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[Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]

Started by Textaris(txt*bot), March 25, 2007, 08:19:49 PM

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Textaris(txt*bot)

#420
Quote[...] Denke ich an den Siegeszug des Döners, muss ich eine Geschichte aus New York erzählen. Vor ein paar Jahren war ich das letzte Mal dort. Mich interessierte vor allem die junge Food-Start-up-Szene. Nirgendwo war sie damals lebendiger als in dieser Stadt. Junge Gründer*innen experimentierten mit neuen Liefer- und Imbisskonzepten, mit veganem Fleisch oder entkleideten Urban Gardening der Schrebergarten-Romantik und bauten Container zu Gewächshäusern um. All das ist inzwischen auch in Europa angekommen. Während ich durch lange Gänge eines ,,Food Court" im angesagten Brooklyn lief – in New York gibt es kaum noch ein Viertel ohne Markthalle –, fragte ich mich, ob es überhaupt noch etwas gibt, das den umgekehrten Weg nehmen könnte, von Europa in die USA, bog um eine Ecke und stieß auf eine Filiale von ,,Kotti Berliner Döner". ...

[Seidel] (Eberhard Seidel. Döner (März Verlag, 257 S., 20 Euro) will den Döner gar nicht feiern, er ist für ihn Vehikel für eine deutsch-türkische Kulturgeschichte, die mit allerlei Legenden aufräumt, zum Beispiel genau jener, dass der Döner in Berlin erfunden worden sei. Dafür erzählt er die faszinierende Geschichte, wie der Imbiss zugleich dort wie in Istanbul in Mode kam. Er unterschlägt nicht die Rolle des Gyros beim Aufstieg in Deutschland und wo die deutsche Döner-Industrie heute ihren Hauptproduktionsstandort hat, nämlich in Polen. Der stärkste und wichtigste Teil des Buches aber behandelt den Döner in Ostdeutschland. Das Sandwich und seine Macher spielten eine bedeutende Rolle bei der Integration der fünf neuen Bundesländer nach der Wende, zugleich aber ist das ostdeutsche Kapitel auch eine Gewaltgeschichte, die nicht erst damit beginnt, dass die Morde des NSU zu Beginn ,,Döner-Morde" genannt werden, und einen traurigen Höhepunkt beim Anschlag von Halle 2019 erfährt, als neben der Synagoge auch ein Imbiss namens Kiez-Döner zum Anschlagort wird. ...

Der Döner ist sowohl Symbol für die Emanzipation und den wirtschaftlichen Aufstieg der ehemaligen Gastarbeiter wie neuerdings Gegenstand der kulturellen Aneignung durch eine kosmopolitische, biodeutsche Klasse, die das Fast Food inzwischen – selbstverständlich in Bio-Qualität – auf die Speisekarte des Hotels Adlon gebracht hat. ... Sein Image ist schimmernd, fluide und dreidimensional, alles, was ein Kultobjekt braucht.

...


Aus: "50 Jahre Döner: Auch eine ostdeutsche Gewaltgeschichte" (Jörn Kabisch | Ausgabe 12/2022)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/jkabisch/50-jahre-doener-von-cottbus-bis-new-york

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Quote[...] Cem Kara hat Geschichte und Philosophie in Köln und Istanbul studiert. 2017 schloss er seine Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München zur transkulturellen Geschichte des Bektaschi-Ordens im langen 19. Jahrhundert ab. Seit 2018 ist er Universitätsassistent (Postdoc) im Fachbereich Alevitisch-Theologische Studien der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen unter anderem die Geschichte des Alevitentums und des Bektaschitums.

Der aktuelle gesellschaftliche Diskurs wird zunehmend von politisch aufgeladenen sowie polarisierenden Schlagworten und Begriffen geprägt. Eine kontinuierlich wachsende Aufmerksamkeit erfährt dabei der Begriff der kulturellen Aneignung. Vereinfacht gesagt, werden darunter Phänomene verstanden, bei denen sich eine privilegierte Gruppe kulturelle Errungenschaften einer diskriminierten Minderheit zu eigen macht.

Während sich die Debatte zunächst an sichtbaren Aneignungen wie Körperschmuck, Kleidungsstilen oder Frisuren entzündet hatte, ist der Begriff sukzessive auf Bereiche wie Musik oder das religiöse Feld ausgeweitet worden. So wird etwa im Format "13 Fragen" des ZDF die Frage aufgeworfen, ob Rap-Musik von Weißen als kulturelle Aneignung zu verstehen ist.

Im religiösen Feld werden die Debatten insbesondere hinsichtlich der westlichen Rezeption des Buddhismus geführt – begonnen bei der Nutzung von Gebetsflaggen über Yoga bis hin zu Mantra-Gesängen. Häufig scheinen hierbei die Fronten verhärtet: Während die eine Seite in allen Formen der Rezeption von Minderheitenkultur durch Mehrheiten Aneignungen sehen möchte, werden von der anderen besagte Rezeptionen lediglich als Würdigung und Respektbekundung gedeutet.

Mit Blick auf die religiöse Minderheit der Aleviten finden sich ebenfalls Phänomene, die mit den eben erwähnten Diskussionsthemen durchaus verglichen werden können. Hier kann auf die Arte-Doku "Saz" verwiesen werden: In dieser Doku wird die Geschichte einer polnisch-stämmigen Wiener Musikerin erzählt, die das Saiteninstrument Saz spielt, das bei religiösen Kulturen vom Balkan bis Zentralasien – unter anderem beim Alevitentum – eine zentrale Rolle in der Sakralmusik und Ritualpraxis einnimmt. So begibt sich die Musikerin, von ihrem Wohnort Berlin aufbrechend, auf eine Spurensuche des Instruments, die sie von Bosnien über die Türkei bis in den Iran führt.

Nun könnte man einwenden, dass die Geschichte des Instruments erst dann erzählenswert wurde, nachdem eine Westeuropäerin das Instrument für sich entdeckt hatte, und zugleich den Vorwurf erheben, dass sie sich kulturell ein Instrument aneignete, das für Aleviten und viele weitere religiöse Minderheiten eine sakrale Bedeutung hat. Wäre auch dies als eine Form kultureller Aneignung zu verstehen?

In Geschichte und Gegenwart des Alevitentums lassen sich viele kulturelle Aneignungen rekonstruieren – sowohl von der Mehrheitsgesellschaft in der Türkei als auch von westlichen Gruppen. Auf einer diskursiven Ebene wollten türkische Nationalisten und westliche Orientalisten im Alevitentum sowie im Bektaschitum, dem vor allem auf dem Balkan verbreiteten und mit dem Alevitentum religiös-kulturell eng verwobenen Sufi-Orden, eine Version der eigenen kulturellen Prägung sehen. Für türkische Nationalisten waren Alevitentum und Bektaschitum zusammengedacht in ihrem Kern eine türkische Religion; für westliche Orientalisten hingegen eine Kryptoversion des Christentums. So sollte aus dem Alevitentum jeweils ein verlängerter Arm der eigenen Kultur werden.

Auch im Bereich der Musik finden sich viele Prozesse kultureller Aneignung. In der Türkei bedienen sich seit Jahrzehnten türkisch-nationalistische Musikerinnen und Musiker an Melodien, Motiven und Kompositionen alevitischer Sakralmusik und komponieren die Musik in einem türkisch-nationalistischen Kontext um. Zugleich gibt es Beispiele für weniger politisch gefärbte, dafür umso stärker kommerziell motivierte Aneignungen, bei der alevitische Poesie und Musik ohne Verweis auf das Original in der Popkultur neu interpretiert werden.

Dabei werden die Lieder nicht nur ihrer religiös-kulturellen Komponente beraubt, sondern häufig jegliche Verbindung zum Alevitentum gekappt. Bei vielen Musikerinnen und Musikern, die die alevitische Musik nachhaltig prägten, wird die religiös-kulturelle Zugehörigkeit unterschlagen. So zelebrieren diskursbestimmende Medien den Dichter und Musiker Âşık Veysel (1894–1973) als großen Künstler und Repräsentanten türkischer Kultur, ohne dessen alevitischen Glauben, der nachweislich seine Kunst prägte, auch nur einmal zu erwähnen. Bei kurdischsprachiger Musik wurden zuweilen kurdische Lieder einfach ins Türkische übersetzt, sodass unverblümt der Eindruck vermittelt wurde, es handle sich bei besagten Liedern um Produkte türkischsprachiger Kultur.

Auch im Westen finden sich, wenngleich vereinzelter, kommerziell motivierte Aneignungen von Musik, die der alevitischen Musik zugeordnet werden können. Der erfolgreiche Musikproduzent Timbaland sampelte – ebenfalls ohne Angabe der Quelle – eine Komposition des alevitischen Dichter-Musikers Muhlis Akarsu (1948–1993) für ein Lied von Nelly Furtado. Dass besagtes Lied dezidiert ritualpraktisch kodiert ist und Muhlis Akarsu Opfer eines alevitenfeindlichen Pogroms wurde, machte diese Aneignung für Aleviten nochmals brisanter [Muhlis Akarsu ist in dem Pogrom von Sivas 1993 ermordet worden. Das gesampelte Lied trägt den Titel "Allah Allah desem" ("Wenn ich Allah Allah sagte"). Die Doppelung des Gottesnamen erfüllt im alevitischen Kollektivgebet, Cem, die Funktion des Amens, wird zu Affirmation an Gebete angehängt und ist entsprechend ritualpraktisch kodiert.].

Ferner gibt es jenseits des Musikfeldes in den USA bis zum heutigen Tag mit den sogenannten Mystic Shriners eine Freimaurer-nahe Gruppe, die sich bei ihrer Gründung im späten 19. Jahrhundert als Fortsetzung der Bektaschis inszenierte. Sie betrachteten sich als "Americanized version" der Bektaschis, ohne dass die Bektaschis in Anatolien und auf dem Balkan auch nur ahnen konnten, dass jenseits des Atlantiks eine Gruppe in ihrem Namen Hunderte von Zentren gegründet und hunderttausende Mitglieder gewonnen hatte. In New Hampshire hat die Gruppe bis heute ein Zentrum mit dem vielsagenden Namen Bektash Temple, in dem die Fez-tragenden Mitglieder an Weihnachten Bektash Christmas feiern und auf ihren Bektash-"Fez"tivals der Bektash Music Choir auftritt. Die offenkundig stereotype Orientalisierung könnte mit dem Fez und den exotisierenden Wortspielen kaum augenscheinlicher sein.

Bei all diesen Beispielen handelt es sich unzweifelhaft um kulturelle Aneignungen, bei denen sich die diskursiv mächtigere Kultur bei der schwächeren wie in einem Supermarkt frei bedient und es nicht für notwendig befindet, auf die Inspirationsquelle zu verweisen und zugleich die rezipierte Kultur auf exotisierende Elemente reduziert. Es wird entweder so getan, als ob die kulturellen Erzeugnisse der eigenen Kultur oder einem Karl-May-Roman entsprungen seien.

Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, wo die Grenze liegt zwischen diesen eindeutigen kulturellen Aneignungen, die es in Geschichte und Gegenwart des Alevitentums zuhauf gegeben hat, und anderen, unverfänglicheren Prozessen kulturellen Austauschs. Denn Kultur entsteht erst durch Austausch. Der Kulturwissenschafter Lutz Musner spricht daher von der Kultur als Transfer, da sich erst durch Austauschprozesse Kulturen weiterentwickeln oder gar erst entstehen.

In einer idealen Welt begegnen sich Kulturen in solchen Prozessen auf Augenhöhe, ohne Macht-Hierarchien. Aber die Realität disqualifiziert dies leider sehr schnell als Utopie, weswegen in vielen kulturellen Austauschprozessen ein Ungleichgewicht in den Machtverhältnissen kaum vermeidbar ist. Wenn dieses Ungleichgewicht sodann aber einen reziproken Transfer ausschlösse, wären kulturelle Austauschprozesse kaum oder nur sehr eingeschränkt möglich, was – etwas pathetisch gesprochen – unsere kulturelle Welt um einiges ärmer machen würde.

Die entscheidenden Unterscheidungsmarker, die in diesen Diskussionen häufig zu kurz kommen, sind Intention, Interesse und Transparenz. Wird gezeigt, woher das kulturelle Produkt stammt, oder wird die Inspirationsquelle verschwiegen? Liegt ferner ein aufrichtiges Interesse vor, das kulturelle Erzeugnis ganzheitlich im Kontext seiner Entstehung zu verstehen, oder findet nur eine nachahmende Reproduktion von Begriffen und Symbolen statt, die die rezipierte Kultur auf plakative und stereotype Elemente reduziert?

Der Grad an Transparenz und die Art des Interesses legen sodann auch eine Intention nahe – ob sie lediglich kommerzieller oder politischer Natur ist, oder ob tatsächlich Neugierde und der Wunsch einer Horizonterweiterung der Rezeption zugrunde liegen. Das Argument, dass die Aneignung die kulturellen Erzeugnisse ihrem Kontext entreißen würde, ist hingegen grundsätzlich problematisch: Denn die Rekontextualisierung des Rezipierten gehört schlichtweg zum Kulturtransfer. Im Prozess eines Kulturaustauschs werden stets Elemente einer Kultur aus ihrem Entstehungskontext dekontextualisiert und in der rezipierenden Kultur rekontextualisiert. Schließlich sind auch die Phänomene, die per kultureller Aneignung vereinnahmt werden, gleichfalls durch diese Prozesse der De- und Rekontextualisierung entstanden.

In der Vergangenheit geschahen diese Prozesse zumeist sehr unreflektiert, weswegen die aktuelle Debatte auch ein sehr großes Potential für einen reflektierten Kulturaustausch aufweist. Zwar ist die Rezeption kultureller Erzeugnisse diskriminierter Gruppen bei fehlender eigener Diskriminierungserfahrung meines Erachtens nicht von vornherein abzulehnen, aber ein Verschweigen oder Ausblenden dieses Umstandes ist zweifellos sehr problematisch. Ein Bewusstsein dafür, dass die rezipierten Kulturerzeugnisse in einem Diskriminierungskontext entstanden sind, ist daher unabdingbar.

Mit diesen Überlegungen auf die "Saz"-Doku von Arte und die Wiener Saz-Spielerin zurückkommend: Die Künstlerin zeigt besagte Sensibilität und ein aufrichtiges Interesse, das Instrument im Kontext seiner kulturellen Vielfalt ganzheitlich zu verstehen – die gesamte Doku ist ja schließlich eine kulturelle Spurensuche. Exotisierungen zeichnen sich zwar hier und da ab, aber sie erreichen nie eine peinliche Überspitzung. Aber mir scheint ein weiterer Aspekt dafür ausschlaggebend zu sein, dass man hier keine problematische Form kultureller Aneignung vorfindet: nämlich die Reaktion der Angehörigen der rezipierten Kultur.

Selten wurde mir im Familien- und Freundeskreis so oft eine Dokumentation empfohlen und weitergeleitet. In der Reaktion vieler Aleviten auf die Doku schwingt schon beinahe so etwas wie Stolz mit, dass eine "Fremde" ein solches Interesse an den eigenen Kulturerzeugnissen zeigt – auch und vor allem vor dem Hintergrund, dass man als unterdrückte Kultur im besten Fall ignoriert, häufig vielmehr aktiv diskriminiert oder der eigenen Kulturerzeugnisse durch Vereinnahmung beraubt wurde. Umso größer scheint dann die Anerkennung zu sein, wenn die Adaption einem aufrichtigen und reflektierten Interesse entspringt. Bezeichnend hierfür ist eine Szene in der Doku, in der die Wiener Protagonistin einen türkischen Musiker fragt, ob die musikalische Tradition der Saz in einer anderen Kultur fortgeführt werden könne. Seine deutliche Antwort: "Natürlich, natürlich!" (Cem Kara, 23.3.2022)


Aus: "Kulturelle Aneignung in der Religion: Darf man ein alevitisches Instrument spielen?" (25. März 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000134276178/kulturelle-aneignung-in-der-religion-darf-man-ein-alevitisches-instrument

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diegemeintefreiheit

Wehe dem Asiaten, der es wagt ... Klavier zu spielen oder gar hier westliche Musik zu studieren!!!! ...


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Rokin
25. März 2022, 08:44:36

Ein hoch problematischer Begriff

"Aneignung" sagt, dass jemand etwas nimmt, was anderen gehört. Voraussetzung für den Begriff ist, dass dieser andere eine Identität hat und bestimmbar ist. "Ich bin ..." und darf das daher spielen, tanzen, gestalten. Dieses Denken in separaten Identitäten ist - nun ja - identitär. Und aus der Denkfalle kommt man auch nicht raus. ...


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geld stinkt

Die menschliche Zivilisation ist ein einziger Prozess gegenseitiger Beeinflussung, Inspiration und Nachahmung. Dieses Aneignungsempörungsgeschwafel ist die mit Abstand dämlichste Scheindebatte, die mir je untergekommen sein wird. ...


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ice box
25. März 2022, 13:20:03

Guter Text

Zentral die Aussage: "...Intention, Interesse, Transparenz!"

Die Intention der Sprechenden und Handelnden wird in der identitätspolitischen Debatte ja in der Regel automatenhaft ignoriert



Quotedapapawirdschorichten
25. März 2022, 09:03:16

Was ist kulturelle Aneignung und wer hat die Hochheit darüber eine solche auszumachen? Noch mehr: wie genau will man feststellen können, wem was gehört. Ist die Zwölftonmusik völlig neu erfunden, oder nimmt sie Elemente aus der asiatischen Obertonmusik? Ist van Goghs berühmtes Bild "Sternennacht" kulturelle Aneignung? Die Höhlenmalerei ist ja nun ein paar Jahre älter als dieses außerordentliche Kunstwerk. Wenn eine Theatergruppe aus Turkmenistan Mozarts "Zauberflöte" aufführt, ist das nun Aneignung oder Erweiterung? ...

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Humanist1

Ich betrachte diese kulturelle Aneignungsdebatte als Zeichen dekadenten Denkens gelangweilter, präpotenter Wohlstandsbürger, die sich mangels sinnvoller Beschäftigung als Hobbygesellschaftsphilosophen betätigen. In Zeiten des Ukrainekrieges, einer kaum mehr zu bewältigenden Umweltproblematik, einer bereits mehr als zwei Jahre andauernden Pandemie und einer drohenden Massenverarmung in diversen Staaten ist es absurd, ein künstlich produziertes Problem zu befeuern. Ob ein Europäer sich mit einer japanischen Kampfkunst beschäftigt, eine Weiße Dreadlocks trägt, sich eine Afrikanerin die Haare glätten lasst oder sich ein nicht christlicher Rapper mit riesigen Kreuzen schmückt, ist Ausdruck einer berechtigten Individualität und nicht mehr.


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freiraumXi

... es ist wirklich absurd: wie kann irgendjemand meinen, das kulturelle 'Reinheit' irgendwas mit postkolonialismus, antirassismus,... oder sowas zu tun hat? Ganz im Gegenteil: die völkischen Feinde der Moderne, völlig egal ob Neonazis, Taliban oder Lords Liberation Army oder Tibetische Religionsfaschisten haben ALLE gemeinsam, dass sie eine Einheit zwischen "VOLK" und "KULTUR" sehen.

Ich widerspreche da diametral:
- Meine Zahlen sind arabisch
- Meine Buchstaben römisch
- mein Essen kommt zum Glück aus der ganzen Welt
- Rasta sind eine Frisur, WTF ist los?!
- es ist mir völlig egal ob jemand schwarz grün weiß oder gelb oder non-binär, schwul, einarmig oder "them" als Pronomen hat.

Mensch = Mensch, alles andere ist Ideologie-Müll.


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FUMUS

Dürfen Nichtsteirer Steirerhüte tragen?


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blutteddy

Langsam wird es lächerlich.


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] In ihrem Film "Sonne" [https://youtu.be/acrO23HDMEk] bürstet die Filmemacherin das Klischee des unterdrückten muslimischen Mädchens gegen den Strich. ...

Dominik Kamalzadeh: In Ihrer Fördereinreichung für den Film haben Sie geschrieben, Sie wollten eine migrantische Geschichte richtig erzählen. Was empfanden Sie denn als falsch?

Kurdwin Ayub: Als junges Mädchen mit Migrationshintergrund haben mich diese dramatischen Ausländergeschichten genervt. Ich wollte nun eine andere Sicht ermöglichen, die auch real und authentisch ist: Ohne dass es darauf hinausläuft, dass der Vater streng, die Mutter arm ist und die Mädchen nichts dürfen. Und ohne Terrorismus. Auch wenn es den gibt.


Dominik Kamalzadeh: Oft steht in solchen Problemfilmen am Ende die Utopie einer Versöhnung.

Kurdwin Ayub: Ja, das ist auch lustig. Eine Utopie, ein bisschen wie die vom weißen Ritter, der einen rettet. Das kenne ich gut. Filme für ein weißes Publikum, damit man sich gegenseitig auf die Schulter klopfen kann. "Wir machen gute Filme über Ausländer!" Ich wollte keinen Film über einen Flüchtling machen, der vom Boot fällt. Das steht auch in meinem Statement.

Dominik Kamalzadeh: Stattdessen gilt es, gegen solche Erwartung zu erzählen. Wie geht das?

Kurdwin Ayub: Das habe ich bei Sonne versucht: Klischees umzudrehen. Klischees zu benutzen, um damit zu spielen und zu provozieren.


Dominik Kamalzadeh: Welches war das erste Klischee?

Kurdwin Ayub: Das Klischee des muslimischen, unterdrückten Mädchens. Meine Figur Yesmin kann machen, was sie will. Ich wollte auch zeigen, dass es kein unglaubliches Drama wird, wenn das Kopftuch einmal abgelegt wird.

Dominik Kamalzadeh: Das Kopftuch ist kein Symbol der Unterdrückung. Die drei Frauen twerken im Hidschab zu "Losing my Religion" von R.E.M.

Kurdwin Ayub: Für die Mädels ist es eher ein Symbol, um sexy zu sein. Ich hab die Sachen für die Szene anprobiert, da war der erste Gedanke: ein bisschen Bein zeigen und sexy Fotos machen. Auch mit muslimischen Mädchen kann es lustig sein. Auf das Lied bin ich gekommen, weil gerade dieses 90er-Revival ist.

Dominik Kamalzadeh: Was auffällt, ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Frauen kulturelle Versatzstücke annehmen: Woher kommt dieser sehr dynamische Umgang mit solchen Codes?

Kurdwin Ayub: Ich habe das selbst so erlebt. Mich fasziniert, wie man sich einer Kultur bedienen kann. Man nimmt sich ein Fragment und hat damit Erfolg. Es ist ein wenig wie bei Kim Kardashian, die mit ihrem Hintern, dicken Lippen und Selbstbräunerbody sehr viel Geld macht. In den USA haben schwarze Frauen darüber diskutiert, warum Kardashian mit ihren Attributen so viel verdienen kann. Da war ein Gefühl von Diskriminierung im Spiel. In Sonne wollte ich darstellen, dass Yesmin mit ihrer Identität kämpft, während ihre Freundinnen Bella und Nati einfach Teile davon annehmen. Und ab irgendeinem Punkt wird es kritisch. Wenn sie keinen Respekt mehr dafür haben, aber so tun, als wäre es trotzdem okay.

Dominik Kamalzadeh: Eine feine Grenze.

Kurdwin Ayub: Ich kann gar nicht sagen, wo genau sie verläuft, aber ich kann sie fühlen. Als ich ein junges Mädchen war, hatte ich eine Freundin, die sich wegen eines Burschen entschlossen hat, ein Jahr lang muslimisch zu sein und Kopftuch zu tragen. Als der Typ weg war, war's vorbei. Da hatte ich dieses Gefühl, konnte es aber nicht in Worte fassen. Das ist meine Kultur – und sie nimmt sich einen Teil davon. Die tausend Onkel, die sich wie meine Väter benommen haben, hat sie sich erspart.

Dominik Kamalzadeh: Gegenwärtig wird die Grenze oft definiert. In Deutschland wurde eine weiße Musikerin ausgeladen, weil sie Dreadlocks hatte.

Kurdwin Ayub: Das ist wieder ein bissl zu arg. Am liebsten habe ich es ja, wenn Leute, die nichts mit Diskriminierung zu tun haben, andere Leute diskriminieren, die auch nichts damit zu tun haben! Da denk ich mir: Ihr habt zu viel Zeit!

Dominik Kamalzadeh: In "Sonne" geht es auch um das Selbstbild der jungen Frauen und die Rolle, die sie in sozialen Medien spielen. Was hat Sie an dieser Differenz interessiert?

Kurdwin Ayub: Das Leben mit Alter Egos im Internet hat mich schon in vielen meiner Kurzfilme fasziniert. Man kommt nicht daran vorbei, wenn man ehrlich von Jugend erzählen will. Mit gefällt auch das Visuelle an mit Handy gefilmten Szenen. Jeder ist der Filmemacher seines Lebens. Das funktioniert wie ein Newsflash der Emotionen der Mädchen. Es zeigt auch die Schnelllebigkeit an: Heute bin ich das, morgen will ich das sein. Auch wenn es oberflächlich scheint, wird hier ein Problem sichtbar, diese Verlorenheit.

Dominik Kamalzadeh: Hat sich der Druck, entsprechen zu müssen, durch soziale Medien noch radikalisiert?

Kurdwin Ayub: Es fällt auf, wie gut sich die Mädchen selbst darstellen. Sie wissen von den Influencern, wie sie sich anziehen und reden sollen. Das ist schräg. Früher hatten wir das nicht. Wir hatten auf Myspace die Emo-Prinzessinnen. Ich war eine davon. Es ist noch schwieriger geworden für junge Frauen, dem Ideal einer sexy Influencerin zu entsprechen. Jetzt sind überall Filter darüber. Heute sieht nicht nur Britney Spears geil aus, sondern tausend andere, die deine Nachbarin sein könnten.



Aus: "Regisseurin Kurdwin Ayub: "Heute sieht nicht nur Britney Spears geil aus"" Dominik Kamalzadeh (5. April 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000134673174/regisseurin-kurdwin-ayub-heute-sieht-nicht-nur-britney-spears-geil

Quote
M00erf00ger

HA?


Quote
OidaVoda

,,Am liebsten habe ich es ja, wenn Leute, die nichts mit Diskriminierung zu tun haben, andere Leute diskriminieren, die auch nichts damit zu tun haben! Da denk ich mir: Ihr habt zu viel Zeit!"

Danke dafür!


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John Moke

Wer ist Britney Spears und wieso ist die geil?


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1.21 gigawatts

geil war die nie, eher peinlich.


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Cataclysm Economist

Und wann zeigt sie den in Saudi Arabien? Ausserhalb ihrer Schickeria-Blase gibt´s nämlich noch genug Unterdrückung. Peinlich.


Quote
BrandonCrow

Ich glaube dann, wenn es keine Korruption mehr in österreichischen Parteien gibt. ^^


Quote
Simon K

"Das Klischee des muslimischen, unterdrückten Mädchens. Meine Figur Yesmin kann machen, was sie will. Ich wollte auch zeigen, dass es kein unglaubliches Drama wird, wenn das Kopftuch einmal abgelegt wird."

Finde ich gut, so soll Kino sein. Ich habe im Kino z.B. Spiderman gesehen: Ein Mann, der fliegen kann. In der Realität können es die meisten nicht.


Quote
Mathias Steinlaus

Ein Mann, der fliegen kann. Der Mann kann nicht fliegen, er schwingt von Haus zu Haus .... Spinnen fliegen auch nicht, sondern klettern, springen, schwingen ....


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Es mutet an wie aus einem früheren Jahrhundert: In den USA landen mehr Bücher denn je auf dem Index. 1.597 Werke zählte die American Library Association, der Verband der Bibliotheken, im vergangenen Jahr, die auf Wunsch von Eltern oder – meist konservativen – Aktivisten aus den Regalen von Schulbibliotheken und kommunalen Leihbüchereien fliegen sollten. So viele waren es noch nie, seit der Verband diese Statistik erhebt.

Darunter Bücher der Schwarzen US-amerikanischen Nobelpreisträgerin Toni Morrison, aber auch Maus, Art Spiegelmans Graphic Novel über den Holocaust, die einst den Pulitzer-Preis gewonnen hat. Ein großer Teil dieser sogenannten Banned Books sind Werke von Angehörigen von Minderheiten, darunter Out of Darkness über die Romanze zwischen einem Schwarzen Teenager und einem mexikanisch-amerikanischen Mädchen.   

Vornehmlich aber geraten Bücher ins Visier der Möchtegernzensoren, die sich mit den Erfahrungen von LGBTQ+-Jugendlichen beschäftigten oder von LGBTQ+-Autoren und -Autorinnen geschrieben wurden, also lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, queeren oder Jugendlichen anderer sexueller Orientierung oder Geschlechteridentifikation.

Das Buch, gegen das die meisten Verbotsgesuche eingereicht wurden, war Gender Queer: A Memoir von Maia Kobabe, das die Erfahrungen von nicht binären Heranwachsenden beschreibt, die sich nicht der Einteilung in weiblich oder männlich unterordnen wollen. Auch Henry McMaster, der Gouverneur von South Carolina, zitierte Kobabes Memoiren und forderte eine Untersuchung von "obszönem und pornografischen" Lernmaterial an Schulen seines Bundesstaates. Wie McMaster haben viele Republikaner den Bücherstreit als fruchtbares Wahlkampfthema für sich entdeckt.

Vorgemacht hat es Glenn Youngkin, der vergangenes Jahr nicht zuletzt mit der von ihm inszenierten Kontroverse über Leselisten in den öffentlichen Schulen überraschend die Gouverneurswahlen in Virginia gewann (Sein zweites Aufregerthema war die Maskenpflicht an Schulen). In einem seiner Wahlkampfvideos ist eine blonde Frau zu sehen, die vor dem heimischen Kaminfeuer buchstäbliche ihre Hände ringt und sich über das "explizite" Lesematerial ihres Sohnes beschwert. Als sie die Pflichtlektüre Volksvertretern gezeigt habe, sei denen darüber die Schamesröte ins Gesicht gestiegen.

Es dauerte nicht lang, bis herauskam, dass der betreffende Sohn inzwischen Anwalt, 27 Jahre alt und für Youngkins Partei im Kongress tätig ist. Das Werk, das der Mutter und ihrem Sprössling angeblich so zusetzte: Beloved von Toni Morrison. Es beschreibt in der Tat Schreckliches und für das Land Beschämendes, nämlich das Schicksal einer Schwarzen Sklavin. Angeblich geht es den Politikern darum, die Elternrechte zu wahren.

Doch der Kulturkampf wird nicht zufällig so angeheizt, denn im Herbst sind die Kongresswahlen und die Republikaner ziehen alle Register, um in Washington eine möglichst große Mehrheit im Repräsentantenhaus als auch im Senat zu erhalten. Dann wäre Präsident Biden endgültig eine "lahme Ente" für die verbleibenden zwei Jahre seiner Amtszeit. Die Wahl im November sei aber eigentlich gar keine demokratische Abstimmung, sondern ein moralisches Referendum, bei dem es um die Kinder gehe. "Kinderreferenda", wie es Elizabeth Bruenig im The Atlantic nannte.

Es hilft den Demokraten nicht, dass sich viele Eltern im Chaos der Pandemie von Schulbehörden wie Politikern alleingelassen fühlten. Die Demokraten sehen sich stärker in der Defensive, weil in den von ihnen regierten Bundesstaaten und Kommunen Schulschließungen und Maskenpflicht weit stringenter und verbreiteter waren. So konnte sich Phil Murphy, Gouverneur von New Jersey, dessen Wiederwahl eigentlich als sicher galt, vergangenes Jahr nur mit knappster Mehrheit im Amt halten.

Kein Wunder, dass Ron DeSantis, der als möglicher Rivale von Donald Trump für die Präsidentschaftswahl 2024 gehandelt wird, auch auf das Thema Kinder setzt. Er hat Ende März ein Gesetz verabschiedet, dass es Lehrern verbietet, im Unterricht über Geschlechteridentifikation und sexuelle Orientierung zu sprechen. Kritiker tauften das Verbot Don't-Say-Gay-Gesetz, das "Sag nicht schwul"- Gesetz. Sie fürchten, dass DeSantis Erlass der Diskriminierung und dem Mobbing von LGBTQ+ Kindern und Jugendlichen Vorschub leisten könnte.

Aktivisten setzten auch den Disney-Konzern unter Druck, der in Florida inzwischen 80.000 Mitarbeiter beschäftigt, beim Gouverneur gegen den Maulkorb für Lehrer zu intervenieren. DeSantis ergriff die Gelegenheit, um nun seinerseits Disney mit dem Entzug von Steuervorteilen zu drohen. Auch Ted Cruz, ebenfalls ein möglicher Präsidentschaftskandidat für die Republikaner, wollte da offenbar nicht zurückstehen. Bald zeige Disney, wie Mickey Mouse und Pluto Sex hätten. Den Ausdruck, den der amerikanische Senator dafür verwendete, kann ich hier nicht verwenden.

Ein Gutes hat das bigotte Gezerre um das angebliche Kindeswohl: Das Interesse gerade für die Banned Books steigt. Sowohl die Verkaufszahlen für Beloved als auch für Maus sind gestiegen. Immerhin etwas, das Autoren und Bibliothekare freuen dürfte. Und auch nach wie vor die meisten Eltern.



Weiterführende Links:
CNBC: "Tennessee school board bans Holocaust graphic novel 'Maus' – author Art Spiegelman condemns the move as 'Orwellian'"
NBC: "Author of 'Gender Queer,' one of most-banned books in U.S., addresses controversy"
New York Times: "Glenn Youngkin vs. Toni Morrison"
New York Magazine: "New Jersey's Education Rebellion Was a Long Time Coming. But Democrats didn't heed the signs."
Washington Post: "Florida's law limiting LGBTQ discussion in schools, explained"
Voice of America: "Florida Battles Disney World Over 'Don't Say Gay' Bill"
Quartz: "A dispute over "Beloved" in the Virginia governor's race is making Toni Morrison's book a best seller"



Aus: "Was sich aus verbotenen Büchern lesen lässt" Eine Kolumne von Heike Buchter (25. April 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-04/usa-verbotene-buecher-banned-books-kulturkampf-beloved-toni-morrison

Quoteuhu_131 #1.34

Die Auswahl der Pflichtlektuere war schon immer politisch.
Das war in der DDR so, und ist hier in den USA nicht anders.
Und bei 2 Buechern pro Schuljahr, kann eine Einseitige Themensetzung schon indoctrination sein, links wie rechts.
Und natuerlich, wenn eine Seite die Gesellschaft nach links (oder rechts) zerrt, zerrt die andere Seite zurueck.
Und als Elternteil, ich halte es auch nich fuer gut, die Menge an Modethemen.

Die Balance muss zurueck. Da kann auch mal wieder im Westen nichts Neues oder All the things they carried gelesen werden.


QuoteHarmlos01 #1.23

Der Irrationalismus der konservativen Kreise erreicht immer größere Ausmaße:

Abtreibung ist die schlimmste Sünde, aber sobald die Kinder geboren sind dürfen ihnen Krankenversorgung, Schulbildung und Sozialleistungen verwehrt werden.

Werden rechte Publizisten ausgeladen ist es Cancel Culture, werden linke Publizisten gar nicht erst eingeladen ist es Hausrecht.

Wird Hate Speech gelöscht ist es Zensur, aber wenn LTBQ Erwähnung verboten wird ist es Kinderschutz.

Und Waffengewalt wird nur durch mehr Waffen verhindert.

Wann werden die Republikaner wieder anfangen sich mit der Realität auseinanderzusetzen? Natürlich kann man argumentieren, dass auch die Demokraten im linken Parteispektrum nur noch wenig Bodenhaftung hat, aber dort wird wenigstens versucht echte Probleme zu lösen und nicht auf Ideen und Bücher losgegangen.


QuoteAlexandra S. #1.24

Finde ich auch immer wieder faszinierend. Erzkonservative haben angeblich immer so gefestigte Werte und Gott auf ihrer Seite, aber die sind andererseits ständig in Gefahr, durch die bloße Anwesenheit anderer Werte.
Ist wie mit den Nationalisten, die ihr Land für das größte, stärkst und beste halten, was es auf dem Planeten gibt, aber denken, es würde sofort untergehen, wenn mal ein paar Migranten über die Grenze kommen. ...


QuoteSüdvorstadt #1

... Diese konservative Bigotterie werde ich wohl nie kapieren. Diese Leute sind getrieben von Angst, Panik und Unsicherheit.


QuoteIndossatar #4


"Den Ausdruck, den der amerikanische Senator dafür verwendete, kann ich hier nicht verwenden."

Wie ironisch. "Don't say sodomy", oder wie?

Zur Frage der Zensur: es kommt bei den Extremen ja immer auf den Blickwinkel an. Viele Klassiker dürfen ja aus Sicht der "anderen Seite" ebenfalls nicht unmodifiziert gelesen werden.


QuoteLaus oder Hexe #4.1

Falls Sie auf das Buch des kleinen Mannes mit dem komischen Bart anspielen... es ist unmodifiziert, aber kommentiert.
Und soweit mir bekannt übrigens nicht Teil der Schullektüre...


QuoteIndossatar #4.2

In Ihrer Welt ist "Mein Kampf" ein Klassiker?


QuoteGise von der Wiese #4.11

Und eben diese Kindergarten- und Grundschulkinder sollen mit jeder Spielart der Geschlechtlichkeit incl. der Veränderung des biologischen Geschechts konfrontiert werden? Weil das für einige Erwachsene das Wichtigste auf der Welt ist? Nicht mit meinen Kindern, danke sehr.


QuoteJeanLuc7 #4.15

"Und eben diese Kindergarten- und Grundschulkinder sollen mit jeder Spielart der Geschlechtlichkeit incl. der Veränderung des biologischen Geschechts konfrontiert werden?"

Bloß weil Florida es jetzt explizit verbietet, heißt das noch lange nicht, dass es vorher Teil des Lehrplans war.

Es ist nun aber so, dass die beiden Mütter oder Väter eines Kindes in Florida im Unterricht als solche nicht mehr vorkommen dürfen. "My parents" ist ok, "my dads" oder "my moms" aber nicht. Und wehe, ein Kind fragt dann, wieso jemand zwei Väter haben kann...

Dahin zielt das Gesetz, nicht aber auf Sexualkundeunterricht in all seinen Ausprägungen.


QuoteJeanLuc7 #4.13

"In den Pippi-Langstrumpf-Büchern, die aus moralischen Gründen heraus nachredigiert werden, könnte, wenn man voraussetzt, es mit mündigen, zur Reflexion fähigen Mitmenschen zu tun zu haben, das Wort "Neger" in einen (sprach-) historischen Kontext stellen und erläutern. "

Aber gerade Pippi-Langstrumpf-Bücher werden ja nun nicht von Erwachsenen gelesen, sondern von Kindern im Grundschulalter. Ich war 8, als ich diese halbgroßen blauen Bücher "verschlungen" habe.


QuotePapaya-Salat #4.16

Ich bitte Sie, waren Sie etwas nicht in der Lage, mit 8 einen sprachhistorischen Kontext zu erarbeiten? ...


QuoteKlaipeda #4.17

Das wollen einige hier nie kapieren, dass beleidigende Bezeichnungen in Twains Huck Finn wichtige Wörter für die Geschichte sind und in Pippi Langstrumpf absolut überflüssig. Da wird immer alles bunt in den Topf geworfen und durchgestampft.

Bei all dem Wortgedröhne des Vorredners über diese bösen Veränderungen in der Sprache (Guten Morgen, Nationalsprachen seit zweihundert Jahren) scheint eines durch: er kann Bücher und deren Publikum einfach überhaupt nicht einordnen.
Wie im Artikel: als wenn 27jährige eine Version von Pippi Langstrumpf läsen, in der das Wort wichtig ist und dann doch davor geschützt werden müssten, sich mit diesen Realitäten auseinanderzusetzen. Wozu diese Ebenen auseinandernehmen, wenn man erfinden/behaupten kann, dass bisher alles okay war, nur diese blöden Änderungen in Gesellschaft und Wahrnehmung würden stören.

(Ich aber bin der Meinung, dass man 2020 einfach andere Bücher vorlesen und verfilmen sollte als Pippi Langstrumpf.)


QuoteEinTollerName #4.23

"Das wollen einige hier nie kapieren, dass beleidigende Bezeichnungen in Twains Huck Finn wichtige Wörter für die Geschichte sind und in Pippi Langstrumpf absolut überflüssig. Da wird immer alles bunt in den Topf geworfen und durchgestampft."

Eben. Bücher wie Pipi Langstrumpf kann man ohne jeden Schaden "fixen". Der Südseekönig macht die Geschichte weder anders noch schlechter und man muss auch nix erklären. Es ist einfach eine neuere Übersetzung. Die Aufregung ist völlig fehl am Platz.

"Huckelberry Finn" oder – noch heftiger – "Robinson Crusoe" kann man nicht reparieren. Die brauchen eine Menge Kontext.


QuoteCenobite #9

Wie wäre es mit einem Artikel über die Zensur der "klassischen" Litarut in heutigem Deutschland. Alles natürlich unter dem Vorwand irgend eine Minderhait zu schonen / schützen. Es fängt hier schon bei Kinderbüchern an.


QuoteManuel Andresen #10

Unter dem Vorwand "Kinderschutz" wird in Deutschland auch versucht, teilweiße das Internet zu zensieren und Kontrollmechanismen (Ausweispflicht) durchzusetzen.
Anderes Beispiel: Der Auftrittsverbot von Ronja M. bei den Fridays For Future, weil die Musikerin Dreadlocks trägt. ...


Quotekielce87 #10.2

"Anderes Beispiel: Der Auftrittsverbot von Ronja M. bei den Fridays For Future, weil die Musikerin Dreadlocks trägt. "

Es ist auch ein Beispiel für unerklärliche Ambivalenz: Während es verpönt ist, sich das Aussehen einer anderen "Rasse" anzueignen (kulturelle Aneignung), ist es absolut in Ordnung, sich das Aussehen eines anderen Geschlechts anzueignen. Das ist dann komischerweise keine "sexuelle Aneignung".

Also ich darf für mich entscheiden, dass ich dem anderen Geschlecht angehören oder "genderfluid" sein möchte, aber ich darf mich nicht entscheiden, dass ich PoC sein möchte.


Quotemobo #10.6

Habe dazu neulich einen Artikel einer schwarzen Autorin gelesen. Wenn man schwarz ist, betrifft das auch Erfahrungen der ganzen Familie. Bspw. sind die meisten Schwarzen in den USA nachfahren von aus Afrika entführten Sklaven, denen die Sprache und Geschichte geraubt wurde, und die auch nach der Befreiung 1865 noch Menschen zweiter Klasse waren, bis tief in das 20. Jhd. Noch heute gibt es massive Diskriminierung von schwarzen in den meisten westlichen Ländern.

Das Geschlecht ist dagegen in der Familie immer gleich verteilt, das heißt wenn ich biologisch als Mann geboren bin, habe ich ja immer auch eine Mutter und ggf. 1-2 Großmütter. So habe ich schon immer einen Bezug zum Männlichen und Weiblichen. (und natürlich gibt es auch eine systematische Diskriminierung von Frauen)

Damit ist Hautfarbe und Geschlecht was die Sozialisation angeht nicht dasselbe.


QuoteCelo #10.9

Schwarz zu sein ist keine Entscheidung. Homosexuell zu sein ist keine Entscheidung. Trans zu sein ist keine Entscheidung (sie haben sich nie dazu entschieden, in einem falschen Körper geboren zu sein).

Das sind alles Dinge, die angeboren sind. Sie können ja mal auf einen Schwarzen zugehen und sagen "Sei mal weißer, mir passt deine Optik nicht" - viel Spaß.

Im Kontrast dazu:

Sprache ist eine Entscheidung. Klamotten sind eine Entscheidung. Religion ist eine Entscheidung. Eine Frisur ist eine Entscheidung (alters- oder krankheitsbedingte Fälle ausgeklammert).

Das heißt nicht, dass sie jetzt rumrennen und Leuten erzählen sollen, dass ihnen ihre Sprache, Kleidung oder Religion nicht in den Kram passt. Aber allein vom reinen Sachverhalt her ist das unmöglich mit den davor genannten Merkmalen zu vergleichen. Ich kann mein Metal-Shirt ausziehen wenn es dem Anlass nicht angemessen ist, auch wenn ich keinen Bock drauf hab und evtl. beleidigt wäre. Aber ich kann NICHT auf Knopfdruck heterosexuell werden, nur weil's irgendwem im Raum sonst nicht passt. Mein Kumpel kann nicht plötzlich weiß werden, nur weil Leute im Bus Affengeräusche machen. Die betroffene Person bei der FFF-Sache kann sich ne andere Frisur zulegen, auch wenn sie das natürlich nicht sollte (bin persönlich überhaupt nicht damit einverstanden, was da passiert ist, aber ich sehe hier auch keinen Menschenrechtsverstoß). Wenn ich in einen Club will kann ich leider auch nicht so angezogen sein, wie ich will.


QuoteDer Physiker1 #15

Ich habe in der englischen Originaldiskussion das oben erwaehnte S-Wort (Sex mit Tieren) nicht gefunden. Ted Cruz verwendete "to go at it". Das steht umgangssprachlich einfach fuer "Sex haben", also nichts Neues auf der Entruestungsskala ...


QuoteFlummiEnte #19

Dieser Beitrag zeichnet ein sehr unvollständiges Bild. Er entspricht der Sicht des amerikanischen Kulturkampfes aus der linken Perspektive. Das erkennt man auch an den Weiterführenden Links die mit NBC, New York Times, Washington Post und co. ausschließlich linke Medien beinhaltet.

Tatsächlich ist es eher so, dass die linke Identitäspolitik in den USA das universitäre Umfeld dominiert. Zumindest in den Geisteswissenschaften gibt es quasi keine konservativen Professoren mehr. Damit existiert kein politisches Regulativ mehr und die Lehre driftete im Laufe der letzten Dekaden von mittig liberal/libertär nach stramm-links mit radikalen bis extremistischen Tendenzen. Speziell die Sythese der Themen Rasse, Gender und Geschlecht zu Disziplinen wie 'Queer black Feminism' verankerte radikale Personen und politisch Ansätze tief in den Geisteswissenschaften - und damit auch in der Pädagogik. Entsprechend sind nahezu alle modernen Ansätze in den Erziehungswissenschaften politisch links und durchsetzt mit der linken, identitätspolitischen, intersektionalen Weltsicht.

Mit den Ereignissen um den Mord an George Floyd 2020 und den folgenden Protesten sahen viele aktivistische Pädagogen die Zeit gekommen, nun auch die Schulen zu transformieren. Beim politisch moderaten bis konservativen Teil der Elternschaft stoßen die radikalen Inhalte der linken Pädagogen auf Ablehnung. Die Demokraten bieten aber keine Hilfe, also wenden sich viele Eltern den Republikanern zu.


QuoteLululululu #20

Bücher umzuschreiben und Statuen oder Strassennahmen verbieten zu wollen ist ein politisches Instrument, welches ursprünglich eher von linker Seite kam. Dass es nun auch vom politischen "Gegner" der Autorin verwendet wird, war abzusehen. Es war kurzsichtig, diese Art vom Empörung überhaupt politisch zu instrumentalisieren.


Quotevisitor2016 #22

Mir ist das bereits 2002 bei einem Besuch in Kalifornien aufgefallen. Ich kam mit einer Bibliothekarin ins Gespräch, die mir sagte, daß schon längere Zeit diese Zensur unterhalb des "public radar" abläuft.

Damals war bereits Harry Potter auf dem Index einige Staaten und es gab eine Kampagne mit dem Titel "Dare to read a banned book".

Der Satz, der mich am stärksten beeindruckte, lautete:

Der gefährlichste Ort einer Stadt ist die Bücherei - dort werden Ideen aufbewahrt..


QuoteTante Prusseliese #22.1

Ein Grund, warum Republikaner die gerne finanziell austrocknen.

"The Trump Budget Will Gut The Public Library" By Lizzy Francis, Mar 03 2020
The Trump 2021 budget plan would cut federal funding for every library across the country.
https://www.fatherly.com/love-money/trump-budget-gut-public-library/


QuoteCooper71 #23

In den USA habe ich über viele Jahrzehnte beruflich wie privat aufgehalten und einen tiefen Einblick in das gesellschaftliche Leben zumindest der Republikaner bekommen.
Das dieses Land sich so negativ entwickelt hat ist für mich sehr schmerzlich. Die "bigotte" Haltung vieler Menschen geht dort schon über das Maß des Erträglichen hinaus. Das grenzt bereits an Okkultismus und hat gefühlt nichts mehr mit der eigentlichen Ausübung christlicher Religion zu tun.
Auf der anderen Seite gilt nur noch "money making". Ihr schlechtes Gewissen kaschiert diese US-Gesellschaft mit Charity - damit erkaufen sie sich die Absolution für all die Dinge, die sie im rauen täglichen Leben verbrochen haben; sei es in ihrem business, beim Umgang mit etnischen Minderheiten etc. etc. die Zensur von Büchern ist einer der Höhepunkte dieser grausamen US-Gesellschaft. Darauf können sie nicht Stolz sein - ein Stolz, den sie immer mit ihren vielen US-Flaggen vor sich hertragen, mit denen sie Ihre Häuser schmücken.........


QuoteThe Academist #26

Leider ist "Kulturkampf" ja nicht "nur" das Problem einer Seite.


Quotepourquoi pas #36

Es ist im Prinzip richtig, auf inhaltliche und sprachliche Qualität zu achten. Wer als Kind schlechte Wörter verwendet, wird es nie lernen, als Erwachsener sauber zu denken.


QuoteLerincaj #36.2

..."schlechte" Wörter, "sauber Denken",

autsch...


QuoteIjon Tichy #48

Wer sich für die Geschichte der Bücherberbote von der Antike bis in die Gegenwart interessiert, dem kann ich als kleine Einführung dazu ein recht kurzweiliges Buch empfehlen:
Werner Fuld: Das Buch der verbotenen Bücher; Berlin 2012.

Der Autor stellt darin exemplarisch die verschiedenen Gründe vor, wie und warum immer wieder Bücher bekämpft wurden, und zeigt wie zahlreiche Werke von Autoren, welche heute bei uns als Klassiker gelten, als "Gefahr" für die Gesellschaft abgestempelt wurden.

Baudelaire stellte der ersten Ausgabe von "Les fleurs du mal" folgende Zeilen voran:
"Man soll, so heißt es, alles Widerwärtige / in den Brunnen des Vergessens werfen und das Grab schließen, / und das Böse, neu erweckt durch Schriften, / vergifte die Sitten der Nachwelt; / doch das Wissen ist keineswegs die Mutter des Lasters / und die Tugend ist keine Tochter der Ignoranz."

Besser kann man es m.E. nicht auf den Punkt bringen: Die größte Gefahr für die Kultur ist die Ignoranz.

MfG, Ijon Tichy



QuoteWTHKT #1.1

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/se


etc. ...


Quoteberlinerin73 #54

Ich finde es gerade ziemlich gruselig, wie viele völlig vernünftige Beiträge hier zensiert werden beim Thema Zensur ...


QuoteNurmeinebelanglosemeinung #54.1

Merke: "zensieren" tun immer nur die Anderen, man selbst versachlicht den Diskurs.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Welt hat genug von ,,liberalen Werten". Davon ist der russische Kinostar Sergej Besrukow überzeugt. Russlands Militäreinsatz in der Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen sein Land können seiner Ansicht nach dabei helfen, dass die russische Kultur endlich wieder ihren eigenen Weg geht - mit konservativen Werten, Patriotismus und dem orthodoxen Glauben.

,,Wir müssen die Isolation (Russlands) nutzen, um uns wieder mit unseren Traditionen zu verbinden", sagt Besrukow, einer der beliebtesten Künstler Russlands, in einem Interview mit AFP. Anstatt zu Hollywood aufzublicken, sollte Russland seine eigene Kultur aufbauen. Er plädiert dafür, die russische Kultur von westlichem Einfluss zu säubern.

,,Seit 30 Jahren leben wir im Marvel-Universum", sagt der 48-jährige Schauspieler und Regisseur mit Blick auf die US-Filmindustrie. ,,Es ist an der Zeit, unser eigenes zu schaffen", fordert Besrukow am Moskauer Gubernskij-Theater, wo er künstlerischer Leiter ist.

,,In die Zeiten der UdSSR zurückzukehren, ist unmöglich, aber wir können versuchen, das Vertrauen in Russland wiederherzustellen", fügt er hinzu. Von der Europäischen Union wurde Besrukow kürzlich wegen seiner Unterstützung der russischen Ukraine-Offensive mit Sanktionen belegt.

Schon in der Vergangenheit hat sich Kreml-Chef Wladimir Putin stets als Hüter traditioneller Werte wie der Ehe zwischen Mann und Frau sowie der Religion ausgegeben und betont, dass westliche liberale Werte obsolet geworden seien. Seit dem Beginn der Offensive Moskaus in der Ukraine haben die Behörden ihre Bemühungen verdoppelt, mit westlichen Werten zu brechen - und viele Künstler sagen, dass die Kunst dabei die Hauptrolle spielen sollte.

,,Russland steht an der Schwelle zu einer konservativen Revolution", sagt der Theaterproduzent und Regisseur Eduard Bojakow, der sich für den ,,heiligen Krieg" Russlands in der Ukraine einsetzt, wie er es nennt.

Nach Beginn der Offensive in der Ukraine Ende Februar verließen zahlreiche Künstler Russland, darunter der Regisseur Kyrill Serebrennikow und die Schauspielerin Schulpan Chamatowa. Diejenigen, die noch im Land sind, stehen unter wachsendem Druck, die Intervention in der Ukraine zu unterstützen. Viele Kremlgegner können in Russland nicht mehr auftreten.

,,Seit Februar wurden mehr als hundert Musikaufführungen abgesagt", sagt Alexej Kosin, Direktor von Navigator Records, einem großen russischen Musiklabel, das sich auf Rock spezialisiert hat. Eine inoffizielle ,,schwarze Liste" bestehe derzeit aus rund 40 Namen, darunter Jurij Schewtschuk, ein legendärer Rockmusiker, der den Kreml während eines Konzerts im Mai beschuldigte, junge Russen und Ukrainer zu ,,töten".

Ende Juli forderte der Vorsitzende der kremlfreundlichen Partei ,,Gerechtes Russland", Sergej Mironow, eine ,,weiße Liste patriotischer Künstler", um der Öffentlichkeit zu erklären, ,,wer in der russischen Kunst heute wer ist",.

Im Juni kündigten die Moskauer Behörden einen Austausch der Führung in drei der besten Theater der Hauptstadt an. Das Gogol-Zentrum, von Serebrennikow zu einer Bastion künstlerischer Freiheit ausgebaut, wurde geschlossen. Hinzu kommen Absagen von Ausstellungen.

,,Inmitten des Krieges in der Ukraine findet in Russland eine Kulturrevolution statt",, warnt die im Exil lebende Chefredakteurin der Zeitschrift ,,Teatr", Marina Dawidowa, in den sozialen Netzwerken.

,,Nach 30 Jahren pro-westlichem Liberalismus ist in Russland eine konservative Revolution im Gange", freut sich Olga Andrejewa von der russischen konservativen Wochenzeitung ,,Expert". ,,Dies ist der Moment der Wahrheit auf Russlands Weg im ewigen Kampf zwischen Westlern und Slawophilen", sagt sie.

Putin gibt dabei den Ton vor: Im März forderte er die ,,Selbstreinigung" der Gesellschaft und sagte, die Russen würden ,,Gesindel und Verräter" ausspucken, die in Russland ihr Geld verdienten, aber lieber nach westlichem Stil lebten.

Als Symbol dieser Kehrtwendung ziert den neuen 100-Rubel-Schein seit Ende Juni das Denkmal des unbekannten Soldaten. Vorher war dort der griechische Gott der Künste Apollo am Giebel des Bolschoi-Theaters abgebildet. (AFP)


Aus: "In Russland ist eine konservative ,,Kulturrevolution" im Gange" Marina Lapenkova / AFP (16.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/abkehr-von-westlichen-werten-auch-in-der-kunst-in-russland-ist-eine-konservative-kulturrevolution-im-gange/28602442.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Jetzt hat es also doch noch jemand getan. Dieser Gedanke war am Freitagabend unabweisbar, als Nachrichten von einem Angriff auf Salman Rushdie die Runde machten. Der Schriftsteller wurde durch seinen Roman "Die satanischen Verse" 1989 zu einer Hassfigur für muslimische Fundamentalisten. Der iranische Revolutionsführer Khomeini hatte in einer Fatwa zu Rushdies Tötung aufgerufen.

Rushdie war am Freitag in Chautauqua im Bundesstaat New York eingeladen, über die Vereinigten Staaten als Ort des Exils für Schriftsteller zu sprechen, als er von einem einzelnen Mann mit einem Messer attackiert wurde. Inzwischen sind Details über den Grad seiner Verletzungen bekannt geworden, und man weiß jedenfalls so viel, dass man klar sagen kann: Salman Rushdie (75) sollte nach dem Willen des 24 Jahre Jahre alten Hadi M. am Freitag sterben.

Das Attentat ist ein schrecklicher Epilog zu einer Affäre, die 1988 in Indien begann, also im Salman Rushdies Herkunftsland. Der Roman "Die satanischen Verse" war zuerst in England erschienen, man kannte den Autor zu diesem Zeitpunkt vor allem wegen seines zweiten Romans "Mitternachtskinder", der als Höhepunkt der postmodernen Literatur gilt.

In die literaturkritische Rezeption mischte sich bald ein anderer Ton. Muslime in England und in Indien warfen Rushdie Blasphemie vor, vor allem wegen eines zentralen Kapitels in dem vielschichtigen und komplexen Roman: Eine der beiden Hauptfiguren, der Schauspieler Gibril Farishta, träumt darin von den Zeiten, in denen ein Mann namens Mahound in einer Stadt namens Jahilia (steht für Mekka) Offenbarungen empfängt, die unter anderem dazu führen, dass die lokale Religion unterdrückt wird. Mahound setzt seine "Geschäftsordnung" durch, schrieb Rushdie, und er lässt seine alternative Geschichte der Entstehung des Korans und des Islams in einem Bordell enden, in dem die Prostituierten die Namen der Frauen von Mahound annahmen, also eine erotische Gegengemeinde bilden zu der, aus der heraus eine Weltreligion entstand.

Die Passagen haben für ein geübtes Lesepublikum alle Anzeichen eines Pastiches, also einer kritischen, satirischen Überschreibung geläufiger Inhalte. Aber sie sind natürlich anstößig für Menschen, die Texte nur beim Wort nehmen wollen.

Noch 1988 verbot Indien den Import von Rushdies Buch, weitere Länder folgten. Bei Demonstrationen in seiner Heimatstadt Bombay wurden muslimische Protestierer getötet. 1989 griff der iranische Revolutionsführer Khomeini die Angelegenheit auf, und erließ eine Fatwa gegen Rushdie, die zu dessen Tötung aufrief.

Rushdie war dadurch gezwungen, für längere Zeit die Öffentlichkeit zu meiden und sich unter Personenschutz zu begeben. An seiner Stelle wurden in einigen Ländern seine Übersetzer angegriffen. 1991 wurde Hitoshi Igarashi in Japan erstochen. 2012 beschrieb Rushdie diese Zeit in dem autobiographischen Buch Joseph Anton, das er nach dem Pseudonym benannte, das er damals für sich wählte (die Vornamen zweier seiner literarischen Helden, Joseph Conrad und Anton Tschechow).

In den vergangenen Jahren war Rushdie zunehmend in das öffentliche Leben zurückgekehrt, auch wenn es in Kreisen der Islamischen Republik Iran immer wieder Erhöhungen des Kopfgelds auf ihn gegeben hatte. Ungeachtet vieler diplomatischer Bemühungen war davon auszugehen, dass die unmittelbare Gefahr vermutlich gesunken, aber nie vollständig verschwunden war. Nun hat sich gezeigt, dass das Kapitel alles anders als abgeschlossen war.

Es war übrigens der STANDARD, der 1993 dem damaligen Bundeskulturminister Scholten von Rushdie ausrichten ließ, dass er persönlich nach Wien kommen würde, um den Staatspreis in Empfang zu nehmen – damals noch aus dem "Untergrund" heraus.

Noch 2012 hat Rushdie sich über die desillusionierenden Erfahrungen mit der internationalen Politik geäußert, vor allem mit Deutschland, dessen Außenminister einmal sagte, "wegen eines Einzelnen" könnte nicht ein ganzes Land seine Außenpolitik ändern.

Österreich hat sich damals mit dem Umgang mit dem Staatspreis anfangs auch nicht gerade durch geopolitischen Mut hervorgetan (die 1992 beschlossene Auszeichnung sollte zuerst geheim bleiben), dann aber doch 1994 mit einer Überraschungszeremonie ein starkes Zeichen gesetzt. (Bert Rebhandl, 13.8.2022)


Aus: "Rushdies "Satanische Verse" und der Blasphemie-Vorwurf" Bert Rebhandl (13. August 2022)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/2000138264067/rushdies-satanische-verse-und-der-blasphemie-vorwurf

QuoteF800GS

Nicht Gott hat den Menschen erfunden, sondern der Mensch Gott.
Daher begehen alle Menschen die im Namen Gottes ein Verbrechen begehen, einfach ein Verbrechen.


QuoteAncalagon the Black

Nachdem es höchstwahrscheinlich keinen Gott geben dürfte, gibt es höchstwahrscheinlich auch keine Blasphemie.
Das ist ideologischer Unfug und dass selbiger in manchen Länder (übrigens auch Österreich) immer noch strafbar ist, lässt eh tief blicken. Bis ins tiefste Mittelalter.


Quotestarship

"Wenn der Terrorismus besiegt werden soll, muss die islamische Welt die säkularistisch-humanistischen Prinzipien übernehmen, auf denen die Moderne beruht und ohne diese wird die Freiheit der muslimischen Länder ein ferner Traum bleiben."

(Salman Rushdie)


...

Quote[...] Nach dem Attentat auf Salman Rushdie diskutiert Großbritannien intensiv, wie es derzeit um die Meinungs- und Publikationsfreiheit im Land bestellt ist. Und wie groß sich die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus darstellt, nicht zuletzt unter dem Eindruck des Mordes an dem Unterhausabgeordneten David Amess, der 2021 von einem Extremisten erstochen wurde. Medien und Politiker sind sich einig, dass man vor Extremisten keinen Zentimeter zurückweichen dürfe. Intellektuelle dagegen sind skeptisch.

Die Nachricht vom Messerangriff in Chautauqua war erst wenige Stunden alt, da meldete sich der zuletzt kaum noch in der Öffentlichkeit präsente Noch-Regierungschef aus dem Urlaub zu Wort. Der 75-Jährige Rushdie habe stets ,,ein Recht ausgeübt, das zu verteidigen wir nicht aufhören dürfen", so Boris Johnson. Labour-Oppositionsführer Keir Starmer verurteilte einen Tag später den ,,feigen Anschlag auf jemanden, der den Kampf um die Freiheit verkörpert".

Einer der Bewerber um Johnsons Nachfolge, Ex-Finanzminister Rishi Sunak, nutzte die Gelegenheit für ein außenpolitisches Signal: Da das iranische Regime die Todesdrohungen gegen Rushie und alle an der Veröffentlichung seines Buches Beteiligten bis heute nicht zurückgenommen habe, müsse man Teherans Revolutionsgarden mit Sanktionen belegen. In den USA gelten sie als terroristische Vereinigung.

Die konservative ,,Sunday Times" wies auf das weitverbreitete Gefühl in der Literaturszene hin, demnach Autoren und Verlage schon in vorauseilendem Gehorsam vor Kontroversen zurückscheuen oder allzu schnell selbsternannten Sittenwächtern nachgeben. Der in Japan geborene britische Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro beklagt ein ,,Klima der Furcht", das junge Autoren aus Angst vor einem ,,anonymen Lynchmob" Selbstzensur üben lasse.

Ähnlich schätzt Rushdies Freund Hanif Kureishi die Stimmung auf der Insel ein: Ein Roman wie ,,Satanische Verse" würde heute gar nicht mehr geschrieben, so das bittere Fazit des Pakistan-stämmigen Engländers. Und wenn doch jemand ein ähnliches Buch schriebe, führt die frühere Präsidentin des britischen PEN-Clubs, Lisa Appignanesi, das Argument weiter, ,,würde es nicht veröffentlicht". Pessimistisch beurteilt auch der Autor Kenan Malik die Stimmung in der literarischen Welt. Rushdies Kritiker hätten die Schlacht verloren, aber den Krieg gewonnen: ,,Die Meinungsfreiheit hat heute viel engere Grenzen, teilweise als Antwort auf die Rushdie-Affäre."

Kontroversen um Rushdie und seinen Roman hatte es seit 1989 immer wieder gegeben, so auch 2007 nach dem Ritterschlag für Rushdie durch die Queen. Boris Johnson, damals kulturpolitischer Sprecher seiner konservativen Fraktion, sprach dem Roman den ,,literarischen Wert" ab. Das Mullah-Regime protestierte gegen das ,,beleidigende, verdächtige und ungehörige Handeln" und bestellte gar den Botschafter ein.

Doch dem immer wieder von islamistischen Mordanschlägen heimgesuchten Land steht mittlerweile deutlich vor Augen: Das Vorgehen der Fanatiker gegen Rushdie, seine Übersetzer und Verleger – der Japaner Hitoshi Igarashi wurde erstochen, der Italiener Ettore Capriolo schwer verletzt, in Norwegen entging Verlagschef William Nygaard nur knapp einem Mordanschlag – war vergleichbar mit der ersten Krähe in dem Hitchcock-Film ,,Die Vögel", also das erste Anzeichen jenes Fundamentalismus-Sturmes, der die Welt bis heute in Atem hält.

Man könne, sagte Rushdie stets, ,,eine direkte Linie" ziehen von den Attacken gegen ihn zu 9/11 und dem Terror in London am 7. Juli 2005. Nun reicht die Linie bis nach Chautauqua – 34 Jahre nach Erscheinen der ,,Satanischen Verse".


Aus: "So einen Roman traut sich niemand mehr zu schreiben" Sebastian Borger (15.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/wie-england-das-attentat-auf-rushdie-diskutiert-so-einen-roman-traut-sich-niemand-mehr-zu-schreiben/28601242.html

QuoteMadame.X 15.08.2022, 19:25 Uhr
Auch der deutsche Journalismus weicht oft vor den Herausforderungen zurück und schweigt lieber, weil es eine laute Gruppe gibt, die andere Meinungen mit "Diskriminierung", "Rassismus" und ähnlichen Totschlagwörtern aus dem Diskurs zu drängen versucht.

Die Benennung von Wahrheit ist schlicht Tatsachenbeschreibung. Wer dagegen vorgeht, ist extremistisch.

Dass der Angriff auf Herrn Rushdi in der islamischen Welt bejubelt wurde, ist auch so ein Fakt, den man gern unter den Tisch fallen lässt. Nicht von allen, sicherlich. Aber von sehr vielen. Da tun sich Gräben auf, die sich durch Appeasement und Dauerlächeln nicht überbrücken lassen werden.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Kinderbuchverlag Ravensburger hat die Veröffentlichung von zwei Buchtiteln zum vor anderthalb Wochen in den Kinos angelaufenen Film Der junge Häuptling Winnetou als Fehler bezeichnet. Nach "vielen negativen Rückmeldungen" habe das Team entschieden, die Auslieferung des Buchs zum Film ab acht Jahren und des Erstlesebuchs zum Film ab sieben Jahren zu stoppen und die Titel aus dem Programm zu nehmen, schreibt Ravensburger auf Instagram.

Hauptsächlich in sozialen Netzwerken wurde kritisiert, dass der Stoff von Karl May überhaupt noch verlegt wird, vor allem für Kinder. Darin würden fremdenfeindliche Stereotype wiedergegeben, die ihren Ursprung im Kolonialismus haben. Auch der Vorwurf der kulturellen Aneignung steht im Raum – also die Übernahme von Merkmalen der Kultur der Indigenen.

Es sei nie die Absicht gewesen, mit den Titeln die Gefühle anderer zu verletzten, schreibt der Verlag. "Unsere Redakteur*innen beschäftigen sich intensiv mit Themen wie Diversität oder kultureller Aneignung." Dabei würden externe Fachberater zurate gezogen oder sogenannte Sensitivity Reader eingesetzt, die Titel kritisch auf den richtigen Umgang mit sensiblen Themen prüfen. "Leider ist uns all das bei den Winnetou-Titeln nicht gelungen."

Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW), eine Einrichtung aller Bundesländer, hatte Der junge Häuptling Winnetou als "besonders wertvoll" eingestuft. In der Begründung heißt es aber, dass die Jury in der Gesamtbewertung des Films "absolut gespalten war – zwischen vehementer Ablehnung einerseits und großer Zustimmung andererseits".

Zu den kritischen Stimmen heißt es: Karl Mays literarische Idylle im Herkunftsland der indigenen Völker Nordamerikas sei eine Lüge, die den Genozid an den Indigenen und das ihnen zugefügte Unrecht der Landnahme der weißen Siedler und der Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes vollkommen ausblenden würde. Die im Film gewählte Ausstattung, die Darstellung der indigenen Menschen, die musikalische Untermalung und der Inszenierungsstil würden sich den verkitschten Karl May-Filmen der Sechzigerjahre anpassen.

Die Rückziehung der Buchtitel zieht allerdings wieder Kritik nach sich. In den Kommentaren unter dem Instagram-Post reagieren Nutzer enttäuscht und werfen dem Verlag vor, vor "woker Hysterie" einzuknicken. "Redet einfach mit den Kindern und klärt sie auf, um zu zeigen, dass es heute anders ist, statt alles zu verbieten und zu zensieren", schreibt ein Nutzer. 



Aus: "Ravensburger stoppt Auslieferung von "Winnetou"-Büchern" (22. August 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2022-08/winnetou-buch-verlag-ravensburger-auslieferung

Quotesugarvision #1

Nun sollten auch andere Kinderbuchverlage nachziehen und Pippi Langstrumpf und Jim Knopf aus dem Programm nehmen.


Quotechang et al #1.3

Da gehört mal richtig ausgemistet. Nicht wahr?


QuoteVera_ KVAC #1.4

Wenn es wirklich danach geht, kann man in vielen Dingen etwas hineininterpretieren. Wann wohl Heidi verurteilt wird?


Quotesonneleipzig #1.6

... Gut dass wir im privaten all die Bücher noch in den Regalen haben.


QuoteMzeemkubwa #1.10

Eigentlich gleich alle Kinderbücher, in denen nicht streng auf eine LGTBi+ und People of Colour Quote geachtet wird! Harry Potter, nicht ein lesbisches Paar, Die wilden Hühner, nur weiße Menschen, Tintenherz des Gleichen. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen! Traut den Kindern mehr Verstand zu! Die wissen zu unterscheiden zwischen einer ausgedachten Geschichte und der Realität. Mir war als Stepke klar, dass bei Jim Knopf die Beschreibung Chinas genauso realistisch ist wie Herr Turtur. Durch Karl May und Winnetou bin ich dazu inspiriert worden, Bücher wie "Begrabt mein Herzan der Biegung des Flusses" zu lesen. Gebt den Lesern, ob alt oder jung, die Chance Widersprüche zu entdecken, Ungereimtheiten aufzuklären und den Umgang mit dem geschriebenen Wort zu lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, denn das lernt niemand, wenn die Literatur allein nach ihrer politische Korrektheit ausgerichtet wird.


QuoteL.patschino #1.13

Vor allem müssen wir mit dem rechnen aufhören. Die Zahlen haben wir uns angeeignet. Zudem bitte beim Oktoberfest darauf achten wer sich bayrisch kostümiert. Falls es Touristen sind bitte belehren und unverzüglich ausweisen.


QuoteArthur Philipp Dent #1.14

Nach den Büchern machen wir dann bei den Lebensmitteln weiter. Die meisten Gewürze wurden ursprünglich in Kolonien hergestellt z.B. Pfeffer. Und dann sollten wir Kartoffeln und Mais (aus Südamerika) etc direkt mit auf die Liste setzen. Alles kulturell angeeignet. ...


QuoteMurer #1.18

Und was ist mit dem Sams?


QuoteJamokaim #1.31

Das Sams muss es heißen! Nonbinär


QuoteSonnenau #1.20  —  vor 19 Stunden
155

"Gut, dass wir im Privaten noch alle Bücher in den Regalen haben"

Das haben wir auch. Auch Jim Knopf und Pippi Langstrumpf etc. Und wir haben sie auch vorgelesen - und würden es selbstverständlich wieder tun.
Überhöhung und Überzeichnung sind Mittel, die in der Kinderliteratur immer wieder vorkommen.

Und was ist z.B. mit Mattis' Aufforderung an Ronja, seinen Kopf zu streicheln, als Glatzen-Per stirbt?
Übergriffigkeit an der Grenze zum Missbrauch?

Was ist mit all den Töpfen, die unter Gebrüll an die Wand flogen?
Gewaltproblem im Hause Mattis?

Was ist mit dem gefesselten und geschlagenen Birk? Klare Kindesmisshandlung! Sofort Jugendamt einschalten!

Übrigens war der schwarze Jim Knopf einer der Helden (!) meiner Kinderzeit!

Und wenn Kinder sich als Indianer verkleiden, dann deshalb, weil sie sich mit ihnen identifizieren.
Kinder schlüpfen in Rollen von Menschen, die sie bewundern.

Und natürlich ist das anfangs etwas stereotyp - wie im Übrigen die ballernden Cowboys auch ;-).

Aber dafür kann und soll man mit Kindern reden - um sie zu einfühlsamen, verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen.

Und das scheitert garantiert weder an Winnetou noch an Jim Knopf - und auch nicht an Ronja Räubertochter - bei aller Überzeichnung einem der tollsten Bücher überhaupt, die ich als Kind gelesen habe. Wer nichts falsch machen möchte, beschränke sich auf "Die Häschenschule" ;-).


Quoteder Eine Ring #1.21

,, und der Peter mit den Geißen und der Alpöhi mit dem kleinen Mädchen...Missbrauchspotential ohne Ende..."

Wenn man um die Schicksale sog. Verschickungskinder auch in der Schweiz weiß, liest sich die Geschichte heutzutage nun einmal tatsächlich deutlich anders...
Da wird jeder für sich entscheiden müssen, wie er damit umgehen möchte...


Quotegelöschter_Benutzer #1.23

"Nun sollten auch andere Kinderbuchverlage nachziehen und Pippi Langstrumpf und Jom Knopf aus dem Programm nehmen."

Jawohl! Machen wir Nägel mit Köpfen! Den Struwelpeter und all die anderen Bücher auf einen Haufen und anzünden! Nicht


QuoteAchwat #1.24

Gute Idee, und dann gibt es begleitende Programme zur Gehirnwä.... Äh pardon, ich meinte natürlich gesellschaftliche Umerziehung im Dienste des Guuuten.


QuoteTom BEST #1.25

Allein das Wort "Oktober" in "Oktoberfest" klingt nicht wirklich nach unserer deutschen Kultur. Das ist doch fremden Ursprungs und somit angeeignet, oder etwa nicht?
Ich finde, wir sollten die Römer respektieren und das Oktoberfest in "Achterthing" umbenennen.


Quotedeschamp #1.28

Mein Problem dabei ist:
An welcher Stelle fängt Zensur an?

Als ich im Kindergarten war, sangen wir "Zehn kleine Negerlein". Das würde heute nicht passieren — zurecht. Vor einiger Zeit wurde diskutiert, ob Pippi Langstrumpf noch tragbar ist, wg. des "Negerkönigs." Ich glaube, dass wir an der derzeitigen Entwicklung einer Überprüfung auf kulturelle und/oder politische Korrektheit nichts werden ändern können und auch nicht sollten. Es ist ein Pendel, das aus dem Teil der Sorglosigkeit im Umgang mit Minderheiten gerade rüberschwingt in den Bereich eines überkorrekten Umgang mit diesem Thema. Dabei kommt es zu einem vorauseilenden Gehorsam, bei dem Dinge im Sinne der gefühlten oder wahrhaftigen Diskussion bereits umgesetzt werden _bevor_ die Gesellschaft tatsächlich einen Konsens gefunden hat. Wir werden das aushalten müssen und können, das Pendel wird irgendwann in der Mitte stehen bleiben. Dabei wird vielleicht die eine oder andere kuturpolitische Vase zerbrochen werden, es wird sicherlich auch noch so manche Stilblüten erblühen die über Flaniermeile (statt Fußgängerzone) hinausgeht, aber das ist letztlich auszuhalten.
Zu verabscheuen sind aber m.E. Bilderstürmereien jeglicher Art. Vieles lässt sich mit dem Wissen und den gewandelten Ansichtigen von heute trefflich kritisieren, aber deshalb gleich verbieten? Stellt es in den Kontext zur damaligen Zeit, erläutert es, stellt Fragen. Kinder sind schlau + können es einsortieren.
Zensur war noch nie wirklich erfolgreich!


QuoteBevvox #1.29

"Naja, der Schritt von Karl Mays albernen Stereotypen zur Diskriminierung ist allerdings ziemlich weit."

Es geht ja eben nicht um den Original-Karl May.
Und es geht eher um Verniedlichung als um Diskriminierung.
Also um positive Diskriminierung.


QuoteEckhardSchmidt #1.34

....dann müsste man mindests zwei Drittel der Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts auf den Index setzen - die war damals schon äußerst populär. Als Beispiel nehme man Felix Dahn, ein seinerzeit nicht weniger populärer Schriftsteller ("Ein Kampf um Rom"). Darin werden massive anti-pseudoromanische bzw. pro-pseudogermanische Stereotype "abgefeuert". Weiteres Beispiel, die Ballade "Marienburger Mette": anti-pseudoslawische Versatzstücke pur. Dies und Ähnliches hat zwar keine vergleichbare Auflagenhöhe, aber warum darf es ungehindert gedruckt und vertrieben werden? - Karl May starb 1912 relativ wohlhabend und hat in seiner zweiten Lebenshälfte ausgesprochen pazifistische Ansichten vertreten (1912 herrschte bereits Kriegs-Obsession). Er propagierte im Grunde eine kindliche Art von Humanismus.


QuoteNurseBetty #1.37

Habe beides als Kind geliebt (Pipi Langstrumpf, Jim Knopf) und tu das immer noch.

Hat es eine Rassistin aus mir gemacht? Nein!

Pipi Langstrumpf ist eine Bereicherung für mindestens jedes Mädchen und Jim Knopf ist eine so tolle Geschichte. Bitte erklären Sie mir den Rassismus in dem Buch. Ganz Lummerland liebt dieses Findelkind und das er schwarz ist spielt überhaupt keine Rolle.


QuoteSonnenau #1.63

"Bei Jim Knopf empfand ich schon damals die klischeehafte Beschreibung der Chinesen als hochpeinlich (...)"

Okay - das ist Ihr gutes Recht.

Ich habe das Buch geliebt - und meine Kinder auch.

Und es ist mit Sicherheit nicht (!) diesem Buch zu verdanken, dass ich dem chinesischen Regime heutzutage recht kritisch
gegenüberstehe ;-). Das hat andere, "handfeste" Gründe. ...


QuoteÖlge #1.77

Aber diese Drachenlehrerin (Name vergessen) ist gut getroffen. Solche Lehrer:innen gibt es leider wirklich.



QuoteSchmusekater #1.78:  ... Frau Mahlzahn ...


...

Textaris(txt*bot)

Aus dem Streit um Twitter ist ein Kulturkampf geworden

Quote[...] ... Elon Musk hat Twitter übernommen – nun fürchten Kritiker einen Rechtsruck auf der Plattform.  ... Im Januar 2020 treffen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Twitter in Houston, Texas, zu einem großen Firmenevent. Als Höhepunkt tritt Jack Dorsey auf, der Gründer und damalige Chef von Twitter. Auf der Bühne ruft Dorsey einen Mann an, der sich zu dieser Zeit beruflich mit Elektroautos und Raketen beschäftigt, aber nicht mit sozialen Medien: Elon Musk. Der Tesla-Chef erscheint auf dem Bildschirm, und Dorsey fragt ihn, was er von Twitter halte und ob er nicht Lust habe, die Plattform zu leiten. Ein Witz. Die Twitter-Leute im Publikum lachen. So ist es in einem Video zu sehen.

Zweieinhalb Jahre später hält das niemand mehr für einen Scherz. Musk, 51, hat Twitter tatsächlich gekauft, zum ursprünglich vereinbarten Preis von 44 Milliarden Dollar. Es ist eine feindliche Übernahme, das vorläufige Ende eines monatelangen Streits, ausgetragen vor Gericht und – natürlich – auf Twitter. Wobei zwischenzeitlich fraglich war, ob Musk das Unternehmen überhaupt noch haben will.

Nun, da endlich klare Verhältnisse herrschen, rückt eine andere Frage ins Zentrum: Was hat Musk mit Twitter vor? Einer Plattform, die mit fünf Milliarden Dollar Jahresumsatz zwar wirtschaftlich ein Zwerg ist, aber umso größeres politisches Gewicht besitzt, weil sich dort viele Debatten abspielen.

Wie Musk Twitter verändert, welche Personen er dort zulässt, ist auch deshalb heikel, weil in den USA die Midterm-Wahlen anstehen. Twitter ist in dem Land ein mächtigerer politischer Lautsprecher als in Deutschland; ein Ort, an dem Nachrichten und Lügen kursieren, an dem sich Konflikte hochschaukeln. Nach dem Attentat auf den Ehemann von Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses, werden weitere Gewalttaten befürchtet – befeuert von Hetze in den sozialen Medien.

Elon Musks Gegner sehen ihn als Katalysator für diese Spirale aus digitaler und echter Gewalt. Sie glauben, dass er Twitter zu einer Plattform machen wird, auf der Hass und Lügen unwidersprochen zirkulieren. Für sie geht es längst darum, wie gefährlich Musk ist.

Seine Fans hingegen jubeln. Sie feiern ihn als mutigen Kämpfer gegen Zensur durch linke und woke Aktivisten, als Retter der Meinungsfreiheit.

Aus dem Streit um Twitter ist ein Kulturkampf geworden: Auf der einen Seite stehen die rechten Stimmen, die keinerlei Einmischung durch die Plattform wollen; auf der anderen Seite die linken Kräfte, die es für Twitters Pflicht halten, Lügen und Propaganda zu brandmarken und Menschen wie Donald Trump für immer von der Plattform zu verbannen.

Und Musk? Machte gleich klar, zu welcher Seite er tendiert. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte der Rausschmiss des Managements. Neben dem CEO Parag Agrawal feuerte er auch die Chefjuristin Vijaya Gadde. Und erfreute damit viele Rechte, die Gadde zu ihrem Feindbild erklärten, nachdem sie im Januar 2021 mitentschied, Trumps Account stillzulegen.

Eine offizielle Bestätigung der Personalien gab es vom Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht. Ein Twitter-Sprecher sagte der ZEIT, dass er von Musks Plänen, 75 Prozent der Belegschaft zu entlassen, auch nur aus den Medien erfahren habe.

Chaos und Unruhe stiften, das ist typisch für Musk. Zugleich ist der Rauswurf des Führungsteams eine Machtdemonstration: Liebe Leute, hier wird wenig so bleiben, wie es war, ab sofort hat nur noch einer das Sagen – ich, Elon Musk.

Um zu verstehen, wie es so weit kommen konnte, hilft es, noch einmal zum 1. April 2022 zurückzugehen. Musk, Agrawal und der Aufsichtsratschef Bret Taylor treffen sich an diesem Tag in einem Airbnb am Flughafen San José. In den Wochen zuvor hat Musk einen Anteil von zehn Prozent an Twitter erworben, und Agrawal und Taylor drängen ihn, nun auch einen Sitz im Aufsichtsrat zu übernehmen, das lässt sich aus Textnachrichten rekonstruieren, die während des Streits vor Gericht öffentlich wurden.

Die Twitter-Leute sehen Musk offenbar als Retter für das strauchelnde Unternehmen, als Mann mit Geld und frischen Ideen fürs Geschäft. Denn anders als Google oder Meta machte Twitter zuletzt sogar Verluste. Die Werbeeinnahmen sind überschaubar, auch weil die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer seit Jahren nur noch langsam wächst.

Musk gibt dem Werben der Twitter-Leute nach und sagt zu, in den Aufsichtsrat einzuziehen. Doch innerhalb weniger Tage ändert er seine Meinung, aus Frust über die vielen Spam-Nachrichten unter seinen Posts und über Twitters angebliche Untätigkeit dagegen. Am 9. April teilt er Agrawal per Textnachricht mit: Er werde ein Übernahmeangebot abgeben und versuchen, Twitter von der Börse zu nehmen. Alles andere sei "Zeitverschwendung".

Schnell wird klar, dass Musk Twitter nicht nur als weiteres Unternehmen in seinem Portfolio sieht, sondern eine Agenda verfolgt. Musk nennt sich selbst einen free speech absolutist, einen absolutistischen Verfechter der Meinungsfreiheit. Einem Vertrauten versichert er in einer Textnachricht zwar: "Twitter wird natürlich nicht zu einer rechten Irrenanstalt werden. Ziel ist es, so inklusiv wie möglich zu sein." Aber als die EU im Frühjahr die Propaganda-Sender Russia Today und Sputnik verbietet, schreibt er einem befreundeten Investor: "Wir sollten es genau deshalb erlauben, weil wir es hassen." Und im Mai verspricht er auf einer Konferenz, den Bann gegen Trump aufzuheben.

Mit solchen Aussagen bringt Musk viele Twitter-Mitarbeiter gegen sich auf. Manche von ihnen sind bekennende Unterstützer der Demokraten. Als sich Musk im Juni ihren Fragen stellt und sich offenbar als politisch "gemäßigt" bezeichnet, schlagen ihm Kritik und Misstrauen entgegen. Das geht aus geleakten Slack-Nachrichten hervor. Ein Twitter-Mitarbeiter schreibt in einem internen Chat an seine Kollegen: "Seine Definition von gemäßigt ist ziemlich anders als unsere." Ein anderer meint: "Queere Menschen können diesem Mann nicht vertrauen."

Die progressiven und den Demokraten nahestehenden Twitter-Mitarbeiter, die sich nun gegen Musk wenden, drängten die Firma vor der letzten US-Präsidentschaftswahl, härter gegen Lügen und Hass vorzugehen. Damals begann Twitter, Posts von Trump mit Warnhinweisen zu kennzeichnen. Schließlich sperrte Twitter ihn ganz, weil er seine Anhänger indirekt zur Revolte angestachelt habe.

Auch andere Accounts, die zu Gewalt oder Terrorismus aufriefen, suspendierte Twitter, allein zwischen Juli und Dezember 2021 knapp 1,3 Millionen Profile. Daneben schaltete Twitter mehrfach staatlich gesteuerte Netzwerke aus, etwa eine chinesische Propaganda-Kampagne, die Lügen über die unterdrückten Uiguren verbreitete.

Offen ist, was nun mit diesen Programmen passiert, die nach Ansicht von Aktivisten noch immer viel zu lasch und zu langsam sind, um Hass und Desinformation effektiv zu bekämpfen.

Wird Twitter überhaupt noch in der Lage sein, rassistische oder antisemitische Posts einzudämmen, wenn der neue Chef Content-Moderatoren und Programmierer massenhaft feuert oder diese von selbst das Weite suchen? Oder will Musk das Chaos auf der Plattform vielleicht sogar?

Einen Eindruck konnte man schon am vergangenen Wochenende bekommen. Da raunte Musk auf Twitter, dass die brutale Attacke auf den Mann von Nancy Pelosi ja vielleicht gar kein politisch motiviertes Attentat gewesen sei – eine Mischung aus Gossip und Verschwörungstheorie, die Twitter unter normalen Umständen wohl mit einem Warnhinweis versehen hätte. Aber diesmal kam das Geschwurbel vom Chef persönlich.

Twitter selbst meldete am Montag einen sprunghaften Anstieg "schädlicher Inhalte", orchestriert von einer "Troll-Kampagne". Aktivisten warnen, die Stimmung könne sehr schnell kippen, auch wenn Musk noch gar keine neuen Regeln verkündet habe. "Die rechtsextreme Partei Britain First ist auf Twitter zurück, die Verwendung des N-Worts Analysen zufolge um 500 Prozent gestiegen", sagt Imran Ahmed von der Nichtregierungsorganisation Center for Countering Digital Hate. "Musk hat Extremisten und Hetzern signalisiert, dass sie auf Twitter ab sofort ungestraft tun können, was sie wollen."

Ob bald auch der prominenteste Unruhestifter wiederkommt, ist dagegen noch unklar. Donald Trump sagte dem TV-Sender Fox Newsnach Musks Übernahme: "Ich mag Elon, aber ich bleibe bei Truth." Wie lange diese Absage gilt, ist erfahrungsgemäß schwer zu sagen. Truth Social, Trumps eigenes soziales Netzwerk, entwickelt sich trotz enormer wirtschaftlicher Probleme langsam zum wichtigsten Sammelpunkt für Konservative und Rechtsaußen, Verschwörungstheoretiker und Menschen, die Joe Bidens Wahlsieg anzweifeln. Trumps Posts dort erreichen mehr als vier Millionen Anhänger. Bei Twitter hatte er 89 Millionen Follower – eine digitale Fanbasis, die er gut gebrauchen könnte, sollte er tatsächlich eine erneute Präsidentschaftskandidatur anstreben.

Für Musk könnte das alles am Ende eine Frage der wirtschaftlichen Abwägung sein. Er ist zwar der reichste Mann der Welt, aber der Kauf von Twitter hat auch ihn ein Vermögen gekostet. Er hat den Deal teils mit Krediten finanziert, deren Zinsen Twitter belasten. Musk muss dringend neue Wege finden, Geld zu verdienen. Eine erste Idee: Nutzer sollen bald eine monatliche Gebühr für den kleinen blauen Haken hinter ihrem Namen zahlen, aktuell spricht Musk von acht Dollar. Der Haken bescheinigt, dass ein Account echt ist, und ist bislang Prominenten, Politikerinnen und Journalisten vorbehalten.

Schon vor Monaten sinnierte Musk mit einem Vertrauten darüber, dass man Stars wie Justin Bieber wieder auf die Plattform locken und sie für die Kommunikation mit ihren Fans zahlen lassen könnte. Doch Prominente und Werbekunden dürften wenig Lust auf eine Plattform haben, die einer Dreckschleuder gleicht. Das spräche für ein stärkeres Eingreifen, mehr Moderation. Auch Musks Ankündigung, ein Gremium "mit sehr diversen Standpunkten" über die Inhalte auf Twitter entscheiden zu lassen, dient wohl vor allem dazu, die Werbekunden zu besänftigen.

Der Aktivist Imran Ahmed sieht noch eine andere, sehr viel heiklere Verbindung zwischen Politik und Geschäft: Musks Abhängigkeit von China und anderen autoritären Staaten. "Musks Doppelrolle als Tesla-Chef und Twitter-Eigentümer ist besorgniserregend", sagt Ahmed. Er habe schließlich schon häufiger gezeigt, dass er sich Autokraten regelrecht andiene, wenn es ums Geld geht. Gerade China ist wichtig für Tesla. Was, wenn die kommunistische Führung Tesla mit Nachteilen droht, sollte Twitter chinesische Propaganda weiter sperren?

In den kommenden Tagen dürfte es aber erst mal in gewohnter Musk-Manier weitergehen: mit Provokationen und widersprüchlichen Ankündigungen von ihm und sehr wahrscheinlich Nachrichten über Entlassungen. "Der Vogel ist frei", schrieb Musk in Anspielung auf das Firmenlogo. Noch ist überhaupt nicht klar, was das bedeutet.


Aus: "Twitter-Übernahme: Ein undurchsichtiger Deal" Von Ann-Kathrin Nezik, Mitarbeit: Heinrich Wefing ()
Quelle: https://www.zeit.de/2022/45/twitter-uebernahme-elon-musk-plaene/komplettansicht

QuoteEpicurus #10

Musk ist Republikaner. Er ist Trump oder abwechselnd De Santis Anhänger. Er ist dem frauenverachtenden Thiel befreundet. Er ist sicherlich kein Anhänger von Demokratie. Ich habe ihn mal für Tesla bewundert und auch durchaus intelligente Vorträge von ihm gehört. Wie man sich irren kann.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Wegen mehrfacher Beschwerden zu ihrem Kunstunterricht wurde eine Lehrerin im US-Bundestaat Florida nun zum Rücktritt als Schulleiterin gezwungen. Wie die Zeitung ,,Talahassee Democrat" berichtet, hatte der Vorsitzende der Schulbehörde Hope Carrasquilla nach den Nachrichten der Eltern ein Ultimatum gestellt.

Hintergrund war eine Unterrichtsstunde an der Tallahassee Classical School, in der die Lehrerin die weltberühmte Skulptur des ,,David" von Michelangelo zeigte. Mehrere Eltern der 11- bis 12-jährigen Schülerinnen und Schüler reichten daraufhin Beschwerde wegen ,,pornografischem Unterrichtsmaterial" ein.

,,Es macht mich traurig, dass meine Zeit hier auf diese Weise enden musste", erklärte Carrasquilla. Sie soll am vergangenen Donnerstag sogar von Polizisten vom Schulhof geführt worden sein, so der ,,Talahassee Democrat".

Vor allem in den sozialen Netzwerken ist das Entsetzen über den Vorfall in Florida groß. Ein Kollege der Schulleiterin startete zudem eine Online-Petition gegen Carrasquillas Entlassung. Ihm wurde ein Disziplinarverfahren angedroht, die Petition sofort entfernt.

Die Statue des David stammt aus dem 16. Jahrhundert und gilt als eine der bekanntesten Marmorskulpturen der Geschichte. In der Renaissance wurden die Genitalien des David lange durch Feigenblätter aus Metall verdeckt, da die römisch-katholische Kirche Nacktheit als obszön wertete.

Angefeuert wird die Debatte durch Floridas republikanischen Gouverneur Ron DeSantis, der die sogenannte ,,Don"t say gay,,-Vorschrift demnächst auf alle Altersklassen ausweiten will. In Floridas Grundschulen gilt bereits das Verbot, im Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu sprechen. (Tsp)



Aus: ",,Pornografischer" Kunstunterricht in Florida: Schulleiterin muss wegen David-Skulptur von Michelangelo zurücktreten" (26.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/pornografischer-kunstunterricht-in-florida-schulleiterin-muss-wegen-david-skulptur-von-michelangelo-zurucktreten-9564857.html

QuoteWisente
26.03.23 16:01

Der Artikel ist leider nicht vollständig.

"Der Vorstand hat letzten Monat eine neue Regel verabschiedet, die eine Benachrichtigung der Eltern zwei Wochen im Voraus über jeden Lehrplan erfordert, der ,,potenziell kontrovers" ist, sagte Bishop. Die Eltern können auch den Lehrplan und die dazugehörigen Fotos einsehen, und eine Woche im Voraus wird eine Erinnerungsnachricht versandt. ,,Elternrechte haben oberste Priorität, und das bedeutet, die Interessen aller Eltern zu schützen, egal ob es eins, 10, 20 oder 50 ist", sagte Bishop."

"Ein Brief, in dem die Eltern über den Kunstunterricht informiert werden, hätte an die Eltern geschickt werden sollen, sagte Carrasquilla, aber ein Kommunikationsausfall zwischen dem Schulleiter, dem Betriebsleiter und dem Kunstlehrer führte zu einem Verwaltungsversehen, und die Eltern wurden nicht informiert."

Man mag davon halten was man will, so wirkt das aber wie eine bewußte Aktion der Lehrerin, welche diese neue Regel kennen müsste. Das es kontrovers ist, sollte klar gewesen sein, und es gibt sicher unzählige Beispiele der Renaissance, welche man Elfjährigen als Thema zeigen könnte. David und Venus gleichzeitig muss auch im Auge eines neutralen US-amerikanischen Betrachters wie eine Provokation wirken. Was an einem College mit 16/18jährigen anders zu beurteilen wäre.

Hätten alle Eltern zugestimmt, wäre es ja auch kein Problem gewesen. Aber von einer Lehrerin, die nichtmal ein Jahr an der Schule ist, sollte man vieleicht auch sowas wie Rücksichtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten erwarten, wenn es solch großen Interpretationsspielraum gibt.

Und es geht auch nicht um Nacktheit oder die Darstellung des Gliedes, denn das dritte Werk, die Erschaffung Adams führt ja nicht zum Protest.


Quotemarstetz
26.03.23 15:53

Die evangelikalen Verblödungskampagnen von Governor DeSantis, dem Trump-Clon, zeigen erste "Erfolge".  ...


QuoteZehlendorfer, 26.03.23 16:23

Florida hat nicht nur die zweitgrößte Pornoindustrie der USA (und damit der Welt), man verhaftet auch regelmäßig prä-grundschul Mädchen, weil diese oben-ohne am Strand unterwegs waren.
Das Wort, dass mir zu Florida als erstes in den Sinn kommt: Bigotterie

Und das geht dort schon wirklich lange, hat also nicht direkt etwas mit den Republikanern zu tun, bis 1999 wurde der Staat von den Anderen regiert.


Quote0815a, 26.03.23 16:02

So ist das halt, in Gottesstaaten. Sie hat Glück, nicht verbrannt oder gesteinigt worden zu sein.


Quotecrossoverhill
26.03.23 15:55

Was haben eigentlich Amerikaner untenrum?


Quote0815a
26.03.23 16:17
@crossoverhill am 26.03.23 15:55

Stars and Stripes.

So heißt es dort, glaube ich.


...

Textaris(txt*bot)

Quote... "die Anderen" ...

Quote[...] Endlich einmal ist Donald Trump wieder dort, wo er hin will und wo er seiner Meinung nach hingehört: Im Rampenlicht, im Zentrum aller Aufmerksamkeit. Allerdings nicht so, wie er sich das vorstellt. Zwar sind in dem New Yorker Gerichtssaal keine Fernsehkameras zugelassen, wo eine knappe halbe Stunde lang die Anklage gegen ihn verlesen wurde. Aber die wenigen TV-Bilder zeigen ihn mit versteinerter Miene, auf Fotos wirkt er ungewohnt betroffen - auch ohne Handschellen.

Der Wind der Geschichte, der an diesem Tag durch New York und die gesamte USA hinwegfegt, scheint nicht einmal Trump unbeeindruckt zu lassen. Dabei geht es nicht nur um den konkreten Fall und die Frage, ob die Schweigegeldzahlung an den früheren Porno-Star Stormy Daniels eine illegale Wahlkampfspende war. Es geht um viel mehr: Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger Präsident wegen krimineller Vergehen angeklagt wurde - und dazu vernommen wurde. Und es ist das erste Mal, dass Trump wegen krimineller Vergehen vor Gericht steht.

Für wohl jeden anderen Kandidaten wäre eine Anklage im beginnenden Vorwahlkampf eine Katastrophe. Für die meisten anderen Kandidaten wären schon Ermittlungen gegen sich, Grund genug gewesen, die Kandidatur zurückzuziehen. Nicht so für Trump, der noch immer die üblichen Regeln des Politikbetriebs außer Kraft setzt. Zumindest kurzfristig profitiert der frühere Präsident sogar von diesem Prozess. Denn er bietet ihm wertvolles Material, um seine Basis anzustacheln - die in den vergangenen Tagen bereits einen Millionenbetrag gespendet hat - und zugleich seine Kontrahenten im Vorwahlkampf der Republikaner zwingt, ihn zu verteidigen.

... Trump kommt zu Pass, dass er diesen Fall wunderbar für sich instrumentalisieren kann. Er stellt sich als absolut unschuldig dar und trichtert seinen Anhängern ein, dass es nicht um Recht und Gesetz gehe, sondern darum, ihn mundtot zu machen. Mehr noch, seine Botschaft ist: Sie verfolgen mich, weil ich für euch kämpfe. Das verfängt noch immer bei vielen seiner Wähler. Insofern wäre auch ein Foto von ihm, dass ihn für die Akten von vorn und der Seite zeigt und damit wie einen Verbrecher aussehen lässt, kein Problem. Es würde seine Anhänger nur noch wütender machen. Und Wut ist gut für Trump.

Der Republikaner profitiert auch davon, dass der Oberstaatsanwalt von Manhattan ein Demokrat ist - der von den Menschen dort in das Amt gewählt wurde wie ein Bürgermeister oder ein Parlamentarier. Das Amt des Oberstaatsanwalts ("District Attorney") ist politisch und ein Sprungbrett für höhere Aufgaben. Amtsinhaber Alvin Bragg versprach sogar im Wahlkampf, Trump anzuklagen. Das aber dient Trump und seinen Verbündeten in den Medien als Munition. Das zeige ja, dass es hier um Politik und nicht um Recht gehe, sagen sie. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Trumps frühere Anwalt Michael Cohen wegen des Stormy-Daniels-Falls bereits hinter Gitter sitzt.

Hinzu kommt, dass die Stadt New York eine Hochburg der Demokraten ist, der vermeintlich "verrückten Liberalen" - und somit im Kulturkampf zwischen Rechten und Linken ein Symbol für "die Anderen" ist.

... Es passt ins Bild, dass Trump nach der Vernehmung gleich nach Florida zurückkehrt, um eine Rede zu halten. Den Schwung möchte er offenbar mitnehmen, um dann wieder seine Botschaft verbreiten, Hexenjagd, politische Verfolgung und bitte spenden Sie jetzt hier, damit ich Amerika retten kann.

Wer also denkt, mit einer Anklage gegen sich ist Trump politisch tot, liegt falsch. Doch das gilt nur für den Vorwahlkampf bei den Republikanern. Sollte Trump noch die drei anderen drohenden Anklagen einsammeln, ginge er schwer angeschlagen in den eigentlichen Wahlkampf gegen Joe Biden oder wer auch immer dann für die Demokraten kandidiert. Manchen Demokraten gilt Trump gar als der Kandidat, der am einfachsten zu schlagen wäre. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg - erstmal muss sich Trump im Vorwahlkampf durchsetzen. Das New Yorker Verfahren ist dafür kein Rückschlag. Im Gegenteil.

Quelle: ntv.de


Aus: "Trump vor Gericht: Für jeden anderen wäre es eine Katastrophe" Volker Petersen (04.04.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Anklage-in-New-York-Fuer-jeden-anderen-als-Trump-waere-es-eine-Katastrophe-article24034013.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis hat das bereits seit 2022 für Grundschulen geltende umstrittene Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität auf alle Altersstufen ausgeweitet.

Wie der ,,Spiegel" [https://www.spiegel.de/panorama/florida-verbietet-auf-vorschlag-von-ron-desantis-unterricht-ueber-geschlechtsidentitaet-a-4e6fbcd1-e574-4c47-90cb-ccb931f0524a] berichtet hat der Bildungsrat des US-Bundesstaates heute einem entsprechenden Vorschlag des Gouverneurs zugestimmt. Unter Berufung auf einen Sprecher des Bildungsministeriums prognostiziert der Bericht eine Umsetzung der Gesetzeserweiterung innerhalb des nächsten Monats.

DeSantis hatte im vergangenen Jahr durchgesetzt, dass an Grundschulen Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verboten ist.

Lehrerinnen und Lehrer, die künftig gegen das Gesetz verstoßen, können in Florida womöglich ein Berufsverbot erhalten. Ausnahmen gelten nur für Lehrinhalte, die Bestandteil des Unterrichts über reproduktive Gesundheit sind, den die Schüler nicht verpflichtend machen müssen.

Bereits der Vorstoß erntete Kritik sowohl aus Washington als auch von LGBTQ-Aktivisten. ,,Lassen wir uns nicht täuschen. Das ist ein Teil einer beunruhigenden und gefährlichen Tendenz, die wir im ganzen Land beobachten", erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Die Organisation Equality Florida erklärte ihrerseits: ,,Das war das Ziel von Anfang an: eine allgemeine Zensur und das Verbot von Büchern." DeSantis wolle mit seinem Vorstoß gegen die LGBTQ-Gemeinde ,,seine Präsidentschaftsambitionen füttern".

Der Gouverneur gilt als möglicher Bewerber für die Präsidentschaftswahl 2024. Sollte er seinen Hut in den Ring werfen, müsste er beim Vorentscheid der Republikaner gegen Ex-Präsident Donald Trump antreten.

DeSantis gilt derzeit als der potenziell gefährlichste Rivale Trumps. Er führt in Florida einen scharf rechten Kurs und wurde im vergangenen Herbst mit einem Erdrutschsieg zum Gouverneur wiedergewählt. (AFP)


Aus: "Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung: DeSantis weitet ,,Don't say gay"-Vorschrift auf alle Schulen aus" (23.03.2023, Update: 20.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html

Quotemcgyver
23.03.23 12:35
Genau genommen heißt die Regel "Parental Rights in Education". Sie betont, wie der Name bereits sagt, das Recht der Eltern bei der Aufklärung ihrer Kinder und will deren Beeinflussung durch Queer Theory und Critical Race Theory in der Schule unterbinden.


Quotederverwalter
24.03.23 10:15
@mcgyver am 23.03.23 12:35
Klarer gesagt:
Sie will objektive Wissensvermittlung und soziale Kompetenz unterbinden.

Es geht hier nicht um Erziehung oder sexuelle Aufklärung, sondern um Vermittlung von Faktenwissen.


Quotesql
23.03.23 13:25
In die Schule gehört die Information über Fortpflanzung des Menschen, Verhütung, männlich/weiblich und meinetwegen die Besonderheit, dass es Intersexualität/Zwitter gibt. Dieses ist wichtig und Kenntnisse hierüber sind definitiv für das Kindeswohl relevant. Durch dieses Wissen können ungewollte Schwangerschaften und religiöse Bauernfängereien vorgebeugt werden.

Den Rest bringen sich die Schüler dann ohnehin selber bei.
Und auch, wenn es den Woke-Jüngern gegen den Strich geht: für die weitergehende (Sexual-)Erziehung der Kinder sind immer noch die Eltern verantwortlich und auch zuständig. Und das Kindeswohl ist definitiv nicht gefährdet, nur weil die Kleinen beispielsweise nicht schon mit sieben Jahren erfahren, dass es Männer gibt, die sich als Frau fühlen. Also hat das auch nichts im schulischen Lehrplan zu suchen.


QuoteSchrat86
23.03.23 14:25
@sql am 23.03.23 13:25
Das ist eine kuriose Verdrehung, denn es sind die Konservativen die argumentieren, es sei schädlich für das Kindswohl, wenn sie schon in jungen Jahren über Geschlechtervielfalt und sexuelle Orientierungen aufgeklärt würden. Ich kann ihnen aus der Elternpraxis versichern: Kinder werden nicht schwul oder Transgender, wenn man ihnen erklärt, dass es auch sowas gibt.


Quotesql
23.03.23 15:08
@Schrat86 am 23.03.23 14:25

    Ich kann ihnen aus der Elternpraxis versichern: Kinder werden nicht schwul oder Transgender, wenn man ihnen erklärt, dass es auch sowas gibt.

Das glaube ich Ihnen und bin davon auch überzeugt. Dennoch ist es die Entscheidung der Eltern, welche Art der Aufklärung über das notwendige Maß (ich nenne das mal "klassische Aufklärung") hinaus ihren Kindern beigebracht wird.
Das Kindswohl ist gefährdet, wenn sie nichts über Fortpflanzung und Verhütung lernen. Das Kindswohl ist aber nicht gefährdet, wenn sie in jungen Jahren nichts über Queer lernen. Damit haben hierüber die Eltern zu entscheiden und nicht der Staat.


QuoteStefLake
23.03.23 19:11

@sql am 23.03.23 15:08
Das Kindswohl betroffener Kinder kann sehr wohl gefährdet sein, wenn sie in Elternhäusern aufwachsen, die solche quarkigen Gesetze gut finden und keinerlei Aufklärung an anderer Stelle erhalten. Nicht umsonst ist die Selbstmordrate unter homo- und transsexuellen Kindern und Jugendlichen in der Regel wesentlich höher als bei heterosexuellen cis-Jugendlichen. Das hat sicherlich viele Faktoren, aber altersgerechte Aufklärung darüber, dass solche Kinder und Jugendlichen 'nicht allein sind' kann sowohl diesen selbst helfen als auch die Toleranz ihrer Mitschüler erhöhen und damit Mobbing und ähnlichem zumindest ein wenig entgegenwirken.
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ein relevanter Anteil an Eltern, die sowas hier unterstützen, ihre Kinder dann stattdessen zuhause entsprechend aufklären werden?


Quotederverwalter
24.03.23 10:13

@sql am 23.03.23 15:08

    Das Kindswohl ist aber nicht gefährdet, wenn sie in jungen Jahren nichts über Queer lernen.

Selbstverständlich ist das Kindeswohl dann gefährdet, sie lernen dann nämlich gegebenenfalls, dass Queer unnormal, abartig, pervers oder sonstwie zu verurteilen ist und werden sich ihrer queeren Umgebung gegenüber dann auch entsprechend verhalten.

Es ist zu befürchten, dass die Erzkonservativen in den USA auch genau das wollen.

Wissensvermittlung über queere Daseinsformen des Menschen ist keine Sexualerziehung, sondern zielt auf gesellschaftliche und soziale Kompetenz ab.


Quotesql
24.03.23 13:05

@derverwalter am 24.03.23 10:13

    Selbstverständlich ist das Kindeswohl dann gefährdet, sie lernen dann nämlich gegebenenfalls, dass Queer unnormal, abartig, pervers

Ah ja. Wenn man also den Eltern die Sexualerziehung überlässt, dann ist also (gegebenenfalls) das Kindeswohl gefährdet, weil die Eltern ihren Kindern Schlechtes lehren.
Dass gilt dann natürlich logischerweise für alles andere auch. Kinder laufen also Gefahr zu Nazis zu werden, zu Vergewaltigern zu werden, Schwarze zu hassen, Weiße zu hassen usw.
Wenn man Ihrer Logik folgt, dann müssen also Kinder vor ihren eigenen Eltern geschützt werden.
Ich weiß ja nicht, ob Sie selber Kinder haben, aber unabhängig davon sollten Sie den Eltern durchaus zutrauen, dass sie wissen, was für ihre eigenen Kinder das Beste ist. Jedenfalls wissen sie es meistens besser, als irgendwelche Personen in missionarischer Mission.


Quotechangnoi
02.04.23 16:22

@sql am 23.03.23 13:25

    nur weil die Kleinen beispielsweise nicht schon mit sieben Jahren erfahren, dass es Männer gibt, die sich als Frau fühlen. Also hat das auch nichts im schulischen Lehrplan zu suchen.

dann vergeht sich der pfarrer, der tennislehrer and dem kl. jungen oder dem maedchen, und der/die weiss oberhaupt nicht was mit ihr geschieht.
was glauben sie was mit (fast) allen kindern in den 50ern und 60er jahren geschehen ist. gerade auf dem kirchlich gepraegten, verklemmten land.
fuerchterlich!


QuoteDr.CharlesBronson
19.04.23 22:03

@changnoi am 02.04.23 16:22
So ein Unsinn. Man kann seine Kinder sehr wohl schützen und für Gefahren sensibilisieren, ohne sich eine Genderideolohie zu eigen zu machen. Was für eine beschränkte Vorstellung von Ihnen.

Offensichtlich ist DeSantis bei den Einwohnern Floridas mit seiner Politik beliebt, anders lässt sich ein Erdrutschsieg nicht erklären.


QuoteForThePeople
19.04.23 21:13

Ich bin kein Unterstützer des Genderns und halte die ganze Debatte um "Geschlechtsidentitäten" für vollkommen überzogen, aber DAS geht entschieden zu weit. Man kann und sollte keine Sprechverbote erteilen über Dinge, die da sind. Was kommt als Nächstes ? Das Problem wird sich so nicht lösen lassen. Was für eine Farce.


QuoteMcSchreck
19.04.23 21:09

Während ich das Verbot für Grundschulen nachvollziehbar - wenn nicht sogar richtig - finde, ist es für ältere Schüler absolut nicht nachvollziehbar.


Quotegregthecrack
19.04.23 21:03

Auch die Rechten können verbieten, nicht nur die Linken.

Als Liberaler sage ich: Freiheit!


Quotechangnoi
02.04.23 16:17

der gesamte planet wird reaktionaerer.
eine schleichende katastrophe :-(((


QuotePeterHaber
23.03.23 17:41

Erschreckend, aber was will man in einem Land erwarten in dem ein nicht unerheblicher Teil (Tendenz angeblich steigend) die Evolutionstheorie Charles Darwins ablehnt und stattdessen das Creative Design als die wissenschaftliche Wahrheit betrachtet.
God's own country halt.


QuoteWaedliman
23.03.23 14:17

Die USA sind ein komplexes Land, das sich in Metropolen und Flächengebieten aufteilt, die wiederum mal liberaler sind, so wie der Nordosten, oder verstockt konservativ wie der gesamte Süden. Hier spielt Frömmelei ebenso eine Rolle wie mangelhafte Bildung und selbst die, die über Jahrhunderte unterdrückt wurden, scheuen sich nicht, wie neulich in Tennessee, lautstark gegen Drag Queens zu demonstrieren. DeSantis ist mir schon länger ein Dorn im Auge und ich befürchte, dass er als möglicher nächster Präsident, den Keil des Hasses noch tiefer durch das Land treiben wird.


Quotebigal
23.03.23 11:54
Man sollte den woken Wahnsinn nicht mit einer neuen (diesmal konservativen) "cancel-culture" kontern, sondern mit Aufklärung. So dreht sich das Pendel nur wieder von links-liberalem Wahnsinn zu rechts-konservativem Wahnsinn (mit DeSantis oder Trump).

Meanwhile überholt in Deutschland die AFD vollkommen ausser Kontrolle geratene, ideologisch verbohrte, selbstverliebte Grüne. Und bei solch einer Politik kann man das, so sehr es weh tut, auch irgendwo nachvollziehen.


QuoteA.Wegner
23.03.23 11:23

    Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.

Da - die im Prinzip wünschenswerte - sachliche (d. h. nicht ideologieimprägnierte) Informierung der Kinder nur schwer realisierbar ist, könnte in der Tat die gänzliche Herausnahme dieses Unterrichts aus dem Lehrplan die beste Lösung sein. So ist sichergestellt, daß weder Indoktrinierung von Links noch von rechts stattfindet. Es ist Aufgabe der Eltern, ihre Kinder 'aufzuklären'.


QuoteSchrat86
23.03.23 13:13
@A.Wegner am 23.03.23 11:23

Das ist das Argument der Konservativen in den USA und eigentlich auch das Argument sämtlicher verschwörungsideologischer Schulpflichtverweigerer hüben wie drüben. Der Staat könne quasi nur ideologisch geprägten Unterricht anbieten und deshalb seien die Eltern geeigneter ihre Kinder zu unterrichten.
Mit Blick auf die allgemeine Bildungsarmut und ideologische Spaltung in den USA, kann man da nur die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Worauf es hinauslaufen würde, wäre dass Kinder noch mehr im soziokulturellen Eigensaft der Eltern und ihrer politischen oder religiösen Blase kochen und aus ihnen eine nächste Generation von Amerikanern wird, die sich fest in einem Lager verorten und dem anderen gegenüber wenig gesprächsbereit sind.


QuotePonyHuetchen
23.03.23 11:13

Unterricht mit dem Inhalt, dass der Typ zu Hause mit dem Bart auch die Mami sein kann, wird nun mal weiterhin umstritten bleiben.


QuoteGeBrau
23.03.23 11:36
@PonyHuetchen am 23.03.23 11:13

    dass der Typ zu Hause mit dem Bart auch die Mami sein kann

solche dümmlichen Bemerkungen kommen halt dabei heraus, wenn man in der Schule nichts von nichtheterosexuellen Menschen und Respekt mitbekommen hat.


QuotePat7
23.03.23 10:58

Die Talibanisierung der Rep Staaten schreitet voran.
Meine Eltern klären mich bereits in den 70 Zeigern in der DDR kindgerecht darüber auf, dass es mehr als nur verschieden geschlechtliche Paare gibt.
Trotzdem bin ich weder homosexuell noch bi. Sondern hetero.
Und geschadet hat es mir auch nicht, im Gegenteil es hat meine Toleranz gefördert.


QuoteSchrat86
23.03.23 11:10

@Pat7 am 23.03.23 10:58

Die Talibanisierung der Rep Staaten schreitet voran.

Ich hätte es eher als eine regionale Entwicklung weiter Landesteile zu einem evangelikalen Gottesstaat bezeichnet, aber diese andere Art der Hufeisentheorie ist nicht ganz abwegig.
Bestimmte Strömungen konstituieren sich eben dadurch, Minderheiten einzuschränken und Macht über sie auszuüben.


QuoteMax1992
23.03.23 10:28

Komisch, den Leuten, die rechts ticken, wird es nie langweilig immer auf irgendwelche Minderheiten drauf zu hauen. Das scheint in die DNA solcher Leute eingeschrieben zu sein. Mein Opa hatte recht, Doofheit kombiniert mit Boshaftigkeit plus übersteigertem Selbstbewusstsein, stirbt nie aus. ...


QuoteCaliGuy
23.03.23 10:48

@Max1992 am 23.03.23 10:28
Leute, die links ticken, wird nie langweilig, zu behaupten man müsse den Reichen wegnehmen, damit es allen besser geht. Doofheit kombiniert mit Boshaftigkeit....


Quotederverwalter
23.03.23 10:53

@CaliGuy am 23.03.23 10:48
Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Es geht hier um die Diskriminierung von Minderheiten.


Quotegregthecrack
19.04.23 21:19

@derverwalter am 23.03.23 10:53
Ahhh die Reichen sind ja die Mehrheit! Wait...


QuotePat7
23.03.23 11:01

@CaliGuy am 23.03.23 10:48
Was ist daran falsch? Um die Aufgaben der Zukunft lösen zu können, müssen sich eben auch die Reichen beteiligen. Doch die drücken sich vor Steuerzahlungen mit allerlei halblegalen und illegalen Methoden.

Ganz abgesehen davon, dass Ihr Vorredner absolut recht hat. Im Übrigen sind sich die Ansichten der extrem Rechten wie DeSantis und der Taliban nicht zufällig sehr ähnlich.


QuoteApfelansager
23.03.23 10:26

    Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.

Die Sexualorientierung ist auch nichts, was den Staat angeht. De Santis liegt vollkommen richtig.


QuoteCaliGuy
23.03.23 10:51
@Apfelansager am 23.03.23 10:26

Und der Klapperstorch bringt die Kinder...


QuoteAlso_ick_wees_nich
23.03.23 11:11

@CaliGuy am 23.03.23 10:51

   Und der Klapperstorch bringt die Kinder.....oder was erklärt man den Schülern?

Im Artikel steht kein Wort darüber, dass DeSantis den Sexualkundeunterricht verbieten will, sondern:
Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.
Da bliebe also ausreichend Raum für "Klapperstörche" und auch für diese Sache mit den Bienen und den Blüten.

Kein Grund zur Panik also!


QuoteSchrat86
23.03.23 11:15

... Sie missverstehen die wahren Motive von Republikanern wie DeSantis. Die republikanische Partei hat sich vor einigen Jahrzehnten mit den erzkonservativen christlichen Kirchen der USA verbündet und diese Glaubensgemeinschaften sehen in weltlicher Schulbildung zu Themen wie Geschlechtsidentitäten, Evolutionstheorie, etc., eine Gefahr für ihren Anspruch auf Deutungshoheit und Wertebildungshoheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die evangelikalen Kirchen machen Wahlkampf für die Republikaner, die sich dafür wiederum bei denen bedanken, in dem sie weltliche Schulbildung einschränken, wo sie können.


QuoteZweites_Ich
24.03.23 15:14
@CaliGuy am 23.03.23 10:56

    Auf Gendersprache und Grün folgt zwangsläufig eine ultrarechte Regierung.

Könnten Sie dies näher erläutern, was speziell Sie darunter verstehen.


QuoteCaliGuy
24.03.23 15:45

... Machen Sie sich mit der Ausbreitung von Political Correctnes im amerikanischen Hochschulwesen seit Anfang der 90er Jahre vertraut. Machen Sie sich mit der Umbenennung öffentlicher Gebäude in demokratischen Staaten vertraut. Machen Sie sich mit der Durchsetzung von LGBT-Rechten vertraut. Wenn Sie all das zusammen nehmen, verstehen Sie, warum die Amerikaner 2016 Donald Trump gewählt haben.
Europa hängt wie immer etwas hinterher, aber die Ausbreitung PC gerne verbrämt mit Klimapolitik oder feministischer Außenpolitik oder Genderspeak im Staatsfernsehen gibt es auch hier. Bislang scheint es so, dass rechtspopulistische Parteien nur die Ablehnung von unkontrollierter Immigration politisch ausdrücken. Doch das wird sehr bald umschlagen in eine komplette Ablehnung von links-grün initiierten gesellschaftlichen Projekten.


...

Textaris(txt*bot)

Rudolf Chametowitsch Nurejew (* 17. März 1938 in der Nähe von Irkutsk, Russische SFSR, Sowjetunion; † 6. Januar 1993 in Levallois-Perret, Frankreich) war ein Tänzer tatarischer Herkunft aus der Sowjetunion, der 1982 die österreichische Staatsbürgerschaft annahm. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Chametowitsch_Nurejew

Quote[...] Das weltberühmte Moskauer Bolschoi-Theater hat unter politischem Druck Kirill Serebrennikows Ballett Nurejew um den an Aids gestorbenen schwulen russischen Tänzer Rudolf Nurejew aus dem Spielplan gestrichen. Das Ballett sei wegen des Verbots von Propaganda "nicht traditioneller Werte" aus dem Repertoire genommen worden, sagte Theaterintendant Wladimir Urin bei der Vorstellung des Spielplans. Das vielfach ausgezeichnete Ballett von Serebrennikow gehörte zu den beliebtesten Aufführungen der weltgrößten Balletttruppe.

Der in dem Ballett dargestellte Nurejew war aus der Sowjetunion geflohen und im Westen berühmt geworden, bevor er 1993 im Alter von 54 Jahren starb. In der Aufführung waren auf der Bühne homosexuelle Szenen und Männer in Frauenkleidern und auf Stöckelschuhen zu sehen.

Verstöße gegen das von Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete Gesetz, das etwa positive Darstellungen von Homosexualität verbietet, werden mit hohen Geldstrafen geahndet. Homosexualität selbst ist nicht verboten.

Russlands Kommunikationsaufsichtsbehörde veröffentlichte nun auch erstmals Leitlinien zum Verbot von Propaganda "nicht traditioneller Lebensweisen". So hatten sich etwa Verlage unsicher gezeigt, ob auch Bücher verboten sind, die gleichgeschlechtliche Liebe als gleichwertig darstellen wie Beziehungen zwischen Mann und Frau. Das ist dem neuen Kodex zufolge nicht erlaubt und dürfte zu weiterer Zensur auch von Klassikern führen.

Serebrennikow, der Russlands Krieg gegen die Ukraine scharf kritisiert hatte, verließ angesichts der politischen Verfolgung seine Heimat und arbeitet in Frankreich und Deutschland, wo er erfolgreich Opern inszeniert. Der 53-Jährige, der auch ein erfolgreicher Filmemacher ist, stellt inzwischen viele seiner Arbeiten online. Zu sehen sind im Internet Theaterinszenierungen des von ihm lange geführten Gogol-Zentrums in Moskau.

Er war kurz nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine in Russland für schuldig befunden worden, öffentliche Gelder abgezweigt zu haben. Seine Unterstützer werteten das Urteil als politisch motiviert, da der Regisseur in seiner Arbeit Autoritarismus und Homophobie unter Putin anprangerte.

Serebrennikow hatte mit seinem stets ausverkauften Ballett Nurejew gleich vier Auszeichnungen beim renommierten Tanzpreis Benois de la Danse erhalten. Ihm selbst sprach die internationale Jury in Moskau den Preis für die beste Ballettregie zu. Im Zuge der wachsenden Repressionen gegen Kunstschaffende in Russland war auch Serebrennikow bei den regierungstreuen Kulturfunktionären, die etwa Werte der russisch-orthodoxen Kirche hochhalten, in Ungnade gefallen. Aus Angst vor Verfolgung haben viele Künstler Russland verlassen, um frei arbeiten zu können.


Aus: "Bolschoi-Theater streicht Stück über Tanzlegende Rudolf Nurejew" (20. April 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2023-04/homofeindlichkeit-russland-moskau-bolschoi-theater

Quote
DasBertl

Bleibt die Frage: Ist Russland nun das Florida Europas oder Florida das Russland der USA?

[Aus: "Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung: DeSantis weitet ,,Don't say gay"-Vorschrift auf alle Schulen aus" (23.03.2023, Update: 20.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html]


Quote
Franz1971

Gab es da eine Absprache mit DeSantis in Florida?


Quote
2.Juni

Die Russen sollten konsequent sein. BOLSCHOIBALETT ohne Schwanensee. Tschaikowsky war schwul. Wenn schon, denn schon.


QuoteRobotron

" ...das Verbot von Propaganda "nicht traditioneller Werte""

Warum musste ich gerade an völkische Lebens- und Sittengesetze denken?


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Seinen auf absehbare Zeit letzten Fernsehmoment hatte Fox-News-Moderator Tucker Carlson am vergangenen Freitag an der Seite eines Pizzalieferanten. Im Karton befand sich eine kulinarische Kombination, die jeden Food-Connaisseur mit Grauen erfüllt: Wurst und Ananas.

Carlson, ein Freund der Grenzüberschreitung, lachte: ,,Ich kenne keine Scham." Auch politisch ist der Journalist schon länger ein acquired taste, wie man im englischsprachigen Raum euphemistisch gewöhnungsbedürftige Verhaltensauffälligkeiten nennt.

Carlson hat sich im Verlauf von knapp 15 Jahren von einem liberalen Kommentator zu einem der verbissensten Kulturkämpfer der amerikanischen Rechten gewandelt. Sein Gruß ins Wochenende endete am Freitag mit den Worten: ,,Wir sind Montag zurück!" Dazu ist es nicht mehr gekommen.

Am Montag meldete der zum Medienimperium von Rupert Murdoch gehörende Sender, dass sich die Wege von Tucker Carlson und Fox News mit sofortiger Wirkung und ,,in gegenseitigem Einvernehmen" trennen.

Es war das überraschende Ende einer lukrativen Partnerschaft. Carlsons Show gehörte zu den erfolgreichen Primetime-Formaten, mit denen Fox News allabendlich direkt in die Wohnzimmer der treuesten Trump-Anhänger sendet.

Der Exitus der politischen Talkshow ,,Tucker Carlson Tonight" markiert vermutlich keinen politischen Paradigmenwechsel. Er zeigt aber, dass der Nachrichtensender künftig eine moderatere politische Linie einzuschlagen gedenkt.

Zuletzt war Tucker Carlson das bekannteste Gesicht und die lauteste Stimme von Fox News – und das immer öfter zum Nachteil des Senders.

Seit dem Sturm von Anhängern Donald Trumps auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 und der Niederlage in den Zwischenwahlen im November haben sich die Hosts der Primetime-Talkshows in immer absurderen ,,Kulturkämpfen" verrannt: über Wokeness, Polizeigewalt, Rassismus, Geschlechteridentität. Und waren auch maßgeblich verantwortlich für die Verbreitung der ,,großen Lüge", dass Joe Biden nur durch einen systematischen Wahlbetrug vor drei Jahren die Präsidentschaft gewann.

Die Abberufung von Carlson eine knappe Woche nach der außergerichtlichen Einigung zwischen Fox News und dem Wahlsoftware-Hersteller Dominion, die eine Schadensersatzforderung von 1,6 Milliarden Dollar auf 787 Millionen Dollar reduzierte, ist natürlich kein Zufall. Carlson war am Ende weder politisch noch finanziell noch tragfähig.

Zumal der Prozess gegen Fox News eben auch einen Haufen interner Emails zutage gefördert hatte, in denen klar wurde, dass die Trump-freundliche Polemik von Carlson, Sean Hannity, Laura Ingraham, Jeanine Pirro und Maria Bartiromo nur Polit-Theater für die Einschaltquoten sind. Innerlich hatten sich Rupert Murdoch und sein Sender längst von Trump distanziert.

Dass der lange aussichtsreiche republikanische Präsidentschaftskandidat Ron DeSantis in den Umfragen derzeit noch über zwanzig Prozentpunkte hinter Donald Trump liegt, macht den Medienwahlkampf bis zu den Vorwahlen im Februar 2024 wieder interessant.

Auch DeSantis positioniert sich als Kulturkämpfer, der sich unter anderem mit dem ,,woken" Disney-Konzern, dem größten Arbeitergeber in seinem Bundesstaat Florida, anlegt. Wahlkampf ist in den USA seit Donald Trump ein unglaublicher Medienzirkus. Schon 2017 gab CNN-Chef Tony Maddox zu, die Wahl von Trump sei ,,gut für das Geschäft" gewesen.

Dem Konkurrenten Fox News sind Donald Trump und seine Folgen nun hingegen teuer zu stehen gekommen. Ein nicht zu unterschätzender Kollateralschaden ist die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft in Trump-Anhänger und Trump-Hasser. Beziehungsweise: zwischen den überwiegend demokratisch wählenden, dicht besiedelten Metropolen und der überwiegend republikanisch wählenden Vorstadt- und Landbevölkerung.

Die Aufhebung des demokratischen Grundgedankens der Überparteilichkeit geht zwar auf den Republikaner Newt Gingrich zurück, der bis 1999 Sprecher des Repräsentantenhauses war. Aber erst Donald Trump und Mitch McConnell zementierten die politischen Fronten.

Die amerikanischen Nachrichtensender haben diese Entwicklung begleitet und gefördert. Heute stehen sich CNN und MSNBC im liberalen Lager und im rechten Spektrum Fox News sowie obskure Sender wie Newsmax und One America News Network (OANN) unversöhnlich gegenüber.

Insofern ist vielleicht nicht ganz unmaßgeblich, dass mehr oder weniger zeitgleich mit der Entlassung von Tucker Carlson auch CNN die Trennung von seinem Moderator Don Lemon nach 17 gemeinsamen Jahren bekanntgab.

Lemon gehörte im CNN-Stall zu den polemischsten Kritikern von Trump. Die Gründe für seine Entlassung waren aber, gemessen an den verbalen Fehltritten, die täglich auf Fox News zu hören sind, vergleichsweise harmlos.

Lemon hatte in einer Sendung eine abfällige Bemerkung über das Alter der Trump-Herausforderin Nikki Haley gemacht. Man bedenke: Viele Republikaner wählten 2016 Donald Trump trotz sexistischer Bemerkungen zum Präsidenten.

Auch wenn die beiden Fälle nicht vergleichbar sind, werfen die Entlassungen ein Licht auf den gegenwärtigen Zustand der politischen Diskurse in den Nachrichtensendern. Die Personalien könnten ein Indikator für atmosphärische Veränderungen in der Medienlandschaft sein. 2017 hatte sich Fox News noch von seinem Motto ,,Fair and Balanced" verabschiedet.

Die Entlassung von Carlson bedeutet nun nicht, dass der Sender zu einer ausgewogenen Berichterstattung zurückkehrt; allein schon deswegen nicht, um mit dem Weggang von Carlson nicht auch noch dessen radikalisierte Zuschauerschaft an die Konkurrenz von Newsmax und OANN zu verlieren. Bereits im Laufe des Montags trendete unter Carlson-Fans der Hashtag ,,Done with Fox" (Schluss mit Fox) auf Twitter.

Doch eine Mäßigung des blindwütigen Konfrontationskurses der Fox-News-Moderator:innen könnte fortsetzen, was der Dominion-Prozess bereits angestoßen hat. Nämlich die Einsicht bei Rupert Murdoch und Sohn Lachlan, die lange Zeit gut an den Kontroversen verdienten, dass die Meinungen am radikalen rechten Spektrum langfristig nicht gut fürs Geschäft sind. (Zumal man mit Ron DiSantis bereits über ein geeignetes Zugpferd für die Trump-Nachfolge verfügt.)

Konkurrent CNN hatte bereits im vergangenen Sommer erklärt, dass der Senderkonzern vom Meinungsjournalismus der Trump-Jahre zur politischen Unparteilichkeit zurückkehren wolle. Lemon könnte in dieser Strategie möglicherweise nur ein Bauernopfer sein.

CNN-Chef Chris Licht begründete den Richtungswechsel im Sommer damit, dass man wieder demokratische und republikanische Wähler erreichen wolle. Sollte sich die Politik der Grand Old Party weiter radikalisieren, wäre das zumindest ein kluger Schachzug, um die wachsende Zahl von Trump-kritischen Republikanern für CNN zu gewinnen.

Vor dem Hintergrund solcher Nachrichten wirken die aktuellen Enthüllungen um Springer-CEO Matthias Döpfner fast possierlich. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die US-Medien in der jüngeren Vergangenheit selbst zu offen politischen Akteuren geworden sind.

In Deutschland ist politische Medienmacht stärker verwaltungstechnisch verankert. Was im Umkehrschluss dazu führte, dass in den USA Journalist:innen (und die zahlreichen ,,Polit-Experten" in den Talkshows) zu regelrechten Popstars werden konnten.

Auch die Personalie Tucker Carlson, der nun das journalistische Alleinstellungsmerkmal besitzt, von CNN, MSNBC und Fox News gefeuert worden zu sein, ist nur ein Mosaiksteinchen in den aktuellen medialen Verwerfungen. Seine weitere Karriere könnte, analog zu einem Julian Reichelt, dem früheren ,,Bild"-Chef, weiter an den rechten Rand der amerikanischen Publizistik (und damit in die Bedeutungslosigkeit) führen. Entscheidend für den künftigen Kurs von Fox News ist ohnehin das politische Profil seiner Nachfolge.

Die Trump-Anhänger hat Fox News mit der Entscheidung vom Montag endgültig verloren. Spannender dürfte es werden zu sehen, wie das Murdoch-Imperium dieses gewaltige Vakuum nun wieder füllt.


Aus: "Kulturkampf in den US-Medien: Tucker Carlson ist nicht das Problem, sondern ein Symptom" Andreas Busche (27.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/kulturkampf-in-us-medien-tucker-carlson-ist-ein-symptom-nicht-das-problem-9715697.html

QuoteMcSchreck
26.04.23 11:35

@Charybdis66 am 26.04.23 10:23
Pizza Hawaii ist aber mit Schinken und Ananas - Wurst finde ich noch eine Spur krasser. Aber es gibt teilweise noch schlimmere Varianten, etwa mit Currywurst, Gryros und so weiter.....


Quoteimmerzu
26.04.23 10:35

Was mich am traurigsten stimmt, ist, dass es um demokratische Prozesse und inhaltliche Auseinandersetzungen in und mit der Presse überhaupt nicht mehr zu gehen scheint, sondern um Geld und Hass.  ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] ,,Manta Manta – Zwoter Teil" verzeichnet trotz verheerender Kritiken bereits über eine Million Zuschauer. ... Zwar ist bisher nicht bewiesen, dass Til Schweiger sich tatsächlich etwas hat zuschulden kommen lassen. Aber die über 50 Personen, von denen in der ,,Spiegel"-Recherche die Rede ist, deuten darauf hin. ...

Aus: "Vorwürfe gegen Til Schweiger: Hat die Filmbranche nichts gelernt?" Andreas Busche (29.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/vorwurfe-gegen-til-schweiger-hat-die-filmbranche-nichts-gelernt-9742802.html

QuotePK.Em
29.04.23 19:59

"Taugt Schweiger noch zum gesellschaftlichen Vorbild?"

Ich glaube nicht, dass er jemals eines sein wollte.


QuotePeterHaber
29.04.23 19:25

    Taugt Schweiger noch zum gesellschaftlichen Vorbild?

Schweiger... gesesellschaftliches Vorbild? Hääää.... gehts nocht? Wann soll er denn das jemals gewesen sein?

    ,,Manta Manta – Zwoter Teil" verzeichnet trotz verheerender Kritiken bereits über eine Million Zuschauer

Quantität hat ja auch nichts mit Qualität zu tun. Wenn das so wäre, müsste die BILD, die beste Zeitung in D sein, weil meistgelesen.


Quote2010ff
29.04.23 20:22

Ich finde gut, dass dieser Punkt auftaucht:

    Taugt Schweiger noch zum gesellschaftlichen Vorbild?

Er macht deutlich, was für ein grandioses "Fehldenken" hier - scheinbar unbewusst - stattfindet.

Was hat es denn mit einer gesellschaftlichen Vorbildfunktion zu tun, wenn jemand ein erfolgreicher Geschäftsmann ist? In diesem Fall ist das Geschäft des Herrn Schweiger die Schauspielerei, das Produzieren von gemochten Filmen.

Es ist ja in Ordnung, wenn ein Schweiger Filme macht, die von vielen gerne gesehen werden. Oder ein - ich wähle bewusst diese Vergleiche - ob ein Mario Barth seine Quatsch-Auftritte erfolgreich gestaltet. Auch Heino fand sein Publikum. Oder Roy Black.

Alles bis hier nicht zu beanstanden. Aber an keiner Stelle geht es hier darum, etwas qualitativ zu bewerten. Es geht nur darum, dass es gefällt, was diese Protagonisten herstellen.

Ist der Unterschied so schwer zu erkennen?

Wenn der Chirurg meisterhaft die neue Herzklappe einsetzt - das ist Qualität. Das lässt sich loben. Oder der Rettungsanitäter, der durch seinen kompetenten Einsatz dafür sorgt, dass der Herzanfallpatient gut vorbereitet in die Klinik kommt und eine adäquate Sofortbehandlung erhält. Das ist doch alles nicht schwer zu unterscheiden. Unsere Gesellschaft ist an vielen Stellen vollkommen verblendet, unfähig, tatsächlich wichtig von unwichtig zu unterscheiden.


QuoteKaiserVonChina
29.04.23 19:44
@PeterHaber am 29.04.23 19:25

Würde mich nicht wundern, wenn demnächst jemand Dieter Bohlen als gesellschaftliches Vorbild bezeichnet - Den kennen schließlich alle!


Quoteklauschristiankoch
29.04.23 20:07
@KaiserVonChina am 29.04.23 19:44

Wenn es um erfolgreiche Musik oder "Geld scheffeln" geht ist Dieter Bohlen sicher ein Vorbild.


QuoteZehlendorfer
29.04.23 22:11
@klauschristiankoch am 29.04.23 20:07

Sie hätten Musik besser auch in Anführungszeichen gesetzt.


QuoteReturntosender
29.04.23 22:23
@Werauch_Immer am 29.04.23 19:21

    Wer taugt denn zum gesellschaftlichen Vorbild?

Ich glaube, dass ist die falsche Frage. ...




QuoteMcSchreck
29.04.23 21:01
@2010ff am 29.04.23 20:22

Danke einmal mehr. Man hat den Eindruck, in Deutschland gibt es nur noch ein Kriterium, das ist moralische Unangreifbarkeit. Alles andere ist für Teile des Journalismus uninteressant.
Nur wird es vermutlich niemanden geben, der tatsächlich so moralisch ist, das man nichts finden könnte. Was natürlich diesem Teil des Journalismus auch Macht verleiht.


QuoteruralBliss
29.04.23 21:34

Das kennt man ja schon vom Opa: "Er war halt Alkoholiker. Aber er war trotzdem kein böser Mensch."


QuoteAssyriana
29.04.23 21:42

Wenn man sich anschaut, was gerade bei Axel Springer los war, dann ist die Filmbranche in D. nicht die einzige, in der einiges schief läuft!
Miese Umgangsformen sind ja leider in D. keine Seltenheit.

Ehrlich gesagt, muss die ganze Nation in die Benimmschule- die wenigen Ausnahmen bestätigen die nur.


...

Textaris(txt*bot)

#433
Quoteshantivanille
02.05.2023, 13:11

Einfach mal schauen, was da wirklich passiert ist:

https://twitter.com/ebonyplusirony/status/1652050557295644673

https://twitter.com/Bibliothomas/status/1652047771073912859?s=20


QuoteAtaraxia

Ich fand die SWR-Sendung unten gut (über sein Gebrauch des N-Wortes vor einem Jahr), weil sie das Thema sensibel mit Tübingern diskutiert. Man muss Bertolt Brecht verstehen, der aus dem Schwarzwald weggelaufen ist. Eigentlich mochte ich früher mal Palmer, weil er ein paar Sachen umgesetzt hat.

Aber Selbstironie und Bescheidenheit fehlen da ziemlich. Andererseits hat der Hass einiger 150prozentig politisch Korrekter auch deren Gesichter verzerrt. Es scheint ihnen Lustgewinn zu bringen, jemanden abzustempeln. Anstatt freundlich auf ihn einzuwirken. Andererseits war Boris wohl ziemlich stur und arrogant. O tempore, o mores.

Rassismus-Vorwurf an Boris Palmer | SWR Zur Sache! Baden-Württemberg (22.05.2021)
Vor-Ort-Reporter Sebastian Schley rekonstruiert den "Fall Palmer" und fragt nach. Was genau hat der Tübinger Oberbürgermeister gesagt? Und warum?
https://youtu.be/Olieb2EZPXg


QuoteIch1000

Ich habe mir das Video angeschaut wo Demonstranten ihn niedergeschrien haben. Es war unsäglich ich habe da einen unheimliche Wut auf diese Demonstranten bekommen. Ich kann seine Reaktion sogar verstehen aber es hätte ihm nicht passieren dürfen sich zu solchen Äußerungen hinreißen zu lassen. Aber im Kern hat er recht. Die Diskussionskultur in Deutschland ist wirklich unter aller Kanone. Und es wird in vielen Medien falsch dargestellt. Habe mir bewußt das Video rausgesucht da ich ohne es gesehen zu haben mir keine Meinung bilden wollte. Was aber die meisten tuen. Und wenn er darüber redet ob man bei Kinderbüchern von Lindgren die Bezeichnung "Negerkönig" durch "Südeseekönig" ersetzen sollte, soll er dann N-König sagen? Das hat er ja auch so erläutert und da muß ich ihm recht geben. ...


QuoteBenedikt Bräutigam

Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass Palmer irgendetwas einsieht. Er macht auf verfolgte Unschuld und begründet seinen Rückzug mit der Belastung die sein Umfeld durch die Reaktionen auf seine Aussagen hinnehmen muss. Er findet die Reaktionen übertrieben, nicht sich selber. Selbst sein jetziges Hinwerfen ist pampig und zutiefst unbescheiden.


QuoteVincent Braun

Unhaltbar ist der Holocaust-Vergleich. Palmer als Nazi zu beschimpfen auch. Und mit der Sprachdiktatur hat er halt einfach recht.


QuoteIngo Bernable

@Vincent Braun "sprachdiktatur"

Nun, dann wünsche ich ihnen, dass man sie wegen dieses Kommentars nicht abholt und verschwinden lässt. ...


https://taz.de/Ruecktritt-von-Boris-Palmer/!5931398/

-

Quote[...] Frankfurt – An der Frankfurter Goethe-Universität sollte eine wichtige Frage diskutiert werden: Wie steuert man Migration, wie gestaltet man Pluralität, welche Herausforderungen gibt es, auf welche Konzepte kann man zurückgreifen? Doch alles kam ganz anders, als es sich die Veranstalter gedacht hatten. Trotz der bereits im Vorfeld geäußerten Kritik an der Zusammensetzung der Konferenz – man unterstellte etwa dem Soziologen Ruud Koopmans fälschlicherweise eine anti-muslimische Haltung – hoffte man auf den zwanglosen Zwang des besseren Arguments in einem möglichst herrschaftsfreien Diskurs.

Was vom Tage übrig blieb? Eine aus dem Ruder gelaufene Konferenz, bei der der Moderator nicht weitermachen will, eine gigantische mediale Wirkung, die sich nicht dem Thema der Migration, sondern der Verwendung des N-Wortes widmet und ein wieder mal in den Fokus geratener Oberbürgermeister aus dem beschaulichen Tübingen.

Diese Schieflage ist einer Person geschuldet: Boris Palmer, der sich nicht allein durch seine bisherigen Auftritte das Prädikat des Provokateurs verdient hatte, sondern auch als jemand, dem von einigen Seiten rassistische Tendenzen nachgesagt werden.

Der Anlass der Eskalation ist nunmehr bekannt, die FR berichtete in der Zeitung und im Internet ausführlich darüber. Palmer trifft auf Demonstranten vor der Goethe-Universität, die ihn mit seinem Verständnis des Gebrauchs des N-Wortes konfrontieren. Für den Provokateur eine Steilvorlage. Er lässt sich nicht lange bitten und benutzt das Wort, auch als ein Mann mit schwarzer Haut ihm das Mikrofon unter die Nase hält, quasi um zu prüfen, ob er, Palmer, sich auch das traut. Palmer gebraucht das Wort erneut, die Menge johlt und schäumt. Sie skandiert: Nazis raus! Palmer macht mit, klatscht wie die anderen rhythmisch dazu, ruft wie die anderen: Nazis raus. Denn dafür sei er ja auch. Er würde sich nur nicht gerne diffamieren lassen, nur weil er ein umstrittenes Wort gebrauche. Als Referenzgröße, einzig durch ein Merkmal als Mensch definiert zu werden, zog er den Vergleich zum Judenstern heran, womit er sich anschließend den Vorwurf der Holocaust-Relativierung einhandelte. Sein Anwalt Rezzo Schlauch entzog ihm daraufhin die Freundschaft und auch die Bereitschaft, Palmer in Zukunft juristisch zu verteidigen – wegen der historischen Parallele zum Judenstern als Symbol der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland. ,,Da gibt es nichts mehr zu erklären, zu verteidigen oder zu entschuldigen", so Schlauch in einem Bericht des ,,Spiegel".

Palmer hatte die Demonstranten darauf hingewiesen, dass eine Debatte über das N-Wort in literarischen Texten anders geführt werden müsse, als im Falle des Gebrauchs des Wortes durch einen Neonazis, der schwarze Menschen damit diffamiere. Dabei gebrauchte Palmer das Wort selbst immer wieder. Er verwies darauf, dass es sich hier um einen reinen Sprechakt handele und er daher nicht als Nazi anzusehen sei. Was er dabei vergaß, war, dass Sprechen eben auch Handeln ist, und er einen Begriff verwendete, der sich gegen Menschen richtet und gerichtet hatte, um diese in ihrem Menschsein maximal zu diffamieren. ,,Worte sind Taten", sagte schon der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein. Besonders daran hätte Palmer sich bei seiner Anlehnung an Sprechakte erinnern sollen.

Offenbar hofft der Tübinger OB darauf, mit solchen Äußerungen auf Beifall im Publikum zu stoßen. Und tatsächlich hat sich in der Debatte um den Gebrauch der Vermeidung von N-Wörtern eine Art Verteidigungsbereitschaft von den als solchen bezeichneten Bewahrern literarischer Werke herausgebildet. Auf der einen Seite die Woken, die die Literatur auf dem Irrweg sehen, wenn darin rassistische, sexistische oder kolonialistische Narrative zu entdecken sind. Auf der anderen Seite die Bewahrer, nicht selten als alte weiße Männer diffamiert, die sich um die literarische Überlieferung sorgen. Sie wollen eben nicht, dass in Pippi Langstrumpf der N-König nun ein andere Bezeichnung erhält, mit der andere Menschen sich nicht angegriffen fühlen müssen.

Der Kölner Literaturwissenschaftler Adrian Daub erkennt ,,inzwischen eine eine internationale moralische Panik über junge Aktivist:innen und ihr Gebaren, in einem Moment, an dem sich ganz andere Kräfte anschicken, die Fragmentierung der westlichen liberalen Demokratien weiter voranzutreiben". Diese Panik scheint dafür verantwortlich zu sein, dass Palmer in bestimmten Kreisen – und damit sind nicht etwa Rechtsextreme gemeint – für seine Äußerungen auf Applaus hoffen darf. Eines der Grundprobleme besteht in der nicht genügend durchdrungenen Fragestellung, warum man das N-Wort einfach als aufgeklärter Bürger oder aufgeklärte Bürgerin meiden sollte. Hierfür ist der Wechsel der Perspektive unerlässlich, weg von der Frage der persönlichen Freiheit in Rede und Antwort, hin zu den Menschen, auf die dieser Begriff in diskriminierender Absicht abzielt.

Man muss nur der Preisträgerin des Deutschen Buchhandels Tsitsi Dangarembga zuhören wollen, um es förmlich greifen zu können, worum es geht: ,,Während ich die Erwachsenen um mich herum beobachtete, entwickelte ich intuitiv die Idee, dass Worte Macht waren. Ich wurde also in diese grausame Gesellschaft geboren, die mich im Wesentlichen als mangelhaftes Wesen konstruierte, als jemanden, der erst ein vollständiger Mensch werden müsse, aber da er einen schwarzen Körper habe, diesen Status nie erreichen werde. In dieser Situation wuchs ich auf." Es seien diese Bösartigkeiten, ihre Grundlagen und ihre Wirkung auf ihr Leben und das Leben anderer Menschen mit schwarzem Körper, warum sie ihren letzten Essay ,,Schwarz und Frau" verfasst habe. Sie erzählt darin, dass europäische Händler die versklavten dunkelhäutigen Afrikaner routinemäßig als ,,menschliches Vieh", bezeichneten.

Im Westen wird der Begriff der Würde des Menschen stets hochgehalten. Er steht im Grundgesetzt an aller erster Stelle der Grundrechte. Doch wie steht es mit der Würde all jener, die durch das N-Wort diffamiert werden? Ist da die Freiheit des Einzelnen plötzlich höher einzuschätzen? Ein Gespenst geht um in den Medien, das Gespenst der Cancel Culture, heißt es in den letzten Jahren immer häufiger, und die Reaktionen werden immer gereizter.

Einen guten Überblick über die Debatte gibt der im Hanser-Verlag erschienene Band ,,Canceln. Ein notwendiger Streit". Die Beiträge der Autoren sind facettenreich und gut durchdacht. Man hört interessiert dem Zeit-Feuilletonisten Ijoma Mangold zu, der sagt: Die identitätspolitische Orthodoxie hat sich zu Tode gesiegt. Man käme eben nicht mehr mit der ,,Mit der Alles Nazi außer icke"-Haltung durch. Wer recht und unrecht in den Fragen habe, lasse sich wohlmöglich erst in ein oder zwei Jahrzehnten klären, wenn die Emotionen nicht mehr so stark hineinspielten.

Literaturwissenschaftler verweisen darauf, dass vor allem solche Texte zu Problemfällen werden, von denen man erwartet, dass sie auch in kommenden Generationen zu Bildungserlebnissen werden. Es gehe um Autoren, auf die man Wert legt und nicht solche, die von Forschern hinter den Türen von Seminaren durchgeackert werden. Es heißt, das Zumutbare und Unzumutbare müsse in der Wissenschaft Platz haben, Forschung müsse ein Ort der Freiheit bleiben. Nicht schwierig scheint es zu sein, wenn Heinrich von Kleist von Menschen erzählt, die Rassenvorurteile haben, aber nirgends ihre Haltung billigt? Wie in der ,,Verlobung in St. Domingo".

Aber wie sieht es bei Jim Knopf aus? Ist das Buch von Michael Ende bereits rassistisch? Über die Kontroverse hierzu kann man auf der Homepage des Thielemann-Verlages einiges nachlesen. Ein Autor sei nun einmal im Sprachgebrauch ein Kinder seiner Zeit. Aber müssen dann alle Kinder künftiger Generationen eben auch mit der Sprache von dessen Zeit aufwachsen? Bei Ende findet sich auch die Verwendung des N-Wortes durch die Lummerländer, als sie das Paket öffnen und ein schwarzes Baby darin erkennen.

Oder es gibt die Passage bei Jim Knopf, wo die kluge und fleißige Li, die für die ostasiatischen Menschen steht, auf Lukas trifft, der als eher faul dargestellt wird und damit das Klischee vom der faulen schwarzen Menschen bedient. Merkmale, die Stücke verdächtig machen.

Seit geraumer Zeit wird aufgeräumt und sauber gemacht, so sagt es der Philosoph Konrad Paul Liessmann. ,,Man möchte die Menschen vor schlimmen Gedanken und bösen Bildern bewahren." Doch wo die Grenzen verlaufen, ist eine offene Frage, die in einem Diskurs geklärt werden muss. Und der sollte idealerweise herrschaftsfrei verlaufen und dem besseren Argument den Vortritt lassen und nicht den durch Provokationen ausgelösten Emotionen. Boris Palmer hat in dieser Hinsicht dieser Debatte gleich mehrfach Schaden zugefügt.

Inzwischen hat Palmer mitgeteilt, dass er seine Aussagen bereue, insbesondere der Judenstern-Vergleich sei ,,falsch und völlig unangemessen" gewesen. In Folge des Eklats will sich der Tübinger Oberbürgermeister eine berufliche Auszeit nehmen, professionelle Hilfe konsultieren und seine Partei Die Grünen verlassen.


Aus: "Boris Palmer in Frankfurt: Ein hoffnungsloser Fall" Michael Hesse (01.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/boris-palmer-frankfurt-eklat-nwort-juden-rassismus-antisemitismus-holocaust-relativierung-92246353.html

QuoteFriedensreich

... Die Diktatur der Wohlmeinenden ist für mich viel gefährlicher als jedes N-Wort. ...


QuoteWillauchmalmitreden

Das heuchlerische Erstaunen der verantwortlichen Wissenschaftler erstaunt am meisten. Sie haben einen billigen medialen Aufnerksamkeitseffekt angezielt und einen bekannten aufmerksamkeitssüchtigen Egomanen zu einer "kontroversen Debatte" eingeladen. Und Palmer hat prompt "geliefert". Was solche absichtsvoll inszenierten Empörungskreisel noch mit wissenschaftlicher Seriosität zu tun haben sollen, begreife ich nicht.


Quotebisneulich

"...man unterstellte etwa dem Soziologen Ruud Koopmans fälschlicherweise eine anti-muslimische Haltung –..."

Auch im Lager der (angeblich) politisch Korrekten gehören Unterstellungen mitterweile zum Kanon der Auseinandersetzung. ...


QuoteAvatar

Ein Tiefpunkt der Debattenkultur ist das in der Tat. Ein falsches Wort und du wirst zum Geächteten. Wer du bist, was du glaubst, plötzlich alles egal, du hast das falsche Wort gesagt, also bist du ein Nazi. Konnte diese Heuchelei in der Politik noch nie leiden, aber das ist wirklich ein neuer Tiefpunkt.


QuoteTimi Minando

Sie haben die Diskussion nicht verstanden, es geht nicht, um die Verwendung des Wortes. Es geht um seine Einstellung dazu. Sie können zum Beispiel als Politiker auch nicht sagen: ,,Migranten sind dumme Menschen" und sich danach damit rausreden, dass sie im Durchschnitt eine schlechtere Bildung genossen haben. Es geht nicht, um das Wort, sondern darum, dass man nicht versteht, dass es andere Menschen beleidigt oder verletzt. Die typische Ausrede ,,So meine ich das ja nicht" zeigt auch wieder nur, dass man nicht versteht, dass es nicht darum geht, was im eigenen Kopf vorgeht, sondern was im Kopf der anderen vorgeht. Nennt sich auch Empathie.


QuoteAvatar
-> Minando Timi

Also ist der Palmer gar kein Nazi, sondern nur doof? Auch ne Erklärung. ...


QuoteMartin Cichy

Der Tiefpunkt der Debattenkultur liegt nicht bloß in den teilweise fragwürdigen Vokabeln von Herrn Palmer, sondern mindestens ebenso im reflexartigen Reagieren auf Einzelbegriffe ohne Kontextsetzung. Bezeichnend wie wohlfeil, dass sich alle in ihrer jeweils eigenen Opferrolle gefallen.


...

-

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-05/boris-palmer-tritt-bei-den-gruenen-aus

Quote
Richard Würfel

Ein düsterer Tag für die hiesige Debattenkultur. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Nun hat er so oft Jehova gesagt, dass er gesteinigt wird. ...


Quoteklausrey

Man kann auch seine Reputation durch Einges Handeln und Fehlern selbst zerstören. Und nichts anderes hat Herr Palmer getan.


QuoteInstitut für Bekleidungskultur


Aus der Stellungnahme Boris Palmers, wie sie im Schwäbischen Tagblatt ungekürzt wiedergegeben wird:

"... Aus einer großen übermächtigen Gruppe als Nazi bezeichnet zu werden, hat tief in mir sitzende Erinnerungen wach gerufen.

An den Besuch des von Neo-Nazis geschändeten Friedhofs mit den Gräbern meiner Vorfahren. An meinen Vater, der mit dem Judenstern auf der Brust gegen Unrecht demonstrierte. An die Gruppe Jugendlicher, die mir als Junge Schläge androhten und riefen, man habe nur vergessen, meinen Vater zu vergasen.

Als Mensch musste ich mich wehren, um das alles irgendwie ertragen zu können. Als Politiker und Oberbürgermeister hätte ich niemals so reden dürfen.

Die Erwähnung des Judensterns war falsch und völlig unangemessen. Niemals würde ich den Holocaust relativieren, wie kritisiert wurde.

Dass dieser Eindruck ohne Kenntnis der Hintergründe entstehen konnte, obwohl auch in meiner eigenen Familie die Zeit des Nationalsozialismus ihre Spuren hinterlassen hat, tut mir unsagbar leid.

Da ich weiterhin Angriffen ausgesetzt sein werde, die ich als grob ungerecht empfinde, kann ich nur versuchen, mich selbst zu ändern. ...

Entschuldigen möchte ich mich bei den Menschen, die ich enttäuscht habe, vor allem bei den Wählerinnen und Wählern, die mir ihr Vertrauen für eine ganz andere Aufgabe geschenkt haben. Dieser gerecht zu werden, steht über allem anderen. ..."

https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Palmer-zieht-Konsequenzen-Abstinenz-und-professionelle-Hilfe-586533.html


Quote
Hoek

Mein Gott, ein peinliches Statement für einen Selbstdarsteller, der sich permanent missverstanden fühlt und ständig als das eigentliche Opfer versucht zu etablieren.


QuoteDundoril

Allein diese Stelle hier.

"Die Erwähnung des Judensterns war falsch und völlig unangemessen. Niemals würde ich den Holocaust relativieren, wie kritisiert wurde"

Was redet er hier? Natürlich hat er dabei den Holocaust relativiert. Das er Holocaust relativiering nicht gut findet ändert nichts daran dass er es getan hat.


Quote
Institut für Bekleidungskultur
Antwort auf @Dundoril

Aha. Sie brechen den Stab, komme, was wolle.


Quoteg
gorgo

Schreibt endlich mal jemand, wie sich schwarze Leute gefühlt haben, quer Frauen, Juden... wenn sie Palmers dauernde Ausfälle lesen mussten?? ... Spielt noch immer das Aufmerkdamkeitsspiel. Und alle spielen mit. Wieder und wieder wird Palmer gehypt - warum kommen nicht mal die Betroffenen zu Wort?!


QuoteVeganes Hack

"Dass der Eindruck entstanden sei, er würde den Holocaust relativieren, tue ihm "unsagbar leid"."

Ein wenig Textexegese: auch hier wieder die mittlerweile uebliche Nonsens-Entschuldigung "fuer einen Endruck, der entstanden" sei.
Kann denn niemand mehr klar zu seinem Unsinn stehen, statt das Problem immer auf die zu schieben, die ihm seine Sprache vorwerfen?
Nein, es ist nicht "ein Eindruck entstanden", sondern Menschen wie Palmer relativieren den Holocaust. Punkt.
Und ich unterstelle, dass Palmer rhetorisch gedchult genug ist, um zu sagen: er setzt diese Provokationen bewusst.


Quote
Antibockler

Sehe ich anders. Palmer hat schon immer streitbare Kommentare losgelassen, die waren aber alle contra Zuwanderung/Schwarze und nicht gegen Juden. Ich sehe tatsächlich auch seinen Punkt und warum er verteidigt, dass man nicht gleich ein Nazi ist, wenn man ungeordnete Zuwanderung begrenzen möchte. Wie er das verbalisiert, ist natürlich Banane. Aber Palmer als Nazi zu bezeichnen ist mir zu einfach.


Quoteberlinerin73

Und die Leute, die ihn Nazi genannt haben, haben damit keine Holocaustverharmlosung begangen?


QuoteH.E
Antwort auf @DerEwigGrüneFluss

Der Vergleich von Palmer mit Hitlers Anhängern ist ebenso Relativierung wie Palmers Vergleich der Rumbrüllerei mit der Jundenverfolgung.

Beides ist unzulässig.


QuoteBoudica

Wo Sie sich doch mit Texten so gut auskennen: können Sie mir einmal kurz erläutern, welche seiner Aussagen jetzt konkret den Holocaust verharmlost?


QuoteVeganes Hack

Antwort auf @Boudica

Nein, das ist zu einfach. Das bekommen Sie selbst hin.


Quote
Christ23

Keine Einsicht, nichts, Schuld sind natürlich alle anderen, schuld sind die Empörungswellen, nicht aber seine, immer wieder vorkommenden, rassistischen Ausfälle, sein pauschalisierender Rassismus, seine unangebrachten Wortmeldungen, seine Holocaustrelativierungen, seine immer wieder absichtliche Provokation, nein, Schuld sind natürlich die, die sich daran stören ...


Quote
shore

Ist bei Trump nicht anders.


QuoteStep-Stut

Sie finden es ok, dass man zu einer Veranstaltung eingeladen wird und man erstmal mit einer Gruppierung konfrontiert wird, die ihn als Nazi beschimpft?


Quoteshore
Antwort auf @Step-Stut

Wer sich ständig rassistisch äußert, der muss damit rechnen.


QuoteHorror-Clown

In Tübingen werden Sie ihn trotzdem wählen und ich würde ihn auch wählen.


QuoteSo gut wie Neu

Ja natürlich würden Sie das. Das ist halt Deutschland. Ein Rassist und Holocaust Relativierer muss nur was von "war nicht so gemeint" und "meine Vorfahren waren jüdischer Abstammung (wahlweise "ganz viele ausländische Freunde" ) murmeln und schon ist er das mit Absicht falsch verstandene Opfer. Und diejenigen die zurecht auf die rassistischen Aussagen verweisen, sind dann die Täter. Ind diese "Entschuldigung" von Palmer ändert rein gar nichts an seiner Einstellung, die wird bleiben. Dafür hat er schon genug "Einzelfälle" produziert.


Quote
Miezekatze21

Und Palmer schrieb weiter..." Als Nazi bezeichnet zu werdem, hätte tief sitzende Erinnerungem wach gerufen, etwa an seinen Vater, der mit dem Judenstern an der Brust gegen Unrecht demonstriet hat."

Selbst der Spiegel gibt das vollständig so wieder. Warum lässt ZON diesen Teil weg?


Quoteastra

Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/CF


Quote
berlinerin73

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/CF


QuoteW
Richard Würfel

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/CF


QuoteAmicus philosophiae
Antwort auf @Richard Würfel

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quote
cornus

Antwort auf @Amicus philosophiae

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quote
Nerissa

Vielleicht sollte man der Vollständigkeit halber erwähnen, dass sein Vater Helmut Palmer selbst alles andere als zimperlich in der Verwendung des Nazi - Vorwurfs war.

Die Haftstrafen bekam er wegen zahlreicher Beleidigungen, der Judenstern war für einen Haftantritt selbst aufs Hemd genäht worden. Aufschrift "Halbjude, vergessen zu vergasen?"

Den Richter begrüßte er mit Hitlergruss, dem Pflichtverteidiger schüttete er Wasser und Gesicht, Geldstrafen zahlte er nicht. Finde ich auch ein kleines bisschen unreflektiert, ihn nur in der Rolle des Verfolgten zu sehen.

https://www.schwaebische-post.de/ostalb/ostalbkreis/der-remstal-rebell-palmers-angriff-mit-dem-wasserglas-90292460.html


Quotevincentvision

Da provoziert ein regional populärer Grüner jahrelang und viel zu oft mit komplett antigrünen und antilinken, rassistischen Aussagen und hat jetzt endlich eine Einsicht von seinem unsäglichen Verhalten (oder beugt sich dem völlig berechtigten Druck der Öffentlichkeit) - und was passiert?

Seine Fans im rechten Lager, die in diesem Abtrünnigen immer schon eine Lichtgestalt in der für sie falschen Partei gesehen haben, haben auch dann nicht den Anstand zu erkennen, dass Palmer selber über seine Fehler stolperte.

Lieber fabulieren sie immer noch von angeblichen Sprachwächtern, von einer woken Gesinnungsdiktatur oder von eingeschränkter Meinungsfreiheit - immer Opfer, nie Selbstkritik!

Doch dieser Unsinn soll nur verschleiern, dass es völlig berechtigt ist, dass jemand, der seit Jahren Unsägliches äußert, sich mehrfach rassistisch äußert und sich über die Geschlechtsteile dunkelhäutiger Fußballer auslässt, endlich zu Fall gebracht wird!

Das war überfällig, kam dennoch viel zu spät - und das Geschrei dieser Rechtsausleger bestätigt das exakt!


Quoteastra

Entfernt. Im Interesse aller wünschen wir uns konstruktive und sachliche Diskussionen. Bitte tragen Sie ausschließlich mit konstruktiven und inhaltlich passenden Kommentaren dazu bei. Danke, die Redaktion/CF


Quote
Burts

Diese, seine rechten Fans würden Palmer sowieso nicht wählen. Trotz seiner absurden Aussagen ist Palmer eben kein durch und durch rechter (Umweltpolitik etc.).
Diese Rechten jubeln ihm zu weil er den ihnen verhassten Grünen zu schaden scheint und nicht weil sie ihn persönlich so toll finden.

Seine rassistischen Aussagen wären, wäre er AfD Politiker ja kaum jemandem aufgefallen, das ist da normaler Sprachgebrauch.
Palmer fällt nur deshalb auf weil er als angeblich Linker rechte Sprüche absondert.


QuoteBriock

Mangelnde Impulskontrolle hat schon viele Leben kaputt gemacht. ...


Quote
xvulkanx

Der Fairness halber sollte man darauf hinweisen, dass jemanden wie Palmer als Nazi zu beschimpfen, ebenfalls eine Holocaust-Relativierung war. İnsofern reagierte Palmer auf demselben unterirdischen Niveau.


Quote
fischerinvombodensee

Ein guter und pragmatischer Politiker, der die Probleme in den Kommunen kennt. Er äußert sich oft überspitzt, aber "schaut dem Volk aufs Maul". Leider zu wenig von seiner Art


QuoteWilmso

Wer wissen möchte, wie es um Rassismus in unserer Gesellschaft steht, dem genügt ein Blick in die Kommentarsektion dieses Artikels. Da wird ein Mann verteidigt, der sich wiederholt rassistisch geäußert hat und sich bei Gegenwind mit verfolgten Juden aus dem 3. Reich vergleicht.

Kannste dir nicht ausdenken.


QuoteAndreas Hansen

Dann kann die Presse jetzt ja mal endlich aufhören, sich mit dem P-Namen zu beschäftigen. Wir haben wichtigere Themen.


Quote
WeLi

Sämtliche Medien haben sich stets als dankbare und zuverlässige Abnehmer der Palmer'schen Dummheiten erwiesen und damit seinem manischen Geltungsbedürfnis noch den nötigen Treibstoff verpasst.


Quote
küchenradio

Was mich ehrlich interessiert:

Warum kommt eine Person wie Herr Palmer so gut an in Tübingen?
Wie passt das zu einer Universitätsstadt im Südwesten?


Quote
Ernst Acht

Ich kann wirklich nicht verstehen dass einige Menschen den Unterschied zwischen dem was man sagt und der Art und Weise wie man es sagt nicht begreifen wollen.

Diskurstheorie sollte Schulfach werden.


QuoteAntagonism

Entfernt. Im Interesse aller wünschen wir uns konstruktive und sachliche Diskussionen. Bitte tragen Sie ausschließlich mit konstruktiven und inhaltlich passenden Kommentaren dazu bei. Danke, die Redaktion/CF


QuoteL.Lamora

Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/CF


QuoteKR0N0S

Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/CF


QuoteAbatefetel

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/CF


Quote
Meistens habe ich Recht

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Pauschalisierungen. Danke, die Redaktion/se


QuoteZeitleser 187

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Spekulationen. Danke, die Redaktion/CF


QuoteBoNT

Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/CF


...

Textaris(txt*bot)

Wolfgang Koeppen (* 23. Juni 1906 in Greifswald; † 15. März 1996 in München), war ein deutscher Schriftsteller. Er wurde vor allem durch seine Trilogie des Scheiterns bekannt, durch die er sich den Ruf eines bedeutenden Autors der Nachkriegsliteratur erwarb. Diese Trilogie entstand Anfang der 1950er Jahre und setzt sich aus den Romanen Tauben im Gras, Das Treibhaus und Der Tod in Rom zusammen. Anschließend veröffentlichte Koeppen nur noch spärlich und schrieb vorwiegend Reiseberichte. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Koeppen

https://de.wikipedia.org/wiki/Trilogie_des_Scheiterns

Quote[...]  Rassismus, Literatur und Literaturvermittlung: Eine Lehrerin wehrt sich gegen Wolfgang Koeppens Roman ,,Tauben im Gras" als Abiturstoff.

Bewusstseinsstrom – ich musste kurz nachdenken, was Stream of Consciousness eigentlich auf Deutsch heißt, jene Erzähltechnik, die eng mit James Joyce' ,,Ulysses" verknüpft ist, eines der herausragenden Werke der literarischen Moderne. Es hat Schule gemacht, der Bewusstseinsstrom wurde adaptiert, abgewandelt, kopiert, weitergetrieben.

,,Frau Behrendt trank Maxwell-Coffee. Sie kaufte den Kaffee beim Juden. Beim Juden – das waren schwarzhaarige, gebrochenes Deutsch sprechende Leute, Unerwünschte, Ausländer, Hergewehte, die einen vorwurfsvoll aus dunkelschimmernden, nachtverwehten Augen ansahen, von Gas und Grabengräben wohl sprechen wollten und Hinrichtungsstätten im Morgengrauen, Gläubiger, Gerettete, die mit dem geretteten Leben nichts anderes zu beginnen wussten, als auf den Schuttplätzen der zerbombten Städte (warum mit Bomben beworfen? Mein Gott, warum geschlagen? für welche Sünde bestraft? (...)"

Weil es endlos so weiterzugehen scheint, fällt es schwer, das Zitat abzuschließen. Es stammt aus Wolfgang Koeppens 1951 erschienenen Roman ,,Tauben im Gras", dessen Handlung mutmaßlich in München angesiedelt ist, etwa um 1950.

Es waren jedoch nicht diese unschwer als judenfeindliche Stereotype zu erkennenden Sätze, die die junge Lehrerin Jasmin Blunt aus Ulm unlängst dazu bewogen haben, sich in Gestalt einer Petition gegen ,,Tauben im Gras" als Abiturstoff an baden-württembergischen Schulen einzusetzen. Vielmehr wehrt sie sich gegen das vielfach vorkommende N-Wort. Das Romanpersonal sucht sogenannte ,,Negerklubs" auf und Frau Behrendt, eine der Figuren des vielstimmigen Textes, lässt der Autor räsonieren: ,,Was brachten einem die Amerikaner? Es war schimpflich, dass Carla sich mit einem Neger verbunden hatte; es war fürchterlich, dass sie von einem Neger geschwängert war; es war ein Verbrechen, dass sie das Kind in sich töten wollte. Frau Behrendt weigerte sich, weiter darüber nachzudenken."

Jasmin Blunt hat dies unmissverständlich als Ausdruck von Unterdrückung und Entmenschlichung verstanden und den Schuldienst quittiert, um sich der rassistischen Sprache nicht weiter aussetzen zu müssen. Was man sich bewusst machen müsse bei dem Thema, wird sie vom Sender SWR zitiert, sei, dass die Sprache tatsächlich den Rassismus transportiere – und zwar in ihre Lebenswelt hinein. Das sei nicht abstrakt, sondern betreffe sie direkt. ,,Das ist ein brutaler Angriff auf meine Menschenwürde."

Ganz sicher sind derart starke Empfindungen ein Indiz für die Wirkung von Literatur. Aber folgt aus der Wucht der Emotionen einer für literarische Vermittlung zuständigen Lehrerin bildungspolitischer Handlungsbedarf? Baden-Württembergs grüne Kultusministerin Theresa Schopper weist die Vorwürfe zurück. Sie hält an der Pflichtlektüre von ,,Tauben im Gras" fest. Es gehe darum, deutlich zu machen, wie Rassismus Gesellschaften prägt: damals in den 50er Jahren, als der Roman entstanden ist, aber auch heute. ,,Das zu behandeln, finde ich sehr wichtig", so Schopper gegenüber der Südwest Presse.

Sie widerspricht damit den rund 3000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner einer von Jasmin Blunt initiierten Petition, die darin ihre Ansicht artikulieren, dass das Buch für den Unterricht ungeeignet sei, weil betroffene Schüler, Schülerinnen und Lehrkräfte während dessen Besprechung immer wieder rassistischer Diskriminierung ausgesetzt würden, ,,indem rassistische Begriffe, in diesem Fall das N-Wort, laut in der Unterrichtssituation vorgelesen werden". Ist die Petition bloß eine Petitesse oder steht sie für einen Paradigmenwechsel in der öffentlichen Wahrnehmung von Literatur und Kunst?

Ich bin Wolfgang Koeppen Ende der 80er Jahre begegnet, der FU-Germanist Hartmut Eggert hatte mir mit Hilfe des Berliner Literaturhauses in der Fasanenstraße einen Kontakt vermittelt. Koeppen war damals bereits über 80 Jahre alt, er trat nur noch selten in der Öffentlichkeit auf. Der Termin im Literaturhaus war eine Ausnahme. Ohnehin wurde mehr über das Schweigen des Autors gesprochen und in langen Feuilletonartikeln geschrieben.

Seit jener in kurzer Folge erschienenen Romantrilogie in den 50er Jahren, deren Auftakt ,,Tauben im Gras" bildet, hatte Koeppen nur wenig veröffentlicht. Jahrzehnte lang war von einem großen Romanprojekt die Rede, aus dem jedoch nichts wurde. Der Schriftsteller Koeppen, ein Phantom. Er lebe in einem Roman, hatte er wiederholt gesagt, was ihn daran hindere, einen anderen zu schreiben. Manche deuteten das als Ausflucht.

Zum Interview hatte Koeppen sich bereiterklärt, weil es gar nicht um sein Schreiben gehen sollte. Ich hatte um Auskunft gebeten über seinen ersten Verleger Bruno Cassirer, der Koeppens Romane ,,Eine unglückliche Liebe" und ,,Die Mauer schwankt" 1934 und 1935 herausgebracht hatte, kurz bevor er seinen Verlag aufgrund seiner jüdischen Herkunft schließen musste. ,,Die Mauer schwankt" war, wie Cassirers Cheflektor Max Tau berichtete, erst durch massiven Druck entstanden, den Cassirer auf Koeppen ausgeübt hatte. Damit der schreibgehemmte junge Autor sein bereits mit einem stattlichen Vorschuss versehenen Roman beende, hatte der Verleger ihn kurzerhand in eine Berliner Wohnung einsperren lassen, die er erst mit einem abgeschlossenen Manuskript wieder verlassen durfte.

Mir war Koeppen als reizend-schüchterner Mensch begegnet, dem es ein Anliegen war, über den in Deutschland weitgehend vergessenen Bruno Cassirer zu sprechen. Zu Beginn der 30er Jahre hatte Koeppen Cassirer auf dessen Gestüt bei Templin und auf der Rennbahn in Mariendorf besucht. Der Verleger und leidenschaftliche Kunstsammler war ein bedeutender Pferdesportfunktionär und Züchter, über den ich ein Hörfunkporträt anzufertigen beabsichtigte.

Wolfgang Koeppen war für dieses Vorhaben eine aufschlussreiche O-Ton-Quelle. Es bereitete ihm spürbar Freude, über Cassirer Auskunft geben zu können. Im Verlauf des Gesprächs beschrieb er ihn als deutschnationalen Juden. Als Koeppen bemerkte, dass ich ob der Formulierung stutzte, fügte er erläuternd hinzu, diesen Typus habe es vielfach zu jener Zeit gegeben. Cassirer sei ein Herr gewesen. Koeppen sprach dabei mit einer Betonung, von der er sogleich zu ahnen schien, dass die Bedeutung des Wortes in ihrem vollen Umfang bereits verlorengegangen sei. Es fiel das Wort Patriot, aber Koeppen war sicher, dass es nun wohl missverstanden werden würde.

Cassirer war ein angesehenes Mitglied der Berliner Gesellschaft, hochrangige Wehrmachtsoffiziere zählten zu seinen Freunden. Nicht zuletzt deshalb sei es ihm und seiner Familie wohl gelungen, 1938 noch nach den Novemberpogromen nach Oxford zu emigrieren. Cassirer habe es lange nicht für möglich gehalten, dass es so weit kommen würde.

Das Gespräch mit Koeppen ist mir vor allem deshalb unvergesslich geblieben, weil mir damals auf emphatische Weise bewusst wurde, wie persönliche Erinnerung und authentische Erfahrung sich von Texten und Materialien unterscheiden, die sich in Form von Dokumenten und Aufzeichnungen nachlesen lassen. Koeppens Schilderungen haben mir auf nachhaltige Weise, so bilde ich es mir ein, dabei geholfen, mein Bild von Bruno Cassirer und natürlich auch das des Autors abzurunden.

,,Tauben im Gras" ist ein furioses, aus vielen Stimmen bestehendes Werk. In diesen Stimmen schießen Vergangenes und Gegenwärtiges zusammen, Assoziationen, Phrasen, philosophische Entwürfe. Nicht immer scheinen die rund 20 Figuren trennscharf voneinander geschieden. Wer spricht? War es Koeppen, der die Stimmen orchestrierte oder gingen sie durch ihn durch? Die Gewaltverhältnisse der nationalsozialistischen Gesellschaft sind in ,,Tauben im Gras" ebenso präsent wie der Rassismus, der Koeppens Protagonisten Odysseus und Washington Price entgegenschlägt, zwei Soldaten der amerikanischen Besatzungsarmee, die sich damit abfinden müssen, nicht als Befreier begrüßt zu werden. Aber waren sie nicht auch Stellvertreter einer unterdrückten Sehnsucht nach Jazz und Literatur, den Ausdrucksformen künstlerischer Freiheit?

In ihrem Bestreben, ,,Tauben im Gras" als Unterrichtsstoff zu löschen, hat Jasmin Blunt Unterstützung durch die Literaturwissenschaftlerin Magdalena Kißling von der Universität Paderborn gefunden. Diese kritisiert den Mangel an Sensibilität für die Macht von Sprache. Und deren Kollegin Andrea Geier konstatiert einen Mangel an Unterrichtsmaterialien für den Umgang mit rassistischer Sprache.

Ähnlich sehen es Vertreter und Vertreterinnen der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und der Amadeu-Antonio-Stiftung. Deren Sprecherin Rosa Fava gab zu Protokoll, dass eine häufige Nennung erniedrigender Fremdbezeichnungen auf junge Menschen ,,überwältigend" wirken könne. Fragwürdig sei überdies, dass für die Behandlung des Themas Rassismus in Abiturprüfungen Literatur eines nichtschwarzen Autors ausgewählt worden sei.

Es ist im Umgang mit Erzeugnissen der Kunst und Literatur zweifellos richtig und wichtig, Fragen der Repräsentanz aufzuwerfen und darüber hinaus zu bemerken, wie sich Wahrnehmungen im Verlauf der Rezeption eines Werkes verändern. Aber erweisen sich die Versprechen der Aufklärung nicht als fatale Illusion, wenn Akademiker und Akademikerinnen, die mit der Vermittlung von Kunst und Literatur betraut sind, vor einer zeitgenössischen Rezeption lieber kapitulieren, anstatt einen Ansporn darin zu sehen, das Handwerkszeug zu schärfen und es zur Geltung zu bringen? Anlass zur Sorge bereitet die anhaltende Diskussion um ,,Tauben im Gras" auch deshalb, weil selbst erfahrene Vertreterinnen der Literaturwissenschaft scheinbar nur bedingt Zutrauen in die Fähigkeit von jungen Menschen vor dem Abitur haben, eigene Antworten auf derlei Fragen zu finden.

Keineswegs unerheblich scheint mir in diesem Zusammenhang, dass die eingangs zitierten antisemitischen Stereotypen, die in ,,Tauben in Gras" zwar von rassistischen unterschieden, inhaltlich und hinsichtlich der Erzählstruktur des Romans jedoch nicht von diesen abgetrennt werden können, in der Debatte um die Abiturtauglichkeit des Stoffes bislang unerwähnt geblieben sind.

Wolfgang Koeppen hat in ,,Tauben im Gras" in atemberaubender Gegenwärtigkeit und Intensität die Dämonen der zeitgenössischen Gesellschaft zum Tanzen gebracht, während sich deren Akteure bereits wohlig wieder daranmachten, in die gediegene Langeweile der Zivilität einzukehren, die sie kurz zuvor zum Bersten gebracht hatten. Der Unruhe dieses Romans nachzuspüren, sollte nicht nur Lehrstoff für junge Erwachsene sein. Geboten ist vielmehr, durch direkte und vergleichende Lektüre die Temperatur der gegenwärtigen Gesellschaft zu ermitteln, die der Empfindsamkeit und Sensibilität aus vielen guten Gründen einen hervorgehobenen Rang einräumt, den Sinn für das Andere vorangegangener Gesellschaften aber zu verlieren droht.



Aus: ",,Tauben im Gras" und das N-Wort: Wer spricht? Und mit wem?" Harry Nutt (27.03.2023)
Quelle: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/wolfgang-koeppens-tauben-im-gras-und-das-wort-wer-spricht-und-mit-wem-92174950.html

QuoteM. B.

Wenn die damals übliche Verwendung des N-Worts auf Schüler überwältigend wirkt, wie soll die geforderte Vermittlung der Kolonialzeit an Schulen umgesetzt werden?


QuoteNik

Der Autor dieses Textes hat leider das Problem nicht verstanden und ist damit genau Teil des Problems. Es geht hier nicht um denkfaule schulische Akteur:innen sondern um reale Verletzungen durch abwertende gewaltvolle Begriffe. Das betrifft die vom Autor zitierte antisemitische Sequenz genauso wie das N*-Wort und andere verletzende Begriffe. Sie belasten insbesondere jene Menschen, denen diese Beleidigungen zugeschrieben werden und vermitteln allen anderen, dass diese das schon aushalten müssen, damit die vermeintliche Mehrheit angemessen über ihre eigene Gewaltgeschichte gebildet werden kann. Was für eine traurige Inszenierung bestehender Machtverhältnisse.
Und das in einer Zeit, in der wir es so viel besser könnten, weil die Auswahl an guter Literatur schier unendlich ist, weil wir alles notwendige Wissen haben um gewaltvolle Fremdbezeichnungen endlich vergessen zu können und weil die Menschen, die durch sie verletzt werden, freundlicherweise immernoch die Geduld haben, darauf immer wieder höflich hinzuweisen. Aber solange im Feuilleton wie in den bildungspolitischen Chef*innenetagen nur Menschen sitzen, die sich aussuchen können, ob sie das alles betrifft (die deshalb, wie Herr Nutt, die fraglichen Begriffe einfach immer wieder wiederholen können), wird dieser notwendige Wandel wohl auf einen Generationenwechsel angewiesen zu sein. Schade, so vergeben wir eine weitere Chance auf eine Schule, die gesellschaftlichen Wandel vorantreiben kann.


QuoteWerner Engelmann -> Nik

Ihrem messianischen Geist, "gesellschaftlichen Wandel" durch Tabuisierung von "Gewaltgeschichte" herbeiführen zu wollen, muss ich doch einen erheblichen Wermutstropfen hinzufügen. Spricht doch die Süffisanz, mit der Sie meinen, über einen erfahrenen Feuilletonisten als Vertreter von "bildungspolitischen Chef*innenetagen" herziehen zu müssen, nicht gerade für die Glaubwürdigkeit Ihres Ansatzes.
Vielleicht wäre es ja sinnvoll, sich erst einmal - ohne Scheuklappen - selbst mit Geschichte und Literaturgeschichte zu befassen.
Dann würde evt. die Erkenntnis dämmern, dass Epochen der "Empfindsamkeit" (die auch ein erhebliches Maß an weltfremder Selbstbespiegelung aufweisen) regelmäßig in das extreme Gegenteil umschlagen. Der Umschlag von der "Empfindsamkeit" des frühen 18. Jahrhunderts zu Exzessen des "Genie"-Kults im "Sturm und Drang" oder der eines "romantischen" in den sarkastischen Heinrich Heine seien hier nur als Beispiel genannt.


QuoteAvatar -> BK Nik

"weil wir alles notwendige Wissen haben um gewaltvolle Fremdbezeichnungen endlich vergessen zu können" – genau hier liegt der zentrale Dissens. Eine historische Annäherung an das Thema will eben genau nicht vergessen, sondern setzt auf den aufklärerischen Effekt, den das Wissen um historische Realitäten bringt.


QuoteNik -> BK

ich denke das Ziel ist das Gleiche, aber die Methoden sind verschieden. Nur wenn wir uns ansehen, welche Leistung eine politische Bildung in den letzten Jahrzehnten erbracht hat, die sich in der Abbildung der Gewalt übt und es dabei eben nicht schafft, die Ideologie dahinter angemessen zu dekonstruieren, dann müssen wir uns fragen, ob es der richtige Weg ist, die ganze Sch... immer wieder völlig undistanziert in die Schulbücher zu drucken (siehe Forschungsergebnisse der Deutsch-Israelischen Schulbuchkommission und der Forschung Migration und Integration im Schulbuch). Vielleicht sollten wir bei 15% AFD in den Parlamenten und anhaltenden rassistischen und antisemitischen Progromen mal neue Wege ausprobieren?
Und worin liegt nochmal der Widerspruch zwischen Aufklärung und Nicht-Verletzen-Wollen? Ist es besser wenn es logisch ist, sich nicht antisemitisch oder rassistisch zu äußern als wenn Empathie für die/den "Anderen" das Leitmotiv ist?


QuoteWerner Engelmann

"Der Unruhe dieses Romans nachzuspüren, sollte nicht nur Lehrstoff für junge Erwachsene sein. Geboten ist vielmehr, durch direkte und vergleichende Lektüre die Temperatur der gegenwärtigen Gesellschaft zu ermitteln, die der Empfindsamkeit und Sensibilität aus vielen guten Gründen einen hervorgehobenen Rang einräumt, den Sinn für das Andere vorangegangener Gesellschaften aber zu verlieren droht."

Ich kann, nach über 30 Jahren Unterricht, vorwiegend in der Oberstufe, Herrn Nutt nur zustimmen.
Nach der von dieser Lehrerin in Anspruch genommenen "Sensibilität" bliebe nicht mehr viel von Weltliteratur übrig, ein Goethe ganz bestimmt nicht. Übrig blieben dagegen "aufbauende" Selbstbespiegelung im Sinne etwa eines George oder schönfärberische Schinken im Sinne von DDR-"Realismus".
Mir kommt solches Verhalten einer Pädagogin vor wie das von "Helikoptereltern", die Schützlinge vor jeglicher Unbill des Lebens "bewahren" wollen. Zudem als Beleidigung von Jugendlichen, indem man deren eigene Urteilsfähigkeit in Frage stellt. Und als ein feiges Kneifen vor pädagogischen Herausforderungen, die darin bestehen, junge Menschen bei der Auseinandersetzung mit der Realität zu begleiten, statt sie damit alleine zu lassen, indem man ihnen eine scheinharmonische Welt vorgaukelt.


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Quote[...] Als ich 1956 ,,rübermachte", als Abiturient aus einer DDR-Oberschule in Bitterfeld, mit dem Zug bis Hötensleben nördlich des Harzes, dann zu Fuß über die noch mäßig bewachte Grenze und in Schöningen den nächsten Bahnhof erreichte, da hatte ich eine grundlegende Lebensentscheidung getroffen. Ich hatte den einen deutschen Staat gegen den anderen eingetauscht und blieb dennoch dieser Herkunft mit allen Erinnerungen bis heute verbunden.

So wie sich mir auch die frühen bundesdeutschen Erlebnisse dauerhaft eingeprägt haben. Unvergesslich das erste Buch, das ich nach der Ankunft las. Es war ,,Das Treibhaus" von Wolfgang Koeppen. Mit ,,Tauben im Gras" und ,,Der Tod in Rom", erschienen in der ersten Hälfte der Fünfzigerjahre, beschreiben diese Bücher atemlos und mit brutal realistischer Sprache alles, was vom Wirtschaftswunder der jungen Bundesrepublik verdeckt und übertüncht wurde: die Überreste des Antisemitismus, einen latenten Alltagsrassismus in der Konfrontation mit schwarzen GIs, die für den amerikanischen Way of Life verachtet wie bewundert wurden. Die Lust auf Leben in Konfrontation zur alten Schuld der Nazi-Generation.

Es war, so sehe ich es heute noch, der passende Lesestoff für die Ankunft im westdeutschen Alltag. Desillusionierend und zugleich den Blick schärfend für alles, was einen noch erwarten sollte. Das Jura-Studium auch bei einigen Dozenten, die sich als akkurate Demokraten ausgaben, deren Vergangenheit aber kein Geheimnis war, gehörte ebenso dazu wie mein Ausbruch aus vorbestimmter Rechtsanwaltskarriere in eine unbestimmte Berufslaufbahn als Künstler und Satiriker.

Seit Wochen lese ich nun immer wieder, wie der 1995 verstorbene Autor Wolfgang Koeppen postum verteidigt werden muss. Er sei ein Rassist, der sich rassistischer Sprache bedient habe und dessen Denken ebenso klassifiziert werden müsse. Weil seine Bücher ein ,,Angriff auf die Menschenwürde" seien, müssten Abiturientinnen und Abiturienten vor dieser Lektüre geschützt werden.

Eine Unterschriftenliste im Internet weist mehr als elftausend Namen aus, die ,,Tauben im Gras" lieber auf dem Index sehen möchten als auf der Literaturliste für Gymnasien in Baden-Württemberg. Die Kultusministerin steht noch auf der Seite einer zehnköpfigen Lehrerkommission, die das Buch als Pflichtlesestoff für zukünftige Abiprüfungen ausgewählt hat. Aber sie ist unter Druck, weil die Kritikerinnen und Kritiker offenbar den Zeitgeist auf ihrer Seite wähnen.

Die Angst, beim Lesen könnten negative Gefühle geweckt werden, ist so übermächtig, dass die Reputation des Autors keine Rolle mehr spielt. Dass die Sprache der Figuren eines Romans nicht identisch ist mit dem Denken des Autors, der auch die Abgründe einer Gesellschaft mit seinen Mitteln beschreiben können muss, gehört offenbar nicht mehr zu den gültigen Vereinbarungen im Umgang mit Kunst und Literatur.

Wenn sich Verlage inzwischen zu korrigierenden Eingriffen in historische Texte veranlasst fühlen, vor dem Druck sogenannte ,,Sensitivity-Lektorate" einsetzen, um Texte auf mögliche Verletzungsgefahr der Leser durch negative Emotionen zu untersuchen, dann läuft offenbar etwas grundlegend falsch.

Wir amüsieren uns über eine tumbe Schulverwaltung in Florida, die eine Lehrerin mit der Empörung der Eltern der Schule verweist, weil sie Michelangelos ,,David" unverhüllt, also ,,in pornografischer Absicht", den Schülerinnen und Schülern zeigt, und sehen den Balken im eigenen Auge nicht. Es ist ein Armutszeugnis, den Lehrenden wie den Lernenden nicht mehr zuzutrauen, Literatur in ihrer Entstehungszeit und im historischen Kontext zu erschließen.


Aus: "Angst vor Lektüre" Kolumne/Meinung: Klaus Staeck (03.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/kolumnen/angst-vor-lektuere-92252154.html

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Quote[...]  Eckhard Schumacher, 1966 geboren, promovierte an der Uni Bielefeld und ist seit 2009 Professor für Neuere deutsche Literatur an der Uni Greifswald und als solcher Leiter des dortigen Wolfgang-Koeppen-Archivs.


Eckhard Schumacher: ... Dass ein Roman, in dem so häufig das N-Wort vorkommt, zu Einwänden führt, ist von daher nicht so verwunderlich. Es wird sensibler auf bestimmte Formulierungen und Schreibweisen reagiert als das früher der Fall war. ... Was vielleicht zu der heutigen Irritation führt: Es gibt in diesem Roman keine Instanz, die gewissermaßen klärt, wie das alles zu verstehen ist. Wir haben keinen Erzähler, der über allem schwebt, alles einordnet oder kommentiert, der deutlich macht: hier handelt es sich um Rassismus, um Antisemitismus oder eine klar nationalsozialistische Position im Nachkriegsdeutschland. Das ist eine literarische Entscheidung von Koeppen. ... Einerseits verfolgt Koeppen keine klare politische Agenda. Andererseits schafft er schon einen Text, in dem klar wird: Hier entlarven sich diejenigen selbst, die mit dem N-Wort um sich werfen, die weiterhin agieren wie im Nationalsozialismus. ... Wie geht man mit verletzender Sprache um, wie mit Rassismen in der Sprache? Und wie geht man damit um, wenn solche Rassismen aufgenommen, zitiert, reproduziert werden? Diese Forschung gibt es ja. Und da gibt es sicherlich auch für den Schulunterricht aufbereitetes Material. Das müsste dann auf den in mehrfacher Hinsicht historischen Text bezogen werden, der in seiner Schreibweise und nicht zuletzt auch in seiner drastischen Darstellung von Rassismen, Gewalt und Sexualität an Autoren wie James Joyce oder John Dos Passos erinnert und damit an die literarische Moderne anschließt, die die Nationalsozialisten ausgestrichen hatten. ... und das ist möglicherweise nicht einfach nebenher im laufenden Schuljahr zu leisten, aber es wäre eben eine angemessen anspruchsvolle und wohl auch enorm aufschlussreiche Auseinandersetzung mit Fragen, die 1950 relevant waren, aber nur von wenigen gestellt wurden, und die auf andere Weise heute wieder oder immer noch relevant sind.


Aus: "Abilektüre mit N-Wort: "Die Wissenschaft hilft da leider nicht"" (29.04.2023)
Quelle: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.abilektuere-mit-n-wort-man-muss-die-einwaende-schon-ernst-nehmen.351c9a03-2055-44f6-aff7-b70a42e7165c.html

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Quote[...] Einer meiner Lieblingsromane ist Wolfgang Koeppens ,,Tauben im Gras", erschienen 1951. Ich weiß noch genau, wie ich auf ihn aufmerksam wurde. Im Jahr 1996 war ich 22 Jahre alt und studierte im zweiten Semester Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin. Am 15. März starb Koeppen im Alter von 89 Jahren, die Feuilletons waren voll davon. Es war mir etwas peinlich, noch nichts von ihm gelesen zu haben. Also ging ich in einen Buchladen in Dahlem, um mir ,,Tauben im Gras" zu kaufen.

Ich weiß noch, dass hinter mir ein älterer Herr in der Schlange an der Kasse stand. Er sah das Buch in meiner Hand und schnaubte: ,,Man muss wohl erst sterben, damit man heutzutage gelesen wird!" Heute fände ich so etwas eher drollig. Damals war mir die ganze Sache dadurch noch peinlicher. Es fühlte sich an, als hätte ich irgendetwas falsch gemacht, ohne zu wissen, was überhaupt.

Jedenfalls las ich ,,Tauben im Gras" wie im Rausch dreimal hintereinander. Der Roman schildert in 105 voneinander getrennten Episoden das Leben im amerikanisch besetzten München unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir begleiten einen Gepäckträger vom Bahnhof, eine die Stadt bereisende Lehrerin aus Massachusetts, einen Mediziner, mehrere US-Soldaten und noch viele weitere Figuren einen Tag lang bei ihrem Weg durch die Stadt. Manchmal kreuzen ihre Wege einander, manchmal haben sie nichts miteinander zu tun.

Ich war begeistert von Koeppens Stil, der Versatzstücke des abendländischen Bildungskanons mit Werbeslogans und Zeitungsschlagzeilen mischte und aus dem für mich etwas unerhört Drängendes, Dunkles, auch Zerstörtes sprach. Besonders hatte es mir eine Figur namens Philipp angetan, ein deutscher Schriftsteller mit Selbstzweifeln und Schreibblockade.

Meine Lieblingsstelle des Romans handelt von ihm und beginnt mit einem Satz, der sich mir für mein Leben eingeprägt hat, obwohl er eigentlich ganz simpel ist. Er lautet ,,Philipp kam mit der Zeit nicht zurecht". Gemeint ist damit weniger die Handlungsgegenwart des Romans als vielmehr die Zeit als solche, verstanden als physikalische Größe, als Lebensspanne. Mir ist die existenzielle Krise dieser fiktiven Person bislang glücklicherweise erspart geblieben. Aber dieser Satz fällt mir umso häufiger ein, je älter ich werde. Auch ich komme nämlich mit der Zeit nicht zurecht.

Sie ist ja auch kurios. In unserem Kulturressort hat diese Woche eine sehr nette und fähige Praktikantin angefangen. Sie ist 2002 geboren, also vergangenes Jahr 20 Jahre alt geworden. Rechnerisch leuchtet mir das vollkommen ein. Psychologisch überfordert es mich.  ...


Aus: "Warum mich das Vergehen der Zeit psychologisch überfordert" Felix Müller (05.03.2023)
Quelle: https://www.morgenpost.de/kolumne/digital-dad/article237795723/Warum-mich-das-Vergehen-der-Zeit-psychologisch-ueberfordert.html

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Quote[...] Wenn Menschen in unserer Gesellschaft nun sagen, dass sie sich durch die Sprache des Romans verletzt fühlen, haben sie möglicherweise Diskriminierungserfahrungen, die beim Lesen des Romans aktualisiert werden. Das nicht ernst zu nehmen, bedeutet, ihre Erfahrungen nicht ernst zu nehmen und andere Lebenserfahrungen und Lernbiografien bei der Auswahl der Pflichtlektüre zu privilegieren: solche, in denen Diskriminierung keine Rolle spielt.

Das widerspricht dem Grundsatz der Chancengleichheit und nimmt in Kauf, dass sich Schü­le­r:in­nen mit Dis­krimi­nie­rungs­er­fahrung erst durch ihre verletzenden, vielleicht traumatischen Erfahrungen hindurcharbeiten oder sie verdrängen müssen, bevor sie sich analytisch mit dem Text auseinandersetzen können.

Abgesehen davon ist es vielleicht auch für Schü­le­r:in­nen ohne Diskriminierungs­er­fah­rung nicht erstrebenswert, auf diese Weise mit Rassismus konfrontiert zu werden.

... Und unser Blick auf Literatur ist auch nicht unveränderlich. Im Gegenteil, mit der Veränderung unserer Gesellschaft verändert sich auch unser Blick auf das kulturelle Erbe und Gedächtnis.

Wie die gegenwärtige Restitutionsdebatte ist auch die Literatur von diesem Prozess nicht ausgenommen. Wenn Literatur ein positiver Bezugspunkt sein soll – und zwar für alle –, weil sie Wissen und Erfahrungen aus anderen Zeiten vermitteln kann, dann müssen wir mit Blick auf die gegenwärtigen Veränderungen und nicht zuletzt mit Blick auf die Diversität und Pluralität unserer Gesellschaft entsprechend auswählen.

Wir müssen überlegen, was wir dafür tun können und müssen, damit unser Literaturkanon auch in historischer Perspektive inklusiv und nicht exklusiv ist. Angesichts der Weltlage ist die Entscheidung, die Trümmer- und Nachkriegsliteratur in der Pflichtlektüre präsent zu halten, sicherlich richtig.

Aber es muss nicht unbedingt Koeppens Roman sein. Und ja, Rassismus gehört als Thema auch an die Schule und in den Deutsch- und Literaturunterricht. Wenn aber Lernen vor allem am Modell geschieht, dann macht es mehr Sinn, Texte zu wählen, die Rassismus in einer nichtrassistischen Sprache verhandeln. Dann wäre der Lernweg auch kürzer.

Darüber hinaus frage ich mich, warum wir Jasmin Blunt nicht danken. Offenbar ist keinem bei der Textauswahl aufgefallen, wie kontrovers die Koeppen'sche Rassismuskritik aus heutiger Perspektive diskutiert werden muss. Offenbar haben die, die wir – wie ich – zur weißen Mehrheitsgesellschaft ohne Diskrimi­nierungs­er­fah­rung gehören, selbst nach den vielen Black-Lives-Matter-Protesten 2020 auch in Deutschland immer noch nicht genügend Sensibilität und Erfahrung, es von allein zu bemerken.


Aus: "Rassismus in ,,Tauben im Gras": Aus Fehlern darf gelernt werden" Sigrid Köhler (28. 3. 2023)
Quelle: https://taz.de/Rassismus-in-Tauben-im-Gras/!5921779/

QuotePlewka Jürgen
30. Mär, 15:49

Ich bin kein Deutschlehrer, sondern unterrichte Geschichte. Soll ich in Zukunft - in der Konsequenz des Artikels - im Unterricht zum Thema Nationalsozialismus nun keine Texte von Hitler, Goebbels, Himmler mehr - selbstverständlich ideologiekritisch - mit meinen SchülerInnen interpretieren dürfen? Weil sie jüdische SchülerInnen oder SchülerInnen mit Gewalterfahrungen verstören könnten? Soll ich auf Originalquellen aus den 50er Jahren verzichten, weil dort ständig und "beiläufig" Frauen diskriminiert werden? Ich halte die Forderungen im Artikel in ihren Konsequenzen für nicht durchdacht ... mal ganz abgesehen von der Frage, wo genau eine Grenze zu ziehen wäre und welche Ideologien (wieso ist eigentlich nur der Rassismus zu vermeiden und nicht auch Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Frauenfeindlichkeit?) nicht im Originaltext zu behandeln sind.


QuoteJutta57
1. Apr, 13:53

@Plewka Jürgen "Soll ich in Zukunft (...) im Unterricht zum Thema Nationalsozialismus nun keine Texte von Hitler, Goebbels, Himmler mehr (...) mit meinen SchülerInnen interpretieren dürfen? "

Nein, natürlich nicht, aber geht ja nicht um Geschichtsunterricht. Mein Kampf oder Ergüsse eines Julius Streichers sind eben keine Romane. Wir lesen ja auch die von Feuchtwanger, Singer oder Bellow aber warum nicht die von Baldwin, Ellison oder Morrison. Ich teile zwar die Bedenken, die hier von vielen Foristen geäußert werden, aber nachdem ich knapp die Hälfte des Buches gelesen habe, kann ich den Vorwurf zur rassistischen Reproduktion gut nachvollziehen. Frau Köhler bringt es, wie ich finde hier auf den Punkt:

"Dennoch werden zentrale Schwarze Figuren vor allem über Körperlichkeit, Sexualität und Animalität bestimmt."


Quoteresto
29. Mär, 12:22

Man könnte auch umgekehrt argumentierten. Nämlich dass sich durch ehrliches und kritisches Behandeln dieser alten Texte PoCs endlich Ernst genommen fühlen und dass es einmal um sie geht; und Mitschüler:innen sind dabei "gezwungen", sich in die Lage der als N bezeichneten Personen zu versetzen. Es kommt doch darauf an, was die Lehrperson daraus macht. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.


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lemonhorse

[Stand: 25.05.2023]:
Nachdem das Schneiderlein sieben Fliegen auf einen Schlag getötet hat, näht es sich eine Scherpe mit der Aufschrift "7 auf einen Streich". Voller Zuversicht zieht er über Berg und Tal, um nun seinen Mut zu erproben.
https://www.ardmediathek.de/video/maerchen-im-mdr/das-tapfere-schneiderlein/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy9kMWIwZGUwNC1mZmQxLTQwMjMtYTkwMS1jYThkNWM4ZjQxOTc?isChildContent

QuoteAktuell kann man den #DEFA-Märchenfilm "Das tapfere Schneiderlein" von 1956 @ARDde-Mediathek sehen. Als der Film 1957 in der Bundesrepublik gezeigt werden sollte, kam es zu einem der skurrilsten Fälle von #Filmzensur.
Die DEFA hatte das Grimm'sche Märchen mit politischen Untertönen adaptiert: Anstatt am Ende die Königstochter zu heiraten und das halbe Reich zu erben, wird der feudale König nebst dekadentem Hofstaat verjagt und das Schneiderlein heiratet eine einfache Bauersmagd.
Die ideologische Überzeichnung stieß selbst in der DDR-Presse auf deutliche Kritik. Das "Neue Deutschland" sprach von einer "vulgären Anwendung marxistischer Grundsätze". Die "Neue Zeit" meinte, durch die "gutgemeinte Fortschrittlichkeit" würde der Märchenstoff verballhornt.
Auch in der Bundesrepublik waren die Reaktion deutlich. Die "Zeit" berichtete ausführlich über das "marxistische Schneiderlein", ging aber nicht weiter darauf ein, dass die plumpe Politisierung des Märchens selbst in der DDR umstritten war.
1957 beschäftigte das "Schneiderlein" schließlich den "Interministeriellen Ausschuss". Sechs Bonner Ministerialbeamte sichteten den #DEFA-Film und sprachen ihre "Bedenken" gegen eine Kinovorführung in der Bundesrepublik aus. Näher begründet wurde das Verbot nicht.
Die Angst vor "kommunistischer Propaganda" war jedoch bei Kinderfilmen besonders ausgeprägt und sicher au Das Filmverbot bestand fast zwei Jahre, bis zum Herbst 1958, als das "Schneiderlein" erneut vom Ausschuss begutachtet wurde.
Diesmal nahmen 14 Beamte aus sieben verschiedenen Bundesministerien an der Filmvorführung teil. Die Bedenken wurden schließlich zurückgestellt und der Film nachträglich freigegeben.
Die Geschichte wirkt heute befremdlich, zeigt aber zugleich, welche besondere Wirkmächtigkeit Filmen in der Zeit des Kalten Krieges zugesprochen wurde, insbesondere wenn es um ein jugendliches Publikum ging.
Kurze Randnotiz: 1961 verschwand der Film still und leise aus den Kinos der DDR - der Hauptdarsteller, Kurt Schmidtchen, war nach dem Mauerbau in die Bundesrepublik übergesiedelt. Der Film wurde danach kaum noch gezeigt.

Andreas Kötzing @AKoetzing
11:37 vorm. · 24. Mai 2023

https://twitter.com/AKoetzing/status/1661305466184511490

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lemonhorse

Quote[...] In den USA herrscht eine angespannte Stimmung. Insbesondere bei Themen wie Abtreibung oder Waffenrechte. Mittlerweile ufert der Kulturkampf im Land in Bücherverbote aus.

Washington, DC – In den USA herrscht mittlerweile seit Jahren ein erbitterter Kulturkrieg. Ob es um Abtreibung, Sexualität oder Waffen geht, bei manchen Themen wird in dem Land auf das härteste gestritten. Unlängst machte die Biermarke Bud Light auf sich aufmerksam, da sie mit Dylan Mulvaney zusammenarbeiteten. Mulvaney ist eine Transfrau, was eine Vielzahl von Konservativen in den USA verärgerte.

In der Folge riefen mehrere Persönlichkeiten aus dem rechten Spektrum zum Boykott der Biermarke auf. Tatsächlich sollte es Donald Trump Jr. sein, der sich letzten Endes dafür stark machte, den Boykott zu beenden. Das Unternehmen hatte zwischenzeitlich auch an den Aktienmärkten Rückschläge erfahren müssen.

Seit der Corona-Pandemie hat in den USA eine weitere Entwicklung stattgefunden: Eltern gruppieren sich und betreiben Aktivismus an den Schulen ihrer Kinder. Die Vorwürfe vieler republikanischer Eltern lauten: Lehrer würden ihren Kindern unsittliche Inhalte vermitteln. Meistens geht es dabei und LGBTQ-Themen oder Rassismus in den USA.

Im selben Zusammenhang kommt es auch immer mehr dazu, dass Bücher in den USA an Schulen verboten werden. Eltern beschweren sich an den Schulen über die Auswahl der Bücher, welche ihre Kinder lesen. Meistens geht es in den Büchern um die bereits genannten Themen.

,,Es kam auch früher immer mal wieder vor, dass Eltern sich über ein Buch beschwerten, das im Unterricht besprochen wurde oder in der Schulbibliothek stand", sagt Kasey Meehan vom Autorenverband PEN. ,,Aber was wir heute sehen, ist ein koordinierter Aufwand von organisierten Gruppen, die mit langen Listen von Büchern anrücken, die sie verbieten lassen wollen." 2253 Bücher seien der Süddeutschen Zeitung zufolge seit Mitte 2021 betroffen. Allein in der ersten Hälfte dieses Schuljahrs seien weitere 874 dazugekommen.

Es gehe darum, bestimmte Gruppen ruhig zu stellen, meint Nick Higgins, Chefbibliothekar der Brooklyn Public Library. Es gehe darum diesen Gruppen zu sagen: ,,Ihr gehört nicht dazu. Ihr seid nicht erwünscht", sagt Higgins der Süddeutschen Zeitung. (lp)


Aus: "Kulturkampf in den USA: Bücherverbote an Schulen nehmen zu" Linus Prien (23.04.2023)
Quelle: https://www.fr.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-buecherverbote-an-schulen-nehmen-zu-92231012.html

Quoteschnizzel

Die Republikaner verbauen sich die eigene politische Zukunft. Junge Menschen wenden sich in Scharen ab von dieser Partei. Selbst in tiefroten Distrikten haben sie bei den jüngeren Wählerschichten keine Mehrheiten mehr.
Ein risikoreiches Spiel auf die Boomer als Bank zu setzen, denn die verschwinden die nächsten 20 Jahre auf natürliche Weise. ...


QuotePeter Troll-Lamour --> schnizzel

Man kann nur hoffen, dass Sie recht behalten.


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Textaris(txt*bot)

#437
Quote[...] Es war ein Fall, der weltweit für Aufsehen sorgte, als in dieser Woche das Gedicht ,,The Hill We Climb" der jungen Schwarzen Dichterin Amanda Gorman an einer Grundschule in Miami Lakes, Florida, aus den Regalen genommen wurde. Eine Mutter hatte sich per Formular über das Gedicht beschwert.

Das Poem über die ungleich schlechteren Aufstiegschancen junger Schwarzer Menschen hatte internationale Bekanntheit erlangt, als es die damals erst 22-jährige Gorman bei der Amtseinführung von Präsident Joe Biden im Januar 2021 vortrug. Für die konservative Mutter aus Miami aber dient das Gedicht ausschließlich dazu, ,,Verwirrung zu stiften und zu indoktrinieren", schrieb die Mutter, die zuvor schon vier weitere Bücher aus der Schule hatte verbannen lassen.

Gorman zeigte sich empört über die Entscheidung der Schule. ,,Kindern die Gelegenheit wegzunehmen, ihre eigene literarische Stimme zu finden, ist ein Verstoß gegen deren Recht auf freies Denken und freie Meinungsäußerung", schrieb sie auf Twitter.

https://taz.de/Amanda-Gorman-ins-Deutsche-uebersetzt/!5761784/

https://twitter.com/TheAmandaGorman/status/1661131819717390336?s=20

Dass das überhaupt möglich ist, ist Floridas republikanischem Gouverneur Ron De­Santis zuzuschreiben. Und genau der hat diese Woche offiziell bekannt gegeben, sich um die republikanische Präsidentschaftskandidatur zur Wahl im November 2024 zu bewerben.

https://taz.de/Ron-DeSantis-Praesidentschaftskandidatur/!5933640/

Von den bisher bekannten Kan­di­da­t*in­nen gilt der 44-Jährige als einziger ernstzunehmender Gegner für Ex-Präsident Donald Trump. Dabei ist seine politische Laufbahn gerade einmal zehn Jahre alt. Fünf Jahre als Kongressabgeordneter in der US-Hauptstadt und nun seit fünf Jahren als Gouverneur von Florida. Aber die Coronapandemie und der von ihm hart gefochtene Kulturkampf zwischen Republikanern und Demokraten haben ihn auf die nationale Bühne katapultiert.

https://taz.de/US-Praesidentschaftswahl-2024/!5936830/

Mit seiner Aussage, Florida sei der Staat, in dem ,,Woke"-Ideologien sterben, verdeutlichte DeSantis im Januar dieses Jahres anschaulich, wofür seine Politik steht. Egal ob Anti-Rassismus-Unterricht an Schulen, die Rechte von LGBTQ+-Menschen oder Abtreibung – alles, was nicht der traditionellen, auf christlichen Werten basierenden Denkweise entspricht, steht in Florida zur Debatte und dank DeSantis auch auf der politischen Agenda.

Aufgrund der republikanischen Übermacht in Florida, wo die Partei nicht nur den Gouverneur stellt, sondern auch die Mehrheit in beiden Kammern der Legislatur besitzt, können auch umstrittene Gesetzesentscheidungen zügig umgesetzt werden. Das kommt an, sagt der republikanische Stratege Scott Jennings im Gespräch mit der taz. ,,Republikanische Wähler sehen DeSantis in einem sehr positiven Licht und haben generell eine hohe Wertschätzung für ihn."

DeSantis' erste vier Jahre als Gouverneur von Florida lassen sich in zwei Abschnitte unterteilen – vor und nach Corona. Während viele US-Bundes­staaten während der Pandemie die Schulen und Geschäfte schlossen oder Schutzmasken und Impfverordnungen verhängten, ging DeSantis einen anderen Weg. Was beide Teile jedoch vereint, ist das Thema Kulturkampf.

,,DeSantis hat das Thema Kulturkampf für sich vereinnahmt. Er ist mit dieser Plattform in Florida angetreten und gewann", sagt die republikanische Strategin Alice Stewart im Gespräch mit der taz.

Laut DeSantis geht es bei diesen Kulturkämpfen nicht nur um die Zukunft der USA, sondern auch um den Schutz von Kindern. Unter anderem hat er es sich zur Aufgabe gemacht, gegen die, seiner Meinung nach, liberale Politik von Lehrkräften vorzugehen. Unter seiner Führung wurden Gesetze erlassen, die vorschreiben, wie Lehrkräfte mit Themen wie Rassismus (Critical Race Theory), Geschlechts­identität und Sexualität im Unterricht umgehen dürfen.

Diese Beschränkungen hatten zur Folge, dass hunderte Bücher, die sich mit diesen Themen beschäftigen, aus Schulbibliotheken entfernt wurden. Dank einer erst kürzlich erlassenen Erweiterung dieser Bestimmung reicht mittlerweile die Beschwerde eines einzigen Elternteils, um ein Buch zu verbieten.

Der Organisation PEN America zufolge wurden im Schuljahr 2021/2022 an Floridas Schulen 565 Bücher verboten. Doch es sind nicht nur Büchervorbote und Unterrichtsbeschränkungen, mit denen DeSantis und Republikaner in Florida im Kulturkampf agieren. Auch wurde es Transsexuellen verboten, in Mädchen- und Frauensportwettbewerben anzutreten. Und erst letzten Monat verabschiedete DeSantis eines der strengsten Anti-Abtreibungs-Gesetze in den USA. Dieses Gesetz verbietet Abtreibungen bereits nach der sechsten Schwangerschaftswoche – zu einem Zeitpunkt, an dem viele Frauen noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind.

DeSantis weiß, dass diese Kulturkampfthemen nicht überall im Land punkten werden. ,,Er wird seinen Ton in diesen Angelegenheiten mäßigen müssen, wenn wir uns den republikanischen Vorwahlen und der Präsidentschaftswahl nähern. Was in einem roten Bundesstaat wie Florida ankommt, findet nicht im gesamten Land Anklang", sagt Stewart, die den Fokus auf Kulturkampfthemen als eine von DeSantis' größten Schwächen sieht.

Auch DeSantis' anhaltende Fehde mit Disney könnte vor allem auf nationaler Ebene zu einem Problem werden, da sich Unternehmen von einem republikanischen Präsidenten weniger Bürokratie und mehr Unterstützung erhoffen. Die Fehde startete mit DeSantis' sogenanntem ,,Don't Say Gay"-Gesetz, welches es Leh­re­r:in­nen verbietet, Themen wie sexuelle Orientierung und Geschlechts­identität im Unterricht zu diskutieren.

Der Disney-Konzern kritisierte das Gesetz öffentlich und DeSantis reagierte, indem er dem Unternehmen – das immerhin einer der größten Arbeitgeber in Florida ist – Steuervorteile strich. Durch den Streit sind dem Bundesstaat bereits neue Einkünfte flöten gegangen. Das Unternehmen strich kürzlich Pläne für einen neuen Campus, der 2.000 weitere Arbeitsplätze nach Florida gebracht hätte.

Trotzdem boomt der Sunshine State. Floridas Wirtschaft und der Tourismus laufen auf Hochtouren. Die Arbeitslosenquote ist niedrig und die Kriminalitätsrate ist weiter am Sinken. Es sind genau diese Punkte, auf die sich DeSantis im Wahlkampf konzentrieren sollte, sagt Stewart. Seine Befürworter sagen, dass es diese Qualitäten sind – die Dinge anzupacken –, welche in Washington dringend gebraucht würden. Gegner befürchten hingegen, dass sein autoritärer Führungsstil nichts anderes bedeuten würde als weitere vier Jahre Trump.

Dem Ex-Präsidenten hat De­Santis politisch viel zu verdanken. Als er 2018 als praktisch Unbekannter ins Rennen um das Gouverneursamt ging, erhielt er vom damaligen Präsidenten Rückenstärkung. Es war ein Riesenschub für seine Kampagne. Am Ende konnte sich DeSantis knapp durchsetzen.

,,Seine größte Schwäche ist es, dass er ausgerechnet gegen Donald Trump antritt", sagt Jennings. Sich von seinem einstigen Gönner so gut wie möglich zu unterscheiden, ohne dabei aber dessen Anhänger zu verlieren, wird Ron DeSantis' größte Herausforderung werden.


Aus: "Mit ,,Anti-Wokeness" an die Spitze" Hansjürgen Mai (26.5.2023)
Quelle: https://taz.de/Ron-DeSantis-will-US-Praesident-werden/!5934444/

Quotetomás zerolo

Bemerkenswert ist, dass sowas von denen kommt, die am lautesten "Cancel Culture" gekreischt haben. ...


QuoteAjuga
gestern, 22:37

@tomás zerolo Naja, Religiös-Konservative ziehen halt selektiv die schamlosesten, verkommensten und verlogensten Teile aus der Gesellschaft an.

Was auf jeden Fall Beachtung verdient, ist die nicht mehr nur ideologische, sondern mittlerweile ganz persönliche Nähe der CSU-Spitze zu De Santis. ...


...

QuoteTracy T.

Mit DeSantis hat sich endlich ein führender Politiker der USA dazu entschlossen, dem Woke-Wahnsinn mit all seinen Auswüchsen, wie z.B. der Indoktrinierung und Sexualisierung von Kindern im Vorschulalter, den Kampf anzusagen. Gut so! CDU und CSU sollten sich daran ein Beispiel nehmen.


QuoteChristoph K.

Jeder der das WOKE Virus besiegt und den Grünen  ihre irrwitzigen Allmachtsphantasien abgewöhnt ist willkommen. Dabei muß man nicht einmal fremdenfeindlich, antisemitisch, gegen Frauen, homophob oder trans/queerphob sein, es bedarf eigentlich nur eines gesunden Menschenverstandes.


QuoteGertraud Z.

An den Reaktionen der SPD und Grünen kann man erkennen, dass die Nerven blank liegen. Sie haben einen panische Angst die linke Medienhoheit zu verlieren und damit auch die Bevölkerung, die hoffentlich mal aufwacht. Nur weiter so CSU.


QuoteB
Bongneng

Endlich löst sich die Union mal von der linksgrünen Bevormundung. Schluss damit, dass die Linksgrünen in ihren bizarren  woketagträumereien allen diktieren, was und mit wem man noch reden darf.  Das Pseudoargument, Jeder sei rechts, der nicht nach ihrer Pfeife tanze, intetessiert doch keine Sau mehr.


QuoteJosef W.

Die links-grüne groß Wetterlage verändert sich gerade gravierend, die Demokratie kehrt hoffentlich
bald zurück, auch die AFD muß gehört werden.


QuoteKlaus K.

Ja ist schon furchtbar schlimm, dass man sich mit de Santis trifft. Einer der auf das Corona-Regime pfiff, keinen Bock auf Genderwahn hat und natürlich konservativ (= rechtsradikal) ist. ...


QuoteRalf M.

Bravo CSU! Bitte nicht klein beigeben, wenn man richtigerweise auch konservative Politiker im Ausland besucht, nur weil es der SPD, den Grünen und den Linken in der CDU nicht passt.


QuoteHausbootbewohner

Während die links -grünen Maoisten in Deutschland , schon 12 jährige Mädchen zum Mann transformieren wollen, achtet De Santis auf Kinder.- und Jugendschutz. Eventuell wird er der nächste US Präsident und dann können gute Beziehungen nicht schaden.


QuoteMaike D.

Die Grünen sind totalitär. Allmählich zeigt es sich unmarkiert.


QuoteHelmut B.

"neurechter Kulturkampf, rechtsaußen". Solche Sprüche von Mast zeigen wie linksverdreht ihr Gedankengut ist, also nix Neues in der SPD. Das nun ausgerechnet noch in den eigenen Reihen die "Augen verdreht" werden, zeigt allerdings auch wie woke und zeitgeistangepaßt die Union ist. Mit dieser Truppe ist keine Änderung im Land möglich.


QuoteL
Lex Luther

Der Grünfaschismus ist neben dem Islamfaschismus die größte Bedrohung der Demokratien. Beide Ideologen basieren auf einen absolutistischen Anspruch zu bestimmen was gesagt und getan werden darf. Nichts anderes als es Hitler, Stalin, Mao etc. propagierten. Die Grünen haben als größte Waffe die woke Medienlandschaft auf ihrer Seite und die Lehranstalten die ganz im Sinne ihrer abstrusen Wertvorstellungen die Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene ideologisch erzieht. Linker Wahn hat noch nie Wohlstand und Freiheit produziert.


QuotePhilipp B.

DeSantis ist Vorbild im Kampf gegen den woken Faschismus, gegen Trans- und Genderterror. Die Reaktion von Grünen und Linken spricht Bände. Bände spricht auch, wie sofort reflexartig in CDU und CSU reagiert wird. Peinlich, ärmlich, erschreckend.


QuoteHelmut B.

DeSantis scheint einer der wenigen zu sein, die noch alle Latten am Zaun haben. Ich würde mir wünschen, er würde Präsident werden.


QuoteMartin K.

DeSantis hätte ich auch gerne als Kanzler.


QuoteCarsten F.

Eine vernünftige Reise! In Florida könnte die CDU/CSU wieder lernen, was es bedeutet Konservativ zu sein..!


QuoteStefan A.

Hier kommt mal wieder zum Ausdruck, dass die Grüne unsere Meinungsfreiheit verachten.


QuoteKersten K.

DeSantis wird mir immer sympathischer - großer Pluspunkt ist definitiv, dass er den Coronawahn nicht mitgemacht hat - angefangen von Lockdown über Masken bis hin zur Impfpflicht.


QuoteMarkus R.

Gut so! Harte Bandagen im Kulturkampf!


QuoteK. B.

Scheuer hat als Minister auf allen Ebenen versagt. Aber hier macht er mal was richtig.


QuoteHeidemarie H.

Der Andi wird in der Luft zerrissen und bei Habeck wird versucht, die Wogen zu glätten. Gott sei Dank wacht Deutschland laaaangsam auf


QuoteBoogie

Steini und Co feierten Lula ... DeSamtis hat wertkonservative Vorstellungen, gut so


QuoteRheinländer

DeSantis weiß wenigstens was Verhältnismäßigkeit ist!


QuoteMatthias A.

Wußte DeSantis mit wem er sich da trifft ....


Kommentare zu: ,,Frei gewählte Abgeordnete brauchen keine grüne Gesprächspolizei"
Veröffentlicht am 10.05.2023 | Von Nikolaus Doll, Stefanie Bolzen
https://www.welt.de/politik/deutschland/article245233592/CSU-Andreas-Scheuer-bei-Ron-DeSantis-Brauchen-keine-gruene-Gespraechspolizei.html

usw.

-

Quote[...] Seit Monaten hatte Amerika darauf gewartet, dass Ron DeSantis seine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten erklärt. Am Mittwochabend musste die Nation fast 30 weitere quälend lange Minuten aushalten. ,,Wir versuchen das hier zum Laufen zu kriegen. Hier sind einfach zu viele Leute", war auf Twitter Spaces zu hören. Jener Plattform, die DeSantis für seine Premiere gewählt hatte.

Eingeladen worden war DeSantis vom Twitter-Chef persönlich: Elon Musk war ebenfalls Gast der Audio-Übertragung. Doch die wollte nicht funktionieren. Wortfetzen, übersteuerte Mikrofone, immer wieder minutenlange Stille. 600.000 Zuhörer hatten versucht, sich um 18 Uhr Ostküstenzeit zuzuschalten.

Das brachte Musks Server ,,zum Schmelzen. Was ein gutes Zeichen ist", wie der hörbar gestresste Moderator David Sacks beteuerte. In Wirklichkeit war diese Premiere eher ein Desaster – für DeSantis wie für Musk, der seinen Auftritt als mächtiger Influencer für die Wahlen im kommenden Jahr hatte zelebrieren wollen. Ganz in Musk-Manier pries er den Pannenauftakt danach als ,,die heutige Topstory auf der ganzen Welt" an.

... In Florida haben DeSantis' Republikaner eine klare Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus. Sie haben so in den letzten Monaten unter anderem das von Kritikern als ,,Don't say gay" bezeichnete Gesetz erweitert. Es besagt, dass Lehrer sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität ab dem Kindergarten bis zur 12. Klasse nicht mehr zum Thema machen dürfen.

Ein anderes Gesetz vereinfacht es, bestimmte Bücher in der Schulbibliothek zu verbieten. Der Gouverneur sieht sich mit solchen Regelungen als Vorkämpfer für die Rechte von Eltern und gegen eine ,,woke" Indoktrinierung der Schüler, die er und seine Anhänger befürchten. ,,Florida, wo ,woke' zur Strecke gebracht wird", erklärte er beim Antritt seiner zweiten Amtszeit als Gouverneur im Januar.

... Trump sicherte sich bereits die Unterstützung von elf Senatoren und 50 Abgeordneten. In den Umfragen für die Vorwahlen liegt DeSantis abgeschlagen hinter Donald Trump. Finanziell jedoch soll der Gouverneur von Florida vorn liegen und bereits mehr als 110 Millionen US-Dollar eingesammelt haben, während Trump die vergleichsweise dünne Summe von rund 19 Millionen US-Dollar in der Wahlkampfkasse hat.


Aus: "Sein Wahlkampfauftakt mit Elon Musk gerät zum technischen Desaster" Stefanie Bolzen, Sonja Gillert (25.05.2023)
Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article245526866/Ron-DeSantis-Sein-Wahlkampfauftakt-mit-Elon-Musk-geraet-zum-technischen-Desaster.html

QuoteHarald K.

Florida war zu Corona das Schweden der USA und damit erfolgreich. Die Einwohnerzahl ist deutlich gestiegen.


QuoteThomas M.

"Es spielt auch auf eine vom rechten Flügel angefachte Angst vor dem ,,tiefen Staat" an, hinter dem angeblich sich selbstversorgende Eliten in Amerikas Bürokratie und Beamtenschaft stecken."

Der Durham-Report und die Twitter-Files bestätigen diese Angst.


QuoteMax S.

DeSantis: meine volle Unterstützung für ihn. Solide, gegen die woke Kulturrevolution.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Ampel-Koalition setze die Lebensentwürfe der Menschen in Deutschland herab, indem sie ihnen vorschreibe, wie sie sich zu verhalten haben, sagt Jens Spahn in einem Interview mit der ,,Welt am Sonntag". Dem Tagesspiegel lag eine Vorabversion vor.

,,Den Leuten wird gesagt: ,Ihr fahrt das falsche Auto. Ihr habt das falsche Haus, die falsche Heizung! Ja, Ihr habt überhaupt noch ein Haus! Ihr esst das falsche Essen. Ihr habt die falsche Einstellung'", bemängelt der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag und ehemalige Bundesgesundheitsminister.

,,Selbst die Ansicht, ein Mann hat einen Penis und eine Frau nicht, gilt inzwischen in Teilen der Ampel-Koalition als problematisch", behauptet Spahn.

Millionen Menschen bekämen von einer ,,großstädtisch geprägten Elite vermittelt, dass sie falsch leben", sagt Spahn der ,,WamS". ,,Das ist eine Herabsetzung ihrer Lebensentwürfe, ihrer Lebensleistungen und ihres Blickes auf die Welt. Und auf diese antworten sie mit Unwillen und auch Protest."

Viele Gesetzesinitiativen der Ampel-Koalition würden zu tief in das Leben der Menschen eingreifen und sie überfordern, bemängelt Spahn. Als Beispiele nennt er das Selbstbestimmungsgesetz, die Streichung der Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch, die Freigabe von Cannabis und das neue Staatsbürgerschaftsrecht.

Gerade Letzteres sei der Bevölkerung in Zeiten von steigender Migration nicht zu vermitteln. ,,Die Ampel betreibt den Kulturkampf aktiv", sagt er im Interview mit der ,,WamS". Die Menschen hätten den ,,Wunsch nach Sicherheit, auch nach kultureller Sicherheit".

Besonders aber seien es die Grünen, die der Bevölkerung ihre Ideologie aufdrücken wollen. ,,Mit der Art, wie viele Grüne die Debatte in den vergangenen Monaten geführt haben, haben sie der Akzeptanz der Klimaschutzpolitik in Deutschland enorm geschadet", glaubt Spahn.

Die Union müsse sich die Frage stellen, ,,ob wir (...) mit so einer grünen Partei im Bund regieren können und wollen. Einen Automatismus für Schwarz-Grün gibt es jedenfalls nicht." (Tsp)


Aus: " ,,Ampel betreibt Kulturkampf": Spahn wirft Regierungskoalition Überforderung der Bevölkerung vor" (17.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ampel-betreibt-kulturkampf-spahn-wirft-regierungskoalition-uberforderung-der-bevolkerung-vor-10001197.html

QuoteMjoy
17.06.23 10:02

Keine der angeführten Gesetzesinitiativen greift besonders tief in das Leben des einzelnen ein.
Wer nicht trans ist, nicht abtreiben möchte, nicht kiffen will oder sich nicht einbürgern lassen will, für den wird sich durch diese Gesetze praktisch kaum etwas ändern.
Diese Gesetze sind nur überfordernd für Menschen, die gerne anderen Menschen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben.


QuoteClaudia
17.06.23 09:57

"Spahn wirft Regierungskoalition Überforderung der Bevölkerung vor"

-Da kann man mal sehen, wie wenig Herr Spahn der deutschen Bevölkerung zutraut.


QuoteJozipBroz
17.06.23 09:53

Ländlich bis kleinstädtisch, konservativ, "christlich", Sparkassendirektor-Honoratior, "Kulturkampf"-Pastor - man kann es ja einmal mit einem Achtel Trumpismus und einem Achtel "AfD"-Sprech versuchen, hat sich der stellvertretende Frontmann der CDUCSU im Parlament gedacht - und er wollte ja insbesondere die "DöpfnerSpringer-"Welt" bedienen (wer deren Forum liest, weiß, was ihn erwartet und was diese Leser (nicht gendern, pfui!) erwarten). --
Zigtausende von jungen Menschen sind in den letzten 50 Jahren vom "Land" in die Großstadt gezogen, weil sie die dortige geistig-ideologische Enge und Bevormundung leid waren. Sie waren es leid, vorgeschrieben zu bekommen, wie sie sich zu verhalten haben. Sie waren es leid, die falsche Frisur vorgeworfen zu bekommen; die falschen Klamotten zu tragen; das Zimmer falsch gestrichen zu haben; die falsche Musik zu hören; nicht mehr am Sonntag zur Kirche zu gehen, und überhaupt nicht mehr zur Beichte; das Wort "Penis" auch nur in den Mund zu nehmen; vor Sex Angst zu haben; nicht selbst über Verhütung und Abtreibung bestimmen zu können. Sie waren der Herabsetzung ihres Denkens und ihrer Lebensentwürfe einfach überdrüssig; der staatlichen Gängelei und Schnüffelei in ihrem Privatleben; der subtil sexualisierten Atmosphäre in Religionsunterricht und Pfarrhaus (heute ist bekannt, dass dieses Unbehagen nicht trog). Sie hatten die Nase voll von der seit dem 17. Jahrhundert kulturkämpferisch auftretenden Gegenreformation, von Kirchenmacht und Katholenmoral, von Adels- und Standesdünkel, von 50er-Jahre-Mief und Adenauerrepublik. Sie verabscheuten die Herabsetzung von freiem Denken, von Vernunft, Aufklärung und Wissenschaft. Sie erkannten den verlogenen Moral- und Lebensstil von Oberschicht und Machtelite. Sie erkannten, dass dieser Lebensstil schlichtweg den Planeten gefährdet. Sie sorgten dafür, dass diese Erkenntnis immer weitere Verbreitung fand - weil sie wissenschaftlich basiert ist. -- Und darüber ist Villenbesitzer Spahn empört ... .


QuoteMadame_X
17.06.23 10:43
@JozipBroz am 17.06.23 09:53

    Ländlich bis kleinstädtisch, konservativ, "christlich",

So bin ich nun mal, Sie sollten Menschen wie mich nicht lächerlich machen wollen. Sehr viele Menschen in Deutschland sind so. Wenn Sie die alle ablehnen und als gestrig empfinden, vertiefen Sie die Spaltung und das Gegeneinander.
Diejnigen, die sich progressiv nennen, haben in meinen Augen noch nicht gezeigt, dass ihre Vorstellungen besser wären. Nur "anders" ist nicht genug, es muss auch besser sein.


QuotePrenzlbergerin
17.06.23 09:25

Was für eine Witzfigur.  ...


QuoteO.L.
17.06.23 09:03

Mag er sein wie er will, aber Spahn hat Recht. Diese grüne Bevormundung ist unerträglich.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der neue Sozialkonservatismus besteht aus einer neuen reaktionären Ideologie, bestehend aus kulturkämpferischen Themen wie der Ablehnung von "Politischer Korrektheit" und "Critical Race Theory", vermengt mit etwas LBTQ*-Feindlichkeit und sentimentalen Patriotismus.

Die Tatsache, dass die kulturkämpferischen Themen der letzten Jahre vorwiegend innerhalb religiöser Bewegungen und konservativ regierten Staaten reelle politische Folgen hatten, von der Gesamtgesellschaft jedoch entweder ignoriert oder abgelehnt werden, könnte für die Republikanische Partei zum großen Problem werden.

Nicht, dass die religiöse Rechte schlecht organisiert wäre. Im Gegensatz zu den meisten sozialen Bewegungen in den USA, die einen Rückgang ihres demografischen Einflusses verzeichnen mussten, konnte die religiöse Rechte ihre politische Macht über die Erosion der amerikanischen Zivilgesellschaft hinaus erhalten – mit weitreichenden Folgen.

... Die politische Entwicklung in den Vereinigten Staaten seit dem Kippen von Roe vs. Wade durch das Oberste Gericht hat gezeigt, dass eine gut-platzierte Gruppe religiöser konservativer Richter ihre politischen Ziele gegen den Willen der Mehrheit durchsetzen kann. Den politischen Preis zahlt die Republikanische Partei.

Die politische Macht der christlichen Rechten innerhalb der konservativen Bewegung und ihr Mangel an Rückhalt bei der US-Wählerschaft könnten sich für die Republikanische Partei bei den Wahlen 2024 als verhängnisvoll herausstellen.

... Die religiöse Rechte nimmt in Bezug auf die Republikanische Partei also eine ähnliche Rolle wie der ehemalige Präsident Donald Trump ein. Durch ihre kulturkämpferische Rhetorik schmälert sie die Erfolgschancen der Republikaner in landesweiten Wahlen, bindet jedoch die Wählerbasis der Republikaner an sich.

Der Kulturkampf hat als machtpolitisches Mittel also noch nicht ausgedient, nur wie weit diese Macht in den USA über die politische Sphäre der Konservativen hinausreicht, ist ungewiss.

...



Aus: "Religiöse US-Rechte: Warum sie die Erfolgschancen der Republikaner schmälert" Leon Gerleit (20. Juni 2023)
Quelle: https://www.telepolis.de/features/Religioese-US-Rechte-Warum-sie-die-Erfolgschancen-der-Republikaner-schmaelert-9192484.html

QuoteB.Eckstein, 20.06.2023 14:33

Nichts gegen Konservatismus - manches davon ist gut, manches davon ist schlecht. Über vieles kann man diskutieren. Aber was da bei der ex-GOP abgeht, ist echt bedauerlich. Die GOP hat schon damals bei der Tea-Party-Bewegung (Palin und Bachmann, den "Football-Moms") den Absprung auf dem Weg in die Parallelwelt zurück in die Realität leider nicht geschaft. Damals fing's schon an.



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Matthias Matussek hat ein weinerliches Buch geschrieben. Es ist durchzogen von Selbstüberschätzung, Denkfaulheit und peinlichen Fehlern. Doch etwas Gutes hat es.

Es war sehr zäh, dieses Buch zu lesen. Weil originelle Gedanken fehlen, weil die Handlung von ,,Armageddon" unfassbar platt geraten ist und auch wegen der zahlreichen handwerklichen Mängel.

In seinem neuen Buch lässt Matthias Matussek keinen Zweifel daran, dass die Hauptfigur – der in Ungnade gefallene Bestseller-Autor Rico Hausmann – er selbst ist. Die Lebensdaten, kleinste Details seiner Vita, die zertrümmerte Karriere, das alles ist Matussek.

Dank des ausgetauschten Namens wirkt es, vielleicht, nicht ganz so peinlich, dass sich der Autor ständig selbst lobt oder von anderen Figuren loben lässt. Weiterhin ermöglicht es dem Autor, Unwahrheiten zu verbreiten und sich im Zweifel darauf zurückzuziehen, dass es sich um einen Roman handle.

Acht Jahre ist es her, dass Matussek nach einem Eklat bei der ,,Welt" rausflog. Seitdem fällt er durch AfD-Nähe, rechte Polemik und seltsame Blogeinträge auf. In seinem Buch beschreibt er nun, wie er sich beziehungsweise Rico Hausmann einschätzt: als missverstandenen Großdenker und Starautoren, der von alten Weggefährten verraten wurde. Doch er sei ein Kämpfer. Einer, der ,,in Gegnerschaft aufblüht". Seine Selbstüberschätzung ist schwer erträglich.

Seine Botschaft lässt sich auf zwei Leitgedanken herunterbrechen: ,,Alle doof außer ich" sowie ,,Die anderen sind voll gemein." Der Verlag hatte ,,Armageddon" als ,,J'accuse" des Autors gegen ,,Mitläufertum und den Verlust der christlichen Werte" angekündigt, doch es ist bloß ein 280 Seiten langes Gejammer geworden.

Leider ist das Werk durchzogen von Fehlern. Der Autor bringt Fakten und zeitliche Abläufe durcheinander. Er zitiert Songtexte falsch, er zitiert Prominente und Kollegen falsch, er zitiert selbst falsch aus ,,Mein Kampf". Matthias Matussek schafft es sogar, verkehrt aus Wikipedia zu zitieren.

Mal bringt Matussek einen Buchtitel, mal den Namen eines berühmten Essays durcheinander. Und ja, es macht einen Unterschied, ob ein Werk wie von Matussek behauptet ,,Gegen den Selbstmord" heißt oder in Wahrheit ,,Über den Selbstmord". An einer Stelle schreibt er von einem Böhmermann-Video, das ,,gerade" herausgekommen sei, tatsächlich war das bereits 2018.

Glaubt man diesem Autor, war Kai Diekmann zu Zeiten der Ampelkoalition noch Chef der ,,Bild" (war er da schon vier Jahre nicht mehr). Der Schriftsteller Douglas Adams sei 52 Jahre alt geworden (korrekt wäre 49). Und er behauptet, das Magazin ,,Spiegel" habe 2017 die Worte ,,Wehrt Euch" auf sein Cover gedruckt (korrekt: ,,Traut Euch!"). Und so weiter.

Nun drängen sich mehrere Fragen auf. Erstens: Wenn schon diese offensichtlichen, leicht überprüfbaren Fakten nicht stimmen, was hat Matussek dann noch alles verwechselt? Und zweitens: Wurde dieses Buch überhaupt lektoriert?

Es gibt in der Medienbranche das bekannte Phänomen, dass schlecht gealterte, verbitterte, nach rechts gerutschte Autoren mitunter derart stur sind, dass Redakteure oder Lektoren, die deren Texte eigentlich verbessern sollten, einfach alles durchwinken. Um keine Zornesausbrüche über sich ergehen lassen zu müssen, sagen sie sich: Ach komm, das drucken wir weg, es steht schließlich nicht mein Name drüber.

Dies ist allerdings nur eine Theorie. Vielleicht existieren ganz andere Gründe für die grotesk vielen Fehler.

Ein bisschen bestürzt es zu sehen, wie tief Matthias Matussek in rechte Schwurbelwelten abgerutscht ist. Wie er den AfD-Sprech verinnerlicht hat, die Bundesrepublik für einen DDR-Obrigkeitsstaat hält, von ,,grünem Regierungsterror" fantasiert und Verschwörungslügen reproduziert. Man muss ihn fast dafür loben, dass er nicht auch noch über Chemtrails nachdenkt.

Immerhin wird deutlich, wie arg es Matthias Matussek schmerzt, dass er verstoßen wurde. Wie hart es ihn trifft, dass er öffentlich kritisiert wird, dass ihn Kurt Krömer in seiner Sendung vorführte und Jan Böhmermann ihm ein Lied schrieb. Dass so viele Weggefährten mit ihm brachen, weil sie seine rechten Ausfälle nicht tolerierten. Man spürt, wie unglücklich der Autor darüber ist, jetzt vor diesem Scherbenhaufen zu stehen, den er selbst verzapft hat.

Interessant ist auch zu erfahren, dass die meisten seiner Geschwister offenbar ein Problem mit seiner AfD-Nähe haben. Und was ihm sein Kumpel von der rechtsextremen Identitären Bewegung von seinen Dating-Problemen erzählt, ist ebenfalls erhellend. Nur sehr wenige Menschen wollen Sex mit Rechtsextremen haben, erfährt man. Dies sind die guten Momente des Buchs.

Eine fiktive Handlung gibt es in ,,Armageddon" übrigens auch. Mit ihr treibt Matussek seine eigene Opferinszenierung und Rechthaberei auf die Spitze: Ein linker Aktivist versucht, Rico Hausmann zu erschießen. Es klappt nicht. Als der Aktivist ihm nach 279 schleppenden Seiten auf einem Friedhof auflauert, mit dem Gewehr ansetzt und seinen Schuss abgibt, verletzt er Hausmann bloß. Der Angeschossene, der schon lange vor einem Attentat gewarnt hatte, überlebt, und die Polizei sieht nun endlich ein, dass sie die berechtigten Sorgen des klugen Autors früher ernst hätte nehmen sollen.

Bezeichnend, wie Matussek sich den Angreifer ausmalt: Der Mann gehört natürlich zur Antifa, ist bei G20 im schwarzen Block mitgelaufen, hasst das ,,Schweinesystem", hört ,,Feine Sahne Fischfilet", mag den Film ,,Pulp Fiction" und stinken tut er auch noch. Doch, so plump gestaltet Matussek seine Figuren. 

Gern wäre man dabei gewesen, als sich Matussek diesen Plot ausdachte und ihn irgendwie für eine gute Idee hielt statt für unfreiwillig komisch. Auch wüsste man gern, wie wohl sein Umfeld reagierte, als er davon erzählte. Warum ihn niemand zur Seite nahm und es ihm sagte.

Vermutlich wird das Buch ein paar wohlwollende Besprechungen ernten, im rechtsextremen ,,Compact"-Magazin und der ,,Jungen Freiheit". Die vielen Mängel werden diesen Kreisen egal sein. Bleibt die Frage, weshalb es sich für andere lohnen könnte, das Werk zu lesen.

Vielleicht weil es in diesen Zeiten auch kluge konservative Perspektiven auf dieses Land braucht? Ja, die braucht es ganz sicher und dringend. Doch ausgerechnet bei Matussek danach zu suchen, ist so, als wolle jemand klassische Musik hören und schalte deswegen RTL2 ein in der Hoffnung, in der Werbepause könnte mal zufällig der alte Warsteiner-Spot laufen.

Vielleicht weil es hilfreich ist zu wissen, wie Wutbürger argumentieren? Ja, aber dann kann man auch auf Youtube ein beliebiges Pegida-Video anklicken, das ist wenigstens gratis.

Womöglich taugt das Werk als abschreckendes Beispiel und beweist, dass die Kritik an den viel zitierten ,,alten weißen Männern" eben keine Kritik an Hautfarben oder Lebensaltern oder biologischen Geschlechtern ist, sondern an einer Geisteshaltung.

Niemand ist gezwungen, sich intellektuell derart aufzugeben, so engstirnig, gestrig und gehässig wie Rico Hausmann alias Matthias Matussek zu sein oder zu werden. Nicht so unelegant und vulgär, nicht so verbittert.

Jeder hat die Möglichkeit, neugierig zu bleiben, zu reflektieren und sich gegebenenfalls zu korrigieren, niemand muss mit rechtsextremen Verfassungsfeinden kuscheln und deren Treiben verharmlosen. Kurz: Niemand muss Rico Hausmann sein.

Ich glaube nicht, dass der Autor diese Botschaft im Sinne hatte. Aber trotzdem: Danke dafür.


Aus: "280 Seiten lang Gejammer: Matthias Matusseks Buch ,,Armageddon"" Sebastian Leber (23.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/matthias-matusseks-neues-buch-armageddon-280-seiten-mimimi-10032436.html

Quoteleonavis
23.06.23 21:33

Das Buch mag zäh gewesen sein, diese Rezension dagegen ist äußerst unterhaltsam geworden. ^^



QuoteMiHa77
23.06.23 21:26
Auf den ersten Blick vermag dieses Machwerk lächerlich anzumuten, aber der vermutlich fatalste Fehler besteht in der irrigen Annahme einer zerklüfteten Rechten, und einer stringenten Trennung zwischen konservativer Mitte und verstoßenem rechten Rand.

Matussek ist nicht isoliert, sondern Teil einer wachsenden Blase, die seit dem Berliner Appell von 1994 wächst, und noch stärker akkumulierte, als sich - die als Interimslösung angedachte - Frau Dr. Merkel mit Hilfe der Pizza Connection, allen voran Peter Altmaier, die Macht in der CDU sicherte, und sich Funktionäre wie Roland Koch, Alexander Gauland, Martin Hohmann zunehmend ihrer politischen Heimat beraubt sahen.

Zuvor war die alte Dregger und Alfred Seidl Fraktion fest in die Union eingehegt. Der Wahlkampf der hessischen CDU 1998 geschah im typischen AFD Sprech, und Irmer könnte der wahre Vordenker jener späteren Partei gewesen sein. Heute ist diese Blase nicht mehr eingehegt, und sehr regierungsfeindlich eingestellt.

Rico Hausmann könnte auch Julian Reichelt sein, oder Peter Hahne, oder Stefan Aust, oder Roland Tichy, oder Fürstin Gloria, oder Vera Lengsfeld.
Viele verspritzen ihre Dosis Gift in die Köpfe der Menschen, schwadronieren vom Sozialismus, über den Untergang des Abendlandes und einer "woken" Diktatur. So mancher Bürgermeister, Landrat und Ministerpräsident fängt auch schon deutlich an sich anzubiedern, unterstützt von zu kurz denkenden, unterstützenden Unternehmern.

Und diese Gruppe wächst und sollte nicht relativierend weggelächelt werden.
Ich kann über die wachsende, undifferienzierte Polarisierung schon lange nicht mehr lachen, und sehe uns auf einem Spaltungs- und Radikalisierungskurs wie die USA.


QuoteSchartinMulz
23.06.23 21:15
Es wäre ja auch komisch, wenn ein Buch, das den Zeitgeist anprangert, in einer Zeitgeist-Zeitung eine gute Kritik bekäme.
Vielleicht ist das Buch wirklich grottenschlecht. Aber aus dieser Rezension kann man es nicht herasuslesen, weil ein Mann wie Matussek hier auf keinen Fall eine gute Kritik bekommen könnte.

    Womöglich taugt das Werk als abschreckendes Beispiel und beweist, dass die Kritik an den viel zitierten ,,alten weißen Männern" eben keine Kritik an Hautfarben oder Lebensaltern oder biologischen Geschlechtern ist, sondern an einer Geisteshaltung.

Dieser Satz spiegelt leider die Arroganz des Zeitgeistes wieder. Eine Pauschalbeleidigung alter, weißer Männer wird wird rechtfertigt, relativiert. Und das in Zeiten der überbordenden PC.


Quoteleichtluft
24.06.23 10:56
@SchartinMulz am 23.06.23 21:15

ähm, ich finde schon, es werden viele Belege angeführt.


QuoteIchWarVonAnfangAnDagegen
24.06.23 11:03
@SchartinMulz am 23.06.23 21:15

Das Zitat besagt doch gerade, dass es mit diesem Begriff eben nicht pauschal um alle alten weißen Männer geht, sondern um eine Einstellung, die häufig von diesen eingenommen wird: moderne Ideen sind allesamt Quatsch, früher war alles besser, die spinnen doch alle nur noch.


QuoteAltberliner
23.06.23 21:01

Wenn das so ein gruseliges Machwerk ist, warum wird es in extenso rezensiert?

Und solche Sätze sind schmerzhaft:
,,Alle doof außer ich"

Außer verlangt den Dativ.


Quoteredbarristo
23.06.23 20:09

Vielen Dank Herr Leber, dass Sie sich die Lektüre des neuesten Federstreiches des zunehmend glücklosen Glücksritters Matthias Matussek angetan hatten.
Ich hatte Herrn Matussek vor Jahren als gewitzten, klugen und gebildeten Journalisten wahrgenommen.

!

Und war umso erstaunter, weshalb er seit kurzer Zeit mit aller Gewalt sein Lebenswerk zerstört und sich als plumper Hofnarr für die Dummen verkauft.

Warum hat er sich in den Wechseljahren nicht einfach einen Porsche gekauft?

...


QuotePeterHaber
23.06.23 19:17

    von ,,grünem Regierungsterror" fantasiert und

ähnliches liest man hier im Forum auch tagtäglich. Gut, die schreiben sich ihren Frust hier von der Seele, veröffentlichen kein Buch und verdienen damit kein Geld, aber das Gedankengut ist halt doch ähnlich.


Quoteherjeh
23.06.23 18:23

Matussek konnte man eh schon lange nicht mehr ernst nehmen. Aber wenn man diesen Bericht liest, wird einem schwummrig.
Eines passt genau zu den Rechtsextremen, Fakten müssen nicht stimmen, Hauptsache man macht Stimmung.
Und Matussek bedient mit seinem Machwerk genau diese Masche.


Quotekerrin
23.06.23 18:20

Ein sehr gelungener Text, Herr Leber, und auch von Empathie geprägt für einen Autoren, der mich mit seinem Weg in den letzten Jahren an andere "Leidende" und verkannte Schriftsteller wie Uwe Tellkamp erinnert.


QuoteDie_vom_Rhein
23.06.23 21:37
@kerrin am 23.06.23 18:20

Ich finde den Beitrag auch sehr gelungen! Uwe Tellkamp kam mir auch gleich in den Sinn - warum nur?!


QuoteSciaridae
23.06.23 17:17
Danke Herr Leber, dass Sie sich die Lektüre des verschollen gehofften Herrn Matussek angetan haben, um darüber zu berichten.

    Doch, so plump gestaltet Matussek seine Figuren.

Was will man erwarten von einem wenig begabten, auf dunkle Abwege geratenen gekränkten Ego? Fischen am rechten Rand - und ein paar überzeugte Erleuchtete werden dieses Heft kaufen, um ihren Bruder im Geiste zu unterstützen.
Viel Kraft wünsche ich Ihnen übrigens, Herr Leber, für den anstehenden Shitstorm der Rechtsextremen und Chemtrailschnüffler, wenn diese Kritik die Runde in den einschlägigen sozialen Blasen macht.
Auch hier werden die Fans des Herrn Matussek schon die Messer wetzen.


Quotekerrin
23.06.23 18:24
@Sciaridae am 23.06.23 17:17

Mein Gedanke, es werden die altbekannten und in letzter Zeit vielen Neuaccounts gleich vereint auftreten, nachdem sie ihre Sympathiebekundungen für Frau Pechstein niedergeschrieben haben.

(Frau Pechstein wäre auch noch ein passende Figur in diesem Werk gewesen, so als Bundespolizistin under cover, die die Hauptfigur vor dem Anschlag beschützt. :-) )


Quotepeeka
23.06.23 19:15
@kerrin am 23.06.23 18:24

Also bitte - es ist Freitag Abend. Da schreibt kein CDU-Stadtrat mehr Kommentare. Warten Sie mal schön bis Montag 9.30 Uhr (in der Kernarbeitszeit).


...

Textaris(txt*bot)

... Ohne Universalismus aber gebe es kein Argument gegen Rassismus, ,,sondern bloß einen Haufen einzelner Stämme, die um die Macht rangeln. Und sollte die politische Geschichte darauf hinauslaufen, dann haben wir keine Möglichkeit mehr, an einer stabilen Idee von Gerechtigkeit festzuhalten". ...

Quote[...] Als ein Gedicht von einer Hauswand entfernt, ein zeithistorischer Roman wegen Verwendung des N-Worts als Schulstoff delegitimiert und modisches Tragen von Rastalocken zum Anlass für einen Konzertabbruch genommen wurden, geschah dies jeweils im Namen einer höheren Gerechtigkeit. Vorausgegangen waren politische Interventionen gegen die arglose Fortführung des Gewohnten. Die aktivistische Energie, die die überaus erfolgreichen kulturpolitischen Eingriffe befeuerte, ging einher mit weitgehend ungeprüften Annahmen und Unterstellungen zur ästhetischen Produktion. Ein einziges Wort in Eugen Gomringers ,,Avenidas" evozierte das Unbehagen gegen sexuelle Gewalt und lastete es dem Gedicht an. Wolfgang Koeppens Roman ,,Tauben im Gras" wurde einer rassistischen Sprache bezichtigt, und von Nicht-Jamaikanern gespielter Reggae samt Präsentation zugehöriger Frisuren wurde als kulturelle Aneignung gewertet und zur Absage gedrängt.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden Geschehnisse wie diese mal amüsiert oder empört zur Kenntnis genommen. Je nach Gemütslage können sie achselzuckend als Randnotiz gesellschaftlicher Selbstverständigung oder als weiteres Indiz für einen eskalierenden Kulturkampf aufgefasst werden. Dass der Karneval der Infragestellungen irgendwann auch über Immanuel Kant und die Aufklärung hinwegziehen würde, kam kaum überraschend. Gegen die Angriffslust einer auf Empfindsamkeit und partikulare Interessen ausgerichteten Weltsicht haben Hermeneutik, Philologie und das Wissen über geschichtliche Entwicklung einen schweren Stand.

In Ihrem Essay ,,Links ist nicht woke" ist die amerikanische Philosophin Susan Neiman, Leiterin des Einstein-Forums in Potsdam, darum bemüht, die elementaren Grundlagen der Epoche der Aufklärung gegen frei flottierende Bestrebungen in Stellung zu bringen, diese im Furor einer Art ethischen Säuberung über Bord zu werfen. Eine radikal verstandene Dekolonisierung scheint gerade vor Kant nicht Halt machen zu wollen, den man einiger rassistischer Bemerkungen überführt zu haben meint.

Susan Neiman hält beherzt dagegen. Es sei inzwischen zum Credo geworden, den Universalismus ebenso wie andere Ideen der Aufklärung als Taschenspielertricks zu betrachten, mit dem die eurozentrischen und kolonialistischen Ansichten verschleiert werden sollten. Dabei seien es die Aufklärer gewesen, die die Kritik am Eurozentrismus als Erste formuliert und den Kolonialismus verurteilt haben. ,,Um das zu erkennen, muss man keine der schwierigeren Schriften der Aufklärung lesen: Eine Taschenbuchausgabe des ,Candide' genügt da vollkommen. Wer eine prägnante Schmährede gegen Fanatismus, Sklaverei, koloniale Ausplünderung und andere europäische Übel sucht, wird keine bessere finden."

Voltaire, Kant, Diderot, Rousseau – als leidenschaftliche linke Philosophin möchte Susan Neiman mit Argumenten überzeugen, und so kann man ihre engagierte Schrift mit Gewinn als Apologie der Aufklärung gegen ihre jungen Verächter lesen, wobei Neiman selbst mitunter zu schwanken scheint, ob sie die ungezogenen Kinder der Wokeness für deren Arglosigkeit zurechtweisen oder sie für die Werte und Werke sowie den Erkenntnisreichtum der Aufklärung zurückgewinnen will.

Für Letzteres sprechen Passagen wie diese: ,,Wenn postkoloniale Theoretiker von heute mit Recht darauf bestehen, dass wir die Welt auch aus dem Blickwinkel von Nichteuropäern sehen, sind sie Teil einer Tradition, die bis auf Montesquieu zurückgeht. Er machte fiktive Perser zum Sprachrohr seiner Kritik an den Sitten in Europa, die er in dieser Deutlichkeit und Härte mit seiner eigenen Stimme als Franzose nicht unbeschadet hätte äußern können." Und zur Kritik an Kant gesteht sie zu, dass dieser leider nie angesprochen habe, dass seine rassistischen Bemerkungen der eigenen späteren systematischen Theorie widersprachen. Doch es sei fatal zu vergessen, so Neiman, dass Denker wie Rousseau, Diderot und Kant die ersten waren, die den Eurozentrismus und den Kolonialismus verurteilten.

Drei aufklärerische Errungenschaften sind es, an denen Susan Neiman unbedingt festhalten möchte: das Bekenntnis zum Universalismus, die prinzipielle Unterscheidung zwischen Gerechtigkeit und Macht und die Möglichkeit von Fortschritt. Aus diesem Grund betreibt sie einigen argumentativen Aufwand, um sich mit den in woken Gefilden überaus einflussreichen Schriften Michel Foucaults auseinanderzusetzen, der mit seinen geschichtsarchäologischen Studien früh die Axt angelegt hat an emphatische Begriffe wie Freiheit und Gerechtigkeit.

Obwohl Foucault sehr viel zum Verständnis der in modernen Gesellschaften herrschenden Machtmechanismen beigetragen habe, hält Neiman ihn für einen Reaktionär, dessen Lust an der Demaskierung womöglich einzig darin bestand, die Subversion zur Kunstform zu erheben. Wie ein nachhaltig wirksames Gift, so legt Neiman nahe, sei Foucaults Ablehnung des Universalismus und jeglicher Fortschrittsidee in die aktivistischen Kreise eingedrungen.

Ohne Universalismus aber gebe es kein Argument gegen Rassismus, ,,sondern bloß einen Haufen einzelner Stämme, die um die Macht rangeln. Und sollte die politische Geschichte darauf hinauslaufen, dann haben wir keine Möglichkeit mehr, an einer stabilen Idee von Gerechtigkeit festzuhalten". Was man ,,woke" nennt, so schließt Neiman, sei selbst von einer Reihe von Ideologien kolonisiert worden, die eigentlich ins rechte Lager gehören.

Während Neiman reichlich Energie aufwendet, um den von vielen als linke Gallionsfigur angesehenen Foucault zu exorzieren, kommen andere theoretische Referenzen der woken Bewegung wie Judith Butler oder Edward Said allenfalls am Rande vor. Wenn dies der Option geschuldet ist, eine linke Aufgeschlossenheit zur Wokeness offenzuhalten, dann dürfte es mit Thomas Piketty, den Neiman zustimmend zitiert, eine skeptische sein. Wenn man die Menschen glauben mache, dass es zu den bestehenden sozio-ökonomischen Verhältnissen und Klassenungleichheiten keine glaubwürdige Alternative gebe, so resümiert Piketty, ,,dann sei es kein Wunder, dass alle Hoffnung auf Veränderung sich auf die Feier der Grenze und der Identität verlagere. Die Party scheint trotz Neimans Intervention weiterzugehen.

Susan Neiman: Links ist nicht woke. Aus dem Englischen von Christiana Goldmann. Hanser Berlin 2023. 168 Seiten


Aus: "Mit Kant und Diderot gegen die ,,woke" Party" Harry Nutt (21.08.2023)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/mit-kant-und-diderot-gegen-die-woke-party-li.368543

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Quote[...] Im Iran sind zahlreiche Schauspielerinnen mit einem Arbeitsverbot belegt worden. Hintergrund sind Verstöße gegen die ,,islamischen Kleidungsregeln", wie die Zeitung ,,Hamshahri" am späten Dienstagabend berichtete.

Mehr als zehn Frauen sei es nun untersagt, in neuen Filmen zu spielen. Unter den Betroffenen sind die iranischen Filmstars Tareneh Alidoosti, Afsaneh Bajegan oder Katajun Riahi.

Irans Minister für Kultur und islamische Führung verteidigte das Arbeitsverbot. Das Tragen eines Kopftuchs sei eine gesetzliche Pflicht, sagte Mohammed-Mehdi Esmaeili laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim am Mittwoch. Das Ministerium kontrolliert auch die Filmszene, erteilt Erlaubnisse oder spricht Verbote aus.

Im Zuge der Protestwelle im Herbst 2022 im Iran waren mehrere Schauspielerinnen ins Fadenkreuz der Justiz geraten, die sie sich mit der Bewegung solidarisiert hatten. Alidoosti und Riahi etwa wurden zwischenzeitlich inhaftiert.

Auch gegen andere Filmschaffende laufen Verfahren. Auslöser der Proteste war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen des Verstoßes gegen den Kopftuchzwang festgenommen worden war. (dpa)


Aus: "Arbeitsverbot wegen ,,Kopftuchverstößen": Filmstars im Iran abgestraft" (25.10.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/arbeitsverbot-wegen-kopftuchverstossen-filmstars-im-iran-abgestraft-10681075.html

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... Seit Jahrzehnten lebe er in ständiger Gefahr. "Dennoch ist er nach wie vor einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache - und zwar nicht nur seiner eigenen, sondern auch der von Menschen, deren Ansichten er nicht teilt", hieß es in der Begründung. ...

Quote[...] Zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse 2023 wurde dem britisch-indischen Schriftsteller Salman Rushdie am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen. In seiner Dankesrede rief er zum Schutz der Meinungsfreiheit auf, die er aus allen politischen Richtungen bedroht sieht.

"Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen, eine Zeit, in der die Freiheit – insbesondere die Meinungsfreiheit, ohne die es die Welt der Bücher nicht gäbe – auf allen Seiten von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen wird", so Rushdie. Als Angreifer nannte er "extremistische Religionen und bigotte Ideologien", aber auch "progressive Stimmen, die sich für eine neue Art von bien-pensant (konformistisch) Zensur aussprechen, eine Zensur, die sich den Anschein des Tugendhaften gibt und die viele, vor allem junge Menschen, auch für eine Tugend halten."

Dabei wies Rushdie auf die Rolle des Internets und der sozialen Medien hin, die durch die Verbreitung von Falschmeldungen die Freiheit zusätzlich einschränken würden – ein Phänomen, dass auch für viele Forschende ein Problem darstellt.

"Von links wie rechts gerät die Freiheit also unter Druck, von den Jungen wie den Alten. Das hat es so bislang noch nicht gegeben und wird durch neue Kommunikationsformen wie das Internet noch komplizierter, da gut gemachte Webpages mitsamt ihren böswilligen Lügen gleich neben der Wahrheit stehen, weshalb es vielen Menschen schwerfällt, das eine vom anderen zu unterscheiden."

Auch eine Lösung bot Rushdie in seiner Dankesrede an: "Wir sollten weiterhin und mit frischem Elan machen, was wir schon immer tun mussten: schlechte Rede mit besserer Rede kontern, falschen Narrativen bessere entgegensetzen, auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann."

Der 1947 als Sohn muslimischer Eltern in Indien geborene Bestsellerautor setzt sich mit seinen Werken für Meinungsfreiheit und Demokratie ein. Aufgrund seines Buchs "Die satanischen Verse", in dem er sich mit dem Islam auseinandersetzt, verurteilte ihn der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini 1989 mit einer Fatwa zum Tode. Seitdem wird Rushdie von radikalen Islamisten bedroht und lebte jahrelang unter Polizeischutz in verschiedenen Verstecken.

2022 überlebte er nur knapp die Messerattacke eines Attentäters bei einem öffentlichen Vortrag in den USA. Seitdem ist Rushdie auf einem Auge blind. Seit dem Attentat ist Rushdie nur selten aufgetreten. Es sei ein "schwieriges Jahr" für ihn gewesen, sein Gesundheitszustand sei jedoch einigermaßen gut, so Rushdie. Für seine Termine in Frankfurt hatte die Buchmesse zusammen mit der Polizei ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet. Ein weiterer Auftritt Rushdies fand am Samstagabend bei einer "Literaturgala" der Buchmesse statt, wo der indisch-britische Autor sein aktuelles Buch "Victory City" vorstellte.

Angesprochen auf die aktuelle Weltlage sagte der 76-Jährige vergangenen Freitag bei einer streng geschützten Presseveranstaltung: "Die Welt ist in keinem guten Zustand. Aber unvernünftigerweise bleibe ich optimistisch." Die Ereignisse in Israel erfüllten ihn "mit Horror". Er sei entsetzt über die Anschläge der Hamas und ahne, was Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu im Gegenzug machen werde. Darüber hinaus sei dies "eine riskante Zeit für die Demokratie." Die Literatur gebe ihm Hoffnung. "Schreiben ist ein optimistischer Akt", so Rushdie. "Man geht davon aus, dass es später jemand liest. Literatur zeigt die Welt als einen reichen und komplexen Ort, was das Gegenteil einer engen, rigiden Weltsicht ist."

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält Rushdie unter anderem "für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert", wie der Stiftungsrat am Montag in Frankfurt am Main mitteilte. Seit seinem 1981 erschienenen Buch "Mitternachtskinder" beeindrucke Salman Rushdie durch seine Deutungen von Migration und globaler Politik. In seinen Romanen und Sachbüchern verbinde er erzählerische Weitsicht mit stetiger literarischer Innovation, Humor und Weisheit, hieß es in der Mitteilung. "Dabei beschreibt er die Wucht, mit der Gewaltregime ganze Gesellschaften zerstören, aber auch die Unzerstörbarkeit des Widerstandsgeistes Einzelner."

Trotz der Folgen des Attentats schreibe Rushdie weiter, "einfallsreich und zutiefst menschlich", wie der Stiftungsrat erklärte. Seit Jahrzehnten lebe er in ständiger Gefahr. "Dennoch ist er nach wie vor einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache - und zwar nicht nur seiner eigenen, sondern auch der von Menschen, deren Ansichten er nicht teilt", hieß es in der Begründung. "Unter hohen persönlichen Risiken verteidigt er damit eine wesentliche Voraussetzung des friedlichen Miteinanders."

Rushdie bedankte sich im Vorfeld der Verleihung mit folgenden Worten beim Stiftungsrat: "Ich kann der Jury nur für ihre Großzügigkeit danken. Ich weiß, wie bedeutsam dieser Preis ist, und ich bin ein wenig eingeschüchtert von der Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger, zu der sich mein Name nun gesellen wird. Ich freue mich wirklich sehr." Die Festrede auf Rushdie hielt der Schriftsteller Daniel Kehlmann, ein enger Freund des 76-Jährigen. Er nannte ihn einen "der großen Erzähler der Literaturgeschichte, der vielleicht wichtigste Verteidiger der Freiheit von Kunst und Rede in unserer Zeit – vor allem aber ein weiser, neugieriger, heiterer und gütiger Mensch und somit der würdigste Träger, den es für diese Auszeichnung, die ja als Friedenspreis ausdrücklich nicht nur künstlerische, sondern auch humanistische Größe auszeichnet, überhaupt hätte geben können."

Rushdies neues Buch soll im April 2024 erscheinen. Er habe es gerade erst beendet. Es trägt den Titel "Knife. Gedanken nach einem Mordversuch". Thema ist das Attentat in den USA, bei dem Rushdie ein Auge verlor. Am Freitag sagte er dazu in Frankfurt: "Es war unmöglich, etwas Anderes zu schreiben."

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist mit 25.000 Euro dotiert und wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben. Gewürdigt werden damit seit 1950 Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben. Im vergangenen Jahr wurde der ukrainische Autor Serhij Zhadan ausgezeichnet.

pje/dpa



Aus: "Salman Rushdie ruft zum Schutz der Meinungsfreiheit auf" (23.10.2023)
Quelle: https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/salman-rushdie-erhaelt-friedenspreis-des-deutschen-buchhandels-5981

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#444
Quote[...] Vor allem in den sozialen Medien wird "moderne Architektur" heutzutage mit wahllosen Rundumschlägen geprügelt. Meistens mit dem einfachen, aber effektiven Rezept, zwei Bilder nebeneinanderzustellen, die einen vermeintlichen Kulturverlust illustrieren: Links Stein, rechts Beton. Links Ornament, rechts kein Ornament. Links gut, rechts böse. Vor allem die Plattform X, vormals Twitter, ist zum Spielfeld dieser Polarität geworden. Zahllose Accounts wie etwa @archi_tradition (579.000 Follower) posten Bilder gotischer Kathedralen mit der Frage, warum man so etwas heute nicht mehr baue. Oder @Arch_Revival_ (142.000 Follower), der Neubauten feiert, die aussehen, als wären sie 200 Jahre alt, was als Qualitätsmerkmal offenbar ausreicht. Nebenbei wird gerne auch die moderne Kunst als "degeneriert" bezeichnet.

... Sich im Jahr 2024 an Le Corbusier, Mies van der Rohe und dem Bauhaus abzuarbeiten und Barrikaden an Frontlinien aufzustellen, die längst obsolet sind, ist, als würde man heute noch Beethoven gegen "langhaarige Beatmusiker mit Stromgitarren" ausspielen.

Aus: "Warum sich rechte Gruppen plötzlich mit Architektur beschäftigen" Maik Novotny (7. Jänner 2024)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000201931/warum-sich-rechte-gruppen-ploetzlich-mit-architektur-beschaeftigen