• Welcome to COMMUNICATIONS LASER #17. Please log in.

[Armut, Hunger, ... (Notizen)]

Started by Textaris(txt*bot), August 13, 2006, 10:03:26 PM

Previous topic - Next topic

0 Members and 2 Guests are viewing this topic.

Textaris(txt*bot)

"Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei Wochen einen Job." - Kurt Beck zu einem Arbeitslosen, 13. Dezember 2006

-

Quote[...] Es wird diskutiert, dass den Armutsberichten ein Herrschaftsverhältnis eingeschrieben ist, da von den verfassten Armutsstatistiken oftmals abhängt, wer Zugang zu Wohlfahrtshilfen erhält und wer nicht. Objektive Maßzahlen lassen sich dabei nicht konstruieren. Wo die Armutsgrenze verläuft und wie viele Menschen unterhalb dieser Grenzziehung verortet werden, war und ist damit auch eine politische Frage.  ... Im Jahr 2001 hatten nach Angaben der Weltbank 21 % der Weltbevölkerung weniger als ein US-Dollar, 50 % weniger als zwei US-Dollar in lokaler Kaufkraft pro Tag zur Verfügung und galten damit als extrem arm. ...
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Armut (2017)

-

Kontext: [Menschen in Schichten und Klassen... ] ---> https://www.subf.net/forum/index.php/topic,268.0.html
QuoteDie Statistik zeigt die Anzahl der reichsten Menschen mit genauso viel Vermögen wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung in den Jahren von 2009 bis 2018. Laut Oxfam besaßen die 26 reichsten Menschen der Welt im Jahr 2018 genauso viel Vermögen wie die ärmsten 3,8 Milliarden Menschen auf der Welt. [2009 waren es noch 380].

Erhebungszeitraum: 2009 bis 2018 - Hinweise und Anmerkungen: Den Daten liegt eine Analyse der Reichtumsungleichheit zugrunde, die auf Angaben aus dem "Credit Suisse Global Wealth Databook" und der Forbes-Liste der Milliardäre basiert.


Aus: "Reichste Menschen mit so viel Vermögen wie ärmere Hälfte der Weltbevölkerung bis 2018" Veröffentlicht von J. Rudnicka (21.01.2019)
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/502649/umfrage/reichste-menschen-mit-genauso-viel-vermoegen-wie-aermere-haelfte-der-weltbevoelkerung/

--> https://www.subf.net/forum/index.php/topic,268.0.html

-

Quote[...] In Deutschland leben über 2,5 Millionen Kinder in Armut, eine deprimierende Rekordstatistik, die der deutsche Kinderschutzbund jetzt vorgelegt hat. Viele wollen es noch immer nicht wahrhaben: Das reiche Deutschland braucht Suppenküchen, die nicht nur für ein warmes Essen sorgen, sondern auch für ein bisschen Geborgenheit. Eine davon ist in Gütersloh.


Aus: "Neue Kinderarmut in Deutschland - Hilfe für Familien in der Suppenküche" (Sendung am 13.08.2006)
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/19/0,1872,3967091,00.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Republik teilt sich. Nie in ihrer Geschichte lagen Reich und Arm weiter auseinander. »Auf der einen Seite wächst der Wohlstand, auf der anderen die Gruppe der wirtschaftlich Ausgegrenzten«, sagt der Berliner Sozialforscher Martin Kronauer. Nach dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gehört den wohlhabendsten zehn Prozent der Deutschen inzwischen fast die Hälfte des gesamten Nettovermögens. Die unteren zehn Prozent besitzen nichts mehr. Sie haben nur Schulden.

So entsteht in Deutschland eine neue Unterschicht der Besitzlosen. Anders als das Proletariat vergangener Tage ist sie in sich fast so verschieden wie der Rest der Gesellschaft. Zu ihr zählen gescheiterte Anwälte oder Architekten ebenso wie Niedriglöhner oder Sozialhilfeempfänger. Die einen sind tief gefallen, die anderen haben nie abgehoben. Unten treffen sie sich. Finanziell gesehen, haben sie vom Leben nichts mehr zu erwarten, das haben sie gemeinsam.

Überall im Land sind die Angehörigen der neuen Unterschicht anzutreffen. In Hamburg genauso wie in Berlin und im Schwarzwald. Oder in München, im Reihenhaus der Bergers.

[...] 3,13 Millionen Haushalte in Deutschland sind überschuldet, anderthalb mal so viele wie vor zehn Jahren, mehr als je zuvor.



Aus: "Die neue Unterschicht" (DIE ZEIT 10.03.2005 Nr.11)
Quelle: http://www.zeit.de/2005/11/Unterschicht?page=1


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mehr als ein Drittel aller Menschen in Indien haben im vergangenen Jahr Hunger gelitten. Wie aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage hervorgeht, hungerten 35 Prozent der rund 1,1 Milliarden Inder mindestens einmal. Acht Prozent erklärten, jemand aus ihrer Familie habe mehrfach nicht genug zu Essen gehabt. Die Ergebnisse der Befragung erinnerten daran, "dass Hunger nicht nur etwas mit Naturkatastrophen oder Hungersnöten zu tun hat. Er gehört in unserem Land zum Alltag", schrieb die Tageszeitung "Hindu", die die Umfrage gemeinsam mit dem Nachrichtensender CNN-IBN gemacht hatte. Trotz des enormen Wirtschaftswachstums leben in Indien fast ein Drittel der aller Menschen von weniger als einem Dollar pro Tag.


Aus: "Über ein Drittel aller Inder litten im vergangenen Jahr Hunger" (14. August 2006)
Quelle: http://de.news.yahoo.com/14082006/286/ber-drittel-inder-litten-vergangenen-jahr-hunger.html

Textaris(txt*bot)

#3
Quote[...] Seit Ende Juli ist das Verteilen von Lebensmitteln an Obdachlose in städtischen Parkanlagen verboten. Verstöße können mit einer Geldbuße von 1000 Dollar (rund 775 Euro) und bis zu sechs Monaten Gefängnis geahndet werden. "Dieses Risiko nehme ich gerne in Kauf", versicherte Sacco. "Hier muss man einfach etwas tun, um die Menschenrechte zu wahren".

Die Stadt begründet ihr Vorgehen mit einer Vielzahl von Beschwerden von Anwohnern über eine wachsende Zahl von Bedürftigen, die es sich in Grünanlagen bequem machten. "Viele Familien haben schon Angst, einen Park zu besuchen", verteidigte Stadtratsmitglied Gary Reese in der "New York Times" die umstrittene Vorschrift. Zudem sei es besser, wenn die Armen Suppenküchen aufsuchten, statt sich von Privatleuten helfen zu lassen, argumentieren die Stadtväter.

Ganz konkret verbietet das Gesetz Essenspenden an "mittellose Menschen". "Das ist doch absurd", regt sich Sacco auf. "Ich könnte also mit einer Gruppe von reichen Leuten im Park Picknick machen, darf aber meine Lebensmittel nicht mit Armen teilen".

[...] In den vergangenen drei Wochen hat die Polizei in dem Spieler-Paradies schon gegen vier Leute Anzeige erstattet, darunter gegen Mitglieder der Gruppe "Food Not Bombs" ("Essen statt Bomben"), die kostenlos Nahrung verteilen. Sie müssen im Oktober vor Gericht erscheinen.

[...] Als erste Stadt in den USA macht Las Vegas die Versorgung Obdachloser in städtischen Parkanlagen zum illegalen Akt. In Orlando (Florida) muss seit diesem Monat jeder eine schriftliche Erlaubnis einholen, der mehr als 25 Leute in öffentlichen Anlagen beköstigen will. Im kalifornischen Santa Monica zog die Verwaltung einen ähnlichen Plan zurück, nachdem empörte Gruppen mit einer Klage drohten.

In Las Vegas hat sich die Zahl der Obdachlosen in den vergangenen zehn Jahren auf rund 12.000 verdoppelt. Viele hätten nicht das Geld, um mit dem Bus zu städtischen Suppenküchen in anderen Stadtteilen zu fahren, sagt Sacco. Und bei der großen Hitze im Sommer sei ans Laufen gar nicht zu denken. Mit dem Verteilen von Essen auf der Straße umgeht die Wohltäterin die strikten Vorschriften. "Wenn mir nicht danach ist, im Park verhaftet zu werden, dann parke ich mein Auto am Straßenrand und die Leute holen sich hier ihr Essen ab", erzählt Sacco. Doch meistens geht sie an die alten Stellen zurück. "Schon aus Prinzip, denn die Vorschrift ist einfach sinnlos".


Aus: "Las Vegas - Penner füttern verboten" Von Barbara Munker/DPA (stern.de; 22. August 2006)
Quelle: http://www.stern.de/politik/ausland/:Las-Vegas-Penner/568206.html


Textaris(txt*bot)

#4
Quote[...] Frankfurt - Im Frühjahr musste die Frankfurter Tafel die Notbremse ziehen. "Die Lebensmittel reichten nicht aus, und die Wartezeiten waren zu lang", sagt Edith Kleber vom Vorstand. Jede Woche drei Stunden vor der Ausgabestelle Schlange stehen, um die mitgebrachten Tüten mit frischem Obst oder Gemüse füllen zu können - das sei nicht mehr menschlich gewesen. Zudem bliebe in den Läden nicht mehr so viel übrig, weil der Einzelhandel wesentlich knapper als noch vor zwei Jahren kalkuliere. Deshalb können die Kunden seit April nur noch im Zwei-Wochen-Rhythmus zu den drei Tafel-Ausgabestellen im Gallus, Bahnhofsviertel und in Offenbach kommen. 1950 Menschen sind es pro Woche. Behinderte, Familien mit Kindern und in jüngster Zeit vermehrt Polen oder Russen.


Aus: "Armentafeln - Lebensmittel sind knapp" (23.08.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/frankfurt_und_hessen/lokalnachrichten/frankfurt/?em_cnt=953532

Textaris(txt*bot)

#5
Quote[...] Kleine grüne Zelte sieht man derzeit überall im Pariser Straßenbild. Sie stehen meist zu mehreren in ruhigeren Ecken von Plätzen und Boulevards, selbst am Rande des für den Sommer aufgeschütteten Strandes am Ufer der Seine. Die Bewohner sind nicht etwa Touristen, die so Hotelkosten sparen wollen, sondern Obdachlose. Sie lagerten auch vorher an diesen Stellen, nur fallen sie jetzt durch die Zelte mehr auf.
Im vergangenen Winter hatte die Hilfsorganisation »Medecins du Monde« (Ärzte der Welt) mehr als 400 einfache Wanderzelte an Pariser Obdachlose verteilt. Damit sollten sie sich gegen Wind, Kälte und Regen schützen sowie für die Nacht zurückziehen können. »Dass die Obdachlosen dadurch auffallen und das Problem ins Bewusstsein der Pariser gerückt wird, war natürlich auch unsere Absicht«, räumt Graziela Robert von der Hilfsorganisation ein. »Es sollte nicht zuletzt deutlich gemacht werden, dass es an dauerhaften Lösungen des Problems fehlt.«
Die Aktion sorgte indes auch für Unmut. Aus verschiedenen Stadtvierteln häuften sich Klagen von Anwohnern und Geschäftsinhabern über wilde Lager von bis zu 20 Zelten, die dauerhaft Gehwege okkupieren, den Zugang zu Grünanlagen und Spielplätzen blockieren. Nacht für Nacht komme es zu lautstarken Saufgelagen oder Prügeleien, rundherum häufe sich Müll. In einem Viertel, wo das Betteln besonders aggressiv sein soll und gewalttätige Übergriffe auf Anwohner vermeldet wurden, gingen als Vergeltung ein paar leere Zelte in Flammen auf.

Die Ärzte der Welt wiesen die Vorwürfe zurück: »Die Leute regen sich nicht über das Elend auf. Es stört sie nur, dass sie es sichtbar vor der Nase haben.« Doch mit dieser Polemik heizte die Organisation die Debatte nur weiter an und sieht sich inzwischen auch unter den Hilfsvereinen ziemlich isoliert. Andere Organisationen sowie der sozialistische Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoe, werfen ihr vor, die tagtägliche aufopferungsvolle Arbeit von Sozialbehörden, Vereinen und unzähligen Freiwilligen schlicht zu negieren. »Es ist schwerer geworden, mit den Obdachlosen ins Gespräch zu kommen und ihnen Hilfsangebote zu unterbreiten. Sie ziehen sich jetzt einfach in ihr Zelt zurück«, meint ein Sozialarbeiter. Das Angebot von Übernachtungsplätzen in Heimen werde immer öfter ausgeschlagen. Die Stadtverwaltung hielt diese Unterkünfte, die früher in den Sommermonaten oft geschlossen waren, in diesem Jahr durchgehend geöffnet. Doch Nacht für Nacht bleiben viele Plätze leer.
Das liegt auch an den Zelten, aber nicht nur. Viele Obdachlose kritisieren, dass sie in diesen Schlafsälen keine Ruhe finden, dass es oft zu Diebstählen und Gewalttätigkeiten kommt. Vor allem aber sind sie damit unzufrieden, nur übernachten zu dürfen und am frühen Morgen wieder auf die Straße gesetzt zu werden. Hilfsvereine fordern daher abgestufte Hilfsangebote, je nach Resozialisierungsbereitschaft der Betroffenen.
Angesichts der sich zuspitzenden Polemik hat jetzt die stellvertretende Sozialministerin Catherine Vautrin Sofortmaßnahmen der Regierung angekündigt. Bis zum kommenden Frühjahr sollen 1100 Heimplätze für Obdachlose geschaffen werden. Dabei handelt es sich nur zu einem Drittel um neue Plätze, während die anderen als Übernachtungsplätze bereits bestehen, aber umgewandelt werden sollen. Geplant ist die Schaffung spezieller Heime, in denen die bisher Obdachlosen mehrere Monate leben können – mit intensiver Betreuung, die sie auf eine Rückkehr in ein geordnetes Leben vorbereitet. Am Ende der »Wiedereingliederung« soll die Zuweisung einer kleinen Sozialwohnung stehen.

»Schöne Worte, um die Gemüter zu beruhigen und Razzien gegen die Zeltbewohner zu rechtfertigen«, meint der Vorsitzende der christlichen Hilfsorganisation Emmaus, Alain Raillard. »Es ist im Prinzip der richtige Weg, aber es fehlt am politischen Willen, ihn auch zu Ende zu gehen, und vor allem am Geld.« 1100 sozial betreute Heimplätze seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn allein in Paris gebe es rund 2000 Obdachlose und im ganzen Land 20 000. »Jeder dritte von ihnen arbeitet, aber das geringe Einkommen reicht nicht aus, um die Miete für eine Sozialwohnung, wenn er diese denn bekommt, zu bezahlen.«


Aus: "Zelte an Pariser Boulevards - Hilfsaktion von »Medecins du Monde« für Obdachlose provoziert Anwohner und Regierung" Von Ralf Klingsieck, Paris (nd-online.de; 22.08.06)
Quelle: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=95803&IDC=2

-.-

Quote[...] Schätzungsweise 100.000 Menschen in Frankreich leben dauerhaft auf dem Campingplatz. Nicht, weil sie die Nähe zur Natur schätzen, sondern weil sie ein festes Dach über dem Kopf verloren haben. Damit verstoßen sie gegen das Gesetz, denn in Frankreich müssen Zeltplätze in den Wintermonaten geschlossen werden.

[...] Camus half auch denen, die sonst kein Dach mehr über dem Kopf gehabt hätten. 42 sind es inzwischen. "In dem Moment, in dem einer zu mir kommt und sagt 'ich sitze auf der Straße', nehme ich ihn auf. Ohne Wenn und Aber", sagt Camus.

[...] Den Campingplatz von Camus will im nächsten Jahr die Gemeinde Itterville übernehmen. Dann sollen alle Dauercamper davongejagt werden. "Ich könnte noch viel mehr Menschen aufnehmen, aber dann würden meine 200 Stellplätze nicht ausreichen. Es ist dramatisch", sagt Camus, und fährt fort: "Ich weiß nicht, was im nächsten Winter wird. Die Zahl der Frauen, die kommen, steigt. Da hinten habe ich eine Mutter, die mit drei Kindern hier gelandet ist. Ganz alleine. Ich weiß nicht, wie das noch enden soll."

[...] Sacco setzt sich zur Wehr. Er hat eine Initiative gegründet, mit dem Ziel, die seiner Meinung nach dummen Vorschriften abzuschaffen: "Wir fordern dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Bürger. Jeder muss sich seine Unterkunft selber wählen können. Jeder muss selbst entscheiden dürfen, wie er lebt", sagt Sacco.

Schon im eigenen Interesse wünschen die Gronieckis Sacco viel Erfolg. Ärger mit den Behörden hatten auch sie genug. Den Wagen konnten sie nur anmelden, weil das Rote Kreuz ihnen eine fiktive Adresse vermittelte. Sie wollen Ruhe haben. Solange, bis ihr größter Wunsch in Erfüllung geht. "Ich möchte im Lotto gewinnen und und mein Traumhaus bauen", so Marie-Laure Groniecki.

Ein Traum, den all die anderen wohl auch träumen, die das Schicksal auf einen Campingplatz verschlagen hat. Der alte Kommunist und Gewerkschafter Camus hat längst aufgegeben, daran zu glauben, dass sein Land noch einmal sozialer werden könnte. Im Gegenteil - wo doch auch in Frankreich heute Geld mehr zählt als humanistische Ideale: "Wir haben 68 geträumt. Wir haben 1980 geträumt. Das ist vorbei. Heute träumen wir nicht mehr."

Er will noch einmal zehn Jahre dranhängen auf seinem Campingplatz. Wenn die Stadtverwaltung von Itterville nicht garantiert, dass alle, die hier leben, bleiben dürfen.


Aus: "Leben auf dem Campingplatz - Kein Wahlrecht, keine Adresse und viel Stress" Von Georg Kellermann, ARD-Studio Paris (27.08.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5850272_TYP_THE_NAV_REF3,00.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Berlin (dpa) - Die Sozialgerichte in Deutschland können sich vor Klagen gegen die Auswirkungen der Hartz-IV-Arbeitsmarktreform kaum retten. Eine dpa-Umfrage bei Gerichten und Landesjustizministerien ergab, dass sich die Zahl der Verfahren in etlichen Bundesländern annähern verdoppelt hat.

Selbst das höchste deutsche Sozialgericht, das Bundessozialgericht in Kassel, bekommt die juristischen Auswirkungen des am 1. Januar 2005 eingeführten Arbeitslosengeldes II (ALG II) bereits zu spüren.

Bei den Prozessen geht es vorwiegend um das ALG II. Aber auch die Wohnkosten wie Heizungsgeld, der Streit um Zwangsumzüge oder Kriterien für Bedarfsgemeinschaften sind Thema für Juristen. Etliche Gerichte mussten wegen der Klageflut bereits zusätzliche Richter einsetzen.

Die acht Sozialgerichte in NORDRHEIN-WESTFALEN verzeichneten einen «sprunghaften Anstieg» der Klagen im ersten Halbjahr. Von einer «Überlastung» oder «Klageflut» mit katastrophalen Zügen könne aber keine Rede sein, sagte der Sprecher des Landessozialgerichts in Essen, Carsten Karmanski. Nach seinen Angaben gingen bis zum 30. Juni insgesamt 38 519 neue Verfahren bei den Sozialgerichten ein, davon 9769 gegen die Auswirkungen der Hartz-IV-Reform. Im Vorjahreszeitraum hatte es insgesamt 37 075 neue Verfahren gegeben, von denen nur 5984 gegen die Hartz-IV-Auswirkungen gerichtet waren.

In THÜRINGEN stieg die Zahl der Hartz-IV-Verfahren in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach Angaben des Justizministeriums von 1050 auf rund 1900. Einen Anstieg gab es auch bei Eilverfahren. Ihre Zahl wuchs auf knapp 370, eine Steigerung um 63 Prozent.

In MECKLENBURG-VORPOMMERN gingen laut Justizministerium im ersten Halbjahr 2260 Klagen ein, zudem gab es 302 Eilverfahren. Im gesamten Jahr 2005 habe es 3321 Klagen und 427 Eilverfahren gegeben. Allein 1648 Klagen (2005: 1845) drehten sich um das ALG II.

In BRANDENBURG waren Ende Juni mehr als 3000 Klagen anhängig. Oft setzten sich die Kläger gegen Behördenentscheidungen zur Übernahme von Mietrückständen oder Stromkosten, von Umzugskosten oder zur Anrechnung von Kindergeld zur Wehr, sagte eine Sprecherin des Landessozialgerichts. Im ganzen Jahr 2005 waren 4700 Brandenburger wegen der Hartz-IV-Folgen vor Gericht gezogen.

In BERLIN betrifft fast jedes zweite neue Verfahren die Reformgesetze. Die Zunahme um 2000 Verfahren in den ersten sieben Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum seien allein durch Hartz-IV-Verfahren verursacht. Insgesamt gingen 14 220 Klagen ein, davon 6140 zu Hartz IV (43 Prozent).

In SACHSEN-ANHALT gingen laut Justizministerium im ersten Halbjahr 2486 Klagen und 575 Eilverfahren ein. 2005 wurden 2993 Klagen und 699 Eilverfahren gezählt. Beim Landessozialgericht in Halle war die Zahl der Verfahren schon im ersten Halbjahr höher als im gesamten Vorjahr.

In SACHSEN gingen im ersten Halbjahr nach Angaben des Justizministeriums 5273 Klagen und 654 Eilverfahren ein. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind dies rund 2330 Verfahren mehr.

Auch in BADEN-WÜRTTEMBERG und BAYERN, den Ländern mit den niedrigsten Arbeitslosenzahlen, schnellte die Zahl der Klagen nach oben. In Baden-Württemberg seien in der ersten Jahreshälfte 3425 Klagen eingereicht worden. 2005 wurden laut Justizministerium 4012 entsprechende Verfahren verhandelt. Hochgerechnet auf 2006 wäre dies eine Steigerung um 70,7 Prozent. Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) sagte, im Freistaat habe sich die Zahl der Klagen um gut acht Prozent auf knapp 22 000 erhöht. Rund 3500 befassten sich mit dem ALG II. 2005 war die Zahl der Verfahren vom ersten auf das zweite Halbjahr von 1649 auf 2646 gestiegen.

In HESSEN haben sich die Beschwerden nach Angaben des Landessozialgerichts «auf hohem Niveau eingependelt». Im ersten Halbjahr gingen bei Gerichten erster Instanz 2574 Klagen zum ALG II ein - 17 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2005. Beim Landessozialgericht als zweiter Instanz seien in den ersten sechs Monaten des Jahres 131 ALG-II-Klagen eingegangen - 29,7 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2005. Zunahmen verzeichnen auch das SAARLAND und RHEINLAND-PFALZ. In Mainz wurden im ersten Halbjahr fast 3000 Klagen registriert, 2005 waren es 5054.

«Tendenz stark steigend» meldete auch das Arbeitsministerium in SCHLESWIG-HOLSTEIN. Einzig HAMBURG verzeichnet annähernd gleich bleibende Zahlen. «Von einer Klageflut kann man in Hamburg nicht wirklich sprechen», sagte ein Sprecher des Hamburger Sozialgerichts. Es habe in diesem Jahr pro Monat durchschnittlich 130 Klagen und 135 Eilverfahren gegeben. Die Zahlen hätten sich im Vergleich zum Vorjahr «nicht wesentlich geändert».


Aus: "Sozialgerichte ertrinken fast in Hartz-IV-Klagen" (Sonntag 27. August 2006)
Quelle: http://de.news.yahoo.com/27082006/3/sozialgerichte-ertrinken-fast-hartz-iv-klagen.html


Textaris(txt*bot)

#7
Quote[...] 37 Millionen amerikanische Bürger – 12,6% oder jeder achte - leben nach den Zahlen der US-Statistikbehörde in Armut. Als arm gilt ein Haushalt mit vier Personen mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 19.970 Dollar und weniger, bei einem Single liegt die Grenze bei 9.973 Dollar oder 7.700 Euro (in Deutschland lag nach dem Armutsbericht 2005 die Zahl der Armen 2003 bei 13,5%, als arm gilt, wer weniger als 938 Euro, d.h. 60 % des Durchschnittseinkommens bezieht). Auffällig in den USA ist, dass die Zahl der sehr Armen, die weniger als die Hälfte des für die Armutsgrenze festgelegten Einkommens erhalten, zwischen 2000 und 2004 stark angestiegen ist, nämlich um 20% oder 3,6 Millionen Menschen.

[...] So ist 2005 die Zahl derjenigen Menschen, die keine Krankheitsversicherung haben, gegenüber 2004 weiter auf 46,6 Millionen angestiegen. Waren 2000 14,2% der Menschen ohne Krankenversicherung, so sind es jetzt 15,9%. Dazu gehören 8,9 Millionen Kinder, von denen 19% nicht versichert sind. Bei den Latinos ist die Zahl der Unversicherten am höchsten. Experten [extern] erklären den Anstieg der Unversicherten u.a. dadurch, dass weniger Arbeitnehmer bereit seien, eine Krankenversicherung zu übernehmen, da die Zahl der Arbeitslosen zurück gegangen ist. Die mangelnde Gesundheitsversorgung der Armen wird dafür verantwortlich gemacht, dass deren Lebenserwartung in den USA unter das Niveau von Bangladesh gesunken ist.


Aus: "Zunahme der Armen in den USA -  Seit 2000 ist nach der Statistikbehörde [http://www.census.gov/prod/2006pubs/p60-231.pdf] der Anteil der ganz Armen um 20 Prozent gestiegen, Wissenschaftler warnen vor der wachsenden Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung" Von Florian Rötzer; TP; 31.08.2006
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23443/1.html


Textaris(txt*bot)

#8
Quote[...] Im vergangenen Jahr hätten in Baden-Württemberg rund 21.000 Menschen kein eigenes Dach über dem Kopf gehabt, sagte Frieder Claus von der Diakonie Württemberg in Stuttgart. Als wesentliche Ursachen nannte er den Verlust der Arbeit, Abbau der Wohnbauförderung und weniger Wohngeld für Arbeitslose nach Hartz IV.

Claus verwies darauf, dass die Wohnbauförderung gegenwärtig nur noch etwa zehn Prozent dessen betrage, was die öffentliche Hand Anfang der 80er Jahre aufgewendet habe. Darunter zu leiden hätten vor allem Hartz-IV-Bezieher. Viele von ihnen müssten sich preiswertere Wohnungen suchen. "Wer nichts Günstiges findet, der bekommt die Miete nicht mehr ausreichend bezahlt", kritisiert Claus. In einzelnen Regionen hätten deshalb Zwangsräumungen deutlich zugenommen.

Zugenommen habe auch die Zahl von jungen Arbeitlosen, die auf der Straße leben. "Für junge Leute unter 25 Jahren werden keine Kosten für die Wohnung übernommen, wenn sie ohne besonderen Grund zu Hause ausziehen", bemängelt Claus.

Den beträchtlichen Anstieg der Zahl obdachloser Frauen erklärte er unter anderem mit wachsender Armut bei Alleinerziehenden. Andererseits seien viele Frauen in der Statistik nicht aufgetaucht. "Wir wussten, dass es bei Frauen eine enorme Dunkelziffer gibt", berichtete er. Sie hätten ab und zu bei Männern Unterschlupf "unter Einsatz ihrer Arbeitskraft oder ihres Körpers" gefunden. Das passiere heute aber immer weniger, weil die Armut allerorten wachse.


Aus: "Stuttgart - Immer mehr Frauen leben auf der Straße" (10.09.2006)
Quelle: http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1537864/qw8tmn/index.html


Textaris(txt*bot)

#9
Quote[...] Hier schreibt der Chefredakteur der WirtschaftsWoche Roland Tichy.

[Roland Tichy 24.11.2012, 05:45]: Es wird viel geredet vom sozialpolitischen Kahlschlag, von der zunehmenden Spaltung in Arm und Reich, von der Verelendung großer Teile der Bevölkerung und vom angeblichen neoliberalen Anschlag auf den Sozialstaat. Das Orchester des Elends spielt laut zu den Parteitagen von Grünen, SPD und CDU. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Die Ausgaben für Sozialprogramme sind seit Einführung der Statistik im Jahr 1960 Jahr für Jahr gestiegen; von jedem erwirtschafteten Euro werden unverändert 30 Cent für Soziales ausgegeben. Selbst die berüchtigten Hartz-Reformen steigerten die Sozialausgaben um zehn Milliarden Euro. Neuerdings gibt es einen Rechtsanspruch auf Kleinstkinderbetreuung; und wer keinen Kita-Platz im monatlichen Gegenwert von 1000 Euro erhält, kriegt demnächst 150 Euro Betreuungsgeld. Der Armutsbericht konstatiert, dass die gesellschaftliche Spaltung eher ab- statt zugenommen habe und dass sich die Lage der ärmeren Teile der Bevölkerung deutlich gebessert hat – zwei Millionen neuer Jobs sei Dank, von denen die übergroße Mehrheit klassische, gut bezahlte und behütete Normalarbeitsverhältnisse sind. Trotz des Versagens der Bildungspolitik ist die Jugendarbeitslosigkeit gering, anders als in Frankreich, Italien und Spanien, wo Mindestlöhne und starre Arbeitsmärkte jeden zweiten Jugendlichen aussperren.

Nun wollen Rote und Grüne und Teile der CDU genau solche Mindestlöhne wieder einführen und kämpfen um weitere Sozialprogramme in zweistelliger Milliardenhöhe. Denn das Elend, von dem keine Statistik weiß, dominiert die öffentliche Meinung und lenkt die Politik.
Warum reden wir uns so verzweifelt arm? Warum können wir uns nicht über eine gar nicht so schlecht gelungene Sozialstaatlichkeit freuen und gezielt daran arbeiten, dass endlich bessere Schulen und Bildungsprogramme heute die Armut von morgen verhindern? Warum wird weiter Geld für fragwürdige Hilfen verschleudert, statt den Zugang in den Arbeitsmarkt zu verbessern? Denn nur Arbeit schafft neben Lohn auch jene Wertschätzung, die die Menschen so dringend brauchen. Abhängigkeit von reinen Unterstützungsleistungen produziert nur Sozialressentiments.

Die letzten liberalen Ultras meinen, dass Sozialpolitik nur eine moderne Form der Stallhasenhaltung ist, in der die Insassen Selbstverantwortung und Freiheitsrechte gegen den Anspruch auf Fütterung eintauschen und die Sozialbürokratie zum gesellschaftlichen Hegemon wird. So weit muss man ja nicht gehen. Aber viele Politiker meinen, Notstände aufspüren zu müssen, damit sie ihre Wichtigkeit, Tatkraft und soziale Sensibilität mithilfe öffentlicher Mittel beweisen können – eine Art parteiübergreifende professionelle Deformation der Stimmenmaximierer.

Unterstützt werden sie dabei von den riesigen Maschinerien der Sozialindustrien des Staates, der Kirchen und Wohlfahrtsverbände, die mit dem herbeigeredeten Wachstum der Armut nur ihre Macht und die PS-Zahl der Dienstwagen ausdehnen – eine Erklärung für die kontinuierliche Ausdehnung des Sozialstaats unter allen Parteien. Bei den Grünen kommt noch der Hass der zurzeit noch führenden Clique der Altlinken auf alles dazu, was nach Marktwirtschaft klingt; irgendwie muss diese doch zu exorzieren sein! Bei der SPD sind längst jene Gewerkschaftler frühverrentet, die dafür gesorgt haben, dass der Schlot raucht und die Malocher ordentlich Zuwachs in der Lohntüte finden. Dort haben die Sozialarbeiter die Regie übernommen, die Wirtschaft allenfalls im Oberseminar zu kritisieren lernten.
Allen scheint eines zu fehlen: die Fähigkeit, ein bisschen stolz zu sein auf dieses Land und seine Menschen, die nicht nur permanent Böses tun, sondern auch tolle Dinge leisten, wie die sozialen Leistungen. Und die CDU? Diese Überzeugung werden sie auch von deren Repräsentanten nicht hören. Das könnte ja den Zeitgeist verscheuchen, den man gerade in den grünen Spießbürgerquartieren erhaschen will.


Aus: "Sucht nach dem Elend" Roland Tichy (24.11.2012) | https://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Tichy
Quelle: http://blog.wiwo.de/chefsache/2012/11/24/sucht-nach-dem-elend/


-.-

Quote[...] In Deutschland ist es fast unmöglich, über Armut zu reden. Das liegt auch daran, dass die Debatten über die Unterschicht von denen geführt werden, die noch nie in ihrem Leben unten waren.

... Sagen wir es gleich am Anfang freiheraus: Ja, in diesem Land gibt es Armut, und sie breitet sich immer weiter aus.

Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Ausländer, Schulversager, kinderreiche Familien - sie alle sind davon betroffen. Genauso wie Menschen aus der bislang für sicher gehaltenen Mitte der Gesellschaft: Leute, die Arbeit haben, aber schlecht bezahlt werden, Akademiker mit Doktortitel, die keine Anstellung finden, Facharbeiter, die nach zwanzig oder dreißig Jahren ihren Job verlieren und nach einem Jahr Arbeitslosigkeit nur noch von Hartz IV leben.

Das Schicksal liegt im Alltäglichen. Es muss in Deutschland nichts Außergewöhnliches mehr geschehen, damit Menschen sozial abstürzen. Elf Millionen sind arm oder von Armut bedroht, sieben Millionen leben auf Sozialhilfeniveau, fünf Millionen haben keine Arbeit, drei Millionen Haushalte sind überschuldet.

Das Zusammenleben in unserer Gesellschaft wird härter und unsolidarischer. Die Republik teilt sich wieder in "die da oben" und "die da unten", in Gewinner und Verlierer. Die alten Klassen- gegensätze kehren zurück.

[...] Es ist fast unmöglich, in diesem Land über Armut zu reden. Man wird ständig genötigt zu betonen, dass Deutschland reich ist. Als wäre das Problem der Armut dadurch gelöst.

[...] Das Problem wird relativiert, bis es so klein ist, dass man es nicht mehr erkennen kann.
Ja, Deutschland ist ein sehr reiches Land, immer noch. Darf es deswegen keine Armen geben? In Deutschland gibt es Langzeitarbeitslose, Opfer der Deindustrialisierung und Hartz-IV-Empfänger. Erwerbsfähige Hilfebedürftige und nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige. Menschen aus bildungsfernen Milieus. Menschen mit Migrationshintergrund. Die alte Unterschicht. Die neue Unterschicht. Alles, aber um Himmels willen keine Armen! Die Begriffe sollen suggerieren, die Gesellschaft habe das Problem im Griff.

[...] Und dass es in diesem Land zehntausende Kinder gibt, die hungern, die Montag für Montag mit Magenknurren in die Kindergärten und Schulen kommen, weil sie zu Hause nicht ausreichend zu essen haben oder niemand sich um sie kümmert, daran glauben wir einfach nicht.

Es gibt ja keine Armen in Deutschland. Und Hunger leiden muss hierzulande schon gar niemand.

Der eklatante Mangel an sozialer Empathie ist übrigens nicht neu, und er hat einen Grund. "Wir sind arm an Wissen über Armut", sagt Heiner Geißler. Diesen Befund erstellte der CDU-Politiker bereits 1976; damals war er Sozialminister in Rheinland-Pfalz.

Unsere Gesellschaft ist, was Armut betrifft, autistisch. Sie interessiert sich, wie viele Autisten, nur für Systeme. Sie diskutiert die "Agenda 2010", sie predigt den "Umbau des Sozialstaates", sie wägt den Vorteil von "Teilhabegerechtigkeit" gegenüber der "Verteilungsgerechtigkeit" ab, sie kennt tausende Statistiken über die deprimierende Lage auf dem Arbeitsmarkt. Sie spuckt Zahlen, Diagramme und Schaltpläne aus. Sie kann alles abstrahieren. Aber den Kontakt zu denen, die das betrifft, die damit klarkommen müssen, die darunter leiden, diesen Kontakt hat die Gesellschaft verloren. Sie ist unfähig, sich in die Lage armer Menschen hineinzuversetzen oder gar sie zu verstehen. Sie schildert stets eine völlig andere Welt, obwohl doch beide, die Mehrheitsgesellschaft und ihre Armen, in derselben Welt leben.

[...] Das liegt auch daran, dass die Debatten über die Unterschicht von denen geführt werden, die noch nie in ihrem Leben unten waren. Journalisten, die in Talkshows behaupten, das wahre Elend am Rande unserer Gesellschaft sei gar keine Armut im Portemonnaie, sondern eine Armut im Geiste, erhalten allein als Honorar für 45 Minuten im ARD-Presseclub 600 Euro - mehr Geld, als die Menschen, über die sie reden, für den ganzen Monat zur Verfügung haben.

Aus der Perspektive von oben verschwimmen ganz schnell die feinen Unterschiede, die für viele Menschen im Alltag existenziell sind. In dieser Journalistenwelt sind 10 Euro Praxisgebühr im Quartal kein Problem, mit Verschärfung von Armut haben sie schon gar nichts zu tun. Dahinter verbirgt sich nicht nur eine Wahrnehmungsschwäche, sondern ein Grundproblem.

Die meisten Journalisten in Deutschland reflektieren oft nur noch ihr eigenes Herkunftsmilieu. Mehr als zwei Drittel von ihnen stammen aus der Mittelschicht, stellte der Hamburger Journalistikprofessor Siegfried Weischenberg 2005 in einer repräsentativen Studie über deutsche Journalisten fest.

Andere Lebenswelten als die eigenen werden nicht mehr richtig wahrgenommen. "Die große Mehrheit der Journalisten hat ausschließlich Freunde, die auch Journalisten sind", sagt Weischenberg.

Dabei pflegen wir Journalisten immer noch gern den Mythos, wir seien so etwas wie der Anwalt der kleinen Leute, deren Rächer im Kampf mit der Obrigkeit. Viele Journalisten sind jedoch längst Teil des Establishments geworden. Mit den Mächtigen, die wir kontrollieren sollen, sitzen wir oft an einem Tisch. Wir betätigen uns gern als ihre Souffleure. Die smarte neue Mitte genügt ganz sich selbst.

Um die Frage, was Armut in Deutschland bedeutet, überhaupt debattieren zu können, müssen wir unseren Standort verlassen.

[...] Stellen wir uns einfach vor, wir sehen unsere Gesellschaft mit den Augen der Betroffenen. Schon diese Perspektive enthält einen Maßstab für Gerechtigkeit: Das Ansehen eines Gemeinwesens bemisst sich am Wohl der Schwachen. Ihnen muss die gleiche Würde zuerkannt werden wie den Starken.

Erkennen wir uns in diesem Blick wieder?


Aus: "Es gibt hier keine Armen?" (taz vom 20.9.2006, S. 3, 296 Z., Von NADJA KLINGER und JENS KÖNIG)
Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/09/20/a0118.1/text

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mehr als drei Viertel der Geringverdiener in Deutschland haben eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar einen akademischen Abschluss.

,,Insgesamt können sich die Unternehmen zunehmend auch für geringe Löhne aus dem Pool der Qualifizierten bedienen", sagte Professor Gerhard Bosch am Dienstag bei der Vorlage einer Studie des Gelsenkirchener Instituts Arbeit und Technik (IAT) zum Thema Mindestlöhne.

[...] Akademiker arbeiten laut Studie unter anderem in Weiterbildungseinrichtungen sowie als Übersetzer oder als Taxifahrer. Unter den Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung seien Einzelhandelskaufleute, Hotelangestellte sowie Friseure. Un- und angelernte Arbeitnehmer seien etwa in der Fleischindustrie, dem Reinigungsgewerbe und der Bauwirtschaft beschäftigt.

Insgesamt arbeiteten rund sechs Millionen Menschen für Stundenlöhne unter der Niedriglohnschwelle, die im Westen bei 9,83 Euro pro Stunde und im Osten bei 7,15 Euro liege. Eine ,,starke Zunahme" sei derzeit aber auch im so genannten Niedrigstlohnsektor mit Stundenlöhnen um fünf Euro zu beobachten, sagte Bosch.


Aus: "Taxifahrer mit Diplom" (10.10.2006)
Quelle: http://focus.msn.de/jobs/niedriglohnsektor_nid_37162.html



Textaris(txt*bot)

#11
Quote[...] Dhaka (AP) In Bangladesch ist es am Dienstag zu schweren Zusammenstößen zwischen streikenden Textilarbeitern und der Polizei gekommen. Bei einer Demonstration von tausenden Arbeitern in Uttara am Rand der Hauptstadt Dhaka wurden Polizisten nach Angaben der Behörden mit Steinen beworfen. Die Beamten gingen daraufhin mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Menge vor. Die Streikenden fordern einen Mindestlohn von monatlich 3.000 Takas (35 Euro).


Aus: "Tränengas gegen streikende Textilarbeiter in Bangladesch" (10. Oktober 2006)
Quelle: http://de.news.yahoo.com/10102006/12/traenengas-streikende-textilarbeiter-bangladesch.html

Textaris(txt*bot)

#12
Quote[...] Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat sich besorgt über eine größer werdende Unterschicht ohne Aufstiegswillen in Deutschland geäußert. Es sei Besorgnis erregend, dass in weiten Teilen der Bevölkerung das Streben nach sozialem Aufstieg nachlasse, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin stimmte Beck ausdrücklich zu und sprach von einem "interessanten Kurswechsel" der SPD.

[...] Es gebe viel zu viele Menschen, die sich keinerlei Hoffnung mehr machten, den Aufstieg zu schaffen, so Beck. "Früher gab es in armen Familien, auch in meiner eigenen, das Streben der Eltern: Meine Kinder sollen es einmal besser haben." Heute fänden sich viele mit ihrer Situation ab. "Sie haben sich materiell oft arrangiert und ebenso auch kulturell." Inzwischen gebe es Fernsehsender, bei denen regelrecht von "Unterschichten-Programmen" gesprochen werde.

Deutschland habe ein zunehmendes Problem, "manche nennen es Unterschichten-Problem". Der Staat müsse hier "unterstützend eingreifen, fördern und fordern", verlangte Beck. In Kinderbetreuungsstätten müssten Sprachfähigkeit und Leistungswille gefördert werden, damit Kinder aus sozial schwachen Elternhäusern die Chance und den Ehrgeiz hätten, aufzusteigen. "Ohne Leistungswillen kann keine Gesellschaft auf Dauer bestehen." Die SPD werde sich dieser Aufgabe annehmen.

Die Liberalen sähen dieses Problem ähnlich, betonte Koppelin. "Wenn sich die Politik dieses Problems nicht annimmt, dann wird die Chance für radikale Parteien größer", warnte der FDP-Politiker. Es werde jedoch nicht ausreichen, den vorsorgenden Staat weiter auszubauen. Vielmehr müsse der Staat dafür sorgen, dass sich Leistung lohne.


Aus: "Beck beklagt mangelnden Aufstiegswillen - SPD-Chef warnt vor "Unterschichten-Problem"" (08.10.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5985520_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html

-.-

Quote[...] "Wenn nichts mehr geht, wird den Opfern die Schuld an ihrer Misere zugeschoben, und die Politik appelliert an die Selbstverantwortung." Christoph Butterwegge, Politikprofessor an der Universität Köln, überrascht die Klage des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck über eine wachsende Resignation "der Unterschicht" nicht: "Das ist ein jahrhundertealtes Spiel der Politik."

Für Butterwegge allerdings ein verlogenes Spiel: Die Ideologie des Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied verschleiere, dass "Politik und Wirtschaft die objektiven Strukturen geschaffen haben, die Arme arm halten und ihnen keine Chance lassen, rauszukommen".

[...] Der Appell zur Selbstverantwortung lenke nur davon ab, "dass sich die Gesellschaft durch neoliberale Wirtschaftsstrukturen und Globalisierung verändert hat". Strukturen, sagt Butterwegge, die wie nie zuvor in Gewinner und Verlierer spalteten. Und: Strukturen, die allein Politik und Wirtschaft zu verantworten hätten.

Massenarbeitslosigkeit und die steigende Zahl prekär Beschäftigter, deren Lohn nicht zum Leben reicht - das sind auch aus Sicht von Karl August Chassé, Professor für Kinder- und Jugendarbeit an der Fachhochschule Jena, die Ursachen für die "neue Armut". Mit eigener Motivation könne ihr niemand entrinnen. Zumal immer mehr um Arbeit und Auskommen konkurrierten: Armutsforscher rechnen, dass allein von aktuell 11,65 Millionen Jugendlichen bis 15 Jahren in Deutschland 2,5 Millionen arm sind. Chassé widerspricht auch Becks Warnung vor dem "Unterschichten-Problem": Leuten, die sich einrichteten mit knappen Mitteln und seichtem Unterschichten-TV und nicht mehr danach strebten, dass es ihre Kinder besser haben sollten. Chassé sagt: "Studien belegen, dass sich gerade arme Eltern alles absparen, um ihre Kinder möglichst wenig von ihrer Armut spüren zu lassen."


Becks Ankündigung, die SPD wolle der Resignation mit einem "vorbeugenden Sozialstaat" begegnen, der schon im Kindergarten Sprachfähigkeit und Leistungswillen trainiert und Chancengleichheit in der Bildung bietet, nennen die Armutsforscher Etikettenschwindel: "Es wird suggeriert, dass mit besserer Bildung alle Probleme zu lösen sind", sagt Butterwegge. Armut werde auf Bildungsarmut reduziert. "Aber dann konkurrieren die Menschen eben auf höherem Bildungsniveau um Arbeit, die es nicht gibt."

Die Politik müsse sich statt dessen um eine "Verteilgerechtigkeit des Geldes" bemühen, sagt Butterwegge. Er sieht die Bundesregierung aber auf dem genau entgegengesetzten Weg. "Vorsorgender Sozialstaat" sei nur eine schön klingende Legitimation für die weitere "Demontage des nachsorgenden Sozialstaats", die mit Agenda 2010, Gesundheitsreform, Hartz IV und Druck auf Empfänger von Arbeitslosengeld II im Gange sei: "Leistungskürzungen ändern nichts daran, dass Arbeit fehlt."


Aus: "Armutsforscher sauer auf Beck "Politik zerstört Aufstiegswillen"" Von Anita Strecker (Erscheinungsdatum 11.10.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=a003e14caee1eb8f6353ca2aa1b57296&em_cnt=986698

-.-

Quote[...] Dass das "Problem der Unterschichten" wächst, ist allerdings eine richtige Beobachtung des SPD-Vorsitzenden, seine Partei hat mit Hartz IV dazu beigetragen. Durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe leben mittlerweile in Deutschland 6,8 Millionen Menschen auf dem Niveau der Sozialhilfe, darunter 1,7 Millionen Kinder.


Aus: "Ermahnungen an die sozial Verwundbaren - Soziologische Anmerkungen zu Kurt Becks Unterschichtenproblem" (Rudolf Stumberger; TP; 12.10.2006)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23735/1.html

-.-

Quote[...] Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Stefan Hilsberg kritisierte im Berliner ,,Tagesspiegel": ,,Wir haben den Menschen vorgegaukelt, daß mit Fordern und Fördern jeder den ersten Arbeitsmarkt erreichen kann und Steuersenkungen für die Unternehmen die Probleme lösen." Insofern sei die Hartz-IV-Politik der früheren rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder eine ,,Lebenslüge". Schröder habe ,,zu kurz gedacht", bemängelte er. Der SPD-Linke Ottmar Schreiner warf seiner Partei vor, Mitschuld am Entstehen einer gesellschaftlichen Unterschicht zu tragen.

Als Reaktion auf die Studie fordert der Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) ,,konkrete Hilfen" besonders für Kinder, Jugendliche und Arbeitslose. Es gebe in Teilen der Gesellschaft eine Verwahrlosung, sagte Kauder in einem vorab verbreiteten Bericht der ,,Süddeutschen Zeitung".

Grundsätzlich begrüßte Kauder die vom SPD-Chef Beck angestoßene Debatte über eine so genannte neue ,,Unterschicht". Er lehne den Begriff aber strikt ab. ,,Dieser Ausdruck stigmatisiert und sorgt dafür, daß man diese Leute nicht mehr erreichen kann", sagte er. Er spreche deshalb lieber von Menschen mit sozialen und Integrationsproblemen.

Kauder betonte, das Phänomen gebe es seit etwa zehn Jahren als Folge der Massenarbeitslosigkeit, die Politik habe es jedoch unzureichend wahrgenommen. Zwar habe es schon immer ,,so genannte Sozialhilfekarrieren" gegeben. Aber das Problem habe sich ,,deutlich verschärft". Dies zeige sich auch an den schrecklichen Fällen mißhandelter und vernachlässigter Kinder.


Aus: "Studie: Acht Prozent der Bevölkerung gehören zur ,,Unterschicht"" (Text: löw, F.A.Z. 16. Oktober 2006, dpa)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E6AF2EDCE188845A48606DA4E5E32BE58~ATpl~Ecommon~Scontent.html

-.-


Quote[...] Berlin – In der SPD ist eine heftige Debatte um sozial benachteiligte Bevölkerungsschichten und Verwahrlosung und den Umgang damit entbrannt. Der SPD- Linke Ottmar Schreiner warf der eigenen Partei vor, mit schuld am Entstehen einer gesellschaftlichen Unterschicht zu sein. ,,Armut und soziale Ausgrenzung sind nicht über uns gekommen", sagte Schreiner dem Tagesspiegel am Sonntag, ,,sie sind das Ergebnis der Politik von Gerhard Schröder." Besonders die ,,liberalistische" Hartz-IV-Arbeitsmarktpolitik des Ex-SPD-Bundeskanzlers mit Mini-, Ein- Euro- und befristeten Arbeitsverhältnissen habe dazu geführt, dass ,,Millionen Menschen keine Chance mehr haben, aus dem Niedriglohnsektor mit seinen Hungerlöhnen herauszufinden", sagte Schreiner.

[...] Heil räumte ein, dass es Fehlentwicklungen im Sozialsystem gebe: ,,Die Art und Weise, wie wir heute den Sozialstaat organisieren, führt in vielen Bereichen nicht mehr dazu, dass wir die Gesellschaft durchlässiger machen", sagte der SPD-Politiker. ,,Wenn im Sicherheitsgewerbe in Thüringen 3,50 Euro Stundenlohn gezahlt wird", sagte er, ,,dann ist das schlicht und ergreifend Ausbeutung." Deshalb setze sich die SPD für die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne ein, wenn tarifvertragliche Lösungen nicht ausreichten.

...


Aus: "SPD-Linke: Wir haben Millionen in Armut gestürzt Schreiner macht Schröders Politik verantwortlich Heil fordert neuen Umgang mit Unterschichten" Von Antje Sirleschtov (15.10.2006)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/15.10.2006/2838136.asp

Quote[...] Wunderbar! SPD-Generalsekretär Hubertus Heil will ,,mit einem vorsorgenden Sozialstaat" mehr Lebenschancen für die Ausgegrenzten des geldwirtschaftlichen Reproduktionssystems in diesem unserem Lande sorgen. Wie - bitteschön - soll das laufen, wenn sich vor allem politische Repräsentanten und -tinnen völlig dem Geldprozess und seinen Agenten unterworfen haben und den Wahnsinn des Ökonomismus auch noch permanent lobpreisen? Wie überhaupt auf nationaler Ebene Handlungskompetenz wiedergewinnen, wenn die Unterwerfung unter das global vernetzte Geld-Diktat vollkommen ist? Welche alternativen Ansätze sind überhaupt möglich, wenn auch das Denken sich von "Geld" und "Konkurrenz" - äh, "Wettbewerb" - mental nicht mehr lösen kann?
Technologische Innovation und Rationalisierung machen menschliche Arbeitskraft zunehmend überflüssig. Da gibt es keine Umkehr. Kein noch so absurdes ökonomisches "Wachstum" wird dies überwinden, mal abgesehen davon, dass uns der Globus vor lauter ,,Wachstum" ohnehin bald ökologisch um die Ohren fliegen dürfte (Seefisch ist ja schon dabei, sich von der Speisekarte zu streichen). Ein Großteil der Menschheit ist schlicht überflüssig geworden.

Kommentar:
Svedese (15.10.2006 14:06 Uhr)


Quote

Lebenslügen der Linken

1. Es ist Unsinn, dass westlichen Gesellschaften mit hohen Löhnen die Arbeit ausgeht. Ein Beispiel dafür sind nicht nur die vielgescholtenen USA, wo in den letzten 20 Jahren 25 Millionen neue Jobs geschaffen wurden, sondern auch Irland, Dänemark, Finnland, Österreich die Schweiz. Hohe Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Ausgrenzung ist nicht das Schicksal unserer Zeit sondern nur das Schicksal des deutschen Sonderwegs.

2. Es ist tragisch, dass sich in Deutschland nach wie vor die Diskussion im Kern um das Verteilen von Wohlstand dreht, nicht aber darum, was geschehen muss, um mehr Wohlstand zu schaffen. Lieber gemeinsam gleichmässig arm werden statt ungleichmässig reich. Das wird auf Dauer nicht hinhauen.

3. Die Linke wollte seit den 70igern, dass die Dritte Welt endlich mehr sein darf als nur Rohstofflieferant. Jetzt ist es soweit, dass 1 Mrd Chinesen und 1 Mrd Inder in den Weltwirtschaftsskreislauf zunehmend integriert sind. Damit hat sich das weltweite Angebot an Arbeit innerhalb weniger Jahre verdoppelt. Das Angebot an Kapital jedoch nicht. Das muss zwangläufig zu Verschiebungenn zu Lasten von (minderqualifizierter) Arbeit führen. Einige etbalierte Industrieländer (siehe oben) haben sich dem erfolgreich angepasst. Andere, wie Deutschland, nur in Teilbereichen, wie zB überweigend die grossen DAX-Konzerne. Für die Nichtanpassung in vielen anderen Bereichen wird das Land weiterhin einen hohen Preis bezahlen.

3. Erschreckend, wieviele Kommentare auf grössere wirtschaltliche Abschottung abzielen (Outsorcing verhindern, Anwanderung in Billiglohnländer verhindern, sich über Polen lustig machen). Für ein Land, dessen Einkommen zu einem Drittel vom Export abhängt und dessen Schicksal somit stark an weiterhin erfolgreiche Globalisierung geknüpft ist, ist das Selbstmord.

4. Ich hätte nicht gedacht, dass es unter Tagesspiegel-Nutzern so viele weinerliche Wirklichkeitsverweigerer gibt.


Grüsse
Lothar Eckstein


Quote

Endlich machen auch mal ein paar Politiker den Mund auf und geben das völlige Versagen zu. Nachdem über Jahre die Arbeitslosen für ihre Situation selbst verantwortlich gemacht wurden, als würden sie die hohen Gehälter in Politik und Wirtschaft kassieren und dabei ihren Job nicht erledigen,tut es richtig gut wenigstens einmal ein paar Halbwahrheiten zu hören.
Zu dem Gesagten von Ottmar Schreiner möchte ich als Betroffene aber betonen: Es ist auch erniedrigend, wenn immer wieder von wenig gebildeten, lernunwilligen Menschen gesprochen wird. Ich habe mit 42J eine Umschulung zur Industriekauffrau begonnen und erfolgreich abgeschlossen. Dies tat ich auf eigenen Wunsch, um trotz Krankheit arbeitsfähig zu bleiben. Nach dem erfolgreichen Abschluss kam der soziale Abstieg. Der intellektuelle Abstieg beginnt mit dem finanziellen Chaos. Selbst wenn man sich selbst immer wieder fordert, sobald man nur noch an Veranstaltungen "für Arme" teilnehmen kann, wird man immer mehr ausgegrenzt. Und noch eins: Bei den wirklich ungebildetetn Menschen in unserem Lande ist es doch so, dass sie, solange sie selbst noch in Arbeit sind, nicht viel mit solch erfolglosen Menschen zu tun haben wollen.Das ist unser Alltag.
Man ist nicht nur verunsichert, man wird müde, lebensmüde. Ich habe nach all den Kämpfen in Ost und West jetzt keine Lust mehr, langsam immer mehr in`s Elend zu sinken. Ich hatte mir nach einem arbeitsreichen Leben einen schönen Lebensherbst gewünscht. Jetzt wünsche ich mir eine Krankheit, die mich schnell aus diesem Leben erlöst. Das ist das Fazit der Politk, das haben Politiker ihren Landsleuten angetan für die sie da sein sollen, nicht anders herum.

Kommentar:
Andrea Trautmann (16.10.2006 8:39 Uhr)


...

-.-

Quote[...] Hamburg - Dies berichtet die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf eine repräsentative Studie von TNS Infratest im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Zur neuen Unterschicht zählen laut der Studie "Gesellschaft im Reformprozess" 20 Prozent der Ost- und vier Prozent der Westdeutschen. Viele dieser Menschen empfänden ihr Leben als "gesellschaftlichen Abstieg"; ihr Bildungsgrad sei überwiegend einfach, berufliche Mobilität und Aufstiegswillen seien nur gering ausgeprägt.

Zwei Drittel der neuen Unterschicht haben laut der Studie ihren Job bereits verloren, die Übrigen empfinden ihren Arbeitsplatz "häufig als nicht sicher". Der Studie zufolge leidet die Unterschicht unter "größter finanzieller Unsicherheit: sehr niedriges monatliches Haushaltseinkommen, kaum Wohneigentum oder finanzielle Rücklagen, Schulden, wenig familiärer Rückhalt". Die neuen Armen, so heißt es weiter, zeigten "ausgesprochene Verunsicherung", fühlten sich gesellschaftlich im Abseits und vom Staat alleingelassen. Selbst in den eigenen vier Wänden hätten sie "kaum das Gefühl, ihr Leben weitgehend selbst bestimmen zu können". Viele glaubten, die "Abschottung gegenüber Ausländern" löse ihre Probleme.

Nach Angaben des Blatts bewertet die SPD-Spitze die Ergebnisse der Studie als "handfesten gesellschaftlichen Skandal".

...


Aus: "Studie: Neue Unterschicht ein "gesellschaftlicher Skandal"" (15.10.2006)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/nachrichten/studie/77214.asp

Quote
Jetzt erst erkannt ?

Ich finde es Phänomenal , daß die SPD jetzt erst dahinter kommt , daß es Armut
mit steigender Tendenz in Deutschland gibt. Nicht die Arbeitsunwilligkeit sondern die fehlenden Job sind das Problem . ALG II Harz IV sind die Tore zur Armut aus dieser Spirale gibt es fast kein entrinnen mehr. Ich kann da mitreden , denn ich bin ein Betroffener
der nach 500 Bewerbungen und sehr großer Mobilität zwar nocht nicht resegniert hat , aber auch nicht euphorisch in die Zukunft schaut.

Kommentar:
Boonekamp (15.10.2006 11:40 Uhr)


Quote
Neue Unterschicht??

Es erscheint mir wie Hohn, wenn eine Partei durch eigenes Verhalten oder fehlende Visionen zu einer erschreckenden Situation beträgt, diese Situation immer noch verschärft und anschließend deklamiert, dass diese Situation unhaltbar sei. Ist dieser soziale Sprengstoff nicht erkennbar? Fehlt es an der Einsicht, dass wir Menschen uns darüber klar werden müssen, ob wir innenpolitisch aufrüsten wollen, um den Schutz einger Privilegierter zu gewährleisten oder ob wir zur Menschlichkeit zur wirklichen Nachbarschaftshilfe zu gemeinnützigen Leistungen zurückfinden wollen. Vielleicht sollte sich hierin die Creativität unserer politschen Elite beweisen. Dies würde jedochbedeuten, dass man sich mit den Problemen der Bürger ehrlich auseinandersetzen müsste, statt aus unangreifbarer Position Menschen wie unmündige Kinder zu behandeln.

Kommentar:
Dirk Heintzen (15.10.2006 11:43 Uhr)

Quote
Wo ist unten, wo ist oben?

Die "neue" Unterschicht ist in den Medien angekommen, eigentlich schon ein Skandal an sich. Da ist doch tatsächlich jeder 13. Bürger der Republik aus ökonomischer Sicht ein Lumpenhund, der nicht einsieht, sich zumindest auf dem europäischen Arbeitsmarkt nützlich zu machen. So zumindest werden einige, nicht wenige, denken, die nicht richtig denken können. Ist es doch für einen Logiker nicht neues, dass wenn wenige viel haben wollen und können, dann auch viele wenig haben müssen. Immerhin ist der Fakt der Schichtengesellschaft jetzt Diskusions-tauglich, so wird man auch so tun, als ob man eine Lösung des Problems anstrebe. Leider wird kein Politiker erwirken, dass die Verteilung des Mehrwertes eine neue Richtung erhält. Wer abkassieren kann, wird dies tun bis er umfällt, wohl hoffend, dass er dies im Kreise seiner gierigen Lieben tun kann und nicht im Reigen der tobenden Massen. Ob diese dann rote Fahnen schwingen oder braune Hemden tragen bleibt vorerst offen, allerdings eines sollte jedem klar sein, auch den Medien: Wenn erst mal alles auf dem Kopf steht, ist unten oben.

Kommentar:
Willi Fiebranz (15.10.2006 11:59 Uhr)


QuoteBin ich hier im falschen Film?

"...ihr Bildungsgrad sei überwiegend einfach, berufliche Mobilität und Aufstiegswillen seien nur gering ausgeprägt."

Bin ich hier im falschen Film? Das ist doch DIE Definition der Unterschichtenmentalität, die es immer gab und immer geben wird und wir sollten eigentlich froh sein, dass es nur 8% sind. Man verwechselt doch hier Ursache und Wirkung. Diese Leute sind nicht unten, weil die Umstände schlecht sind, sondern ihre Umstände sind schlecht, weil sie eben diese Unterschichtenmentalität besitzen.

Das einzig "Neue" daran ist, dass uns langsam das Geld ausgeht, so etwas auch noch weiterhin staatlich zu sponsorn.

Wann wird man endlich einsehen, dass nicht alle gleich talentiert, motiviert, intelligent und durchsetzungsfähig sind und dass es nicht Aufgabe der Gesellschaft ist, sämtliche Ungerechtigkeiten auszugleichen?

Und hier posten gebildete Leute, die 500,00 Euro "Stütze" mickrig finden (wir klagen auf sehr hohem Niveau!) und im richtigen Leben einen weiten Bogen um diese Unterschicht machen würden. Gutmenschen-Mitleid auf Kosten Anderer, nämlich der Leute, DIE Steuern zahlen und dieses Sponsoring des Versagens notgedrungen tragen müssen, ist eine wohlfeile Sache.

Kommentar:
Nora Brinker (15.10.2006 15:10 Uhr)


...


-.-

Quote[...] Mit 3000 Befragten sei die Untersuchung die breiteste in den letzten Jahren, sagt Autor Karl im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Die Ergebnisse belegen das, wovor Ökonomen und Sozialwissenschaftler seit langem immer wieder warnen. Nur dass zuvor kein Wissenschaftler solch harte Begriffe benutzt hat wie Karl.

Schon der im vergangenen Jahr veröffentlichte zweite Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erklärte, der Anteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze sei seit 1998 von 12,1 auf 13,5 Prozent gestiegen. Jeder achte Haushalt war demnach betroffen. Insgesamt elf Millionen Menschen.

24 Prozent der Migranten gehörten zu dieser Gruppe, bei den Alleinerziehenden waren es über ein Drittel, so die weitere Schreckensbilanz. Und: Die Unterschiede zwischen Reich und Arm sind stark gewachsen. Die reichsten zehn Prozent der Haushalte teilten sich rund 47 Prozent des Privatvermögens, ein Zuwachs von rund zwei Prozent seit 1998. Die Zahl der verschuldeten Haushalte nahm von 2,77 auf 3,13. Millionen zu.

Als arm galten in der Studie all diejenigen, deren Einkommen bei weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens lag - also unter 938 Euro. Grundlage für den Armutsbericht waren Daten von 2003 - doch seitdem ist es nicht besser geworden. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kam wenige Monate nach der Bundesregierung aufgrund von Zahlenmaterial aus dem Jahr 2004 bei der gleichen Berechnungsmethode auf 16 Prozent Arme in Deutschland - nach 11,5 Prozent im Jahr 1999. 2005 waren es dem Institut zufolge schon 16,5 Prozent. Und in den neuen Bundesländern waren den DIW-Forschern zufolge sogar 21,5 Prozent arm.

"All solche Berechnungen sind natürlich relativ", erklärt Martin Werding, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Arbeitsmarkt beim Ifo-Institut in Berlin: "Was wir als 'arm' ansehen hat im Vergleich zu anderen Ländern sogar etwas Zynisches." Immerhin werde der Armutsbegriff im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen des Landes definiert.

Trotzdem zeigen alle Studien zum Thema eine beunruhigende Entwicklung, wie viele Wissenschaftler bestätigen: Die Schere zwischen Arm und Reich geht etwa seit dem Jahr 2000 auch in Deutschland weiter auf. Der Osten fällt immer weiter zurück. Und: In Deutschland gibt es besonders viele Langzeitarbeitslose, "und je nach Berechnungsmethoden sind 40 bis 75 Prozent gering qualifiziert", erklärt Werding. Auch Waltraut Peter vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln bestätigt: "Bildungsarmut und Langzeitarbeitslosigkeit sind typisch deutsche und sehr extreme Probleme. Das weiß man schon lange."


[...] Die Studie offenbart auch eine paradoxe Tatsache: Während der Staat in Deutschland extrem hohe Sozialausgaben hat - sie entsprechen rund 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - sind die Verhältnisse unterdurchschnittlich schlecht. In einem Sozialranking von 24 Staaten kommt Deutschland so mit Rang 21 extrem schlecht weg.

Auch die bedenklichen politischen Einstellungen in weiten Teilen der Bevölkerung, die die Friedrich-Ebert-Stiftung jetzt feststellte, ist eigentlich keine große Neuigkeit. Immer mehr Menschen seien von der Demokratie enttäuscht, hieß es erst kürzlich bei der Vorstellung des Datenreports 2006, den unter anderem das Statistische Bundesamt und die Bundeszentrale für Politische Bildung gemeinsam erarbeiten. Demnach hielten in den neuen Bundesländern 2005 nur noch 38 Prozent der Menschen die Demokratie für die beste Staatsform in Deutschland.

So sind die Schlussfolgerungen, die Karl nach eineinhalbjähriger Forschungsarbeit zieht, eigentlich erwartbar - wie er auch selbst einräumt. Wirklich entsetzt habe ihn aber das Ausmaß der Resignation innerhalb des sogenannten Prekariats, erklärt der Wissenschaftler. "Diese Menschen fühlen sich als Verlierer, im gesellschaftlichen Abseits", sagt Karl. "Und das Schlimmste ist: Auf die Frage, ob es den Kindern wohl einmal besser ergehen werde, antworten die meisten mit Nein."


Aus: "UNTERSCHICHT-DEBATTE: Verloren, verarmt, verdrängt" Anna Reimann und Anne Seith (16. Oktober 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,442859,00.html

-.-

Quote[...] Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse verteidigte die Reform ebenfalls. Hartz IV sei nicht Ursache der Armut, sondern bringe sie nur an die Oberfläche. "Als Hartz IV eingeführt wurde, haben wir ja nicht versprochen, die Arbeitslosigkeit abzuschaffen, sondern versucht, auf den globalisierten Arbeitsmarkt und auf die finanziellen Nöte des Sozialstaates zu reagieren. Besserung ist nicht eingetreten." Armut verfestige sich, wenn es Bildungsungleichheit, Arbeitslosigkeit und die Einschränkung von Aufstiegsmöglichkeiten gebe. Zugleich sagte er, in Deutschland gebe es eine Klassengesellschaft. "Unsere Gesellschaft ist von unten nach oben zweifelsohne undurchlässiger geworden", sagte der Sozialdemokrat.

Er widersprach damit Müntefering, der gesagt hatte, in Deutschland gebe es keine Ober- und Unterschichten.Unions-Fraktionschef Volker Kauder sprach sich in der ARD-"Tagesschau" dafür aus, etwas für Langzeitarbeitslose zu tun, damit die Kinder in deren Familien positive Vorbilder bekämen.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, betonte, Hartz IV sei zwar nicht die Ursache zunehmender Armut. "Primär ist die Massenarbeitslosigkeit verantwortlich." Die Arbeitsmarktreform habe aber "den Trend hin zu zunehmender Armut verstärkt". Zugleich forderte Sommer Konsequenzen aus der Diskussion. Dazu gehört eine Intensivierung der Bildungsanstrengungen für sozial Schwächere, eine Strategie gegen die Jugendarbeitslosigkeit und eine neue Verteilungsdiskussion in der Gesellschaft.

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, sagte, ihn wundere, dass die zunehmende Armut plötzlich als neue Erkenntnis gehandelt werde.

[...] Hilgers sieht auch einen Zusammenhang zwischen wachsender Armut und der gestiegenen Zahl von Fällen der Kinderverwahrlosung. Zwar gehe der überwiegende Teil der armen Menschen "sehr liebevoll" mit seinen Kindern um, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dennoch sei Armut ein Risikofaktor: 99 Prozent der Verwahrlosungsfälle würden in armen Familien registriert.

Der Vorsitzende der Sozialkammer der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gert Wagner, sieht keinen Zusammenhang zwischen Armut und Hartz IV. Das dahinter stehende Problem seien Bildungsarmut und Langzeitarbeitslosigkeit. "Wir schicken derzeit 20 Prozent eines Jahrgangs ohne verwertbaren Schulabschluss ins Leben. Denen droht lebenslange Armut", betonte er.


Aus: "UNTERSCHICHT-DEBATTE: Koalition streitet über Ursachen der Armut" (SPON; 17. Oktober 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,442909,00.html

-.-

Quote[...] Die Diskussion über ein angebliches ,,Unterschichten-Problem" hat in der SPD eine kontroverse Debatte über Folgen und Verantwortlichkeiten der Sozialpolitik ausgelöst. ...

Nach Beratungen des SPD-Präsidiums am Montag in Berlin widersprach Generalsekretär Hubertus Heil Vorwürfen aus Reihen der SPD-Linken, wonach die Arbeitsmarktgesetze der alten rot-grünen Bundesregierung für die Fehlentwicklungen verantwortlich seien. Die Arbeitsmarktreformen seien nicht ursächlich für die ,,neue Armut", sondern sie hätten den Blick dafür geöffnet, wie viele Menschen in der Sozialhilfe gefangen gewesen seien, sagte er.

Aus: "SPD: Heftiger Streit über ,,Unterschicht"" (16.10.06)
Quelle: http://focus.msn.de/politik/deutschland/spd_nid_37517.html

-.-

Quote[...] Abgesehen von der Diskussion um die Benennung des Problems bringt die Untersuchung nichts wirklich Überraschendes. Das ,,abgehängte Prekariat" ist geprägt von Arbeitslosigkeit und der Erfahrung des sozialen Abstiegs. Überproportional vertreten sind ostdeutsche Männer. Viele sehnen sich nach einem starken Staat, der Absicherung garantiert. Besonders viele von ihnen wählen gar nicht, rechtsextrem oder Linkspartei.

Diese Erkenntnis ist nicht revolutionär, doch vielleicht passt sie gerade deshalb so gut in eine Zeit, in der Entsetzen herrscht über den qualvollen Tod von Kindern in sozial schwachen Familien. Mit Blick auf tragische Fälle wie den des kleinen Kevin in Bremen ist die Bestürzung der Politiker über ganze Stadtviertel, die nach und nach verwahrlosen, groß. Soziologe Hartmann stellt über solche Viertel knallhart fest: ,,Wir haben Ansätze von Slumbildung in deutschen Städten."


Aus: "Armut: ,,Slumbildung in Deutschland"" Von von FOCUS-Online-Redakteurin Nina Baumann (16.10.2006)
Quelle: http://focus.msn.de/politik/deutschland/armut_nid_37504.html

-.-

Quote[...] Auch mit dem Aussprechen der Wahrheit lässt sich trefflich lügen. Nichts demonstriert diesen Kniff der Propagandakunst besser als die neue Debatte über Deutschlands ,,Unterschicht".

Es gebe ,,viel zu viele Menschen", die sich mit ihrer Armut ,,arrangiert" hätten, erklärt da SPD-Chef Kurt Beck, und beklagt, es mangle ihnen am Leistungswillen. Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder entdeckt plötzlich ,,Verwahrlosung in Teilen der Gesellschaft" und fordert ,,konkrete Handlungskonzepte", insbesondere für Kinder. Und mit Ausnahme einiger versprengter Linker in- und außerhalb der SPD sind sich alle Beteiligten in einem Punkt einig: Eine eigene Mitschuld an der sich ausbreitenden Armut und der Resignation vermögen sie nicht zu erkennen. Genau das ist die Lüge.

Beispiel Hartz IV: Zahllose Praktiker haben gewarnt, dass die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe vor allem Kinder und Jugendliche treffen werde, nicht zuletzt deshalb, weil ein Viertel der von der Kürzung Betroffenen alleinerziehende Mütter sind. Doch Beck, Kauder und ihre Mittäter kümmerte das nicht. Wenn sie jetzt angesichts der Verdoppelung der Kinderarmut in nur zwei Jahren über die Folgen klagen, ohne die eigene Verantwortung zu benennen, ist das bloße Heuchelei im Amt. Noch schwerer wiegt, dass sie die Verarmung der Verlierer bewusst vorantreiben, indem sie die Mehrwertsteuer erhöhen und eine Gesundheitsprämie einfordern. Beides wird wieder die Geringverdiener am härtesten treffen.

Beispiel 400-Euro-Jobs: Jeder Experte hat gewusst, dass die Begünstigung von Midi- und Mini-Jobs den Abbau regulärer Beschäftigung massiv beschleunigen würde. Doch die Gesetzesmacher der vermeintlichen Volksparteien scherte das wenig. Vielmehr förderten sie von der Befristung bis zur Leiharbeit alles, mit dem sich das Angebot an unsicherer, schlecht bezahlter Arbeit ausweiten ließ. Sich nun darüber zu beklagen, dass die so erzeugten Arbeitslosen ihre Bezüge mit Mini-Jobs aufbessern anstatt nach einem der neuen Hungerlohnjobs zu suchen, ist eine zynische Provokation.

Beispiel Qualifizierung: Jede Arbeitsmarktanalyse mündet in der Feststellung, dass die Nachfrage nach ungelernter Arbeit sinkt, es folglich besserer Ausbildung bedarf. Doch die große Koalition scheute sich nicht, die Ausgaben für die Nachqualifizierung von Arbeitslosen binnen zwei Jahren um zwei Drittel zu kürzen. Die Frage muss erlaubt sein, wem es da eigentlich an Leistungswillen mangelt, den Arbeitslosen oder den Arbeitsmarktpolitikern.

Schlimmer noch, trotz aller Sonntagsreden über Chancengerechtigkeit durch Bildung geschieht nichts, um die chronische Unterfinanzierung des Bildungswesens zu bekämpfen. Bei den Ausgaben pro Grundschüler liegt Deutschland im Vergleich der Industrieländer der OECD weit unter dem Durchschnitt auf Rang 22, gleich vor Mexiko. Insgesamt investieren Deutschlands Politiker gerade mal 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung in Bildung, 20 Prozent weniger als im Durchschnitt der OECD-Staaten üblich ist. Den Dänen ist ihr Nachwuchs sogar fast doppelt so viel wert.

Vor diesem Hintergrund gilt: Wer es ernst meint mit der Sorge um die ,,Unterschicht", der sollte die Fehler von gestern ehrlich benennen und für einen radikalen Kurswechsel in der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik eintreten. Wer das nicht will, sollte zu den Problemen der Armen besser schweigen. Zynische Belehrungen treiben sie nur den Neonazis in die Arme.


Aus: "Unterschicht-Debatte: Heuchelei im Amt" Von Harald Schumann (17.10.2006) 
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/17.10.2006/2840423.asp

-.-

Quote[...] Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner, nannte die Debatte im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau "nicht glücklich": "Die Ursachen liegen teilweise 20 Jahre und mehr zurück. Für die Politik kommt es darauf an, die Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Chancen auch wahrzunehmen."

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, sagte der FR: "Menschen, die in Armut leben, sind kein Problem, sondern eine bittere Tatsache unserer Zeit." Über die Schicht der Ärmsten hinaus seien "weite Teile der Gesellschaft" verunsichert: "Unternehmen erwarten Planungssicherheit, den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und ihren Familien wird sie verweigert." Der DGB-Chef sieht Arbeitgeber in der Pflicht: "Folgen sie den Erbsenzählern und Renditejägern? Oder investieren sie endlich wieder in die Zukunft?"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: "Wir finden uns nicht ab damit, dass diese Spaltungen so existieren, wir tun aktiv etwas." Sie sprach sich für eine Stärkung der Familien aus. Ein zentraler Punkt sei, dass Kinder ähnliche Chancen bekämen. Die Schulkarriere sei entscheidend für die Ausbildungschancen und damit für den Weg in den Arbeitsmarkt. krp/rtr/ap/dpa


Aus: "Deutscher Sozialstaat in der EU abgehängt" - Untersuchungen beleben Debatte über "Unterschichts"-Problem Deutschland liegt als Sozialstaat in der EU auf einem Abstiegsplatz. In der Armutsdebatte distanzieren sich Koalition wie Opposition vom Begriff "Unterschicht" (17.10.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=2bddb07ac2f48b9afbc3010365a7668c&em_cnt=990765

-.-

Quote[...] Jetzt also, seit Kurt Beck merkt, dass es in Deutschland eine Unterschicht gibt, die nicht nur Probleme hat, sondern Probleme macht, wird die Bildung und werden damit auch Kindergarten und Schule als Ort der Volkserziehung neu entdeckt. Es ist ein Jammer, wie wenig Sozialdemokraten sich ihrer jüngsten Geschichte bewusst sind. Als Willy Brandt 1969 die Parole ausgab: "Mehr Demokratie wagen", was wagte er da? Er wagte mehr Bildung. Nicht nur das Bafög, auch die von der sozialliberalen Koalition entwickelte Durchlässigkeit des Bildungssystems, ermöglichte hunderttausenden Kindern der Unterschicht sich hochzuarbeiten - trotz auch damals verbreiteter Bildungsunwilligkeit der Eltern. Vieles von Brandts wegweisenden Entscheidungen wurde im Laufe der Zeit von einer falsch verstandenen Elitendiskussion leider verschluckt.

Aber Vorsicht: In der politischen Debatte wird jetzt so getan, als könne Bildung das Problem der Unterschicht, die ja in erster Linie als ökonomische Unterschicht definiert wird, lösen. Das kann sie nicht. Denn das Beispiel der 70er Jahre zeigt ja auch, dass damals Bildung zu etwas führen konnte. Nämlich tatsächlich zu Aufstieg. Das hat zwar nicht verhindert, dass es ein Heer akademischer Taxifahrer gab und dies selbstverständlich ein volkswirtschaftlicher Unfug war. Aber wer wollte, der konnte mit einer guten Ausbildung sozial aufsteigen. Bildung heute als mechanisches Mittel zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit zu begreifen, ist genauso falsch, wie zu behaupten, durch die Lockerung des Kündigungsschutzes würden Ältere schneller einen Job finden. Bildung schafft keine Arbeitsplätze. Und selbst wenn durch mehr sehr gut Ausgebildete in Deutschland ein Anreiz entstünde für hochspezialisierte Betriebe, sich anzusiedeln, löste das nicht das Problem der vielen Menschen, die nicht hochqualifiziert sein wollen oder können. Genau für die aber fehlt in Deutschland die Masse der Arbeitsplätze zu akzeptablen Löhnen.

Der gravierendste Unterschied zu den 70er Jahren ist, dass die heutige Unterschicht ihren Platz in der Gesellschaft oft schon in der zweiten oder gar dritten Generation einübt. Wenn eine junge Frau - wie jüngst in Berlin - eine Lehrstelle als Friseurin abbricht mit der Begründung, sie bekomme mehr Geld, wenn sie Hartz IV beantrage und schwarz putzen gehe, dann hat die Politik vieles falsch gemacht. Unter anderem zugelassen, dass staatliche Alimentation zu einer gesellschaftlich anerkannten Lebensform wird, die jeglichen individuellen Aufstiegswillen verschüttet.

Aufstieg als Massenphänomen, wie ihn Kurt Beck kennt und wie es ihn in den 60er und 70er Jahren der alten Bundesrepublik gab, ist Geschichte. Dazu brauchte es auch die Wachstumsraten und Lohnabschlüsse dieser Zeit. Diese Entwicklungen spielen sich derzeit woanders in der Welt ab. In China, Brasilien, Indien. Aufstiegsmöglichkeit in Deutschland kann gesellschaftlich nur noch heißen, jeder sollte eine Chance haben, eine Arbeit zu finden, die ihn ernährt. Egal auf welchem Niveau. Und jeder muss das Recht auf Bildung nach seinen Fähigkeiten haben. Weil er ein Mensch ist. Nicht eine Arbeitskraft.


Aus: "Kommentar Bildung: Raus aus der Unterschicht" VON BRIGITTE FEHRLE (17.10.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare_aus_der_zeitung/?sid=a73eaf79aec4e5a72ccdca2c55216a8e&em_cnt=990757


-.-

Quote[...] Die Gründe für die sinkende Aufwärtsmobilität liegen u.a. im "Outsourcing", der Ausgliederung schlecht bezahlter Tätigkeiten in besondere Unternehmen oder auch Leiharbeit, denn innerbetrieblicher Aufstieg wird damit abgeschnitten. Kombilohnmodelle - auch die Kombination von Teilzeitarbeit und ALG II - und Minijobs mit weniger Abgaben halten schlecht Bezahlte in diesen Tätigkeiten fest. "Die Politik hat durch die Deregulierung von Leiharbeit und Minijobs und das Kombilohnmodell ALG II zur abnehmenden Aufstiegsmobilität beigetragen", kritisiert Bosch. "Abnehmende Aufstiegsmobilität bedeutet aber Verfestigung des Niedriglohnsektors mit Armut."


Aus: "Vom Tellerwäscher zum Millionär ist es schwer - IAT untersuchte Aufstiegsmobilität" - Niedriglohnsektor mit Armut verfestigt sich Von Prof. Dr. Gerhard Bosch (24.10.2006; Forum für Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft)
Quelle: http://www.innovations-report.de/html/berichte/wirtschaft_finanzen/bericht-72612.html


lemonhorse

#13
Quote[...] Laut Schmidt waren vor viereinhalb Jahren 67 Familien Kunden der Tafel, heute sind es 1447 Erwachsene und 492 Kinder, die sich in den Räumen an der Elbinger Straße regelmäßig Lebensmittelspenden abholen. Insbesondere mit der Einführung von Hartz IV habe sich die Lage dramatisch verschlechtert.
Erschütternd auch die Darstellung des Leiters der Parkschule, der darüber berichtete, dass viele Kinder zur Schule kommen und ,,richtig Hunger haben". Aber auch in anderen Bereichen, wie etwa der Finanzierung von Klassenfahrten, sei die Armut deutlich spürbar.

[...] Mit Blick auf die Definition von Armut plädierte Mattern dafür, den Begriff nicht nur auf den Mangel an finanziellen Mitteln zu reduzieren. ,,Es gibt auch Bildungsarmut sowie Armut an Chancengleichheit und Selbstbewusstsein", stellte der Verwaltungsvertreter klar...


Aus: "In Delmenhorst dem deutschen Elend begegnet" (Delmenhorster Kreisblatt 2006; 14. Oktober 2006 )
Quelle: http://www.dk-online.de/index.php?artikel=1205117

-.-

Quote[...] In der Union herrscht Uneinigkeit über weitere Einschnitte für Hartz-IV-Empfänger. Kanzleramtschef de Maizière wies Vorschläge für weitere Kürzungen zurück. Zur Begründung verwies der CDU-Politiker darauf, dass im neuen Jahr ohnehin eine verschärfte Regelung für Hartz-IV-Empfänger in Kraft tritt. Danach könnten die Leistungen drastisch gekürzt werden, wenn die Empfänger eine zumutbare Arbeit ablehnen. Diesen Mechanismus solle man erst einmal wirken lassen. Zuvor hatte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion und frühere CDU-Generalsekretär Meyer gefordert, vor allem die Kinder-Zuschläge auf den Prüfstand zu stellen. Wer Arbeitslosengeld II beziehe, erhalte für seine Kinder ungefähr doppelt so viel Unterstützung wie jemand, der arbeite und Kindergeld bekomme.


Aus: "CDU uneins über Kürzungen für Hartz-IV-Empfänger" (14. Oktober 2006)
Quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3608665.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Während es hierzulande Kritik an Hartz IV hagelt, gibt es in Italien gerade mal ein halbes Jahr lang Unterstützung für Arbeitslose. Danach zahlt der Staat keinen Cent mehr - die Sozialversicherung heißt dann: la famiglia. Wenn die nicht einspringt, hilft nur noch die Caritas.


Aus: "Arbeitslosigkeit in Italien: Hartz IV auf italienisch: La Famiglia" (15.10.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6004828_TYP_THE_NAV_REF3,00.html

Textaris(txt*bot)

#15
Quote[...] In Zahlen ausgedrückt: Erhielten am 21. Dezember 2004 noch 270 585 Berliner laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, waren es ein Jahr später nur 8266 Personen. Dafür ist die Zahl der Berliner, die unter die Hartz-IV-Gesetze fallen - dazu zählt das neue Sozialgesetzbuch II -, im vergangenen Jahr explosionsartig gestiegen. Als Anfang 2005 Arbeitslosengeld und Sozialhilfe bundesweit zusammengelegt worden waren, zählten die Jobcenter 225 000 Bedarfsgemeinschaften mit 310 000 Menschen. Im März 2005 waren es bereits 279 000 Bedarfsgemeinschaften, im Oktober 314 000. Und bis April 2006 stieg die Zahl auf 335 000 Haushalte an.


Aus: "Die Armut in Berlin steigt rapide an: Zahl der Langzeitarbeitslosen nimmt zu - Mehr Jobs im Niedriglohn - Letzter Ausweg Sozialhilfe" (2006/10/16)
Quelle: http://www.morgenpost.de/content/2006/10/16/politik/859959.html

-.-

Quote[...] Zunächst einige Fakten: Roach konstatiert, dass der Lohnanteil am Volkseinkommen in den Ländern der so genannten G7 plus (USA, Kanada, Japan, Großbritannien und den zwölf Ländern der Euro-Zone) zwischen 2001 und 2006 von 56 Prozent auf den anscheinend niedrigsten je gemessenen Wert von 53,7 Prozent gefallen ist. Die Zahlen für die etwas andere Grundgesamtheit der G10 zeigten jedenfalls, dass diese 53,7 Prozent niedriger waren als in irgendeinem Jahr seit 1975. Es scheint sich international dasselbe Bild zu ergeben, das der Sachverständigenrat in seinen Gutachten für Deutschland zeichnet: dass der Anteil der Löhne am Sozialprodukt irgendwann in den 70er-Jahren zugunsten des Anteils der Gewinne zu sinken begann und dass dieser Prozess sich in den 90er-Jahren noch beschleunigt hat.

Wer in einem der untersuchten Länder lebt, wird die Daten für plausibel halten. Hohe Arbeitslosigkeit, stärker werdende soziale Ungleichheit, Armut bei steigendem, öffentlich zur Schau getragenem Reichtum, all das ist heute sogar in den relativ egalitären Staaten Westeuropas augenfällig - auch ohne Diskussionen über neue Unterschichten. Man kann dieser Entwicklungsrichtung der kapitalistischen Gesellschaften gleichgültig gegenüberstehen, man mag sich darüber empören oder sich darüber sorgen, ob solche Gesellschaften noch eine Zukunft haben.


Aus: "Kolumne: Wenn das Pendel zurückschwingt" von Lucas Zeise (FTD; 31.10.2006)
Quelle: http://www.ftd.de/meinung/leitartikel/126959.html




Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Wohungslose haben bei einem Regelsatz von 345 Euro monatlich bei exakter Wirtschaftshaltung genau 13,20 Euro pro Monat für die Gesundheitspflege und — vorsorge zur Verfügung" , so Geiger. Wobei bereits das "exakte Wirtschaften" die reine Illusion sei. Das Leben auf der Straße verändere die Menschen dazu zu sehr. Viele der heutigen Wohnungslosen seien von massiver Existenzangst betroffen. Die Selbstmordgefahr sei bei dieser Klientel deutlich erhöht. Wohnungslose litten überproportial stark an Infektionen, Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen, Störungen des Verdauungsapparates, oft chronisch. Schlechter Zustand der Zähne sei die Regel. Besonders problematisch wegen der hohen Zuzahlungen seien Zahnersatz und Sehhilfen. Willi Rosenberg, Betroffener und vor sieben Jahren Initiator der Pflasterstuben-Idee: "Damals hatten wir es am häufigsten mit offenen Wunden zu tun, mit Blasen, mit Magenschmerzen." Heute sei signifikant, dass die Klientel sich verändert habe. Die Leute seien jünger, und sie seien immens psychisch belastet.


Aus: "Armut macht krank, Krankheit macht arm" (Badische Zeitung vom Donnerstag, 12. Oktober 2006)
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/lokales/lokalausgaben/offenburg/1,51-11819854.html


Textaris(txt*bot)

#17
Quote[...] "Wir werden wie Sklaven gehalten. Wir müssen täglich zwischen zehn und 15 Stunden schuften, für einen Stundenlohn von drei Euro. Für Überstunden oder Nachtarbeit sehen wir keinen Cent mehr."

Untergebracht werden die illegalen Erntehelfer in verlassenen, heruntergekommen Baracken - ohne Wasser, oft auch ohne Strom. Den Kontakt zur Außenwelt blocken kriminelle Vorarbeiter ab, die so genannten "Caporali". Sie sind meist ebenfalls Osteuropäer, die die Schmutzarbeit für die italienischen Landbesitzer erledigen.

[...] Es ist ein Boden ohne Menschenrechte, den man nur undercover betreten kann. Dazu entschloss sich im Juli dieses Jahres der italienische Journalist Fabrizio Gatti: "Ich habe vorgegeben, ein rumänischer Immigrant zu sein. Auf den Feldern habe ich eine Welt entdeckt, die eines europäischen Landes unwürdig ist. Tausende Menschen, die unter brütender Sonne zwischen den Tomatensträuchern kriechen. Einmal habe ich miterlebt, wie ein Pole, dem ein Karton mit Tomaten umgefallen war, krankenhausreif geschlagen wurde."

[...] "Wenn man bedenkt, dass allein die Provinz Foggia in Apulien weit über 5.000 Arbeiter für die Ernte bräuchte, ist klar, warum dieses Loch von der Schwarzarbeit gefüllt wird. Dank der Polen und Rumänen können die italienischen Tomatenhändler dem Price-Dumping aus China Stand halten. Sie nehmen daher die dramatischen Vorgänge auf ihren Feldern gerne in Kauf."
Mysteriöse Todesfälle
Wenn jemand die Zwangsherrschaft nicht mehr in Kauf nehmen will, wird er krankenhausreif geschlagen. So geschehen im Juli dieses Jahres durch den 39-jährigen Rumänen Pavel Marin, der sich über die Arbeitsbedingungen beschwerte und in seine Heimat zurückkehren wollte. Als er vom Spital entlassen wurde, musste er sich tagelang vor den Mafiapaten in einer Baracke verstecken, um nicht erneut im Spital zu landen. Pavel Marins Peiniger sitzen mittlerweile in Untersuchungshaft.

Viele Osteuropäer aber hatten auf den süditalienischen Erntefeldern weniger Glück: Seit 2005 sind ein Litauer und 13 Polen auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Auf Drängen der polnischen Behörden wurde die Anti-Mafia-Kommission in Bari eingeschaltet. Mittlerweile konnten 26 Personen, die im Verdacht stehen, Menschen getötet und verbrannt zu haben, festgenommen werden.




Aus: "EU-Bürger als Sklavenarbeiter - Ausbeutung von Osteuropäern made in Italy" Text: Nadja Bernhard (10/2006?)
Quelle: http://oe1.orf.at/highlights/67235.html



Textaris(txt*bot)

#18
Quote[...] Zum einen haben die Vereinten Nationen die reichen Länder zum Kampf gegen den Hunger vor allem bei Kindern aufgerufen. Zum anderen prangert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die zunehmende Fettleibigkeit in Europa an.


Aus: "Welternährungstag mit krassen Gegensätzen" (dpa; 16.10.2006)
Quelle: http://www.vitanet.de/aktuelles/Gesellschaft/20061016-Welternaehrungstag-mit-krassen-Gegensaetzen/


Textaris(txt*bot)

#19
Quote[....] Es ist deutlich geworden, dass Prekarität heutzutage allgegenwärtig ist. Im privaten, aber auch im öffentlichen Sektor, wo sich die Zahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse und Teilzeitstellen vervielfacht hat; in den Industrieunternehmen, aber auch in den Einrichtungen der Produktion und Verbreitung von Kultur, dem Bildungswesen, dem Journalismus, den Medien usw. Beinahe überall hat sie identische Wirkungen gezeigt, die im Extremfall der Arbeitslosen besonders deutlich zutage treten: die Destrukturierung des unter anderem seiner zeitlichen Strukturen beraubten Daseins und der daraus resultierende Verfall jeglichen Verhältnisses zur Welt, zu Raum und Zeit. Prekarität hat bei dem, der sie erleidet, tiefgreifende Auswirkungen. Indem sie die Zukunft überhaupt im Ungewissen lässt, verwehrt sie den Betroffenen gleichzeitig jede rationale Vorwegnahme der Zukunft und vor allem jenes Mindestmaß an Hoffnung und Glauben an die Zukunft, das für eine vor allem kollektive Auflehnung gegen eine noch so unerträgliche Gegenwart notwendig ist.

Zu diesen Folgen der Prekarität für die direkt Betroffenen gesellen sich die Auswirkungen auf die von ihr dem Anschein nach Verschonten. Doch sie lässt sich niemals vergessen; sie ist zu jedem Zeitpunkt in allen Köpfen präsent (ausgenommen den Köpfen der liberalen Ökonomen, vielleicht deshalb, weil sie - wie einer ihrer theoretischen Gegner bemerkte - von dieser Art Protektionismus profitieren, den ihnen ihre tenure, ihre Beamtenstellung verschafft und die sie der Unsicherheit entreißt). Weder dem Bewusstsein noch dem Unterbewussten lässt sie jemals Ruhe. Die Existenz einer beträchtlichen Reservearmee, die man aufgrund der Überproduktion von Diplomen längst nicht mehr nur auf den Qualifikationsebenen findet, flößt jedem Arbeitnehmer das Gefühl ein, dass er keineswegs unersetzbar ist und seine Arbeit, seine Stelle gewissermaßen ein Privileg darstellt, freilich ein zerbrechliches und bedrohtes Privileg (daran erinnern ihn zumindest seine Arbeitgeber bei der geringsten Verfehlung und die Journalisten und Kommentatoren jeglicher Art beim nächsten Streik). Die objektive Unsicherheit bewirkt eine allgemeine subjektive Unsicherheit, welche heutzutage mitten in einer hochentwickelten Volkswirtschaft sämtliche Arbeitnehmer, einschließlich derjenigen unter ihnen in Mitleidenschaft zieht, die gar nicht oder noch nicht direkt von ihr betroffen sind. Diese Art "kollektive Mentalität" (ich gebrauche diesen Begriff hier zum besseren Verständnis, obwohl ich ihn eigentlich nicht gern verwende), die der gesamten Epoche gemein ist, bildet die Ursache für die Demoralisierung und Demobilisierung, die man in den unterentwickelten Ländern beobachten kann (wozu ich in den 60er Jahren in Algerien die Gelegenheit hatte), die unter sehr hohen Arbeitslosen- und Unterbeschäftigungsraten leiden und permanent von der Angst vor Arbeitslosigkeit beherrscht werden.


Aus: "Zur Aktualität eines Begriffs: Prekarität ist überall" VON PIERRE BOURDIEU (18.10.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?sid=dfdbb3a68cc0cfb80af96f44ef3e1a4d&em_cnt=991473

-.-

Quote[...] Kleinverdiener, die in Autos oder unter Brücken wohnen sowie brennende Autos und randalierende Jugendliche - Zeichen von sozialer Ungerechtigkeit, Perspektivlosigkeit, Rassismus und Massenarbeitslosigkeit, die in Frankreich eine neue Debatte über Armut und Ausgrenzung auslösen.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Rund fünf Prozent der 60 Millionen Einwohner leben am Existenzminimum. Vor allem in den Großstädten ist die Armut sichtbar, wo Obdachlose unter Brücken und in U-Bahn-Schächten hausen oder Kleinverdiener in Autos oder Zelten leben, weil die Mieten unerschwinglich sind.

Die Vereinigung ADT-Vierte Welt schätzt die Zahl der Personen, die in Frankreich kein festes Dach über dem Kopf haben oder in unzumutbaren Unterkünften leben auf rund 3 Millionen, davon sollen 100 000 auf der Straße leben. Nicht alle sind zwangsläufig auch arbeitslos. Viele von ihnen halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Für eine Mietwohnung - auch in Pariser Randgebieten - reicht das Geld oft trotzdem nicht. Selbst der gesetzliche Mindestlohn (SMIC) in Höhe von rund 1 200 Euro monatlich für eine geregelte Arbeit garantiert kein festes Dach über dem Kopf. Immer mehr Menschen leben in ihrem Auto oder quartieren sich wechselnd bei Verwandten und Freunden ein.

Auch die Zahl der Empfänger von Sozialhilfe, die zwischen 400 Euro für einen Alleinstehenden und etwas mehr als 900 Euro für ein Paar mit zwei Kindern liegt, nimmt explosionsartig zu. So zählte man in Frankreich Ende 2005 rund 3,5 Millionen Sozialhilfeempfänger - 100 000 mehr als im Jahr zuvor. Am stärksten betroffen sind Alleinerziehende sowie Menschen unter 30 Jahren und Rentner. Rund eine Million Kinder leben in Armut.

In Frankreich gibt es 2,16 Millionen Arbeitslose. Vor allem Jugendliche aus Einwandererfamilien aus dem Maghreb und Westafrika sind von dieser Beschäftigungslosigkeit betroffen, die nicht zuletzt im vergangenen Herbst zu den heftigen Gewaltausbrüchen in Frankreich geführt hat.


Aus: "Analyse: Auch in Frankreich wächst die Kluft" (TA; 17.10.2006; dpa)
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.politik.volltext.php?zulieferer=dpa&redaktion=bdt&dateiname=iptc-bdt-20061017-296-dpa_12886328.nitf&kategorie=&catchline=%2Fthema%2F%23story&other=tdt&dbserver=1


Textaris(txt*bot)

#20
Quote[...] Washington - In den USA gilt als arm, wer als Single weniger als 9973 Dollar (7961 Euro) im Jahr verdient. 20 000 Dollar sind die Grenze für eine vierköpfige Familie. Laut Statistik sind dreimal mehr Schwarze als Weiße arm. Als "Underclass" (Unterschicht) gelten in der Umgangssprache jene, die aus dem System gefallen sind und keine Aufstiegschancen haben. Arme Afroamerikaner werden auch "Poor Blacks" genannt. Die ethnischen Verunglimpfungen von armen Weißen sind facettenreicher. Sie reichen von "Joe Dirt" (Joe Schmutz) über "White Blacks of America" bis hin zum besonders häufig gebrauchten "White Trash" (Weißer Abfall).

Diese Stigmatisierung zielt auf arme und einkommensschwache Weiße gleichermaßen ab und schiebt als Art Oberbegriff für schlechtes Benehmen, Mangel an Bildung und geringe moralische Standards die Betroffenen in die unterste soziale Schublade. "White Trash" wird oft auch mit Trunkenheit oder lautem Benehmen assoziiert.

Rund 37 Millionen US-Bürger oder 12,6 Prozent der Gesamtbevölkerung gelten als arm. 46,6 Millionen haben nach Angaben der US-Statistikbehörde keine Krankenversicherung. Arbeitslosengeld wird etwa im Bundesstaat Virginia nur zwischen zwölf und 26 Wochen gezahlt. Die Summe schwankt laut Behörden zwischen 54 und 330 Dollar (263 Euro) pro Woche. dpa


Aus: "USA: "White Trash" markiert unterste Sozial-Schublade" (fr; 18.10.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=3be3387b2a43356b961f038781809280&em_cnt=991516



Textaris(txt*bot)

#21
Quote[...] Obwohl sich die wirtschaftliche Lage in den osteuropäischen Regionen insgesamt verbessert habe, lebten zum Beispiel in Kirgisien noch bis zu 80 Prozent der unter 15-Jährigen in Haushalten, die mit weniger als 1,70 Euro pro Tag auskommen müssten, teilte das Hilfswerk der Vereinten Nationen in Köln in ihrem Osteuropa-Bericht mit.

Armut sei auch der Hauptgrund dafür, dass eine große Zahl von Kindern in Bulgarien und Rumänien eben nicht in ihren Familien, sondern in Heimen aufwachse.

Im Vergleich zu den neunziger Jahren ist die Zahl der Kinder, die in Armut aufwachsen, laut Unicef-Bericht zwar von 32 auf 18 Millionen gesunken. Das liege aber weniger an verbesserten Lebensumständen als an einer drastisch gesunkenen Geburtenrate. Diese hat Unicef zufolge in den untersuchten 20 Staaten Südosteuropas und der ehemaligen Sowjetunion von 1998 bis 2003 um elf Millionen abgenommen.

In Fragen der Gesundheitsversorgung, bei sanitären Einrichtungen und der sozialen Infrastruktur zeichne sich statt Fortschritten vielfach nur Stagnation ab, hieß es.

Aus: "STUDIE: Kinder in Osteuropa extrem arm - Jedes vierte Kind in Südosteuropa und der ehemaligen Sowjetunion lebt in extremer Armut. Das geht aus einer Unicef-Studie hervor" (SPON; 18. Oktober 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,443215,00.html


Textaris(txt*bot)

#22
Quote[...] Diskutiert werden in den Medien gelegentlich Einzelfälle; ein misshandeltes oder unterversorgtes Kind oder auffällige Jugendliche. Aber die ,,verlorenen" Kinder dieser Stadt sieht man selten. Sie ,,verirren" sich kaum auf die Flaniermeilen rund um die Alster; sie sind nicht zu sehen in den schicken Einkaufspassagen der Innenstadt.


Unter der CDU-Mehrheit in Hamburg hat sich die Kinderarmut verschärft. ,,Seit 1992 bemühen wir uns, Politik und Öffentlichkeit – leider ohne erkennbaren Erfolg – wachzurütteln. Waren 2003 15% aller Kinder in Hamburg arm, sind es heute bereits 23%," so Professor Wulf Rauer, Vorsitzender des Kinderschutzbund Hamburg.

[...] Armut führt besonders bei Kindern zu einer Lebenslage in der wichtige Lernprozesse verhindert werden und Ausgrenzung erlebt wird. Den Kindern fehlt Erfahrungsreichtum und damit Verhaltenskompetenz. Durch die aktuellen bildungspolitischen Trends wird in Hamburg die intensive schulische Selektion gefördert und dies reduziert die Bildungschancen für benachteiligte Schüler maßgeblich. Die ,,Ghettoisierung" von Armut, d.h. die sozialräumliche Ausgrenzung von Armutsbevölkerung in spezielle Quartiere und Stadtteile verstärkt die Not noch.

[...] Nach der neuesten Untersuchung der SPD Frau Andrea Hilgers schätzen sogar 20% der Kita-Leitungen in den sozial benachteiligten Stadtteilen die ,,pädagogische Kontinuität" als schlecht ein, sie klagen über fehlende Mitarbeiter und wenige Mittel. Ebenfalls Folge des ,,Gutschein-Systems" in diesen Gebieten: fast jede zehnte Familie ist mittlerweile bei den Einrichtungen verschuldet.


Aus: "Kinderarmut in Hamburg: ,,...die im Dunklen sieht man nicht"
Kategorie: Wirtschaft & Soziales, hiz berichtet
Von: hp/hiz
Ein Viertel der Kinder in Hamburg lebt von Hartz IV. Fast 75.000 Kinder, deren Entwicklungs- und Bildungschancen in dieser reichen Stadt Hamburg fast aussichtslos sind" (20.10.2006)
Quelle: http://www.initiativenzeitung.org/nachricht/meldung/kinderarmut-in-hamburg-die-im-dunklen-sieht-man-nicht/


Textaris(txt*bot)

#23
Quote[...] Wenn es um die ausufernden Kosten für das Arbeitslosengeld II (ALGII) geht, lenkten Politiker bisher gerne die Aufmerksamkeit auf den vermeintlich grassierenden Missbrauch. Dabei ist das Arbeitsministerium - wollte man zynisch sein - letztes Jahr mit rund 26 Milliarden Euro noch recht gut weggekommen. Denn tatsächlich nehmen viele Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation sehr wohl Anrecht auf ALG II hätten, den Anspruch gar nicht wahr.

Das zeigt eine neue Studie, die die Forscherin Irene Becker jetzt im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung erstellt hat. Mitten in der hitzigen Debatte über Armut in Deutschland zeigt die Untersuchung außerdem, dass das Problem noch sehr viel größer ist als die offiziellen Statistiken vermuten lassen.

Mithilfe von Daten aus dem Sozioökonomischen Panel, einer jährlichen Haushaltsbefragung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, berechnete die Wissenschaftlerin: Eigentlich wären statt der rund 7,4 Millionen Menschen, die aktuell in Haushalten mit Hartz-IV-Unterstützung leben, etwa zehn Millionen Menschen ALG-II-berechtigt. Über 30 Milliarden Euro müsste die Bundesregierung Beckers Einschätzung zufolge insgesamt jährlich aufbringen, wenn sich alle Leistungsberechtigten bei den zuständigen Jobcentern melden würden.

Der immer wieder hochkochenden Missbrauchs-Debatte will die Autorin mit ihrer Studie den Zündstoff nehmen. Denn ihre Ergebnisse ständen "in auffallendem Kontrast" zu der Vermutung, die jetzt schon hohe Zahl an ALG-II-Empfängern lasse sich mit den zahlreichen Trittbrettfahrern erklären, die die Unterstützung eigentlich gar nicht nötig hätten. Auch die viel diskutierte These, die Hartz-IV-Unterstützung motiviere zum Nichtstun, sei ihren Forschungsergebnissen nach zumindest höchst diskutabel. "Viele Bedürftige verzichten auf Arbeitslosengeld II - und das Hauptmotiv ist Scham", sagte Becker zu SPIEGEL ONLINE. Offensichtlich hätten viele Menschen das Bedürfnis nach Anerkennung und Selbständigkeit.

In der aktuellen Armuts-Debatte liefert die Studie außerdem noch einmal die erschreckende Wahrheit über die deutschen Verhältnisse. Besonders oft bedürftig sind der Untersuchung zufolge Alleinerziehende, Geringqualifizierte und Teilzeitjobber. 3,4 Millionen Kinder und Schüler leben in bedürftigen Familien. Je mehr Kinder in einem Haushalt leben, desto höher das Armutsrisiko.

Besonders eindrücklich sind solche Fakten angesichts der strengen Kriterien, die Forscherin Becker ansetzt. Während sonst häufig bei Studien zu dem Thema jeder als arm gilt, dessen Einkommen unter 60 Prozent des deutschen Durchschnitts liegt, zählt Becker nur ALG-II-Berechtigte dazu.

Die offiziellen Statistiken verraten nur die halbe Wahrheit, lautet die Schlussfolgerung Beckers. "Dabei hat mich das Ausmaß des Entsetzens schon verwundert", kommentiert die Wissenschaftlerin die aktuelle Armuts-Debatte. Denn die Ergebnisse der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung über das "abgehängte Prekariat", die die Debatte angestoßen hat, habe letztlich nur längst bekannte Erkenntnisse bestätigt.


Aus: "VERSTECKTE ARMUT: Zehn Millionen Deutsche sind bedürftig" (ase; SPON; 18. Oktober 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,443327,00.html

-.-

Quote[...] «Sie leben in verdeckter Armut - und mit ihnen etwa eine Million Kinder», stellte Becker fest. Betroffen seien vor allem gering Qualifizierte, Teilzeitbeschäftigte, die keine volle Stelle finden, sowie Familien mit drei oder mehr Kindern. Hinzu kämen 1,5 Millionen Haushalte, die auch ein Vollzeiteinkommen nicht vor Bedürftigkeit schütze.

Die Ökonomin hat für ihre Studie das Ausmaß der Bedürftigkeit auf Basis einer seit 1984 fortgeschriebenen Datensammlung geschätzt. Dabei seien die jüngsten zur Verfügung stehenden Zahlen von 2004 zu Grunde gelegt worden. Für das so genannte sozioökonomische Panel werden jährlich mehr als 11 000 Haushalte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin befragt.


Aus: "Studie zu verdeckter Armut veröffentlicht - Millionen Menschen verzichten auf die ihnen zustehende Unterstützung" (18.10.06)
Quelle: http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1160644260689&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546

-.-


Textaris(txt*bot)

#24
Quote[...] Etwa ein Viertel der mehr als 70 Millionen Einwohner der Türkei lebt nach Berechnungen der Statistiker in Ankara unterhalb der Armutsgrenze. Wer noch weniger hat - fast eine Million Menschen oder ein Prozent der Bevölkerung - fristet ein Dasein an der Grenze des Hungers. Nach Angaben der Behörde ist die Armut auf dem Land weiter verbreitet als in der Stadt und nimmt mit der Größe der Familie zu. So lebt etwa jede zweite türkische Familie mit sieben und mehr Angehörigen unterhalb der Armutsgrenze.

[...] Nicht jeder ist bereit, seine Bedürftigkeit offen zur Schau zu tragen. Wer in Armut lebt, tut dies häufig im Verborgenen, das ist in der Türkei nicht anders als anderswo auf der Welt.


Aus: "Armut in der Türkei: "Wenn doch immer Ramadan wäre"" (Donnerstag, 19. Oktober 2006)
Quelle: http://www.n-tv.de/722795.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Die 10 Prozent der reichsten Menschen in Deutschland konzentrieren über 46 Prozent des Gesamtvermögens in Deutschland", stellt Professor Ernst-Ulrich Huster, Politikwissenschaftler an der Evangelischen Fachhochschule Bochum, fest.

Doch über diese Kernaussage hinaus bleiben verlässliche wissenschaftliche Angaben über die Reichen in Deutschland schwierig. In Datenerhebungen wird oft in der höchsten Einkommensgruppe nicht ausreichend differenziert, zudem halten sich die Reichen mit Auskünften zurück. "Der Arme will, dass seine Armut wahrgenommen wird, der Reiche schweigt und genießt", sagt Huster. "Der Reiche - das scheue Wild", fasste Rolf Stöckel, Sprecher der "AG Verteilungsgerechtigkeit" der SPD-Fraktion, die unzureichende Datenlage zusammen.

[...] Früher sei Deutschland zudem weltweit vorbildlich für die soziale Durchlässigkeit seiner politischen Klasse gewesen, erklärte Hartmann weiter. Die Volksparteien hätten gerade auch Angehörige der mittleren und unteren Schichten in die politische Verantwortung gebracht. "Diese Sonderstellung ist weg", fuhr er fort. Durch die Mitgliederverluste von SPD und CDU/CSU und die Verweigerungshaltung weiter Bevölkerungsteile spiegele die Politikerklasse immer weniger die reale Bevölkerung wieder. Die Politikerklasse nähere sich mit ihrer gehobenen sozialen Zusammensetzung der Wirtschaftsklasse an, so Hartmann. "Je näher Polit- und Wirtschaftseliten aneinanderliegen, desto größer ist die Gefahr, dass ihre Wahrnehmung von sozialer Wirklichkeit nicht mehr mit der von vielen Menschen in Deutschland korrespondiert", warnte Hartmann.


Aus: "Die unbekannte Oberschicht" taz vom 24.10.2006, S. 7, 133 Z. (TAZ-Bericht), CHRISTOPH GERKEN
Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/10/24/a0076.1/text


Textaris(txt*bot)

#26
Quote[...] Auch in Köln wächst die Armut. Fast 13 Prozent der Menschen können ohne staatliche Unterstützung ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten. Beinahe jedes vierte Kind gilt als arm.

[...] Wie die meisten hier kommt sie regelmäßig zur kostenlosen Essensausgabe. Rund 450 Personen werden jeden Dienstag zwischen 14 und 18 Uhr von ehrenamtlichen Helfern mit dem Nötigsten versorgt: Brot, Gemüse, Obst, Nudeln, Milch, Mehl. Heute gibt es außerdem Sauerkraut und Joghurt.

Von 1000 Kölnern leben 129 von staatlichen Transferleistungen. Sie beziehen Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Grundsicherung oder Hilfen zum Lebensunterhalt. Nicht in der Zahl enthalten sind die Arbeitslosen, die normales Arbeitslosengeld bekommen. Das sind bei 1000 Kölnern noch einmal mehr als 15 weitere Betroffene, die man jedoch keinesfalls pauschal als ,,arm" bezeichnen darf.

Die Stadtverwaltung hat für den nächsten Sozialausschuss die Ergebnisse eines Kennzahlenvergleichs der 16 größten Städte Deutschlands vorgelegt. Köln schneidet etwas besser ab als der Durchschnittswert des interkommunalen Vergleichs, wonach 139 von 1000 Großstädtern von staatlichen Transferleistungen leben. Die größte Gruppe unter ihnen bilden die ,,Hartz IV"-Betroffenen. Mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II ist die Zahl der Empfänger der klassischen Sozialhilfe zum Beispiel in Köln auf unter 0,2 Prozent der Bevölkerung gesunken.

Unter den Kölnern bis 65 Jahre fielen im Jahr 2005 fast 14,2 Prozent unter die Regelungen der ,,Hartz IV"-Gesetze. Am stärksten betroffen sind Kinder: Für 227 von 1000 Kindern unter 15 Jahren wird Sozialgeld gezahlt, weil ihre Eltern Langzeitarbeitslose sind oder weniger verdienen, als die ,,Hartz IV"-Bemessungsgrenze vorsieht. Somit kann fast jedes vierte Kind in Köln als ,,arm" bezeichnet werden. Am zweitstärksten ist die Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener von 15 bis 25 Jahre betroffen. Im interkommunalen Vergleich der traurigen Zahlen schneidet Köln besser ab als andere.


Aus: "Rangliste der Bedürftigkeit birgt Sprengstoff" VON HELMUT FRANGENBERG (Kölner Stadt-Anzeiger; 25.10.2006)
Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1161673298300.shtml


Textaris(txt*bot)

#27
Quote[...] Sowohl das Wirtschaftswunder im Westen als auch die sozialistische Idee im Osten waren nach dem Krieg geeignet, demokratische Verhältnisse zu etablieren, ohne dass man sich ernsthaft der möglichen Heilung vorhandener seelischer Schäden bei Millionen Deutschen annehmen musste, die Nationalsozialismus, Krieg und Völkermord erst ermöglicht hatten. Dank der tiefenpsychologischen und neurobiologischen Forschung wissen wir, wie frühe Beziehungsstörungen, die Kinder erleiden, noch im Erwachsenen-Alter zu destruktiven innerseelischen Vorgängen führen, die sich bei sozialer Not, psychischer Angst und geeigneter Verführung als kollektiver Wahn abreagieren können, wenn eine Mehrheit davon betroffen ist. Die Zerstörung, die am Ende einer solchen massenpsychologischen Verblendung steht, ist dann das äußere Abbild eines gegebenen innerseelischen Zustandes.

Man mochte sich in beiden deutschen Staaten anfangs mit Aufbauleistungen der Täuschung hingeben, es sei möglich, aus dieser prekären seelischen Notlage herauszuwachsen. Ein verhängnisvoller Irrtum, der durch die Spaltung Deutschlands zusätzlich befördert wurde. Die Täuschung erlaubte es, die innerseelischen Störungen auf die jeweils andere Seite zu projizieren, um eigene Verletzungen und Entfremdungen nicht wahrnehmen zu müssen.

Wir wissen, ein hohler Sozialismus, dessen Ideale eben nicht innerseelisch verankert werden konnten, ist durch den Verlust an Überzeugung und durch seine Mangelwirtschaft kollabiert. Und wir sehen heute, wie eine global entfesselte Marktwirtschaft das humane, soziale und ökologische Gleichgewicht zerstört. Erneut sind wir alle beteiligt an einer derartigen Fehlentwicklung. Wiederum darf keiner sagen, er hätte nichts gewusst. Wir wissen, dass materielles Wachstum begrenzt ist, wir wissen, wie Profitstreben Arbeitslosigkeit und Armut schafft, und wir wissen, dass unsere Lebensform die natürlichen Ressourcen vernichtet und unser Klima im wörtlichen wie übertragenen Sinne zerstört. Wir haben inzwischen auch erfahren, dass es selbst in einer Demokratie möglich ist, Kriege auf der Grundlage von Lügen zu führen. Es gibt also bereits wieder Mehrheiten, die sich von Suggestionen, Manipulationen und verlogenen Ideologien leiten lassen.

Mit der großen Koalition haben wir unter all diesen Unständen auch noch eine Regierung gewählt, die bestenfalls moderiert und verwaltet. Bei der jede Vision in der verlogenen Umarmung des Partners erstickt wird.

Da kann es doch eigentlich niemanden überraschen, dass die "Unterschicht" aus Menschen gebildet wird, deren Schicksal dazu angetan ist, unsere Lage wie ein Schatten abzubilden - sei es durch Armut, Krankheit, Sucht, Gewalt, Kriminalität oder Radikalisierung.

[...] Die "Unterschicht" ist schließlich nichts weniger als Resultat des Handelns all derer, die eine "Oberschicht" bilden und bleiben wollen. Der Wille, möglichst stärker und erfolgreicher als andere zu sein, grenzt zwangsläufig Schwache und Erfolglose aus. Und wer durch äußere Gewinne seine inneren Defizite befriedigen will - ganz profan gesagt, sein Liebesdefizit mit Geld begleichen will -, der braucht erkennbare Verlierer.

Nach meiner Lebenserfahrung werden wir einer nächsten großen schweren Krise nicht entgehen. Die bitteren Wahrheiten, die sich mit einer zunehmend größer werdenden sozialen Kluft in unserer Gesellschaft zeigen, sind nur ein weiteres Alarmsignal. Der jäh anschwellende Unterschichten-Diskurs war für ein paar Tage, wie zu erwarten, wortgewaltig und veränderungsresistent. Aber machen wir uns da nichts vor: Wollen wir die hier angedeuteten und sich abzeichnenden destruktiven Tendenzen aufhalten, brauchten wir - so formelhaft das auch klingen mag - eine Politik, die fähig ist, die Macht des Kapitals weltweit so zu zügeln und zu kontrollieren, dass menschliche Grundbedürfnisse wieder im Mittelpunkt stehen. Und wir brauchten eine Bevölkerungsmehrheit, die ihre seelischen Defizite nicht mehr im Kaufen und Besitzen kompensieren muss. Entspannte soziale Beziehungen sind ein Grundbedürfnis des Menschen, das aber nur durch eine angemessene Empörung, durch Trauer und Schmerz über erlittene Beziehungsstörungen in der eigenen Lebensgeschichte befriedigt werden kann. Ich halte dies allen Ernstes für wahr - und leider für nicht realisierbar. Ein Volk passt eben nicht auf die Couch!

So bleibt die Frage für jeden Einzelnen - in welcher "Schicht" er auch leben oder landen mag -, wie er sein Menschsein findet und wahrt. Reichtum korreliert nicht mit Glück, und Armut ist keine Schande. Wert und Würde eines Menschen sind nicht "schichtgebunden". Schändlich und gefährlich aber ist eine Gesellschaft, die den sozialen Zusammenhalt aufgibt, für den allerdings wir alle verantwortlich sind.


Aus: "Aus der Haut fahren - Die seelischen Defizite einer sozial zerrissenen Gesellschaft bleiben völlig ausgeblendet" Von Hans-Joachim Maaz (27.10.2006; Dr. med. Hans-Joachim Maaz leitet die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Diakoniewerk in Halle/S.)
Quelle: http://www.freitag.de/2006/43/06430101.php


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Sieben der zehn ärmsten Regionen der EU befinden sich in Polen, vor allem im Süden und Osten des Landes. Laut Statistik leben 45 Prozent der Polen am Rand des Existenzminimums. Nach einer Studie der Weltbank ist Polen eines der wenigen Länder Ostmitteleuropas, in denen die soziale Kluft zwischen neuem Wohlstand und Verarmung größer geworden ist.

[...] Junge Leute fliehen in die Städte oder ins Ausland. Zurück bleiben die Alten, die Kinder und die Gescheiterten, die nicht einmal mehr die Energie zum Weggehen haben.

Arbeitslosenunterstützung haben sie seit Jahren nicht mehr bekommen, den verarmten Gemeinden fehlt das Geld für Aufbauprogramme. Vom Frühjahr bis spät in den Herbst stehen deshalb vor allem die Frauen auf der Landstraße, verkaufen Beeren, Pilze, Früchte, um wenigstens ein paar Zloty von dem zu verdienen, was in Wäldern und Gärten gesammelt werden kann.

In den Großstädten dagegen sind an den Ausfahrtstraßen immer mehr Kinder und Jugendliche zu sehen, die an Ampelkreuzungen auf stehende Fahrzeuge zulaufen und die Windschutzscheibe in der Hoffnung auf ein Almosen putzen. Rentner verkaufen an Straßenecken Schnürsenkel und andere Kleinigkeiten, um mit dem bescheidenen Gewinn die kleine Rente aufzubessern.

"Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter jemals mehr als 30 Zloty (knapp acht Euro) im Portemonnaie hatte", beschreibt etwa die 17-jährige Aneta aus dem nordpolnischen Tczew die desolate Lage ihrer Familie. "Aber irgendwie leben wir halt doch." Das Irgendwie bedeutet Kleidung aus dem Lumpenhandel und oft der Verzicht auf eine warme Mahlzeit. Von Kinobesuchen, Kosmetik oder modischen Turnschuhen können Jugendliche wie Aneta nur träumen.

Es sind Verhältnisse wie diese, die die Polnische Humanitäre Aktion (PAH) 1998 zur Aktion Pajacyk (Hampelmann) bewogen hat. Der hölzerne Hampelmann ist nicht nur das Symbol einer Hungerseite im Internet, sondern für tausende Kinder ein Stück Hoffnung. Sie erhalten eine kostenlose Schulspeisung – für die meisten von ihnen die einzige warme Mahlzeit am Tag. Dabei haben etwa im ländlichen Masuren viele Kinder einen Schulweg von mehr als zehn Kilometern, längst nicht alle werden von einem Schulbus abgeholt.


Lehrer klagen immer wieder über schwache, unkonzentrierte Kinder, die dem Unterricht nicht folgen können, weil sie oft nicht einmal ein Stück Brot zu essen hatten.


Aus: "Die Armut wird sichtbar: Winter in Polen" (1. November 2006)
Quelle: http://www.n-tv.de/727610.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der jüngste Gesundheitsbericht, den das Robert-Koch-Institut im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums auf Basis zahlreicher Einzelstudien veröffentlichte, liefert eindrückliche Zahlen dafür, wie sich die Schere zwischen den Bevölkerungsschichten öffnet: Viele Leiden wie permanente Rückenschmerzen, chronische Bronchitis, aber auch Schlaganfälle treten bei Männer in der unteren Sozialschicht deutlich häufiger auf als bei den gut Ausgebildeten und Gutverdienern. Für Frauen lassen sich zudem mehr Herzinfarkte und Diabetesfälle beobachten. Auch die psychische Gesundheit ist im unteren Gefüge der Gesellschaft schlechter.

Welche gesundheitlichen Probleme Menschen am untersten Ende der Gesellschaftsskala haben, sieht Sozialarbeiter Thomas Winistaedt jeden Tag auf der Krankenstation der Berliner Stadtmission. Zu ihm kommen Menschen ohne festen Wohnsitz, sie haben höllische Zahnschmerzen, offene Beinen oder eine Nierenbeckenentzündung. Mit ihren Leiden kommen sie fast immer viel zu spät. ,,Das liegt vor allem an den 10 Euro Praxisgebühr beim Arzt", sagt Winistaedt. ,,Diese Summe schreckt ab."

Zu der finanziellen Hürde komme die Scham, sich schlecht gekleidet in eine Arztpraxis zu setzen. Das sichtbarste Zeichen für Armut sind für Winistaedt die schlechten Zähne der Kranken. ,,Da macht sich die Mangelernährung sofort bemerkbar", berichtet er. ,,Viele Menschen sehen auch deutlich älter aus als sie sind."

Nur ein Gesundheitsproblem haben Obdachlose nicht: Sie leiden selten unter Übergewicht. Damit bleiben sie unter den sozial benachteiligten Schichten eine Ausnahme.


Aus: "Armut wird zunehmend sichtbar" Von Andrea Barthélémy und Ulrike von Leszczynski (7.11.2006)
Quelle: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1317068


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Zielgruppe sei jünger geworden, berichtet Rieck. "Früher gab es die selbstbewussten Berber, die ihr Leben im Griff haben." Heute handele es sich oft um Menschen, die Arbeit, Familie und Freunde verloren hätten. "Ich dachte, ich war vorbereitet, als ich vor zwei Jahren anfing", sagt Helferin Marlies Thomsen. "Aber dann hat mich umgehauen, wie jung die sind."


Aus: "Obdachlose werden jünger" - Hamburg: Seit zehn Jahren versorgt der Mitternachtsbus Menschen, die auf der Straße leben. Nüchterne Bilanz: Die Armut zu besiegen ist nicht gelungen. Für ehrenamtliche Helfer gibt es derzeit eine Warteliste" von KAIJA KUTTER (taz Nord vom 7.11.2006, S. 24)
Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/11/07/a0283.1/text

-.-

Quote[...] Paris. SDA/DPA/baz. Nach einem erneuten Brandanschlag auf einen Bus am Sonntagabend haben die Busfahrer von 117 Pariser Vorstadt-Linien am Montagabend die Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaften forderten «mehr Geld für die Sicherheit».

Der Anschlag sei nicht in einem Problemviertel erfolgt, sondern vermutlich von einem Kommando gezielt in einem ruhigen Gebiet verübt worden. Ein Jahr nach den Jugendunruhen in französischen Vorstädten war es in den vergangenen Wochen wiederholt zu Anschlägen auf Busse gekommen.

Am Sonntagabend warfen in Tremblay bei Paris drei Vermummte Brandsätze in einen Bus. Der Fahrer konnte das Feuer löschen, erlitt aber Verletzungen und einen Schock.

Die private Busgesellschaft erklärte, sie habe bereits 18 Konfliktberater auf heiklen Busstrecken im Einsatz. Man könne nicht jeden Bus begleiten. Es gehe hier nicht um ein Sicherheitsproblem, sondern um ein beunruhigendes Gesellschaftsproblem.


Aus: "117 Buslinien in Pariser Vororten nach Anschlag lahm gelegt" (06.11.06)
Quelle: http://www.baz.ch/news/index.cfm?startpage=1&ObjectID=BF1C9DB1-1422-0CEF-7034B989D27695B5

-.-

Quote[...] "In diesem Land sind 10 Prozent sehr reich, 20 Prozent leben gut, aber die Hälfte hungert. Schrecklich, was in diesem Land passiert."

Tausende Menschen leben auf diese Weise rund um Budapest. Noch will von offizieller Seite niemand das Wort Slum in den Mund nehmen. Verstärken sich die Probleme aber in den kommenden Jahren, könnten sich Elendsgürtel, ähnlich denen in Südamerika, um die ungarische Metropole legen.


Aus: "Ungarns Weg in die Armutsfalle: Zahl der Obdachlosen in Budapest steigt" (Deutschlandradio; 07.11.2006)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/560437/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Deutschlands Exportwunder beruht auf zwei Pfeilern: Dumpingpreise bei den Steuern und Schleuderpreise bei den Löhnen. Schon 2004 haben Deutschlands Unternehmen gemäss der neuesten OECD-Studie mit 1,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts die tiefsten Steuern aller Industrieländer (mit Ausnahme Islands) bezahlt. Mit 3,4 Prozent liegt der Durchschnitt aller OECD-Länder mehr als doppelt so hoch. Doch das reicht offenbar noch nicht. Mit der neuesten Steuerreform sollen die Unternehmen noch einmal um jährlich 5 Milliarden Euro sinken.

Die sinkenden Steuern und der so ausgelöste Druck auf die Löhne der Staatsangestellten sind zugleich auch einer der wichtigsten Triebfedern des allgemeinen Lohndrucks. Von 2003 bis 2006 ist zwar die reale Produktivität pro Arbeitsstunde um 5 Prozent gestiegen, die realen Stundenlöhne sind jedoch um 1,5 Prozent gesunken. Dadurch ist die Konkurrenzfähigkeit der Deutschen Industrie enorm gestiegen.

Umgekehrt wird es für die Nachbarstaaten immer schwieriger, ihre Waren und Dienstleistungen nach Deutschland zu exportieren: Erstens werden ihre Produkte relativ immer teurer. Zweitens fehlt den deutschen Haushalten zunehmend das Geld, und angesichts der Jobmisere auch die Lust zum konsumieren.

Diese Entwicklung bedeutet, dass Deutschlands Dumping-Wirtschaft nicht nur im eigenen Land, sondern auch bei seinen Handelspartner je rund zwei Millionen Jobs zerstört hat. Das gefährdet einerseits die Stabilität des Euro. Italien, Griechenland und Portugal sind praktisch konkurrenzunfähig geworden. Frankreich leidet auch schon unter dem (für Rest-Euroland zu teuren) Euro. Anderseits fällt auch Deutschland selbst zunehmend auseinander.

Von 1995 bis 2000 hat die reale Lohnsumme in Deutschland praktisch stagniert. Seither ist sie sogar um rund 5 Prozent gesunken. Ein wenig beachtetes Sonderkapital des neuen Berichts des deutschen Sachverständigenrates zeigt zudem, dass sich die Zunahme der Ungleichheit seit 1999 noch einmal stark beschleunigt hat. Von 1999 bis 2004 wurde nicht weniger als 10 Prozent der Markt- Einkommens der ärmsten 30 Prozent an die reichsten 30 Prozent von unten nach oben umverteilt. Dies wurde durch staatliche Umverteilung (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld) nur teilweise ausgeglichen. Die Armutsquote hat damit seit Mitte 1988 markant von rund 12 auf 17 Prozent der Bevölkerung markant zugenommen.



Aus: "Immer tiefere Löhne, noch weniger Gewinnsteuern: Deutschlands Dumping legt Europas Aufschwung lahm" VON WERNER VONTOBEL (11.11.2006)
Quelle: http://www.blick.ch/news/wirtschaft/artikel48982


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Hamburg (dpa) - In den vergangenen zehn Jahren sind die Reichen in Deutschland nach einer Studie deutlich reicher und die Armen deutlich ärmer geworden. Nach der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hat das ärmste Zehntel der Bundesbürger zwischen 1995 und 2005 rund fünf Prozent seines Anteils am Gesamteinkommen eingebüßt. Das oberste Zehntel dagegen hat gut ein Prozent hinzugewonnen. Besonders dramatisch seien die Einkommensunterschiede in Ostdeutschland gewachsen, berichtet «Der Spiegel».


Aus: "Schere zwischen Reich und Arm geht laut Studie weiter auseinander" (2006/11/12)
Quelle: http://www.businessportal24.com/de/Schere_Reich_Arm_Studie_71985.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...]  Laut einer Studie der Stiftungen Annie E. Casey, Ford und Rockefeller leben derzeit in den USA mehr als 39 Millionen Menschen trotz Arbeit in Armut. Jeder vierte Job bringt nicht genügend ein, um eine Familie zu ernähren. Wie viele täglich kämpfen müssen, um trotz Arbeit nicht ins Elend abzurutschen, darüber gibt es keine Statistik. Das ist aber der Alltag für die amerikanische Mittelschicht.

Härter als in Europa war es in Amerika immer. Doch seit Roosevelts New Deal in den dreißiger Jahren gab es immer eine gewisse Grundversorgung, die aber zuletzt in radikaler Weise gekürzt worden ist. Einerseits wurden die Sätze der Unterstützung drastisch gesenkt, andererseits die Dauer für Langzeitarbeitslose auf fünf Jahre begrenzt. Die parallel versprochenen Bildungsmaßnahmen wurden nicht verwirklicht.

Das Resultat konnte sich auf den ersten Blick sehen lassen: Die Arbeitslosenquote sank auf drei Prozent, die Wirtschaft schien zu boomen. Doch die niedrige Rate verdeckt nur den Blick auf die wirklichen Zustände. Einerseits sind die sozialen Systeme der USA nun schlechter denn je darauf vorbereitet, eine wirtschaftliche Rezession durchzustehen. Zum anderen ist das amerikanische Jobwunder der letzten Jahre zu einem großen Teil ein Statistikbetrug.

Es wird immer schwieriger, staatliche Unterstützung zu bekommen. So sind immer mehr Menschen gezwungen, unter Bedingungen zu arbeiten, die vor Jahren noch nicht vorstellbar waren. Fast die gesamte untere Mittelschicht droht ins unterste Einkommensniveau abzurutschen, während große Teile der ehemaligen Arbeiterschicht mittlerweile als arm gelten. Soziale Unterstützung erhalten sie trotzdem nicht. Millionen arbeiten bis zu 16 Stunden am Tag, um überhaupt ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gleichzeitig sind die Einkommen der reichsten Amerikaner in den letzen 15 Jahren um 80 Prozent gestiegen. Die Einkommen der Ärmsten nur um 2 Prozent.

Für alle, die einmal in diesen Teufelskreis von Armut und dem damit verbundenem Zwang, in den Niedriglohnsektor zu gehen, geraten sind, wird es immer schwieriger, wieder herauszukommen. Einerseits bieten Beschäftigungen als Reinigungskraft oder in Fastfood-Ketten wenig Aufstiegschancen. Will man aus dem Trott heraus, muss man sich selbstständig um andere Arbeit bemühen. Die zeitliche Arbeitsbelastung von 60 und mehr Stunden pro Woche macht dies jedoch kaum möglich.

Im Gegenteil. Sie führt oftmals zu gesundheitlichen Problemen. Und hier beginnt der weitere Absturz, denn Kranksein ist mit einem kaum zu kalkulierenden finanziellem Risiko verbunden. Niedriglohnarbeiter müssen sich in den USA größtenteils privat versichern. 500 Dollar kostet dies im Monat. Das aber kann sich kaum einer leisten. Die staatliche Krankenversicherung Medicaid, die für die Ärmsten der Armen einspringt, zahlt nur noch in lebensbedrohlichen Notfällen, und so entsteht eine ,,Unterschicht" aus finanziellen und sozialen Verlierern – zumeist trotz ,,Vollzeitbeschäftigung".
Dieser Spirale fallen die möglichen Lösungen als erstes zum Opfer: Soziokulturelle Einbindung, Aus- und Weiterbildung. Das Gefühl von Perspektivlosigkeit in einer Struktur, die fallen lässt und gleichzeitig fordert, statt zu fördern, ist ein fruchtbarer Boden für jegliche Form von Radikalisierung.

Hört sich bekannt an?

[...] Wir leben in einer kapitalistischen Welt, mit allen Vor- und Nachteilen. Wir haben uns in den Wohlstandsländern in dieser Situation eingerichtet und merken eigentlich nicht – oder jetzt vielleicht doch langsam? –, dass die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Zukunft und Perspektivlosigkeit, immer größer wird. Soziale Ungerechtigkeit existiert, und es macht keinen Sinn die Augen davor zu verschließen, im Gegenteil. Diskussionen um Definitionen und neue Begrifflichkeit werden da wenig helfen.


Aus: "Gesellschaft: Unsere Unterschicht ist Amerikas Mittelschicht" Von Holger Ernst (13.11.2006) | [Der deutsche Regisseur Holger Ernst hat jahrelang in den USA gelebt. In seinem Kinofilm ,,The House is Burning" beschäftigt er sich mit Armut und Verwahrlosung. Die deutsche Unterschichten-Debatte erfasst nur einen Teil der Probleme]
Quelle: http://www.welt.de/data/2006/11/13/1109588.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] [Berlin-Pankow] Aus dem quaderförmigen Flachbau steigt der dampfende Geruch von Nudeln und Gemüse ins Freie. Pünktlich zur Mittagsstunde zieht sich vor der Suppenküche des Franziskanerklosters eine Menschenschlange, akkurat in Zweierformation, vom laubbedeckten Vorgarten bis zur belebten Straßenecke.

Für Schwester Rita sind solche Szenen vertraut. Sie kennt sie aus ihrer brasilianischen Heimat. Und trotzdem kann sie dem Anblick kaum trauen: Das soll Deutschland sein, der berühmte Wohlfahrtsstaat und seine trendige Hauptstadt Berlin? Das hatte sie sich doch ganz anders vorgestellt.

Was sich in der Wollankstraße im Stadtteil Pankow, einst von Udo Lindenberg sehnsüchtig besungen, vor ihren Augen abspielt, ist die Kehrseite des Hauptstadtglanzes. Bis zu 500 Menschen stellen sich hier Tag für Tag - mit Ausnahme des Sperrtags am Montag - zum Mittagessen an, vor allem am Monatsende, wenn das Geld knapp wird.

"Hast du Roland gesehen?", fragt einer und ruft hinterher: "Kommst du morgen wieder?" Treffpunkt Suppenküche: für viele "eine Art Imbissbude", wie ein arbeitsloser Psychologe spöttelt. Für Thomas Dannat, einen 38-jährigen arbeitslosen Maler, und seinen Kumpel, einen 33-jährigen Schlosser mit charakteristischer Zahnlücke, ist die Adresse Wollankstraße 19 Fluchtpunkt eines tristen Alltags - und existenzielle Notwendigkeit in ihrem Überlebenskampf.

Untergebracht in einem Wohnheim im Stadtzentrum, scheuen sie nicht den Weg per S-Bahn nach Pankow, dem früheren Wohnviertel der DDR-Nomenklatura und der regimefreundlichen Intelligenzija. "Anderswo kostet das Essen 50 Cent", sagt Thomas. Für einen, der mit zehn Euro am Tag auskommen muss, fällt eine derartige Kalkulation durchaus ins Gewicht. Zumal er Wert legt auf frisch zubereitetes Essen und gesunde Ernährung.

Abseits und sichtbar auf Distanz zum Menschenauflauf blättert ein Mittsechziger ein wenig verstohlen in seinem Mathematik-Lehrbuch. Er hält viel auf Disziplin, geistige Fitness - und ein Mindestmaß an Sozialkontakten. Die Hoffnung, dass es wieder aufwärts gehen möge, hat er noch längst nicht aufgegeben. Er wälzt den Plan, sich im Frühjahr mit dem Zug nach Österreich abzusetzen.

Die Mehrheit hat sich mit ihrem Schicksal mehr oder weniger abgefunden: die Mutter mit ihrem schulpflichtigen Kind, die verhärmte Drogensüchtige, der zynische Psychologe, der Querulant, der einst Betriebswirtschaft studiert hat, der gewitzte Bauarbeiter aus dem Arbeiterbezirk Wedding mit dem Bandscheibenschaden oder der Mann im grauen Geschäftsanzug - ein Abbild der Gesellschaft.

Beinahe 300.000 Menschen sind in Berlin ohne Arbeit, zumeist bereits seit vielen Jahren. Sie schlagen sich mit Sozialhilfe durchs Leben, unter Abzug von Wohn- und Heizkosten müssen sie als Bezieher von Hartz IV mit 346 Euro im Monat oder als Ein-Euro-Jobber über die Runden kommen. Und ab 2007 wird auch noch die Mehrwertsteuer erhöht.

Bruder Antonius Maria Schütze, der Chef der karitativen Einrichtung der Franziskaner, bringt es auf den Punkt: "Es ist zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig."

Den 50-jährigen lebensfrohen Rheinländer im braunkarierten Flanellhemd, in salopper Cordhose und Sandalen, ein Hüne von einem Mann, wirft so leicht nichts um. Aber die grassierende neue Armut entringt ihm schon einmal ein herzhaftes Schimpfwort. "Es ist eine üble Gesellschaft, in der niemand krank, alt oder arbeitslos werden darf." Neuerdings bemerkt er eine traurige Tendenz: "Es kommen immer mehr Familien zu uns, und immer mehr fragen nach Nahrungsmittel fürs Frühstück und Abendessen." Das "Publikum" werde jünger.

Neben der Ausspeisung bieten die Franziskaner eine Hygienestation zum Waschen, eine Kleiderkammer und eine Sozialberatung. Im Speisesaal löffeln die Schützlinge des Bruder Antonius derweil aus ihrem Eintopf. Manche schmökern in der Zeitung, manche dreschen einen Skat. Als Dessert gibt es heute abgelaufene Donuts aus dem Supermarkt und Obst. Spenden wie diese würden immer seltener, erklärt Antonius. Sein Jahresbudget beträgt 380.000 Euro.

"Es ist schlimm, wie weit es mit Deutschland gekommen ist. Unsere Soldaten stehen im Nahen Osten, und wir werden als Sozialschmarotzer hingestellt", schimpft Udo Saiszhowa, der sich als Hilfsgärtner verdingt und von sich selbst längst sagt: "Ich gehöre hier schon zum Inventar."


Aus: "Reportage: Und das soll Deutschland sein?" Von THOMAS VIEREGGE (Die Presse; 17.11.2006)
Quelle:  http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=a&id=599296