[...] Am 1. August 2007 wurden Haftbefehle gegen die vier Berliner Florian L. (35), Oliver R. (35), Axel H. (46) und Andrej Holm (36) unter anderem wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erlassen. Unter den Männern ist ein promovierter Sozialwissenschaftler der Humboldt-Universität sowie ein Krankenpfleger und ein Buchhändler. Florian L., Oliver R. und Axel H. sollen am 31. Juli 2007 in Brandenburg/Havel drei Fahrzeuge der Bundeswehr anzuzünden versucht haben. Andrej Holm ist gleichfalls verdächtig, Mitglied der „mg“ zu sein. Soweit bekannt wird dieser Verdacht durch zwei Treffen mit Florian L. begründet. Andrej Holm nahm zu diesen Treffen wahrscheinlich sein Handy nicht mit und verabredete sich anonym über den E-Mail-Account opel_prolls@yahoo.de, die Bundesanwaltschaft sieht darin einen Hinweis auf den konspirativen Charakter der Treffen.
[...]
Aus: "militante gruppe (mg)" (10/2007)
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Militante_gruppe_%28mg%29-.-
[...] Andrej Holm (* 1970 in Leipzig) ist ein deutscher Sozialwissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Holm wuchs in der DDR auf und engagierte sich in deren Endphase in der Oppositionsgruppe Vereinigte Linke (VL). Danach war er in der Hausbesetzerbewegung und in Autonomen Zusammenhängen aktiv. 2007 beteiligte er sich an den Demonstrationen gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm. Er verfasste Artikel für die Junge Welt und den Telegraph[1]. Holm studierte von 1990 bis 1997 an der Humboldt-Universität Sozialwissenschaften und promovierte 2004 mit einer Arbeit zum Thema „Restrukturierung des Raumes und gesellschaftliche Macht im Sanierungsgebiet“. Seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „The European URBAN Experience – the Academic Perspective“.
Seine Forschungsschwerpunkte sind Stadterneuerung, Gentrifizierung und Wohnungspolitik im internationalen Vergleich. Er beschäftigt sich mit der Privatisierung von Wohnungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern und ist aktiv im „Berliner Bündnis gegen Privatisierung“ und im „Netzwerk Privatisierung/Öffentliche Güter (p/ög)“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
[...] Am 31. Juli 2007 wurde Holm wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, Mitglied der mutmaßlich terroristischen militanten gruppe (mg) zu sein. Gleichzeitig wurden 3 andere Personen festgenommen, die in Brandenburg an der Havel versucht hatten, drei Bundeswehrfahrzeuge in Brand zu setzen. Nach Angaben des Generalbundesanwalts weist dieser Brandanschlag hinsichtlich des Anschlagsziels, der Tatzeit und der konkreten Tatausführung eine Vielzahl von Parallelen zu Anschlägen der terroristischen Vereinigung „militante gruppe (mg)“ in der Vergangenheit auf. Für die Behörde ergibt sich der Verdacht der Mitgliedschaft Holms in der „mg“ unter anderem aus der Tatsache umfassender konspirativer Kontakte und Treffen insbesondere mit dem Beschuldigten Florian L.[2]
Der Verteidigung Holms zufolge leiten die Strafverfolger die konspirative Natur dieser beiden Treffen aus der Vermutung ab, dass Holm dabei „möglicherweise“ kein Handy mitgeführt habe.[3] Das BKA war auf Holm aufmerksam geworden durch eine Internetrecherche zu bestimmten Stichworten, die auch die „militante gruppe“ in ihren Bekennerschreiben benutzt, unter anderem „Gentrification“ und „Prekarisierung“. Daraufhin wurde er über ein Jahr observiert. Dabei wurden auch die Treffen mit Florian L. registriert.[4]
Die Verhaftung Holms wurde weltweit kritisiert.[5][6] Ein von 43 Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland erstunterzeichneter Offener Brief[7][8] sowie ein Offener Brief der prominenten Soziologen Richard Sennett und Saskia Sassen[9] forderten Holms Freilassung.
Am 22. August 2007 ordnete der Bundesgerichtshof die Haftaussetzung an.
Aus: "Andrej Holm" (10/2007)
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Andrej_Holm-.-
"Aufgebauschte Beweise" Von Björn Schwentker (ZEIT online 23.8.2007)
Sitzt der Soziologe Andrej H. in Haft, um drei Brandstifter als Terroristen anklagen zu können?
Die Anwältin des Forschers erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft.
http://www.zeit.de/online/2007/34/wissenschaft-terrorverdacht-indizien-.-
I live in Berlin as a media activist, journalist, translator, and mother of two (best reason to be home and online a lot). Recently my life has changed enormously when German Federal Police arrested my partner Andrej Holm for being terrorist. Details at einstellung.so36.net. (10/2007)
http://annalist.noblogs.org/ (Blog)
-.-
"Wie man unter Terrorverdacht gerät - Die Gedanken sind Freiwild" - Zugang zur Bibliothek, Bekanntschaft zu einem mutmaßlichen Brandstifter und überhaupt: intellektuelle Kapazität: Aufgrund dieser drei "Beweise“ ist ein Berliner Soziologe unter Terrorverdacht geraten - und verhaftet worden.
Von Barbara Vorsamer (22.08.2007)
http://www.sueddeutsche.de/,tt3m1/deutschland/artikel/243/129026/-.-
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung
http://de.wikipedia.org/wiki/Mitgliedschaft_in_einer_terroristischen_Vereinigung-.-
Wehrhafte Demokratie oder „Gesinnungsterror“? Jan Buschbom (Violence Prevention Network e. V., Datum ~ 2007 (?))
http://www.politische-bildung-brandenburg.de/extrem/wehrhaft3.htm-.-
Nachtrag:
[...] [ngo/ddp] Der unter "Terrorismusverdacht" stehende Berliner Soziologe Andrej H. bleibt auf freiem Fuß. Der Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hob den Haftbefehl gegen den Wissenschaftler komplett auf. Ein "dringender Tatverdacht" bestehe derzeit nicht, hieß es in dem am 24. Oktober veröffentlichten Beschluss zur Begründung. Es sei nicht sehr wahrscheinlich, dass Andrej H. sich in einer "terroristischen Vereinigung" als Mitglied beteiligt habe. Damit stellte sich der BGH gegen die Auffassung der Bundesanwaltschaft.
Dem an der Humboldt-Universität beschäftigten Soziologen wird vorgeworfen, sich an der Organisation "militante gruppe" (mg) mitgliedschaftlich beteiligt zu haben. Die "mg" wird von der Bundesanwaltschaft als linksterroristische Gruppierung eingestuft. Ihr wird eine Serie von Brandanschlägen der vergangenen Jahre überwiegend in Berlin und Brandenburg "zugerechnet".
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den Sozialwissenschaftler wegen "Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung".
Der Beschuldigte war bereits vor zwei Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen worden, nachdem der Ermittlungsrichter des BGH den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt hatte. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Bundesanwaltschaft wies nun der 3. Strafsenat des BGH zurück. Zugleich kippten die Bundesrichter den Haftbefehl gänzlich.
Laut BGH belegen die bisherigen Ermittlungen "zwar die Einbindung des Beschuldigten in die linksextremistische Berliner Szene". Die für einen Haftbefehl notwendige "große Wahrscheinlichkeit", dass er sich an einer terroristischen Vereinigung mitgliedschaftlich beteiligt hat, könne aber "zurzeit nicht bejaht werden".
Die in den bisherigen Ermittlungen aufgedeckten Indizien sprächen "nicht hinreichend deutlich für eine mitgliedschaftliche Einbindung des Beschuldigten in die 'militante gruppe'". Die Indizien ließen sich "ebenso gut in anderer Weise interpretieren", betonte der Staatsschutzsenat.
Die Ermittlungen belegen laut BGH zwar die "konspirativ angelegten Kontakte" des Soziologen zu zumindest einem Mitbeschuldigten. Dieser soll als "mg"-Mitglied am 31. Juli an einem versuchten Brandanschlag auf drei Lkw der Bundeswehr beteiligt gewesen sein. Belegt sei auch die Mitwirkung von Andrej H. bei der Veröffentlichung der letzten Ausgaben der aus dem Untergrund publizierten Szenezeitschrift "radikal".
All dies begründe zwar "den Anfangsverdacht", dass Andrej H. selbst dieser Gruppierung angehöre. Deshalb würden gegen ihn "mit Recht" Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden geführt, so der BGH. Ein Haftbefehl dürfe aber nur dann erlassen werden, wenn ein Beschuldigter einer Straftat dringend verdächtig sei. Dies sei derzeit nicht der Fall.
Der 3. Strafsenat ließ zudem offen, ob es sich bei der "militanten gruppe" tatsächlich um eine terroristische Vereinigung handelt. Damit habe man sich bei dieser Entscheidung nicht befassen müssen, hieß es.
Andrej H. war am 1. August mit drei weiteren mutmaßlichen "Linksextremisten" festgenommen worden. Der gegen den promovierten Soziologen erlassene Haftbefehl wurde am 22. August gegen eine Kautionszahlung und verschiedene Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der Terrorismus-Vorwurf gegen den Forscher hatte bei Wissenschaftlern weltweit für Proteste gesorgt.
(AZ: StB 34/07 - Beschluss vom 18. Oktober 2007)
Aus: "Beschwerde der Bundesanwaltschaft verworfen - BGH hebt Haftbefehl für Soziologen auf" (24. Oktober 2007)
Quelle:
http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=16833-.-
[...] Nimmt man ihre eigenen Verlautbarungen ernst, ist die "Militante Gruppe" eine linksterroristische Vereinigung. Sie strebt eine kommunistische Weltordnung an und will dafür die Strukturen der Gesellschaft zerschlagen. Zu insgesamt 25 Anschlägen gegen öffentliche Gebäude oder Fahrzeuge hat sich die "MG" bekannt, Personenschaden hat es nie gegeben. Nach sechs Jahren Fahndung wurden nach der Brandenburger Feuernacht mit den drei mutmaßlichen Tätern und Andrej H. erstmals vermeintliche Mitglieder verhaftet. Außerdem werden drei weitere Berliner Wissenschaftler und Publizisten verdächtigt, der "MG" anzugehören.
Andrej H. gilt als Kopf der Berliner Gruppe. Er hatte sich schon Monate vor dem Anschlag mit einem der mutmaßlichen Brandstifter von Brandenburg getroffen. Gemeinsam mit seinen akademischen Freunden geriet der Soziologe schon Mitte 2006 ins Visier der Fahnder. Der Verdacht nach Paragraf 129a: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Die im Haftbefehl dargestellte Beweislage ist allerdings dünn. Einer der Wissenschaftler macht sich durch seinen Beruf verdächtig: "Als promovierter Politologe ist er zum einen intellektuell in der Lage, die anspruchsvollen Texte der 'Militante(n) Gruppe' zu verfassen, zum anderen stehen ihm als Mitarbeiter eines Forschungszentrums Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die erforderlichen Recherchen durchzuführen." Ein anderer verwendet soziologische Begriffe wie "Gentrifikation", die auch in den "MG"-Texten vorkommen. Reicht das aus? Namhafte Wissenschaftler haben gegen die anfängliche Inhaftierung von Andrej H. protestiert; die englische Zeitung "The Guardian" ätzte über das "Guantanamo in Germany".
Bei einem Paragraf-129a-Verfahren weiten sich die Befugnisse der Ermittler mächtig aus. Zunächst einmal verschieben sich die Zuständigkeiten von der Landes- auf die Bundesebene. "Die Ich-hab-nichts-zu-verbergen-Fraktion würde staunen, wenn die wüsste, was da möglich ist", sagt Matthias Weise. Dann zählt er auf: Sein Handy und das seiner Freundin wurden abgehört und geortet. Seine Internet-Logins wurden beim Provider überprüft, ein GPS in sein Auto montiert, eine Kamera vor der Haustür. Anhaltspunkte für einen Verdacht sind schnell gefunden: Wenn man bei einer Verabredung am Telefon nicht Grund und Ort nennt, kann das für das BKA ein Indiz für ein konspiratives Treffen sein. Weise nennt das Vorgehen der Ermittler "gruselig".
Unter Strafrechtsexperten ist der Paragraf 129a umstritten. "Lex RAF" nennen ihn seine Kritiker oder auch "Ermittlungsparagraf". Sie befürchten, dass der Staat seine erweiterten Befugnisse missbraucht, um Einblick in die politische Subkultur zu bekommen. Schätzungen zufolge verlaufen über 90 Prozent der Verfahren im Sande. Nur selten kommt es zu einer Anklage, die Verurteilungen der letzten Jahre lassen sich an einer Hand abzählen. Gleichwohl kritisiert Lindemann den Paragrafen scharf: "Das ist ein politischer Kampfbegriff um Leute zu kategorisieren."
Im Falle seines Mandanten heißt das: Einzelhaft, Besucher dürfen ihn nur durch eine Glasscheibe sehen, und die Post des Verteidigers wird mitgelesen. Würde das gleiche Verfahren etwa wegen Brandstiftung laufen, da ist sich Lindemann sicher, wären alle drei Männer auf freien Fuß gesetzt worden. Schließlich ist keiner von ihnen strafrechtlich aufgefallen, alle haben Arbeit und einen festen Wohnsitz.
Andrej H. ist vorerst draußen. Aber das bedeutet nichts. In den kommenden Wochen wird der BGH noch mal entscheiden. Dann wird es darum gehen, ob die "MG" als terroristische Vereinigung einzustufen ist.
FredericusSecondo (24.10.2007, 21:23 Uhr)
Qua definition
ist jeder, der die bestehenden Ordnungen gefährdet ein Terrorist.
Das war schon zu Zeiten der Romanow in Russland so, beim beliebten Kaiser W. II, beim soziopathen Adolf H., dann auch noch beim Walter U. in Pankow auch. Beim guten A. Pinochet, und den argentinischen und brasilianischen Generälen.
Alle hatten einen gemeinsamen Nenner:
Die Assoziation mit den besitzenden Schichten, die glauben, sie können ihren Herrenmenschenanspruch auf asozial extremistische Weise gegenüber den Unterschichtenmenschen exekutieren.
Das Imperium der Schande von J. Ziegler und Empire von Hardt & Negri.
Beispiele für terroristische Publikationen.
Mir scheint, wir marschieren geradewegs in die Situation, die von den Anarchoidealisten der RAF als Zukunft Deutschlands beschreiben wurde. Deutschland einig Terroristenland, dank Schily's und Schäuble's Gnaden.
Aus: ""Militante Gruppe": Ab wann ist man ein Terrorist?" (24. Oktober 2007)
Quelle:
http://www.stern.de/politik/deutschland/:Militante-Gruppe-Ab/600888.html-.-
LINK => ["Das BKA habe gegoogelt"... (Notizen, BRD, BKA, MG, §129a StGB)]
http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,193.msg2115.html#msg2115-.-
[...] Sie werden beschuldigt, in Brandenburg einem Brandanschlagsversuch gegen Militärfahrzeuge begangen zu haben. Gegen sie wurde nach dem §129a wegen Mitgliedschaft in der "militanten gruppe" (mg) ermittelt. Das bedeutete Einzelhaft, Trennscheibe bei Besuchen, Postkontrolle sowie akribische Ermittlungen gegen die Beschuldigten und ihr vermeintliches politisches Umfeld.
[...] Heute hat der BGH entschieden, dass ein Verfahren nach dem §129a, wie es die Bundesanwaltschaft eingeleitet hatte, in diesem Fall nicht in Betracht kommt. Die Haftbefehle der drei Beschuldigten wurden gegen Meldeauflagen und eine Kaution außer Vollzug gesetzt, so dass sie bis zu Beginn ihres Prozesses auf freien Fuß bleiben können, falls diese Entscheidung auch nach einer möglichen Berufung der Staatsanwaltschaft Bestand hat.
Nach Ansicht des BGH sind die Beschuldigten der versuchten Brandstiftung und der Mitgliedschaft in der mg dringend verdächtigt. Doch gegen diese Gruppe könne das Instrumentarium des § 129a nicht angewendet werden:
Obwohl die Tätigkeit der "militanten gruppe" darauf ausgerichtet ist, Brandanschläge namentlich gegen Gebäude und Fahrzeuge staatlicher Institutionen sowie privatwirtschaftlicher Unternehmen und sonstiger Einrichtungen zu begehen, kann die Gruppierung nicht als terroristische Vereinigung eingestuft werden.
Pressemitteilung des BGH
[...] Das Verfahren gegen die drei Beschuldigten müsste an die Berliner Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Darauf haben die Anwälte der Beschuldigten schon vor Monaten hingewiesen (siehe: "Beweisnot der Ermittlungsbehörden" http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26115/1.html).
Fragen kann man sich, warum die Bundesanwaltschaft sich so lange gesperrt und den §129a weiterhin so angewandt hat, als habe es eine Reform nie gegeben. Das gilt übrigens auch für einen weiteren Verfahrenskomplex gegen Personen aus dem autonomen Umfeld. Die Hausdurchsuchungen in diesem Zusammenhang haben im Vorfeld der G8-Proteste in Heiligendamm für große Aufmerksamkeit gesorgt. Auch hier wird die Bundesanwaltschaft wohl das Verfahren abgeben müssen, weil die für den §129a maßgebliche Sachlage nicht erfüllt ist. Doch mittlerweile ist bekannt geworden, wie intensiv hier ermittelt wurde. Personenprofile von Personen, die in ganz legalen Zusammenhängen mit den Beschuldigten zu tun hatten, wurden erstellt, die Post an verschiedene Zeitungen wurden nach möglichen Bekennerbriefen kontrolliert.
[...] Kritiker (www.freilassung.de/div/texte/129a.htm) sprachen denn auch davon, dass es bei der Anwendung des §129a vor allem um die Durchleuchtung politischer Zusammenhänge gegangen sei. Das dürfte aber im Zeitalter der Vorratsdatenspeicherung und der angestrebten Online-Überwachung auch ohne den 129a möglich sein.
28. November 2007 19:03
Ist ein Verfahren nach §129a gegen Schäuble und Ziercke notwendig
Stefan Friedt, Stefan Friedt (mehr als 1000 Beiträge seit 27.06.04)
> Notwendig ist vielmehr der Nachweis einer zielbewussten
> Einschüchterung der Bevölkerung, der Nötigung von Behörden
> oder Verfassungsorganen sowie von Bestrebungen, die den
> Staat in seinen Grundfesten erschüttern.
Das klingt doch sehr nach dem, was Schäuble, Ziercke und unsere
Bundesregierung im Kampf gegen den Terror ständig tun:
- die Bevölkerung durch ständige Terrorwarnungen einschüchtern
- die Behörden zu unsinnigen Aktionen nötigen,
- Verfassungsorgane wie das Bundesverfassungsgericht wegen ihren
Entscheidungen angreifen,
- die freiheitlich demokratische Grundordnung mit ständig neuen
Gesetzen aushebeln.
28. November 2007 19:16
wünschenswert: ja möglich: eher nicht
human_implements_happyfiable (427 Beiträge seit 26.02.07)
Schäuble: kann unter dem Schutze seiner parlamentarischen Immunität
auch in Zukunft Angst und Terror unter der Bevölkerung verbreiten.
Ziercke: terrorisiert ja nicht sondern reagiert nur auf die von
seinem Herrn und Meister skizzierten Bedrohungen. In seiner Position
als Chef des BKA durchaus rechtens (auch wenn man sich über seinen
Stil streiten kann).
Aus: "BGH formuliert strenge Auflagen für 129a-Verfahren" Peter Nowak (TP, 28.11.2007)
Quelle:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26711/1.html-.-
[...] Erbost reagierte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jürgen Gehb (CDU), auf den Richterspruch, den er als eine Folge des "Entkriminalisierungswahns" der Vorgängerregierung aus SPD und Grünen bezeichnete.
Damals, 2003, war eine Änderung des 129a-Paragraphen durchgesetzt worden, auf die sich die Richter nun beriefen. Demnach sind nur jene Taten als terroristisch zu werten, die dazu geeignet sind, "durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich (zu) schädigen". Diese Änderung des Gesetzes sei, so Gehb, ein "ganz großer Fehler" gewesen.
In seltener Eintracht reagierten Liberale und Linke auf das Urteil von Karlsruhe. Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, bezeichnete es als absolut richtig, dass für die Strafverfolger eine rote Linie gezogen wurde. Die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke Ulla Jelpke forderte gleich die Abschaffung des "Terrorismusparagraphen" 129a. Dieser habe sich schließlich "einmal mehr als reines Ermittlungs- und politisches Einschüchterungsinstrument entpuppt".
Dass die Ermittlungsbehörden in Zeiten des Antiterrorkampfes gerne ihre Kompetenzen überschreiten, zeigte sich auch in einem anderen Fall. Ebenfalls am Mittwoch dieser Woche gab ein Ermittlungsrichter des BGH der Beschwerde eines Hamburger Rechtsanwalts recht. Dieser hatte gegen die Kontrolle seiner Post durch Ermittlungsbeamte protestiert. Diese hatten im Mai nach einem Brandanschlag im Vorfeld der Protestaktionen gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm ermittelt. Auf der Suche nach Bekennerschreiben kontrollierten die BKA-Beamten eigenhändig tausende Sendungen im Hamburger Briefzentrum 20. Die Post wurde dabei nach bestimmten Rasterkriterien durchforstet.
Ein unzulässiges Vorgehen, wie nun in Karlsruhe entschieden wurde: Polizeibeamten sei es grundsätzlich untersagt, Nachforschungen in Postverteilzentren selbst durchzuführen, weil dies Postbeamten vorbehalten sei. Und das sei nötig, um die "Vertraulichkeit des übrigen Postverkehrs nicht zu gefährden", hieß es in der Begründung des BGH-Richters. Der Berliner Rechtsanwalt Fredrik Roggan, der seinen Hamburger Kollegen im Rechtsstreit mit dem BKA vertreten hatte, zeigt sich zufrieden über die Entscheidung:
Die Rechtslage ist insoweit eindeutig. Es war deshalb umso unverständlicher, dass sich die Bundesanwaltschaft und das BKA so offensichtlich über die gesetzlichen Vorgaben der Strafprozessordnung hinweggesetzt haben.
Rechtsanwalt Fredrik Roggan
Aus: "Was ist Terrorismus?" - Warum versuchte Brandanschläge auf parkende Autos die Grundordnung unseres Staates nicht erschüttern - Harald Neuber (TP, 01.12.2007)
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26733/1.html-.-
[...] Ein Mehrfamilienhaus irgendwo in Ostberlin, unweit der ehemaligen Mauer: Hinter dem Haus hat es einen lauschigen Garten, übersät mit Kinderspielzeug. Am Gartentisch sitzen Dr. Andrej Holm, Soziologe und Terrorverdächtiger, sowie seine Lebenspartnerin, die Politologin Anne Roth. Eben haben sie ihre zwei kleinen Kinder zu Bett gebracht. Die sollen nicht mit anhören müssen, wie ihre Eltern schon wieder über Polizei, Terrorverdacht und Überwachung Auskunft geben.
Denn genau damit hat sich das Paar in den letzten Monaten intensiv auseinandersetzen müssen. Die beiden wissen nämlich, dass sie vom Bundeskriminalamt (BKA) überwacht werden. Die Beamten vom Staatsschutz halten ihn, Holm, für den intellektuellen Drahtzieher der linksradikalen «Militanten Gruppe» (MG). Anne Roth wiederum bezeichnet sich selber als «Kollateralschaden». Gegen sie läuft zwar kein Verfahren, als Partnerin von Holm ist sie aber ebenso von der totalen Überwachung betroffen.
Die totale Überwachung? Heisst das, dass wir jetzt, während des Interviews, auch überwacht werden? «Irgendwo dort drüben hat oder hatte es eine Überwachungskamera», sagt Holm und zeigt in die Richtung, wo früher die Mauer stand. «Die Bäume haben aber auch im letzten Frühling Blätter bekommen und das Sichtfeld der Kamera eingeschränkt.» Sofern die es nicht geschafft hätten, eine neue Kamera zu installieren, würden sie uns jetzt auch nicht sehen. Holm ist aber «ziemlich sicher», dass die Telefongespräche abgehört worden sind, die nötig waren, um das Interview zu vereinbaren.
Holm sagt das ganz ruhig und ohne Eile. Überhaupt gibt er ausführlich Auskunft, stets darauf bedacht, Missverständnisse zu vermeiden. «Das ist eine Folge des Verfahrens, das auf Missinterpretationen beruht», sagt der 38-Jährige schon fast entschuldigend und beginnt «seinen» Fall zu erklären.
Seit 2001 macht die linksradikale Militante Gruppe mit Brandanschlägen in und um Berlin auf sich aufmerksam. Die Behörden kommen angesichts fehlender Ermittlungserfolge im Herbst 2006 auf die Idee, Wörter aus den Bekennerschreiben der MG im Internet zu suchen. Und siehe da: Treffer! Neun Begriffe wie «marxistisch-leninistisch» oder «Reproduktion» sind auch in einem Artikel enthalten, der 1998 in einer linken Berliner Zeitschrift erschienen ist, verfasst von einem Wissenschaftler, Dr. Matthias B.
Auch Andrej Holm, als auf Stadtentwicklung spezialisierter Soziologe, benutzt in seinen Arbeiten mitunter wissenschaftliche Begriffe. Zum Beispiel «Gentrifizierung», das «einen stadträumlichen Aufwertungsprozess der Bau- und Sozialstruktur bezeichnet, der mit der Verdrängung der vorher dort lebenden Bevölkerung einhergeht», wie Holm dem Laien erklärt. Und ebendieses Wort ist auch in einem Bekennerschreiben der MG aufgetaucht. Das sei an sich kein Wunder, sagt Holm, gerade in Berlin sei die Stadtentwicklung seit den achtziger Jahren ein heiss diskutiertes Thema - auch in militanten Kreisen.
Dem BKA genügen jedoch diese begrifflichen Übereinstimmungen sowie die Tatsache, dass sich Holm, Matthias B. und zwei mitverdächtige Wissenschaftler in der linken und autonomen Szene von Berlin bewegen, um ein geheimes Ermittlungsverfahren gegen die vier einzuleiten. Und zwar nicht irgendein Verfahren, sondern eines wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung nach Artikel 129a des Strafgesetzbuches.
Sechs Monate später liegt den Behörden ein linguistisches Gutachten vor. Es ergibt keine Hinweise darauf, dass die Bekennerschreiben von den Wissenschaftlern geschrieben worden sind. Doch da ist es schon zu spät, das Verfahren «ist eskaliert», wie sich Holm ausdrückt.
Die ErmittlerInnen des BKA haben längst damit begonnen, Telefonate abzuhören. Und zwar nicht nur diejenigen der Verdächtigen, sondern auch die Anschlüsse von Menschen aus deren näherem Umfeld. Die Beamten lesen E-Mails mit und protokollieren, wer welche Websites besucht. Nach drei Monaten werden die Massnahmen ausgeweitet, verdeckt arbeitende Observationsteams beschatten Holm nun rund um die Uhr. In den Akten kann man heute minutengenaue Protokolle nachlesen. Da steht dann etwa, wie Dr. Holm mit den Kindern zum Altglascontainer geht, um Altglas zu entsorgen. Fast ein Jahr lang merken die Betroffenen nichts von all dem.
Dann, am frühen Morgen des 31. Juli 2007, steht die Polizei mit gezogenen Waffen in der Wohnung und nimmt Holm fest. Im Haftbefehl steht der Grund: Andrej Holm sei intellektuell in der Lage, die «anspruchsvollen Bekennertexte» der Militanten Gruppe zu schreiben. Zudem habe er als Forscher die Möglichkeit gehabt, unauffällig die dazu notwendigen Recherchen in Bibliotheken zu tätigen. Dass die anderen drei observierten Wissenschaftler nicht verhaftet werden, hat damit zu tun, dass sich Holm ausserdem «konspirativ» mit einem gewissen Florian L. getroffen habe. Konspirativ sei das Treffen gewesen, weil sich die beiden über Internetcafés verabredet und keine Mobiltelefone mitgenommen hätten. Die daraufhin eingeleitete Überwachung von Florian L. habe dazu geführt, dass dieser fünf Monate später, in der Nacht zum 31. Juli, in flagranti erwischt worden sei, als er versucht habe, mit zwei anderen Männern Fahrzeuge der Bundeswehr in Brand zu setzen.
So weit die «Beweislage», nach einem Jahr Überwachung. In den Augen des BKA ist der Fall geklärt: Holm ist der intellektuelle Kopf der Militanten Gruppe, die Florian L. und die anderen zwei in flagranti Ertappten sind «die Ausführenden». Letztere sitzen knapp vier Monate in Untersuchungshaft, Holm drei Wochen. Als Holm freigelassen wird, geben sich die ErmittlerInnen plötzlich nicht mehr die Mühe, verdeckt zu observieren. «Die haben sich wie selbstverständlich neben uns ins Café gesetzt oder haben ihre Meldungen an die Zentrale am Telefon neben mir stehend abgegeben», sagt Holm. Das sei dann wohl eine Strategie der Einschüchterung gewesen.
«Über lange Zeit beherrschte mich die pure Fassungslosigkeit», sagt Anne Roth. Wochenlang habe sie das Gefühl gehabt, sie stecke nicht im eigenen Körper, sondern schaue sich selber durch eine Glasscheibe von aussen zu. «Die Überwachung weckt ein Gefühl von Ekel, das du fast körperlich spürst.» Die Vorstellung, dass es Wanzen oder Kameras in der Wohnung haben könnte, sei besonders schlimm. Aber ob diese wirklich platziert worden sind, darauf würden die ausgehändigten BKA-Verfahrensakten keine Antwort geben, obwohl sie dreissig Bundesordner umfassen. «Unsere Anwälte schätzen, dass das nur zehn oder fünfzehn Prozent der gesamten Akten sind», sagt Holm.
Aufgrund des Aktenstudiums haben Holm und Roth aber eine Ahnung davon, mit welcher Logik das BKA ihren Alltag interpretiert: «Es ist ein ziemlicher Schock zu sehen, dass Menschen dein Leben in einer Art und Weise aufschreiben, wie du es selber nie geführt hast», sagt Holm. Wenn er am Telefon zu einem Kollegen sage: «Treffen wir uns morgen wieder in der Kneipe, wie immer», dann interpretiere dies das BKA als konspiratives Treffen, da weder Ort, Zeit noch Grund des Treffens am Telefon explizit genannt werden. Alles, was er tue oder nicht tue, werde gegen ihn ausgelegt, so Holm: «Wenn ich mich ganz privat mit Leuten treffe und wir nicht über politische Themen reden, dann sagen die, wir würden uns konspirativ benehmen.» Dies, weil er, in den Augen des BKA, eben gerade absichtlich dieses Thema ausspare, was dann in den Akten wieder als Verdachtsmoment erscheine. Alles in allem sei hier die Unschuldsvermutung ausser Kraft gesetzt, alles was nicht hundert Prozent klar sei, werde gegen ihn und die anderen Verdächtigen ausgelegt, sagt Holm.
Im Wissen um diese Situation verändere sich automatisch das Kommunikationsverhalten, sagt Anne Roth: «Du hast immer diese Sprechblase im Gehirn, überlegst dir, was die jetzt wohl denken, wenn ich dies oder jenes sage.» Fast automatisch kommentiere sie innerlich mit, wie ihr Verhalten wohl in den Akten aufgeschrieben werde. Da sei man dann «nahe davor, ein bisschen verrückt zu werden», zumal es unmöglich sei, die Präsenz des BKA auch nur vorübergehend auszublenden.
Ironie und Sarkasmus am Telefon seien heute tabu, sagt Roth: «Mit dem Wissen, wie bescheuert das BKA Telefonate interpretiert, kann das gefährlich werden.» Man glaubt zu erahnen, wie viel Mühe es ihr selber bereitet, darauf zu verzichten. Sie, die sich mit sichtlichem Vergnügen im Gespräch immer wieder über die ErmittlerInnen lustig macht. «Teilweise sind die Sachen, die wir erleben, ja auch wahnsinnig komisch - wenn sie nur nicht so ernste Konsequenzen hätten», so die Vierzigjährige. Eine dieser Episoden ereignet sich kurz nach der Haftentlassung von Andrej Holm. Er verabredet sich telefonisch mit seinen Eltern zu «Kaffee und Kuchen». Dabei sagt Holms Mutter, man müsse dann bei der Gelegenheit auch den Inhalt des «schwarzen Beutels» besprechen. Das BKA, das natürlich mithört, will unbedingt wissen, was sich in dem Beutel befindet. Es lässt deshalb während einer Woche auch die Eltern von Holm observieren, mit dem Ziel zuzuschlagen, sobald diese mit dem Beutel ihre Wohnung verlassen. «Da waren sie dann aber überfordert und konnten die beiden älteren Herrschaften nicht auf der Strasse anhalten», sagt Roth. Stattdessen werden dann halt die Wohnung von Roth und Holm ein zweites Mal durchsucht und der schwarze Beutel unter die Lupe genommen. Darin entdeckten die ErmittlerInnen zwei Ordner mit Kopien der BKA-eigenen Akten, die während der Untersuchungshaft Holms Anwältin ausgehändigt worden sind.
Diese und ähnliche Episoden erzählt Roth auch in ihrem Blog (annalist.noblogs.org) und gibt dabei den LeserInnen Einblick in ihr Privatleben. So kann man etwa lesen, dass die Familie kürzlich Ferien in der Schweiz und in Italien verbracht hat. «Die Vorstellung, jetzt Teile meines Alltags einer Öffentlichkeit, die ich nicht kenne, zu präsentieren, hätte ich früher absurd gefunden», sagt Anne Roth dazu. Nun stünden sie aber auf einer öffentlichen Bühne, und viele Leute, die sie auf die eine oder andere Weise unterstützt hätten, hätten auch ein Recht auf Informationen. Das Bloggen habe einen psychohygienischen Effekt, es sei einfacher, mit dem Erlebten fertig zu werden, wenn sie es aufschreibe. «Ausserdem kriege ich so Feedback von einer Menge von Leuten, die mir bestätigen, dass nicht wir spinnen, sondern die anderen.»
Überhaupt haben sich Andrej Holm und Anne Roth entschieden, die Öffentlichkeit zu suchen, an Veranstaltungen und gegenüber den Medien über ihre Erfahrungen zu sprechen, um «darauf hinzuweisen, dass das kein Einzelfall ist», wie Holm betont. Es sei darum gegangen, eine allgemeine Kritik an der Anti-Terror-Hysterie und der Verschärfung der entsprechenden Gesetze aufzuzeigen, was auch gut gelungen sei.
Inzwischen hat es zwei bedeutende Entscheide des Bundesgerichtshofes in diesem Fall gegeben. Zum einen wurde Holms Haftbefehl formell aufgehoben. Das Gericht stellte fest, dass die vom BKA gesammelten Indizien nicht für eine Inhaftierung ausreichen würden. Im zweiten Entscheid urteilten die RichterInnen, die Militante Gruppe sei keine terroristische Organisation, sondern eine kriminelle Vereinigung.
Trotz dieser Entscheide läuft das Verfahren gegen Holm und die Mitverdächtigen weiter. Nur das BKA kann es beenden, und bis es so weit ist, wird wohl weiter überwacht. Überhaupt stellt sich die Frage, wieso ein Ermittlungsrichter über die ganze Zeit hinweg diese Überwachungsmassnahmen bewilligt hat. Andrej Holm: «Die Richter haben vermutlich gar keine Zeit, die Akten ausführlich anzuschauen.» Es bestehe natürlich ein Vertrauensverhältnis zu den Ermittlungsbehörden, womit deren Begründungen einfach übernommen würden. «Zudem müssten die Richter ja ihre eigene Entscheidung infrage stellen, wenn sie die von ihnen bewilligten Massnahmen nicht verlängern wollten», sagt Holm.
Dann, am Ende des Gesprächs, noch eine ganz grundsätzliche Frage: Ist es überhaupt möglich, dass das BKA an seine eigenen Szenarien glaubt? Ganz ausschliessen will dies Anne Roth nicht. «Eine These ist aber, dass es ihnen nicht um eine Verurteilung geht, sondern eher darum, Daten über linke Zusammenhänge zu sammeln.»
Aus: "Überwachung - Dr. Holm kennt böse Wörter" Von Dinu Gautier, Berlin (WOZ vom 12.06.2008)
Quelle:
http://www.woz.ch/artikel/2008/nr24/leben/16458.html