu. Kein Geringerer aber als der englische Schriftsteller und Konvertit Gilbert Keith Chesterton konnte sich gut eine Zukunft denken mit dem ganzen Apparat der Inquisition, mit Tortur und Scheiterhaufen.

Wer Ihre ,,Kriminalgeschichte" liest, kommt zu der Erkenntnis, dass das Christentum nicht mehr viel mit der Lehre Jesu zu tun hat. Wie konnten die Ursprünge in Vergessenheit geraten?

Deschner: Mit der überlieferten Lehre Jesu hatte das Christentum nie viel zu tun. Wir wissen ja nicht einmal annähernd, was Jesus gelehrt hat. Die Evangelisten, das betont die gesamte kritische Bibelwissenschaft, hatten an historischer Realität überhaupt kein Interesse. Ihre von Ungereimtheiten und Widersprüchen nur so strotzenden Schriften sind mythologische Literaturprodukte, Erzeugnisse der gläubigen Gemeindefantasie, sind nur, wörtlich, mit äußerster Vorsicht zu benutzende ,,Anekdotensammlungen". Einmütig ferner erklärt die moderne historisch kritische christliche Theologie, dass sich auch von Jesu Leben so gut wie nichts mehr erkennen lasse. Zwar hält sie an seiner Existenz als solcher fest. Doch sicher ist auch dies nicht. Es spricht eben so viel dafür wie dagegen – die Profangeschichte jener Zeit ist unergiebig. Ob aber historisch oder nicht, fest steht: Der Gründer des Christentums ist nicht Jesus, sondern Paulus. Und weit wichtiger noch: Nichts im Christentum ist originell. Vom zentralsten Dogma bis zum periphersten Brauch ist alles, restlos alles, schon vorher da gewesen, im Judentum, im Hellenismus, in der indischen Geisteswelt.

Können Sie Beispiele nennen?

Deschner: Trinitäten, die Messias-Idee, die Naherwartung des Endes, vom Himmel kommende Gottessöhne, vom ,,Vater" gesandte Erlöser, Jungfrauensöhne, die Geburt in der Krippe, die Geschichte vom leeren Grab, Himmelfahrten lebendigen Leibes. Natürlich gab es Wunder massenweise. Man lebte, schreibt der Theologe Trede, denkend und glaubend in einer Wunderwelt wie der Fisch im Wasser. So gibt es auch kein Wunder in den Evangelien, das nicht schon vorher gewirkt worden wäre, ob Geisteraustreibungen, wunderbare Speisevermehrungen, ob Wandel auf dem Wasser oder Totenerweckungen. Es gab Wallfahrtsstätten wie heute Lourdes, gab eine sakramentale Taufe, ein sakramentales Mahl, überhaupt die Siebenzahl der Sakramente, die Zwölfzahl der Apostel, den Verräter. Es gab leidende, sterbende und wieder auferstehende Gottessöhne, auch nach drei Tagen oder am dritten Tag wieder auferstehende, es gab gekreuzigte Götter. Die Dionysos-Gemeinden haben ihren Gott über einem Altartisch mit Weingefäßen am Kreuz verehrt. Genug– man könnte, ich übertreibe nicht, stundenlang oft bis in die kleinsten Gemeinsamkeiten gehende Details aufzählen, und gläubige Zweifler finden all dies und mehr auch und gerade in den Forschungen kritischer christlicher Theologen belegt – denn nichts im Christentum ist neu auch nicht sein sogenanntes ,,Proprium", die Nächsten –, die Feindesliebe, worum man sich ohnehin am wenigsten gekümmert, kurz, vom Weihnachtsfest zur Himmelfahrt: lauter Plagiate!

QuoteKommentar von anho99   am 01.10.2008 12:14:56
Dringend nötige Aufklärungsarbeit

Das ist eine dringend nötige Aufklärungsarbeit, damit die Welt nie wieder eine Scheibe wird...


Aus: "Religionskritiker Karlheinz Deschner: Die Kriminalgeschichte des Christentums" (mainpost.de, 01.10.2008)
Karlheinz Deschner über Religionen als Problem und die noch immer sehr große Macht der Kirche
Das Gespräch führte Ralph Heringlehner
Quelle: http://www.mainpost.de/nachrichten/kultur/Kultur-Karlheinz-Deschner-Religionskritik-Christentum;art3809,4726314


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Quote[...] Gustav Noske (* 9. Juli 1868 in Brandenburg an der Havel; † 30. November 1946 in Hannover) war ein SPD-Politiker und der erste sozialdemokratische Minister mit der Zuständigkeit für das Militär in der deutschen Geschichte. Gustav Noske ist zudem bekannt durch seine zentrale Rolle in der Novemberrevolution und den nachfolgenden sozialen und politischen Auseinandersetzungen in den Jahren 1918 bis 1920.

[...] Da er selber in seiner Schilderung der Diskussion, wie gegen die Aufständischen des Januar 1919 vorgegangen werden sollte, seinen Ausspruch ,,Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht" überlieferte (Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution, Berlin 1920, S. 68), trägt er seitdem, meist unter Kommunisten, den Beinamen der Bluthund oder Blutnoske.

Der Leiter der Antibolschewistischen Liga Eduard Stadtler hatte am 9. Januar 1919 eine Unterredung mit Noske, bei der er dessen Zaudern zum militärischen Einmarsch gegen die Sozialisten zu brechen versuchte. Noske soll zum Schluss gesagt haben: ,,Das ist eine große Aufgabe, die sie mir zuweisen, ich werde sehen." Am Tag darauf gab Noske den Einsatzbefehl.[1] Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von den Mannen Major Pabsts, Kommandeur Waldemar Pabsts, mit dem Noske in Kontakt stand, ermordet.[2]

In seiner weiteren Regierungstätigkeit zeigte sich sein zu zögerliches Verhalten gegenüber den machtorientierten Militärs. Er handelte nur zaghaft gegenüber den reaktionären Bestrebungen der extremen politischen Rechten, die bei den kaiserlichen Offizieren viele Sympathien besaß. Er teilte ihren Antibolschewismus und ließ den von der Reichswehr unterstützten Freikorps weitgehend freie Hand bei ihrem harten Vorgehen gegen Streiks und kommunistische Aufstände. Bei den Kommunisten verlor er mit dieser Haltung jede Sympathie. Als er in Absprache mit Friedrich Ebert die reaktionären Freikorps, u.a. die Brigade Ehrhardt am 29. Februar 1920 auflöste, kam es zum reaktionären Kapp-Lüttwitz-Putsch vom 13. März 1920. Auch Reichspräsident Friedrich Ebert konnte Noske nicht mehr halten. Wegen ,,Begünstigung der Konterrevolution" wurde Noske nach dem Kapp-Putsch zum Rücktritt als Reichswehrminister gezwungen.

Noske wurde 1920 auf den Posten des Oberpräsidenten der preußischen Provinz Hannover abgeschoben. Seine Versuche, nach 1920 in der SPD wieder Fuß zu fassen, scheiterten. So forderte z. B. der Bezirksvorstand der SPD Pommerns im Januar 1928 mit einem einstimmigen Beschluss den Parteivorstand der SPD auf, eine Kandidatur Noskes für die Reichstagswahl 1928 zu verhindern.

[...] Noske, der nach dem Preußenschlag nicht wie so viele andere sozialdemokratische beziehungsweise republiktreue Spitzenbeamte entlassen wurde, erhielt nach der Machtergreifung umgehend die Aufforderung, sich in Berlin einzufinden. Am 6. Februar 1933 besprach Hermann Göring persönlich mit ihm die Modalitäten seines Ausscheidens aus dem Amt des Oberpräsidenten. Noske wurde zugesichert, er könnte bis zum 1. Oktober 1933, also bis zum Erreichen der Altersgrenze, im Amt verbleiben. Allerdings müsse er bis dahin Urlaub nehmen. Noske willigte ein. Göring hielt seine Zusage in der Folgezeit nicht ein. Anfang Mai 1933 ließ er mitteilen, dass nun das Amt des Oberpräsidenten für Viktor Lutze frei zu machen sei. Mitte Mai folgte die Versetzung Noskes in den einstweiligen Ruhestand. Am 26. September 1933 wurde Noske schließlich unter Bezugnahme auf das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums endgültig entlassen.

Im Umfeld des 20. Juli 1944 wurde er von den Nazis verhaftet und zuerst ins Lager Fürstenberg/Havel verbracht, das zu dem Konzentrationslager Ravensbrück gehörte. Er überlebte die insgesamt siebenmonatige Haft in diesem Lager und dann im Gefängnis Lehrter Straße in Berlin-Moabit.

Zu einem politischen Comeback Noskes nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es nicht mehr. Sozialdemokraten der Westzonen wie Kurt Schumacher verteidigten Noske gegen die Anwürfe der Kommunisten, aber machten ihm gleichzeitig deutlich, dass sie auf eine aktive politische Rolle für ihn keinen Wert legten. Erst in letzter Zeit beginnen Sozialdemokraten wieder, sich zu Noske zu bekennen. So erklärte der SPD-Verteidigungspolitiker Johannes Kahrs (MdB) öffentlich, er zähle Gustav Noske zu seinen politischen Vorbildern.

Kurz vor seinem Tod 1946 verfasste Noske einen Teil seiner Memoiren, in denen er den ,,ostjüdischen" Einfluss in der deutschen Arbeiterbewegung brandmarkte (Rosa Luxemburg etwa war polnisch-jüdischer Herkunft). Obwohl er vorgab, kein Antisemit zu sein, behauptete er dennoch, ,,daß die ostjüdischen ,Marxisten' eine besondere Veranlagung dafür besaßen, den Sozialismus zu einem Dogma auszubilden und Gemeinplätze in Glaubensbekenntnisse zu verwandeln. Sie brüteten eine Geheimwissenschaft aus, die den deutschen Arbeitern stets unverständlich geblieben ist" (Noske 1947, S. 27).

...


Aus: "Gustav Noske" (29. August 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Noske

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Die Neutralität dieses Artikels oder Abschnitts ist umstritten. Die Gründe stehen auf der Diskussionsseite....
Quote[...] Dieser Artikel könnte so peinlich für die deutsche Sozialdemokratie sein! Warum findet sich keiner, der ernsthaft über die Rolle Noskes bei der Ermordung von Liebknecht und Luxemburg schreibt?! Es liegen - im preussischen Nationalarchiv - etwa 300 Blätter mit Aktenanweisungen Noskes zur Tötung oder schweren Folter von "Bolschewiken", unter denen sich auch einfache Sozialdemokraten befunden haben. Mir ist das alles zu blöd, ich bin zu alt. (Der vorstehende, nicht signierte Beitrag – siehe dazu Hilfe:Signatur – stammt von 88.72.24.88 (Diskussion • Beiträge) nachgetragen vom Mogelzahn 00:47, 10. Jun. 2007 (CEST))

Ich denke, daß die aktuelle Fassung des Artikels eher noch verharmlosend ist. Gerade die Rolle von Noske im Vorfeld des Ersten Weltkrieges ist fatal. Seien wir realistisch: Der Mann war ein Militarist, hatte zweifelhafte Auffassungen zur Demokratie und leistete Beihilfe zu Mord und Totschlag. Gustav Noske ist ein Verbrecher, womöglich gar ein verkappter Antisemit. Das sollte im Artikel deutlich werden.

Wenn heute noch ein SPD-Politiker diesen Mann für ein gutes Vorbild hält, kann das nur heißen, daß es mehr Eva Herrmanns da draußen gibt, als uns lieb sein kann.

Siehe dazu auch: Deutschlandradio, 12. Oktober 2007, 'Kalenderblatt: Karl Liebknecht wird wegen Hochverrats verurteilt'

[...]

Hab zwei kleine Ergänzungen eingefügt. Insbesondere seine Rolle vor dem I.Weltkrieg könnte aber noch ausgebaut werden! AxelBerlin 22:07, 19. Nov. 2007 (CET)

    Du könntest Deine Ergänzungen bitte auch durch Quellen belegen. Ich habe sie daher einstweilen wieder herausgenommen. --Mogelzahn 15:41, 20. Nov. 2007 (CET)

        Also: zur Rolle vor dem Krieg: Wolfgang Abendroth: Einführung in die Geschichte der Arbeiterbewegung, Band 1, S. 141. Zum Preußenschlag muß ich noch mal die Bücher wälzen... Gruß AxelBerlin 19:49, 24. Nov. 2007 (CET)

            Hab den einen (s.o.) Teil wieder reingenommen, den Rest lasse ich (vorerst) weg. AxelBerlin 00:53, 26. Nov. 2007 (CET)

Nunja, der Artikel ist nicht ganz vollständig. Immerhin war G. Noske preußischer Innenminister, als es 1929 zum Blutmai in Berlin kam, vgl. den entsprechenden Artikel bei wiki. Die grundsätzliche Einschätzung als "Bluthund" stammt außerdem von ihm selbst und ist keine Einschätzung von irgendwelchen Geschichtsinterpreten. SPD und Kommunisten haben durch diesen Kampf links der Mitte nicht nur den Beginn sondern auch das Ende der Weimarer Republik stark belastet. Eine Auseinandersetzung mit dem wirklichen politischen Gegner blieb daher aus.

An Mr. Anonym: Noske war NIE preußischer Innenminister, das war zur Zeit des Blutmais Carl Severing. Der "Bluthund", bezieht sich, wie auch im Artikel ersichtlich wird, auf sein Verhalten in der revolutionären Anfangsphase der Republik... Aber ich stimme dir zu, daß der Artikel nicht vollständig ist. Außerdem finde ich ihn ziemlich "schlecht und unübersichtlich strukturiert: da ist mal von politischen Ämtern, dann wieder von knkreten Taten die Rede. Interessant wären sicherlich auch noch ein paar Forschungszitate, werd das bei Gelegenheit mal ergänzen. AxelBerlin 11:24, 5. Dez. 2007 (CET)

    Preußischer Innenminister zum Zeitpunkt des "Blutmais" war Albert Grzesinski. --Amberg 20:53, 6. Dez. 2007 (CET)

Amberg hat recht - Grzesinski war das. Vll. ist interessant von Kurt Tucholsky über Noske zu lesen: (aus 1878 - Das Sozialistengesetz)/geschrieben zum 50. Jahrestag des Sozialistengesetzes:
Was früher Bebel und Mehring und Liebknecht geheißen,
heißt heute Noske und dient den Preußen –
und steht in dürftiger Maskerade
auf der andern Seite der Barrikade!
Damals: Opfer. Heute: Verräter.
Damals: Klassenkampf. Heute: Besetzt! Bitte später!
Damals: Klarheit. Heute: Pst, nicht so laut!

[...]

/----/

[...]

... Ein Jammer das könnte ein wirklich interessanter Artikel sein, wenn er denn klarer gegliedert, mit mehr Informationen ergänzt (z.B. scheinbar banale Dinge wie Beruf der Eltern, aber auch weitere Details seiner politischen Aktivitäten) und neutraler formuliert wäre. Die Informationen über Noskes Wirken würden noch ganz anders zur Geltung kommen, wenn man nicht ständig deren Bewertung auch noch mit aus Tablett gelegt bekäme. Danke, die brauch ich nicht, kann ich selber. Und mehr Quellenangaben - z.B. über diesen SPDler, der Noske als Vorbild bezeichnet. --Fah 18:16, 27. Jul. 2008 (CEST)

    Ja, leider. Ein hochspannendes Thema in den Sand gesetzt. Dabei wäre es einfach. Es liegt eine ausgezeichnete Studie vor: der Wette. Aber wenn man sich nicht auf die Fließarbeit einlässt, sie - und damit den Forschungsstand - auszuwerten... Hier ist Wikipedia unter den Möglichkeiten, ganz klar. --Atomiccocktail 21:04, 22. Aug. 2008 (CEST)

        Jetzt seit ihr beide seit zwei Jahren Wikipedia-Autoren und müsstet es eigentlich wissen: ohne DICH geht nix! Du bist Deutschland! Aber falls ihr zunächst beim Jammern bleiben wollt – ich sehe dort, dass Jammerlappen noch ROT ist. Dort kann man mit einem Artikel loslegen, und braucht sich nicht wegen Vorhandenem zu ärgern. -- KaPe 22:50, 22. Aug. 2008 (CEST)

            Du sagst es. Vielleicht nehme ich mich ja mal dieser Sache an. Im Moment steht aber etwas anderes an. --Atomiccocktail 23:10, 22. Aug. 2008 (CEST)




=> http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Gustav_Noske (Stand 02.20.2008)



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Quote[...] Waldemar Pabst (* 24. Dezember 1880 in Berlin; † 29. Mai 1970 in Düsseldorf) war ein deutscher Offizier, politischer Organisator und Waffenhändler. Er veranlasste 1919 die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Zeitlebens arbeitete er an Schnittstellen zwischen der jeweiligen deutschen Armee, rechten politischen Organisationen und Rüstungsindustrie. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war er Erster Generalstabsoffizier der Garde-Kavallerie-Schützen-Division und nahm mit ihr am Kapp-Putsch teil.


[...] Nach dem Tod von Waldemar Pabst wurde in seinen Memoiren folgender Eintrag gefunden:

    ,,Dass ich die Aktion ohne Zustimmung Noskes gar nicht durchführen konnte – mit Ebert im Hintergrund – und auch meine Offiziere schützen musste, ist klar. Aber nur ganz wenige Menschen haben begriffen, warum ich nie vernommen oder unter Anklage gestellt worden bin. Ich habe als Kavalier das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert, dass ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit."

Hier erklärt er ganz offen, dass er sowohl die Zustimmung des Reichswehrministers Noskes als auch die des Reichspräsidenten Erbert (beide SPD) zu den Morden gehabt habe, welcher während eines Telefongespräches zwischen Pabst und Noske gemeinsam mit Noske in einem Raum gesessen haben soll.

Auch schon im Spiegel-Interview von 1962 erklärte er, dass sowohl Noske als auch der Generalleutnant von Hofmann ihm bei seinen Taten zustimmten (,,Er hat mir gedankt", so Pabst über Hofmann). Inwieweit diese Behauptungen Pabsts der Wahrheit entsprechen oder nur seiner eigenen Entlastung dienen sollten, ist bis heute umstritten.

Als Folge der Morde gab es auf Wunsch von Noske einen Schauprozess, allerdings musste keiner der Verurteilten eine Strafe antreten. Oberleutnant Vogel, der Rosa Luxemburg erschoss, konnte dank der Hilfe Noskes ausreisen und Husar Runge musste seine zweijährige Haftstrafe nicht antreten. Der eigentlich Verantwortliche für die Geschehnisse im Hotel Eden, Pabst, wurde nicht einmal angeklagt.

[...]


Aus: "Waldemar Pabst" (13. September 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Waldemar_Pabst

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Quote[...] Standrecht bezeichnet im Wehrrecht den Zustand, bei dem die von den zivilen Behörden ausgeübte Jurisdiktion auf den höchsten Militärbefehlshaber übergeht, dem ein Kriegsgericht zur Seite steht, das so genannte Standgericht. Proklamiert wurde das Standrecht bei feindlicher Invasion, Belagerung (Belagerungszustand), Revolte usw.

Bei der Einführung des Standrechts geht man davon aus, dass ein ordentliches Verfahren aus Mangel an Zeit oder Gelegenheit zwar nicht durchführbar, eine Bestrafung des Täters in Form des Kurzen Prozesses wegen der Bedeutung der Tat aber unumgänglich ist.

Die in militärischen Konflikten immer wieder geübte Praxis, irreguläre Kämpfer, Partisanen oder Plünderer standrechtlich hinzurichten, ist seit Anfang der 1950er Jahre völkerrechtswidrig. Davor war die Bestrafung von Partisanen nach allgemeinem Verständnis legitim und wurde auch oft durchgeführt (in der Regel mit der Todesstrafe).


Aus: "Standrecht" (12. Februar 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Standrecht


Textaris(txt*bot)

#25
Quote[...] Emilio Silva, Präsident des "Vereins zur Wiedergewinnung der historischen Erinnerung", hofft dagegen, dass Garzón sogar Beweise für den "Genozid am ideologischen Feind" auch aus jenen Ländern zusammentragen kann, die Francos Verbündete waren. Nach internationalem Recht kann Völkermord weder verjähren noch durch Amnestie straffrei gestellt werden. Der Journalist hatte 2000 im Heimatdorf seiner Familie selbst nach dem Schicksal und den Gebeinen seines Großvaters geforscht – und damit die landesweite Suche nach den Verschwundenen ausgelöst. In privater Initiative sind seither 171 Massengräber geöffnet und die Überreste von 4054 Menschen geborgen worden.

Angehörige brachten in den vergangenen Wochen Kisten, Koffer und Tüten mit Informationen über Franco-Opfer in den Nationalen Gerichtshof. Nach Durchforstung vieler Gemeinderegister, gestützt auch auf Forschungen von Historikern, konnten sie bislang 143.353 Namen zusammentragen.

Auch die Geschichtswissenschaftler sind sich weitgehend einig, dass Franco und seine Offiziere schon vor dem Putsch einen "Plan zur systematischen Vernichtung des Gegners" gefasst hatten, sagt Casanova: Die Militärs hätten "Spanien nach ihrem Hygieneplan säubern" wollen.

Dennoch hält der Historiker nichts von einem Strafprozess gegen die Täter von damals. Es gehe jetzt darum, die Wahrheit über die jüngste Geschichte zu klären. Im Franco-Regime sei ein "Ungleichgewicht der Erinnerung" entstanden, und das wirke bis heute fort. Die Politiker müssten dafür sorgen, dass die spanischen Schüler endlich lernen, was damals tatsächlich in ihrer Heimat passierte.


Aus: "Señor Garzón wühlt Spaniens Geschichte auf" Von Helene Zuber (14.10.2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,583829,00.html

-.-

Quote[...] Ein Ermittlungsrichter am spanischen Nationalen Gerichtshof Baltasar Garzón sorgt erneut für Furore. Er erklärte sich für zuständig, die "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in der Franco-Diktatur zu untersuchen. Damit geht er einen Schritt weiter, um Licht in die brutalen Vorgänge zu bringen. Anfang September verfügte er, ein Register mit den Opfern zu schaffen, die nach dem Putsch 1936 und der Diktatur von 1939 und 1975 ermordet wurden.
Dabei soll es aber nicht bleiben, denn Garzón will nun auch Verbrechen aufklären. Es geht nicht mehr nur um das Schicksal der "Verschwundenen", die noch heute zu Zehntausenden in Massengräbern verscharrt liegen.

Er behauptet, es habe einen Plan zum "Genozid" zur "systematischen Ausrottung" der politischen Gegner gegeben (Hier der Beschluss auf Spanisch  http://www.elperiodico.com/vivo/recursos/pdf/auto_161008.pdf). Würdenträger des spanischen Staates seien in die Gräueltaten verwickelt gewesen - angefangen mit Diktator Francisco Franco selbst. Um sich zu vergewissern, dass die juristische Verantwortlichkeit Francos sowie 34 seiner engsten Vertrauten erloschen ist, fordert Garzón in dem Beschluss deren Sterbeurkunden an. Wichtiger ist, dass er vom Innenministerium eine Aufstellung der Personen verlangt, die vom Beginn des Bürgerkrieges 1936 bis 1952 die wichtigsten Posten in der faschistischen Falange bekleideten. Danach wolle er prüfen, ob jemand strafrechtlich belangt werden könne.

Der Zensus der Opfer, mit Daten der Opfervereinigungen erstellt wurde, ergab inzwischen eine Liste mit fast 150.000 Namen. Nun argumentiert Garzón, das internationale Recht erlaube "keine Normen des Pardon oder des Vergessens" bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Schon vor der spektakulären Ankündigung, dass 33 Jahre nach dem Tod des Diktators erstmals geprüft werden soll, ob es noch Verantwortliche für die Massaker an Republikanern, Kommunisten und Anarchisten gibt, hatte er die Öffnung von 19 Massengräbern angeordnet, darunter auch ein Grab in der südspanischen Stadt Granada, in dem der 1936 ermordete Dichter Federico García Lorca vermutet wird.

In Granada wurden allein zwischen Juli 1936 und März 1939 mehr als 2000 Menschen hingerichtet, obwohl das Morden danach weiter ging, meist aber mit Schnellverfahren bemäntelt. Die Zahl gab der Hispanist Ian Gibson an, der eine Liste in Granada einsehen konnte und in seinem Buch "Der Tod von García Lorca" davon berichtete. Darin seien sogar Todesumstände angeführt: "Todesschuss" oder "Militäranordnung", erinnert sich Gibson.
Solche Dokumente forderte der Richter für einen Zensus an, denn die Opfer wurden von den Tätern meist sogar aus den Melderegistern gestrichen, so, als habe es sie nie gegeben. Garzón fordert von der Kirche, ihm Unterlagen aus den Archiven der 22.827 Kirchengemeinden zur Verfügung zu stellen, doch die mit dem Faschismus eng vertreckte katholische Kirche, hat sich bisher verweigert. Wie rechte Parteien, Richter- und Militärvereinigungen. Gemeinsam hatten sie auch dafür gesorgt, dass das Opfergesetz so schwach ausfiel ( http://de.indymedia.org/2007/11/198288.shtml) , dass die Sozialisten (PSOE) im letzten Jahr verabschiedet haben, denn wie die postfaschistische Volkspartei (PP) will "keine alten Wunden" öffnen, weil das "zu nichts führt", sagte ihr Parteichef Mariano Rajoy.

Bis heute herrsche in Spanien Straflosigkeit gegenüber den schweren "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", stellt nun auch Garzón plötzlich fest. Die Sieger des Bürgerkriegs "haben den Besiegten ihr Recht aufgezwungen". Nach dem Putsch wurden sie "verfolgt, inhaftiert gefoltert und von denen verschwinden gelassen, die sich gegen das geltende Rechtssystem und den Staat bewaffnet erhoben hatten".

Das ist die verbreitete Analyse von Historikern. Umso erstaunlicher ist, dass die sozialistische Regierung das Vorgehen nicht begrüßt. Die Staatsanwaltschaft hat sogar Widerspruch angekündigt. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, dessen Großvater unter den Opfern ist, stiehlt sich aus der Affäre. Er erklärt, er respektiere Garzóns Vorgehen, aber auch das der Staatsanwaltschaft. Die behauptet, die Verbrechen seien verjährt oder fielen unter die Amnestie, die sich die Nachfolger der Diktatur nach dem Tod Francos gegönnt haben.

Das ist eine politische Entscheidung, denn die Staatsanwaltschaft ist ein Ministerium und untersteht der Regierung. Die zaghafte Aufklärung hat Methode bei der PSOE. In ihren ersten 14 Regierungsjahren unternahm sie bis 1996 kaum etwas. Das Gesetz zur Rehabilitierung der Opfer, 2007 verabschiedet, annulliert weder die Unrechtsurteile, noch unterstützt es die Opfer bei der Aufklärung, wo ihre Angehörigen verscharrt wurden. Die Falange dagegen darf noch heute bei Wahlen antreten. Mitglieder der Franco-Regierung gründeten die Volkspartei (PP), die sich nie von der Diktatur distanzieren musste ( http://de.indymedia.org/2008/03/211898.shtml). Franco-Minister Manuel Fraga ist Ehrenpräsident der PP und wurde erst 2005 als Präsident Galiciens abgewählt.

Der bezeichnet die Ermittlungen als "schweren Fehler". Garzón verweist auf internationales Recht, wonach derlei Verbrechen weder verjähren noch amnestiert werden können. Er bezieht sich dabei auch auf ein Interview, das Franco zu Beginn des Bürgerkriegs gab. Darin erklärt der General, man werde jeden Preis für den Sieg zahlen. ,,Dann werden Sie halb Spanien töten müssen", stellt der Journalist fest. Franco erwidert: ,,Ich sagte, ich würde jeden Preis zahlen."

Doch auch bei der Linken und den Opferverbänden findet das Vorgehen des umstrittenen Richters nicht nur Beifall. Allein die Tatsache, dass er sich selbst für zuständig erklärt, entspricht dem Vorgehen des Richters an einem Sondergericht. Die progressiven "Richter für die Demokratie" erklärten, das Vorgehen habe "keine Erfolgschancen". Ihr Sprecher Miguel Ángel Jimeno fragte: "Welches Ziel verfolgt Garzón?". Strafrechtlich sei kaum etwas zu machen und es sei nicht dessen Aufgabe, schwarze Löcher der Regierungsgesetze zu füllen.

Auch der sozialistische Regierungschef der Extremadura "traut" dem Richter nicht, der auf "den Friedensnobelpreis aus ist". Den verfehlte er mit seiner gescheiterten Anklage gegen Pinochet. Dass die Anklagen Garzóns oft kein Fundament haben, ist bekannt ( http://de.indymedia.org/2008/09/227759.shtml). Gefragt wird vor allem aus dem Baskenland, warum er das Vorgehen auf 1952 begrenzt und nicht die gesammelten Morde und Folter vorgeht, die der Guardia Civil noch bis heute bis in die Vereinten Nationen vorgeworfen wird, auf desssen "Geständnisse" ausgerechnet Garzón seinen Feldzug gegen die baskische Linke gründet ( http://de.indymedia.org/2008/09/227886.shtml). Die macht der Sonderrichter mit der Anordnung einer fünftägigen Kontaktsperre ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12359/1.html) sogar erst möglich.



Aus: "Sozialisten verhindern Faschismus-Aufklärung" Von Ralf Streck, Donostia den 17.10.2008
Quelle: http://de.indymedia.org/2008/10/229824.shtml


Textaris(txt*bot)

#26
Quote[...] Bei geschichtlichen Großereignissen ist die CDU schnell dabei, sie für sich zu reklamieren. Das Wirtschaftswunder ist natürlich von der CDU gemacht. Und auch die deutsche Einheit hätte es selbstredend ohne die CDU nicht gegeben.

Schwer tut sich die CDU hingegen mit ihrer Rolle als Blockpartei im geschichtlichen Großereignis DDR. Auf dem Parteitag in Stuttgart wäre Gelegenheit gewesen, ein wenig von dieser Historie aufzuarbeiten. Diese Chance wurde vertan.

Dabei hatte es einen Antrag gegeben, in dem so klar wie selten die Mitverantwortung der Ost-CDU am Unrechtsregime der DDR formuliert wurde. Da heißt es gleich im ersten Satz: "Wir bekennen uns zur Geschichte der CDU als Blockpartei, kennen die schuldhafte Mitverantwortung der Führung der CDU in der DDR an den Verfehlungen und Verbrechen einer Diktatur unter der führenden Rolle der SED."

Und da steht noch mehr: "Die Führung der Blockpartei CDU bestand aus Einflussagenten und Handlangern der SED". Die Mitglieder der DDR-CDU "machten mit", ja, sie "stabilisierten das politische System".

So viel Offenheit mit der eigenen Vergangenheit hätte der CDU gutgetan. Stattdessen verwässerten die Parteitagsstrategen den Antrag ins Unkenntliche. Die CDU sei Opfer der SED gewesen, das ist jetzt der Tenor. Ihre Mitglieder hätten die Idee der christlichen Demokratie auch in Zeiten der Diktatur wachgehalten. Sie hätten versucht, in den sich bietenden Freiräumen zu wirken und "konnten so einen Beitrag zur friedlichen Revolution leisten".

Die Ost-CDU war demnach ein Heldenverein, der unmittelbar auf die friedliche Revolution eingewirkt hat.

Ein einziger Satz in dem bald 30 Seiten starken Leitantrag weist darauf hin, dass die Ost-CDU der DDR vielleicht doch nicht gerade als oppositionelle Kraft bezeichnet werden kann: "Gleichwohl hat die CDU in der DDR im totalitären System der SED-Diktatur mitgewirkt." Das klingt wie Hohn.

...

Quote02.12.2008  16:11:55

laVictoria: Christlich Demagogische Heuchler Partei

"Die CDU sei Opfer der SED gewesen, das ist jetzt der Tenor. Ihre Mitglieder hätten die Idee der christlichen Demokratie auch in Zeiten der Diktatur wachgehalten. Sie hätten versucht, in den sich bietenden Freiräumen zu wirken und "konnten so einen Beitrag zur friedlichen Revolution leisten".

...und Filbinger war Widerstandskämpfer wie man weiß...

...


Quote

02.12.2008 16:19:10

moby17: Der Antrag kam wohl auch von einem Schmierfink aus dem Westen

Wenn man dem Antrag stattgegeben hätte, wie sollte man dem Stimmvieh so kurz vor der Wahl vermitteln können, dass die Linken die Alleinschuld am DDR Unrecht besitzen?


Quote

02.12.2008 16:28:13

Cennet2208: warum wundert mich das überhaupt nicht...

...das die CDU es als etablierte Partei nicht hinbekommt, ihre eigene negative Seite der Geschichte aufzuarbeiten? Nun, die CDU hat es bis heute auch nicht hinbekommen zuzugeben, dass Täter aus dem Staatsapparat der Nazis in ihre Reihen gewandert sind, warum sollten sie das dann jetzt bei der DDR schaffen? Hier geht es um Macht, die die CDU nicht verlieren will. Wie in einer Monarchie, in der die herrschende Klasse alle demokratischen Reflexe abwürgt um an der Macht bleiben zu können.


Quote

02.12.2008 16:37:07

RoterBaron11: Verlogen

Die CDU hat nach dem Krieg sang- und klanglos die braunen Parteigenossen von vor 1945 in ihre Reihen integriert, stellvertretend seien Globke, Kiesinger und Filbinger genannt.

Gleichzeitig hat man damals die SPD-Genossen als vaterlandslose Gesellen beschimpft und einen Willy Brandt bei seinem Geburtsnahmen Herbert Frahm als Vaterlandsverräter zu diffamieren versucht.

Aber Geschichte wiederholt sich.

Nach dem Fall der DDR haben CDU und FDP die Ost-CDU bzw.die LDPD ganz geräuschlos übernommen in der Hoffnung, daß Kohls Mantel der Geschichte so dicht wäre, daß niemals ein Sterbenswörtchen darüber verloren würde. Nun hat sie die Vergangenheit eingeholt. Die CDU muß Farbe bekennen, sie muß eingestehen, linientreue Ex-DDR-ler in ihren Reihen zu haben.

Damit entfällt ihr bislang dauernd in Anspruch genommenes Argument, als "Frau Saubermann" der Demokratie auf die Partei "Die Linke" eindreschen zu können und die als Staatsfeind Nr. 1 in die Ecke zu stellen. Die Felle sind ihr davongeschwommen. Nun sollte sie fleißig vor der eigenen Tür kehren

Eine Diskussion über die DDR-Vergangenheit in den eigenen Reihen, einschließlich der ihren, versucht Angela Merkel aus naheliegenden Gründen zu unterdrücken. Das wird ihr aber wohl nicht mehr gelingen, nachdem Tillich geoutet worden ist und der Blickpunkt auch auf ihr und ihren Verstrickungen in die Stasi-Bespitzelung des Regimekritikers Havemann liegt. Mal sehen, ob die CDU die Kraft und den Mut aufbringt, sich ihrer Verantwortung nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu stellen, (wobei sie da ja auch schon bis Januar nicht mehr diskutieren möchte), sondern auch die Vergangenheit aufzuarbeiten. Oder wird wieder alles unter den Teppich gekehrt und ein medienwirksames Bild der Geschlossenheit produziert, an das aber nur die Produzenten glauben, der Bürger nicht mehr?


Quote02.12.2008 16:40:09

lapidar68: Sehr guter Artikel!

Herr Denkler hätte nur noch schreiben können, dass in der DDR niemand gezwungen wurde in die CDU (Ost) einzutreten. Es handelt sich also um Leute, die in einem System Karriere machen wollten, von dem sie heute nichts mehr wissen wollen, dem sie aber ohne die Wende von 1989 treu geblieben wären.


Quote

02.12.2008 16:58:23

Hanny10: Die Blockflöten werden uns schon die Flötentöne beibringen.

Die Liste der Gutmenschen in der CDU/CSU/SPD/FDP/NPD den größte Anteil von NSDAP zur CDU hatte natürlich die CDU.

Damals wie heute nichts aus der Geschichte gelernt.


Der Link:
Liste ehemaliger NSDAP-Mitglieder, die nach Mai 1945 politisch tätig waren
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%A4tig_waren



Was soll man dazu noch sagen da gibt es nur ein Wort.

VERLOGEN

Die Blockflöten werden uns schon die Flötentöne beibringen.



Aus: "Die Blockflöten spielen wieder" Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Stuttgart (02.12.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/259/449982/text/

-.-

Quote[...] Die CDU beschäftigt sich mit ihrer Vergangenheit. Die Partei habe in der DDR "im totalitären System der SED-Diktatur mitgewirkt", heißt es in einem Beschluss des Bundesparteitages. Sanfter kann man die Rolle der CDU im DDR-Regime nicht beschreiben.

[...] Wer außerhalb von Sachsen kannte schon noch vor wenigen Tagen Stanislaw Tillich? Ist das dort nicht der neue Ministerpräsident, rätselten manche. Selbst für Polit-Kenner in der Republik war der erste Sachse auf dem Stuhl des Regierungspräsidenten des Freistaats weithin ein Unbekannter. Jetzt hat er bundesweit ein Gesicht. Das einer "Blockflöte". Tillich kann sich heute nur noch mühsam daran erinnern, dass er offenbar über seine Mitgliedschaft in der Ost-CDU ungleich stärker ins politische System der DDR eingebunden gewesen war, als er bisher zugegeben hat.

So ließ er sich 1989 als "Reservekader" an der "Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft" fortbilden, um dann als stellvertretender Vorsitzender des Rates des Kreises Kamenz, zuständig für Handel und Versorgung, zu arbeiten. Zuvor soll er eine CDU-Parteischule besucht haben. Beides lässt eine enge Blockflöten-Nähe zum DDR-System vermuten. Eine Nähe, die Tillich offenbar nach der Wiedervereinigung nie eindeutig offen gelegt hat.

Tillich verteidigte seine eigene Biografie Ende November in einer Erklärung: "Ich stehe zu jedem Punkt meiner Biografie und habe immer offen gesagt, wann ich was in meiner beruflichen Laufbahn getan habe." Zu seiner Funktion im Rat des Kreises Kamenz sagt er: "Heute würde ich mich anders entscheiden."

Der Fall Tillich passt damit so ganz und gar nicht in den Bundestagswahlkampf seiner Partei. In der CDU-Zentrale wollen sie, mal wieder, kräftig einprügeln auf die Linkspartei. Bei der operierten, so tönt es dort lautstark, doch die Erben der DDR-Diktatur. Nichts hätte die Linke aus der Geschichte gelernt. Diese Linke, so steht es aggressiv in dem Antrag, den die Parteiführung jetzt auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart hat beschließen lassen, sei "die direkte Nachfolgerin der für Unterdrückung und Bespitzelung verantwortlichen SED." Und der SPD wird vorgeworfen, sie habe einst mit dem SED-Regime gemeinsame Wertvorstellungen entwickelt. 20 Jahre nach dem Ende der DDR dürfe es jedoch kein "Vergessen und Verdrängen" geben.

Gibt es doch. Bei der CDU. Ihre Führung will nicht zugeben, dass die Ost-CDU gewichtiger Teil und starke Stütze des SED-Systems gewesen ist. Kein kritischer Satz zu dieser Rolle stand zunächst im Entwurf des Bundesvorstands, der unter dem Titel "Geteilt.Vereint.Gemeinsam." politische Perspektiven für die neuen Länder präsentiert. Erst nach heftiger Kritik an der Verniedlichung der Rolle der Ost-CDU als "Blockflöten"-Partei, vorgetragen vor allem durch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer, empfahl die Antragskommission laue Selbstkritik.

Nun wird in der jetzt vom Parteitag beschlossenen Fassung zunächst der Beitrag der Ost-CDU zur "friedlichen Revolution" gelobt. Dann folgt der leicht selbstkritische Satz: "Gleichwohl hat die CDU in der DDR im totalitären System der SED-Diktatur mitgewirkt." Sanfter kann man die Rolle der CDU im Osten im DDR-Regime nicht beschreiben. Denn unbestreitbar ist: Auch die Schwarzen haben einst in der DDR rote Socken getragen. Grellrote Socken.

Der ganzen Wahrheit stellt sich CDU mit ihrem Parteitagsbeschluß nicht, auch wenn CDU-Generalsekretär Pofalla dies selbstbewusst behauptet. Richtig ist, dass die SED "ein ganz anderes Kaliber" war als die Ost-CDU, wie Tillich sich verteidigt. Aber sie war in den Jahren zwischen 1950 und 1989 eine absolut linientreue prokommunistische zentralistische Kaderpartei. Anders als Angela Merkel und Pofalla war dies dem Einheits-Kanzler Helmut Kohl stets bewusst. Zunächst weigerte er sich sogar, Lothar de Maiziére, dem ersten Chef der Ost-CDU nach der Wende, auch nur die Hand zu geben. Für Kohl war die Ost-CDU ein ausgemachter Handlanger der SED gewesen. Die Vereinigung der CDU-West mit der CDU-Ost lehnte er ab. Die Ost-Landesverbände mussten um Beitritt bitten.

Die Ost-CDU hat unbestreitbar einen wichtigen Beitrag zur Etablierung der SED-Diktatur geleistet. Wenn sie heute gerne so tut, als ob sie die Köpfe der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung 1989 gestellt hätte, so klittert sie ihre Geschichte massiv. Von Anfang der 50er Jahre an operierte die Ost-CDU intensiv gegen die Bundesrepublik, versuchte die Regierung Adenauer und die Westpolitik des ersten Kanzlers zu unterminieren.

Schnell bekannte sich die Partei zur "sozialistischen Erneuerung der Gesellschaft." Der Sozialismus des Karl Marx war ihr mindestens so wichtig wie die Lehre des Christentums. Geschlossen stand die Partei-Führung, zumindest mit Worten, hinter dem niedergeschlagenen Volksaufstand vom 17. Juni 1953 und hinter dem Mauerbau von 1961. Später befürwortete die DDR-Christenpartei sogar die atheistische Jugendweihe, die von der katholischen wie der evangelischen Kirche in der DDR abgelehnt wurde. Ihre Parteischreiben beendete sie stets mit einem markigen "sozialistischen Gruß!"

Was die Ost-CDU attraktiv machte: Mit ihrem Parteibuch in der Tasche konnte man sogar in der DDR eine Karriere machen, nicht in allerhöchste Kreise, aber immerhin in Berufe wie etwa Lehrer. Die Partei-Führung der "Blockflöten", zuletzt etwa 140.000, fiel nur selten durch Widerspruch gegen Staatssicherheit und SED auf, aber verhielt sich stets strikt staatskonform. Ihre Abgeordneten, Minister und Staatssekretäre waren absolut verlässliche Systemstützen, die in der Volkskammer jedes Gesetz mit trugen.

Mut eines klaren Bekenntnisses zur Rolle der Ost-CDU hatte auf dem CDU-Parteitag nur der Kreisverband Halle. Der bekannte in seinem abgelehnten Änderungsantrag: Wir "kennen die schuldhafte Mitverantwortung der Führung der CDU in der DDR an den Verfehlungen und Verbrechen einer Diktatur unter der führenden Rolle der SED." Die Blockpartei CDU sei eine Stütze des SED-Regimes gewesen. Man habe eben mitgemacht und damit das System stabilisiert.

So eindeutig mochte die CDU ihre Rolle als Blockpartei im DDR-Regime nicht beschreiben. Der aufrichtige Umgang mit der Vergangenheit schien ihr doch zu riskant zu sein mit Blick auf ihre Wahlchancen in den neuen Ländern. Wenigstens sollte sie dann aber nicht so lasch mit der herben historischen Wahrheit umgehen, wie dies der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder getan hat. Der hat lediglich eingeräumt, mit der Ost-CDU in der DDR sei "nicht immer alles in Ordnung gewesen."

QuoteCindarella (2.12.2008, 22:38 Uhr)
[...] Meine Eltern nannten das-Das Mäntelchen in den Wind hängen ...


QuoteEisenbaer (2.12.2008, 18:55 Uhr)

Diese alten Blockflöten....
[...] gemessen an der Mitgliederzahl haben diese Alibi-Parteien im SED-Staat eine überproportionale Anzahl von "Ämtern" abgestaubt. Dafür waren diese dann meist päpstlicher, als der Papst: "Wem Gott gibt ein Amt, dem nimmt er den Verstand".


Quotelaeppe (2.12.2008, 18:46 Uhr)

Ziemlich ruhig hier

Bei den Christlichen sind damals nicht nur die Nazis untergekrochen
sondern jetzt auch SED/CDUler.
Diverse Affären - alles demokratisch
und rechtsstaatlich !
Wie formuliert Heiner Geissler -
manche sind nur deshalb so erfolgreich weil die Bewunderer so
reichlich naiv sind.


Quoteharzveteran (2.12.2008, 18:22 Uhr)

Tja, irgendwann erwischt es jeden, oder man sieht sich immer zwei mal

Dafür hat es fast 20 Jahre gebraucht, um festzustellen, daß mit dieser Ost-CDU auch nicht alles so koscher war, wie immer dargestellt. Schön, daß das mal in Angriff genommen wird. Von wegen, der Hort der Aufrechten, der Widerstandskämpfer und Helden. Es waren die einfachen Bürger, die mit Kerzen auf die Straße gegangen sind und und gegen dieses System aufbegehrt haben, auch wissend, daß das mit erheblichen Gefahren verbunden war.
Diese Blockflöten haben maximal hinter der Gardine gestanden und haben zugeschaut. Motto: "erst mal abwarten, wie sich das entwickelt, zu gefährlich jetzt." Als dann keine Gefahr mehr bestand, kamen diese "Helden" raus und rissen ihre Mäuler auf, so nach Art, "wir waren schon immer dagegen." Dann haben die sich selbst zu Widerstandskämpfern ernannt. Dabei sind einige gründlich auf die Schnauze gefallen.
Diese Leute haben keine Überzeugungen, denen ist nur ihr eigenes Ich wichtig. Darum schweigen sie auch seit Jahren über ihre Vergangenheit oder schreiben sie um.
Mir ist jemand, der zu seinen Überzeugungen steht, tausendmal lieber als solche Wendehälse.
Es gibt ein schönes Zitat von Wilhelm Busch, damit möchte ich schließen:
"Die über Nacht sich umgestellt, die sich zu jedem Staat bekennen, das sind die Praktiker der Welt, man könnte sie auch Lumpen nennen."

Besser kann man es nicht ausdrücken.

Gruß HV


QuoteRotnase (2.12.2008, 18:17 Uhr)

Agitation und Propaganda

Die Christdemokraten haben bis heute keine Gelegenheit ausgelassen, die Anhänger der Linkspartei wegen ihrer SED-Vergangenheit anzugreifen.
Die Blockflöten der CSU waren aber selbst stramme Sozialisten. Der CDU Vorsitzender der DDR Gerald Götting formulierte es 1977 so.
Zitat aus einem Filmbeitrag des ZDF ,,Berlin direkt" vom So.30.11.08
Unwiderruflich haben wir uns für den Sozialismus entschieden, denn Sozialismus ist Friede und Freiheit, ist Demokratie und Menschlichkeit.
Zitat Ende
Das gerade jetzt eine ehemalige Sekretärin für Agitation und Propaganda der kommunistischen FDJ, nämlich Angela Merkel, die Kanzlerin der Deutschen ist, macht nachdenklich.

...


QuoteKlaus_P (2.12.2008, 18:04 Uhr)

Die "Christlichen"

mit Herrn S. in den eigenen Reihen, gestützt von "unserer Kanzlerin". Nichts aber auch gar nichts aus der Vergangenheit gelernt, gegen die Linken hetzen und selbst die Totale Überwachung ALLER Bürger planen. Ich könnte kotzen bei diesen verlogenen Heuchlern.



Aus: "CDU-Parteitag: Rote Socken trugen auch die Schwarzen" Von Hans Peter Schütz (Artikel vom 02. Dezember 2008)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/:CDU-Parteitag-Rote-Socken-Schwarzen/647695.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ankara - Etwa 200 türkische Intellektuelle haben sich für das Massaker an Armeniern zu Zeiten des Ersten Weltkriegs entschuldigt. Die Erklärung der Gruppe prominenter Akademiker, Journalisten, Schriftsteller und Künstler, die ein Tabuthema in der Türkei aufgreift, wurde am Montag im Internet veröffentlicht. Dem Aufruf der Gruppe haben sich bereits etwa 2500 Menschen in der Türkei und auch im Ausland angeschlossen. Zu den Unterzeichnern aus Deutschland gehört auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir. Die Initiatoren des Aufrufs vermieden in ihrer Erklärung den Begriff Völkermord, sie sprachen stattdessen von einer "Großen Katastrophe". In der Türkei wurden immer wieder Intellektuelle inhaftiert, weil sie die Verfolgung der Armenier als Völkermord bezeichnet haben. Die Türkei hat die Tötung von schätzungsweise 1,5 Millionen Armeniern stets abgestritten.

AP


Aus: "Bitte um Entschuldigung" (16.12.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/455383/921/2681052/Bitte-um-Entschuldigung.html


Textaris(txt*bot)

#28
Quote[...]  Die Schweiz als Devisenumschlagplatz:

Deutschland, bzw. die Deutsche Reichsbank, konnte ca. 75 Prozent ihrer ins Ausland gehenden Goldtransaktionen (Deviseneintausch) über das Schweizer Bankensystem abwickeln. Diese gingen meistens an Portugal für wichtige Kriegsressourcen. Ein grosser Teil des Goldes war Raubgold aus den deutschen Kriegszügen oder (gem. Bergier-Kommission) den Holocaust-Opfern abgenommen.

...


Aus: "Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg" (4. Februar 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schweiz_im_Zweiten_Weltkrieg#Die_Schweiz_als_Devisenumschlagplatz


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Quote[...]  Schweizerische Bankgesellschaft:

    * 1862: Gründung der Bank in Winterthur
    * 1863: Gründung der Toggenburger Bank
    * 1912: Fusion von Bank in Winterthur und Toggenburger Bank zur Schweizerischen Bankgesellschaft
       (SBG; Union de Banques Suisses, Unione di Banche Svizzere, Union Bank of Switzerland)
    * 1945: Hauptsitz nach Zürich verlegt
    * 1945: Eidgenössische Bank übernommen
    * 1967: Fusion mit der Interhandel wodurch sie zur damalig grössten Schweizer Bank wurde [5]. Filiale in London
    * 1975: Filiale in New York
    * 1996: Übernahme der Ersparniskasse Langenthal (EKL)
    * 1997: Übernahme der Hamburger Bank Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co.
    * 30. Juli 1997: Umbenennung der SBG in UBS


...


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerische_Bankgesellschaft#Schweizerische_Bankgesellschaft (10. Februar 2009)

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Quote[...] «Was ich damals getan habe, würde ich nicht wieder tun», sagt er mit schwacher Stimme. «Ich hätte einfach nur meinen Job machen und mich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen sollen.» ...


Aus: "10 Jahre nach seiner Heldentat - Christoph Meili bereut alles" Von Dominik hug  (21.10.2006)
Quelle: http://www.blick.ch/sonntagsblick/gesellschaft/artikel47504

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Quote[...] Christoph Meili (* 21. April 1968) [...] arbeitete 1997 als Nachtwächter bei der Schweizerischen Bankgesellschaft. Er beobachtete, dass zahlreiche Belege über Bankbeziehungen mit jüdischen Holocaust-Opfern für den Schredder bereitgestellt wurden. Die Vernichtung von Akten über solche nachrichtenlosen Vermögenswerte wurde in der Schweiz im Jahr zuvor verboten.[1] In der Nacht vom 8. zum 9. Januar 1997[2] nahm er einige dieser Belege aus den Bankräumlichkeiten zu sich nach Hause, um sie bald darauf Vertretern einer jüdischen Organisation zu übergeben. Diese übergaben die Dokumente sogleich der schweizerischen Kriminalpolizei. Die Presse berichtete am 14. Januar 1997 über den Vorfall.[3]

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich eröffnete darauf ein Strafverfahren gegen Meili[4] wegen Verstosses gegen das Bankgeheimnis[5], was in der Schweiz ein Offizialdelikt ist.[6] Der US-amerikanische Anwalt Ed Fagan kontaktierte Meili und bewog diesen, in die USA auszuwandern, wo er und seine Familie – unterstützt von Fagan und Senator Alfonse D'Amato – in Genuss eines erleichterten Einwanderungsverfahrens kamen bzw. politisches Asyl erhielten.[7][8] Laut einem amerikanischen Pressebericht sind Meili und seine Familie die einzigen Schweizer, die je in den Vereinigten Staaten politisches Asyl erhielten.[9] Am 13. Januar 1998 erhob Fagan in Meilis Namen Klage gegen die SBG und forderte eine Summe von 2,56 Milliarden U.S. Dollar. Der Vergleich der Schweizer Banken mit den Klägern in der Höhe von 1,25 Milliarden U.S. Dollar vom 13. August 1998 deckte auch Meilis Klage ab und beendete diese somit.[10] Ebenfalls 1998 wurde die Strafuntersuchung des Kantons Zürich gegen Meili eingestellt.[4]

[...] In der Zeitung Die Weltwoche kritisierte Meili Fagan, der ihn instrumentalisiert und dann im Stich gelassen habe. Meili gab an, die 1 Million US-Dollar, die er nach dem Vergleich mit den Banken hätte bekommen sollen, nie erhalten zu haben.[12] Laut einem Bericht der Zeitschrift Facts vom 17. März 2005 hatte er 750'000 Dollar erhalten.[13] Im April 2004 lancierte Fagan erneut eine Kampagne gegen die Schweizer Banken im Zusammenhang mit Zwangsarbeit bei der I.G. Farben im Zweiten Weltkrieg. Dabei wurde er anscheinend wiederum von Meili unterstützt.[14][15]

Von einer jüdischen Organisation erhielt Meili ein Stipendium, um in New Jersey mit einem Studium in Kommunikationswissenschaften[16] eine neue Existenz in den USA aufzubauen. Nach Abschluss dieses College-Studiums[16] im Mai 2004[2] arbeitete er dennoch wieder als Wachmann.

[...] Meili veröffentlicht gelegentlich Videos auf YouTube, in denen er über sein Privatleben erzählt. Zuletzt veröffentlichte er Mitte Januar 2009 ein Video, in dem er bekannt gab, wegen finanziellen Problemen aus seiner bisherigen Wohnung ausgezogen zu sein. Seither wohnt er in seinem Auto.[19]

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Quellen:
   1. ↑ Schweizer Parlament: Parlamentarische Initiative 96.434: Bundesbeschluss betreffend die historische und rechtliche Untersuchung des Schicksals der infolge der nationalsozialistischen Herrschaft in die Schweiz gelangten Vermögenswerte, trat in Kraft am 14. Dezember 1996. Dieser Beschluss war die legale Grundlage der Bergier-Kommission, die am 19. Dezember 1996 konstituiert wurde. Die Artikel 4, 5 und 7 verboten die Zerstörung von Akten, die nachrichtenlose Vermögen betrafen. Siehe Chronologie: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg – Detaillierte Übersicht 1994-95 bezügl. der genauen Daten.
   2. ↑ a b Diermeier, P.: Meili - Mission zwischen Moral und Milliarden, Orell Füssli Verlag, Zürich, 2003. ISBN 3-280-06009-5.
   3. ↑ Schweizer Parlament: Chronologie: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg – Detaillierte Übersicht 1997.
   4. ↑ a b Kantonsparlament Zürich: Protokoll der Sitzung von Montag, 20. April 20 1998 (Word-Dokument).
   5. ↑ Schweizer Gesetz: Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG), Artikel 47
   6. ↑ Schwarb, T.M.: ,,Ich verpfeife meine Firma" – Einführung in das Phänomen Whistle-Blowing, Fachhochschule Solothurn, July 1998.
   7. ↑ U.S. Congress: Bill S.768: A bill for the relief of Michel Christopher Meili, Giuseppina Meili, Mirjam Naomi Meili, and Davide Meili; wurde von Präsident Bill Clinton am 29. Juli 1997 unterschrieben und wurde so zu private law 105-1.
   8. ↑ Schweizer Parlament, Sommersession 1997: Frage Schlüer und die Antwort von Bundesratsmitglied Flavio Cotti.
   9. ↑ PRNewswire: L.A. Jewish Community Honors Christoph Meili At May 8th Dinner at the Beverly Hilton Hotel, Agenturmeldung vom 1. Mai 2000.
  10. ↑ Schweizer Parlament: Chronologie: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg – Detaillierte Übersicht 1998
  11. ↑ Ain, S.: Amid Personal Hardship, Rescuer of Swiss Bank Documents to Receive Payment (in Englisch), World Jewry, 28. Februar 2002; United Jewish Communities.
  12. ↑ Meili, Ch. (Interview aufgezeichnet von Diermeier, P.): Christoph Meili, Die Weltwoche 38/03; 2003.
  13. ↑ Facts, Der Bumerang, Facts 05/11, p. 10; 17. März 2005.
  14. ↑ Basler Zeitung: Holocaust-Gelder - neue Vorwürfe gegen UBS, 14. April 2004
  15. ↑ SF DRS, 10 vor 10, Fernsehnachrichten vom 15. April 2004.
  16. ↑ a b c Basler Zeitung: Wachmann Meili wurde US-Bürger, 14. Mai, 2005.
  17. ↑ Hug, D.: Christoph Meili bereut alles, Sonntagsblick, 21. Oktober 2006.
  18. ↑ Basler Zeitung: Banken-Coup: Christoph Meili möchte die Uhr zurückdrehen, Oktober 2006.
  19. ↑ 20minuten.ch, 16. Januar 2009: Christoph Meili: «Jetzt wohne ich im Auto»




Aus: "Christoph Meili" (2. Februar 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Meili

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Quote[...] In einer dreijährigen Untersuchung erfasste ein "Independent Committee of Eminent Persons" (ICEP, Unabhängige Expertenkommission UEK) nachrichtenlose Konten bei 254 Schweizer Handels-, Kantonal- und Privatbanken über einen Zeitraum von 60 Jahren (Bergier-Bericht). 4,1 Mio Konten (60% der Gesamtzahl) wurden untersucht und mit relevanten Zusammenhang 53.886 Konten festgestellt. Bis November 1999 wurde in 1221 Fällen ein Buchwert von 22 Mio Schweizer Franken zuerkannt. DIe UEK beendete ihre Tätigkeit 2002. Die Entscheidung über die Einzelansprüche trifft ein Claims Resolution Tribunal (CRT).

Zur Klärung förderte das ICEP zudem eine Studie von Helen Junz über "die Vermögenslage jüdischer Bevölkerung vor dem Krieg in Ländern der nationalsozialistischen Besatzung, Deutschland und Österreich", die zu dem Schluss kam, dass vor den Enteignungen 12,1 Mrd US-Dollar jüdisches Vermögen vorlagen, davon 3 Mrd. in Barvermögen.

Am 13. Januar 2005 wurden ca. 2.700 zusätzliche Namen von Kontoinhabern und ca. 400 zusätzliche Namen von Bevollmächtigten von Konten deren Inhaber möglicherweise oder wahrscheinlich Opfer nationalsozialistischer Verfolgung gehörten, publiziert. Das CRT erhielt bis zu diesem Zeitpunkt 32.000 Anmeldungen von Opfern die Vermögenswerte beanspruchen und erkannte 338.5 Mio US-Dollar zu.

Ansprüche an weitere europäische Länder und Unternehmen folgten diesen Modalitäten über die International Commission On Holocaust Era Insurance Claims.

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Aus: "Verfahren um jüdische Vermögen bei Schweizer Banken" (2. Februar 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Verfahren_um_j%C3%BCdische_Verm%C3%B6gen_bei_Schweizer_Banken

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Quote[...] Die Interhandel (Industrie- und Handelsbeteiligungen AG) war eine Tarnfirma der I.G. Farben auf schweizerischem Boden. Sie stand im Zentrum einer der grössten und bis heute umstrittenen internationalen Wirtschaftsaffären des 20. Jahrhunderts.

Die Finanzholding wurde (neben weiteren Tochtergesellschaften) durch die I.G. Farben 1928-29 in Basel zunächst unter dem Namen ,,I.G. Chemie" mit einem Kapital von 290 Millionen Schweizer Franken gegründet. Sie war mit der ,,I.G. Farben" durch einen Options- und Dividendengarantievertrag und persönliche Verflechtungen verbunden und so bis 1939 von der ,,I.G. Farben" beherrscht. An der Spitze der Interhandel stand Hermann Schmitz, Verwaltungsratspräsident der I.G. Farben. Das Firmenkonstrukt diente dazu, Devisen für das Projekt der Herstellung von synthetischem Benzin aus Kohle zu organisieren. Sie sollte die Auslandgeschäfte und die in der amerikanischen ,,General Aniline and Film Corp." (GAF) zusammengefaßten Firmenbeteiligungen der Nazis vor der Beschlagnahme durch die Alliierten zu schützen.

Ab 1942 wurden die Geschäfte und Vermögen der GAF jedoch von den misstrauischen Alliierten eingefroren. Nach Kriegsende wurde durch mehrere umstrittene Buchprüfungen der sogenannten ,,Schweizerischen Verrechnungsstelle" behauptet, die GAF sei eine Tochtergesellschaft der ,,I.G. Chemie" (der späteren Interhandel), somit rein schweizerischer Besitz und von den Alliierten freizugeben. Diese weigerten sich zunächst und verwiesen auf den Weg durch die Gerichtsinstanzen. Das US-Gericht verlangte von der Schweiz die Herausgabe sämtlicher Akten, was diese jedoch mit Hinweis auf das Bankgeheimnis und befürchtete Wirtschaftsspionage ablehnte. Der Streit darüber dauerte mehrere Jahrzehnte und wurde erst beendet durch einen außergerichtlichen Vergleich zwischen dem früheren US-Justizminister Robert Kennedy und der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS), welche Ende der 1950er Jahre die ,,Interhandel" übernommen hatte. Die GAF wurde demzufolge abgewickelt, die SBG fusionierte mit der Interhandel, erhielt 1965 knapp die Hälfte des Erlöses (nach damaligem Wert etwa 515 Millionen Schweizer Franken; die andere Hälfte ging an die USA) und wurde dadurch zur größten Bank der Schweiz.

In den 1980er Jahren klagte die ,,I.G. Farben in Liquidation" in Deutschland gegen die SBG, jedoch bis zum BGH erfolglos.

Die Auswertung von Dokumenten zu diesem Fall im Schweizer Bundesarchiv wurde von der Schweizer Bundesregierung blockiert. Schließlich wurde ein Untersuchungskommission (die sog. ,,Bergier-Kommission") eingesetzt, der zu dem Schluss kam, die ,,Interhandel" sei, rein juristisch gesehen, ein schweizerisches Unternehmen gewesen. Dieses Ergebnis ist bis heute umstritten.

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# Volker Koop: Das schmutzige Vermögen. Das Dritte Reich, die IG Farben und die Schweiz, Siedler Verlag, 2005. ISBN 978-3-88680-811-3
# Mario König: Interhandel: Die schweizerische Holding der IG Farben und ihre Metamorphosen – eine Affäre um Eigentum und Interessen (1910–1999). Reihe: Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg – Commission Indépendante d'Experts Suisse - Seconde Guerre Mondiale, Band 2. Chronos-Verlag, Zürich 2001. ISBN 3-0340-0602-0.




Aus: "Interhandel" (2. Februar 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Interhandel

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Quote[...] Beim Geheimtreffen vom 20. Februar 1933, auf dem eine Gruppe von Industriellen einen Wahlfonds von 3 Millionen Reichsmark für die NSDAP beschloss, nahm als Vertreter der I.G. das Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler teil. Die I.G. beteiligte sich an diesem Wahlfonds mit 400.000 Reichsmark.

Die neue Regierung schloss dafür noch 1933 mit der I.G.-Farben einen Vertrag über Absatz- und Mindestpreisgarantie für 350.000 Tonnen synthetisches Benzin und bewahrte so das Unternehmen vor insgesamt 300 Millionen Reichsmark Verlust. 1935 wurde Hermann Schmitz Nachfolger von Carl Bosch als Vorstandsvorsitzender und 1940 Carl Krauch Nachfolger als Aufsichtsratsvorsitzender. Krauch hatte eine Doppelfunktion. Er machte auch in der Regierung Karriere und brachte es bis zum Direktor der rüstungswirtschaftlichen Kommandozentrale und Bevollmächtigten für Sonderfragen der chemischen Produktion. Bis 1937 waren nahezu alle Direktoren der I.G. Mitglied der NSDAP. Die Aufsichtsratsmitglieder der I.G. nannten sich im internen Kreis ,,Der Rat der Götter".

Die I.G. Farben expandierte stark, auch durch ,,Arisierungen", zum Beispiel des vormaligen Konkurrenten Aussiger Verein. Ihr gehörten zu Spitzenzeiten in Deutschland 200 Werke, sowie etwa 400 deutsche und 500 ausländische Unternehmensbeteiligungen. Aufgrund dieser Expansion wurde die I.G. Farben seinerzeit das größte Unternehmen Europas und das viertgrößte der Welt (nach General Motors, US Steel und Standard Oil).

[...] Der starke Bedarf an Rohstoffen zur Kriegsführung, wie Synthetikkautschuk und -benzin, führte 1941 zur Errichtung einer großen Bunafabrik in Auschwitz. Die Finanzierungskosten in Höhe von ca. 1 Mrd. Reichsmark trug die I.G. Farben allein, um so Herr im eigenen Haus bleiben zu können. Für die Häftlinge, welche die Fabrik bauen mussten, wurde extra das Konzentrationslager Monowitz, Auschwitz III errichtet.

Die Wahl von Auschwitz für den Betrieb der Fabrik war eher zufällig. Während Himmler über die Eignung von Auschwitz als Ort für eine östliche Modellsiedlung nachsann, fiel die Wahl von Otto Ambros, einem Direktionsmitglied der Firma, völlig unabhängig von diesen Plänen auf dieselbe Region. Dabei dachte er an die für den Betrieb der Fabrik benötigten 525.000 Kubikmeter Wasser/Stunde, an eine gute Eisenbahnanbindung und den geforderten luftgesicherten Raum. Bei einer Sichtung der verfügbaren Flächen hatte er sich Ende 1940 auf den Zusammenfluss dreier Flüsse festgelegt: der Sola, der unteren Weichsel und der Przemsza. Die nächstgelegene Kleinstadt war Auschwitz. Aufgrund einer Anfrage von Dr. Ambros lieferten ihm die dortigen deutschen Bürgermeister daraufhin eine Fülle von Informationen. Durch puren Zufall entwickelte sich nun zweierlei gleichzeitig: Himmler wollte beim Aufbau seiner Kolonien im Osten große Mengen von Zwangsarbeitern einsetzen und die I.G. Farben konnte nun auf diese im großen Umfang zurückgreifen, da man große Bedenken hatte, ob die Region den nötigen Komfort für die anfangs gedachten deutschen Arbeiter bieten könne. Man ging eine unheilvolle Symbiose ein: Die SS war für die Verfügbarkeit und Bewachung der Gefangenen zuständig und die I.G. würde die Investitionen tätigen und das Baumaterial heranschaffen. Beim Bau und Betrieb dieser riesigen Fabrik, die eine Fläche von ungefähr 30 km² einnahm, ließen nach Schätzungen 20.000 bis 25.000 Menschen ihr Leben.[5] Die Anlage sollte aufgrund des Kriegverlaufs nie Kunstkautschuk oder andere synthetische Stoffe (außer Methanol) produzieren. Dies resultierte unter anderem daraus, dass die immensen Anstrengungen zur Herstellung von synthetischen Produkten zu einem Verbund voneinander abhängiger Fertigungsanlagen geführt hatte, welche äußerst anfällig für Bombenangriffe waren. Das Buna-Werk von Auschwitz ist heute in Betrieb und stellt die mit Abstand größte Kunstkautschuk-Fabrik Polens dar. [6]

[...] In den Nürnberger Prozessen wurden 23 leitende Angestellte vor Gericht gestellt, zwölf von ihnen wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, u. a. Hermann Schmitz wegen ,,Plünderung" zu vier Jahren, Carl Krauch und Heinrich Bütefisch, Direktor der I.G. Auschwitz, jeweils wegen ,,Versklavung" zu sechs Jahren Haft.

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# ↑ Joseph Borkin: Die unheilige Allianz der I.G.-Farben. Eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Campus, Frankfurt am Main 1990, S.57f, ISBN 3-593-34251-0

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Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/I.G._Farben (5. Februar 2009)

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http://de.wikipedia.org/wiki/IG-Farben-Prozess


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Quote[...]  Mr Nuzzi's allegations are based on internal IOR documents, more than 4,000 in all, that were smuggled out of the Vatican by a disgruntled employee. This unique violation of IOR confidentiality was made possible by an unlikely whistleblower: Monsignor Renato Dardozzi.

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From: "Whistleblower exposes Vatican Bank shenanigans" (July 2nd, 2009)
Source: http://www.italianinsider.it/?p=1057

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Quote[...] Ende dieser Woche tritt, erzählen gut informierte Vatikan-Journalisten, in einer hochvertraulichen Sitzung im Inneren des Vatikans die versammelte Spitze der Weißen Finanz zusammen. Eine ganze Reihe von Kardinälen, der Präsident und der innerste Kreis der Vatikanfinanzen schreiten zur Krisensitzung. Thema des geheimnisvollen Meetings: Seit zwei Monaten untersucht eine Kardinalskommission die dunklen Seiten der Weißen Finanz. Ziel: die Ablöse des lang gedienten Präsidenten der Vatikanbank Angelo Caloia vorzubereiten.

Hinter der hochnotpeinlichen Zusammenkunft stehen jüngst veröffentlichte Finanzskandale des Vatikans aus den 1990erJahren, die an Brisanz jeden verschwörungstheoretischen Roman schlagen. Die Zutaten der Skandalsaga sind korrupte Politiker, die Mafia, Kardinäle, das Opus Dei und mindestens 275 Millionen Euro an Mafia- und Schmiergeldern, die in den 1990er-Jahren durch Nummernkonten der Vatikanbank geschleust wurden. Offiziell waren diese Konten auf wohltätige Stiftungen gemeldet. Aufgedeckt hat den Sumpf niemand Geringerer als jener Mann, der seit den großen Finanzskandalen der 1980er-Jahre in der Vatikanbank aufräumen sollte: Monsignore Renato Dardozzi, Mitglied des innersten Kreises der vatikanischen Hochfinanz, hat über die Jahre ein geheimes Archiv von fast 5.000 Dokumenten angelegt und Stück für Stück in die Schweiz geschmuggelt – Akten des vatikanischen Staatssekretariats und Papiere der Vatikanbank, die Istituto per le Opere di Religione (IOR), also Institut für religiöse Werke, heißt. Die Dokumente zeugen allerdings kaum von christlicher Ethik: Sie beweisen Geldwäsche im Dienste der Mafia, die Blockade von Korruptionsermittlungen, Schmiergeldaffären und geheime Nummernkonten, die etwa das Geld von Ex-Staatspräsident Giulio Andreotti enthielten.

Dardozzi schwieg als getreuer Kirchenmann zeit seines ­Lebens über die skandalösen Vorgänge. Doch in seinem Tes­tament verfügte er, sein geheimes Archiv solle nach seinem Tod veröffentlicht werden. 2007 wandten sich die Testamentsvollstrecker an den prominenten italienischen Journalisten ­Gianluigi Nuzzi. Nuzzi fuhr in die Schweiz und nahm im ­Keller eines entlegenen Bauernhofes zwei Samsonite-Koffer voller Dokumente in Empfang (Interview). Nun hat er sie ins Internet gestellt und nach intensiven Nach-Recherchen ein Buch dazu veröffentlicht: ,,Vaticano S.p.A." kam im Mai in Italien auf den Markt und hat seither bereits 160.000 Exemplare verkauft. ,,Wären diese Dokumente damals öffentlich geworden, wäre ich nie zurückgetreten – und die Geschichte Italiens hätte anders ausgesehen", kommentiert es Antonio Di Pietro, der Staatsanwalt der Anti-Korruptions-Ermittlungen ,,Mani Pulite" in den 1990er-Jahren, heute wesentlicher Oppositionspolitiker gegen Silvio Berlusconi. Denn die Dokumente enthalten nicht nur eine Bombe – sondern eine ganze Reihe davon.

Die Geschichte der Skandale beginnt vor den 1990ern mit den gerichtsnotorischen, aber immer noch nicht ganz aufgeklärten Vorgängen rund um den berüchtigten ,,Banker Gottes" Paul Casimir Marcinkus. Der Amerikaner, aufgewachsen in Chicago und nach der Priesterweihe schnell in der Hierarchie des Vatikans aufgestiegen, trat Ende der 1960er-Jahre in einem heiklen Moment auf den Plan der Vatikanfinanzen: Nach dem Tod von Johannes XXIII. brachen die Spenden ein. Zugleich hob Italien die Steuerfreiheit auf, die Mussolini der Kirche gewährt hatte. Der neue Papst Paul VI. beschließt, so viel Geld wie möglich ins Ausland zu schleusen, und betraut damit zwei Personen: Marcinkus und den sizilianischen Banker Michele Sindona. Aus der Zusammenarbeit entwickelt sich der größte Finanz- und Politskandal, den die Kirche bisher erlebt hat.

Marcinkus steigt 1971 zum Präsidenten der Vatikanbank auf, die Zusammenarbeit mit Sindona bleibt, dazu kommt der Banker Roberto Calvi, Chef der Banco Ambrosiano. Das Trio infernale baut dank des Bankgeheimnisses der Vatikanbank ein undurchsichtiges Finanznetzwerk auf, über das schmutziges Geld geschleust wird und das ein verzweigtes Netz an Beteiligungen erwirbt. Als 1978 Paul VI. stirbt, will der neue Papst – Johannes Paul I. – Marcinkus entmachten, wobei ihm gelegen kommt, dass dieser (wie sein Sekretär Donato De Bonis, von dem noch die Rede sein wird) als Freimaurer enttarnt wird. Darauf steht seit dem 18. Jahrhundert die Exkommunikation. Doch Johannes Paul I. stirbt am Tag nach dieser Entscheidung, 33 Tage nach seinem Amtsantritt. Offizielle Todesursache: Herzinfarkt. Sein polnischer Nachfolger Johannes Paul II. stärkt Marcinkus, Sindona und Calvi wieder den Rücken. Angeblicher Grund: Die drei helfen dem Papst, Gelder für Osteuropa zu besorgen – darunter bis zu 100 Millionen Dollar an die polnische Solidarnoscz.

Das Trio arbeitet weiter, bis die ­Bombe platzt: Sindona lässt durch die Cosa Nostra einen Anwalt ermorden und verschuldet den Crash der Franklin Bank in den USA. 1980 wird er dort zu 25 Jahren Haft verurteilt. 1982 geht Calvis Banco Ambrosiano bankrott und zieht eine ganze Reihe Banken mit in den Abgrund. Calvi flieht nach London und wird erhängt unter der Brücke der Schwarzen Mönche gefunden: ermordet von der Mafia, wie die Staats­anwaltschaft meint. Sindona überlebt den Skandal ebenfalls nicht: Er stirbt kurz nach seiner Überstellung nach Italien im Gefängnis an einer Tasse vergiftetem Kaffee. Nur Marcinkus, der Präsident der Vatikanbank, geht unbeschadet durch den Skandal. Das IOR gibt zwar keine Schuld zu, zahlt aber freiwillig 240 Millionen Dollar an die geschädigten Banken. Die italienische Justiz stellt 1987 einen Haftbefehl gegen Marcinkus aus – doch der Vatikan liefert ihn nicht aus, er bleibt im Amt. Erst 1990 folgt ihm der lombardische Banker Angelo Caloia, bis heute Präsident der Vatikanbank IOR. Caloia gilt als integrer Banker ohne jegliches Verständnis für kriminelle Machenschaften. Deshalb glaubte man bis jetzt, dass mit seinem Amtsantritt die Ära der Skandale in der Weißen Finanz zu Ende sei und nun gründlich aufgeräumt würde. ­Einer der Männer, die dafür sorgen sollten, war Monsignore Renato Dardozzi.

Doch dessen Archiv, das er nun posthum der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, zeigt detailliert, festgehalten in Tausenden Konto­auszügen, Briefen und Dokumenten: Der ,,Banker Gottes" betrieb das Geschäft mit dem schmutzigen Geld unvermindert weiter. Auch nach dem Abgang von Marcinkus blieb sein System aufrecht – nur nicht in den offiziellen Konten des IOR. Zwar änderte Johannes Paul II. die Statuten, doch weiterhin war es Privatpersonen möglich, bei der Vatikanbank IOR ein Konto zu eröffnen – unter der Bedingung, dass ein Teil des Geldes für wohltätige Zwecke gewidmet wurde. Zusätzlich entstand im Vatikan in den 1990er-Jahren eine parallele Offshore-Finanzstruktur, über die Schmiergelder, Steuerhinterziehung und Mafiazahlungen abgewickelt wurden. Allein in den Jahren 1991 bis 1993 liefen über die geheimen Konten, die auf Nummerncodes, Decknamen und wohltätige Stiftungen lauteten, 276 Millionen Euro.

Die zentrale Person hinter dieser parallelen Vatikanbank heißt Donato De Bonis. Der persönliche Sekretär von Paul Casimir Marcinkus, dem Skandalbanker Gottes, bekam trotz der eben überstandenen Wirren einen Posten, den es eigentlich nicht mehr gab: Er wurde Prälat der Vatikanbank und somit die Nummer zwei des Instituts. Hinter dem Rücken des neuen Präsidenten Caloia und wohl in Zusammenarbeit mit dem abgesetzten Marcinkus, der bis 1997 vor der Justiz geschützt hinter den Mauern des Vatikans lebte, eröffnete er beim IOR ein Konto nach dem anderen. Der Anblick des Prälaten, der wöchentlich dicke Koffer mit Bündeln von 100.000-Lire-Scheinen in die Bank schleppte, wurde zur Normalität im wehrhaften Turm Nikolaus V., in dem die Bank ihren Sitz hat.

Die Vatikanbank spielte – das zeigt nun erstmals Dardozzis Archiv in allen Einzelheiten – eine zentrale Rolle in der gigantischen Schmiergeldaffäre, die in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre Italien erschütterte und unter dem Namen ,,Tangentopoli" in die Annalen einging. Der Begriff steht für das gewaltige System von Korruption, Amtsmissbrauch und illegaler Parteifinanzierung, das der Staats­anwalt Antonio Di Pietro in der Operation ,,Mani ­Pulite" (,,saubere Hände") aufdeckte. Die ­Affäre betraf Politiker in ganz Italien und führte zu einem politischen Erdbeben: 3.200 Prozesse wurden geführt, 1.250 Personen verurteilt, mehrere nationale Politiker gerichtlich belangt. Die Folge war der Zusammenbruch der alten Parteienlandschaft und ein neues Wahlrechtsgesetz.

Der wichtigste Fall waren die Bestechungsgelder aus dem Unternehmen Enimont, von dem aus – für die Genehmigung einer Teilung des Unternehmens – an praktisch alle Politiker des Landes Schmiergeld floss. Es wurde nicht in Koffern übergeben, sondern lief über ein kompliziertes Netzwerk von Banken. An einer davon bissen sich die Ermittler die Zähne aus: der Vatikanbank. Nun zeigt das Archiv Dardozzis, was dort hinter den Kulissen lief. Der immer noch amtierende Präsident der Vatikanbank, Angelo Caloia, wusste durchaus Bescheid, und zwar noch bevor die Ermittler auftauchten: ,,Sie sind dabei, uns in die Zange zu nehmen. Befreundete Quellen in der Finanzpolizei haben mich gewarnt", schreibt er in einer Memo. Doch der Vatikan gibt halbe Antworten und legt seine Konten nicht offen. Die Schmiergelder werden über ein kompliziertes System wohltätiger Stiftungen weißgewaschen. Der polnische Papst, von Caloia in Kenntnis gesetzt, schützt den Prälaten der Bank, Donato De Bonis. Der Vatikan beschließt zu ­schweigen.


Der Grund für diese Vorsicht dürfte ein weiterer Politiker sein, der seine Gelder über das IOR verwaltete: Es handelt sich um Giulio Andreotti, seit 30 Jahren der konservative Spitzenpolitiker, mit besten Beziehungen zur Kirche – und mit zu guten Beziehungen zur Mafia, was ihn wiederholt ins Visier der Justiz brachte. Zur Zeit der Ermittlungen von ,,Mani Pulite" trat Andreotti zur Wahl für das Amt des Staatspräsidenten an. Der Vatikan hatte größtes Interesse an seinem Sieg und keines an der Aufdeckung seiner geheimen Konten. Für Andreotti – Code­name in der Vatikanbank: ,,Omissis" – legte De Bonis gleich eine ganze Reihe davon an. Eines davon war die ,,Stiftung Spellmann". Nun ist das Gründungsdokument dieser angeblich wohltätigen Stiftung im Archiv Dardozzis aufgetaucht. ,,Zeichnungsberechtigt: Donato De Bonis und Giulio Andre­otti", steht dort. Umgerechnet 60 Millionen Euro sollen über die geheimen Konten ­Andreottis bei der Parallelstruktur der ­Vatikanbank geflossen sein, recherchierte Nuzzi. Als er den Ex-Präsidenten darauf ansprach und ihm die Dokumente zeigte, meinte der schlicht: ,,Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein ­Konto beim IOR besessen zu haben."

Die Vatikanbank erwarb sich so einen guten Ruf als Hafen für schmutziges Geld: Sie gehört dem Papst, unterliegt keinen Regulierungen, die Einlagen sind steuerfrei. Der Vatikan hat auch nie ein Geldwäscheabkommen unterzeichnet. Kein Wunder also, dass auch die Mafia das IOR weiterhin nutzte. Dass dies noch weit über die Ära von De Bonis – der 1994 abgesetzt wurde – hinausging, zeigen nun die Aussagen eines Kronzeugen: Der Sohn des ehemaligen Bürgermeisters von Palermo, Mafiaboss Vito Cianciminio, begleitete seinen Vater bei dessen Gängen ins IOR. Nun sagte er aus, dass die Schmiergeldzahlungen, die sein Vater für öffentliche Aufträge in Palermo kassierte, sämtlich in der Vatikanbank gebunkert wurden. Von diesen Konten, so Massimo Ciancimino, gingen zeitweise 20 Prozent der Eingänge an den ,,capo dei capi" Toto Riina. Die letzte Transaktion auf ein Konto der Vatikanbank, sagt der Kronzeuge, ist nun gerade einmal zwei Jahre her.

Der Vatikan hat zu den Enthüllungen des ehemaligen Beraters seines Staatssekretariats bisher eisern geschwiegen. Doch hinter den Kulissen brodelt es: Papst Benedikt XVI. nimmt die Gelegenheit sogar gerne wahr, mit der alten Riege der Vatikanfinanz aufzuräumen. In seiner Enzyklika ,,Caritas in Veritate" hat der Papst – wohl inspiriert durch die Finanzkrise – zu Transparenz auf den Finanzmärkten aufgerufen. Nun muss er beweisen, dass er in seiner eigenen Bank dazu imstande ist. Erstes Opfer wird jener Mann sein, der schon 1990 mit dem Vorsatz der Transparenz angetreten ist: Der Präsident der Vatikanbank, Angelo Caloia, wird wohl vorzeitig abgelöst.



Aus: "Die dunklen Geschäfte des Vatikan: Buch enthüllt Finanznetzwerk für Geldwäsche" Von Corinna Milborn (19.9.2009)
Quelle: http://www.format.at/articles/0938/525/251407/die-geschaefte-vatikan-buch-finanznetzwerk-geldwaesche


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Quote[...] Der italienische Journalist veröffentlichte in ,,Vaticano S.p.A." das Geheimarchiv von Monsignore Dardozzi.

FORMAT: Wie sind Sie an das Archiv von fast 5.000 Dokumenten aus dem Vatikan von Renato Dardozzi gelangt?

Gianluigi Nuzzi: 2007 sind die Testamentsvollstrecker von Monsignore Renato Dardozzi in der Redaktion der Zeitschrift ,,Panorama", für die ich arbeite, aufgetaucht. Dardozzi hatte verfügt, dass sein Archiv von Vatikan-Dokumenten veröffentlicht werden sollte. Sie waren auf der Suche nach einem investigativen Journalisten, der nicht anti-klerikal eingestellt ist und daraus kein Pamphlet gegen die Kirche machen würde – und sind auf mich gekommen.

[...] FORMAT: Was sind für Sie die brisantesten Ergebnisse?

Nuzzi: Die Dokumente zeigen detailliert, was in der Vatikanbank nach dem Fall des berüchtigten Paul Marcinkus geschah. Darüber wusste man bisher gar nichts. Sie zeigen, dass das kriminelle System von Geldwäsche, geheimen Konten und Schmiergeldern über eine Parallelstruktur der Vatikanbank unvermindert weitergeführt wurde. Es sind die Geldflüsse der schmutzigsten Skandale der ersten Republik enthalten – von der Mafia bis zum Schmiergeldskandal. Sie belegen auch, dass der Vatikan die Ermittlungen der Antikorruptions-Operation ,,Mani Pulite" blockierte.


FORMAT: Wie hat der Vatikan auf das Buch reagiert?

Nuzzi: Öffentlich nur mit großem Schweigen. Sie konnten auch nur so auf ein Buch antworten, das auf ihren eigenen Originaldokumenten beruht und bisher kein einziges Mal geklagt wurde. Hinter den Kulissen scheint das Buch aber einigen Staub aufgewirbelt zu haben: Man sagt, dass es der Grund dafür ist, dass der Präsident der Vatikanbank, Angelo Caloia, nun vorzeitig abgelöst wird und mehr Transparenz hergestellt wird.
FORMAT: Welche Rolle spielte Caloia denn in den Finanzskandalen?
Nuzzi: Man muss ihm zugute halten, dass er – als er De Bonis und seinem Parallelsystem anonymer Konten auf die Schliche kam – sich dagegenstellte und versuchte, aufzuräumen. Aber er ist einer derjenigen, die die Wahrheit so gedreht haben, dass die Staatsanwaltschaft ,,nicht in Versuchung geführt wird", weiterzuermitteln: Das ist ein Originalzitat aus einem Fax von ihm an den Anwalt. Er hat also die Ermittlungen behindert.

FORMAT: Das Archiv geht bis in die späten 1990er-Jahre. Müssen wir annehmen, dass der Vatikan bis heute eine Drehscheibe für schmutziges Geld ist?

Nuzzi: Also alles kann nicht in Ordnung sein – sonst würden sie jetzt nicht Kommissionen bilden und den Präsidenten ablösen. Massimo Ciancimino, Sohn des Mafiabosses und Kronzeuge, hat ausgesagt, dass die letzte Zahlung an seinen Vater über das IOR vor zwei Jahren stattgefunden hat. Die Vatikanbank wird nicht kontrolliert, der Vatikan hat keinerlei Geldwäscheabkommen unterzeichnet. Er ist wohl der geschlossenste Offshore-Finanzplatz der Welt.

Interview: Corinna Milborn



Aus: "Gianluigi Nuzzi: "Die Dokumente enthalten die Geldflüsse der schmutzigsten Skandale"" (18.9.2009)
Quelle: http://www.format.at/articles/0938/525/251422/gianluigi-nuzzi-die-dokumente-geldfluesse-skandale

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Quote[...] (kreuz.net) Mitte Mai erschien in Mailand das Buch ,,Vaticano Spa" – Aktiengesellschaft Vatikan – des Journalisten Gianluca Nuzzi.

Nuzzi hat in der Vergangenheit für Medien-Erzeugnisse geschrieben, die zum Berlusconi-Konzern gehören.

Sein Buch trägt den reißerischen Untertitel: ,,Aus einem Geheimarchiv – die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche."

Das Werk beruht angeblich auf über viertausend Dokumenten die von dem römischen Prälaten und Krawattenpriester, Monsignore Renato Dardozzi (1922-2003) gesammelt wurden.

Bei den Dokumenten soll es sich um Kopien von Bankbelegen und Aktennotizen der vatikanischen Bank 'Istituto per le Opere di Religione' gehandelt haben.

Monsignore Dardozzi war Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und über zwanzig Jahre lang Berater der vatikanischen Staatssekretäre Agostino Kardinal Casaroli († 1998) und Angelo Kardinal Sodano (81).

In seinem Testament hatte der Prälat ausdrücklich verlangt, daß diese Dokumente veröffentlicht werden.

Es ist unklar, wie der Geistliche, der nie im Bankenwesen beschäftigt war, an so viele Belegen herangekommen sein soll.

Nuzzis Buch behandelt die Zeit nach dem Rücktritt des US-amerikanischen Kurienerzbischofs Paul Casimir Marcinkus († 2006) als Leiter der Vatikanbank im Jahr 1989.

Zu diesem Zeitpunkt war die Vatikanbank aufgrund des Zusammenbruchs des katholischen Finanzinstituts 'Banco Ambrosiano' in den frühen 1980er Jahren in massive Schwierigkeiten geraten.

Der Nachfolger von Erzbischof Marcinkus war Angelo Caloia (70). Er ist immer noch im Amt.

Die Hauptthese in Nuzzis Buch besteht in der Behauptung, daß Kurienbischof Donato De Bonis († 2001) – der ehemalige Sekretär von Erzbischof Marcinkus – offenbar hinter dem Rücken des neuen Präsidenten ein kompliziertes und undurchsichtiges Finanznetz aufgebaut habe.

Diese ,,parallele Bank" habe dazu gedient, schmutziges Geld zu waschen und kirchliches Geld auf private Konten von Prälaten fließen zu lassen.

Mons. De Bonis soll dabei mit über siebzehn Bankkonten gearbeitet haben.

In den Jahren 1989 bis 1993 seien mehr als 270 Millionen Euro über diese Konten geflossen. Dieses ,,geheime Machtzentrum" habe sich auf politische Kontakte in Italien und mit der internationalen Finanz gestützt.

Die ,,parallele Vatikanbank" habe unter anderem Schmiergelder aus Italien verwaltet, Gelder für vatikanische Immobilien auf das Konto des Venezuelanischen Kurienkardinals Rosalio José Castillo Lara († 2007) umgeleitet oder Mafiagelder eines ehemaligen Bürgermeisters von Palermo gewaschen.

Es gab nach Angaben von Nuzzi auch ein Nummernkonto, daß Mons. De Bonis in seinem handschriftlichen Testament eigens dem ehemaligen christdemokratischen italienischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti (90) vermacht haben soll.

Auf diesem Konto wurden in den Jahren 1987 bis 1992 Summen im Bereich von 26 Milliarden Lire – 13.5 Millionen Euro – abgelegt.

Die angeblichen Machenschaften von Mons. De Bonis kamen zu einem Ende, als er im Jahr 1993 von Papst Johannes Paul II. († 2005) zum Bischof ernannt, aus der Vatikanbank versetzt und zum Kaplan des Malteser-Ordens ernannt wurde.

QuoteSamstag, 4. Juli 2009 04:54
Osservatore Vaticano: Der Hintergrund ist oft wichtiger als die Nachricht
Zitati: Es ist unklar, wie der Geistliche, der nie im Bankenwesen beschäftigt war, an so viele Belegen herangekommen sein soll.

Der Autor dieses Beitrags scheint die Hintergründe des Buches nicht zu kennen. Mons. Dardozzi war von Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli beauftragt worden, die Hintergründe des Ambrosiano-Bankcrash zu untersuchen. Er war Mitglied jener vatikanischen Delegation, die in Genf die Vereinbarung mit den italienischen Banken unterzeichnete, in der der Heilige Stuhl sich bereit erklärte eine ,,Abfindung" von 241 Millionen US Dollars zu zahlen. In der gleichen Funktion wirkte er für Kardinal Angelo Sodano. Dadurch hatte er Zugang zu den Dokumenten, die er im Laufe der Jahre (illegal) aus dem Vatikan geschafft hat und in der Schweiz verstecken liess. Er wollte wahrscheinlich ein ähnliches Schicksal vermeiden, das Mons. Luigi Marinelli erfuhr, nach der Publikation seines kritischen Buches. Bekannterweise wurde Prälat Marinelli vor die Sacra Rota bestellt und vor dem päpstlichen Gericht angeklagt.

Viele der Dokumente sind als pdf-Kopien im Internet lesbar und zwar auf der Website des Verlags. Allerdings muss sich der Leser vorher registrieren lassen.

Ein ähnliches Buch hat 1992 der Wirtschaftsjournalist Charles Raw geschrieben. Es heisst ,,The Moneychangers" und ist nur noch antiquarisch zu kaufen, allerdings zu Phantasiepreisen bis zu € 150. Es beschreibt die Transaktionen der Ambrosiano-Affäre im Detail und enthält ebenfalls Kopien von Bankbelegen.


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Aus: "Skandal mit vielen Fragezeichen" (Donnerstag, 25. Juni 2009 14:23)
Quelle: http://www.kreuz.net/article.9382.html


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Quote[...] (RP)  Thomas Schaffeld ist Ansprechpartner der Bundesarbeitsgemeinschaft "Suchtberatung in der Polizei". Seit 19 Jahren kümmert sich der Dienstgruppenleiter um Kollegen, die unter einem Alkoholproblem leiden. "Wir schätzen, dass rund fünf Prozent der 40.000 Polizisten betroffen sind", sagt Schaffeld. Das sind 2000 Beamte.

Am Mittwoch treffen sich in der Paracelsus Bergklinik in Bad Essen Suchtberater, Sozialarbeiter und Ärzte der Polizei zu einer Tagung über den Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen von Einsatzkräften und der Entstehung von Sucht. Peter Subkowski, der ärztliche Leiter der Klinik, spricht als Spezialist zu dem Thema. "Verkehrsunfälle mit Todesfolge, Suizid eines Kollegen, tödliche Unfälle von Kindern ­die Wahrscheinlichkeit, als Polizist mit solchen Extrembelastungen im Laufe des Berufslebens konfrontiert zu werden, grenzt an hundert Prozent", sagt Subkowski. Oft sei ein unverarbeitetes Trauma die Ursache dafür, dass Beamte zur Flasche griffen.

Fallen Polizeibeamte im Dienst mit einer Alkoholfahne auf, so werden sie zunächst an die "Sozialen Ansprechpartner" (SAP) in den Behörden verwiesen. "Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass eine Alkoholkrankheit vorliegt, erstellt der Polizeiarzt ein Gutachten", sagt der Suchtberater Schaffeld. Die Dienstbelastung habe in den vergangenen Jahren durch die steigende Gewaltbereitschaf stark zugenommen. In der Paracelsus-Klinik gibt es mittlerweile spezielle Therapiegruppen, in denen sich suchtkranke Einsatzkräfte austauschen können.

Monika Düker, Innenexpertin der Grünen im Landtag, fordert ein gezieltes Gesundheitsmanagement für die Polizeibeamten in NRW. Das System der "Sozialen Ansprechpartner" sei nicht weitreichend genug. Nicht jede Suchterkrankung komme ans Licht.

Die November-Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei hat das Problem "Alkohol und Dienst" zum Titelthema gemacht. In Berlin wurde ein 47-jähriger zu 16 Monaten Haft verurteilt, der sich im Vollrausch auf der Dienststelle an einer Kollegin vergangen hatte.

QuoteAutor: Zelos1983 / Datum: 04.11.09 11:59

Dieser Kommentar entsprach nicht den AGB von RP ONLINE.

Die Redaktion


QuoteAutor: a.c.a.b. / Datum: 04.11.09 09:37

Dieser Kommentar entsprach nicht den AGB von RP ONLINE.

Die Redaktion





Aus: "Trauma ist häufig die Ursache - 2000 Polizisten in NRW sind alkoholkrank"
VON GERHARD VOOGT - zuletzt aktualisiert: 03.11.2009 - 20:44
Quelle: http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/2000-Polizisten-in-NRW-sind-alkoholkrank_aid_778303.html


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#31
Quote[...] In der existentialistischen Philosophie des frühen Sartre (L'être et le néant, 1943, dt. Das Sein und das Nichts) offenbart sich in der Scham das grundlegende Faktum des ,,Für-Andere-Seins" als der Selbstentfremdung bzw. Verdinglichung, die das ,,Für-sich" in der konfliktuösen Begegnung mit dem Anderen erleidet; Scham ist insbesondere Anerkennung der Tatsache, dass ich so bin, wie der Andere mich sieht.

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Aus: ,,Schamgefühl". Bearbeitungsstand: 2. November 2009, 22:48 UTC.
(Abgerufen: 23. November 2009, 09:21 UTC)
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schamgef%C3%BChl&oldid=66342837

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Quote[...] Vor drei Wochen waren am Gebäude des ehemaligen KZ Spaldingstraße zwei Tafeln eingeweiht worden, die an 800 KZ-Häftlinge erinnern, die dort ums Leben kamen. Ein offizieller Festakt. Schon wenige Tage später ließ der Eigentümer, die Immobilienfirma IVG, sie wieder demontieren und einem dunklen Hinterhof verstecken, der ausdrücklich nicht betreten werden darf. Die Gedenktafeln seien "geschäftsschädigend", so lautet die Begründung. [...]

Es geht um die so genannte "Georgsburg", das Haus Spaldingstraße 152-162. Wer das siebenstöckige Gebäude sieht, kann sich kaum vorstellen, dass dies einmal der Vorhof zur Hölle war. Das größte Außenlager des KZ Neuengamme! 2000 Menschen waren hier eingesperrt. Viele verhungerten. Starben durch Entkräftung. Wurden ermordet.

"20 Jahre haben wir darum gekämpft, dass eine Tafel angebracht wird, die an dieses grauenvolle Kapitel erinnert", sagt Susanne Frischling, die Sprecherin der Kulturbehörde. "Wir waren froh, dass sich die IVG endlich dazu durchringen konnte." Doch schon die feierliche Einweihung, die am 26. Oktober Kulturstaatsrat Dr. Nikolaus Hill vornahm, verlief nicht ohne Zwischenfälle: Mitarbeiter eines Büroeinrichtungshauses ließen mehrfach lautstark Rollläden rauf und runter. Als Detlef Garbe, Chef der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, einschritt, habe ein älterer Mitarbeiter des Ladens gesagt: "Die Tafeln hängen da sowieso nicht lange."

Der Mann sollte recht behalten. In einer Nacht- und Nebelaktion ließ die IVG sie verschwinden. IVG-Sprecher Jens Friedemann zur MOPO: Man habe einen "würdigeren Ort zum Gedenken an die Opfer" ausgesucht. Als die MOPO ihm beschrieb, wie es auf dem Hof aussieht, gab er aber zu, die Örtlichkeit nicht zu kennen. Schließlich gestand Friedemann ein, der wahre Grund seien Beschwerden von Mietern gewesen. Der Eigentümer des Büroeinrichtungshauses, neben dessen Schaufenstern die Tafeln hingen, hätten protestiert. Von Geschäftsschädigung sei die Rede gewesen.

Die MOPO bittet Christian Knigge, den 67-jährigen Senior-Chef, um eine Stellungnahme. Der reitet auf Prinzipien herum. "Die Front des Hauses ist unsere Werbefläche. Man hätte uns ja wenigstens mal fragen können." Außerdem beklagt Knigge allen Ernstes, es hätten zuletzt "so viele" Menschen in seine Schaufenster geguckt - als wäre das nicht deren Zweck. Und dann wären auch noch welche gekommen und hätten Blumen niedergelegt. Mit Mietminderung soll Knigge der IVG gedroht haben. Das bestreitet er allerdings.

IVG-Sprecher Friedemann behauptet, die Umsetzung der Gedenktafeln sei mit der Kulturbehörde abgestimmt gewesen. Behörden-Sprecherin Susanne Frischling ist fassungslos, als sie das hört. Sie kommentiert den ganzen Vorgang so: "Wir sind zutiefst verwundert."

Von einer "Verhöhnung der NS-Opfer" spricht Ruben Herzberg, der Chef der Jüdischen Gemeinde. Die Verlegung der Gedenkplatten sei eine "nachträgliche Schändung der Toten". Dr. Detlef Garbe spricht von einem Skandal und fordert, die Tafeln müssten umgehend wieder dahin, wo sie waren.

QuoteInfo:
Die "Georgsburg"

Vernichtung durch Arbeit - das war das Schicksal, das die SS den KZ-Insassen zugedacht hatte. Das KZ Neuengamme hatte insgesamt 87 Außenlager in ganz Norddeutschland. Das Außenlager Spaldingstraße, das 1944 in der "Georgsburg" eröffnet wurde, gilt als eines der schrecklichsten.

Auch der heutige Eigentümer des Gebäudes, die Immobilien Verwertungsgesellschaft (IVG), Deutschlands größte Immobilienfirma, blickt auf eine bewegte NS-Vergangenheit zurück. Sie hätte allen Grund, das Andenken der Nazi-Opfer hochzuhalten. Denn die IVG ist die Nachfolgefirma der so genannten "Verwertungsgesellschaft für Montanindustrie" (Montan), deren Aufgabe es im Dritten Reich war, Rüstungsbetriebe aus dem Boden zu stampfen, in denen Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene schuften mussten. Im Vorstand saßen nur Militärs. Die Montan war eins der Schlüssel-Organisationen in Hitlers Rüstungspolitik. 1951 wurde die Montan in IVG umbenannt. Inzwischen ist sie privatisiert.

Ressort: HH Hamburg





Aus: "Schämen Sie sich nicht?"
OLAF WUNDER" (21.11.2009)
ARCHIV: GEDENKTAFEL AN NAZI-OPFER FIRMEN-CHEF LIESS SIE ENTFERNEN
Quelle: http://archiv.mopo.de/archiv/2009/20091121/hamburg/panorama/schaemen_sie_sich_nicht.html

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Quote[...] Immobilienverwertungsgesellschaft (IVG), versucht gar nicht erst, drum herumzureden. "Natürlich müssen die Tafeln an der Straße hängen, wo sie jeder sieht - und nicht versteckt im Hinterhof. Was geschehen ist, tut uns leid."

Wie berichtet, hatte die IVG nach Protesten von Mietern zwei Gedenktafeln für das KZ-Außenlager gut drei Wochen nach der Einweihung wieder entfernt - und im Hinterhof aufgehängt. Sonnabend, als der MOPO-Bericht über den Skandal erschien, fuhr Flechsig selbst zur Spaldingstraße und schraubte die Tafeln wieder an ihren alten Platz an.

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Aus: "Gedenktafeln wieder umgehängt" VON OLAF WUNDER  (23.11.2009)
Quelle: http://www.mopo.de/2009/20091123/hamburg/panorama/gedenktafeln_wieder_umgehaengt.html


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#32
Quote[...] Wer als Soldat im Krieg straffrei tötet, wird in Friedenszeiten für die gleiche Handlung schuldig gesprochen, was auf eine temporäre oder situative Schuldbewertung verweist. Schuld kann als ein Konstrukt beschrieben werden, also eine Vereinbarung auf Inhalt, Zeit und Raum von Menschen und deren Institutionen.

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Aus: ,,Schuld (Ethik)" (Abgerufen: 24. November 2009, 13:16 UTC)
Bearbeitungsstand: 19. November 2009, 15:06 UTC.
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schuld_(Ethik)&oldid=67011455


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Quote[...] Der Beginn der ,,Nachkriegszeit" wird oftmals mit der suggestiven Behauptung einer ,,Stunde Null" verknüpft. Dies führt irre, weil die Metapher ,,Stunde Null" zwar einige erfahrungsgesättigte ,Lehren' betont, aber in Bezug auf die mentale Lage der Bevölkerung den völligen Untergang der bis dahin vorherrschenden und von der nationalsozialistischen Propaganda aufgenommenen und umgeprägten Lebensentwürfe suggeriert. Dies war keinesfalls so.

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,,Nachkriegszeit". Bearbeitungsstand: 17. November 2009, 13:40 UTC.
(Abgerufen: 24. November 2009, 12:49 UTC)
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nachkriegszeit&oldid=66926583

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Quote[...] Die Handlung des Films beginnt 1943 in Hamburg. Dr. Rothe ist ein Serumforscher. Für die Nazis ist seine Arbeit geheim und kriegswichtig. Seine Verlobte Inge spioniert seine Forschungen aus. Als er von ihrem Verrat erfährt, ermordet er sie im Affekt. Doch die Nazis schützen den wichtigen Forscher vor der Verurteilung. Sein Kollege Hösch deckt ihn und verhindert damit eine Verurteilung des Täters. Doch Rothe bleibt allein mit den Schuldgefühlen, die er nicht überwinden kann. Nach dem Krieg trifft Rothe seinen ehemaligen Kollegen in einem Lager wieder. Der gesuchte Nazi Hösch nennt sich jetzt Nowack. Rothe glaubt, endlich jemanden gefunden zu haben, der seine psychische Situation verstehen wird, doch Hösch hat sich nicht geändert und empfindet Rothes Schuldgefühle als fehl am Platze. Aus Wut ermordet Rothe nun auch Hösch und richtet anschließend sich selbst.

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Aus: "Der Verlorene" (14. August 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Verlorene

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Quote[...] Nach Abschluss der Dreharbeiten zu Alfred Hitchcocks Der Mann, der zuviel wußte in London zog Lorre im Jahr 1935 in die USA.

Dort traf er zahlreiche frühere Kollegen wieder, die sich ebenfalls im Exil befanden (u. a. Fritz Lang, Bertolt Brecht, Marlene Dietrich und Billy Wilder, mit dem er sich ein Zimmer teilte). Seinen Freund, den jüdischen Schauspieler Kurt Gerron, konnte Lorre jedoch nicht dazu bewegen, Holland, wohin er sich geflüchtet hatte, zu verlassen. Gerron wurde im Jahr 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

[...] Einen weiteren großen Erfolg konnte Lorre im Jahr 1941 mit dem Film-noir-Klassiker Die Spur des Falken (The Maltese Falcon) von John Huston verbuchen, in dem er neben Humphrey Bogart zu sehen war.

Ebenfalls mit Bogart drehte Lorre im Jahr 1942 das Liebesdrama Casablanca, das allein in den USA rund 4 Millionen Dollar einspielte (bei einem Budget von knapp einer Million Dollar) und mit drei Oscars ausgezeichnet wurde. Im gleichen Jahr wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. Mittlerweile war er mit durchschnittlich vier Filmen pro Jahr zu einem vielbeschäftigten und gefragten Schauspieler geworden. Überschattet wurde sein Aufstieg nur durch finanzielle Probleme, die ihn aufgrund seines verschwenderischen Lebensstils ständig begleiteten.

[...] Im September 2007 veröffentlichte die New Yorker Vaudeville-Punk-Band The World/Inferno Friendship Society eine CD/LP unter dem Titel Addicted to Bad Ideas: Peter Lorre's Twentieth Century. Zu diesem Tonträger wurde außerdem ein Musical geschrieben, welches sich mit dem Leben Peter Lorres auseinander setzt. In den Liedern werden Inhalte wie Drogensucht ("M" is for Morphine), verschwenderischer Lebenswandel (With a Good Criminal Heart und Addicted to Bad Ideas), sein Leben in Deutschland (Ich erinnere mich an die Weimarer Republik) bis zu seinem Tod (Heart Attack ´64) thematisiert.

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Aus: ,,Peter Lorre" Bearbeitungsstand: 30. Oktober 2009, 04:25 UTC.
(Abgerufen: 24. November 2009, 12:47 UTC)
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Peter_Lorre&oldid=66184158

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QuoteCasablanca ist ein US-amerikanischer Spielfilm des Regisseurs Michael Curtiz aus dem Jahr 1942. Vordergründig handelt es sich bei dem Film um eine ,,Liebesromanze".

[...] Als Casablanca am 29. August 1952 in die deutschen Kinos kam, enthielt der Film kaum noch Hinweise auf den Zweiten Weltkrieg. Alle Szenen mit Major Strasser und anderen Nazis waren herausgeschnitten worden. Victor László wurde zu Victor Larsen, einem norwegischen Atomphysiker, der die rätselhaften Delta-Strahlen entdeckt hat. Captain Renault wurde in Monsieur Laponte umbenannt und war nun ein Mitglied der Interpol. Casablanca war in dieser um 25 Minuten gekürzten Version eher eine harmlose Romanze als ein Propagandafilm gegen die Nationalsozialisten und das Vichy-Regime. Erst im Oktober 1975 strahlte die ARD die neu synchronisierte Fassung aus, die bis heute bekannt ist.[15]

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15 # ↑ Dirk Jasper Filmlexikon


Aus: ,,Casablanca (Film)".
Bearbeitungsstand: 11. Oktober 2009, 07:01 UTC. (Abgerufen: 24. November 2009, 12:53 UTC)
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Casablanca_(Film)&oldid=65455062

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Quote[...] Hans Josef Maria Globke (* 10. September 1898 in Düsseldorf; † 13. Februar 1973 in Bonn) war ein Jurist in Staatsdiensten. Als Staatssekretär von Konrad Adenauer nahm er eine wichtige Funktion in der frühen Bundesrepublik Deutschland ein.

[...] 1961 erschien im Rütten & Loening-Verlag, einem Unternehmen der Bertelsmann-Gruppe, das Taschenbuch Dr. Hans Globke – Aktenauszüge, Dokumente. Globke hatte die Veröffentlichung zuvor mittels einer einstweiligen Verfügung zu stoppen versucht. Der Bundesnachrichtendienst, zum damaligen Zeitpunkt unter der Führung des ehemaligen Wehrmachtgenerals Reinhard Gehlen, soll 50.000 Mark investiert haben, um das Buch schnellstmöglich vom Markt zu nehmen. Aufgrund zweier unwesentlicher Fehler erging kurze Zeit später eine einstweilige Verfügung, infolge derer Bertelsmann das Buch zurückzog und sich einverstanden erklärte, auf eine Neuauflage des Buches zu verzichten. Der Einstellung sollen Drohungen Bonns vorausgegangen sein, andernfalls keine Bücher des Bertelsmann-Verlages mehr für amtliche Stellen zu erwerben.[16]

16 ↑ Otto Köhler: Eichmann, Globke, Adenauer. In: Freitag, 16. Juni 2006


Aus: ,,Hans Globke". Bearbeitungsstand: 24. November 2009, 03:46 UTC.
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hans_Globke&oldid=67194331
(Abgerufen: 24. November 2009, 11:21 UTC)

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Globke


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Quote[...] Seit Gründung der Bundesrepublik war der Kommentator der Nürnberger Rassengesetze aus dem Innenministerium des NS-Staates zunächst als Ministerialdirigent, dann als Staatssekretär die rechte Hand des Kanzlers.

Ohne Globkes umfassende und weitreichende Personalkenntnisse hätte sich Adenauer nicht so lange halten können. Globke nahm die erste offizielle Verbindung zu dem mit seinen Agenten in Pullach für die CIA arbeitenden ehemaligen Hitler-General Reinhard Gehlen auf. Der behielt ihn in bester Erinnerung: "Ich fand sofort einen guten Kontakt und gewann den Eindruck, dass er die Bedeutung meiner Organisation richtig einschätzte."

Solche Gesamtumstände verdienen Beachtung, wenn in der vergangenen Woche Professor Naftali ohne Genehmigung des BND in Washington nach dem Studium von CIA-Akten erneut an die Öffentlichkeit ging und erklärte, dass die Regierung Adenauer schon 1958 - zwei Jahre vor den Israelis - wusste, unter welchem Namen sich Adolf Eichmann, der Organisator des Judenmordes, in Argentinien versteckte, und dass auch die vom BND informierte CIA nichts unternahm, um ihn festzunehmen. Beide Dienst hatten schließlich die Gesamtumstände zu würdigen, also entfernte CIA-Chef Allan Dulles aus den Aufzeichnungen Eichmanns einen Hinweis auf Hans Globke.

Wäre dies nicht geschehen, als das US-Magazin Life 1960 die Eichmann-Aufzeichnungen veröffentlichte, wäre es für den unentbehrlichen Globke und vielleicht auch für seinen Dienstherrn schwierig geworden. Ex-BND-Chef Wieck hat Recht, wenn er in seiner Einleitung zu Critchfields Pullach-Memoiren die von Anfang an entwickelte "dauerhafte transatlantische Zusammenarbeit" würdigt. Adenauer wollte und konnte verhindern, dass es zu einer direkten Belastung Globkes durch Eichmann kam. Erst durch einen Hinweis des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer war der Mossad 1960 auf Eichmanns Spur in Argentinien gekommen. Dieser Fritz Bauer, der auch den Auschwitz-Prozess in Gang gesetzt hatte, wurde 1968 tot in seiner Badewanne aufgefunden. Selbstmord hieß es seinerzeit.

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Aus: "Eichmann, Globke, Adenauer" (16.06.2006)
CIA-Aktenfunde | Warum die rechte Hand des Bundeskanzlers geschont werden musste
Von Otto Köhler
Quelle: http://www.freitag.de/2006/24/06240601.php

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Quote[...] Fritz Bauer (* 16. Juli 1903 in Stuttgart; † 1. Juli 1968 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Richter und Staatsanwalt ...

[...] Er selbst soll einmal gesagt haben: ,,In der Justiz lebe ich wie im Exil".

Fritz Bauer starb unter ungeklärten Umständen in der Badewanne seiner Wohnung und wurde am 1. Juli 1968 aufgefunden.

[...] Breite Schichten der Gesellschaft sahen in den [Frankfurter Auschwitz-Prozesse] Verfahren Nestbeschmutzung und folgten den Darstellungen der Beschuldigten, die mehrheitlich angaben, ohne Alternative auf Befehl gehandelt zu haben. Der angeklagte SS-Sturmbannführer Victor Capesius, der an der Selektionsrampe in Auschwitz tätig war, wurde so zum Beispiel zu lediglich neun Jahren Haft verurteilt und bereits 1968 wieder freigelassen. Zurück in seiner Heimatstadt Göppingen, wurde er beim Besuch eines Konzerts mit Beifall begrüßt.[1]

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1 ↑ Sebastian Beck: Die Banalität des Bösen. In: Süddeutsche Zeitung. 11./12./13. April 2009, S. 11


Aus: ,,Fritz Bauer" 7. September 2009, 15:26 UTC.
(Abgerufen: 24. November 2009, 12:04 UTC)
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fritz_Bauer&oldid=64244009



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Quote[...] In den USA kamen die Missbrauchsfälle 2002 durch eine Reihe von Berichten des "Boston Globe" ans Licht, die den Pulitzerpreis gewann. Zwei Jahre später zog ein Report der US-Bischofskonferenz ein erschütterndes Fazit: Von 1950 bis 2004 bestätigten sich 6700 Missbrauchsvorwürfe gegen 4392 US-Priester. Die Opfer waren zwischen 11 und 17 Jahren alt. 3300 Priester waren bereits verstorben, von den restlichen wurde gegen 384 ermittelt, 252 wurden verurteilt, 100 kamen ins Gefängnis - nur zwei Prozent der insgesamt Beschuldigten.

Die katholische Kirche der USA geriet ins Kreuzfeuer: Sie hatte die fraglichen Priester nicht angezeigt, sondern lange nur versetzt und somit Skandale vertuscht, sie sogar noch verschlimmert - manche Priester setzten ihre Missetaten einfach anderswo fort. Die Bischofskonferenz erklärte das damit, dass Missbrauch früher als "spirituelles Problem" angesehen worden sei, von dem man meinte, es "durch Gebet" lösen zu können.

Das war erst der Anfang. Die Enthüllungen 2002 traten eine Lawine los. Immer neue Opfer meldeten sich zu Wort und zogen vor Gericht. Eine Diözese nach der anderen musste zahlen, bisher eine Summe von mehr als 1,2 Milliarden Dollar Wiedergutmachung. Darunter: Louisville (26 Millionen Dollar), Boston (85 Millionen Dollar), Tucson (22 Millionen Dollar), Orange County (100 Millionen Dollar), San Diego (198 Millionen Dollar). Und eine nach der anderen musste dann Insolvenz anmelden, zuletzt Wilmington (Delaware), Heimatstadt von US- Vizepräsident Joe Biden.

[...] Ein besonders dramatischer Fall war der des Priesters John Geoghan [...]. Geoghan soll über drei Jahrzehnte hinweg mehr als 130 Jungen missbraucht haben, die Diözese schob ihn aber immer nur von einer Gemeinde zur anderen.

2002 wurde Geoghan in einem einzigen Fall zu neun bis zehn Jahren Haft verurteilt. Im August 2003 dann wurde der 68-Jährige von einem Mithäftling in seiner Zelle erwürgt. "Keine Kinder mehr für dich, mein Freund", will der dem Sterbenden noch zugeflüstert haben.

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Aus: "Missbrauchsskandal in US-Kirchen - Schuldig, reuig, pleite" Von Marc Pitzke, New York (10.02.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,676748,00.html


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#34
Auswärtiges Amt
Das Auswärtige Amt (abgekürzt AA) ist der traditionelle und amtliche Name für das deutsche Außenministerium. Es ist zuständig für die Außenpolitik sowie die deutsche EU-Politik.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausw%C3%A4rtiges_Amt

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Quote[...] In Vitrinen sind in der Bibliothek die Papiere des bürokratischen Grauens zu sehen, ein Besprechungsprotokoll der Wannsee-Konferenz etwa: Die Teilnehmerliste von 1942 weist Unterstaatssekretär Martin Luther vom Auswärtigen Amt aus. Zu besichtigen ist auch die Reisekostenabrechnung des Legationsrats Frank Rademacher über 195,50 Reichsmark von 1943, in dem die "Liquidation von Juden in Belgrad" als Reisegrund aufgeführt wird. "Das Unfassbare war Realität. In diesem Auswärtigen Amt konnte man Mord als Dienstgeschäft abrechnen", sagt Westerwelle dazu.

Der Außenminister spricht von einer "Institution, die sich selbst als Elite verstand und in Wahrheit tief im Verbrechen versank". Nichts zu rechtfertigen gebe es, nichts zu beschönigen.


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Aus: ""Das Unfassbare war Realität"" Von Daniel Brössler, Berlin (28.10.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/westerwelle-das-auswaertige-amt-und-der-holocaust-das-unfassbare-war-realitaet-1.1017348


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QuoteDas Auswärtige Amt (AA) versteht sich als Elite-Institution. Seine Diplomaten haben jahrzehntelang sowohl ihren Korpsgeist gepflegt und an der Legende gestrickt, eben diese Elite sei immun gegen die verbrecherischen Seiten des NS-Regimes gewesen, habe gar Widerstand von innen heraus betrieben. Es musste erst ein Alt-68er an die Spitze des Hauses kommen, um dieser Legende ein Ende zu bereiten. Die von Joschka Fischer nach der ,,Nachruf-Affäre" von 2005 eingesetzte Historikerkommission weist nun nach, dass Deutschlands Diplomaten am Holocaust aktiv beteiligt waren: ,,Das ist in dieser Gesamtschau tatsächlich schockierend", sagt ihr Leiter Eckart Conze. Nur ganz wenige tickten anders, leisteten inneren Widerstand. Elite schützt vor gar nichts. Das ist für sarkastische Zeitgenossen nichts Überraschendes – erschreckend hingegen, wie professionell das neue, alte AA in der Bundesrepublik vertuschte und verbrämte. Der Korpsgeist aber ist spätestens jetzt gebrochen.

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Aus: "Elite schützt vor gar nichts" (25.10.2010)
Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11923612/63629/Elite-schuetzt-vor-gar-nichts-Jan-Sternberg-ueber.html

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Quote[...] Es ist natürlich einer Reihe von Zufällen geschuldet, dass diese Sache jetzt so rund daherkommt. Dass nun, wo der erschütternde Bericht der Historikerkommission über die Rolle des Auswärtigen Amtes bei der Judenverfolgung und über die reibungslose Reintegration seiner Mitarbeiter in den diplomatischen Dienst der jungen Bundesrepublik vorliegt, gesagt werden kann: Ausgerechnet der frühere 68er Joseph Martin Fischer, der auf den Straßen Frankfurts gegen das Schweigen seiner Vätergeneration ankämpfte, hat mit einer schnellen Anordnung am Schreibtisch diesen Kampf mit 30 Jahren Verzögerung noch einmal geführt - und gewonnen.

Denn was wäre gewesen, wenn der Generalkonsul Dr. Franz Nüßlein nicht 2003 in Fischers Zeit als Außenminister gestorben und mit einem ausführlichen geschichtsklitternden Nachruf bedacht worden wäre, sondern ein paar Jahre vorher oder nachher?

Dann wären der leidenschaftliche Brief der früheren Dolmetscherin Marga Henseler über die Nazi-Vergangenheit des Verstorbenen ans Auswärtige Amt und die Beschwerde an Kanzler Gerhard Schröder über die unbefriedigende Antwort auf das erste Schreiben nicht bei Fischer gelandet, sondern bei Klaus Kinkel oder Frank-Walter Steinmeier. Und der Machtpolitiker Fischer muss sich wohl auch die Frage stellen lassen, ob er mit ähnlichem Eifer bei der Sache gewesen wäre, wenn ihm nicht gerade die Visa-Affäre beharrlich zugesetzt hätte?

Jedenfalls gebührt Joschka Fischer nun das Verdienst, die Aufarbeitung der bis dahin nur unzulänglich bekannten und zusammengefassten Geschichte des Auswärtigen Amtes ins Rollen gebracht zu haben. Denn als ihm Gerhard Schröder den Brief von Marga Henseler zeigte, in dem sich diese sehr enttäuscht darüber äußerte, dass ausgerechnet Joschka Fischer einem alten Nazi mit Blut an den Händen einen Nachruf gewährt habe, erließ er sofort ein Verdikt: Wer in der SA, der SS oder der NSDAP war, sollte keinen Nachruf mehr bekommen.

Doch diese ebenso logisch klingende wie moralisch korrekte Forderung löste mit etwas Verspätung eine große Aufregung aus - die sogenannte Nachrufaffäre. Denn kurz danach, im Jahr 2005, starb Franz Krapf, früher SS-Untersturmführer und Botschaftsmitarbeiter in Japan. Der Nachruf blieb entsprechend Fischers neuer Anweisung aus, doch nach wenigen Wochen zeigten sich einige "Mumien", wie ehemalige Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes genannt werden, erst verwundert und dann empört.

Dass es keine Nachrufe gab, hatte eine große Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von 128 früheren Kollegen Krapfs zur Folge, darunter der ehemalige ZDF-Intendant Karl-Günther von Hase oder der als Sachbuchautor bekannte Erwin Wickert. Und auf die Anzeige wiederum reagierte Fischer mit dem Entschluss, eine unabhängige internationale Historikerkommission einzusetzen.

Und was die zu Tage förderte, ist nicht nur mit Blick auf die Weltkriegszeit erschütternd, sondern auch für die Jahrzehnte danach. Denn es geht nicht nur um das Verhalten zur Nazi-Zeit, sondern auch um die Vertuschung in der Zeit danach.

Dank Fischers Auftrag und der Arbeit der Kommission ist nun allgemein bekannt, dass 1938 zur Grundausbildung der Attachés ein Besuch im KZ Dachau gehörte. Dass das Ministerium ein aktiver Unterstützer der NS-Vernichtungspolitik war. Dass manche bundesrepublikanische Diplomaten nur in arabischen Ländern eingesetzt werden durften. Dass das Archiv des Auswärtigen Amtes über all die Jahre ein Instrument blieb, um die gewünschte Geschichtstendenz bloß nicht zu torpedieren. Und dass in der Protokollabteilung des Ministeriums noch zu Fischers Zeiten ein Porträt des Prokollchefs von Hitlers Außenminister Ribbentrop hing.

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Aus: "Der Muff von 60 Jahren" Von Johannes Aumüller (24.10.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/historikerbericht-zum-auswaertigen-amt-der-muff-von-jahren-1.1015417

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Quote[...] Viele Jahre pflegte man im Auswärtigen Amt den Mythos, die deutsche Diplomatie sei im Dritten Reich ein Hort des Widerstands gewesen. [...] Nach einer neuen Studie wirkten Diplomaten die ganze Nazi-Zeit über aktiv am Holocaust mit.

Aus dem Zweck seiner Reise machte der deutsche Diplomat Franz Rademacher im April 1943 kein Geheimnis mehr. Zurück aus Belgrad füllte der "Juden-Referent" des Auswärtigen Amtes gewissenhaft seine Abrechnung aus. In die Spalte "Art oder Gegenstand der Dienstgeschäfte" schrieb er, von Hand und gut leserlich: "Liquidation von Juden." Selbst der kleinste Buchhalter durfte über seine Tätigkeit Bescheid wissen.

Die Abrechnung ist nur eines von vielen Dokumenten, die eine international besetzte Historiker-Kommission zur NS-Geschichte des Auswärtigen Amtes (AA) in fünfjähriger Arbeit zutage gefördert hat. Die Kommission war 2005 noch vom damaligen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) eingesetzt worden, nachdem es Streit um die Nachruf-Praxis für gestorbene Diplomaten gegeben hatte.

Aus ihrem fast 900-seitigen Abschlussbericht ergibt sich nun ein ganz anderes Bild als das, das man in Deutschlands vornehmsten Ministerium so gern von sich pflegte: Die Diplomatie war im Dritten Reich kein "Hort des Widerstands", sondern ein fast reibungslos funktionierender Beamtenapparat aus Gleichgültigen, Mitläufern und Tätern. Widerstand gab es auch, aber er war die große Ausnahme.

Kommissionsleiter Eckart Conze geht sogar noch weiter. Für den Marburger Geschichts-Professor war das gesamte AA eine "verbrecherische Organisation". "Das Auswärtige Amt war an allen Maßnahmen der Verfolgung, Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung der Juden von Anfang an aktiv beteiligt", sagte Conze der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Von den mehr als 6000 Diplomaten hätten "die allermeisten" am Holocaust mitgewirkt. Leute wie den Botschaftsrat Gerhart Feine, der in Ungarn viele Juden vor der Deportation rettete, gab es nur wenige.

Bezeichnenderweise fand sich das einzige Protokoll der Wannsee-Konferenz, auf der 1942 die "Endlösung der Judenfrage" besiegelt wurde, im Archiv des AA. Die Kommission entdeckte auch, dass schon 1938 ein Besuch bei Hitler auf dem Obersalzberg und im Konzentrationslager Dachau zur Diplomaten-Ausbildung gehörte. Oder dass 1943 von 706 Angehörigen des Höheren Dienstes nicht weniger als 573 Mitglieder der NSDAP waren.

Auch bei der Ausbürgerung von Hitler-Gegnern spielte das Ministerium eine wichtige Rolle. Der Kommission zufolge kam der entscheidende Anstoß für die Verstoßung des Literatur- Nobelpreisträgers Thomas Mann im Mai 1936 von Ernst von Weizsäcker, dem Vater des späteren Bundespräsidenten. Weizsäcker - damals deutscher Gesandter in der Schweiz, später Staatssekretär - wurde 1949 als einer von wenigen NS-Diplomaten verurteilt.

Trotz brauner Vergangenheit machten dann viele Mitglieder des Auswärtigen Dienstes nach Kriegsende weiter Karriere. Kein Wunder also, dass in Ministeriumsschriften das eigene Verhalten zur Nazi-Zeit immer wieder beschönigt wurde. Damit aber nicht genug: Die Historiker fanden auch heraus, dass aus der "Zentralen Rechtsschutzstelle" des AA heraus Kriegsverbrecher über internationale Haftbefehle informiert und davor gewarnt wurden, in bestimmte Länder zu reisen.

Der einstige Außenminister Fischer nennt dies "einen der größten Skandale". "Tatsächlich scheint es sich um eine Täterschutzstelle gehandelt zu haben." Insgesamt ist der ursprüngliche Auftraggeber mit der Arbeit der Kommission sehr einverstanden. "Das ist der Nachruf, den die Herren verdienen."

...


Aus: "Braune Diplomaten: Kommission räumt mit Mythos auf " Christoph Sator  (24. Oktober 2010)
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Kommission-raeumt-mit-Mythos-auf-article1778161.html

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Quote[...] Wenn Historiker geschichtliche Prozesse untersuchen, dann kommt das Ergebnis ihrer Arbeit zwangsläufig zu spät. Nichts anders verhält es sich mit dem Bericht über die Rolle des Auswärtigen Amts während der Nazizeit.

Das Ergebnis ist erschreckend und straft die endlos wiederholte Behauptung der Nachkriegsjahrzehnte Lügen, nach der das Amt höchstens am Rand mit dem Holocaust beschäftigt und in Wahrheit ein Hort des stillen Widerstands war. Das Gegenteil ist richtig: Die braunen Diplomaten arbeiteten aktiv an der Politik der Judenvernichtung mit.

... Die Schreibtischtäter sind längst in weichen Federbetten verstorben. Kaum einer von ihnen wurde verurteilt.

[...] Ein einziger Zeitzeuge hat sich bisher zu Wort gemeldet: Richard von Weizsäcker. Dem Altbundespräsidenten fällt zu dem Vorwurf, sein Vater hätte 1936 die Ausbürgerung von Thomas Mann unterstützt, nichts weiter ein, als über die literarischen Qualitäten des Nobelpreisträgers zu salbadern. Man möchte sich gar nicht vorstellen, wie erst die Stellungsnahmen der Täter ausgefallen wären.

Natürlich ist es mehr als nur zu bedauern, dass 60 Jahre vergehen mussten, bis die Wahrheit ans Licht kommt. Die Betonung liegt hier auf mussten: Die Eliten der jungen Bundesrepublik haben die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit erfolgreich verhindert.

[...] Deserteure waren Verbrecher, Exilanten vaterlandslose Gesellen, Widerstandskämpfer außerhalb von Wehrmacht und Klerus zweifelhafte Gestalten, und das deutsche Volk bestand aus Verführten. Keine dieser perfiden Wertungen hat heute noch Gültigkeit. Der Fortschritt war in der Auseinandersetzung mit der Nazizeit eine Schnecke - aber sie hat sich bewegt. ...


Aus: "Über die braune Geschichte des Außenamtes - Danke, Joschka Fischer!"
KOMMENTAR VON KLAUS HILLENBRAND (24.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/danke-joschka-fischer/

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Quote[...]

Quote* 24.10.2010 um 16:44 Uhr
   * Bunrakunier

So überraschend ist das nun auch wieder nicht!

Schon gar nicht wenn man sich einmal die Geschichte des Bundesnachrichtendienstes genauer ansieht.
Und andererseits ist es doch auch völlig logisch und natürlich, dass man "Fachkräfte", schon gar nicht nach einem verheerenden Krieg, einfach so aus dem Hut zaubern kann!
So verwundert es doch auch niemanden, dass in den neuen Bundesländern heute viele ehemals staatstreuen IMs und Stasimitarbeiter heute wieder in leitenden Funktionen tätig sind - aber wieso denn auch nicht? Schließlich haben diese Menschen eindrucksvoll bewiesen, dass sie jedem noch so unappetitlichen Staatsapparat treu ihre Dienste leisten - ob es nun eine Nazi-, SED- oder Konzerndiktatur ist, spielt dabei doch überhaupt keine Rolle.



Quote* 24.10.2010 um 16:57 Uhr
   * spalter

Alle haben mitgemacht.

Die Ämter, die Industrie, die Armeeführung, die Kirchen... es hat immer einzelne gegeben, die dagegen waren, aber die erdrückende Mehrheit hat aktiv mitgemacht. Das ist eigentlich keine neue Erkenntnis und liegt in der Natur der Sache. Nur sollten endlich alle aufhören, ihre Institutionen als Hort des Widerstands zu verbrämen. Das ist jetzt, über 60 Jahre später, einfach nur noch peinlich.


Quote* 24.10.2010 um 16:58 Uhr
   * fredbrandi

10. Wer untersucht die Verbrechen der heutigen Zeit?

Das jeden Tag 25.000 Menschen an Hunger sterben und das AA nicht bereit ist für eine Demokratisierung der internationalen Organisationen zu kämpfen sagt doch eigentlich alles.

Eine Behörde im nationalen Interesse.

Ok, es sagt nicht Alles. Diplomatie ist kompliziert, das AA ist nur den Deutschen Rechenschaftspflichtig und die Bürger/Politiker fordern zumindest zur Zeit nicht mehrheitlich eine Demokratisierung internationaler Organisationen, einige Mitarbeiter im AA sind am Wohl aller Erdenbürger interessiert, etc.

ps: Sehr lesenswertes Buch über das Wirtschaftswunder und die NS-Zeit: Die Wundertäter - Netzwerk der deutschen Wirtschaft 1942-1966


Quote* 24.10.2010 um 21:47 Uhr
   * jaydudu

Wer heute so überrascht tut

ist ein Heuchler. ...




Kommentare zu "Hitlers Diplomaten" (24.10.2010)
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-10/kommission-frei

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Quote[...] Die liberalen Ex-Außenminister Walter Scheel (1969 bis 1974), Hans-Dietrich Genscher (1974 bis 1992) und Klaus Kinkel (1992 bis 1998) wollen sich bislang nicht zum Kommissionsbericht äußern. Unter den drei FDP-Politikern, die das Auswärtige Amt insgesamt 29 Jahre leiteten, hatte die Behörde darauf verzichtet, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, obwohl Scheel dies 1970 angekündigt hatte. Pikanterweise waren sowohl Genscher wie Scheel NSDAP-Mitglieder.

Außenminister Guido Westerwelle nimmt beide in Schutz. Er schaue "mit Respekt und Bewunderung auf die Ergebnisse ihrer mutigen und vorausschauenden Politik".

Das Auswärtige Amt wehrt sich zugleich gegen den Vorwurf, möglicherweise belastende Dokumente aus der Geschichte des Ministeriums zurückgehalten zu haben.

Kommissionsleiter Eckart Conze hatte erklärt, er wisse nicht, ob seine Kommission im Amtsarchiv "alles gesehen" habe, was "wir hätten sehen können". Amtsmitarbeiter verweisen darauf, dass Conze selbst die Kooperation mit dem Archiv des Auswärtigen Amtes Ende 2007 in einem Zwischenbericht als "ausgesprochen konstruktiv" bezeichnet hatte. Tatsächlich hatte es zu Beginn der Kommissionsarbeit zwischen den Historikern und den Archivaren Konflikte gegeben.

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Aus: "FDP soll Nazi-Aufklärung behindert haben" (29.10.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,725900,00.html