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[Armut, Hunger, ... (Notizen)]

Started by Textaris(txt*bot), August 13, 2006, 10:03:26 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Immer mehr Arbeitnehmer sind hilfsbedürftig: In Deutschland sind schon 1,3 Millionen Beschäftigte auf Hartz IV angewiesen - obwohl sie einen Job haben. Rentenexperte Bernd Rürup erwartet deshalb auch eine zunehmende Altersarmut.

Die Zahl hilfsbedürftiger Arbeitnehmer in Deutschland ist nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" um mehr als ein Drittel auf 1,3 Millionen gestiegen. Wie die Zeitung unter Berufung auf aktuelle Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes berichtete, waren im September 2005, also vor Beginn der konjunkturellen Erholung am Arbeitsmarkt, 949.000 Berufstätige auf Hartz IV angewiesen. Bis Mai 2007 sei ihre Zahl um 27 Prozent gestiegen, bis August um gut 33 Prozent. Der Rentenexperte Bert Rürup rechnet angesichts der großen Zahl von Geringverdienern mit mehr Altersarmut.

Laut DGB gehen immer mehr Menschen "einer sozialversicherten oftmals vollzeitnahen Beschäftigung nach, und trotzdem reicht ihr Lohn nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten". Die Untersuchung widerlegt der "Frankfurter Rundschau" zufolge auch die Vermutung, dass Mini-Jobber die ganz große Mehrheit unter den Aufstockern stellten. Tatsächlich sei ihr Anteil auf rund die Hälfte gefallen. Deutlich stärker geweitet habe sich der Kreis der Hartz-IV-Bezieher, die mehr als 400 Euro im Monat verdienten und damit Sozialabgaben zahlten.

Diese Fakten belegen aus Sicht des Gewerkschaftsbundes, "dass sich Menschen mit einer Kombination von Hartz IV und Mini-Job keinesfalls einrichten und zufrieden geben". Vielmehr bemühten sie sich um einen vollen Arbeitsplatz. Rürup sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" zufolge: "Unter den gegenwärtigen Bedingungen werden die Armutsrisiken im Alter zunehmen." Altersarmut werde in spätestens 15 Jahren relevant werden.

Der Bundesregierung warf der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor, dass die staatlich subventionierte Riester-Rente ausgerechnet an den Geringverdienern vorbeiziele. "Für viele Bezieher niedrigerer Arbeitseinkommen oder Personen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien lohnt sich der Abschluss eines Riester-Vertrages nicht", erklärte er.

Immer mehr Menschen schätzen ihre eigene wirtschaftliche Lage als schlecht ein. Wie die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, der "Wirtschaftswoche" sagte, stieg der Anteil in den vergangenen fünf Jahren von 21 auf 32 Prozent. Rund 70 Prozent der höheren Sozialschichten seien mit ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zufrieden, aber nur etwa 40 Prozent der Mittelschicht und 20 Prozent der unteren Sozialschichten.

Quotematthiasxs (5.1.2008, 15:12 Uhr)

Siehe PIN AG

Was wir dringend brauchen, ist eine Definition von "Erwerbstätigkeit" oder "Arbeit".
Wenn jemand bei der PIN AG (Stern berichtete) für 40 Stunden Arbeit pro Woche, im Monat weniger als 400 Euro verdient, ist das eher Leibeigenschaft oder ein Schritt zurück ins 19. Jahrhundert als ein Job.
Für ein sich zivilisiert nennendes Land ist jedenfalls eine Schande. Aktiengesellschaften lassen sich so Ihre Belegschaftskosten vom Steuerzahler über die Sozialhilfe refinanzieren und die Bundesregierung feiert das sinken der Arbeitslosenzahlen.
Dümmer gehts nimmer.


QuoteLeseratte79 (5.1.2008, 15:37 Uhr)

Es gibt...

..tatsächlich Menschen in diesem Lande, die Hartz4 aus eigenem Antrieb hinter sich lassen wollten und dachten dies mit einer 35 Stunden Woche zu schaffen. Leider verdienen sie so erschreckend wenig mehr als sie vormals als Hartz4 Empfänger erhielten, dass sie sich von dem Geld das sie nun im Monat mehr haben gerade mal ihren Weg zur Arbeit leisten können! Und das Amt kommt diesen Mensche dann mit ihrem "Grundbedarfsgefassel" daher. Armes - reiches Deutschland.


QuoteSilbador (5.1.2008, 15:50 Uhr)

Alle Subventionen streichen!

Die Arbeitgeber nutzen derzeit alle Möglichkeiten an kostenlose oder zumindest billige Arbeitskräfte zu kommen.
Leider hilft ihnen dabei die derzeitige Gesetzeslage enorm.
Wenn jemand Arbeit zu vergeben hat, dann soll er diese auch entsprechend honorieren. Nutzt er die Not- oder Zwangslage von Menschen aus, macht er sich m.E. strafbar.
Aus diesem und anderen Gründen brauchen wir einen definierten MINDESTLOHN. Arbeit muß sich lohnen und darf nicht arm machen.


Quoteganzbaf (5.1.2008, 17:17 Uhr)

Wer offenen Auges Rentnearmut "erwartet"

sollte seinen Job als Politiker an den Nagel hängen.
Allerings haben wir heute schon eine massive Rentnerarmut. BEi Rekordzahlen an Millionären und Unternehmergewinnen.
Ein nationale Schande UND Grundgesetzwiedrig. Es müßte längst zu Verstaatlichungen von Megavermögen zu Gunsten der Armen kommen.


QuoteTaraHamburg (5.1.2008, 17:18 Uhr)

Aufstehen!

Solange "wir" uns das gefallen lassen, so lange wird damit weiter gemacht!
Wo kein Kläger- da keine Anklage.
Das war von den Arbeitgebern und der Politik ganz genau so gewollt.
Wir haben diese Menschen gewählt, die weiterhin verteidigen, dass Richtige (?) für uns entschieden zu haben.
Wir haben die Proteste gegen HartzIV aufgegeben- wir haben zugelassen, dass ein Arbeitnehmer in einer Zeitarbeitsfirma so lange in einem Betrieb verweilen darf, wie es der Arbeitgeber will- wo längst ein regulärer Arbeitsplatz zu besetzen gewesen wäre.
Wir haben zugelassen, dass es Firmen wie z.B. die Pin AG oder Friseurketten gibt, die Ihren Mitarbeitern zum sterben zu viel und zum leben zu wenig zahlen DÜRFEN!

WIR lassen zu, dass Menschen von Ihrer Arbeit nicht mehr leben können.
Warum lässt jeder, der hier schreibt (Auch der Journalist des Artikels!) dies zu?
Weil wir nicht aufstehen!
Weil wir diese Menschen gewählt haben- inkl. deren Konzepte die wir nun nicht wollen.
Wir haben uns aber auch nicht gewehrt!
Haben uns mit Politischen Versprechen abspeisen lassen und dem Zusammenhalt untereinander verloren.
Jeder hat nun Angst vor dem Gespenst HarztIV.
Das war eine Glanzleistung von den Menschen die uns regieren. Sie haben erreicht, dass keiner mehr aufsteht. Die eigene Angst lähmt zur Untätigkeit!
Ihr könnt schreiben was Ihr wollt- Ihr/wir/ich werden nur etwas daran ändern wenn wir endlich aufstehen!


Quotenilsb (5.1.2008, 17:34 Uhr)

...

für mich sind unternehmer, die ihren angestellten so geringe löhne bezahlen, dass diese unter sozialhilfenievau liegen(und das bei 35-40std-wochen) viel schlimmere sozialschmarotzer als die arbeitslosen, die keine lust haben zu arbeiten.

...


Quoteudo_aus_marl (6.1.2008, 1:03 Uhr)

Aufstehen

Liebe Tara aus Hamburg,
ich gebe Dir Recht, wir müssen aufstehen und uns dagegen wehren.
Aber es ist nicht richtig, dass Du schreibst, die Proteste gegen Hartz IV wurden aufgegeben. Ich kann Dir versichern, dass jeden Montag in über 130 Städten Menschen auf die Strasse gehen, um gegen den Sozialkahlschlag zu protestieren. Jedes Jahr is sogar in Berlin eine Grossdemo gegen Hartz IV. Letztemal am 13. Oktober mit fast 10.000 Menschen. Sicher werden viele sagen, dass sind nicht so viel. Stimmt die Zahl der Demonstranten ist zurückgegangen aber man muss auch fragen warum. Wer, der Hartz IV Betroffener ist, kann sich denn eine Reise nach Berlin erlauben. Dass ist nur ein Grund. Auch in Hamburg gibt es jeden Montag Protest gegen Hartz IV und Sozialabbau. Suche einfach mal über Google. Die Medien verschweigen diese Tatsache einfach. Ich möchte jetzt hier nicht näher darauf eingehen. Aber es gehört schon etwas dazu, über eine Demo mit fat 10.000 Menschen nicht zu schreiben. Die Hintergründe etc. findet ihr auf den verschiedenen HPs der Montagsdemos.
Also wir haben uns gewehrt und wir werden uns weiter wehren. Die Montagsdemos sind mittlerweile aus den meisten Städten, wo sie statt finden zu einem richtigen Treffpunkt geworden, es ist eine Plattform aller sozialen und politischer Belange geworden. Jeder kann dort am offenen Mikrofon seine Meinung sage! Ausgeschlossen sind nur Nazis und religiöse Fanatiker. Außerdem konnten viele Montagsdemos, Menschen schon helfen die von den ARGEN etc. schikaniert etc. wurden.
Und wir sind uns, glaube ich alle einig, gebe es kein Hartz IV, würden auch menschenwürdige Löhne gezahlt.
Liebe Grüße aus Marl
www.montagsdemo-marl.de


QuoteGinnungagap (6.1.2008, 4:44 Uhr)

solange diese...

zehntausend Menschen keine Kalaschnikov
besitzen, werden sie einfach nur ausgelacht.
Das juckt doch keinen, solange keine Steine fliegen^^
Sorry meine Meinung... bin zwar kein Befürworter von Gewalt, aber das ist nunmal Tatsache.
Wir sind bald soweit und koennen uns auf der amerikanischen Nationalflagge den 51. aehm 52. ;) Stern sichern.
Billigloehne, Jugendcamps, schleichende Abschaffung des Sozialstaats, vorraussichtlicher Einsatz der Bundeswehr im Inneren (weil irgendwann fliegen Steine), Verrohung der Gesellschaft, Bildungsniveau gleich null, Privatisierungen von Volkseigentum, 2 Klassen Gesellschaft, gemeinsamer Raubzug um mit falscher "Demokratie"
fremde Länder zu missionieren, ect...


QuoteTaraHamburg (6.1.2008, 10:23 Uhr)

...weiter gedacht

Guten Morgen,
Sicher sind genau die Bereiche die Ginnungagap und alle anderen Mitschreiber angesprochen haben
ein wichtiger Bestandteil dessen, was durchaus so geplant und durchgesetzt ist.
Ich möchte dennoch auf einzelne Dinge noch einmal genauer eingehen. Sicher ist alles was ich schreibe nur mein subjektives denken und empfinden.
Wem das zu lang ist, bitte überspringen.

Was Hartz IV betrifft, so ist es ein Instrument geworden, welches nicht nur stillschweigen zulässt, sondern meiner Meinung nach, wunderbar funktioniert um Menschen zum schweigen zu bringen.
Wer mit Schimpf und Schande überzogen UND mit einem Überlebensk(r)ampf beschäftigt wird der hat wenig Kraft und Zeit sich zu wehren.

Die Politik hat wunderbar die Menschen die Hartz IV beziehen, als Sozialschmarotzer dar stehen
lassen und ein Großteil der Bevölkerung macht mit.
Glaubt bewusst die Parolen die von "oben" losgelassen werden:
"Die wollen nicht arbeiten!" "Ausnutzen von Bezügen!"
"Warum soll ich arbeiten gehen? Ich bekomme doch was ich zum leben brauche!"
und dergleichen mehr.

Wer täglich die Bild Zeitung liest, bekommt diese Dinge immer wieder anhand toller Beispiele
vorgeführt und viele klatschen Beifall und sagen: "Ja- das muss noch mehr verschärft werden damit das arbeitsfaule Pack endlich arbeitet!"

Nur- was hilft das arbeiten, wenn der Lohn so gering ist, dass man zusätzlich noch weiter Harzt IV
benötigt? Was sind das dann für Menschen?

Das sind Menschen die weiter um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen und keine Kraft mehr haben um sich zu wehren. Die dem Druck der Gesellschaft nachgeben um NICHT ausgegrenzt zu werden - und doch sind sie es weiterhin.
Sie haben durch Ihren Lohn nicht die Möglichkeit an den gesellschafftlichen Dingen teilzunehmen.
Es reicht nämlich immer noch nicht für die Butter auf dem Brot vom Bäcker, nur für die Margarine
auf dem Billig Brot.

Was so etwas mit Menschen macht, auf der einen Seite vom Staat und der Gesellschaft gezwungen werden, ganz genau DAS zu tun - und auf der anderen Seite in einer ewigen Hoffnung auf Besserung die nicht
kommt zu leben, kostet Kraft zum wehren.

Da ist man müde und kaputt von der Arbeit, gefrustet, dass man immer noch nicht genügend auf dem
Konto hat um einmal ins Kino zu gehen oder sich ein Essengehen zu leisten.
Solche Menschen schämen sich in der Regel zu sehr, als das sie auf Ihr Elend aufmerksam machen
könnten. Da wird stillschweigend erduldet, da sonst, wenn man sich gegen so einen Job wehrt auch noch die Bezüge beschnitten werden. Da wird der Druck der Wirtschaft auf denjenigen weitergegeben, der dann für den geringen Lohn arbeitet müssen um nicht vom Staat dafür bestraft zu werden, für so einen Lohn nicht zu arbeiten.
Eine Spirale die von Politkern gemacht wurde, aus der es kein entrinnen gibt.
Die Politiker haben den Zeitarbeitsfirmen Instrumente in die Hand gegeben um Menschen die
hochqualifiziert sind zu Niedriglöhnen arbeiten zu lassen. Kein Facharbeiter bekommt den selben
Lohn wie sein Kollege, der in dem zu beleihenden Betrieb fest angestellt ist. Er wird mit dem Lohn
eines "Ungelernten" abgespeist, obwohl er die selbe Arbeit wie der fest angestellte leistet. Meistens
bekommt der Leiharbeiter nach 6 Wochen einen wesentlich niedriegeren Lohn als "Facharbeiter zugestganden.
Aber erst nach 6 Wochen! Eine Zeitspanne, in der das Zeitarbeitsunternehmen den vollen Facharbeiter Lohn kassiert,
während Ihr "Leiharbeiter" grad mal unterstes Lohnniveau, welches kaum höher als Hartz IV ist, bekommt.
Zwei Menschen die die selbe Arbeit leisten und nur einer bekommt vollen Lohn der von Tarifpolitik geschützt ist.

Das freut nicht nur das Zeitarbeitsunternehmen

Firmen entlassen Ihre eigenen Mitarbeiter, um sie dann über Hausintern gegründetet Zeitarbeitsunternehmen
wieder einzustellen und sie die selbe Arbeit machen zu lassen, wie vorher. Nur - für einen Bruchteil dessen, was Sie vorher
verdient haben. Das ganze wird dann noch von politischer Seite subventioniert und schon ist die Wirtschaft glücklich. Die Politiker auch. Nur der Mensch, der wird an den Rand gedrängt.

Bewusst.

Gewollt.

Berechnet.

Und wir lassen es zu. Wir, die vielleicht noch das Glück haben, nicht in dieser Spirale zu sein.
Wir lassen Menschen allein, kämpfen nur noch für unsere Belange, Soziale Kälte, fehlender Zusammenhalt, sich verstecken und sich nicht sehen lassen, verheimlichen das "Einer von uns" für solche Unternehmen arbeiten muss, die sich schämen.
Warum nur?
Weil wir die Parolen von "Oben" geglaubt haben. Wir lassen diese Menschen im Stich, weil UNS betrifft es ja nicht.
Das schöne daran ist nur, wenn einer von diesem Kuchen etwas ab haben möchte, dann wollen viele auch Ihren kleinen Teil erhalten. Und vor Arbeitslosigkeit oder Umwandlung seines Jobs ist heute niemand mehr sicher.
Morgen kann es mich oder dich treffen, die in diese Spirale gedrängt werden.
Da wieder raus zu kommen ist oftmals so gut wie unmöglich. Die Hoffnung kostetKraft- leider führt sie nur selten zum Gewünschten. Die Lösung ist schwerer als wir annehmen. Heute bewegt sich keine der großen Parteien von diesen Dingen mehr weg. Wir haben also nicht einmal mehr eine Politische Druckmöglichkeit um diesem Szenario zu entgehen.
Demokratie?
Nein- schon lange nicht mehr. Wir haben nur verschlafen, als man uns diese entzogen hat. Wir geben lieber einem Schröder die Schuld als zu sehen, dass auch unter Kohl bereits die Weichen in diese Richtung gestellt wurden. So weit will keiner zurückdenken. Hat auch wenig Sinn, das Kind ist im Brunnen und raus kommt es nur durch was? Ich bin gern für Lösungsvorschläge offen.



QuoteTurmfalke (6.1.2008, 10:46 Uhr)

Lüge

Alleine das Wort " Zeitarbeit ", mittlerweile ist es dank unserer Politiker möglich unbegrenzt Menschen als " Zeitarbeiter " zu beschäftigen. Für einen BRuchtil des regulären Lohns. Ex Superminister Clement hat ja seinen Aufsichtsratsposten bei einem Zeitarbeitsunternehmen nicht umsonst bekommen, und natürlich ist das " Instrument " Zeitarbeit gerade von ihm hochgelobt worden, hat es doch tausende in Lohn und Brot gebracht *kotz*. Für welchen Lohn und für wessen Brot wird natürlich verschwiegen.




Aus: "Hartz IV zum Job: Arm trotz Arbeit" (05. Januar 2008)
Quelle: http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/unternehmen/:Hartz-IV-Job-Arm-Arbeit/606911.html




Textaris(txt*bot)

Quote[...] Das Hartz-Konzept ist eine Bezeichnung für Vorschläge der Kommission ,,Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", die unter der Leitung von Peter Hartz tagte und im August 2002 ihren Bericht vorlegte.

Die Kommission wurde von der Bundesregierung unter Gerhard Schröder eingesetzt. Sie sollte Vorschläge dazu unterbreiten, wie die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland effizienter gestaltet und die staatliche Arbeitsvermittlung reformiert werden könne. Anlass dafür war unter anderem das Bekanntwerden von geschönten Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit über deren Vermittlungserfolge und über den Umfang des Verwaltungspersonals (etwa 85.000) im Verhältnis zur Zahl der Vermittler (etwa 15.000). Erklärtes Ziel des Hartz-Konzeptes war es, innerhalb von vier Jahren die Arbeitslosenzahl von damals vier Millionen zu halbieren. Dieses Ziel konnte nicht annähernd erreicht werden.


[...]

Zusammensetzung

Am 22. Februar 2002 wurde die Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt eingesetzt. Zu den Mitgliedern gehörten:

    * Norbert Bensel, Mitglied des Vorstandes der DaimlerChrysler Services AG und der Deutschen Bahn AG
    * Jobst Fiedler, Roland Berger Strategy Consultants
    * Heinz Fischer, Abteilungsleiter Personal Deutsche Bank AG
    * Peter Gasse, Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen
    * Peter Hartz, damals Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG
    * Werner Jann, Universität Potsdam
    * Peter Kraljic, Direktor der McKinsey & Company Düsseldorf
    * Isolde Kunkel-Weber, Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes
    * Klaus Luft, Geschäftsführer der Market Access for Technology Services GmbH
    * Harald Schartau, damaliger Minister für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen
    * Wilhelm Schickler, Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen
    * Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks
    * Günther Schmid, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
    * Wolfgang Tiefensee, damaliger Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, heute Bundesminister für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung
    * Eggert Voscherau, Mitglied des Vorstandes der BASF AG

Beachtenswert an der Zusammensetzung der Kommission ist, dass unter den 15 Mitgliedern, 9 Vertreter aus der parteilichen Industrie und der Privatwirtschaft stammen, jedoch kein Vertreter eines Arbeitslosenverbandes, nur eine Frau und nur 2 Mitglieder aus den neuen Bundesländern.

...


Aus: "Hartz-Konzept" (01/2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Hartz-Konzept

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Quote[...] Die Zahl der Menschen, die auf Leistungen nach dem SGB II ganz oder ergänzend angewiesen sind, verringerte sich im Jahr 2007 von 23 820 auf 23 588 im Dezember.

Binnen Jahresfrist konnten von den Mitarbeitern der kreiseigenen Tochter ProArbeit gGmbH insgesamt 5454 Personen in ein Beschäftigungsverhältnis oder eine Ausbildung vermittelt werden. Gegenüber dem guten Ergebnis vom Vorjahr (4664) eine Steigerung um 17 Prozent.

Insbesondere junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren profitierten von diesem Anstieg. Von ihnen haben 658 Personen im abgelaufenen Jahr eine Ausbildung begonnen (2006: 254), weitere 460 konnten eine Beschäftigung aufnehmen (2006: 280).

Neben der Aufnahme einer Beschäftigung konnten 4446 erwerbsfähige Hilfeberechtigte im Laufe des Jahres 2007 eine Arbeitsgelegenheit oder berufsvorbereitende Qualifizierungsmaßnahme antreten und absolvieren. Zusammen mit den Vermittlungen in Arbeit sind insgesamt 9900 Menschen aktiviert worden. Damit sei nahezu jeder aktivierungsfähige erwerbsfähige Hilfeempfänger im Mühlenkreis 2007 mit einer aktivierenden Maßnahme bedacht worden, bilanziert Ralf Bierstedt von der KomJob.

Die Arbeitslosenquote im Rechtskreis SGB II betrug im Mühlenkreis im Jahresverlauf relativ konstant 4,6 Prozent. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitslosen (ALG I und ALG II) beträgt zum Ende des Jahres 69 Prozent und hat sich gegenüber dem Vorjahr (62 Prozent) um sieben Prozentpunkte, also um gut ein Zehntel erhöht. Dieses Ergebnis zeigt, dass sich auch in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwunges und rückläufiger Arbeitslosenquoten trotz aller erfreulichen Maßnahmen Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt.

44,9 (2006: 45,3) Prozent der ALG-II-Leistungen beziehenden erwerbsfähigen Hilfeempfänger sind arbeitslos. Bei den anderen reicht der Arbeitslohn nicht aus, um sich und die Familie ernähren zu können. 2007 ist die Zahl der Personen im SGB-II-Leistungsbezug, die neben ihrem Erwerbseinkommen aufstockend Hartz-IV-Leistungen beziehen um 8,9 Prozent auf 4764 zum Jahresende gestiegen.

Fazit aus Sicht von Pro Arbeit, KomJob und Kreis: die seit Mitte 2006 steigende Konjunktur hat den Hartz-IV-Bereich noch nicht nachhaltig erreicht, Löhne und Gehälter aus Erwerbstätigkeit sind zunehmend nicht auskömmlich, um ganz auf solidarische Unterstützung der Gesellschaft verzichten zu können.


Aus: "Jahresbilanz im Hartz-IV-Bereich mit Flecken" (05.01.2008)
Quelle: http://mt-online.de/mt/lokales/minden/?sid=8b08defcdec77516c9ae6b8819105d21&cnt=2073052

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Quote[...] SPD-Fraktionsvize Stiegler sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Ich bin nicht stolz auf dieses Werk, aber durchaus zufrieden mit den Wirkungen, die es jetzt endlich zeigt." Stiegler sagte, es dürfe nicht übersehen werden, dass sich Deutschland nun in einer in Europa einmaligen Form um die "verdrängten und vergessenen" arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger kümmere. Anfangs seien bei der Reform allerdings überhastet gehandelt und Fehler gemacht worden.

DGB-Vorstand Annelie Buntenbach kritisierte dagegen dem Blatt gegenüber, die Reform habe zu einem "Zwei-Klassen-System" geführt: Wer seinen Job verliere, müsse fürchten, schnell und tief zu fallen. Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pohmer sagte der "SZ", Hartz IV habe nicht zur Armutsbekämpfung beigetragen. Wie der DGB verlangen auch die Grünen eine Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes von heute 347 Euro. Zugleich lobte Pohmer, dass die Reform zumindest die ehemaligen Sozialhilfeempfänger deutlich besser gestellt habe.


Aus: "Rüttgers fordert grundlegende Neuordnung von Hartz IV" (02.01.2008)
Quelle: http://afp.google.com/article/ALeqM5j3Vu3aFO3lsiTqwZmZ2yfgyAJmJA

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Quote[...] 347 Euro. Dieser Betrag steht symbolisch für eine der umstrittensten Gesetze, die es bis heute in Deutschland gegeben hat. Es geht um das Arbeitslosengeld II, das das Existenzminimum der Menschen festlegt. Der Streit um diese 347 Euro beschäftigt seit drei Jahren nicht nur die Politik, sondern auch verschiedene Gerichte in Deutschland.

Tausende Bürger haben gegen Hartz IV-Bescheide geklagt. Ende Dezember gab es eine richtungweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Vor drei Jahren wurde das Arbeitslosengeld II eingeführt. Seitdem erhalten rund sieben Millionen Bürger 347 Euro im Monat. Hinzu kommen Miete und Heizkosten. Was im Sozialgesetzbuch II auf den ersten Blick einfach und übersichtlich wirkt, bietet reichlich Konfliktstoff für Politik und Justiz. In Leipzig lebt inzwischen jeder sechste von Arbeitslosengeld II.

Doch viele sind mit den Hartz IV Sätzen nicht zufrieden und legen Widerspruch ein. Diese Fälle landen später vor dem Leipziger Sozialgericht. 3110 Klagen waren es allein im letzten Jahr. Dabei haben die dringenden Fälle stark zugenommen. Das Gericht muss hier schnell entscheiden, da andernfalls die Zwangsräumung der Wohnung droht.

[...] Doch nicht nur die Sozialgerichte müssen täglich neu über die Regelungen von Hartz IV entscheiden, auch Bundesgerichte haben schon Urteile gefällt. Das Bundessozialgericht hat bereits Ende 2006 darüber entscheiden, ob mit rund 350 Euro ein menschenwürdiges Leben möglich ist. Das Geld reicht aus, sagten die Richter aus Kassel. Kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres fällte dann das Bundesverfassungsgericht ein Urteil, das die Politik noch eine Weile beschäftigen wird. Es stellte fest, dass die so genannten Arbeitsgemeinschaften gegen das Grundgesetz verstoßen. Bis 2010 muss die Verwaltung der Langzeitarbeitslosen neu geregelt werden,  sagt das Gericht aus Karlsruhe.

[...] Hermann Leistner von der Arbeitsagentur Leipzig kann dieses Urteil verstehen: "Offensichtlich sind hier Interessen des Bundes, also wenn sie so wollen der Gesamtgemeinschaft, also auch rechtliche Interessen des Bundes und der Kommunen nicht im Einklang." Leistner betont jedoch, dass sich weder für Hilfebedürftige noch für Mitarbeiter bis 2010 etwas ändern wird. Tausende von Klagen türmen sich noch unbearbeitet auf riesigen Aktenstapeln in den deutschen Gerichten. Alles deutet darauf hin, dass Hartz IV auch 2008 wieder für viel Arbeit sorgen wird – in den Arbeitsgemeinschaften, der Politik und der Justiz.



Aus: "Klagewelle gegen Hartz IV" Nadine Lindner (03. Januar 2008)
Quelle: http://mephisto976.uni-leipzig.de/sendungen/direkt/beitrag/artikel/klagewelle-gegen-hartz-iv.html

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Quote[...] Die Zahl derjenigen, die sich mit dem Arbeitslohn nicht über Wasser halten können, steigt. Laut des zur Bundesarbeitsagentur gehörenden Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist die Zahl der arbeitenden Hartz-IV-Empfänger in zwei Jahren von 800 000 auf 1,33 Millionen Menschen gewachsen. In Hamburg gab es im Juli 2007 - aktuellere Zahlen stehen nicht zur Verfügung - rund 28 000 so genannte Aufstocker. Das sind Arbeitnehmer, die über Hartz IV einen Zuschuss zu ihrem Lohn bekommen, um etwa Miete oder Heizkosten bezahlen zu können. Diese Zahl hat in nur einem Jahr um 72 Prozent zugenommen.
In der aktuellen Statistik der Arbeitsagentur ging die Zahl der arbeitlosen Hartz-IV-Empfänger im Jahresverlauf um rund 12 000 zurück. Doch in der Statistik der Leistungsempfänger beträgt der Rückgang nur rund 3000. Es sei zwar nicht so, dass die Differenz von 9000 als Aufstocker gezählt werden dürften, sagte Agenturchef Wolf-Dieter Schmidtke-Glamann. Aber es sei ein Hinweis darauf, dass die zahl der Aufstocker weiter steige.
In ganz Norddeutschland ist die Zahl der Aufstocker kräftig gestiegen. Vorn liegt Niedersachen mit fast 114 000 arbeitenden Hartz-IV-Empfängern. Im Juli 2006 waren es nur rund 62 000. In Schleswig-Holstein peppen fast 44 000 Niedrigverdiener ihren Lohn mit Hartz IV auf - das sind im Vorjahresvergleich ebenfalls doppelt so viel.
Laut Agentur teilen sich die Aufstocker jeweils etwa zur Hälfte in Teilzeitjobber und Vollzeitarbeitnehmer, die nicht genug zum Leben verdienen. Betroffenen Branchen, in denen die Bezahlung oft nicht zum Leben reicht, seien etwa Wachdienste, Reinigungsunternehmen oder Friseure.
"Solche Zahlen sind ein Beleg für die Aushöhlung der normalen Arbeitsverhältnisse", sagt Roland Kohsiek, Fachbereichsleiter bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und Experte für Arbeitsmarktpolitik. Zunehmend werden Arbeitsverträge abschlossen, die unter dem Existenzminimum lägen.
Zu denjenigen, die zusätzlich Hartz IV empfingen, zählten auch Ein-Euro-Jobber, so Kohsiek. Diese Beschäftigungsmaßnahme habe katastrophale arbeitsmarktpolitische Effekte. Weniger als 20 Prozent der Ein-Euro-Jobber würden im Anschluss an die Maßnahme in den regulären Arbeitsmarkt integriert. Damit seien die Ein-Euro-Jobs deutlich schlechter als andere Weiterbildungsmaßnahmen.

stm


Aus: "Vielen reicht ein Job nicht mehr zum Leben" (4. Januar 2008)
Quelle: http://www.welt.de/welt_print/article1516336/Vielen_reicht_ein_Job_nicht_mehr_zum_Leben.html

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Quote[...] Kiel - In Schleswig-Holstein beschweren sich mehr Hartz-IV-Empfänger über unverständliche Bescheide, ausbleibende Zahlungen, Zwangsumzüge, unfreundliche Mitarbeiter, sinnlose Maßnahmen oder lange Bearbeitungsdauer. Darauf verwies die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten, Birgit Wille-Handels. In ihrem Büro gingen in diesem Jahr rund 1300 solche Eingaben ein, gut ein Viertel mehr als 2006. Besonders bitter sei, dass auch angestrebte Verbesserungen sich ins Gegenteil verkehrten. "Die Bescheide sind noch länger, unübersichtlicher und unverständlicher geworden", stellte die Bürgerbeauftragte fest.

lno


Aus: "Viele Empfänger von Hartz-IV beschweren sich" (28. Dezember 2007)
Quelle: http://www.welt.de/welt_print/article1498782/Viele_Empfnger_von_Hartz-IV_beschweren_sich.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ab dem 1. Mai 2004 endet im Osten Polens die Europäische Union. Während sich hiesige Politiker vor allem darum sorgen, ob das neue EU-Mitglied in der Lage sein wird, seine Grenzen dicht zu halten, dominieren vor Ort existenzielle Sorgen und Nöte. Die Arbeitslosigkeit ist extrem hoch. Viele Familien leben von der ,,Hand in den Mund".

Im früheren Ostpreußen sprechen noch viele Menschen Deutsch. So wie Vera Dombrowska, eine 71-jährige Rentnerin. In Barczewo hat sie ihr ganzes Leben verbracht und viel erlebt, unter anderem den Zweiten Weltkrieg, den Kommunismus und die Wende.

Vera Dombrowska hat uns einen Kontakt nach Butryny vermittelt. Dort machen wir Bekanntschaft mit der zehnjährigen Paulina, die auf den ersten Blick wie ein ganz normales Mädchen aussieht. Die traurige Besonderheit ist, dass sie und ihre alleinerziehende, arbeitslose Mutter extrem arm sind. Nach Abzug der Miete bleiben beiden gerade einmal 50 Euro pro Monat für den Lebensunterhalt. ,,Meine finanzielle Situation ist sehr schlecht. Ich kann mir nicht genug Lebensmittel leisten. Wenn Geld da ist, kaufen wir etwas, wenn nicht, dann müssen wir mit dem auskommen, was eben gerade da ist. Ich habe im Moment nur etwas Zucker, Mehl und Reis", erzählt Paulinas Mutter.

Ausreichend ernähren kann sie sich und ihre Tochter damit nicht, geschweige denn etwas für die Wohnung oder Kleidung kaufen. Es fehlt sogar am Lebensnotwendigsten: ,,Manchmal reicht es nicht einmal für das Abendbrot. So gut es geht, versuchen wir uns mit Kartoffeln zu behelfen. Und wenn das Brot nicht reicht, muss Paulina morgens ohne Frühstück zur Schule gehen. Das passiert sehr oft."

Ähnlich geht es sehr vielen Kindern in Ostpolen, und nur in wenigen Orten gibt es mittags eine Schulspeisung. Die Regierung Polens hat festgestellt, dass über 30 Prozent der polnischen Kinder unterernährt sind. Hier in Ostpolen sind es sogar fast 60 Prozent. Paulina hat Glück, dass in Butryny aufgrund von Spenden der Bevölkerung und Bauern täglich ein Mittagessen in der Schule ausgegeben werden kann.

Im 30 Kilometer entfernten Sorkwity gibt es dagegen keine Schulspeisung. In einem Supermarkt sind wir mit dem Pfarrer des Ortes, Krzystof Mutschmann, verabredet. Er hat uns hierher bestellt, um zu zeigen, wie teuer Lebensmittel in Polen geworden sind. Eine Zwiebelsuppe zum Beispiel kostet 2,19 Polnische Zloty, das sind umgerechnet fast 0,50 Euro. Joghurt kostet umgerechnet rund 0,25 Euro und 3 Kilogramm Waschpulver kosten umgerechnet 5 Euro. Für die ansässige Bevölkerung ist das fast unbezahlbar.
   
Bei einem Sozialhilfesatz von 10 Euro im Monat ist selbst das tägliche Brot für 0,40 Euro fast ein Luxus. Die örtliche Bäckerei spendet deshalb täglich zwei Brote an Pfarrer Mutschmann für die Kinder des Dorfes. In seinem Keller lagern Konserven, die er zugeteilt bekam, als die polnische Regierung die Lebensmittel-Notreserven des Landes aufgelöst hat. Mit dem Brot und den Konserven kann er täglich den Kindern des Dorfes ein kleines Abendbrot bereiten.

Bis zum Sommer werden die Konserven noch reichen – danach ist hier Schluss, und die Kinder bleiben hungrig. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation ist nicht in Sicht.

Die Arbeitslosigkeit in Polen hat die 50-Prozent-Marke überschritten, hier in Ostpolen sind sogar 70 Prozent ohne Job und damit fast ohne Geld. Überall sehen wir vor den Häusern Holz aufgestapelt. Vera Dombrowska stellt uns Alfred Hermanski vor. Er ist seit zehn Jahren arbeitslos und bekommt nicht mehr als den Sozialhilfesatz von 10 Euro im Monat. Zusammen mit seinen Nachbarn hat er gerade alle Bäume vor dem Haus abgeholzt und unter den Mietern gerecht aufgeteilt. Das war dringend notwendig, denn jeder im Haus hat seinen eigenen Heizkeller und muss sehen, wie er seine Stube warm bekommt. Alle zwei Stunden muss Alfred Hermanski Holz nachlegen, damit das Feuer nicht ausgeht. Mit richtiger Kohle konnte er das letzte Mal vor sechs Jahren heizen.




Aus: "Sendung vom 28. April 2004 - Armut: Hungernde Kinder in Polen" Von Frank Farenski
Quelle: http://www.wdr.de/tv/service/familie/inhalt/20040428/b_3.phtml

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Quote[...] Und die Plastikblumen auf den Tischen und die bunten Wandbilder im Stil der späten 50-er Jahre versprühen genau jenen Ostblock-Charme, den die Teilnehmer der nostalgischen Stadtführungen so schätzen. Doch wer sich umschaut, der landet ganz schnell wieder im Polen der Gegenwart. ,,Nie habe ich solche Armut wie jetzt gesehen," sagt Helena Markowicz, die seit 37 Jahren an der Kasse sitzt: ,,Es gibt Leute, die bestellen eine Suppe für 1,20 Zloty und machen die Bestellung rückgängig, weil ihnen ein paar Groschen fehlen", sagt sie bedrückt.

,,Andere wollen nur eine halbe Portion, weil sie sich kein ganzes Essen leisten können." Früher hätten die Menschen zwar auch nicht viel gehabt, sinniert sie. ,,Aber so extrem, dass Menschen von draußen 'reinkommen und bei der Geschirr-Rückgabe um das übrig gebliebene Essen bitten - nein, so etwas kannten wir früher nicht."

Helena Markowicz zeigt zum Fenster, von dem aus die Besucher der Milchbar einst das Lenin-Denkmal sehen konnten. ,,Alle waren überzeugt, es werde den Menschen gut gehen, wenn Schluss ist mit dem Kommunismus", sagt sie, und es klingt bitter. ,,Lenin steht hier nicht mehr, aber die Armut gibt es immer noch."

Jadwiga Rymarz studiert aus kurzsichtigen Augen die handbeschriebene Tafel, auf der das aktuelle Menü aufgelistet ist. Die Rentnerin zieht den warmen Mantel, der schon bessere Tage gesehen hat, enger um sich. Nach längerem Überlegen entscheidet sie sich für Erbsensuppe für 1,05 Zloty - die ist heute am billigsten. ,,Gott sei Dank gibt es noch die Milchbars", sagte die 73-Jährige.

,,Ich wüsste nicht, wie ich sonst mit meiner Rente durch den Monat kommen soll, gerade jetzt, wo ich auch heizen muss." Katarzyna Janowicz hat sich für Pierogi entschieden und gleich eine weitere Portion auf Vorrat gekauft. ,,Die schmecken auch morgen noch, und ich spare mir die Fahrkarten, um hierher und wieder zurück nach Hause zu fahren", sagt die 21-Jährige leise. Sie ist alleinerziehend. ,,In meiner Plattensiedlung gibt es nur Fast Food und Pizzabringdienste, aber das kann ich mir nicht leisten", seufzt sie. ,,Und leider werden die Milchbars immer seltener."

Wendy und Julian Kendrick kennen diese Probleme nicht. Das Paar aus dem englischen Chester hat vor ein paar Tagen eine der ,,Sozialismus-Touren" gebucht und wollte auf eigene Faust noch ein wenig postsozialistisches Ambiente erleben. ,,Unser Guide hat uns die Milchbar im Vorbeigehen gezeigt, da wollten wir uns das auch gleich mal von innen ansehen", erzählt Julian, der zu seinem Kotelett mit Kartoffeln und Rotkohl noch eine kräftige Suppe, Saft und Kompott auf seinem Tablett stehen hat. ,,Das hat ungefähr 15 Zloty gekostet", sagt er begeistert. ,,Ist doch ein Witz, solche Preise - dafür kriege ich zu Hause nicht mal ein Sandwich."

Auch Wendy lässt sich ihr Hähnchenbrustfilet mit Kartoffelbrei und Salatteller gut schmecken. ,,Ich war ja erst skeptisch, ob wir bei diesen Preisen etwas Ordentliches erwarten können", gibt sie zu. ,,Kaum zu glauben, dass man für so wenig Geld essen gehen kann."

Das polnische Rentnerpaar, das geduldig in der Schlange darauf wartet, seine Bestellung aufgeben zu können, dürfte diese Einschätzung nicht teilen. Doch der alte Mann mit dem buschigen Schnurrbart gibt sich wie ein Kavalier alter Schule, der seine Frau in ein edles Restaurant ausführt. ,,Jetzt sei doch nicht so bescheiden, Danusia", drängt er seine zögernde Frau. ,,Gönn Dir bitte ein Kompott zum Nachtisch."


Aus: "Nowa Huta/Krakau: Lenin ging, die Armut blieb"  Von Eva Krafczyk (14.01.2008)
Quelle: http://www.derwesten.de/nachrichten/reise/2008/1/14/news-15972276/detail.html


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Quote[...]  "Sex zum Überleben" nennt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR das Phänomen - ein verzweifelter Versuch der Irakerinnen, nach der Gewalt in der Heimat nun der Armut im Zufluchtsland Syrien zu entkommen.

Und ihre Zahl steigt, sagt Laurens Jollens vom UNHCR. Die UN würden mit immer mehr Fällen junger Mädchen oder Frauen konfrontiert, die sich für eine Tätigkeit in einem Nachtclub entschieden haben - oder aber von ihrer Familie dazu gedrängt wurden. Die Frauen wollten und sollten so das Familieneinkommen aufbessern oder einfach ihre Kinder durchbringen, sagt Jollens. Mit der allgemeinen Verarmung der Flüchtlinge steige auch die Zahl der Frauen, die "Sex zum Überleben" verkauften.

Offiziell dürfen die 1,5 Millionen irakischen Flüchtlinge in Syrien nicht arbeiten. Wenn ihre Ersparnisse aufgebraucht sind, sind viele von ihnen auf Hilfe angewiesen. Auch wenn die meisten der Iraker der Gedanke an Prostitution abstößt - viele von ihnen müssen herbe Einschnitte verkraften: Sie teilen sich mit anderen Familien winzige Wohnungen in den Armenvierteln von Damaskus, lassen ihre Kinder arbeiten oder verheiraten ihre Töchter im Teenager-Alter.

Solch frühe Ehen seien oft nur ein Deckmantel für die Prostitution, sagt Hana Ibrahim von einer irakischen Frauenrechtsorganisation. Die Ehefrauen würden nach der Heirat mitunter schnell verkauft. Auch gebe es Übergangsehen, die zumindest in schiitischer Tradition zwar akzeptiert seien, aber immer häufiger direkt in die Prostitution führten. (Reuters)



Aus: "Syrien: Armut treibt Irakerinnen in Syrien in die Prostitution" (11. Jänner 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=3167592


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Quote[...] AHRENSBURG - Die Zahl der Arbeitnehmer in Stormarn, die von ihrer Arbeit nicht leben können und auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, hat sich innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. 2006 waren 1,9 Prozent der fast 76 000 sozialversichert Beschäftigten in Stormarn auf ergänzende Hartz IV-Leistungen angewiesen. 2005 lag der Anteil bei 0,8 Prozent.

Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Region Schleswig-Holstein Ost nach Auswertung der Statistik der Bundesarbeitsagentur. Der Vorsitzende Uwe Polkhaehn geht davon aus, dass die Dunkelziffer der "verschämten Armen" noch weit höher ist. Besonders betroffen seien Beschäftigte im Dienstleistungsgewerbe. Allein in der Leiharbeit sei jeder achte Beschäftigte auf staatliche Unterstützung angewiesen. Sorge bereitet dem Gewerkschafter auch das steigende Verarmungsrisiko unter kleinen Selbstständigen. In Stormarn sind bereits 116 Selbstständige Hartz IV-Empfänger. Hinzukommen 12 500 Menschen mit einem Mini-Job, von denen jeder zwölfte staatliche Hilfe benötige.

Der DGB beharrt angesichts dieser alarmierenden Zahlen auf der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes. Uwe Polkhaehn sagt: "Wir brauchen eine Lohnuntergrenze, damit Betriebe nicht länger Arbeitnehmer zu Hungerlöhnen arbeiten lassen, die der Staat dann erst auf das gesellschaftliche Existenzminimum anheben muss."

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Aus: "DGB: Mindestlöhne gegen "verschämte Armut"" (9. Januar 2008)
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2008/01/09/834828.html

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Quote[...] Die Berliner Kindernotdienste beobachten eine eklatante Zunahme der Fälle von Misshandlung oder Vernachlässigung von Kindern. Nach vorläufigen Zahlen haben die Mitarbeiter in diesem Jahr rund 2.500-mal bei Krisen interveniert und Eltern beraten oder die Kinder anderweitig untergebracht. Das ist eine erneute Steigerung um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Fälle war bereits 2006 um 85 Prozent gestiegen, berichtete am Montag die Leiterin der Berliner Kindernotdienste, Martina Hartwig. Berlin bleibt damit das härteste Pflaster für Kinder und Jugendliche in Deutschland.

Ähnlich dramatische Zahlen haben auch andere Hilfseinrichtungen registriert. Bei den Krisendiensten der Jugendämter sind Ende November in nur zwei Wochen rund 760 Anrufe wegen gefährdeter Kinder eingegangen. 127-mal nahmen Mitarbeiter der Jugendämter daraufhin Kinder aus den Familien und in Obhut, weil sie offenbar misshandelt oder vernachlässigt wurden. Dies zeigt eine Blitzumfrage in allen Bezirken, die die Friedrichshain-Kreuzberger Jugendstadträtin Monika Herrmann (Grüne) vorstellte. "Die Wachsamkeit steigt, aber auch die Zahl der Fälle", meint Herrmann.

"Das sind erschreckende Zahlen", sagt Wolfgang Penkert, Abteilungsleiter für Jugend und Familie in der Senatsverwaltung für Bildung. "Sie sind aber auch ein Zeichen dafür, dass das neue Netzwerk Kinderschutz greift." Mit diesem Netzwerk und einer Kinderschutzhotline reagierte der Senat auf den gewaltsamen Tod des 2-jährigen Kevin in Bremen 2006. Rund 650-mal wählten Nachbarn und Angehörige seit Mai die Nummer 61 00 66; in zwei Dritteln der Fälle wurde das Jugendamt eingeschaltet.

Für Martina Hartwig ist die Zunahme allerdings nicht in erster Linie auf die gutnachbarlichen Beziehungen der Berliner zurückzuführen, sondern auf die Verschärfung sozialer Probleme: "Die Belastungen für die Familien nehmen zu. Mit Armut und Arbeitslosigkeit sind viele Eltern überfordert." Auch die Vorsitzende des Berliner Kinderschutzbundes, Sabine Walther, sieht das Kindeswohl vor allem durch wachsende Armut bedroht: "Die Beiträge, die beim Arbeitslosengeld II für Kinder eingeplant sind, sind absolut zu niedrig." Es sei doch klar, dass die Verzweiflung der armen Eltern zunehme. "Damit steigt leider auch das Risiko von Misshandlung und Vernachlässigung."

Allein in Kreuzberg seien fast die Hälfte der Familien sogenannte Risikofamilien, berichtet Jugendstadträtin Herrmann - also Familien, in den die Eltern arm oder arbeitslos, allein erziehend oder drogensüchtig sind. "Wir müssen früher in diese Familien rein", sagt sie und fordert mehr Personal für präventive Hausbesuche. In Friedrichshain-Kreuzberg sei nur eine Person mit 20 Wochenstunden für den gesamten Bezirk zuständig. Für die laufenden Aufgaben fehlten im kommenden Jahr 22 Millionen Euro in den Kassen der Bezirke. "Es ist doch absurd, dass eine Jugendstadträtin um Geld für Kinderschutz betteln muss", klagt Herrmann.

Dabei hat das Abgeordnetenhaus für 2008 und 2009 erstmals wieder einen Haushalt verabschiedet, in dem die sogenannten Hilfen zur Erziehung, also Geld für Jugend- und Sozialarbeiter, nicht gekürzt, sondern sogar aufgestockt wurden. Die Jugendämter sollen ab Januar 24 zusätzliche Mitarbeiter bekommen, versprach Penkert.


Aus: "Kindeswohl: Armut schlägt brutal zurück" Von  ANNA LEHMANN (18.12.2007)
Quelle: http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/armut-schlaegt-brutal-zurueck/?src=HL&cHash=2ad2fe451d



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#110
Quote[...] Cleveland [ˈkliːvlənd] ist eine Stadt im Norden der USA im Bundesstaat Ohio, direkt am Eriesee gelegen. Es besitzt einen Hafen, durch den es nicht nur mit anderen Städten an den Großen Seen verbunden ist, sondern über den Sankt-Lorenz-Strom auch mit dem Atlantik.

[...] Einer der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt ist die NASA, die seit 1941 ein Versuchs- und Entwicklungsgelände in Cleveland betreibt und heute 3.200 Arbeitsplätze bietet. Die Hälfte davon ist für Spezialisten wie Wissenschaftler und Ingenieure vorgesehen. Weitere wichtige Arbeitgeber sind der Hafen der Stadt und die verbliebenen Reste von Schwerindustrie, besonders von Stahlwerken, die unter anderem die Autoindustrie im – ebenfalls am Erie-See gelegenen – Detroit beliefern.

[...] Cleveland begann mit sehr geringen Bevölkerungszahlen; im Jahre 1800, 4 Jahre nach der Gründung, wurden 7 Einwohner (und eine Schnapsbrennerei) verzeichnet. Die Bevölkerungszahl stieg danach schnell an; 1802 werden bereits 76 Einwohner über 21 Jahren gezählt. Um 1830 übersteigt die Bevölkerungszahl die 1000er-Grenze; nach der Eröffnung des Erie-Kanals explodiert die Bevölkerungszahl. Schon 1840 findet sich Cleveland unter den 50 größten Städten der USA, um 1900, mit fast 400.000 Einwohnern, ist Cleveland sogar die siebtgrößte Stadt des Landes. Um 1950 hat Cleveland seine höchste Population mit mehr als 914.000 Einwohnern.

Seit diesem Höchststand ist die Einwohnerzahl Clevelands um etwa die Hälfte gesunken. Bis 1970 sank die Bevölkerungszahl auf 750.900; 1980 lag sie nur noch bei 573.800 Einwohnern. Die Volkszählung von 2000 verzeichnete 478.403 Bewohner.

Zugleich mit der sinkenden Einwohnerzahl steigt der Anteil der farbigen Bevölkerung der Stadt: während er 1980 bei 41% lag verzeichnet die Zählung von 2000 einen Anteil von 51% Farbigen an der Stadtbevölkerung. Ursache ist die überproportionale Abwanderung weißer Familien, nicht der absolute Anstieg der schwarzen Bevölkerung.

Ursache des starken Bevölkerungsschwunds ist der Niedergang der Schwerindustrie und des Hafens (siehe Absatz Wirtschaft). Seit Anfang der 90er Jahre haben Strukturmaßnahmen und große Anstrengungen der Stadt den Verfall abschwächen, aber noch nicht rückgängig machen können.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Cleveland (01/2008)


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Quote[...] Es gibt Tage, da ist Clevelands Zwangsversteigerer seines Jobs müde. Dann klingt seine Stimme nur noch gelangweilt. Mehr als 7000 Häuser kamen in Cleveland allein im letzten Jahr unter den Hammer. ''242.432 Dollar 42 Cent - noch jemand?'' Nein, da ist kein anderer Bieter. Natürlich nicht - bei dieser wöchentlichen Häuserflut! Wo sollen in Cleveland noch Käufer herkommen, die auch nur annäherend in der Lage wären, einen fairen Preis zu zahlen?

''Mobiltelefone aus und bitte einen bankbestätigten Scheck über zehn Prozent der gebotenen Summe bereithalten'', leiert unterdessen ein anderer Auktionator die Versteigerungs-Spielregeln herunter. Gespenstische Stille herrscht im Saal, in dem sich ein paar hartgesottene Profi-Käufer verlieren. Sie sind seit Beginn der Hypohekenkrise in allen US-Bundesstaaten unterwegs. Vor allem in Cleveland, der Stadt im Bundesstaat Ohio, in der besonders viele Menschen auf die hochspekulativen Lockangebote der Banken hereinfielen.

Auch wenn Millionen Hausbesitzer über Nacht zu Bettlern wurden, so sei das trotzdem kein Geschäft für schwache Nerven, meint Immobilienspezialist Tom Jakobs. ''Man braucht den richtigen Riecher - und genügend Bargeld in der Tasche, um das hier zu machen'', sagt er.

Man müsse was von der Sache verstehen, betont auch Immobilienmakler Richard Gregory. Denn was man hier im Cleveland der verlassenen Häuser kaufe, das werde man unter Umständen nie wieder los, sagt er. Aber immer locke das ultimative Schnäppchen. Das gute Geschäft mit dem Elend derer, die in den Kreditschulden ertrinken. Das Leben sei nun mal ungerecht. ''Natürlich mache ich hier Geld mit dem reihenweisen Bankrott der Leute. Es gibt im Leben eben Menschen, die nur das Unglück sehen. Und dann gibt es die, die das Unglück als Chance begreifen.''

Cleveland ist ein Eldorado für Immobilien-Spekulanten - und ein Horror für die Bewohner. Seitdem zehntausend Häuser leerstehen, verkommen ganze Stadtteile zu Geistervierteln. Die Mordrate in Cleveland hat mittlerweile ein Rekordniveau erreicht. So schlimm war es seit 18 Jahren nicht mehr. Die verlassenen Häuser ziehen Plünderer magisch an. Nichts und niemand ist vor ihnen sicher.

''Sehen Sie sich diese völlig geplünderte Straße an'', sagt Tony Brancatelli. 20 Jahre hat er für die Stadtentwicklung von Cleveland gearbeitet, Parks angelegt und Nachbarschaftszentren aufgebaut. Doch jetzt ist alles zerstört. ''Sie haben alle Kabel herausgerissen und jedes noch so winzige Stück Metall geplündert.''

Die 53. Straße Ost in Cleveland war früher eine gute Adresse; jetzt ist sie ein Slum. Natürlich hätten die Menschen hier ahnen können, dass die Kreditangebote der Banken nichts Anderes waren als ein vergifteter Köder. Sie hätten ahnen können, dass die Kreditzinsen jederzeit in die Höhe schnellen konnten - und die Preise der Häuser rapide fallen. Aber das sei nicht der Punkt, sagt Clevelands Bürgermeister Frank Jackson. Entscheidend sei, dass Banker wie profitgierige Drogendealer agiert und die Kunden gezielt süchtig gemacht hätten, süchtig nach scheinbar billigem Geld.

''Das Geld war einfach zu gut, die Kredite mörderisch billig, und die Folgen ihres Handelns waren den Banken völlig egal'', sagt Jackson. Im skrupellosen Mafiastil hätten die Banken Millionen von Kunden und deren Heimatstädte ins Unglück gestürzt, wettert der Bürgermeister. Dagegen will er nun angehen. Auf hunderte Millionen Dollar Schadenersatz hat die Stadt Cleveland insgesamt 21 Kreditinstitute verklagt - darunter auch die Deutsche Bank. Allein deren Tochter Deutsche Bank Trust soll laut Klageschrift für mehr als 7000 Zwangsversteigerungen im Bezirk Cleveland verantwortlich sein. Und wo Häuser zwangsversteigert werden, verebbt der Geldstrom in die kommunalen Kassen.

Eine Stadt wie Cleveland hängt am Tropf der Eigenheimsteuer. Die Immobiliensteuer sei das Lebenselixier für eine funktionierende Stadt, erklärt Finanzexperte Christopher Hoene von der US-Städtevereinigung immer wieder bei seinen Cleveland-Besuchen. ''Alle Städte leben letztlich von der Eigenheimsteuer. Und deren Höhe hängt nun einmal vom Wert der Häuser ab'', sagt er. Der Bankrott der Hausbesitzer bedeutet also langfristig den Bankrott einer ganzen Stadt. ''Alle Sozialleistungen der Stadt stehen dann in Frage'', so Hoene.

Eine massive ''Störung der öffentlichen Ordnung'' wirft Clevelands Stadtverwaltung deshalb den Banken in der Klageschrift vor. Bürgermeister Jackson ist sich nicht sicher, wie hoch die Erfolgsaussichten auf einen Schadenersatz für seine geschundene Stadt sind. Aber wenigstens den Versuch sei er den Menschen schuldig gewesen, so Jackson. ''Ich sehe in die Gesichter von Menschen, deren Leben und deren Stadtteil von den Banken für immer ruiniert wurden. Und jetzt werden diese Banken zur Verantwortung gezogen'', verspricht er. Für viele Menschen in Cleveland zählt im Moment allerdings nur eins: die Zahl aus dem Mund des Zwangsversteigerers.



Aus: "Stadtverwaltungen klagen gegen Banken - US-Hypothekenkrise ruiniert ganze Städte" Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkkorrespondent Washington (20.01.2008)
Quelle: http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=3069402/z7h8s8/

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Quote[...] Die Beschäftigungskrise besteht schon seit einiger Zeit: Wer in den Jahren 2001 bis 2003 arbeitslos wurde, musste im nächsten Job laut einer Studie im Durchschnitt mit einem um 17 Prozent verringerten Einkommen rechnen, mehr als zweimal soviel wie noch Ende der neunziger Jahre.

"Wenn Menschen heutzutage ihren Job verlieren, fällt es ihnen sehr schwer, wieder etwas Gleichwertiges zu finden", sagt Arbeitsmarktexperte Andrew Stettner vom National Employment Law Project, einer Lobbyistengruppe, die sich für höhere Arbeitslosengelder einsetzt.

Die US-Wirtschaft erholte sich nach der Rezession aus dem Jahr 2001 zwar mit starken Umsätzen, niedriger Inflationsrate und Rekord-Produktionszahlen, doch an den Arbeitern ging die positive Entwicklung vorbei. Die Reallöhne bleiben meist niedrig, die Armut stieg, und eine verhältnismäßig hohe Anzahl von Menschen hatte Schwierigkeiten, Arbeit zu finden.

sto


Aus: "ARBEITSLOSIGKEIT: Jobkrise erreicht US-Mittelschicht" (21. Januar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,530022,00.html


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Quote[...] Port-au-Prince - Es ist Mittagszeit, im Slum in Haiti, und Charlene Dumas isst Dreck. Die Lebensmittelpreise steigen, und die Ärmsten der Armen können sich noch nicht einmal eine tägliche Portion Reis leisten und versuchen verzweifelt, ihren Bauch zu füllen.

Charlene, 16, Mutter eines einen Monat alten Jungen, setzt auf ein bewährtes Mittel gegen die Schmerzen, die der Hunger verursacht: Dreckkekse, geformt aus dem gelben Lehm der Hochebene ihres Landes. Der Dreck soll die Magensäure binden, schon lange gilt er als Heilmittel für Kinder und Schwangere - und als Kalziumquelle.

Aber an Orten wie Cite Soleil, dem Slum, in dem Charlene sich zwei Zimmer mit ihrem Sohn, ihren fünf Geschwistern und arbeitslosen Eltern teilt, sind die Kekse aus Dreck, Salz und Pflanzenfett eine regelmäßige Mahlzeit geworden. "Wenn meine Mutter nichts anderes kocht, muss ich sie dreimal täglich essen", sagt Charlene. Während sie das sagt, liegt ihr Sohn Woodson ruhig auf ihrem Schoß. Er hat abgenommen seit seiner Geburt.

[...] Die Behörde für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen (Uno) macht sich zunehmend Sorgen wegen der steigenden Lebensmittelkosten auf einigen Inseln der Karibik. Im vergangenen Jahr hat ein Hurrikan zu Überflutungen geführt und die Ernte vernichtet. Die Preise sind darauf um rund 40 Prozent gestiegen. Die Uno hat den Ausnahmezustand für Haiti und einige andere Länder verhängt. Die Regierungschefs der Inselstaaten haben bei einem Treffen im Dezember darüber beraten, die Steuern für Lebensmittel zu senken und große landwirtschaftliche Betriebe aufzubauen, um die Länder weniger abhängig von Importen zu machen.

Auf den Märkten in den Slums kosten zwei Tassen Reis inzwischen 60 US-Cent. Im Dezember waren es noch 50 Cent, vor einem Jahr nur halb so viel. Auch für Bohnen, Milch und Obst müssen die Menschen mehr bezahlen. Und sogar der essbare Lehm ist teurer geworden - im vergangenen Jahr um rund einen Euro. Die Zutaten für 100 Kekse kosten im Moment rund 3,40 Euro, sagen die, die sie backen und auf den Märkten in den Slums verkaufen.

[...] Für ein Plätzchen muss man rund fünf US-Cent bezahlen - ein Schnäppchen im Vergleich zu den anderen Lebensmitteln. Die Händler verladen den Lehm und bringen ihn auf die Märkte, auf denen Fliegenschwärme ihre Runden über Fleisch und Gemüse ziehen.

Die Frauen kaufen den Dreck und verarbeiten ihn dann in den Slums weiter zu Keksen. In Fort Dimanche tragen sie Lehm und Wasser in Körben auf das Dach des früheren Gefängnisses, das der Stadt einst ihren Namen gegeben hat. Dort sieben sie Steine und andere Klumpen aus und vermischen den Lehm mit Fett und Salz.

Dann formen sie den Teig und lassen ihn in der sengenden Sonne backen. Das fertige Gebäck wird in Körben zurück zu den Märkten gebracht oder direkt auf der Straße verkauft. Die Kekse ziehen alle Feuchtigkeit aus dem Mund, sobald sie die Zunge berühren. Der erdige Geschmack bleibt für Stunden im Mund. Ob der Dreck tatsächlich förderlich für die Gesundheit ist, ist umstritten.

Im Schlamm können Parasiten und Giftstoffe sein - aber er kann auch das Immunsystem von Ungeborenen stärken, sagt Professor Gerald N. Callahan von der Colorado State University. Callahan hat sich auf die Erforschung der Geophagie, der Sitte, Erde zu essen, spezialisiert. Ärzte in Haiti befürchten, dass eine ausschließliche Ernährung durch die Kekse zu einer Mangelernährung führen kann. "Glauben Sie mir, wenn ich jemanden sehe, der diese Kekse isst, werde ich ihm davon abraten", sagt Gabriel Thimothee vom haitischen Gesundheitsministerium.

Marie Noel, 40, verkauft das Gebäck auf einem Markt, um sich und ihre sieben Kinder zu ernähren. "Ich hoffe, dass wir eines Tages genug zu Essen haben werden, so dass wir damit aufhören können, den Schmutz zu essen", sagt sie. "Ich weiß, dass der Dreck nicht gut für uns ist."


Aus: "VERZWEIFLUNG IN HAITI: Die Menschen essen Dreck" Jonathan M. Katz, AP (29. Januar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,531816,00.html


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Quote[...] tagesschau.de: Frau Müller, Sie arbeiten als Sozialpädagogin in der "Arche". Hat sich die Situation für Kinder in den letzten Jahren verschlechtert?

Mirjam Müller: Ja. Immer mehr Kinder, Jugendliche, aber auch ganze Familien kommen regelmäßig zum Essen zu uns. Wir geben mittlerweile allein in Hellersdorf täglich mehr als 500 Essen aus. Seit der Einführung von Hartz IV suchen die Menschen nach mehr Hilfe, nach mehr Halt.

tagesschau.de: Woran erkennt man die neue Kinderarmut?

Müller: Teilweise tragen die Kinder kaputte Schuhe, schlechte Kleidung oder Kleidung, die nicht den Wetterverhältnissen angemessen ist. Und sie haben Hunger. Es gibt Kinder, die stecken überall Essen ein, um vorzusorgen, weil sie nicht wissen, ob es zu Hause ausreicht.

tagesschau.de: Laut einer Unicef-Studie leiden Kinder in Deutschland nicht nur materielle, sondern auch emotionale Not...

Müller: Die größte Armut, die wir sehen, ist tatsächlich die emotionale. Viele Kinder fühlen sich alleine gelassen und haben keine Bezugsperson. Sie kommen auch deshalb zum Essen zu uns, weil sie mit Menschen am Tisch sitzen wollen, die ihnen zuhören. In vielen Familien wird gar nicht mehr gesprochen. Da sitzt dann jedes Kind in seinem Zimmer mit dem Fernseher und isst sein eigenes Abendbrot. Oder Kinder müssen - wie im Fall von Dominik - in die Verantwortungsrolle eines Erwachsenen schlüpfen, weil die Eltern nicht genug Kraft haben.

Schult: Dominik ist mit seinen acht Jahre für seine Mutter der Ansprechpartner, was die Lebensplanung angeht. Und jemand, mit dem sie ihren Alltag gemeinsam bewältigt. Als Kind wünscht man sich wohl manchmal auch eine andere Art der Aufmerksamkeit.

tagesschau.de: Woher kommt diese Kraftlosigkeit dieser Eltern?

Schult: Das hat sicher etwas mit der beruflichen Perspektivlosigkeit zu tun. Zugleich findet ein ganz starker Rückzug in die eigenen vier Wände statt - viele sitzen den ganzen Tag vor der Glotze. Die Menschen tauschen sich nicht mehr untereinander aus und verlieren so den Anschluss an die Außenwelt.

Müller: Diese Perspektivlosigkeit ist in Hellersdorf extrem ausgeprägt. Dort sagen schon Jungendliche mit 17 Jahren oder jünger: 'Wir wollen nicht mehr, wir haben keine Lust mehr aufs Leben.' Sie haben schon von klein auf wenig Bildung mitbekommen, brechen die Schule ab oder werden zu früh schwanger und haben dadurch keine Ausbildung. Sie kennen nur das Milieu um sich herum – das ist fast schon eine Art Ghetto. Und dort herrscht ganz viel Hoffnungslosigkeit.

Schult: Im Fall von Dominiks Mutter ist das auch nicht ganz unberechtigt: Sie hat vier Kinder von zwei Männern, die sich von ihr getrennt haben. Sie hat keine Ausbildung, also beruflich kaum eine Perspektive, keinen großen Freundeskreis, der sie auffangen könnte. Sie versucht zwar, ihre Rolle als Mutter auszufüllen und ihre Kinder so gut es geht großzuziehen. Aber ihr eigenes Leben ist für sie abgeschlossen.

tagesschau.de: Welche Rolle spielen die abwesenden Väter?

Müller: Eine große. Ich hatte vor ein paar Tagen eine Unterhaltung mit einem Kind. Es sagte: 'Mein Papa ist entweder Steven oder Marcel oder ich weiß auch nicht. Aber irgendjemand muss doch mein Papa sein.' Wir haben viele Jungs, die total verweichlicht sind, weil sie keine männliche Bezugsperson haben, an denen sich sich messen können.

Schult: Als ich Dominik gefragt habe, was sein größter Wunsch ist, hat er gesagt: 'Dass Papa zurückkommt.'

tagesschau.de: Wenn die Eltern überfordert sind, wer muss dann einspringen? Schulen, Jugendämter?

Schult: Die Schulen sind mit der Aufgabe der Erziehung überfordert. Es ist ja schon anstrengend genug, einen Haufen eher unaufmerksamer Kinder zu unterrichten. Sie können nicht all das übernehmen, was die Eltern nicht schaffen. Und selbst wenn, dann kommen die Kinder nach Hause und erleben dort das Gegenteil, was ihnen in der Schule beigebracht worden ist.

Müller: Viele engagierte Lehrer stoßen einfach auch an ihre Grenzen: Wenn Du mehr mit dem Jugendamt zu tun hast als mit dem Schulbuch, dann ist das einfach nur traurig. Und auch die zuständigen Jugendamtmitarbeiter haben zum Teil 100 Fälle oder mehr gleichzeitig. Natürlich können sie niemals das einzelne Kind im Blick behalten.

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Aus: "Berlinale-Film "Zirkus is nich" über Kinderarmut - "Die größte Armut ist die emotionale"" (04.02.2008)
Astrid Schult, 1979 in Hessen geboren, studiert Dokumentarfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg. Für ihren Film "Zirkus is nich" hat sie sechs Wochen lang den achtjährigen Dominik begleitet, der mit seiner allein erziehenden Mutter und zwei kleineren Geschwistern in einer Plattenbausiedlung in Berlin-Hellersdorf lebt. Die Mutter ist mit der Erziehung überfordert und überträgt einen großen Teil der Verantwortung auf Dominik. Der einzige Ort, an dem auch er einmal Kind sein darf, ist das Kinderzentrum "Arche".
Quelle: http://www.tagesschau.de/kultur/meldung58762.html


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Quote[...] Die Lissabon-Strategie (auch Lissabon-Prozess oder Lissabon-Agenda) ist ein auf einem Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs im März 2000 in Lissabon verabschiedetes Programm, das zum Ziel hat, die EU innerhalb von zehn Jahren, also bis 2010, zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.

Mit dieser Strategie will die EU ,,im Rahmen des globalen Ziels der nachhaltigen Entwicklung ein Vorbild für den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt in der Welt sein".

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http://de.wikipedia.org/wiki/Lissabon-Strategie (16. Februar 2008)




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Quote[...] Sechs Millionen Deutsche arbeiten nach Darstellung des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB) für einen Bruttolohn von maximal sechs Euro pro Stunde. «Der Exportweltmeister Deutschland ist eines der Länder, das besonders stark vom Problem der Armutslöhne betroffen ist», sagte EGB-Experte Ronald Janssen am Mittwoch in Brüssel.

Demnach bekämen in West-Deutschland Niedriglohn-Arbeiter 6,86 Euro pro Stunde, im Osten 4,86 Euro. Der mittlere Stundenlohn eines Industriearbeiters liege mit rund 25 Euro viel höher. Der deutsche Niedriglohnsektor umfasse 22 Prozent aller Beschäftigten. Das sei ein Rekord auf dem Kontinent und ähnlich hoch wie die 25 Prozent Niedriglohn-Arbeiter in Großbritannien und den USA.

Auch Zeitverträge und unfreiwillige Teilzeitjobs bereiteten zunehmend Probleme: «Für viele Frauen ist Teilzeit die einzige Möglichkeit, überhaupt eine Arbeit zu finden», sagte der EGB-Fachmann Walter Cerfeda. Zudem hätten EU-weit 32 Millionen Beschäftigte nur einen befristeten Vertrag, 10 Millionen mehr als 1997. Die Zahl der Scheinselbstständigen sei seit dem Jahr 2000 von 20 auf 29 Millionen gestiegen. Der EGB forderte europäische Schutzklauseln.

Der EGB forderte vor diesem Hintergrund die EU-Staats- und Regierungschefs auf, bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung in Europa zu korrigieren. Zwar seien in den vergangenen zwei Jahren rund 6,5 Millionen neue Jobs entstanden, es handele sich aber vielfach um «prekäre» Arbeitsverhältnisse, sagte EGB-Generalsekretär John Monks. Drei Viertel aller neuen Arbeitsverträge in Frankreich seien zeitlich befristet. In Spanien hätten sechs Millionen Beschäftigte nur Zeitverträge. Fast drei Millionen Scheinselbstständige in Italien hätten nur einen Auftraggeber. In Großbritannien bekomme jeder dritte Arbeitnehmer keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

EU-weit ist die Zahl schlecht bezahlter und unsicherer Arbeitsverhältnisse nach EGB-Angaben in den vergangenen zehn Jahren drastisch gestiegen. «Wenn sich das fortsetzt, wird der Widerstand gegen Europa wachsen», warnte Monks. 17 Millionen Arbeitnehmer in der Europäischen Union lebten bereits in Armut, 31 Millionen arbeiteten für Hungerlöhne. Die EU tue nicht genug, um die Lage zu verbessern.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europa-Parlament, Martin Schulz (SPD), forderte den EU-Gipfel ebenfalls zum Umsteuern auf. «Die soziale Sicherheit ist vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt worden», sagte Schulz laut einer Mitteilung seiner Fraktion. Die Löhne hinkten hinter den Gewinnen der Unternehmen her. Deshalb müsse die EU ihre politischen Leitlinien ändern.

Die konservative EVP-Fraktion rief hingegen zum Festhalten an der sogenannten Lissabon-Strategie auf. Die darin festgelegte EU-Politik gebe «eine angemessene Antwort» auf die Herausforderung der Globalisierung, des demografischen Wandels und der Klimaveränderung. Die Europäer sollten für ihr Sozialmodell werben, sagte der EVP- Fraktionschef Joseph Daul in Straßburg. (dpa/AP)




Aus: "Negatives Beispiel in der EU: Jeder fünfte Deutsche arbeitet für Armutslohn" (12.03.2008)
Quelle: http://www.netzeitung.de/arbeitundberuf/933338.html


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Quote[...] Rund 3,2 Millionen Personen, die derzeit Arbeitslosengeld beziehen, tauchen in der Arbeitslosenstatistik gar nicht auf, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Das Blatt zitiert eine Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP im Bundestag. Ihr zufolge werden ein Viertel der Bezieher von Arbeitslosengeld I, nämlich 286.000 Personen, sowie mehr als die Hälfte aller Empfänger von Arbeitslosengeld II, das sind 2,86 Millionen, nicht als arbeitslos verzeichnet.

Der Grund: In der Statistik der Bundesagentur für Arbeit würden nur Personen als arbeitslos gezählt, die bestimmte Kriterien erfüllten. Sie müssten sich arbeitslos gemeldet haben, ohne Beschäftigung sein oder weniger als 15 Stunden in der Woche arbeiten, Arbeit suchen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Rund 220.000 Empfänger von Arbeitslosengeld I tauchten im vergangenen Jahr nicht in der Statistik auf, weil sie von der sogenannten "58er-Regelung" profitierten. Diese lief Ende 2007 jedoch aus. Sie sah vor, dass Arbeitnehmer, die nach dem 58. Lebensjahr arbeitslos wurden, ebenfalls Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Rentenbeginn hatten. Voraussetzung war, dass sie dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung standen.

Rund 66.000 Menschen fehlten in der Statistik, weil sie an Trainingsmaßnahmen der Bundesagentur teilnahmen, arbeitsunfähig erkrankt waren oder aber wegen verminderter Leistungsfähigkeit nicht arbeiten konnten. Rechne man beide Gruppen zusammen, komme man auf rund 286.000.

Noch extremer sei die Lage beim Arbeitslosengeld II, berichtet das Blatt. So seien 2007 im Durchschnitt rund 5,3 Millionen Personen als "erwerbsfähige Hilfesuchende" registriert gewesen. Davon seien aber 54 Prozent nicht als arbeitslos geführt worden. Nach Angaben der Bundesregierung gehörten hierzu Personen, deren Einkommen nicht ausreiche, um den Lebensunterhalt zu sichern (sogenannte Aufstocker). Des Weiteren fielen unter diese Gruppe Menschen, die etwa an Arbeitsförderungs-Maßnahmen teilnehmen und deshalb aus der Statistik herausfallen.

Die FDP warf der Bundesregierung angesichts der Zahlen Selbstbetrug vor. "Die Arbeitslosenstatistik sagt nur die halbe Wahrheit", sagte die FDP-Abgeordnete Claudia Winterstein der FAZ. Die Regierung verweise stolz auf sinkende Arbeitslosenzahlen. ,,Wer aber nur die statistische Arbeitslosigkeit betrachtet, schönt die Bilanz und betrügt sich selbst. 2007 gab es offiziell 3,77 Millionen Arbeitslose, aber 6,34 Millionen Leistungsbezieher."

...


Aus: "Geschönte Statistik?" (ZEIT online, 12.3.2008)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2008/11/meldung-arbeitslose


Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Bei Neuvermietungen sind die Wohnungspreise schon mit Blankenese und Nienstedten vergleichbar", sagt Steffen Jörg vom Verein Gemeinwesenarbeit St.-Pauli-Süd. Der oft benutzte Begriff der "Aufwertung" würde darüber hinwegtäuschen, dass ärmere Menschen, Migranten und subkulturelle Szenen, die teils seit Jahrzehnten auf St. Pauli leben, verstärkt verdrängt würden.

Um sich gegen die Veredelung ihrer Nachbarschaft und den daraus entstehenden Druck zu wehren, haben sich nun knapp 20 Initiativen und Klubs zum "Aktions-Netzwerk gegen Gentrification" zusammengeschlossen - darunter Aktive aus der Hafenstraße, das Projekt "Tuntengala", der Fanladen St. Pauli und die St.-Pauli-Kirche. Doch trotz der Wut, die bei der Präsentation im Golden Pudel Klub am Fischmarkt gestern spürbar war, wählt das Bündnis lieber Information und Humor als Demonstrationsmittel. Unter dem Motto "Es regnet Kaviar" will das Netzwerk nun dagegen protestieren, dass die Stadt den Kiez "als Unternehmen versteht, das auf reine Profitmaximierung ausgerichtet ist".

Das Anwohnerprojekt Park Fiction lädt für Freitag um 20 Uhr in die Ganztagsschule St. Pauli, um in Kurzbeiträgen das Thema Gentrification zu klären. Unternehmensberater Armin Chodzinski referiert unter dem Titel "In 20 Jahren mach ich dir aus Bielefeld Manhattan" über Stadtentwicklung und Image, "Hinz & Kunzt"-Chefredakteurin Birgit Müller kommentiert die Kriminalisierung von Armut ("Saufen dürfen bald nur noch die Reichen"). Am Sonnabend startet um 12 Uhr ein Straßenfest mit Spielen für Kinder, Musik und St.-Pauli-Rundgängen. Zudem bitten ab 13 Uhr DJs zum Rave von der Sternschanze zur Hafenstraße.

Und wer ganz privat etwas gegen die "Aufwertung" seines Viertels tun möchte, dem bietet das Netzwerk das "Abwertungskit" zum Download im Internet an. Eine Art Bastelbogen mit Utensilien, die die eigene Wohnung in den Augen von Immobilienverwaltern schäbiger aussehen und somit die Mieten sinken lassen. Im Angebot: Imitationen zerbrochener Fenster und Unterhemden, die zum Trocknen aus dem Fenster zu hängen sind.

www.esregnetkaviar.de
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Aus: "Bunter Protest gegen "Veredelung" von St. Pauli" (erschienen am 2. April 2008)
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2008/04/02/864499.html

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Quote[...] Clemm hatte an die taz die Information lanciert, dass aus den Ermittlungsakten, die sie am Dienstag erstmals einsehen durfte, hervorgehe, dass das Verfahren gegen den Berliner Soziologen auf eine "Internetrecherche des Bundeskriminalamtes mit Hilfe des Suchportals Google" zurückgehe. Danach suchte das BKA "nach bestimmten Stichworten, die auch die 'militante gruppe' in ihren Bekennerschreiben benutzt." Nach Angaben der Anwältin befinden sich auch "Begriffe wie 'Gentrification' oder 'Prekarisierung' darunter.

[...]


Aus: ""Gentrification" und "Prekarisierung"" Peter Mühlbauer (TP, 23.08.2007)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26021/1.html

-.-

Quote[...] Die Gentrifizierung (von engl. Gentry: niederer Adel), teils auch: Gentrifikation (von engl. Gentrification), ist ein in der Stadtgeographie angewandter Begriff, der einen sozialen Umstrukturierungsprozess eines Stadtteiles beschreibt. Dabei handelt es sich um Veredelung des Wohnumfelds sowohl durch Veränderung der Bevölkerung, wie in aller Regel auch durch Restaurierungs- und Umbautätigkeit.

Der Prozess der Aufwertung innenstadtnaher Wohngebiete (Gentrification) ist nun schon seit einigen Jahren eines der dominierenden Themen der Stadtsoziologie. Die Erforschung des Phänomens begann in Nordamerika. Zu unterscheiden ist die eigentliche Gentrifizierung, bei der bis dahin nicht hochwertige Stadtgebiete aufgewertet werden (bekannte Beispiele sind SoHo oder der Meatpacking District in Manhattan: bis in die 1980er bzw. 1990er Jahre hinein durch Gewerbe geprägte Stadtviertel) von der Wiederaufwertung ehemals wohlhabender Viertel. Dabei werden Viertel, die v. a. in Mitteleuropa häufig in den Nachkriegswirren ihre angestammte Bevölkerung verloren und verarmten, wieder von der ursprünglichen oder einer ähnlichen Nutzerschicht ,,rückbesiedelt".

Gentrifizierungsprozesse laufen häufig nach typischen Mustern ab: Wegen der niedrigen Mietpreise werden die Stadtteile für ,,Pioniere" (Studenten, Künstler, Subkultur etc.) attraktiv. Diese werten in einem ersten Schritt die Stadtteile auf und setzen einen Segregationsprozess in Gang. Viele Studenten steigen in das Berufsleben ein, verdienen deutlich mehr Geld als die ansässigen Bewohner; manche Künstler etablieren sich und bringen weiter Kapital in die Stadtteile. Investoren sehen Chancen zur Wertsteigerung. Erste Häuser und Wohnungen werden restauriert, Szene-Clubs und Kneipen entstehen. Die Mieten steigen. Alteingesessene werden u. a. durch Mieterhöhungen vertrieben. Neu Eingewanderte, Studenten oder Künstler können sich die höheren Mietpreise oft nicht leisten und siedeln sich in anderen Stadtteilen an. Eine neue, wohlhabendere Klientel siedelt sich an und setzt oft andere Lebensstandards durch. Immobilienunternehmen entdecken das Interesse und sanieren weitere Häuser luxuriös. Die ursprüngliche Bevölkerungsstruktur und der Charakter der Viertel wandeln sich. Die Gentrifizierung geht einher mit einem allgemeinen Segregationsprozess.

[...]


Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Gentrifizierung (28. Februar 2008)

-.-

Quote[...] Auf lange Sicht ist Gentrifizierung immer ein Prozess, bei dem eine Gruppe verliert und die andere gewinnt. Wenn ein Viertel erst einmal mit Clubs, Styleshops, Literaturcafés und Galerien versorgt ist, kommen die Besserverdienenden; Menschen, die bereit sind, viel Geld dafür zu bezahlen, ihre hippen Designermöbel auch im gerade hippsten Viertel der Stadt ausstellen zu können.

Die Mieten steigen, die angestammte Klientel kann sich das Leben im Viertel nicht mehr leisten. Erst kürzlich haben mehrere Hamburger Stadtteilinitiativen die Folgen der Gentrifizierung beklagt: Die Politik müsse endlich dafür sorgen, dass die zentrumsnahen Viertel nicht alle zu teuren "Latte macchiato"-Kiezen mutierten. Der Ruf verhallte ungehört.

Als vermeldet wurde, dass der Migrantenanteil wegen des studentischen Zuzugs gesunken sei, bezeichnete die CDU die Elbinsel als neues "In-Viertel". Eine krude Logik, nach der in ist, wo Ausländer und Arme out sind.

[...]


Aus: "CLASH DER KULTUREN: Jungakademiker erobern Problemviertel" Von Guido Kleinhubbert ( 03. April 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,536106,00.html


Textaris(txt*bot)

#116
Quote[...] Am Anfang stand der Traum: Die alte Sozialhilfe ist tot. Es lebe Hartz IV. Schluss mit dem ewigen Gezerre um Wintermäntel und Windelkisten, Schulranzen und Sommersandalen, das Genörgel und Geprüfe und Gestreite. Pauschal sollte es sein, damit gerecht, damit einfach, damit schnell. Die Hoffnung auf das Prinzip Bierdeckel schimmerte durch. Jeder kriegt 347 Euro, plus Miete plus Heizung. Was er damit macht: sein Bier. Nix Geld für neue Regalwand? Jeden Monat zwei Euro zurücklegen. Waschmaschine kaputt? Pech. Sparen oder mit der Hand waschen. Deutschland sollte ein anderes Land werden, voller mündiger Bürger, die selbst wissen, wofür sie ihr Geld am besten ausgeben. Und in der Zeit und mit dem Geld, die mit diesem genialen System eingespart werden, kann der Berater den Arbeitslosen, der jetzt Kunde heißt, ausführlich beraten und fordern und fördern.

[...] Schon im ersten Jahr 2005 stiegen die Kosten allein für das Arbeitslosengeld II von erwarteten 14,6 Milliarden auf tatsächliche 25,6 Milliarden - es gab einfach viel mehr Berechtigte als angenommen. Auch im Jahr 2007 waren die angesetzten 21,4 Milliarden noch zu wenig. Also fing man an nachzuhaken: Wenn einer mit Strom seinen Boiler heizt und das Amt die Kosten für Miete und Energie trägt und wenn der Strom nicht nur zum Heizen benutzt wird, sondern auch zum Duschen, und wenn das Geld zum Duschen ja schon im Grundbedarf enthalten ist: Dann kriegt der das Geld zum Duschen ja zweimal. Das ist doch total ungerecht. Also zieht man die Warmwasserpauschale wieder ab. Klarer Fall.

Jetzt müsste das Amt jedem Hartz-IVEmpfänger hinterherrennen und prüfen, ob die Energie, die zur Herstellung von warmem Wasser benötigt wird, in den Betriebskosten bereits enthalten ist oder nicht. Die Arbeit macht sich das Jobcenter oft nicht und zieht meist erst mal ab. Wenn der "Kunde" das erstens merkt, zweitens versteht, drittens in der Lage ist, einen Widerspruch einzulegen, und viertens das auch noch fristgerecht, wird aus dem Duschgeld ein Fall fürs Gericht.

Abertausende solcher Prozesse sind inzwischen in ganz Deutschland geführt worden. Abertausendmal 6,53 Euro ist schließlich auch Geld. Und das Geld für die Richter und die Verwaltungsangestellten und für das ganze sinnlos beschriebene Papier, Geld, für das Patrick McGowan bis an sein Lebensende hätte duschen können, kommt ja aus einem anderen Topf. Apropos Topf: Das Gleiche gilt fürs Gas und die Herdplatte: Gas zum Kochen muss aus dem Grundbedarf bezahlt werden, nicht aber Gas zum Heizen. Und das ist erst der Anfang. Trefflich wird gestritten, inzwischen bis zum Bundessozialgericht, ob nicht einer, der ins rankenhaus muss und dort am Abend ein Wurstbrot isst, dieses Wurstbrot abgezogen bekommen muss vom Hartz-IV-Geld. Ob also das Wurstbrot als geldwerter Vorteil zu betrachten ist und damit als Einkommen. Ob, wenn dies Einkommen ist, nicht einkommensbedingte Werbungskosten und Versicherungspauschalen anteilig wieder geltend gemacht werden können. All das, wie gesagt, umgerechnet auf ein Wurstbrot.

Aber was, wenn der Kranke das Wurstbrot gar nicht isst, stattdessen am Imbiss eine Erbsensuppe? Oder gar nichts? Auch mit dieser Frage lassen sich Tausende Aktenbände füllen. Einzelfälle über Einzelfälle. Und keine Grundsatzentscheidungen weit und breit. Das Gesetz drückt sich um klare Worte, es redet von "angemessenem" Wohnraum und "zumutbarer" Arbeit und von "umfassender" Unterstützung. Fragt man, was das ist, heißt es: Das kommt drauf an. Fragt man, worauf, erntet man zumeist nur Schulterzucken. Aus dem Kunden wird der Kläger, aus denen, die eigentlich helfen sollen, wird der Feind.

Jeden Monat gibt es deswegen mehr Klagen. Mehr Akten, mehr Bescheide, mehr Widersprüche, mehr Abweisungen, mehr Richter, mehr Kosten, mehr Zeitaufwand. Und weniger Zufriedenheit auf allen Seiten. Im Jahr 2005 gab es allein in Berlin 6950 Verfahren, im Jahr 2007 schon 18.336, von denen immerhin 13.600 abgearbeitet wurden. Trotzdem warten noch rund 11.000 Verfahren aus den Vorjahren. Immer mehr Richter erledigen immer mehr Fälle, trotzdem bleibt immer mehr liegen. Hartz IV ist ein gefräßiges Bürokratiemonster geworden, das alle Ressourcen aufsaugt und trotzdem niemals satt ist.

Und der Kampf gegen das Monster frisst die Zeit, die die Jobcenter aufwenden könnten, um dem wirklichen Sozialmissbrauch Einhalt zu gebieten. Denn selbst da, wo Jobcenter im Recht sind, haben sie oft schlechte Karten. Weil, so beklagten sich die Richter in einem Schreiben an die Justizverwaltung, sie ihre eigenen Vorschriften nicht einhalten und oft auch nicht kennen, weil Grundbegriffe des Sozialrechts unbekannt sind, weil sie falsche Adressen auf die Umschläge schreiben, die Akten lückenhaft führen, weil die Software nicht funktioniert, weil Belege nicht sortiert sind und die tatsächlich geflossenen Gelder nicht nachzuvollziehen. So schrieb es auch der Landesrechnungshof in seinen Bericht. Und dass überforderte Jobcenter die Leute oft einfach zum Klagen auffordern, weil sie selbst nicht mehr durchblicken. "Die Sachbearbeitung beginnt dann praktisch vor Gericht", sagen die Richter.

[...] Einmal im Monat bringt Frau Strehlow den Lohnstreifen ihres Mannes und alle Unterlagen, lässt sich alles bestätigen und bestempeln. Mehrere Behörden rechnen dann an den Einnahmen und den Ansprüchen der Bedarfsgemeinschaft Strehlow herum. Der Fall ist so kompliziert, wie das Leben nun mal ist: Herr Strehlow verdient Geld, aber wenig. Und jeden Monat anders, weil er jeden Monat unterschiedlich viele Stunden hat. Mal hat er Anspruch auf Wohngeld, mal auf Hartz IV. Wer nämlich Hartz IV kriegt, kriegt kein Wohngeld, wer Wohngeld kriegt, verdient wenig, aber so viel, dass er kein Hartz IV braucht. Wohngeld zahlt das Bezirksamt, Hartz IV zahlen die Jobcenter, die sich zusammensetzen aus der Bundesagentur und der Kommune. Die Kommune zahlt für Miete und Heizung, die Bundesagentur zahlt den Regelsatz inklusive Geld fürs Duschen. Ach, Deutschland.

[...] Sozialrichter Michael Kanert ist Pressesprecher des Gerichts. Er hat die einzelnen Verhandlungstage im Kopf und sogar, worum es ungefähr geht. Er kennt die Statistiken und weiß eine Menge verrückter Geschichten zu erzählen über den Alltag am Sozialgericht. Die von dem berühmten Eishockeyspieler, der sich in der Saisonpause arbeitslos meldete. Von dem Landtagsabgeordneten, der trotz Mandat behauptete, arbeitslos zu sein. Oder die von dem Mann, der alle Arbeitsangebote ablehnt, weil er nachts wach sein muss, um sein Kind zu beschützen - seine Frau schlafwandelt.

Manchmal stellt er selbst die Fragen und guckt, worüber die Leute sich wundern. Und manchmal spürt man seinen Zorn. Er sagt: "Der Bürger hat das Recht auf korrekte Bescheide." Er sagt: "Niemand soll den Leuten vorwerfen, dass sie das, was das Gesetz möglich macht, auch in Anspruch nehmen." Er sagt: "Oft geht es dem Bürger gar nicht ums Geld. Mancher will, dass man ihm einfach nur mal zuhört. Dass man ihm erklärt, was die Wohngeldbewilligungsbescheidungültigkeitserklärung ist, auf die verwiesen wird. Und wo man so ein Ungetüm herbekommt."

Gegen die Klageflut sollen jetzt Deiche gebaut werden. Vielleicht derart, dass das Gericht etwas kostet - aber dann wären die Jobcenter auch bald pleite. Oder derart, dass man die Berufungsmöglichkeiten einschränkt - aber die paar Verfahren, die in die Berufung gehen, machen den Braten nicht fett. Vielleicht eine Bagatellgrenze einführen? Aber für einen Hartz-IV-Empfänger sind sechs Euro im Monat keine Bagatelle. Die Richter, heißt es aus der Politik, müssten eben schneller urteilen. "Aber", sagt Richter Kanert, "ein Richter muss tun, was ein Richter tun muss: die Akten sorgfältig lesen, die Verhandlung führen, die Rechtsgrundlagen prüfen, sichberaten, urteilen, das Urteil aufschreiben, begründen und die Akten zurückschicken. So ist es nun mal. Es gibt keine Abkürzung. Mit irgendwelchen neuen Verwaltungstricks werden wir die Sache nicht in den Griff bekommen."

Das Bundesverfassungsgericht hat die Konstruktion der Jobcenter inzwischen für verfassungswidrig erklärt. Die Leute vor Saal 7 wissen nicht genau, warum. Aber betrogen fühlen sie sich auf jeden Fall. Ein Lieferwagen rattert in die Einfahrt. Er bringt die neuen Klagen. So um die tausend Schriftsätze gehen pro Tag im Sozialgericht an der Invalidenstraße ein. Sie haben oft schon einen langen Weg hinter sich, sind durch viele Hände und Behörden gewandert und ein paarmal durch die Stadt befahren worden. Sie haben was gesehen von der Welt, könnte man sagen. [...]



Aus: "Hartz IV: Abgesoffen" Von Frauke Hunfeld  (stern-Artikel aus Heft 13/2008)
Quelle: http://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/verbraucher/:Hartz-IV-Abgesoffen/615114.html?p=3&nv=ct_cb

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Quote[...] Drei Jahre nach Einführung der größten und umstrittensten Arbeitsmarktreform in Deutschland haben Regierung, Arbeitsverwaltung und Kommunen eine positive Hartz-IV-Bilanz gezogen. "Die viele Arbeit hat sich gelohnt", sagt Heinrich Alt, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA). Von "sichtbaren Eingliederungserfolgen" spricht auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus. Die Langzeitarbeitslosen und ihre Familien hätten von den Reformen profitiert, laut auch die Bilanz von Arbeitsstaatssekretär Detlef Scheele.

Ihre Erfolgsbilanz untermauern sie mit zahlreichen Daten: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sank in den letzten zwei Jahren um 700.000 auf 2,3 Millionen. Die Arbeitslosigkeit insgesamt ging seit 2005 um 1,7 Millionen zurück. Allerdings: "Die Langzeitarbeitslosen profitieren nach wie vor deutlich weniger von der guten Arbeitsmarktentwicklung als Kurzzeitarbeitslose", räumt Articus ein. In Städten wie Berlin oder Bremen, in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern lebt immer noch jeder fünfte Bürger von Hartz IV. Jeder dritte Langzeitarbeitslose werde selbst nach Jahren intensiver Betreuung wohl keinen Job finden, stellt die BA fest.

Den größten Erfolg sieht BA-Vize Alt im Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit: Sie sank im letzten Jahr um rund ein Viertel. Jeder dritte Jugendliche und jeder fünfte Hartz-IV-Empfänger wurde vom Jobcenter "aktiviert" – durch einen Ein-Euro-Job oder eine Weiterbildung. Mehr als vier Milliarden Euro haben die Jobcenter 2007 für die Förderung ausgegeben. Das Konzept des "Fordern und Förderns", so die Botschaft der Beteiligten, geht auf.

Allerdings nicht bei allen. "Bei Alleinerziehenden war der Erfolg deutlich geringer als gewünscht", sagt Alt. "Ohne gute Kinderbetreuung kommen wir hier keinen Schritt weiter." Auch bei den Arbeitslosen ausländischer Herkunft ist die Entwicklung schlechter als im Durchschnitt. Von einem "Riesenqualifikationsdefizit" spricht Alt – 61 Prozent der Einwanderer haben keinen Berufsabschluss. Um auch die Migranten stärker in Lohn und Brot zu bringen, müsse die berufliche Bildung mit Sprachkursen kombiniert werden, forderte Alt.

Finanziell war der Reform, anders als erhofft, kein großer Erfolg beschieden. Zwar wurden die Kommunen mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe finanziell entlastet. Der Bund übernahm die Kosten für alle Arbeitslosen, auch für die Sozialhilfeempfänger. Die Kommunen mussten dafür die Unterkunft aller Hartz-IV-Empfänger übernehmen. Ein schlechtes Geschäft, wie sich nun herausstellt. "Die Entlastung war niedriger als erhofft", sagte Stephan Articus. Fast 14 Milliarden Euro wurden 2007 für Unterkunft und Heizung der 3,94 Millionen Hartz-IV-Haushalte bezahlt. Immer mehr Menschen bekommen Hartz IV, obwohl sie arbeiten. Mit der wachsenden Zahl dieser "Aufstocker" – mittlerweile sind es 1,2 Millionen – hatte niemand gerechnet. Vor Hartz IV hätten diese Geringverdiener Wohngeld bekommen, nun ist Hartz IV für sie attraktiver.

Deshalb begrüßte Articus die Pläne der Regierung, mit einem höheren Wohngeld und einem erweiterten Kinderzuschlag mehr Familien aus Hartz IV heraus zu holen.

Trotz aller Kritik im Detail: An der Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Bundesagentur will keiner der Beteiligten rütteln. BA-Funktionär Heinrich Alt lobte die professionelle Arbeit in den gemeinsamen Jobcentern. "Die gute Zusammenarbeit zeigt nun endlich zählbare Resultate".


Dabei war der Start der neuen Sozialbürokratie vor drei Jahren mehr als holprig: das Computerprogramm war mangelhaft, es fehlte an qualifiziertem Personal und die nun hoch gelobte Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern aus sehr unterschiedlich geprägten Verwaltungen voller Konflikte.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Konzept mittlerweile als verfassungswidrig beurteilt. Doch Arbeitsminister Olaf Scholz will die alten Strukturen retten. In einem "kooperativen Jobcenter" sollen BA und Kommunen künftig freiwillig zusammenarbeiten. Die SPD will die alten Schlachten nicht noch einmal schlagen. Die Union wollte damals die Langzeitarbeitslosen dezentral von den Kommunen betreuen lassen, die SPD zentral von der Arbeitsagentur. Heraus kam ein politischer Kompromiss: Das Jobcenter.

[...]

QuoteSoviel Ignoranz  meint:
08.04.2008, 11:31 Uhr
Da kommt einem ja der Kaffee hoch, bei soviel Ignoranz. Als Betroffener kann ich nur sagen, es ist wie die Lobreden, damals in der DDR. Man spielt mit dem Leben und Glück von Menschen und ignoriert, was sie wirklich erleben.
Wenn man grundlegende Rahmenbedingungen einer Wirtschaft so radikal ändert, wie es die Globalisierung gemacht hat, dann bleiben ganze Branchen und jede Menge Leben und Lebensläufe auf der Strecke. Das ist leider auch vielen, die weiter hinten im Land sitzen ("altes" Bundesgebiet) nur zu bewusst geworden.
Ich habe aber die Erfahrung gemacht, das Leute, die immer noch gut in Lohn und Brot stehen, solchen Quatsch reden, wie der Artikel schreibt. Sie haben keine Ahnung und Zeit, vor lauter Arbeitsstress, sich in Menschen hinein zu versetzen, die für 4 - 5 Euro arbeiten gehen sollen, oder die jeden früh aufstehen und sich fragen, wo soll ich mich denn noch bewerben, aber von der sogenannten ,,Agentur für Arbeit" aller 4 Monate mal eingeladen werden zu einem Motivationsgespräch. Bei mir, Raum Sachsen, gibt es Stellen kaum noch frei, alles Zeitarbeit, Vermittlungsgutschein und hunderte Interessenten. Da geht man für 6 Euro voll arbeiten. Andererseits schreit die Industrie nach CNC- Leuten, will mich aber gar nicht anlernen. Z.Z. sitze ich in einer von der Agentur gezahlte 6000 Euro teuren Weiterbildung, wo noch mehr nette, hübsche, arbeitswillige Leute sitzen, die nicht alle zu blöd sein können, etwas zu finden.
Ich kenne auch etliche Leute, die aus der Statistik raus fallen, weil sie ein altes Haus besitzen, was keiner kauft, oder wo der Partner knapp über 1000 € heimbringt, oder wo der Sohn beim Zivildienst ist.
Also es ist echte Ignoranz, zumal der Artikel selber schreibt, das mittlerweile 1,2 Millionen trotz Arbeit von Hartz-IV leben. Da hat man wohl herrlich umgeschichtet, in schlecht bezahlte Arbeit vermittelt und die Leute doch nicht aus der Statistik bekommen, ja ja es klappt nicht immer.

Aber welche Bewertung eigener Arbeit haben wir denn erwartet, wer tadelt sich schon selber?
- BA-Funktionär Heinrich Alt lobte die professionelle Arbeit in den gemeinsamen Jobcentern - es ist fast wie zu DDR- Zeiten, aber da hatten wir wenigstens Jobs.


Quote
WILLKOMMEN IM 4. REICH meint:
08.04.2008, 11:20 Uhr
Das REICHSPROPAGANDAMINISTERIUM sagt Hartz IV ist gut!?
Gut für wen, für die neuen Feudalherren!? Ach so.
A B E R
Eine Lüge ist eine Lüge, ist eine Lüge!
H4 = Armut per Gesetz!
Es führt zu Lohndumping und ZWANGSARBEIT.
Das pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Dächern!
U N D
fragt mal google :
Hartz IV Abgesoffen

Macht nur weiter so, das ECHO wird gewaltig!


Quote
Don Miguel meint:
08.04.2008, 11:20 Uhr
Diese Reform- benannt nach einem Vorbestraften- wirft ein bezeichnendes Licht auf die Moral in diesem Land.
Der Begriff Solidargemeinschaft ist nur noch eine Blase.


QuoteD. Sturm  meint:
08.04.2008, 11:13 Uhr
Sehr geehrte "Journalisten", gibt es heute noch so etwas wie Berufsehre?

Sie wissen, dass in der Statistik ca. 1.000.000 Arbeitslose nicht gerechnet werden, das diese als "1-Euro-Jobber" arbeiten? Genau, da wo es eigentlich gar keine Arbeitsplätze gibt.

Sie wissen, dass alle möglichen und unmöglichen Begründungen an den Haaren herbeigezogen werden, um diese Statistik zu schönen?

Oder liegt es an der Software, welche z.B. Krankmeldungen einfacher verarbeiten kann, was vorher häufig nicht gepflegt wurde? Ändert aber auch nichts an der Arbeitslosigkeit ....


Quote
Besserwisser meint:
08.04.2008, 11:11 Uhr
Was für ein unreflektierter Bericht, der nur die offizielle Propaganda abdruckt. Es liegt doch auf der Hand, wodurch die Arbeitslosenzahlen gesunken sind: Aufstocker, Umschüler, ABM-Kräfte, 1-Euro-Jobber, über 58-jährige Langzeitarbeitslose... al diese werden in die Statistik nicht mehr einbezogen, obwohl sie ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren können ohne ALG2.


Quote
Hotte meint:
08.04.2008, 10:56 Uhr
Schaut Euch doch bitte in der Welt um. Eine großzügigere Unterstützung der Arbeitslosen gibt es in wenigen Ländern. Ich kenne viele Hartz-IV-Empfänger, die früher Sozialhilfe bezogen haben. Die haben zwar noch nie gearbeitet, erhalten mehr Geld als vorher und jammern jetzt mit. Durch die Globalisierung, die neuen Wettbewerber aus Asien und neue Techniken fallen immer mehr Jobs für minderqualifizierte Arbeitnehmer weg. Und das Patentrezept der SPD: Mindestlöhne, damit die restlichen Arbeitsplätze für diese Arbeiter auch noch wegfallen. Warum hat die SPD eigentlich in ihrer rot-grünen Regierungszeit dieses Zaubermittel nicht eingeführt?


Quote
Midwinter meint:
08.04.2008, 10:33 Uhr
Die Hartz-IV-Reformen sind ein klassicher Fall von "Zum Erfolg verdammt". Diese Nachricht ist das Papier nicht wert auf das sie gedruckt wurde, weil sie sich in sinnleerem Nachplappern offizieller Meldungen erschöpft. Kritische Fragestellungen oder Hintergrundinformationen? Fehlanzeige.


Quote
HartzV = Finanzielle Unterdrückung meint:
08.04.2008, 10:31 Uhr
So ein Quatsch, was glaubt ihr denn wie viele trotz Arbeit von staatlicher Hilfe abhängig sind weil der Lohn nicht reicht.

Ich hab es satt ständig diese Unwahrheiten und Propaganda lesen zu müssen !

Quote
Frank meint:
08.04.2008, 10:21 Uhr
HARTZ 5
muß her und diese unnützen Leistungen für "Kinder" auch gestrichen Mutti kauft sich davon
nur Kippen und roolt zu Mc Donald.
Ab arbeiten und nicht nur faul daheimhocken !


Quote
Schande Hartz 4 meint:
08.04.2008, 10:11 Uhr
Hartz 4 hat Lohndumping und Lohnzurückhaltung erstmöglich gemacht und ein ganzes Land Negativ verändert .
Die SPD ist heute eine gespaltene Partei mit Mitgliederschwund und Wählerschwund eben wegen Hartz 4 und den ganzen weiteren Sozialabbau in Deutschland , viele Bürger haben das Vertrauen in die Politik verloren .


Quote
Fredereck meint:
08.04.2008, 10:00 Uhr
Die Wahrheit kommt sowieso raus.
Im Artikel wird natürlich nicht erwähnt, wer als Arbeitslos gilt. Zudem wird die Entwicklung und Höhe der sozialpflichtigen Beschäftigungsverhältnisse nicht eingegangen. 1,2 Millionen Aufstocker, d.h. Beschäftigungen die nicht einmal soviel Einbringen wie für das Lebensnotwendigste in Deutschland notwendig ist. Dazu noch 1Euro Jobs die im Prinzip das selbe sind. Und das Hässliche ist, von sowas profitieren auch noch Unternemer, Arbeitsvermittler und Fortbildungseinrichtungen.

Hinzu kommt DIE neue Zeitbombe. Gesundheit und Altersvorsorge. Nicht nur dass die Löhne sinken und die Inflation steigt, so dass kaum etwas übrig bleibt um Kapital oder Vorsorge zu treffen. Selbst auch das Sparen an sich wird ad absurdum geführt, bei steigender Gefahr der Absturzarbeitslosigkeit und Willkür der Politiker wie bspw. Renteneintrittsalter, Gesundheitsreform, etc.

Wir haben momentan Wirtschaftswachstum - aber nur für die großen DAX Unternehmen und Manager. Dem Pöbel geht es zugleich zunehmend schlechter. Dieser Wachstum ist nichts weiter als die Ressourcen und sparbeträge der neuen Unterschicht.

In dem Moment, wo die Wirtschaft in einer Depression angelangt ist (und das steht kurz bevor, siehe aktuelle Dollar und Bankkrisen) knallt das hier sowieso gewaltig.
Die Repressionen und Unterdrückung steigen zunehmend. Die Gesetze werden verschärft. Glaubt jemand die Überwachung dient zum Schutz vor dem Terror ( den es bis heute nicht seit 7Jahren in Deutschland gab )?

Lidl ist auch so ein Beispiel,die Löhner sind niedrig - damit die Angestellten nicht klauen, werden die massiv überwacht und eingeschüchtert. Und in der Poltiik werden nur Nebelgeschwafel gezündet. Sind die Leute 'unten' wirklich mit 'unserer' 'Demokratie' glücklich?

Eine radikale Partei zu wählen ist aus deren sicht nicht nur verständlich, sondern auch vernünftig. Und an den Wahlergebnissen sind nicht die Kommunisten schuld, sondern die Ex-sozialen Marktwirtschaft selber.
Die angeblich selbstregulierende Wirtschaft mündet zyklisch in einem anderen politischen System und Gesellschaft - das war schon immer so.


Quote
Oliver Kerl meint:
08.04.2008, 09:56 Uhr
Hahahaha

Dieser Artikel ist ein Witz. War 2 Jahre Hartzler und bis ich dann gefordert habe das man mir hilft geschah gar nichts. Finanzieller und seelischer Striptease das war angesagt alle 6 Monate dumme Sprüche vom Sachbearbeiter man könne mit dem bissl gut auskommen hätten schliesslich Fachleute ausgerechnet. Würg da kommt einem die Galle hoch. Meinen jetzigen Job habe ich mir selber gesucht, es ist zwar nur teilzeit und ich muss leider weiter Hilfe beanspruchen, (Kinder) aber wenigstens muss ich mich nicht mehr ständig erniedrigen vor den gut verdienenden Beamten die wissen wie man mit ´345€ im Monat auskommt nachdem man Strom etc auch noch davon bezahlt hat. Und bevor jetzt jemand meint man hätte ja noch Kindergeld falsch das wird dem Baby angerechnet und der Betrag um diese Summe noch einmal gekürzt.
Kinderfreundliches Deutschland. Hoffe nur da ich jetzt einen kleinen Job habe auf bessere Resonanz bei meinen weiteren Bewerbungen denn als hartzler hätte ich da nie eine Chance gehabt.


Quote
Sozialdemokratie und ihr wahres Gesicht meint:
08.04.2008, 09:54 Uhr
Hartz IV ist einer der Gründe für den Stimmenverlust der SPD.
Ein Mensch, der noch nie in die Kassen eingezahlt hat, wurde auf einmal so behandelt wie einer, der jahrelang bezahlt hat.
Und das bezeichnet die SPD noch heute dreist als "sozial gerecht", gibt aber keine Auskunft darüber, wie man es in Zukunft finanzieren will (wobei bei diesem Mist auch die anderen Parteien damals kräftig mitgestimmt haben).


Quote
SD meint:
08.04.2008, 09:54 Uhr
Wenn Schwarzsehen und Rummjammern Berufe wären, hätten wir schon lange Vollbeschäftigung.


Quote
voller erfolg!!! meint:
08.04.2008, 09:54 Uhr
jawoll, ein voller erfolg in sachen abstieg, sklaverei und menschenunwürdigkeit!


Quote
JeLo meint:
08.04.2008, 09:52 Uhr
Die Sozialgerichte sind überlastet. Die Gerichte kommen nicht mehr nach. Sind diese Kosten überhaupt berücksichtigt worden? Es war kein voller Erfolg. Es sind mehr Kosten durch Hartz 4 entstanden. Und selbst Hartz sprach sich gegen seine Reform aus, leider erst Jahre später.


Quote
Märchentante meint:
08.04.2008, 09:41 Uhr
Och joooooh, hat Herr Glos (der Bundesbeschwichtigungsminister) diesen Artikel bei der "Welt" in Auftrag gegeben? Als "Erziehung-" und "Manipulationslektüre"?
Neulich habt Ihr noch das Gegenteil geschrieben:

http://www.welt.de/print-welt/article159954/Studie_Sechs_Millionen_Deutsche_gehoeren_zur_neuen_Unterschicht.html

Jaja, "ich drehe mein Mäntelchen nach dem Wind"...


Quote
Schande Hartz 4 meint:
08.04.2008, 09:28 Uhr
Voller Erfolge nein es muß heißen Misserfolg .
Viele Menschen sind in Armut gestürtzt wurden.
Einige haben sogar durch Selbstmord ihr Leben verloren.
Andere müssen zur Tafel und Suppenküche.
Gewalt , Aggression, Familienzusammenbrüche ,Krankheit,
Demütigung das heist Hartz 4 .
Hartz 4 hat Tausende Klagen allein in den letzten Monaten
bei den Sozialgerichten gebracht.


Quoteslow  meint:
08.04.2008, 09:17 Uhr
Was ist das denn für eine Gehirnwäsche, dieser Artikel?

...


Quote
Thomas meint:
08.04.2008, 11:58 Uhr
"Und die Arbeitslosen rennen sich nach Jobs die Hacken ab, oder sitzen früh mit gelber Warnweste und Greifzange in der Straßenbahn um das Papier der frustrierten Leute aufzulesen..."

...oder schreiben dämliche Kommentare auf Welt Online und würden niemals auf die Idee kommen in er Straßenbahn Müll aufzusammeln, weil sie sich viel zu sehr daran erfreuen zu Hause dahinzuvegetieren und anderen Menschen ihren ekelhaften Semon aufzubinden.

Noch nie so einen Schwachsinn gelesen wie auf den letzten Kommentarseiten hier. Wenigstens stimmt mich zufrieden, dass es sich dabei ausnahmslos um total frustrierte Versager handelt, die sich noch nie gefragt haben, was sie falsch gemacht haben.


Quote
Hans Meier meint:
08.04.2008, 12:07 Uhr
Hartz 4 ist der unter Zwang ausgeführte Offenbarungseid von Millionen.
Rechte wie Privatsspähre gleich so gut wie null.
Zwangsarbeit obwohl es keine gibt mit allen Mitteln und Methoden.


Quote
bananenrepublik meint:
08.04.2008, 12:07 Uhr
Was soll denn an dieser Form erfolgreich gewesen sein? Vorhierige Faulenzer sind in den Genug gekommen, mehr Geld zu erhalten, fleißige Menschen sind ins Elend gestürzt worden, und 1,7 Mio. Menschen, die nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik vorkommen, müssen sich mit Billig-Jobs über Wasser halten, sind nicht mehr in der Lage für das Alter vorzusorgen. Die Hartz-"Reform" hat nur der Wirtschaft und den Kommunen gedient, waährend sie die Menschen verarmt hat. So etwas kann nicht Reform genannt werden, sondern Abzocke bei fleißigen Menschen.





Aus: "Arbeitslosigkeit: Warum die Hartz-IV-Reform ein voller Erfolg ist" Von Stefan von Borstel und Flora Wisdorff (8. April 2008)
Quelle: http://www.welt.de/politik/article1878405/Warum_die_Hartz-IV-Reform_ein_voller_Erfolg_ist.html?page=1




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Quote[...] The Textile Workers' League activists Kamal el-Fayoumi and Kareem el-Beheiri, as well as a number of the Mahalla detainees, are currently undergoing interrogation at the Tanta Prosecutor's Office. I have a report from an activist, which I couldn't confirm yet, that Kareem was subject to severe beatings in police custody. The activist I spoke with said he heard this from one of the recently released detainees. We should know soon whether Kareem and the others were abused in custody or not when the lawyers who are attending the interrogation come out...


From: "Updates from Mahalla" (Published by Hossam el-Hamalawy April 8th, 2008)
Source: http://arabist.net/arabawy/2008/04/08/updates-from-mahalla/

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Quote[...]  Fast 40 Prozent der Ägypter leben unter oder nahe der Armutsgrenze von umgerechnet 1,25 Euro pro Tag. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Speiseöl und Reis haben sich in den vergangenen Monaten fast verdoppelt, subventioniertes Brot ist knapp. Um die wirtschaftlichen Probleme der Menschen zu lindern, hob Präsident Husni Mubarak Einfuhrzölle auf einige Lebensmittel auf.

Hinter den Kulissen verhandelte die Regierung mit Arbeiterführern in Mahalla, um den seit langem angekündigten Streik zu verhindern. Sondereinsatzkräfte der Polizei hielten Demonstranten von den Hauptplätzen in Kairo fern, Beamte in Zivil hinderten Arbeiter in der Fabrik in Mahalla am Streik. Sicherheitsbeamte hätten die Fabrik übernommen und jeden, der versucht habe zu sprechen, abgeführt, sagte ein Arbeiter.

Die Regierung sicherte zu, ein Gesetz über eine Anhebung des Mindestlohns zu verabschieden. Der Streik in der Textilfabrik wurde daraufhin abgesagt, womit jüngere Aktivisten aber nicht einverstanden waren. Nach dem Ende der Schicht strömten die Menschen auf den Hauptplatz und demonstrierten. Nach Angaben eines Augenzeugen nahmen daran auch Frauen und Kinder teil.

(bru/ap)


Aus: "Ägypten: Proteste gegen steigende Preise" - Bei landesweiten Protesten gegen steigende Preise in Ägypten ist es am Sonntag zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen (06. April 2008)
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/858579.html


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Quote[...] sda) Die UNO-Soldaten feuerten in der Nähe des Präsidentenpalastes in der Hauptstadt Port-au-Prince Tränengas auf Demonstranten und gaben Warnschüsse in die Luft ab, wie Radioreporter vor Ort berichteten. Die Demonstranten machten ihrer Luft erneut mit Gewalt und Plünderungen Luft.

Bereits früh am Morgen blockierten nach Augenzeugenberichten zahlreiche Jugendliche mehrere Strassen in Port-au-Prince und Umgebung und errichteten Barrikaden mit Autoreifen und grossen Steinen. Das öffentliche Leben stand still. Ladenbesitzer schlossen ihre Geschäfte.

Unklar war zunächst, ob es weitere Opfer gab. Die Proteste gegen die hohen Lebensmittelpreise in dem armen Karibikstaat dauern seit vergangener Woche an. Seitdem kamen fünf Menschen ums Leben.

Angesicht der anhaltenden Gewalt forderte Präsident René Preval seine Landsleute ultimativ auf, die Plünderungen und Ausschreitungen einzustellen. In einer von Radio und Fernsehen ausgestrahlten Ansprache erteilte er Forderungen nach einem Rücktritt der Regierung eine Absage.

Er stellte aber eine Regierungsumbildung in Aussicht und versprach für die Problematik der steigenden Lebensmittelpreise eine langfristige Lösung zu suchen.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Menschen in Haiti zur Ruhe und Gewaltlosigkeit auf. Er betonte in einer in New York veröffentlichten Erklärung, die UNO-Militärmission in Haiti (MINUSTAH) und das UNO-System insgesamt würden die haitianischen Behörden weiterhin dabei unterstützen, Nothilfe zur Bevölkerung zu bringen.


Aus: "Wieder Massenproteste in Haiti (09.04.08)
Quelle: http://www.bielertagblatt.ch/News/Ausland/108154


-.-

Quote[...] Nach Angaben des Welternährungsprogramms kommt es inzwischen in vielen Entwicklungsländern zu gewaltsamen Demonstrationen hungernder Bevölkerungsteile. Proteste werden aus Indonesien und einem halben Dutzend afrikanischer Staaten gemeldet.

In Haiti kam es wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise in dieser Woche zu gewaltsamen Unruhen, bei denen vier Menschen getötet wurden. Die haitianische Polizei versuchte am gestrigen Mittwoch vergeblich, die sich zuspitzende Lage in der Hauptstadt unter Kontrolle zu bringen. Sie konnte jedoch nicht verhindern, dass Tausende von Demonstranten Geschäfte, Supermärkte und Tankstellen plünderten und auch einen Radiosender überfielen. In einigen Stadtteilen breite sich Panik aus, berichtete ein Einwohner des Stadtviertels Petionville.

mik/Reuters/dpa/AP


Aus: "HOHE LEBENSMITTELPREISE: Weltbank warnt vor Verarmung ganzer Landstriche" (10. April 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,546477,00.html

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Quote[...] Viele heute Erwerbstätige könnten wegen ihres geringen Einkommens gar keine Anwartschaften auf eine Rente aufbauen, die noch oberhalb der Grundsicherung für Rentner lägen, warnten die SPD-Politiker weiter. Dies sei erst mit einem Einkommen oberhalb eines Stundenlohns von 7,50 Euro möglich; bei fast jedem fünften im Osten liege der Verdienst jedoch darunter. Erschwerend kommt demnach hinzu, dass viele Ostdeutsche aufgrund ihrer Erwerbslage keine zusätzliche Altersvorsorge aufbauen könnten. So werde die Durchschnittsrente sinken. Während von 1942 bis 1946 geborene Männer noch im Schnitt 967 Euro erhielten, würde die Durchschnittsrente der in den Jahren 1957 bis 1961 geborenen bei 820 Euro liegen. Für Frauen nennt die Analyse einen Rückgang von 820 auf 690 Euro.


Aus: "Vielen Ostdeutschen droht Altersarmut" SPON (14. April 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,547118,00.html


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Quote[...] Es gibt zu wenig Billig-Brot für alle, und die um 26 Prozent erhöhten Preise für Reis und Öl schlagen in jeder Haushaltskasse zu Buche. Käse, Milch und Joghurt sind um 17 Prozent teurer geworden. Den Armen Ägyptens schnüren die Preissteigerungen die Luft zum Atmen ab. "Wir ersticken", sagen viele auf dem Markt.


Aus: "LEBENSMITTELKRISE IN ÄGYPTEN: Jagd auf das tägliche Brot" Aus Kairo und Mahalla berichtet Ulrike Putz  (18. April 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,547640,00.html


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#121
Quote[...] Berlin - Der Armutsbericht von Sozialminister Olaf Scholz (SPD) schockiert ganz Deutschland. Der Politik fällt zur Bekämpfung der wachsenden Armut und des Erodierens der Mittelschicht nichts Neues ein und liefert so ein echtes Armutszeugnis ab.

Während der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband darauf aufmerksam macht, dass arme Kinder im deutschen Schulsystem benachteiligt werden, interpretieren die Parteien den Report lediglich als Bestätigung ihrer altbekannten Forderungen. Die Union fordert Steuersenkungen, die SPD hält mit der Forderung nach einer höheren Reichensteuer und einem Mindestlohn dagegen.

Josef Schlarmann, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, kritisiert heimliche Steuererhöhungen durch die kalte Progression. Der Staat müsse die Extra-Millionen den Bürgern zurückgeben. Sonst drohe die Gefahr, dass vor allem Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen bald als arm gälten. Außerdem müsse der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung weiter gesenkt werden.

Die SPD ist gegen Steuersenkungen. Diese führten ,,automatisch zu sozialen Kürzungen" – und damit einer Verschärfung der Armut, so SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. In der Partei werden Stimmen lauter, die eine stärkere Besteuerung der Reichen fordern. Der SPD-Politiker Karl Lauterbach fordert: ,,Wir müssen über eine stärkere Belastung dieser Einkommen nachdenken, die am schnellsten wachsen." Sein Parteifreund Ernst Dieter Rossmann stellt fest: ,,Wir haben ein Armuts- und ein Reichtumsproblem. Die einen haben zu wenig, die anderen zu viel." Neben der Erhöhung der Reichen- und Erbschaftssteuer bringt Rossman eine Wiedereinführung der seit 1997 nicht mehr erhobenen Vermögenssteuer ins Spiel. Einen Mindestlohn fordert nicht nur Scholz, sondern auch DGB-Chef Michael Sommer.

Grüne und Linke erneuerten hingegen ihre Forderung nach zügiger Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes von 347 auf 420 Euro. Linke und FDP machten die SPD direkt für die deprimierenden Zahlen des Berichts verantwortlich: Seit Regierungsantritt der SPD sei die Mittelschicht um über fünf Millionen Menschen geschrumpft. ,,Scholz beklagt die Auswirkungen einer Politik, die er und seine SPD zu verantworten haben", kritisiert FDP-Generalsekretär Dirk Niebel.

Gestern hat Sozialminister Olaf Scholz (SPD) in Berlin seinen Bericht über Armut und Reichtum in Deutschland vorgestellt. Danach ist jeder vierte Bundesbürger von Armut betroffen oder muss durch staatliche Hilfen vor Armut bewahrt werden. Die tz fasst die wichtigsten Aussagen des Berichts zusammen:

Armutsrisiko: 26 Prozent der Gesamtbevölkerung sind von Einkommensarmut bedroht. 13 Prozent der Deutschen müssen durch staatliche Hilfen vor der Armut bewahrt werden.

Altersarmut: Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen hat das Armutsrisiko älterer Menschen nicht zugenommen. 2,3 Prozent der über 65-Jährigen beziehen derzeit eine Grundsicherung.

Löhne: Die Bruttolöhne und -gehälter gingen zwischen 2002 und 205 real um durchschnittlich 4,7 Prozent zurück – von 24 873 Euro auf 23 684 Euro.

Niedriglohnsektor: Besorgniserregend ist die Zunahme des Anteils von Niedriglohn-Beschäftigten. Sie machen mehr als ein Drittel aller Beschäftigten aus. Dabei gilt eine sozial abgesicherte vollzeitnahe Beschäftigung als Schlüssel zur Vermeidung von Armut.

Bildung: Bildungschancen hängen in Deutschland zu sehr vom Bildungsniveau der Eltern ab. Dabei ist gute Bildung eine unabdingbare Voraussetzung für spätere Beschäftigungschancen.

Quelle: tz




Aus: "Das Armutszeugnis" - Große Koalition reagiert mit alten Debatten auf den neuen Armutsbericht ()

Quelle: http://www.tz-online.de/de/aktuelles/welt/artikel_39277.html

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Quote[...] "Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich weiter geöffnet", beklagte Scholz. "Die Einkünfte der Reichen sind gewachsen, dagegen sinken die Einkommen im unteren Bereich leicht, im mittleren stagnieren sie." Als reich gelte, wer als Alleinlebender im Monat netto mehr als 3418 Euro zur Verfügung habe oder als Familie mit zwei Kindern mehr als 7178 Euro netto im Monat.

"Arm ist, so definiert es die EU, wer als Alleinlebender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient, also 781 Euro netto", sagte Scholz. "Die Armutsrisikoquote liegt nach dieser Rechnung bei 13 Prozent der Gesamtbevölkerung."

Besonders bedrückend bleibe für ihn, dass die Zahl derjenigen, die arbeiten und sich trotzdem im Armutsrisikobereich befinden, größer geworden sei. "Das zeigt: Wir haben zu niedrige Löhne in Deutschland und wir brauchen Mindestlöhne", sagte Scholz.

Zugleich werde aber auch die positive Wirkung des Sozialstaats deutlich: "Wenn es die Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II, Wohn- oder Kindergeld nicht gäbe, dann hätten wir statt 13 Prozent 26 Prozent Arme", sagte der Sozialminister.

Am schlimmsten sei die Lage für die Langzeitarbeitslosen und die Alleinerziehenden und deren Kinder. Allerdings sinke das Armutsrisiko auf nur noch vier Prozent der Haushalte mit Kindern, falls die Eltern Arbeit hätten. Bei den älteren Menschen seien heute weniger von Armut betroffen als früher. "Nur 2,3 Prozent von ihnen sind auf die Grundsicherung angewiesen, weil Rente und andere Einkünfte nicht reichen", sagte Scholz.




Aus: "Armutsbericht der Bundesregierung: Die Kluft wird größer" - Immer mehr für die Reichen, immer weniger für die Armen: Die Schere zwischen den Extremen driftet in Deutschland weiter auseinander. Jeder vierte Bürger ist von Armut betroffen oder muss durch staatliche Leistungen davor bewahrt werden. (SZ, 18.05.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/770/175245/

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Quote[...] Nach dem Bericht sind die Bruttolöhne in den Jahren zwischen 2002 und 2005 real von durchschnittlich 24 873 Euro auf 23 684 Euro und damit um 4,7 Prozent zurückgegangen. Einkommenszuwächse gab es dem Papier zufolge nur für die beiden oberen Zehntel der Arbeitnehmerschaft. In der Mitte stagnierten die Einkommen, in den fünf unteren Zehnteln gingen sie demnach zurück. Der Bericht sieht darin unter anderem ein Resultat von ,,betrieblichen und tariflichen Vereinbarungen" sowie der ,,stark sinkenden Tarifbindung in Deutschland". Besorgniserregend sei außerdem die Zunahme des Anteils von Beschäftigten im Niedriglohnbereich: 2005 blieben die Verdienste von mehr als einem Drittel der Beschäftigten demnach unterhalb der Niedriglohnschwelle von zwei Dritteln des Brutto- Durchschnittseinkommens.


Aus: "Woran es fehlt" Von Antje Sirleschtov (20.5.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Fragen-des-Tages-Armut;art693,2534206


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Quote[...] Insgesamt habe sich die soziale Kluft in Deutschland weiter vertieft.

Quotebestoff5 (18.5.2008, 12:19 Uhr)

Neue Armut......

Ich war Ende der 80er bis Mitte der 90er regelmäßig in Polen.Die Leute waren arm,aber sie hatten immer genug zu essen.Wenn ich dieses Bild der Armenküche sehe kommt mir die Galle hoch.Selbst auf dem Lande werden heute schon sogenannte Tafeln ausgerichtet,einmal in der Woche werden Lebensmittel an Bedürftige verteilt und es werden immer mehr.Wo sind wir nur gelandet,das ist ein Skandal sondergleichen!!!


QuoteH.Brueggemeier (18.5.2008, 14:16 Uhr)

Ist doch lange bekannt

Das wussten sie doch lange bevor diese staatliche Erhebung in Auftrag gegeben wurde. Auch die Politiker --also die Wirtschaftsvertreter --unseres Landes wissen schon lange davon.


...


Aus: "Armutsbericht: Jeder achte Mensch gilt als arm" (Artikel vom 18. Mai 2008)
Quelle: http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/:Armutsbericht-Jeder-Mensch-/620680.html

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Quote[...] Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) hat offenbar versucht, das Armutsrisiko in Deutschland herunterzurechnen. Nach einer zweiten statistischen Methode lag der Prozentsatz Armer in der Bundesrepublik 2005 nicht bei 13 Prozent, sondern bei 18 Prozent der Bevölkerung.

[...] Vor allem bei der Kinderarmut, einem hochsensiblen Thema, sind die Zahlen des SOEP weit erschreckender als die EU-SILC-Zahlen. Nach Aussage des SOEP lag die Kinderarmut 2005 bei 26 Prozent. Die EU-Statistik kommt dagegen nur auf zwölf Prozent. Danach wäre die Kinderarmut von 2003 bis 2005, dem Jahr mit der höchsten Arbeitslosigkeit, sogar von 15 auf 12 Prozent gesunken - statt, wie in den SOEP-Zahlen, um drei Prozentpunkte zu steigen. Der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth, reagierte empört. Es sei "vollkommen unverständlich, wie Scholz darauf kommt, dass die Kinderarmut gesunken ist", sagte Kurth am Dienstag.

Auch der Blick auf die Entwicklung in Ostdeutschland lässt Zweifel aufkommen, ob die EU-Forscher richtig zählen. Laut EU-Statistik sank das Armutsrisiko dort zwischen 2003 und 2005 von 19 auf 15 Prozent. Die Untersuchungen des SOEP ergeben dagegen einen Anstieg von 20 auf 22 Prozent.

Die SOEP-Daten basieren auf Umfragen, die seit 1984 regelmäßig bei mehreren Tausend Haushalten durchgeführt werden, und der Einkommens- und Verbrauchsstatistik (EVS). Das EU-Verfahren wird dagegen in Deutschland erstmals verwendet - und ist auch umstritten.

So kritisiert der emeritierte Frankfurter Professor für Verteilungs- und Sozialpolitik Richard Hauser in einer Untersuchung von 2007 das EU-Verfahren deutlich. Im Vergleich beider Verfahren mit dem Mikrozensus zeige sich, dass das EU-SILC die Anzahl der armen Kinder unter vier Jahren "deutlich untererfasse", während sie im SOEP "leicht überrepräsentiert" seien. Ältere seien im EU-Verfahren überzeichnet. Die Abweichungen seien erklärungsbedürftig, schreibt Hauser in seiner Analyse für den Rat für Sozial und Wirtschaftsdaten, der vom Bildungsministerium gefördert wird. Die Daten könnten die ermittelten Armutsquoten "deutlich verzerren".




Aus: "Scholz rechnet Armut schön" von Maike Rademaker (FTD vom 21.05.2008, Berlin)
Quelle: http://www.ftd.de/politik/deutschland/358199.html?p=1

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Quote[...] "Wenn es die Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II, Wohn- oder Kindergeld nicht gäbe, dann hätten wir statt 13 Prozent 26 Prozent Arme", sagte der Sozialminister. Am schlimmsten sei die Lage für die Langzeitarbeitslosen und die Alleinerziehenden und deren Kinder.

Quote

19.05.2008 17:55:54

Profprom: Armut wurde noch 2005 wie folgt definiert:

"In Deutschland gilt demnach ein Ein-Personen-Haushalt mit einem monatlichen Einkommen von 940 Euro (netto) und weniger als arm. Für jeden weiteren Erwachsenen wird die Hälfte, für weitere Kinder unter 14 Jahre ein Drittel dieses Betrags veranschlagt."

http://www.gew-bw.de/Sozialpolitik_Armut-_und_Reichtumsbericht.html

Um die katastrophale Entwicklung zu verschönern, haben die Politiker das Armutskriterium jetzt gesenkt, auf 781 Euro netto für einen Single. Wir werden ständig belogen und betrogen.


Quote19.05.2008  09:33:15

Medusa04: "Der Aufschwung kommt an...

"Der Aufschwung kommt an! Er kommt bei immer mehr Menschen an!" O-Ton Merkel

...


Quote

19.05.2008 13:23:15

Jeork: Ein Schritt vor, zwei zurück, immer Richtung Zukunft

Der erbärmliche Armutsbericht der Bundesregierung bestätigt die katastrophale Entwicklung in Germany, wie schon seit langem zu beobachten ist.

Das damalige Wirtschaftswunder wurde doch nicht durch Gehorsam oder mechanische Arbeit, sondern durch Innovation und dem Ideal der Verbesserung auf allen Ebenen, erreicht. Das deutsche Wirtschaftswunder wurde mal vom Sozialstaat erschaffen, von Menschen, die sich trauten, Visionen zu übersetzen...

Ein verängstigter Mensch, der in Unsicherheit lebt, ob es ihm in vier Wochen noch möglich ist, seine Miete zu zahlen, oder seine Familie zu ernähren, hat keine Kapazität mehr für seinen kreativen Geist. Die wichtigsten weltverändernden Erfindungen sind alle von "Freigeistigen Spinnern" ans Licht geraten worden. Nicht aber von Lohndumping geknechteter Spezies. Nach dem Kampf ums tägliche Brot, sprich: materielle Überleben, sind eben alle geistig und körperlich verhindert und ausgelaugt und nur noch fähig, den letzten Hauch für die Fortpflanzung zu geben und in die alten, die bereits vorhanden Überzeugungsmuster rein zu denken..

Es wäre also für die Regierenden (Wirtschaftsbosse) ein kleiner Schritt, schon aus ureigensten Interessen von Nöten - gerade in Deutschland -, sich von einer Angst machenden, sozialzerstörerischen Vorgehensweise, die nach den Vorbildern aus einer anderen Welt praktiziert wird, abzukehren.. Altruismus und Solidarität vielleicht eben.


Quote

19.05.2008 16:31:06

spyware2: MAGNIFIER

"Jeder Mensch hat, ebenso wie das natürliche Recht darauf zu atmen, ein Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Neben den Grundbedürfnissen hat jeder Mensch das Recht auf uneingeschränkte kulturelle Teilhabe und Entwicklung der Gesellschaft."

Sie haben das Recht auf Reichtum vergessen und vor allen Dingen wer es garantiert, wer es durchsetzt und wer es einen verschafft.

Sie fordern ein Schlaraffenland. Wer soll das bezahlen? Wer hat soviel Geld?

Fordern können Sie viel, aber die Realität ist Ihr Erzfeind und die Realität neigt dazu Hirngespinste und Utopie gnadenlos zu zerstören.


...


Aus: "Armutsbericht der Bundesregierung - Die Kluft wird größer" (18.05.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/770/175245/

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Quote[...] Ein-Euro-Jobs sind ,,Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung"[1][2][3][4] für Empfänger von Arbeitslosengeld II. Rechtsgrundlage ist aktuell vor allem der § 16 Abs. 3 SGB II. Sie sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nach Abs. 3 Satz 2 zusätzlich und im öffentlichen Interesse sein.

Bei einem Ein-Euro-Job entsteht kein reguläres Arbeitsverhältnis, auch dann nicht, wenn die Heranziehung zu den Arbeiten rechtswidrig war.[5] Es wird kein Arbeitsentgelt oder Lohn, sondern zusätzlich zum Arbeitslosengeld II eine ,,Mehraufwandsentschädigung" gezahlt, weil die dem Alg-II-Empfänger durch Ausübung einer Arbeitsgelegenheit zusätzlich entstehenden Aufwendungen in der Regelleistung nicht berücksichtigt sind.[6] Die Höhe dieser ,,Mehraufwandsentschädigung" (MAE) wird unter Rückgriff auf die langjährige Verwaltungspraxis zu § 19 BSHG (frühere Sozialhilfe)[7] mit ungefähr 1,- Euro pro Stunde beziffert. Ein-Euro-Jobs werden auch als ,,MAE-Stellen" und die entsprechenden Maßnahme-Teilnehmer als ,,MAE-Kräfte" bezeichnet.

,,MAE-Kräfte" gelten nicht als arbeitslos und werden somit zahlenmäßig nicht in der Arbeitslosenstatistik ausgewiesen.[8] Ferner werden die ,,MAE-Stellen" (Ein-Euro-Jobs) wie ganz normale Arbeitsverhältnisse in die Berechnung des Rentenwertes mit einbezogen.[9][10][11]

[...] Ziele

Zielgruppe der Arbeitsgelegenheiten sind nach § 16 Abs. 3 SGB II Arbeitslose, die ALG II beziehen und keine Arbeit finden können. Die Arbeitsgelegenheiten sollen Arbeitslose (unter ,,weicheren Umständen"[16]) wieder an den Rhythmus des Arbeitstages und die Erwartungen des Arbeitsmarkts an ein gewisses Maß an Arbeitsdisziplin gewöhnen und so die Verwertbarkeit der Arbeitskräfte für Arbeitgeber wieder herstellen. Hierdurch sollen die betreffenden Personen für eine Einstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder attraktiver gemacht werden. Als solches sind diese Arbeitsgelegenheiten deswegen vor allem zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen gedacht,[17] die anders aller Voraussicht nach nicht in absehbarer Zeit wieder eine reguläre Beschäftigung aufnehmen werden.

[...] Zuweisungsanspruch

Für Bezieher von ALG II besteht kein Rechtsanspruch auf einen Ein-Euro-Job, sofern die Zuweisung nicht in der Eingliederungsvereinbarung zugesichert wurde. Er kann die Teilnahme beantragen, jedoch entscheidet der persönliche Ansprechpartner (oft auch Fallmanager oder Arbeitsvermittler genannt) in pflichtgemäßem Ermessen über die Notwendigkeit der Förderung. Eine Arbeitsaufnahme auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist in jedem Fall (auch während der Teilnahme an einem Ein-Euro-Job) vorrangig.[23] Von Nicht-Beziehern von Arbeitslosengeld II kann die Zuweisung zu einem Ein-Euro-Job nicht verlangt werden.[24]

Sanktionen bei Verweigerung

Wer einen ihm zugewiesenen Ein-Euro-Job ohne wichtigen Grund nicht aufnimmt oder fortführt, dem wird nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c und 1d SGB II das Arbeitslosengeld II für drei Monate sanktioniert, das heißt seine Zahlung in der Höhe gekürzt. Vor Erlass einer Sanktion muss zeitnah eine konkrete und auf die Arbeitsgelegenheit bezogene Belehrung erfolgt sein,[25] die im Regelfall mit der Zuweisung der Arbeitsgelegenheit unterbreitet wird. Die Arbeitsgelegenheit darf jedoch nicht als ,,Mittel zur Disziplinierung" gebraucht werden, sondern muss der Eingliederung in den Arbeitsmarkt dienen und ist gegenüber anderen Eingliederungsmaßnahme auf dem ersten Arbeitsmarkt nachrangig.[26] Der Ein-Euro-Job muss im Hinblick auf Beschäftigungsgeber, Art, Ort und Umfang des Einsatzes vor dem Antritt konkretisiert werden.[27]

Darüber hinaus kann die Hilfe gekürzt werden, wenn sich der Betreffende trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, die o. g. ihm vom Fallmanager vorgelegte und ausreichend erläuterte Eingliederungsvereinbarung, die z. B. eine Zuweisung in einen 1-€-Job enthält, zu unterschreiben. Unterschreibt der Arbeitslose die Eingliederungsvereinbarung unter Zusätzen oder nicht vorher abgesprochenen Änderungen (z. B. Streichung der Zuweisung), dann gilt die Eingliederungvereinbarung als nicht zustande gekommen,[28] da es für die übereinstimmenden Willenserklärungen für den Vertragsabschluss fehlt.[29] Der Behörde gemachte Änderungsvorschläge zählen jedoch nicht als Verweigerung und es muss von der Behörde zu ihnen Stellung genommen werden, falls sie nicht in die Vereinbarung aufgenommen werden.[30]

Zumutbarkeit und Voraussetzungen

Als zumutbare Arbeit gilt nach § 10 Abs. 1 SGB II grundsätzlich jede legale, nicht sittenwidrige Arbeit, zu der der Betreffende körperlich, geistig und seelisch in der Lage ist. Für einen Ein-Euro-Job muss die Arbeit jedoch eigentlich nach dem Gesetz im öffentlichen Interesse liegen und zusätzlich sein, also nicht normal bezahlte Lohnarbeit, um ansonsten benötigte Beschäftigte zu ersetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Es besteht deshalb bei der betreffenden Einrichtung, in der ein Ein-Euro-Job geschaffen werden soll, ein Beteiligungsrecht der örtlichen Personalvertretung.[31]

Der Grundsicherungsträger führt Arbeitsgelegenheiten in der Regel nicht selbst durch, sondern er beauftragt damit Dritte, wie kommunale Beschäftigungsgesellschaften, gemeinnützige Organisationen oder private Bildungsträger. Es kommen alle zusätzlichen Arbeiten in Frage. Zusätzlich sind Arbeiten, die sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden. Wenn eine Stelle nicht zusätzlich oder im öffentlichen Interesse ist, darf sie – streng nach dem Gesetz – nicht nur mit einem Euro pro Stunde entlohnt werden, sondern die Bezahlung muss regulär erfolgen.[32] Durch die Zusätzlichkeit sollen Verdrängungseffekte vermieden werden und der örtlichen Wirtschaft keine Konkurrenz gemacht werden.

Die Jobs müssen im öffentlichen Interesse liegen, sind in der Regel also kaum bei gewinnorientierten Privatunternehmen angesiedelt. Möglich sind beispielsweise einfache Helferarbeiten im Kindergarten, im Garten- und Landschaftsbau, bei der Stadtinformation oder Stadtreinigung, in der Altenpflege und Krankenpflege oder als Einkaufshelfer für Ältere.

[...] Verschlechterung des regulären Stellenangebots

Die Vermeidung von Verdrängungseffekten ist anscheinend zumindest in einigen Branchen in großem Umfang gescheitert – im Gegenteil: Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnete beispielsweise einen Rückgang von Stellenangeboten im Pflegebereich, der auch von einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestätigt wird. Ein-Euro-Jobs verdrängen nach Feststellung dieses Instituts der Bundesagentur selbst tatsächlich reguläre Arbeitsplätze qualifizierter Beschäftigter.[37] In vier Prozent der Einrichtungen, die so genannte Ein-Euro-Jobs anbieten, waren laut der Studie Personaleinsparungen bei der regulären Beschäftigung die Folge. Dieser Effekt betrifft soziale Einrichtungen, wie Pflegeheime und Kindertagesstätten sowie Hilfsorganisationen.[38] So entstand ein Niedriglohnsektor in verschiedenen Bereichen, da es sich in der Regel nicht um zusätzliche oder ergänzende Aufgabenfelder handelt. Die Ein-Euro-Jobs führen notwendigerweise zu einer Beschleunigung des Stellenabbaus. Dies ist zwangsläufig, da die eigentlich nötigen Personalkosten der sozialen Einrichtungen und Kommunen durch Bundesmittel ersetzt werden können, die strukturiert durch die MAE-Gelder ersetzt sind. Es wird auch versucht, die Kontrolle durch Personalräte zu umgehen, weshalb es auch zu Rechtsstreitigkeiten gekommen ist. Diese wurden jedoch zu Gunsten der Personalräte und ihrem Beteiligungsrechts bei der Schaffung von Ein-Euro-Jobs entschieden[39].

Handwerkspräsident Otto Kentzler hat die starke Zunahme der Ein-Euro-Jobs in Deutschland heftig kritisiert. ,,Bei den Ein-Euro-Jobs brechen alle Dämme". Ihre Zahl sei 2005 auf weit über 200.000 gestiegen, die Bundesregierung peile sogar 600.000 an, so Kentzler. Die Kommunen setzten die Arbeitslosen oft dort ein, wo sie bis vor kurzem noch Handwerksfirmen beauftragt hätten. Somit verdrängten die Ein-Euro-Jobber die regulär Beschäftigten, die dann auch in der Arbeitslosigkeit landeten.

Künstlicher Billiglohnsektor

Durch Ein-Euro-Jobs werden ferner die Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angegriffen. Darunter leidet die Qualität in den Einrichtungen. Die verbleibenden Mitarbeiter haben zunehmend Angst um ihren Arbeitsplatz. Indem sie Mehrarbeit leisten, verhindern sie Neueinstellungen und schädigen ihre familiären und sozialen Beziehungen. Sie verzichten auf Genesungszeit bei Krankheit, schädigen so ihre Gesundheit und belasten langfristig das Gesundheitssystem. Gesamtgesellschaftlich wird dadurch eine angstgetriebene Hoffnungslosigkeit erzeugt, die sich schädigend auf die Wirtschaft auswirkt (Energie, Kreativität, Leistungsbereitschaft, Kaufkraft) und das Sozialgefüge stört (Trennung von Bevölkerungsschichten).

Öffentliche und private Arbeitgeber könnten sich weiter aus ihrer Verantwortung zur Schaffung von regulären Arbeitsplätzen zurückziehen. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass eine bewusst erzeugte Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte forciert wird: mit Hinweis auf die leeren Kassen wird eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz gefördert, notwendige Arbeiten durch Ein-Euro-Jobber erledigen zu lassen.

Statistikverzerrung

Ein-Euro-Jobs tragen zur ,,Schönung" der Arbeitslosenstatistik bei. Da es sich bei Ein-Euro-Jobs um Maßnahmen der aktiven Arbeitförderung handelt, sind Ein-Euro-Jobber Maßnahmeteilnehmer. Sie gelten somit nach § 16 Abs. 2 SGB III nicht als arbeitslos, obwohl sie ja Arbeitslosengeld II beziehen und keiner wirklichen versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen.[40]

Wettbewerbsverzerrung

Problematisch ist weiterhin, dass sich Einrichtungen, die Ein-Euro-Kräfte gesetzeswidrig einsetzen, um reguläres Personal zu sparen, sich damit gegenüber Mitbewerbern, die sich regelungskonform verhalten, betriebswirtschaftliche Vorteile verschaffen. Der Vorteil resultiert aus den dadurch auf Kosten der Allgemeinheit (Finanzierung der Arbeitsgelegenheit aus Steuermitteln) eingesparten Personalkosten.[41]

Prekarisierung

Kritisiert wird von Seiten von Hartz-IV-Gegnern, dass Menschen durch die Regelungen der Ein-Euro-Jobs zur Arbeitsaufnahme unter schlechten, prekären Verhältnissen (Bezahlung z. T. nicht einmal bedarfsdeckend, schlechte Bedingungen) gedrängt werden würden.

Arbeitsbedingungen

Da es sich bei Ein-Euro-Jobs nicht um Arbeitsverhältnisse handelt, gibt es weder einen Arbeitsvertrag noch tarifliche Entlohnung, keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub, kein Streikrecht und keinen Kündigungsschutz. Die den Ein-Euro-Jobs zugrunde liegende rechtliche Regelung des § 16 Abs. 3 SGB II begründet nämlich kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts. Das wird von Kritikern auch als verfassungsrechtlich bedenklich befunden, da ,,damit viele hunderttausend Menschen in einen Zustand der Rechtlosigkeit oder Rechtsunklarheit versetzt werden"[42]

Zweifel an Verbesserung der Vermittelbarkeit

Nach einer Studie des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung wird bezweifelt, dass 1-€-Jobs generell der schnelleren Vermittlung Langzeitarbeitsloser in eine reguläre Beschäftigung förderlich sind. So wurden in solche Arbeitsgelegenheiten zugewiesene Kräfte im Schnitt sogar später in Arbeit vermittelt, als andere Langzeitarbeitslose. Es wird hierbei von einem Einsperr-Effekt gesprochen, der den ursprünglichen Zielen dieser Beschäftigungen entgegen läuft.[43]

Wertungskonsistenz mit dem Strafrecht

Problematisch nach Meinung einiger Kritiker im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene Wertungskonsistenz mit dem Strafrecht[44] ist der Umstand, dass gemeinnützige Arbeit im Erwachsenenstrafrecht als Ersatzstrafe[45] vorgesehen ist. Ferner ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 441/90, Urteil vom 1. Juli 1998)[46] im Strafvollzug zu beachten, dass die einem Strafgefangenen zugewiesene Pflichtarbeit nur dann ein verfassungskonformes Resozialisierungsmittel ist, wenn die geleistete Arbeit angemessene Anerkennung findet. Diese Anerkennung muss nicht notwendig finanzieller Art sein. Sie muss aber geeignet sein, dem Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren Vorteils vor Augen zu führen. Ein gesetzliches Konzept der Resozialisierung durch Pflichtarbeit, die nur oder hauptsächlich finanziell entgolten wird, kann zur verfassungsrechtlich gebotenen Resozialisierung nur beitragen, wenn dem Gefangenen durch die Höhe des ihm zukommenden Entgelts in einem Mindestmaß bewusst gemacht werden kann, dass Erwerbsarbeit zur Herstellung der Lebensgrundlage sinnvoll ist.

[...] Argumentationsweisen, die ,,Ein-Euro-Jobs" befürworten

Praktischer Eignungsbeweis

Ein-Euro-Jobs können die Chancen von Arbeitssuchenden auf eine spätere Einstellung in einen Betrieb oder in einer Einrichtung verbessern, da sich der Betreffende durch die gezeigte Arbeitsleistung für eine Einstellung auf frei werdende Stellen empfehlen kann. Zwingende Voraussetzung hierfür ist die Unterbindung der Möglichkeit, notwendig anfallende Arbeit (v. a. auf Dauer) von Ein-Euro-Jobbern erledigen zu lassen. So greift dieser Vorteil nur, wenn die zuweisende Stelle die Zusätzlichkeit der geschaffenen Arbeitsgelegenheit entsprechend kontrolliert.

Einbringung in die Gesellschaft

Viele ALG-II-Bezieher fühlen sich nicht gebraucht und wertlos. Durch diese Maßnahmen wird es – so die Theorie – den Menschen erleichtert, sich wieder in die Gesellschaft einzubringen und einem geregelten Tagesablauf nachzugehen. Bei tatsächlicher Beachtung der gesetzlichen Auflagen führen sie für die Gesamtgesellschaft nützliche (= gemeinnützige) zusätzliche Arbeiten aus, z. B. zusätzliche Betreuung alter Menschen (vorlesen, Gespräche, Gesellschaft).

Beschäftigung für sonst nicht Vermittelbare

Für auf dem normalen Arbeitsmarkt auf Dauer nicht mehr Vermittelbare kann durch Ein-Euro-Jobs eine entlohnte Beschäftigung geschaffen werden, die die Betreffenden sonst auf Jahre nicht mehr hätten und stattdessen daheim sitzen würden. So wird Beschäftigung geschaffen für Personen, die z. B. aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen oder sehr großen Lücken im Lebenslauf (etwa Kombinationen aus mehreren Haftaufenthalten und langen Arbeitslosigkeitsphasen) bei der ,,regulären" Arbeitssuche keine Chance hätten.

Anrechnungsfreies Zusatzeinkommen

Ein-Euro-Jobs bieten finanzschwachen Empfängern von Arbeitslosengeld II die einzige komplett anrechnungsfreie wenn auch geringe Zuverdienstmöglichkeit. Aus diesem Grund werden auch v. a. kaum vermittelbare Bedürftige oft auf eigenen Wunsch zu einer solchen Arbeitsgelegenheit eingeteilt.




Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/1-Euro-Job (19. Mai 2008)

-.-

Quote[...] Die Kritik, die zahlreiche Arbeitsmarktexperten an den so genannten Ein-Euro-Jobs üben, hat nun auch den Bundesrechnungshof wachgerüttelt. In einem 55-seitigen Prüfbericht attestiert er diesem wichtigsten Instrument der aktiven Förderung, dass es nicht nur keine Beschäftigung schafft, sondern sogar bestehende Vollzeit-Arbeitsplätze verdrängt.

Für drei von vier geförderten Hartz IV-Empfängern bringen sie "keine messbaren Integrationsfortschritte", stellen die Prüfer fest. Meistens handele es sich bei den geförderten Tätigkeiten um reguläre Aufgaben der öffentlichen Hand. Mit den Ein-Euro-Jobs sollten somit reguläre "Arbeitskräfte eingespart werden". Ein Beispiel ist der Ein-Euro-Jobber im Archiv des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Seine Tätigkeit sei nicht zusätzlich, sondern Teil der "ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung" der Behörde.

Nach Recht und Gesetz müssen die Tätigkeiten zusätzlich, wettbewerbsneutral und im öffentlichen Interesse sein. In 68 Prozent der 173 untersuchten Fälle habe mindestens eine Fördervoraussetzung gefehlt. Die Arbeitsverwaltung habe es grundsätzlich unterlassen, so der Bundesrechnungshof weiter, den Erfolg und die Wirkung der einzelnen Maßnahmen zu überprüfen.

Im vergangenen Jahr mussten fast 800 000 Menschen einen Ein-Euro-Job annehmen. Prinzipiell sollten damit Personen gefördert werden, die schlechte Eingliederungschancen haben. "Diese Orientierung auf einige wichtige Problemgruppen am Arbeitsmarkt ist nicht zu erkennen", urteilte kürzlich das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur (IAB). Eine erfolgreiche Beseitigung der Hilfebedürftigkeit "wird innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt in einen Zusatzjob nicht erzielt." Es würden häufig Personen gefördert, deren Beschäftigungsfähigkeit durch Ein-Euro-Jobs nicht verbessert werden kann. Vor allem für Männer "ist der Effekt nahe Null".

Bei der Bundesagentur selbst heißt es, der Bericht sei nur eine Zusammenfassung früherer Einzelberichte, auf die man jeweils bereits reagiert habe. Den örtlichen Agenturen seien verbindliche Arbeitshilfen zum Thema Zusatz-Jobs an die Hand gegeben worden. Man plädiere jedoch dafür, lokale Beiräte der verschiedenen Akteure zu schaffen, die über die Einhaltung der Vorschriften wachen sollten.

Der DGB wertet den Bericht des Rechnungshofs als Aufforderung an die Koalition, den massenhaften Einsatz von Ein-Euro-Jobs endlich zu stoppen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bezeichnet das Ergebnis der Kontrolleure als "schallende Ohrfeige für die Politik". Sie kritisiert, dass die Bundesregierung nicht tätig geworden sei, obwohl der Rechnungshof die Praxis bei den Ein-Euro-Jobs schon im vergangenen Jahr bemängelt hatte. Fakt sei, dass diese teuer seien, keine Perspektiven böten, stattdessen aber Lohndumping förderten und sogar reguläre Arbeitsplätze gefährdeten. "Ein solch offensichtlicher Unsinn muss endlich gestoppt werden", fordert Buntenbach.



Aus: "Kritik vom Bundesrechnungshof - Ein-Euro-Jobs vernichten Arbeitsplätze" VON ROLAND BUNZENTHAL (21. Mai 2008)
Quelle: http://fr-aktuell.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=1331796&

-.-

Quote
QuoteFTD-Mod03 Moderator:
"Der Armutsbericht der Regierung stellt fest, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland weiter gewachsen ist. Wie muss die Politik reagieren?"

Quotejewgr
Aufsteiger, 05/2008

Was tun?
Zum Beispiel Mindestlohn auf 1,50/St. absenken. Dann diejenigen, die für 6,50 arbeiten, nicht mehr zu den Armen zählen.

Quotekaburkabari,
Starter - 05/2008

Die Verselbständigung unserer sogenannten Leistungseliten im Wirtschafts-, Politik- und Administrationssektor hat solche Ausmaße angenommen, dass keine realen Führungsleistungen im Sinne gesamtbetrieblicher bzw. gesamtgesellschaftlicher Konzeptentwicklungen bzw. Entscheidungen mehr erbracht werden.

Diese in sich eingeschlossene Machtkaste zeigt die gleichen pathologischen Züge einer Form von Autismus, wie wir sie in der Zeit der Nazi- und Kommunistendiktaturen in Deutschland bei den dortigen Funktionärseliten erkennen können.

Dass heutiges Politiker- und Unternehmenslenkerwirken grundlätzlich den Prinzipien der Bescheißerphilosophie folgt, die dann auch noch mit den korruptiven Elementen von lobbyistisch durchseuchten Ministerien gewürzt wird, welche durch das spezielle Siemensmodell charakterisiert sind.

Armut in Deutschland ist keine Frage mangelnder finanzieller Vermögen. Diese Armut hat ihre Ursache im mangelenden Regierungsvermögen, im mangelhaften Sozialverhalten unserer Eliten und ihm Übermass der realen Skrupellosigkeit, Selbstverliebtheit und Manieriertheit jener, deren Slogen lautet: "Euer Elend kotzt mich an". Deshalb waten wir heute in unserem Land durch eine immer höher steigende Flut von Erbrochenem, Tränen, Eiter, Blut und wohl bald auch von Kot.

Nicht eben eine Erfolgsbilanz, die wir da seit Mitte der 1980er Jahre unseren Eliten testieren müssen.


QuoteTR512, 05/2008

Es sind keine Stricke da, an denen man ziehen kann

Zitat:
QuoteZitat von Mure:
Ich weiß es auch nicht. Wir sind das Volk. Wenn alle dran ziehen dann können wir viel erreichen.


Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, doch bleibt das alles im Ungefähren stecken. Woran sollen wir denn ziehen?

Sie bekommen doch noch nicht einmal zwei Leute unter einen Hut, geschweige denn ein Volk von ca. 80 Mio. Den allerwenigsten Leuten sind doch die einfachsten Zusammenhänge geläufig.

...






Aus: " Muss die Politik eingreifen?" (05/2008)
Quelle: http://www.ftd.de/debatte/showthread.html?t=597


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Seit Jahrzehnten rechnen Politiker die Arbeitslosigkeit klein - mit beachtlichem Einfallsreichtum und immer neuen Förderprogrammen. Noch jede Regierung hat sich Tricks einfallen lassen, um die Statistik aufzubessern.

[...] Am Donnerstag wird die Bundesagentur für Arbeit ihre Zahlen für den Mai vorlegen - Experten haben keinen Zweifel, dass die Daten auch diesmal günstig ausfallen werden. Sogar noch günstiger als zuletzt, als die Nürnberger Behörde 3.413.921 Erwerbslose vermeldete.

[...] Fast alle träumen ihn wieder, diesen Traum. SPD-Chef Kurt Beck, ebenso sein Vize, Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Auch Unionspolitiker glauben fest daran, dass Vollbeschäftigung in Deutschland erreichbar ist: erst drei Millionen Arbeitslose, dann zwei Millionen, und so weiter. Vergessen scheint die Zeit, als SPD-Kanzler Gerhard Schröder einen politischen Offenbarungseid leisten musste, weil mehr als fünf Millionen Deutsche keinen Job finden konnten. Von diesen düsteren Tagen spricht heute, vor einer Serie von Wahlen, keiner mehr.

Und da ist noch etwas, an das die Regierenden in Berlin nicht gern erinnert werden: In Wahrheit sind es nicht 3.413.921 Menschen, die derzeit eine Arbeit suchen, so wie es die amtliche Statistik scheinbar akribisch ausweist. Tatsächlich würden weitere gut 1,5 Millionen Männer und Frauen eine reguläre Beschäftigung ergreifen, wenn sie denn eine fänden. Sie finden aber keine, und trotzdem tauchen sie in der Arbeitslosenstatistik nicht auf.

Der seltsame Schwund liegt zu großen Teilen daran, dass mindestens seit den Zeiten des CDU-Kanzlers Helmut Kohl alle Regierungen mit Tricks und Kniffen die amtlichen Zahlen nach Kräften geschönt haben. In großem Einfallsreichtum schuf die Politik fragwürdige Arbeitsmarktprogramme, die oft auch das Ziel verfolgten, die Statistik kräftig aufzubessern. Außerdem gibt es 625.000 Menschen, die zur "stillen Reserve" gerechnet werden, weil sie sich, frustriert über ihre schlechten Vermittlungschancen, erst gar nicht bei den Arbeitsagenturen melden.

Zähle man alles zusammen, so sagt Joachim Möller, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), "kommt man in Deutschland auf gut fünf Millionen Menschen, die gerne arbeiten würden". Das sind gut 1,5 Millionen mehr als in der amtlichen Statistik. Nur scheinbar hat alles seine Ordnung. Denn neben den offiziell arbeitslos Gemeldeten gibt es viele, die in sogenannten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen stecken, die also keinen richtigen Job haben. Sie gelten aber nicht als arbeitslos, weil sie staatlich gefördert werden und deshalb momentan auf dem Arbeitsmarkt nicht einsetzbar sind.

Wer einen Zuschuss bekommt, um eine Firma zu gründen, oder wer eine Weiterbildung auf Staatskosten macht, der fällt aus der Statistik - obwohl er sich wahrscheinlich als arbeitslos begreift. Das gilt ebenso für Ein-Euro-Jobber, die in Parkanlagen Wege bauen. Auch Leute, die in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) Stadtchroniken schreiben, tauchen in den offiziellen Zahlen nicht auf.

Selbst wer an einer Trainingsmaßnahme teilnimmt oder als Leiharbeiter bei einer Personal-Service-Agentur eingestellt wird, fällt aus dem Zahlenwerk heraus. Zusammen geht es um mehr als eine Million Menschen: Im April gab es laut der Bundesagentur 300.000 Ein-Euro-Jobber, fast 200.000 Menschen wurden vom Staat beim Weg in die Selbständigkeit unterstützt, 246.000 waren in einer Qualifizierungsmaßnahme und gut 300.000 nutzten die staatlich geförderte Altersteilzeit oder waren Arbeitslose im Vorruhestand.

Die statistischen Tricksereien haben Tradition in Deutschland. Sie sind ein Akt der Wählertäuschung, gelten aber als eine Art politisches Kavaliersdelikt. Das vermutlich dreisteste Beispiel stammt aus dem Jahr 1986. Damals regierte Helmut Kohl im dritten Jahr. 1987 stand die nächste Bundestagswahl an, in den Vorjahren war die Arbeitslosigkeit sprunghaft gestiegen - von 3,8 Prozent (1980) auf 9,3 Prozent (1985). Da beschloss die Regierung im Januar 1986 kurzerhand, dass über 58-Jährige künftig leichter Arbeitslosengeld bekommen sollten. Die Älteren müssten nicht einmal mehr einen zumutbaren Job annehmen - trotzdem sollten sie Unterstützung beziehen.

Eine Großzügigkeit, die sich auch für die Regierung auszahlte: Fortan wurden die Betroffenen wegen fehlender Verfügbarkeit auch nicht mehr als Erwerbslose erfasst. Diese sogenannte 58er-Regelung förderte in der Folge massiv den Frühverrentungstrend in deutschen Betrieben. Bis heute verzerrt sie zudem die Statistik: Derzeit nutzen laut Bundesagentur noch etwa 400.000 Menschen die Regelung.

Die nächste Beschönigungs-Operation unternahm die Kohl-Regierung im Frühjahr vor der Bundestagswahl 1998, die Arbeitslosigkeit im vereinigten Deutschland war auf über zwölf Prozent gestiegen. Prompt verkündete Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) ein 600 Millionen Mark schweres Arbeitsmarkt-Sonderprogramm für 100000 neue Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - schon sah die Statistik wieder hübscher aus.

Aber auch Rot-Grün widerstand der Versuchung nicht. Die Regierung von Gerhard Schröder (SPD) sorgte dafür, dass seit Anfang 2004 Teilnehmer von Trainingsmaßnahmen nicht mehr im Zahlenwerk berücksichtigt werden. Im Februar 2004 senkte das die Arbeitslosenzahl auf einen Schlag um 89000.

Mit den Hartz-Gesetzen sorgte die rot-grüne Koalition später allerdings auch für mehr Ehrlichkeit in der Statistik. Seit Anfang 2005 tauchen beispielsweise frühere Sozialhilfeempfänger in den Daten auf, die vorher nicht eingerechnet waren. Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II werden nun alle Menschen erfasst, die arbeitsfähig sind.

Den Effekt dieser Neuordnung hatten Schröder und die Seinen kräftig unterschätzt. So war der Schrecken groß, als die Arbeitslosenzahl im Januar 2005 erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg auf mehr als fünf Millionen stieg. Der frühere Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) setzte sogar noch eins drauf: Er räumte damals ein, dass - wenn man auch die Betroffenen in Ausbildungs- und Förderprogrammen und im Vorruhestand mitzähle - etwa 6,5 Millionen Menschen in Deutschland "gravierende Probleme am Arbeitsmarkt" hätten. Von Vollbeschäftigung traute sich damals lange Zeit niemand mehr zu sprechen.

Das tun die Großkoalitionäre nun umso eifriger. Dabei widerstanden auch sie der Versuchung nicht, die Zahlen schöner zu machen, als sie in Wirklichkeit sind. Das zeigt sich konkret am Umgang mit der Blümschen 58er-Regelung. Anfang des Jahres haben SPD und Union dieses Frühverrentungs-Programm zwar eingedämmt.

Grundsätzlich können Ältere sich jetzt nicht mehr ohne Weiteres einer Vermittlung entziehen und trotzdem Hilfe bekommen. Konsequent war die Koalition aber nicht: Auch künftig fallen nämlich ältere Langzeitarbeitslose aus der Statistik, wenn ihnen innerhalb eines Jahres kein konkretes Job-Angebot gemacht werden kann. Ein halbherziger Schritt. IAB-Direktor Möller sagt dazu: "Das sind Entscheidungen, die ich nicht nachvollziehen kann. Da wird in der Tat an der Statistikschraube gedreht." Das weiß natürlich auch Arbeitsminister Scholz. Darüber wird er an diesem Donnerstag aber bestimmt nicht sprechen.

Quote

27.05.2008 08:34:37

toybox: Eine Meldung mit einem langen Bart

Das ist das erste was mir dabei eingefallen ist. Die Meldung ist nicht neu, das wissen darum ist nicht neu. Schon im April hat Frontal 21 einen TV Bericht dazu gemacht und hat da sogar alles schön aufgebröselt, wie die realen Arbeitsmarktdaten aussehen.

Wenn man nämlich die 58er wieder mit einrechnet, die ALG2 - Leute, jene die in irgendwelchen Maßnahmen ihre Runde drehen, dann noch solche die sich erst gar nicht Arbeitslos melden usw. usf., dann kommen wir locker wieder auf die 5 Millionen Arbeitslose. Wir reden hier wahrscheinlich über ca. 10 Ausschlusskriterien, die einen Arbeitslosen zu einem nicht Arbeitslosen machen und damit aus der Statistik raus halten.

Aber wie auch das ZDF, werden auch alle andere Medien, die dieses Thema schon einmal aufgegriffen haben (sie liebe SZ, sind nicht die ersten - Fo*us schon im Januar), an der diese mysteriösen Amnesie leiden, wenn nächsten Monat die neuen Arbeitsmarkdaten veröffentlicht werden. Dann werden auch sie wieder Jubeln. Keiner wird Fragen wie sich die Statistik über die Jahre verschoben hat - wieviele Menschen von ALG1 ins ALG2 gerutscht sind.

Was hatte ich mal über diese Arbeitslosenstatistik gelesen... Eine Statistik, die so frisiert ist, das selbst Udo Waltz stolz drauf wäre.



Quote

26.05.2008 18:53:13

carlcomma: Machen Sie mal als Unternehmer in der freien Wirtschaft falsche Angaben zu Ihrem Unternehmen - sie finden sich vor der Staatsanwaltschaft wieder - als Beklagter...


Quote

26.05.2008 18:51:42

AckiTrain:

Noch eine kleine Ergänzung:

[...] Auch der Blick auf das Unwesen der so genannten Beschäftigungsgesellschaften würde sich lohnen.

Ich kann mich noch einigermaßen gut erinnern, als Ende der 70er die Welt unterzugehen drohte, weil die Arbeitslosigkeit bei 1 Million lag. Heute tanzen Politiker vor Freude ums Feuer, wenn geschönte 3,4 Millionen vermeldet werden.


Quote26.05.2008 18:14:47
rellama:

Die Kohlschen blühenden Landschaften gab es lange vor ihm. Die böhmischen Dörfer...




Aus: "Geschönte Arbeitslosenzahlen: Seit Kohl wurde getrickst" Von Nina Bovensiepen und Sibylle Haas
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/230/176695/4/



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Immer weniger Bürger verdienen ihr Geld in einem klassischen Vollzeitjob. Die Zahl der normalen Arbeitsverhältnisse ist in den vergangenen zehn Jahren um 1,53 Millionen gesunken. Neue Beschäftigungsformen wie Minijobs und Zeitarbeit nehmen dagegen stark zu. ...

Immer mehr Menschen in Deutschland sind befristet beschäftigt, arbeiten in Teilzeit oder als Leiharbeiter. Die Zahl der "atypischen Beschäftigungsverhältnisse" sei zwischen 1997 und 2007 um 2,58 Millionen auf 7,68 Millionen gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit.

...

Quote

10.09.2008 08:11:12

Gänseliesel:

Immer wieder erstaunlich, dass logische und damit zu erwartende Konsequenzen politischer Entscheidungen immer so mit Überraschung und mit starker Verzögerung von der Presse und diversen Einrichtungen wahrgenommen werden.

Wer hat denn ernsthaft geglaubt, dass durch die Einführung von Zeitarbeit und Minijobs die Arbeit tatsächlich mehr werden würde?

Während die Automatisierung weiter voranschreitet.

Während die Billiglohnkonkurrenz aus anderen Ländern immer noch stark ist.

Während von Aktionären weiter die Senkung der Kosten gefordert wird.

Während diese Senkung der Kosten von den Vorständlern immer mit Senkung der Personalkosten gleichgesetzt wird.

...




Aus: "Arbeitsmarkt - Mehr Jobs, weniger Sicherheit" Von Nina Bovensiepen (10.09.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/615/309551/text/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] September 03, 2005
Being Poor

Being poor is knowing exactly how much everything costs.

Being poor is getting angry at your kids for asking for all the crap they see on TV.

Being poor is having to keep buying $800 cars because they're what you can afford, and then having the cars break down on you, because there's not an $800 car in America that's worth a damn.

Being poor is hoping the toothache goes away.

Being poor is knowing your kid goes to friends' houses but never has friends over to yours.

Being poor is going to the restroom before you get in the school lunch line so your friends will be ahead of you and won't hear you say "I get free lunch" when you get to the cashier.

Being poor is living next to the freeway.

Being poor is coming back to the car with your children in the back seat, clutching that box of Raisin Bran you just bought and trying to think of a way to make the kids understand that the box has to last.

Being poor is wondering if your well-off sibling is lying when he says he doesn't mind when you ask for help.

Being poor is off-brand toys.

Being poor is a heater in only one room of the house.

Being poor is knowing you can't leave $5 on the coffee table when your friends are around.

Being poor is hoping your kids don't have a growth spurt.

Being poor is stealing meat from the store, frying it up before your mom gets home and then telling her she doesn't have make dinner tonight because you're not hungry anyway.

Being poor is Goodwill underwear.

Being poor is not enough space for everyone who lives with you.

Being poor is feeling the glued soles tear off your supermarket shoes when you run around the playground.

Being poor is your kid's school being the one with the 15-year-old textbooks and no air conditioning.

Being poor is thinking $8 an hour is a really good deal.

Being poor is relying on people who don't give a damn about you.

Being poor is an overnight shift under florescent lights.

Being poor is finding the letter your mom wrote to your dad, begging him for the child support.

Being poor is a bathtub you have to empty into the toilet.

Being poor is stopping the car to take a lamp from a stranger's trash.

Being poor is making lunch for your kid when a cockroach skitters over the bread, and you looking over to see if your kid saw.

Being poor is believing a GED actually makes a goddamned difference.

Being poor is people angry at you just for walking around in the mall.

Being poor is not taking the job because you can't find someone you trust to watch your kids.

Being poor is the police busting into the apartment right next to yours.

Being poor is not talking to that girl because she'll probably just laugh at your clothes.

Being poor is hoping you'll be invited for dinner.

Being poor is a sidewalk with lots of brown glass on it.

Being poor is people thinking they know something about you by the way you talk.

Being poor is needing that 35-cent raise.

Being poor is your kid's teacher assuming you don't have any books in your home.

Being poor is six dollars short on the utility bill and no way to close the gap.

Being poor is crying when you drop the mac and cheese on the floor.

Being poor is knowing you work as hard as anyone, anywhere.

Being poor is people surprised to discover you're not actually stupid.

Being poor is people surprised to discover you're not actually lazy.

Being poor is a six-hour wait in an emergency room with a sick child asleep on your lap.

Being poor is never buying anything someone else hasn't bought first.

Being poor is picking the 10 cent ramen instead of the 12 cent ramen because that's two extra packages for every dollar.

Being poor is having to live with choices you didn't know you made when you were 14 years old.

Being poor is getting tired of people wanting you to be grateful.

Being poor is knowing you're being judged.

Being poor is a box of crayons and a $1 coloring book from a community center Santa.

Being poor is checking the coin return slot of every soda machine you go by.

Being poor is deciding that it's all right to base a relationship on shelter.

Being poor is knowing you really shouldn't spend that buck on a Lotto ticket.

Being poor is hoping the register lady will spot you the dime.

Being poor is feeling helpless when your child makes the same mistakes you did, and won't listen to you beg them against doing so.

Being poor is a cough that doesn't go away.

Being poor is making sure you don't spill on the couch, just in case you have to give it back before the lease is up.

Being poor is a $200 paycheck advance from a company that takes $250 when the paycheck comes in.

Being poor is four years of night classes for an Associates of Art degree.

Being poor is a lumpy futon bed.

Being poor is knowing where the shelter is.

Being poor is people who have never been poor wondering why you choose to be so.

Being poor is knowing how hard it is to stop being poor.

Being poor is seeing how few options you have.

Being poor is running in place.

Being poor is people wondering why you didn't leave.

Quote
QuoteIlona | September 3, 2005 09:07 AM

Being poor is fighting with someone you love because they misplaced a $15 dollar check.

Being poor is stealing wood from Wal-Mart parking lot because it's cold and you have no money to buy some.

Being poor is a sick, dreadful feeling of your stomach dropping out when the phone rings, because you know it's a bill collector and you know you'll pick it up anyway on a one in a million chance someone does want to hire you.

Being poor is laying down because it hurts to breathe and you are pregnant, but you can't afford to go to the hospital.

Being poor is crying when $50 bill you didn't expect gets taken from your paycheck.

Being poor is knowing exactly how many hours and minutes you'll have to work extra to make up for that bill.

Being poor is knowing that no matter how hard and how much you work, you still can't cover it all.

Being poor means never forgeting that the bills aren't paid.

QuoteJulia | September 3, 2005 09:53 AM

Thanks for this blog, and this post.

Being poor means that you're the richest person in your family when you're a grad student.

Being poor means being grateful that you're living paycheck to paycheck.

Being poor means knowing viscerally the difference between poverty and struggling middle class.

Growing up poor means you feel guilty when you escape, because your siblings didn't.



QuoteAmanda Miller | September 3, 2005 09:57 AM

Being poor means saving the plastic containers and jars from yogurt or spaghetti sauce so you can take milk with you to school in your lunch after they lower the income limit for free lunches and your mom makes $3 more than the limit.


QuoteJames Goodman | September 3, 2005 10:03 AM

Being poor is knowing that commodity cheese tastes like heaven on an empty stomach.

Being poor is catching a beating because you fell through the rotting floor of the bedroom of your trailer. Your brother is already sick and even with the bard nailed over the hole, it's letting cold air in.

Being poor is getting your school clothes from the trunk of a community outreach car and hope they fit better than last years.

Being poor is choosing between the lesser of two evils and not realizing it.

Being poor is having a few books, but none of them with covers.

Being poor is having sheets for curtains.

Being poor is wishing the sheet that separates your bed from the rest of the kitchen was dark enough not to let the light shine through.

Being poor is a motivator to never be as poor as your parents.

Being poor makes you appreciate everything you've earned.

Being poor gives you the ability to look at supporting your still poor mother as an honor not a burden.

Being poor is looking back and wondering how you survived.

Being poor is worrying that someday you will wake up, find yourself lying beneath a blanket in the back of that station wagon and realizing that your escape and rise was just a dream.


QuoteCece | September 3, 2005 10:06 AM

Being poor means swallowing your pride and walking into the food stamp office because you don't want your kids to go hungry, then sitting there smiling, while some social worker (gleefully) humiliates you as she goes over your application.


Quoteadamsj | September 3, 2005 10:18 AM

Takes me back:


Being poor is a month with 28 spaghetti dinners, 2 invitations over to eat, and a day without.


Being poor is carrying your fiancee to the hospital to miscarry, then using their phone to call around for someone to take you back home, since there aren't beds for Medicare patients.


Being poor is wondering what sort of fool drops a penny on the ground and doesn't pick it up.


Quotebellatrys | September 3, 2005 10:41 AM

Being poor is wondering what to say when your friends ask you to join them for coffee in the campus coffee shop, and you can't because you thought you had a couple bucks cash but you must have left it in your coat at home, and so you have to use all the change you dug up from under the seat for gas to get home after classes.

Because of course you can't afford to *live* on campus...


Quotedel | September 3, 2005 11:03 AM

Being poor is getting up at six-thirty to walk to work because you don't have money for the bus.

Being poor is buying the 25 cent loaf of bread at the grocery store and making it last for lunch and dinner.

Being poor is pretending to any major, religion or career interest to get free pizza on campus.

Being poor is not being able to afford clothes from Goodwill.


QuoteAnonymous | September 3, 2005 11:04 AM

Being poor means dreading getting a Christmas present from the Fireman's Charity, because you'll end up on TV and everybody at school will find out.


QuoteGeorgiana | September 3, 2005 11:09 AM

Being poor is wearing the same dress to school every day for four months, then getting "new" clothes from the church for Christmas and changing your clothes three times in one day because you can.

Thank you John.


QuoteC.J. | September 3, 2005 12:32 PM

Being poor means watching your disabled child get worse and worse because you can't afford the therapies.

...


QuoteEl | September 3, 2005 12:40 PM

Being poor is feeling ashamed when your 'peers' slam WalMart, and talk about buying organic, and the horrors of driving gass-guzzling cars, all while wondering why you repeatedly find ways to not join them at $15/plate social dinners.

Being poor is avoiding spending time with people you care about, because you don't want to have to answer "how are you doing?".


QuotePiscusFiche | September 3, 2005 12:42 PM

...

Being poor is having to explain to your friends why all the food in your house has a welfare organisations logo on the packaging.

Being poor is having your best friend's mother compliment her for hanging out with you--shows good moral fiber, don't you know.

Being poor is having your mum scrimp and save to get you the latest "in" thing, just as it goes out of style. (But you wear it anyway, so she doesn't feel bad, and then all the kids at school make fun of you.)

Being poor is being the family that everybody knows it's okay to pick on.

Being poor is having your house egged and a firecracker tossed through your front door because some kid thought it was funny.

Being poor is losing your special lunch card and seeing the snotty kid across the street find it, chop it up with scissors, and return the pieces to you.

Being poor is getting one box of sugar cereal on your birthday, and a package of chocolate mix for Xmas.

Being poor is one meal a day, if that.

Being poor is worrying about appendicitis every time you ovulate.

Being poor means going to a church school on a Pell grant and trying to get your associate degree in one year, because you know your sibs are close on your tail, and your family has barely enough money to send you.

Being poor means even with a scholarship, you can't go to Art Center.

(Granted, these are all a little less than universal, but this entry called up some of these old memories.)


QuoteThel | September 3, 2005 12:53 PM

Being poor is offering to "go buy a soda" for your visiting sister-in-law, knowing already that you'll have to use your EBT (food stamp) card to get it and hear the woman in line behind you cluck at you and lecture you on what a horrible person you are to use "her tax dollars" on a frivolous soda.


QuoteAnne O'Nymous | September 3, 2005 01:12 PM

Being poor is feeling like a failure every time you and your father discuss your "financial restructuring" because neither of you wants to say the word "bankruptcy."

Being poor is obviously your fault, even though the biggest, fattest reason you had to file bankruptcy in the first place was because your husband frivolously got cancer while laid off. How silly of him! And then he couldn't find a new job until he was done with treatment because oddly, employers are shy of hiring bald, vomiting people with IV ports taped into their arms.

Being poor is being horrified when you see a very young person from your area with an arm, neck, or hand tattoo, not because corporate America generally bans such things... but because fast-food and retail America does, too.

Being poor is being bumped by somebody carrying a Prada tote bag on your way to pick up your paycheck... and instantly realizing, without having to calculate, that in terms of actual cash value, the tote bag is worth far more than the paycheck.


Quotebadgerbag | September 3, 2005 01:27 PM

Being poor is always stealing toilet paper and tampons.


Quotemythago | September 3, 2005 01:34 PM

Being poor means selling blood plasma and signing up for every medical experiment they'll let you into, and breezing past the disclaimer form because, really, are you going to give up $100 just because you may be risking injury or death from whatever they're giving you?


Quotechris | September 3, 2005 02:13 PM

Not being poor is doing your homework locked in your room while your mom goes out to buy whiskey and your dad doesnt give a shit that you are alive.


QuoteMe | September 3, 2005 02:37 PM

Being poor is not having sex because you can't afford birth control and you're smart enough to not get pregnant


QuotePenny | September 3, 2005 02:47 PM

Poor never seems to leave us completely. No matter what we do or have done, we will always be haunted by the tears and shame of poverty. The worst part: even if our kids escape, THEY REMEMBER forever.

...


QuoteL337 | September 3, 2005 02:51 PM

Being poor is having someone tell you that if you own _____ (A car, a TV, a bed) then you really aren't poor, & realizing they're either stupid, or worse off than you


QuoteDirty | September 3, 2005 02:54 PM

Being poor means you aren't truly hungry until the third day without food.


QuoteAnon | September 3, 2005 03:04 PM

Being poor is throwing up six times a day because you are pregnant and don't have health care.

Being poor means that you can't even scrape together enough change to ride the bus to the neonatal clinic, and it's the middle of summer and too far to walk.

Being poor means pondering an abortion because you know everybody around you is equally strapped for cash, you only get one meal a day, and you don't see that changing in the immediate future.

Being poor means after much tears and thought, when you finally decide to have the abortion, you have to borrow the money to get it done.

Being poor means that if you'd kept the baby, some rich people would accuse you of abusing the welfare system.

Being poor means that by getting the abortion, some rich people accuse you of murder.

Being poor means weeks of crying and hating yourself.


Quotetheman | September 3, 2005 03:04 PM

being poor is feeling all the eyes judging you, measuring you, and coming to the conclusion that you don't belong; when all you want is to be away in the comfortable place you don't have.

being poor is never to be introduced in a non-condescendent way.

being poor is spending the money your parents and brother saved to go to find work in new york, as everybody's hero; and crying over the phone saying everything is fine.

being poor is seeing your parents work a month to make what converts to five hundred dollars. and support a family with that, and dream.

being poor is being exploited by rich people while you smile, not to be fired.

being poor is not having the dollars to buy your freedom.

being poor is mom and dad being humiliated saturday and sunday to pay your failed attempt at the american dream, because first you're not american, second you are not rich, third you are not america educated, and all those dollar-master slavering world wonderpeople can tell you, making fun, is: born in the wrong country pal, hahaha.

...


QuoteJoanne | September 3, 2005 03:17 PM

Being poor (or having been poor) means you know that if there is a devistating economic crisis, you will know how to survive when those who never were poor are paralized with fear. Being poor is knowing you are strong and resourceful.


QuoteAnonymous | September 3, 2005 03:24 PM

For too many Americans who should know better, being poor is your own damn fault.


QuoteStand4Democracy | September 3, 2005 03:39 PM

Being poor means realizing that lady they just interviewed on TV at the Superdome is just like you -- even though we both thought we were middle class.
Being poor is knowing that neither one of us matters at all to America anymore.


Quoteotherdeb | September 3, 2005 03:49 PM

Being poor is being downsized at 50 or older and having to take a job at 1/3 of what you used to make because after hundreds of interviews it's the only job offered.

Being poor is having to commute two hours each way by public transit to a job that is 4 hours a day and pays minimum wage.

Being poor is feeling useless because all your life you were taught to pull your own weight and now you can't.

Being poor is wondering why the heck you have to start all over again yet again.


QuoteWhatTheHellWuzYerPoint? | September 3, 2005 04:15 PM

> being poor does not allow you to wear big football jerseys and shoot people.

No, you've got to join the Army to do that.

Strangely, most recruits in the Army come from very poor areas.


Quoteannonymous | September 3, 2005 04:24 PM

Takes a deep breath.

Not trying to flame, it's just that I truly don't understand how listing the bad bahavior of some poor people mitigates any of the discussion here. I mean, so what?

The fact that a poor person has committed a crime doesn't make them any less poor. That a poor person can also be an asshole, or a wife-beater, or a Republican voter doesn't makes the fact of their poverty any less.


QuoteMagenta Griffith | September 3, 2005 04:37 PM

Memories of poverty last your whole life, and affect your whole life.

I was quite poor in my twenties. I managed to get through college, the state university when it was still heavily subsidized.

Poverty is checking your college textbooks out of the library because you can't afford to buy them.

Poverty is walking everywhere, and feeling far less poor when you find a bike for $10. And ride that bike 12 months a year in Minnesota.

Poverty is never going to the movies.

Poverty is never eating meals out. Poverty is peanut butter sandwiches, every day.

I still use tea-bags twice. I won't eat ramen, because I ate far too much for too long. I consider myself well-off because I have a lot of books and I never skip a meal. I know exactly how much things cost, and shop at two supermarkets because one has cheaper prices on produce and meat, and the other has cheaper canned goods. And I know the usual price of everything I buy on a regular basis, so I know whether the "sale" price is really a good deal.

And when it is, I stock up, just in case.


QuoteMike Cane | September 3, 2005 08:54 PM

Being poor is turning off the ringer on the phone to avoid the bill collectors -- and then calling the temp agency only to find out you missed calls for work from them.

Being poor is losing the phone -- and hoping that the payphone you regularly use isn't vandalized.


QuoteVogelein | September 3, 2005 10:57 PM

-- Being Poor means your mom trying to convince you that Fabric Softener is Cream Rinse because she can't tug the comb through your tangled hair without it.

-- Being Poor means asking your mom for food for Christmas and crying when she gives you a milk crate stuffed with name-brand dry goods.

-- Being Poor means making the milk crate last until February.

-- Being Poor means picking up the telephone and hearing the static buzz of disconnect -- for the third time that year.

-- Being Poor means hearing the oil furnace gutter to a halt in the middle of the night.

-- Being Poor means blankets staplegunned over the plastic wrap on your bedroom window.

-- Being Poor means pining for the twenty-meal-a-week plan you had while you were still in college, which you only got because you busted your ass to get (and keep) every scholarship and grant you heard about.

-- Being Poor means knowing how to wire your muffler back on with a coathanger and a $2.00 part from the hardware store.

-- Being Poor means knowing how to construct furniture out of boards and cinderblocks so that it doesn't look scabby.


*******

-- Being Rich means you finally get to swap your milk crates for real furniture.

-- Being Rich means you get to stop buying the 25-cent mac and cheese -- in favor of canned tuna.

-- Being Rich means all the bills are paid and you still get to order pizza that week -- *and* you tip the driver generously because that poor dude is you.

-- Being Rich means you get to own things not previously owned by other people. Sometimes.

-- Being Rich means not flinching at your friends' wedding invitations because you can finally afford to give them presents.

-- Being Rich means you don't spend every other night in a cold sweat, wondering how the hell you're going to make it to the next paycheck.


******

-- Having Been Poor means you still shop at thrift stores, even when your mom yells at you.

-- Having Been Poor means you refuse to buy a car factory-new as opposed to new-to-you, just on principle.

-- Having Been Poor means paying off the last of your debt makes you happier than you've been in years. Dancing is not optional.

-- Having Been Poor means mocking people who value their brand-name anything over a good deal, especially something on sale for half-off.

God, that was cathartic. John Scalzi, I luuuuuurve you.


....

QuoteJohn Scalzi | September 6, 2005 08:39 AM

We're just short of 350 comments here, many of them long, which is making this page a heck of a download. To keep this page from becoming inaccessible to people with dial-up connections, I'm closing comments here but opening them up in this entry. [http://www.scalzi.com/whatever/003708.html] ...





From: "Being Poor"
Posted by john at September 3, 2005 12:14 AM
Source: http://www.scalzi.com/whatever/003704.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Endstation Tafel - das wird zunehmend für arme Menschen Realität. Bis Ende des Jahres rechnen die Tafeln in Deutschland mit einer Million Bedürftigen, die sie versorgen. Das wäre eine Verdoppelung der Tafel-Armen innerhalb von drei Jahren. Das sagte Gerd Häuser, Vorsitzender des Bundesverbandes "Deutsche Tafel". Bundesweit gibt es zurzeit 795 Tafeln, die nicht mehr für den Verkauf geeignete Lebensmittel an Bedürftige meist gegen den symbolischen Betrag von einem Euro verteilen. Nach Angaben des Vereins wurden 2005 500.000 Menschen versorgt, 2007 waren es 700.000.

Um die Bedürftigen weiterhin angemessen zu versorgen, fordert der Verband mehr Unterstützung von der Bundesregierung. Man brauche vor allem Raum zur Lagerung, Hilfskräfte in den Lagern und Unterstützung bei Lagerhaltungskosten für die mehreren zehntausend Tonnen Lebensmittel, sagte Häuser.


Bundesweit engagieren sich bei den Tafeln rund 35.000 Ehrenamtler sowie 3200 Mini-Jobber, Beschäftige in Förderprogrammen, Angestellte und Zivildienstleistende.



Aus: "Wachsende Armut: Tafeln erwarten eine Million Bedürftige" (17.09.2008)
Zahl der Tafel-Armen in drei Jahren verdoppelt
Quelle: http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/26/0,3672,7380346,00.html

-.-

Quote[...] Berlin -  Der Anteil der Bürger, die als arm oder als armutsbedroht gelten, ist zwischen 2005 und 2006 von 18 auf 16,5 Prozent gesunken, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vom Dienstag. Zugleich habe sich die Schere zwischen hohen und niedrigen Löhnen nicht weiter geöffnet, in Ostdeutschland hat sich der Unterschied sogar verringert. ,,Der Aufschwung und die Arbeitsmarktreformen haben zu mehr Beschäftigung und damit zu weniger Armut und Ungleichheit geführt", begründete DIW-Präsident Klaus Zimmermann die Entwicklung.

Damit hatten 2006 – aktuellere Daten liegen noch nicht vor – 1,2 Millionen Menschen den Sprung in die untere Mittelschicht geschafft. Als arm gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt – das sind bei Alleinstehenden 890 Euro im Monat, bei einem Paar mit zwei Kindern 1871 Euro. Allerdings ist der Anteil der dauerhaft von Armut bedrohten Bürger weiterhin hoch: Mehr als zwölf Prozent leben derzeit mindestens zwei aufeinanderfolgende Jahre in Armut. In den achtziger Jahren waren es lange Zeit nur acht Prozent. Die DIW-Zahlen basieren auf seit Jahrzehnten laufenden Befragungen von 10 000 Haushalten.

Die Studie ist politisch brisant, weil sie die These von Gewerkschaften und der Linkspartei widerlegt, weite Teile der Bevölkerung profitierten von dem seit 2005 laufenden Aufschwung nicht, deshalb seien mehr Umverteilung und Mindestlöhne nötig. Zuletzt hatten prominente SPD-Linke von der Parteispitze eine entsprechende Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik gefordert. ,,Das DIW versucht offensichtlich, das Armutsproblem in Deutschland kleinzureden, um Stimmung gegen Mindestlöhne zu machen", kommentierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Erkenntnisse. Deutschland habe den größten Niedriglohnsektor in Kontinentaleuropa. ,,Die Agenda 2010, ein funktionsfähiger Niedriglohnbereich und eine moderate Lohnentwicklung" sind dagegen für Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt die Ursachen der Entwicklung. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung war im Sommer noch zu dem Schluss gekommen, dass die Armut zunehme. Er basierte allerdings auf Zahlen von 2005.

DIW-Chef Zimmermann sagte, vermutlich werde in den Erhebungen für 2007 und 2008 die Zahl der Armen weiter zurückgehen. Ein wichtiger Grund sei, dass der Anstieg der Sockelarbeitslosigkeit gestoppt sei. Darunter versteht man den Teil der Arbeitslosen, der auch in einem Aufschwung keine Stelle findet. In diesem Konjunkturzyklus wurden erstmals wieder mehr Stellen geschaffen als beim vorherigen Abschwung verloren gegangen waren. Zimmermann warnte vor der Einführung eines Mindestlohns, um die Armut zu bekämpfen. Dies sei ein ,,ineffizientes Instrument", da es den wirklich Bedürftigen nicht helfe. ,,Reguläre Beschäftigung ist auf Dauer die beste Lösung." Dazu müsse die Politik an den Arbeitsmarktreformen festhalten und dafür sorgen, dass es weniger Schulabbrecher und Menschen ohne Berufsabschluss gibt.

Über einen längeren Zeitraum betrachtet haben sich die Haushaltseinkommen aber kaum erhöht. Zwischen 1992 und 2007 stieg das Nettoeinkommen preisbereinigt nur um elf Prozent auf 18 932 Euro – vor allem wegen der Inflation. In der gleichen Spanne sank die Lohnquote – also der Anteil der Beschäftigten am Volkseinkommen – von 72 auf unter 65 Prozent.

Allerdings ist laut DIW der Trend des stetig wachsenden Niedriglohnbereichs ,,erstmals seit vielen Jahren" gestoppt. 2007 arbeiteten 15 Prozent der Menschen für weniger als 7,50 Euro brutto in der Stunde. Dieser Trend werde wahrscheinlich anhalten, wenn auch die Beschäftigung weiter zunehme, erwarten die Berliner Ökonomen.




Aus: "Studie: Mehr Wachstum - weniger Armut" (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 17.09.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Armut-Studie;art271,2615952

-.-

Quote[...]

Quote

16.09.2008 17:20:05

Elynitthria: Spitzen Studie

Kann man mir bitte noch sagen von welchem Planeten die ist?


Quote

16.09.2008 17:16:05

doors: Ich denke mal

dass wieder Wahlen anstehen - oder irre ich mich da???


Quote

16.09.2008 17:48:53

GromII:

Was diese lustige Studie auch verschweigt, seit 1990 bis heute +2 Mio. Menschen welche von ihrem Lohn nicht mehr leben können und sogenannte Aufstocker sind, -2,5 Mio. Vollzeitbeschäftigte mit unbefristeten Verträgen, +30% Kinderarmut, Einkommenszuwachs Reiche +11%, Arme und Mittelschicht -13%, Anteil am Volksvermögen Reiche +16%, Mittelschicht und Arme -14%, immer weiter auseinanderdriftende Schere zwischen Arm und Reich, Auflösungserscheiniúngen des Mittelstandes usw.

Durch das Weglassen interesanter Daten lässt sich eine jede Statistik schönlügen.


Quote16.09.2008  17:53:16

Lobby-Boy: Immer mehr Dummschwätzer in den gelenkten Medien..

Wir haben die im internationalen Maßstab normalen (US)Verhältnisse - Arbeitslose leben im Elend, Arbeiter und kleine Angestellte rackern sich für einen Hungerlohn ab u. werden immer mehr von Krankenversicherung u. Rente abgekoppelt. Die Oberschicht plündert mit Hilfe der Regierung den Staat aus. Über allem schwebt dann abgehoben Prof.(Un)Sinn & Co u. schwafelt uns voll ! ...


Quote

16.09.2008 18:27:22

JPduMosch:

- Immer weniger Menschen leben in Armut. -

jau, ein schlafplatz im park ist eben längst luxus. und vom flaschenpfand leben - überlegt mal - 8 cent pro flasche, kinder, dafür strickt man in china mindestens zweihundert tommy hilfiger pullis. ganz klar, die harten zeiten sind vergangenheit. michelland erlebt den aufschwung. herrlich. also dann lasst uns die wenigen verblieben armen doch bitte im museum ausstellen. zur erinnerung an schlechte zeiten. so für schulklassenbesuche und so. lmao.


Quote

16.09.2008 18:25:22

lorbas_ge: soso 2006 - ist ja top aktuell

dann dürfen wir gespannt sein welche zahlen wir für heute im Jahre 2010 erfahren.

der Bericht stimmt mich optimistisch wie nie zuvor - das ist doch mal was positives - das haben wir doch besonders auch der großen koalition und der agenda 2010 zu verdanken.

Da erscheint der erst kürzlich veröffentlichte Bericht darüber, dass mehr als jeder 10 Mensch in unserem schönen Land sein Existenzminimum nur dank staatlicher Transferleistungen erreicht gleich in einem ganz anderen Licht.

Ich freue mich immer wenn ich merke, dass die großen Zeitungsverlage gern auch mal die vom Bundespresseamt in Umlauf gebrachten Meisterleistungen unabhängiger journalistischer Arbeit veröffentlichen :-)

...


Quote

16.09.2008 18:17:59

Hoplit: Jammer Jammer Jammer

Das Gejammere in diesen Foren ist nicht zu ertragen. Anscheinend alles Menschen, die noch nie im Ausland gewesen sind - und wenn, dann wahrscheinlich in irgendeinem Touristenressort. Ich empfehle einen Besuch in Lateinamerika (USA reicht aber eigentlich auch) um mal das AUsmaß des deutschen Sozialstaates klar einschätzen zu können.



Quote

17.09.2008 15:04:46

Parlamentspack: @unbequem

"SandraBeltanes Kommentar entwürdigte Dritte (hier den Autor des Artikels)"

Der Kommentar war in keinster Weise beleidigend und am aller wenigsten entwürdigend, sondern drückte in klaren Worten die Verärgerung der Schreiberin aus.

*Ich hatte das zufällige Vergnügen, den Beitrag kurz zu lesen.

Aber immerhin:

Ich habe hinterfragt, was die Suerdeutsche antreibt, solchen Propagandismus (..den urspr. Artikel) zu drucken!....Ergebnis: Mein Beitrag löste sich direkt in Wohlgefallen auf und war verschwunden.

Für mich ist das Gebaren der Sueddeutschen keine Zensur mehr, sondern gefällige Beihilfe zur Verunglimpfung weiter Bevölkerungsteile. Diese Propaganda hat ein Ausmaß erreicht, dass mich dazu bringt mein Profil zu löschen.

Ich engagiere mich zukünftig weniger in Foren, als mehr aktiv im realen Leben.

Auf wiedersehen.

Quote

17.09.2008 09:50:51

unbequem: @Moderator

"SandraBeltanes Kommentar entwürdigte Dritte (hier den Autor des Artikels)"

Den Kommentar hätte ich schon gern gelesen. Entwürdigend (für sich selbst und die Armen) finde ich den Artikel der Autorin.


Quote

16.09.2008 18:53:32

Demokrat48: Zahlenspiele

Das DIW macht hier Zahlenspielereien. Da im Niedriglohnbereich viele in Arbeit kamen die vorher nicht als Arbeitende geführt wurden, wurde das bedarfsgewichtete Medianeinkommen nach unten verschoben und somit auch der 60 % Satz.

So manipuliert man die Aussagekraft von Statistiken.


Quote

18.09.2008 09:39:01

Kettensprenger: @rain66

Wenn man Ihnen erklären muß, was der Unterschied zwischen arbeitnehmerfreundlichen und arbeitgerberfreundlichen Studien sind, erübrigt sich die Investition meiner Zeit in Ihre Fragen.




Kommentare zu: "Studien des DIW - Immer weniger Menschen leben in Armut " (16.09.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/483/310412/text/?page=1#readcomment


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Rom (AFP) - Mehr als 900 Millionen Menschen weltweit leiden angesichts der gestiegenen Lebensmittelpreise an Hunger. Die Zahl der unterernährten Menschen sei im vergangenen Jahr von 850 auf 925 Millionen gestiegen, sagte FAO-Generaldirektor Jacques Diouf nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa bei einer Anhörung vor zwei italienischen Parlamentsausschüssen. Grund seien die rasant gestiegenen Preise, die 2007 um 24 Prozent zugelegt hätten. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres hätten sich die Nahrungsmittelpreise noch einmal verdoppelt, sagte Diouf.

Es seien deshalb jährlich rund 30 Milliarden Dollar (21 Milliarden Euro) nötig, um die Produktion von Lebensmitteln zu unterstützen und "den Hunger auszumerzen", fügte der FAO-Chef hinzu. Dies sei im Vergleich zu den Rüstungsausgaben oder Landwirtschaftssubventionen ein "ziemlich bescheidener" Betrag. Die Mitgliedsländer der FAO hatten im Juni auf dem Welternährungsgipfel beschlossen, die Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren.




Aus: "Mehr als 900 Millionen Menschen weltweit müssen hungern" (AFP - Mittwoch, 17. September, 13:49 Uhr)
Quelle: http://de.news.yahoo.com/afp/20080917/tpl-uno-fao-lebensmittel-preise-hunger-ee974b3.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Den aktuellen Zahlen zufolge [http://ec.europa.eu/agriculture/markets/freefood/sumimpact_de.pdf] waren im Jahr 2006 in der EU-25 schätzungsweise 43 Millionen Menschen von Ernährungsarmut bedroht. Der prozentuale Anteil an der Bevölkerung reichte von 2 Prozent in Dänemark bis 37 Prozent in der Slowakei. In fünf der zehn neuen Mitgliedstaaten lag der Indikator über 20 Prozent. Kinder aus armen Familien gelten als besonders gefährdet. «Aus ihrer Ernährung können sich künftige gesundheitliche Probleme ergeben, z. B. eine verminderte Entwicklung des Gehirns und verminderte Lernfähigkeit», heißt es in dem Papier der Kommission. «Ältere Menschen leiden häufig unter Fehlernährung. Armut oder Behinderungen haben oft eine inadäquate und unzureichende Ernährung zur Folge.» Außerdem seien Obdachlose eindeutig gefährdet, ebenso wie Asylbewerber und irreguläre Wanderarbeitnehmer, die in den offiziellen Zahlen im Allgemeinen nicht auftauchen. «Aufgrund ihres Status kann es vorkommen, dass ihnen Sozialleistungen vorenthalten bleiben, und in den Suppenküchen machen diese Personen einen großen Anteil der Empfänger aus.» ...

[...] In den 15 Jahren des Bestehens versorgen inzwischen 800 Tafeln hierzulande nach eigenen Angaben nahezu eine Million Menschen mit gespendeten Lebensmitteln. «Dass sich Einrichtungen wie die Tafeln in dieser kurzen Zeit etablieren konnten, zeigt, wie löcherig das soziale Netz geworden ist», resümierte beispielsweise der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutsche Tafel, Gerd Häuser anlässlich der Jahrespressekonferenz in Magdeburg.

QuoteAls sich die ersten Tafeln gegründet haben, ging es noch vorwiegend darum Obdachlosen zu helfen», sagte Häuser. Doch mit den Jahren sei immer deutlicher geworden, wie viele Menschen tatsächlich bedürftig sind: Heute suchen Langzeitarbeitslose sowie Familien mit Kindern, darunter viele Alleinerziehende, die Unterstützung der Tafeln. Zu ihren «Kunden» zählen aber auch Berufstätige und Rentner, deren Einkommen kaum zum Leben reicht. Sie alle sind Empfänger staatlicher Transferleistungen. «Die Tafeln füllen eine größer werdende sozialpolitische Lücke», weiß Häuser. «Dass es sie überhaupt geben muss, ist ein Armutszeugnis für ein nach wie vor reiches Industrieland wie Deutschland.
(Gerd Häuser )

...




Aus: "Suppenküchen ja, aber bitte nicht für alle!" Von Holger Elias (TP, 21.09.2008)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28746/1.html




Textaris(txt*bot)

Quote[...] RENO, Nev. - A few tents cropped up hard by the railroad tracks, pitched by men left with nowhere to go once the emergency winter shelter closed for the summer.

Then others appeared — people who had lost their jobs to the ailing economy, or newcomers who had moved to Reno for work and discovered no one was hiring.

Within weeks, more than 150 people were living in tents big and small, barely a foot apart in a patch of dirt slated to be a parking lot for a campus of shelters Reno is building for its homeless population. Like many other cities, Reno has found itself with a "tent city" — an encampment of people who had nowhere else to go.

From Seattle to Athens, Ga., homeless advocacy groups and city agencies are reporting the most visible rise in homeless encampments in a generation.

Nearly 61 percent of local and state homeless coalitions say they've experienced a rise in homelessness since the foreclosure crisis began in 2007, according to a report by the National Coalition for the Homeless. The group says the problem has worsened since the report's release in April, with foreclosures mounting, gas and food prices rising and the job market tightening.

"It's clear that poverty and homelessness have increased," said Michael Stoops, acting executive director of the coalition. "The economy is in chaos, we're in an unofficial recession and Americans are worried, from the homeless to the middle class, about their future."

The phenomenon of encampments has caught advocacy groups somewhat by surprise, largely because of how quickly they have sprung up.

"What you're seeing is encampments that I haven't seen since the 80s," said Paul Boden, executive director of the Western Regional Advocacy Project, an umbrella group for homeless advocacy organizations in Los Angeles, San Francisco, Oakland, Calif., Portland, Ore. and Seattle.

The relatively tony city of Santa Barbara has given over a parking lot to people who sleep in cars and vans.

The city of Fresno, Calif., is trying to manage several proliferating tent cities, including an encampment where people have made shelters out of scrap wood.

In Portland, Ore., and Seattle, homeless advocacy groups have paired with nonprofits or faith-based groups to manage tent cities as outdoor shelters.

Other cities where tent cities have either appeared or expanded include include Chattanooga, Tenn., San Diego, and Columbus, Ohio.

The Department of Housing and Urban Development recently reported a 12 percent drop in homelessness nationally in two years, from about 754,000 in January 2005 to 666,000 in January 2007. But the 2007 numbers omitted people who previously had been considered homeless — such as those staying with relatives or friends or living in campgrounds or motel rooms for more than a week.

In addition, the housing and economic crisis began soon after HUD's most recent data was compiled.

"The data predates the housing crisis," said Brian Sullivan, a spokesman for HUD. "From the headlines, it might appear that the report is about yesterday. How is the housing situation affecting homelessness? That's a great question. We're still trying to get to that."

In Seattle, which is experiencing a building boom and an influx of affluent professionals in neighborhoods the working class once owned, homeless encampments have been springing up — in remote places to avoid police sweeps.

"What's happening in Seattle is what's happening everywhere else — on steroids," said Tim Harris, executive director of Real Change, an advocacy organization that publishes a weekly newspaper sold by homeless people.

Homeless people and their advocates have organized three tent cities at City Hall in recent months to call attention to the homeless and protest the sweeps — acts of militancy, said Harris, "that we really haven't seen around homeless activism since the early '90s."

In Reno, officials decided to let the tent city be because shelters were already filled.

"What's happening in Seattle is what's happening everywhere else — on steroids," said Tim Harris, executive director of Real Change, an advocacy organization that publishes a weekly newspaper sold by homeless people.

Homeless people and their advocates have organized three tent cities at City Hall in recent months to call attention to the homeless and protest the sweeps — acts of militancy, said Harris, "that we really haven't seen around homeless activism since the early '90s."

In Reno, officials decided to let the tent city be because shelters were already filled."



From: "In hard times, tent cities rise across the country" (4:36 p.m. ET Sept. 18, 2008)
Since foreclosure mess, homeless advocates report rise in encampments
Source: http://www.msnbc.msn.com/id/26776283/

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Quote[...] Die Sonne über Kalifornien sorgt für angenehme Temperaturen. Herb duftende Holzspäne bedecken den Boden. Darauf stehen in Reih und Glied 149 grün-weiße Polyesterzelte, fabrikneu. Ein Campingplatz? Das Idyll trügt. Alle zehn Minuten peitscht ein startender Jet über den kargen Staubplatz. Erholung findet hier sowieso niemand.

Das Lager ist eine staatliche Reaktion auf eine wild wuchernde Zeltstadt, die sich in den letzten Monaten am Stadtrand von Los Angeles ausgebreitet hat. Zeitweise 600 Frauen, Männer und Kinder hausten dort zwischen Gleisen und streunenden Hunden, Bergen von Abfall und klapprigen Möbeln. Jetzt wurde daneben eine zweite, offizielle Zeltstadt errichtet. Die Menschen, die hier leben, gehören zu den Millionen zahlungsunfähiger US-Familien, deren Häuser im Zug der aktuellen Finanzkrise zwangsversteigert werden. Der Staat weiß keine Antwort auf ihre Probleme; alles, was er zu bieten hat, sind notdürftige Unterkünfte – und das mitten in den USA.

Ein Fall unter vielen: der Gabelstaplerfahrer David James. Er brach sich in North Carolina die rechte Wade. Versichert war er nicht, Spital- und Arztkosten beliefen sich auf 40000 Dollar. Das Haus des 52-Jährigen wurde versteigert. Sein Geld reichte noch für ein Busticket nach Kalifornien. Ein von der Ortsverwaltung ausgestellter Ausweis verschafft ihm nun Zutritt zum Zeltcamp. Er duscht unter freiem Himmel, kocht auf offenem Feuer, betreibt den Fernseher mit einer Autobatterie. Zwischen zehn Uhr nachts und sechs Uhr früh muss er im Zelt sein.

Und noch etwas teilt James mit den anderen Menschen hier: das völlige Fehlen realistischer Aussichten. Denn einen neuen Job zu finden ist fast unmöglich, wenn man auf die Frage nach dem Wohnort nur ein Zelt nennen kann. »Amerika erlebt die größte Wohnungsnot der Geschichte«, sagt der Obdachlosen-Aktivist David Busch. Weitere amerikanische Städte wollen das Los-Angeles-Modell nun übernehmen.




Aus: "Zeltstadt vor Los Angeles" (Wirtschaft/Finanzen, Heft 25/2008)
Quelle: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/25170



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Immer mehr Menschen auf der Erde haben nicht ausreichend zu essen. Die Zahl der Hungernden stieg innerhalb eines Jahres weltweit von 848 auf 923 Millionen Menschen, wie die Deutsche Welthungerhilfe und das Forschungsinstitut für Ernährungspolitik (IFPRI) aus Anlass des Welt-Ernährungstages am 16. Oktober mitteilten.

In 33 der 88 untersuchten Ländern herrsche eine "sehr ernste" oder "gravierende" Hungersituation, geht aus dem Welthunger-Index 2008 hervor. Am schlimmsten sei die Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Eritrea, Burundi, Niger und Sierra Leone. Unter den Regionen steht Afrika südlich der Sahara am schlechtesten da, gefolgt von Südasien.
"Eine Schande für die Menschheit"

Die Vorstandsvorsitzende der Welthungerhilfe, Ingeborg Schäuble, sagte: "Fast eine Milliarde Hungernde sind eine Schande für die Menschheit. Und im Gegensatz zu den Banken sind sie nicht selbst schuld an ihrer Misere." Das allgemeine Umdenken über die Rolle des Staates und der internationalen Gemeinschaft, das durch die Finanzkrise eingesetzt hat, muss sich auch auf die Hungerkrise erstrecken.
Kein wirklicher Fortschritt absehbar

Im Welthunger-Index 2008 wurden erstmals die aktuellen Werte mit denen von 1990 verglichen. Obwohl sich demzufolge die Lage in einigen Regionen in Asien, Nordafrika, Lateinamerika und in Nahost verbessert hat, gebe es "auf breiter Front" keinen Fortschritt in der Hungerbekämpfung, erklärte IFPRI-Direktor Joachim von Braun. "Damit können wir uns nicht abfinden." Die Initiatoren des Welthunger-Indexes forderten deshalb eine Erhöhung der Mittel für die Landwirtschaft in Entwicklungsländern von jährlich mindestens zehn Milliarden Euro sowie die Schaffung fairer Handelsbedingungen.

Mit dem Welthunger-Index lässt sich das weltweite Ausmaß der Unterernährung wissenschaftlich erfassen. Er zeigt die Hungersituation in 88 Entwicklungs- und Schwellenländern. Bewertet werden die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren, der Anteil der Kinder unter fünf Jahren mit Untergewicht sowie der Anteil der Unterernährten an der Gesamtbevölkerung des Landes.


Aus: "Welthungerhilfe schlägt Alarm: Fast eine Milliarde Menschen hungern" (14.10.2008)
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/hunger104.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Es ist angerichtet zur ersten Millionäre Fair auf deutschem Boden, einem Spektakel für Superreiche, das an diesem Wochenende über die Bühne geht. Insgesamt ist es die 16. Auflage der vom Niederländer Yves Gijrath 2002 erfundenen Millionärsmesse. Drei Milliarden Euro sind auf den 15 Vorgängerveranstaltungen angeblich umgesetzt worden, Tendenz steigend. Am besten lief es zuletzt in Moskau, wo der dortige Geldadel für eine halbe Milliarde Euro eingekauft hat. 50.000 Besucher waren gekommen.

In München kalkuliert Gijrath mit 20.000 Messegästen. ,,In Deutschland kann es keinen besseren Ort für eine Millionärsmesse geben" findet er. Hier scheut sich die betuchte Schickeria nicht, ihren Prunk zur Schau zu stellen, hat man ihm erzählt. Auch die finanzielle Basis stimmt. 453 amtlich gezählte Millionäre wohnen in München, weitere 284 Geldadelige sind es in Umlandgemeinden.

Wer ungesehen von Laufkundschaft einkaufen will, wird auf die gut 100 Stände wie den von Caviar House oder der International Butler Academy persönlich eingeladen. Über die Namen von Kunden und teils auch die Preise des Angebots spricht man nicht.

Gut 250 000 Euro per annum müsse man für einen guten Butler schon veranschlagen, ist zu erfahren. Betuchte Wirtschaftsbosse oder reiche Filmstars kämen teils persönlich, teils vertreten durch Geschmacksberater und ähnliche Abgesandte, heißt es.


[...] Vor der Halle demonstriert indessen eine Schar weniger Betuchter unter dem Motto ,,Euer Reich-Tun kotzt uns an" und inszeniert dabei einen Sklavenmarkt. Ein Demonstrant versucht dem Thema ,,Working Poor" Aufmerksamkeit zu verschaffen, also dem um sich greifenden Phänomen, trotz Arbeit arm zu sein. In Halle sechs ist das kein Gesprächsstoff.

...

Quoteh.morun, 19.10.2008

Die wirklich großen?
Wer tummelt sich auf dieser Messe? Die Gebrüder Aldi? Schickedanz? Die BMW Besitzerin? Vermutlich ein Haufen Blondchen auf der Suche nach Ihrem Lebenssinn und Ziel. Einige Mafia Neureichen aus Russland und anderen Kiez Ecken. Einige Sunnyboys (Null-Leasing, Null-Anzahlung). Und viele viele Reporter, die sowas auch noch als Toll vermarkten wollen. Die Bohlens der Nation werden auch da gewesen sein. Sehen und gesehen werden. Für die Unterschichten Unterhalter.




Aus: "Millionärsmesse: Wer hat, der hat" (18.10.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Millionaersmesse;art271,2639019


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Quote[...] Es ist eine bittere Bilanz für den deutschen Sozialstaat: Die Armut ist in der Bundesrepublik seit 1985 stärker gestiegen als in fast allen anderen Industriestaaten. Auch die Ungleichheit bei den Einkommen hat rasant zugenommen, berichtet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer Studie.

Die wachsende Ungleichheit ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung, befindet die Organisation. "Eine höhere Einkommensungleichheit behindert die Aufstiegschancen über Generationen hinweg", erklärte OECD-Generalsekretär Angel Gurria. "Sie macht es für talentierte und hart arbeitende Menschen schwerer, den Lohn zu erhalten, den sie verdienen." Die geringe soziale Mobilität beeinträchtige so die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insgesamt.

[...] Die Studie betrachtet den Zeitraum zwischen 1985 und 2005. In diesen Jahren ist nur in Irland die Armutsquote stärker gestiegen als in der Bundesrepublik. Inzwischen leben hierzulande elf Prozent der Menschen in relativer Armut, so die Forscher. Sie müssen mit weniger als der Hälfte des mittleren Netto-Einkommens zurechtkommen. Für einen Single liegt die Grenze bei 9100 Euro im Jahr.

Die deutsche Armutsquote liegt über dem OECD-Schnitt. Bei den Einkommensunterschieden liegt die Bundesrepublik nur noch knapp darunter.


Aus: "OECD-Studie: Deutschland, Land der Armut" VON EVA ROTH (21.10.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1617010_Deutschland-Land-der-Armut.html

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Quote[...] Vor allem durch einen starken Anstieg der höheren Einkommen seit der Jahrtausendwende sei die Einkommensschere auseinandergeklafft, heißt es in der Studie "Mehr Ungleichheit trotz Wachstum?".


Aus: "OECD-Studie: Deutschland - Land der sozialen Schere" (FTD.de, 21.10.2008)
Quelle: http://www.ftd.de/politik/deutschland/:OECD-Studie-Deutschland-Land-der-sozialen-Schere/428662.html

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Quote[...] Es ist noch nicht lange her, da galt Deutschland als Sinnbild für Wohlstand und sozialen Ausgleich. Anfang der 90er Jahre waren die Einkommen hierzulande so gleichmäßig verteilt wie sonst nur noch in den klassischen skandinavischen Wohlfahrtsstaaten. Armut galt allenfalls als Randerscheinung. Doch dieses Bild hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Armut und Einkommensungleichheit haben in Deutschland deutlich stärker zugenommen als in anderen Industriestaaten.

Belegt wird dies durch eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Sie hat die Entwicklung in den 30 OECD-Ländern zwischen 1985 und 2005 untersucht. Demnach haben Armut und Ungleichheit in dieser Zeit zwar in den meisten Staaten zugenommen. In Deutschland war dieser Trend jedoch besonders stark - vor allem in den Jahren 2000 bis 2005. So lag die Armutsquote, also der Anteil der Personen, die weniger als die Hälfte des mittleren Einkommens haben, im Jahr 2005 in Deutschland sogar mit elf Prozent leicht über dem OECD-Durchschnitt. In Dänemark und Schweden waren es dagegen nur rund fünf Prozent.

Und bei der Einkommensungleichheit kommt Deutschland mittlerweile zumindest nahe an den Durchschnittswert heran (siehe Grafiken). "Trotz anhaltender staatlicher Umverteilung durch Steuern und Transfers erhöhte sich die Kluft zwischen Reich und Arm", heißt es im OECD-Bericht. Dafür gibt es mehrere Gründe:

"Seit 1995 hat die Spreizung der Bruttolöhne und -gehälter in Deutschland um 15 Prozent zugenommen", sagt Michael Förster, einer der Autoren der Studie. Dieser Trend geht vor allem auf steigende Einkommen bei den Top-Verdienern zurück. So sind die Haushaltseinkommen der oberen 20 Prozent zwischen 1995 und 2005 um durchschnittlich 1,3 Prozent pro Jahr gestiegen, während die der unteren 20 Prozent im Schnitt um 0,3 Prozent zurückgingen. Die Zunahme bei den oberen Einkommen wird häufig mit der stärkeren internationalen Konkurrenz um Manager und gut ausgebildete Spezialisten begründet. Dagegen geht der Bedarf für einfache Tätigkeiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt immer stärker zurück.

Die hohe Arbeitslosigkeit hat die Tendenz zu Ungleichheit und Armut in Deutschland klar verstärkt. So ist hier der Anteil der Haushalte, in denen gar niemand erwerbstätig ist, so hoch wie in keinem anderen Land der OECD. Zwischen 1995 und 2005 ist er von 15,2 auf 19,4 Prozent gestiegen - das ist fast jeder fünfte Haushalt, Rentnerhaushalte werden dabei nicht mitgezählt.

[...] Bestimmte Gruppen sind von Armut deutlich stärker betroffen als andere. Laut OECD-Studie hat sich das Armutsrisiko in den vergangenen 20 Jahren generell von den Älteren auf die Jüngeren verlagert. In Deutschland ist dieser Trend besonders ausgeprägt. So ist die Armutsquote bei Menschen über 65 in der Zeit von 1995 bis 2005 stabil bei rund neun Prozent geblieben und liegt damit deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 13 Prozent. Bei Kindern ist die Quote im gleichen Zeitraum von elf auf 16 Prozent nach oben geschnellt.

[...] Dem deutschen Steuer- und Transfersystem fehlt es dagegen nach Meinung der OECD-Forscher an Zielgenauigkeit. Zwar verringere es die Einkommensungleichheit und Armut in durchschnittlichem Maße. Dafür wende Deutschland aber ungewöhnlich viel Geld auf. "Das deutsche System ist mittelschichtenzentriert", sagt Förster. Es ziele zudem auf das klassische Familienbild mit einem Ernährer ab. Deshalb sei Nachdenken gefordert, ob dieses System geeignet sei, auf neue Strukturen zu reagieren.

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Aus: "OECD-Studie: Wer hat, dem wird gegeben" Von Stefan Kaiser (22.10.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Fragen-des-Tages-OECD-Studie;art693,2641967

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Quote[...] Die Ungleichheit wird dabei mit dem statistischen Maß des sogenannten Gini-Koeffizienten gemessen. Zugleich wird die relative Armut betrachtet. Sie gibt an, welcher Anteil der Bevölkerung in Haushalten mit weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens lebt. Im Durchschnitt stieg diese Armutsquote in Deutschland seit 1985 von sechs auf elf Prozent. Bemerkenswert dabei: Während sich der Anteil der Kinder in armen Haushalten während der 20 Jahre mehr als verdoppelte und damit auf 16 Prozent stieg, blieb der Anteil der betroffenen Rentner auf unterdurchschnittlichem Niveau stabil.

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Aus: "OECD-Studie: Wächst die Ungleichheit in Deutschland?" von Dietrich Creutzburg (21.10.2008)
Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/waechst-die-ungleichheit-in-deutschland;2069283

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Quote[...] Eine neue OECD-Studie belegt, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich im Laufe der letzten 20 Jahre geöffnet hat. Auch in der Schweiz ist das Phänomen der «Working Poor» verbreitet. Laut der Studie beeinträchtigt starke Ungleichheit die gesamtwirtschaftliche Leistung.

[...] Für die Industrienationen im allgemeinen belegt der OECD-Bericht aus offizieller Warte, was bisher in der politischen Diskussion viele vermutet haben:

    * Die Kluft zwischen Reich und Arm hat zugenommen. Die Zahl der Armen hat zugenommen. Die Einkommen der Reichen haben im Vergleich zu mittleren und niedrigen Einkommen abgehoben.
    * Alte Leute sind seltener von Armut betroffen als früher. Junge Erwachsene und Familien mit Kindern sind öfter von Armut betroffen. Von Armut besonders betroffen sind alleinerziehende Mütter und ihre Kinder sowie Arbeitslose mit geringer Ausbildung.
    * Arbeit schützt nicht vor Armut: Mehr als die Hälfte der armen Haushalte verfügen über ein oder zwei allerdings unzureichende Arbeitseinkommen.
    * Öffentliche Dienste vermindern die Ungleichheit, weil sie auch Ärmeren den Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen ebnen. Indirekte Steuern (z.B. die Mehrwertsteuer) verstärken die Ungleichheit, weil sie die Armen stärker belasten als die Reichen.

Ungleichheit der Chancen als Risiko

Der OECD-Bericht hält schliesslich ausdrücklich fest, dass Länder mit stärkeren Einkommensunterschieden eine geringere Einkommensmobilität aufweisen. Anders gesagt: Die Söhne verdienen gleich wie ihre Väter – Reich bleibt Reich, und Arme bleibt Arm.

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Aus: "Die Schere öffnet sich: OECD-Studie über Arm und Reich" (21. Oktober 2008)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/die_schere_oeffnet_sich__1.1146727.html

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Quote[...]

QuoteLudBri (21.10.2008, 11:33 Uhr)

Anreize zu gering zur Arbeit

Wenn Sie schreiben:die Arbeitslosigkeit mehr als in den meisten OECD-Ländern zur ungleichen Einkommensverteilung bei, ist das nicht verwunderlich.
Die gleiche OECD schrieb bereits im Vorjahr:Trotz der Einschnitte der Hartz-Reformen liegen die Transferleistungen für Langzeitarbeitslose in Deutschland weiter über dem OECD-Schnitt. Langzeitarbeitslose mit Kindern sind in Deutschland weiter deutlich besser gestellt als in den meisten anderen OECD-Ländern. Dies geht aus der Studie "Benefits and Wages 2007" hervor, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2007 in Paris veröffentlicht hat.
Und jetzt kommen die Krokodilstränen, dass die Schere zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen im Einkommen steigt.
ich weine nicht, ich finde das gut!!


QuoteNursery (21.10.2008, 11:43 Uhr)

Soziale Parteien

Wenn jetzt noch einer überrascht sein sollte ist selbst Schuld.Seit Jahren ist Deutschland abgekoppelt von den anderen Europäischen Ländern.Einmal in der Einkommensentwicklung dann in der Spaltung und was noch viel bedrohlicher ist die Zukunft von Schülern aus Bildungsfernen Schichten. In vielen Skandinavischen Ländern werden Schwache Schüler intensiv gefördert. Das was bei uns hätte in den letzten 20 Jahren an Reformbedarf in Aufwertung und Ausstattung z.B von Hauptschulen und Pädagogischer Neuorientierung hat bei uns nicht stattgefunden.
Es.Wer einmal heute eine Hauptschule besucht kommt zu dem Schluß hier läuft nichts mehr und hier besteht auch kein Bedarf.Hier hat der Staat völlig versagt.Aber auch die Eltern die egoistisch nur ihren Sprößling auf dem Gymnasium sehen wollen haben dazu beigetragen.Denn sie hätten die Kraft und den Druck entwickeln können, diesen Versagern von Ministern zum Teufel zu schicken.jetzt heulen bald alle da keine vernünftig ausgebildeten Fachkräfte mehr am Markt sind.Sie haben alle versagt ohne Ausnahme.Es ist eine Schande für dieses Land das Bildung so einen miesen Sterllenwert hat .Die Rechnung werden wir alle Tragen müssen.


QuoteSternchen2020 (21.10.2008, 11:46 Uhr)

Seit 10 Jahren sinkeden Löhne,

eine Hartz-Reform, die Menschen zwingt jeden erdenklichen Job zu jedem noch so abscheulichem Lohn anzunehmen und keine Festlegung eines sittenwidrigen Lohns durch Fehlen einer nach unten definierten Marge: Die Reichen sind so reich, weil die Armen so arm gemacht wurden. Jeder der Verantwortlichen, der eine "soziale Marktwirtschaft" für sich als Maß aller Dinge in Anspruch nimmt, sollte erst einmal erfahren, was soziale Marktwirtschaft eigentlich ist. Festzustellen bleibt derzeit nur, dass genau diese soziale Marktwirtschaft vorsätzlich durch die Agenda-Politik zerstört wurde.


Quoteganzbaf (21.10.2008, 12:20 Uhr)

Die zwingende Notwendigkeit...


zu einer umfassenden Zurück-Umverteilung (!) läßt sich an praktisch ALLEN Erhebungen und Statistiken zur Einkommes- und Vermögensverteilung der letzten 30 Jahre in Deutschland festmachen.
.
Diesbezüglich sind wir wieder mal die hinterletzen Deppen in Europa )-:

...


Quotedreicon (21.10.2008, 12:22 Uhr)

Thema verfehlt

Wenn man die Kommentare so ansieht, fällt auf, daß die konzertierte Aktion aus (post)neoliberaler Politik (incl. SPD) und Medien tiefgreifenden Erfolg zeitigt. Diskussionen, ob Job oder keiner, Faulheit, Blödheit udgl. sind als Ablenkungsmanöver sehr willkommen. Dabei ist das prinzipielle Problem doch so einfach: Es ist erklärtes Ziel, und wir kommen diesem Tag für Tag näher, daß menschliche Arbeit nicht nur in der Produktion, sondern, und jetzt gerade dort, in der Informationsverarbeitung (=Verwaltung von Wirtschaft und Gesellschaft) substituiert wird. D. h., der Produktionsfaktor Arbeit wird ersatzlos rasant dem Produktionsfaktor Kapital zugeschlagen. So dämmert's jetzt? Keiner, auch nicht die so vollmäulig mit ihrem Arbeitsplatz Prahlenden, weiß/wissen, ob dieser morgen noch Platz in unserem Wirtschaftssystem haben wird. Haben Sie genügend Kapital, um dieses so im Produktionskreislauf investieren zu können, um davon leben zu können? (Das Scheingeld der "Finanzindustrie" scheint sich ja zu verflüchtigen) Wenn nicht, sind sie der (über?)nächste. Garantiert!


QuoteTheHonk (21.10.2008, 12:24 Uhr)

ja.. deutschland ist verarmt..

.. aber überwiegend geistig !


Quotebestoff5 (21.10.2008, 16:04 Uhr)

Schmarotzer

Langsam ist es an der Zeit, auch im Zuge der Finanzkrise, Bilanz zu ziehen und die Frage zu stellen was unsere Gesellschaft auszuhalten in der Lage ist.
Die Hauptschmarotzer dieser Gesellschaft sind dabei noch gar nicht genannt worden,obwohl sie ein vielfaches des Schadens der Finanzkrise Jahr für Jahr verursachen.Das sind die Parteien und ihre im Laufe der Jahre aufgebauten Netzwerke mit Vollkaskoabsicherung,hochbezahlte Postenbeschaffung für Gleichgesinnte,Ausbau der Bürokratie mit Schaffung von immer neuen Ämtern und Verwaltungen,ermöglichen und schaffen von Monopolen(EON,RWE u.a.)zum Nachteil der Bürger usw.,usw.
Diese Liste ließe sich seitenlang fortführen,hat wenig mit Demokratie zu tun und kostet dem Bürger Milliarden und Abermilliarden pro Jahr.


Quotesebale1 (21.10.2008, 18:25 Uhr)

Was tun ?

... und unser Wirtschaftsminister Glos meint, wir brauchen keine gehälterbegrenzungen, wir brauchen keine Konjunkturprogramme, und ... und ... und ...
Schavan hält Studien zurück, die belegen, dass viele aus Kostengründen nicht mehr studieren können ...
Die Deutsche Bank zahlt ihren Investmentbakern > 5 Milliarden Boni ...
neidkultur wird gezielt gesteuert, um Solidarität unter uns "Normalos" zu vermeiden. Alle die arm sind, sind selber schuld - heisst es überall unterschwellig.
Man kann die Liste unbegrenzt fortführen.

...




QuoteSethusCalvisius (21.10.2008, 22:16 Uhr)

Ich warte immer noch

auf die Antwort auf meine Frage, die bereits 2mal hier gestellt habe: Wo sind die 3 Mio Arbeitsplätze, die von unseren Hartz IV-Empfängern mutwillig nicht angenommnen werden? Bitte diese Frage beantworten und erst dann weiter über Sozialschmarotzer stänkern!


Quoteguenti2477 (21.10.2008, 22:49 Uhr)

@sethus

[...] Glauben sie allen ernstes, ich zähle hier jetzt 1,5 Mio Arbeitsstellen auf? Was soll diese Frage? Wer die Grundlagen für einen Beruf nicht hat, wird auch nichts finden. Gute Leute finden Arbeit, wenn sie flexibel sind. Wer auf seiner Couch in Hintertupfingen sitzen bleibt, der wird auch noch Jahre dort sitzen. Ich wohne an der Mosel, einem der größten deutschen Weinbaugebiete. Die Winzer holen sich Polen zum Arbeiten. Nicht wiel die billiger sind, sondern weil man diese brauchen kann. Im letzten Jahr, mussten die Winzer Hartz4ler beschäftigen. Das Ergebnis war eine Erntekatastrophe. Die Winzer haben nun wieder Polen. Solche Leute werden nie was finden.



Quotemanny052 (22.10.2008, 0:49 Uhr)

Nase oben

Ich wünsche allen die Arbeit haben und so geringschätzig auf die ohne Arbeit herabblicken die Pest an den Hals.
Die CSU in Bayern hat ihre Quittung bekommen. Merkel und Konsorten bekommen sie auch. Der Tag wird kommen an dem Euch ewigen Lügnern in Bezug auf Arbeitslosenzahlen und freien Arbeitsplätzen das Lachen und dumme dahergerede vergeht.


Quoteguenti2477 (21.10.2008, 22:27 Uhr)

@sethvus

Grundsätzlich gibt es dafür folgende Rechnung:
Man zieht von Ihrer Rechnung Rentner, Alleinerziehende, Behinderte, Kranke, und unvermittelbare - da kurz vor der Rente stehende - ab. Dann hat man schonmal die Hälfte weg. Der Rest würde arbeit finden. Dies unter folgender Prämisse: Einen erlernten Beruf - den man auch beherrscht, regionale Unabhängigkeit und Flexibilität, Fleiß und der Wille es zu schaffen. Das Problem ist jedoch, dass viele das gar nicht wollen, da es sich nicht wirklich schlecht damit lebt. Immerhin braucht man nichts - aber auch gar nichts dafür zu tun und kann trotzdem leben.

Quoteknilch_59 (21.10.2008, 23:40 Uhr)

Peinlich kleinlich!

Ja – unter den 3 Mio offiziell anerkannten Arbeitslosen gibt es auch Leute, die man stärker ,,motivieren" müsste, sich aktiver nach einem Job umzusehen. Das bestreitet niemand, aber wie soll man das schaffen, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten? Immer wieder: Die Ämter haben keine Zeit (=zu wenig Personal, zu wenig Geld), um die Spreu vom Weizen zu trennen. Im Hartz-IV Regelkreis befinden sich über 8 Millionen Menschen, alles Einzelschicksale, rund 10 % der Bevölkerung im untersten Auffangnetz unseres Sozialsystems. Jede Menge von denen können nicht arbeiten, müssen aber trotzdem dauernd beim Amt vorstellig werden, weil man eben vom Regelsatz nicht alle Ausgaben, insbesondere bei andauernder Bedürftigkeit, bestreiten kann. HARTZ-IV funktioniert vorne und hinten nicht – BASTA!
.
Wer etwas anderes sagt, lügt. Immer dran denken: Eine statistische Aussage wird nicht davon falsch, dass es immer auch ein paar Gegenbeispiele gibt. Hartz-IV gibt für die Masse der Probleme keine Antworten.
.
Bitte sich nicht auf dem Nebenkriegsschauplatz verzetteln, indem man auf Einzelbeispielen in beiden Richtungen rumreitet. Die beweisen nichts. Die Rechthaberei wird peinlich und kleinlich!



Kommentare zu: "OECD-Studie: Deutschland verarmt" (21. Oktober 2008)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/:OECD-Studie-Deutschland/642922.html?id=642922&ks=3&rendermode=comment#comments

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Quote[...] In Deutschland gibt es mindestens 300.000 so genannter Working Poor. Diese Zahl nannte Arbeitsminister Franz Müntefering erstmals im Interview mit der "Financial Times Deutschland". Als "Working Poor" werden Beschäftigte bezeichnet, die trotz bezahlter Arbeit unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben. In Deutschland gelten die Leistungen des Arbeitslosengelds II (ALG II) allgemein als Existenzminimum. Der Regelsatz für das ALG II beträgt im Westen 345 Euro und im Osten 331 Euro. Der Staat übernimmt zudem Miet- und Heizkosten.

"Es gibt schätzungsweise 300.000 Vollzeitjobber, die so wenig Geld bekommen, dass sie es mit ALG II aufstocken", sagte Müntefering. Dazu kämen mehrere hunderttausend Menschen, die neben einem Teilzeit- oder Minijob ALG II bekommen. Der SPD-Minister kündigte an, er wolle das Thema in der anstehenden Diskussion über existenzsichernde Löhne aufgreifen. Müntefering will dazu im Herbst Vorschläge vorlegen.

In einigen Wirtschaftszweigen werden Tariflöhne von vier Euro die Stunde und weniger gezahlt, was vor allem dann nicht reicht, wenn mehrere Menschen in einer Familie davon leben müssen.

...


Aus: "Mehr als 300.000 "Working Poor": Vollzeitarbeit und trotzdem zu wenig zum Leben" (01.04.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/meldung124214.html

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Quote[...] Um fünf Uhr morgens trägt Tanja Schomann Zeitungen aus. Das ist der erste ihrer beiden Jobs, denn die Frau gehört zu den Millionen Menschen, die heute in Deutschland für einen Billiglohn arbeiten. Um sieben Uhr weckt sie ihre Kinder. Die gemeinsame Zeit ist kostbar, denn schon bald nach dem Frühstück muss die allein erziehende Mutter zu ihrer nächsten Arbeit, einem Vollzeitjob als Putzfrau.

Doch trotz der beiden Jobs reicht Tanja Schomann das Geld hinten und vorne nicht: "Urlaub ist nicht drin. Die Kinder können mal mit Oma weg, aber ich selbst habe seit sieben Jahren keinen Urlaub mehr gemacht." Auch Heinz Klinke muss schuften. Er arbeitet beim Wachdienst auf Berliner Baustellen. Doch um überleben zu können, reicht ihm eine 40-Stunden-Woche bei weitem nicht: "260 Stunden im Monat müssen schon sein, darunter kommt man nicht auf sein Geld. Ich verdiene 4,60 Euro brutto die Stunde." In der Dienstleistungslücke herrscht Hochkonjunktur. Wachleute, Boten, Telefonisten, Putzkolonnen, fast elf Prozent der Beschäftigten in Deutschland verdienen heute so wenig, dass sie unterhalb der Armutsgrenze liegen und die beträgt 1200 Euro brutto im Monat.

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund ist das Problem bekannt. Wilhelm Adamy stellt fest, dass bereits heute ein Niedriglohnsektor existiert. "Wir haben viele Tarifverträge mit einem Stundenlohn von sieben bis acht Euro. Leider breitet es sich aus, dass viele unterhalb tariflicher Löhne arbeiten." Das Problem sei noch lange nicht gelöst. Alle Förderungsmodelle auf dem Niedriglohnsektor zeigten nur geringe Effekte, bemängelt Adamy. "Die Lösung des Beschäftigungsproblems bringen sie keinesfalls." Dennoch setzt die Regierung angesichts von Arbeitslosigkeit und leeren Kassen auf den Ausbau des Niedriglohnlektors. So sieht die Agenda 2010 massive Kürzungen bei Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe vor. Das soll den Druck auf die Arbeitslosen erhöhen, auch Billiglohn-Jobs anzunehmen.

Ökonomen wie Klaus Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung begrüßen das Regierungskonzept. Doch für sie ist es nur ein erster Schritt. Das Problem liegt bereits im System: "Das ist ein korruptes System, das wir organisiert haben. Die Menschen sind durch staatliche Leistungen so gründlich abgesichert, dass ihr Einkommen durch Arbeit unwesentlich höher liegt als ihr Einkommen durch Sozialhilfe." Bleibt das hoffen auf ein Jobwunder in Deutschland.

Ökonomen und Politiker wollen durch die niedrigeren Löhne bis zu zwei Millionen neue Arbeitplätze entstehen lassen, vor allem in privaten Haushalten. Auch die unzähligen Schattenarbeitsverhältnisse könnten legalisiert werden. Vor allem fordern die Ökonomen, es müsse endlich Schluss sein mit der alten Umverteilungs- und Konsenspolitik. Klaus Zimmermann kritisiert die Arbeit der Vergangenheit: "Wir haben zwanzig, dreißig Jahre Sozialpolitik gemacht und uns auf die Verteilungsfragen konzentriert, das hat uns die Probleme gebracht. Wir haben nie gefragt, ob das zu mehr Beschäftigung führt. Insofern brauchen wir ein Aus für die Sozialpolitik."

Bislang gehörte es zum Selbstbild der Bundesrepublik, dass der Sozialstaat Armut verhindert. Kann und will die Gesellschaft sich das noch leisten? Oder muss sie es hinnehmen, dass immer mehr Menschen trotz harter Arbeit in Armut leben? Vor so einer Entsolidarisierung der Gesellschaft warnt Walter Pfannkuche, Philosoph an der Technischen Universität in Berlin: "Was uns droht, ist fundamental eine Abbildung der globalen Einkommensdifferenzierung in die nationalen Volkswirtschaften hinein. Das heißt, dass Leute erheblich viel weniger verdienen werden." Daraus ergeben sich Fragen wie "'sollen die einen Urlaub haben', 'sollen die eine Krankenversicherung haben', oder 'sollen die Geld haben, um ihre Kinder zur Schule zu schicken'. Wenn Sie am Ende konkurrieren wollen mit Reproduktionsbedingungen in Bangladesh, dann werden Sie auch bangladeshartige Lebensbedingungen für die davon Betroffenen in Kauf nehmen müssen."

Der Philosoph warnt vor den Folgen einer ungezügelten Anpassung an den Weltmarkt. Es dürfe keinen Rückfall in den ungebändigten Kapitalismus geben. Dann drohe der Gesellschaft die Zerreißprobe. Ungleichheit könne zum sozialen Sprengsatz werden, denn, so Pfannkuche, "der Markt wird sich nur humanisieren, wenn die Menschen so wütend, so empört und vielleicht auch so in die Enge getrieben sind, dass sie sich gegen die Zumutungen des Marktes wehren." Der Philosoph fügt hinzu: "Ich hoffe, dass wir die Leute in Deutschland nicht so sehr verwahrlosen lassen, dass dieser Widerstand eine Zerreißprobe für unsere Gesellschaft wird. Ich hoffe, dass in bisher nicht betroffenen Teilen der Gesellschaft noch genug moralische Ressourcen da sind, um das Vorhandene fair zu teilen."

Die moralische Integrität einer Gesellschaft misst sich daran, wie es ihren schwächsten Mitgliedern geht. Können sie in Würde leben? Für Tanja Schomann ist der Überlebenskampf schon Realität: "Das Geld reicht grade, trotzdem bin ich froh, wenn der Monat zu Ende ist und das neue Geld kommt."


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Aus: "Working Poor in Deutschland: Trotz Doppeljobs leben viele Menschen an der Armutsgrenze" (Kulturzeit, 14.07.2003)
Quelle: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/48619/index.html


Textaris(txt*bot)

#131
Quote[...] Früher war das so: Sonntags auf dem Fußballplatz, wo die Großen kickten, sammelten die Kinder die liegengebliebenen Bier- und Limonadenflaschen auf oder fragten deren Besitzer schon während des Spiels, ob sie diese haben dürften. Manchmal stibitzten sie auch Flaschen, die noch nicht völlig leer waren. Ihre Beute brachten die kleinen Sammler an die Imbissbude, um sie gegen zehn Pfennig das Stück abzugeben. Nach Ende des Kicks schätzten sie sich glücklich, wenn sie zwei Mark verdient hatten. Als Kind der 70er Jahre fühlte man sich damit für Momente reich. Wer heute Flaschen von der Straße aufsammelt, findet dies nicht lustig, sondern betreibt diese Tätigkeit nur, weil er oder sie arm ist. Deutschlands Heer der Flaschensammler wächst. Besonders nach Volksfesten, Sportereignissen oder in der Silvesternacht ziehen die Pfandjäger los, bewaffnet mit Plastiktüten, Rucksäcken oder am besten gleich mit einem großen Leiterwagen. Acht Cent pro Mehrweg-Bierpulle, 15 Cent je Sprudelflasche oder Mehrweg-Joghurtglas - zehn bis fünfzehn der Behälter braucht man für eine günstige Currywurst.

[...] Das ZDF wird heute um 22.15 Uhr den Flaschensammlern einen Beitrag der Sendereihe "37 Grad" widmen. Die Filmemacherin Uta Claus stellt in ihrer Reportage "Das Geld liegt auf der Straße" vier Menschen vor, die sich oft schämen für ihre öffentliche Suche nach Pfandgut - und doch haben sie sich filmen lassen. Sie berichten dennoch "offen darüber, wie sie zu Flaschensammlern wurden, und vermitteln so ein eindrucksvolles Bild von dem, was gerade in der Mitte unserer Gesellschaft passiert", heißt es in einem Ankündigungstext des Senders. Der Beitrag zeigt auch, dass die Zahl der Pfandjäger steigt, dass sie Plätze, Straßenzüge oder Bahnhöfe in den großen Städten längst in Reviere aufgeteilt haben, um ihr Zuverdienst abzusichern. Viele schauen noch eher verstohlen in die Abfallkörbe, greifen unauffällig nach einer stehengebliebenen Flasche neben der Parkbank. Es ekele sie "genauso an wie jeden anderen Menschen auch", sagt zum Beispiel die 58-jährige Inge, früher Goldschmiedin. "Betteln wollte ich nicht, da ist Flaschensammeln ehrenvoller", findet der 34-jährige Dietmar, der 15 Jahre lang als Akkordarbeiter im Schlachthof Tiere zerlegt hat. Und Kerstin, 43 Jahre alt, "schämt sich einfach", wenn sie des Pfandes wegen in Abfallbehältern wühlt. Der 54-jährige Michael indes sagt: "Das ist bares Geld, das auf der Straße liegt." Nach einem Vierteljahrhundert Arbeit im Wasserwerk hat er plötzlich vor dem Nichts gestanden. Es sind zum Teil Menschen, wie sie der Soziologie-Professor Heinz Bude von der Universität Kassel in seinem neuen Buch "Die Ausgeschlossenen" beschrieben hat - Menschen, die beim wichtigsten Gesellschaftsspiel, dem Ausüben eines Berufs, nicht mehr mitmachen dürfen oder können. "Neben den Jüngeren, die gar nicht erst ins Spiel kommen, stehen die Älteren, die ohne Aussicht auf Wiedereintritt aus dem Spiel gefallen sind. Das sind die Dauerarbeitslosen ohne ein zweites Standbein in der Schattenwirtschaft", schreibt Bude. Gut beschäftigte Schwarzarbeiter wissen sich im Vergleich dazu immerhin noch zu helfen - und zwar ohne von einer Pfandregelung zu profitieren, die Ressourcen schonen soll statt die Sozialkassen.


Aus: "Ein Leben von der Pfandflasche - Immer mehr Menschen durchstöbern Abfallkörbe, um in Deutschland über die Runden zu kommen" WALTER SCHMIDT (Rubrik 'Brennpunkt' - SWP - 18.11.2008)
Quelle: http://www.hnp-online.de/index.php?mode=full&cat=16&open=&open_u=&minDate=&s_id=897f840406b64076bad7a422d76eacc6&ident=&id=451819


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Quote[...] Ein warmes Mittagessen oder gar ein Kinobesuch ist für Hartz-IV-Empfänger nicht immer erschwinglich. Einer Studie zufolge mangle es sechs bis 17 Prozent der Bezieher von Arbeitslosengeld zeitweise an sogenannten elementaren Gütern, antwortete Brandenburgs Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage.
Die Ministerin bezog sich auf Erkenntnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Forschungseinrichtung führt demnach in ihrer Untersuchung des Lebensstandards von Hartz-IV-Empfängern beispielsweise rezeptfreie Medikamente, monatliche Konzert- oder Kinobesuche oder den gelegentlichen Kauf neuer Kleidung als Indikatoren auf.

Die Auswertung zeige, dass der Besuch kultureller Veranstaltungen für 61 Prozent der Betroffenen nicht möglich sei, so Ziegler. Ein monatlicher Restaurantbesuch oder eine Urlaubsreise komme für 76 bis 82 Prozent dieser Menschen nicht in Betracht. Es sei zwar fraglich, inwieweit höherwertige Güter zu den Grundbedürfnissen zählten, sagte Ziegler. Für unstrittig halte sie aber die Schlussfolgerung, dass mit Hartz IV die Lebensqualität der Betroffenen sinke.


Aus: "Studie: Kein warmes Essen bei Hartz IV" (Montag, 17. November 2008 12:04)
Quelle: http://www.morgenpost.de/brandenburg/article979690/Kein_warmes_Essen_bei_Hartz_IV.html


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Quote[...] Washington (Reuters) - Rund 36,2 Million Menschen in den USA haben nach amtlichen Angaben oft nicht genug zu essen, und ein Drittel von ihnen hungert von Zeit zu Zeit.

Das geht aus einer am Dienstag von der Regierung veröffentlichten Erhebung hervor, die noch vor der Finanzkrise erstellt worden ist. 45.600 Haushalte waren Ende 2007 für die Studie befragt worden.

Im Vergleich zu 2006 erhöhte sich demnach die Zahl leicht. Damals hatten 35,5 Millionen Menschen nicht immer ausreichend zu Essen. Dies sind per Definition jene Menschen, die Probleme haben, ausreichend Lebensmittel für eine Grundversorgung zu bekommen. 11,9 Millionen von ihnen müssen den Angaben zufolge Mahlzeiten reduzieren oder gar auslassen. Ihr Anteil habe sich seit 1989 kontinuierlich von damals 3,8 Millionen erhöht.

Angesichts dieser Zahlen haben Wohlfahrtsorganisationen an den Kongress appelliert, mehr Lebensmittelmarken zur Verfügung zu stellen.


Aus: "Immer mehr Amerikaner haben nicht genug zu Essen" (Dienstag, 18. November 2008)
Quelle: http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE4AH0JW20081118


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Quote[...] Eine staatlich finanzierte Kreditkarte für sozial Schwache ist am Mittwoch in Rom präsentiert worden.

Die Karte solle «den Ärmsten der Armen» helfen, erklärte Sozialminister Maurizio Sacconi bei der Präsentation. Nach Schätzungen der Regierung haben etwa 1,3 Millionen Menschen in Italien ein Anrecht auf die blaue Karte. Der staatliche Bonus betrage 40 Euro (rund 60 Franken) pro Monat, der von den beteiligten Supermärkten für eine Ermässigung des Produktpreises angerechnet werden soll.

Die «Carta Acquisti» ist die erste Massnahme des Konjunkturprogramms der Regierung Silvio Berlusconi gegen die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise.

«Dies ist ein ganz neues Vorhaben im Sinne der Empfehlungen der EU», kommentierte der italienische Wirtschaftsminister Giulio Tremonti die «Carta Acquisti». Einziger «Wermutstropfen» sei, dass sich bisher nur 5 Prozent des Handels an der Initiative beteilige.

Mit der Plastikkarte könnten ab sofort sozial schwache Senioren, die nur über ein Jahreseinkommen von unter 6000 Euro verfügen, und Familien mit Kleinkindern vor allem Lebensmittel einkaufen.

Das Projekt sei inspiriert von der zum ersten Mal während des Zweiten Weltkriegs eingeführten Lebensmittelhilfe der USA (»Food Stamp System») und werde den Staat voraussichtlich 450 Millionen Euro im Jahr kosten, erklärte Tremonti weiter.

Der Grossteil dieser Gelder werde aus der sogenannten «Robin- Hood-Steuer» gewonnen, einer Sonderbesteuerung auf die Gewinne der Ölkonzerne und grossen Banken. (sam/sda)




Aus: "Italien verteilt Kreditkarten an Arme" (26.11.2008)
Quelle: http://www.bazonline.ch/ausland/europa/Italien-verteilt-Kreditkarten-an-Arme/story/16917172


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Quote[...] Immer mehr Frauen [ca. 60 000] in Deutschland haben keinen festen Wohnsitz.

[...] Einige von ihnen sieht man manchmal in Hauseingängen liegen, unter Brücke oder im U-Bahnhof. Meistens sieht man sie aber nicht. Weil wohnungslose Frauen nicht so auffallen wie obdachlose Männer, nicht dem Klischee der "bag-ladies" mit Einkaufswagen und Tüten entsprechen. Weil sie die Straße eher meiden, in Notunterkünfte gehen. Und weil sie im Dunkeln leben. Im Dunkeln der Gesellschaft.

[...] Wie viele es sind, weiß niemand. Zahlen gibt es nicht, nur Schätzungen. Unterschätzungen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe geht davon aus, dass bundesweit mehr als 60 000 Frauen wohnungslos sind. Das sind rund 25 Prozent der rund 250 000 Betroffenen in Deutschland - und mehr als jemals zuvor. Laut einer Studie der Sozialbehörde gab es 1996 genau 189 obdachlose Frauen in Hamburg (17 Prozent), im Jahr 2002 waren es 279 (21,9 Prozent).

[...] Experten gehen davon aus, dass überproportional viele obdachlose Frauen psychisch krank sind. "Sie sind obdachlos, weil sie psychisch krank sind. Oder sie sind psychisch krank, weil sie obdachlos sind", sagt Sabine Kordt (50), Sozialpädagogin im "Frauenzimmer". Seit 21 Jahren kümmert sie sich um wohnungslose Frauen.


...


Aus: "Weiblich, ledig - und obdachlos" Von M. Opresnik (25. November 2008)
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2008/11/25/978409.html?s=1


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Quote[...] "Wir protestieren gegen höhere Preise und gegen die Armut", so ein Demonstrant. "Energie, Lebensmittel sind seit Anfang des Jahres um 50 Prozent teurer geworden. Das trifft auch für alle anderen Lebensbereiche zu."
Die Arbeitslosenquote liegt bei zehn Prozent. Die Regierung in Ankara verhandelt mit dem Internationalen Währungsfonds über einen Kredit, mit dem die Folgen der Finanzkrise eingedämmt werden sollen.


Aus: "Türkei Tausende gehen in Ankara gegen höhere Preise auf die Straße" ( 29/11/2008)
Quelle: http://www.euronews.net/de/article/29/11/2008/economic-protests-spark-clashes-in-turkey/


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Quote[...] Washington. Seit 19 Jahren verteilt Alice Hodgkins für die US-Hilfsorganisation «Salvation Army» in Ocala (Florida) Essen an Arme - und immer konnte sie den Menschen helfen. Bisher. «Das habe ich noch nie erlebt. Vor kurzem waren unsere Regale leer, wir hatten nichts mehr zu verteilen», sagt sie.

Es ist ein trauriger Fall von vielen. In den gesamten USA werden die Schlangen vor den Suppenküchen immer länger - eine Folge der schweren Wirtschaftskrise mit massiven Arbeitsplatzverlusten und sinkenden Gehältern.

So wird die Washingtoner Hilfsorganisation «Capitol Area Food Bank» (CAFB) nun geradezu von Anrufen überflutet, in denen Arme um kostenloses Essen bitten - jeden Tag sind es fast drei Mal so viele wie im vergangenen Jahr. Seit dem Herbst verzeichnet auch die Lebensmittel-Verteilstelle «Food for Others» in Fairfax (Virginia) einen steten Anstieg der Zahl von Hilfesuchenden, jeden Monat sind es 40 Prozent mehr im Vergleich zu den vier Wochen davor.

Bei der Katholischen Armenhilfe in Fulton (New York) ist der Ansturm nicht ganz so stark gewachsen - «nur» um 30 Prozent von Monat zu Monat. Dennoch können die Mitarbeiter dort die Regale kaum mehr füllen: Während in Washington und Fairfax viele reiche Familien mehr Geld geben als früher, ist die Spendenbereitschaft in der ärmeren Region Fulton stark gesunken. «Viele, die bisher gespendet haben, müssen nun selbst hierhin kommen und um unsere Hilfe bitten», sagt die Mitarbeiterin Judy Eagan. Mit Briefen an Privathaushalte habe sie um Geld gebeten, aber es kamen kaum Reaktionen.

Bei einem «Food Drive» fuhren freiwillige Helfer durch Wohngebiete, klingelten an jeder Haustür und baten um Speisen für die Armen - trotzdem hat Judy Eagan viel weniger zu verteilen als im vergangenen Jahr. «Ich bin sicher, dass das Geld, das wir brauchen, da ist», meint sie. «Aber die Leute, die noch etwas haben, machen sich solche Sorgen um die Wirtschaft, dass sie es lieber zusammenhalten.»

Auch die Zahl von Menschen ohne Wohnung steigt. Hauptsächlich seien arme Familien, Mieter, zu Opfern der Wirtschaftsmisere geworden, sagt Philip Mangano, Leiter eines staatlichen Programms zum Kampf gegen die Obdachlosigkeit. Er schildert, wie bitter es zugeht: Ohne jede Vorwarnung hätten viele Familien die schockierende Mitteilung von der Bank bekommen, dass ihr Vermieter die Hypothek für sein Haus nicht gezahlt habe und es nunmehr zwangsversteigert werde. Die Mieter müssten ausziehen - innerhalb von 30 Tagen. «Es ist ein unglaubliches Trauma für viele Familien, dass sie auf die Straße gesetzt werden, obwohl sie ihre Miete immer pünktlich gezahlt haben», sagt Mangano.

Besonders Großstädte melden, dass immer mehr Familien mit Kindern in die Notunterkünfte strömen. Allein in New York übernachteten Mangano zufolge hier im November 30 Prozent mehr Familien als im Vergleichsmonat 2007.

An die Hilfsorganisationen wenden sich zahlreiche Menschen, die dies vorher nie nötig hatten. «Vielen, die das erste Mal kommen, ist es peinlich, dass sie bei uns nach Lebensmitteln fragen müssen. Ich glaube, es gibt sogar Leute, die sich so sehr schämen, dass sie gar nicht kommen», sagt Helferin Hodgkins in Florida.

Ein Lichtblick: Nach Medienberichten über die prekäre Lage vieler Armen-Einrichtungen spenden wohlhabende Privatleute mehr als in der Vergangenheit, sagt eine Sprecherin der Organisation «Goodwill», eines der größten US-Hilfswerke. Während die Einrichtung dadurch sogar mehr einnimmt als noch vor einem Jahr, sieht es bei der CAFB nicht so rosig aus. Ein Großteil der bei der Lebensmittelbank eingehenden Spenden, 85 Prozent, stammen von Firmen - die nun viel weniger geben oder gar pleite sind. Noch hat die CAFB Vorräte, doch diese werden kleiner.

Der Staat will jetzt den Obdachlosen verstärkt unter die Arme greifen: Zusätzliche vier Milliarden Dollar (3,14 Mrd Euro) sollen Städte und Gemeinden zum Aufkaufen von Mehrfamilienhäusern bekommen, um mehr Menschen eine Bleibe zu bieten. Aber soweit wird es erst im nächsten Jahr sein, und das bedeutet für viele Betroffene: Weihnachten im Obdachlosenasyl.



Aus: "Sturm auf Suppenküchen: Krise trifft die Schwächsten in Amerika"
Von Constanze Kretzschmar, dpa (07.12.2008)
Quelle: http://www.an-online.de/news/vermischtes-detail-an/742025?_link=&skip=&_g=Sturm-auf-Suppenkuechen-Krise-trifft-die-Schwaechsten-in-Amerika.html


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Quote[...·] Es ist erst acht Uhr in der Frühe eines eisigen Wintertages, doch die Schlange der Hungrigen zieht sich schon fast ganz um den tristen Sozialbaublock im äußersten Westen Manhattans, im Stadtteil Chelsea. Erst in zweieinhalb Stunden öffnet hier die größte Suppenküche New Yorks. Sie befindet sich in der Church of the Holy Apostles, deren 160 Jahre alter Klinkerbau wie ein vergessener Überrest einer anderen Zeit zwischen den grauen Wohntürmen eingequetscht ist. Die meisten, die hier anstehen, können es kaum erwarten, bis die Pforten des schlichten Gotteshauses geöffnet werden. Es wird ihre einzige Mahlzeit sein und die halbe Stunde, die sie in der Kirche verweilen dürfen, die einzige Zuflucht in einer Stadt, die für Arme und Obdachlose ansonsten keinen Platz hat.

Sie haben auf den harten Schalensitzen der U-Bahn-Linie E übernachtet, vor dem Hauptpostamt auf der Seventh Avenue oder im Eingangsbereich des 24-Stunden-Kopierladens gegenüber. Hauptsache, man ist morgens gleich da. Nun stehen sie am Zaun des Kirchengrundstücks aufgereiht - eine Kompanie zerlumpter Gestalten, ein Bild so bitter wie die berühmten Dokumentarfotos von Dorothea Lange oder Walker Evans aus der großen Depression der 30er-Jahre. Viele Wartende tragen bei der Kälte ihre gesamte Garderobe am Leib. Andere schieben ihr Hab und Gut in einem Einkaufswagen vor sich her. Das Empire State Building, das seinen Schatten über Chelsea wirft, wirkt wie eine unwirkliche Erinnerung daran, dass man noch immer im glanzvollen Manhattan ist. Noch ist Warten angesagt.

[...] Wenn um halb elf die Pforten der Holy Apostles öffnen, schleusen Ordner in gelben Sicherheitswesten die "Gäste", wie die Hungrigen der Stadt hier genannt werden, in einen kleinen Vorraum, wo an langen Tischen Freiwillige mit Kellen hinter großen Trögen warten. Einen Schlag Reis, einen Schlag Gemüse, ein Stück Fleisch, genau 2.500 Kalorien insgesamt gibt es auf den Teller, der Tagesbedarf eines Erwachsenen. Dann geht es ab ins Hauptschiff der Kirche, wo unter hohen neogotischen Bögen und elaborierten Fenstermalereien 15 große runde Tische à zehn Sitzplätze aufgestellt sind. Die Kirchenbänke sind schon lange abmontiert worden, zum Gottesdienst am Sonntag werden Klappstühle aufgestellt. 1.300 bis 1.400 Menschen werden von 75 Helfern bis 14 Uhr hier durchgeschleust. Das ist nationaler Rekord.

Die Pastorin der episkopischen Gemeinde, Elizabeth Maxwell, die alle nur "Mutter Liz" nennen, ist alles andere als stolz auf diesen Rekord. "Am liebsten wäre es uns, wenn wir das hier überhaupt nicht machen müssten", sagt die 54 Jahre alte Frau, der das graue Haar strähnig in der Stirn hängt und der die Erschöpfung Ringe unter die Augen gemalt hat. Schlimmer aber noch als die Tatsache, dass der Hunger so viele Menschen in ihre Kirche treibt, ist es für Mutter Liz, dass sie nicht mehr weiß, wie sie den Betrieb aufrechterhalten soll.

"Wir sind wirklich im Moment von allen Seiten unter Beschuss", sagt sie an ihren Altar gedrängt, um dem geschäftigen Betrieb in ihrer Kirche nicht im Weg zu stehen. Ein steter Strom von Gästen drängt mit einem Tablett in der Hand in die Kirche auf der Suche nach einem freien Sitzplatz. Helfer mit Gummihandschuhen wuseln umher, um die Tische im Wechsel für die Nächsten freizuräumen. Im September, dem Monat des Zusammenbruchs an der Wall Street, so Mutter Liz, seien 22 Prozent mehr Hungrige als im selben Monat des Vorjahrs gekommen. Gleichzeitig hat der Staat New York innerhalb von fünf Monaten die Bezuschussung von Hungerhilfseinrichtungen um insgesamt 20 Prozent gekürzt. Und die Spenden von den Stiftungen, die sich früher auf großzügige Beiträge aus der Finanzwelt verlassen konnten, würden auch immer dünner. Wenn nichts Dramatisches passiere, sagt Mutter Liz, dann sei ihre Suppenküche in wenigen Monaten am Ende. Dabei geht es Holy Apostles noch vergleichsweise gut. "Andere Suppenküchen haben schon dichtgemacht."

Der Ernst der Lage kann gar nicht übertrieben werden. Man sieht es selten so deutlich wie morgens um zehn an der 28. Straße: New York steckt in einer Hungerkrise. 45 Prozent der Familien mit Kindern im Stadtgebiet können nicht mehr aus eigener Kraft genügend Lebensmittel auf den Tisch bringen. Beinahe zwei Millionen Menschen in der Stadt leben unter der Armutsgrenze - ein Viertel der Bevölkerung. "Die meisten von ihnen", meint Mutter Liz, "müssen sich zwischen Essen und Krankenversicherung entscheiden."

Mutter Liz ist gewiss kein zorniges Gemüt, aber wenn sie anfängt, über die soziale Gesamtsituation ihrer Stadt zu reden, gerät sogar sie in Rage. Die Tatsache, dass es im Schatten der opulentesten Konsumtempel und der Konzernzentralen in solch unfassbarem Ausmaß Hunger gebe, wettert sie, werde ignoriert - von der Politik, von der Wirtschaft, von den Medien. "Es ist einfach unakzeptabel, dass Millionen von Menschen nichts zu essen haben. Wir brauchen eine völlig neue Diskussion darüber, was Gemeinwohl bedeutet."

Gewiss, Armut und krasse soziale Gegensätze hat es in New York immer gegeben. Seit sich die Finanzkrise zur Depression ausweitet, scheint jedoch niemand mehr wirklich gefeit davor, bei Mutter Liz in der Schlange zu stehen. "Wir sehen hier vielleicht noch keine arbeitslosen Banker, aber ihre arbeitslosen Putzfrauen und die arbeitslosen Chauffeure, die sind schon da." In vielen Fällen, so die Pastorin, hätten ihre Gäste sogar Arbeit, könnten von dem Lohn in New York jedoch nicht leben. Ihre Gemeinde macht da keine Unterschiede, jeder, der an die Kirchenschwelle kommt, wird auch gespeist. "Wir fragen nicht", sagt Mutter Liz. "Wir gehen davon aus, dass niemand gerne in einer Suppenschlange steht."

So mischen sich zwischen die hoffnungslosen Fälle, die Langzeitobdachlosen und die Alkoholiker nicht wenige, die so wirken, als würden sie nach dem Essen wieder ins Büro gehen. Ein Mann in Anzug und Krawatte etwa sammelt von einem Tisch, an dem gerade eine Gruppe aufgestanden ist, übrig gebliebene Brotscheiben auf. Seine Geschichte erzählen mag er aus Scham freilich nicht. Er habe keine Zeit, entschuldigt er sich höflich, er müsse noch zu einem Termin.

Noch während der Mann das Brot in eine Papierserviette verpackt, rücken an dem Tisch in der Mitte der Kirche die nächsten zehn Esser an. Es ist ein Querschnitt der unteren Zehntausend New Yorks: eine verwirrt wirkende Frau, die viel zu viel Lippenstift aufgetragen hat, ein kurzhaariger Schwarzer mit kantigem Gesicht, der zugibt, gerade aus dem Gefängnis entlassen worden zu sein, ein streng riechender junger Mann in einem fleckigen Mantel, der offenbar schon längere Zeit auf der Straße lebt. Sie reden kaum miteinander, man will in Frieden seine tägliche halbe Stunde im Warmen genießen. Gehetzt wird dabei niemand. Dennoch kommen wie durch ein Wunder alle 1.300 Wartenden zum Zuge. Niemand, so scheint es, strapaziert sein Gastrecht über die Maßen.

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Aus: "New Yorks größte Suppenküche - "Du sollst die Hungrigen speisen"" VON SEBASTIAN MOLL (08.01.2009)
Quelle: http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/du-sollst-die-hungrigen-speisen/


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Quote[...] Erschreckende Zahlen werden aus New York gemeldet, wo die größte Suppenküche der USA eingerichtet ist. Gouverneur David Patterson geht davon aus, dass in seinem Staat im laufenden Jahr 3,5 Millionen Bürger auf die Hilfseinrichtungen zurückgreifen müssen. Unter ihnen seien 2 Millionen, die noch nie zuvor bei einer Suppenküche waren. Mathematisch betrachtet heißt das: Die Zahl der Bedürftigen dürfte sich mehr als verdoppeln.

In anderen Regionen des Landes sieht es nicht besser aus: In den Industriezentren um Detroit etwa, wo Millionen von Amerikanern jüngst ihre Jobs verloren haben, sind soziale Programme ohnehin überlastet.

[...] Die Preise für Lebensmittel haben in den USA im letzten Jahr um 5,9 Prozent zugelegt; bei Grundnahrungsmitteln wie Mais und Getreide waren die Anstiege noch steiler. In den letzten Wochen hat der Trend gehalten. Mit mehr Geld können die Suppenküchen also zur Zeit nicht unbedingt mehr Nahrung kaufen. Trotzdem halten sich die sozialen Einrichtungen zunächst mit Kritik am Stimulus-Paket zurück. Sie verstehen, dass ein großer Teil des Geldes in Infrastrukturmaßnahmen fließen soll. Die sollen bis zu 3,5 Millionen Arbeitsplätze schaffen - und die Schlangen vor den Suppenküchen kürzen.

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Aus: "Inside Wall Street - Suppenküchen in Not" Von Lars Halter, New York  (24. Februar 2009)
Quelle: http://www.n-tv.de/1109358.html


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Quote[...] ZEIT ONLINE: Sie haben die kältesten Nächte im Winter für eine Reportage unter Obdachlosen auf der Straße verbracht. Hat Sie diese Zeit verändert?

Günter Wallraff: Ich hatte früher selbst Vorurteile und habe öfter einen Bogen gemacht um jüngere Leute, die auf der Straße lagerten und mir ihren Becher hinhielten. Ich dachte, die meisten erbetteln das Geld nur, um ihren Alkoholkonsum zu finanzieren. Aber was für ein elendes und mühevolles Leben sie führen und welche Schicksale und Biografien hinter diesen Menschen stehen – das habe ich jetzt erst nachvollziehen können.

ZEIT ONLINE: Welche Geschichten haben Sie erfahren?

Wallraff: Da gibt es den Unternehmer, dem plötzlich sein Hauptkunde abhandenkommt, den Mann, der seine dramatische Scheidung nicht verkraftet. Viele geraten auch durch Hartz IV in diese Situation. Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, finden sich in der Rolle von Bittstellern wieder und verlieren dadurch ihre Würde. Ich hatte bei Etlichen den Eindruck, sie sind über den Rand der Gesellschaft gekippt und haben sich dann irgendwann selbst aufgegeben. Es ist ein Teufelskreis: Wer seine Arbeit verloren hat, bekommt keine Wohnung und wer keine Meldeadresse vorweisen kann, ist chancenlos auf dem Arbeitsmarkt. 

Es gibt auch genug Menschen, denen man ihre Obdachlosigkeit gar nicht ansieht. Sie sehen so aus, als kämen sie gerade aus dem Büro. Man erkennt es nur an kleinen Zeichen: die Haare sind ungekämmt, der Anzug ein bisschen verknittert...

ZEIT ONLINE: Sie haben im Dezember und Januar bei Temperaturen bis zu minus 20 Grad im Freien übernachtet. Wie übersteht man das?

Wallraff: Ich war total ahnungslos und hatte nur einen ganz normalen Schlafsack dabei. Erst nach der allerschlimmsten durchzitterten Nacht habe ich erfahren, dass manche Obdachlose Bundeswehrschlafsäcke haben, die die schlimmste Kälte abhalten. Danach habe ich aufgehört, "Platte zu machen". Ich hatte wirklich Angst, zu erfrieren. Zum Glück habe ich nur einen schweren Schnupfen davongetragen. Aber die Menschen, die so ein Leben über viele Jahre führen, sind  gesundheitlich schwerst angeschlagen und haben nur eine geringe Lebenserwartung. 50, 60 Jahre ist auf der Straße schon ein stolzes Alter. Es ist für viele ein Selbstmord auf Raten. Ein Alkoholiker, ein ehemaliger Unternehmer, sagte mir: "Es gelingt mir leider nicht, mich totzusaufen, der Körper wehrt sich."

ZEIT ONLINE: Was stimmt von dem Vorurteil, dass die meisten Obdachlosen alkohol- und drogenkrank sind?


Wallraff: Weit mehr als die Hälfte der Menschen, die ich getroffen habe, hatten keine Alkohol- oder Drogenprobleme. Es stimmt allerdings, dass einige in diesem Milieu zu Alkoholikern werden. Gerade in Heimen mit längerfristiger Unterbringung findet man als Neuankömmling nur schwer Kontakt, wenn man nicht "mithalten" kann.

ZEIT ONLINE: Haben Sie auch Solidarität unter den Obdachlosen kennengelernt?

Wallraff: Ja, viele haben sich auf der Straße ihre Ersatzfamilie geschaffen. Das hat mich erstaunt. Ich dachte, je härter man ums nackte Überleben kämpft, umso mehr würde man nur noch den eigenen Vorteil sehen. Das kommt natürlich auch vor, Diebstähle sind nicht selten in dem Milieu. Aber ich habe mehrfach erlebt, dass auch das Allerletzte noch geteilt wurde. Als ich in Köln vor dem WDR-Gebäude übernachtete, bot mir ein Mann seine Schlafstelle über einem Heizungsschacht an. Er gab mir von seinem erbettelten Geld und sagte, ich sollte mir nehmen, was ich brauche. In diesem Moment war mir wirklich zum Heulen zumute.

ZEIT ONLINE: Wie sind Sie als Obdachloser von der Gesellschaft behandelt worden?

Wallraff: Ich habe keine Bösartigkeit erlebt, man hat mich bis auf eine Ausnahme nicht herabwürdigend oder verächtlich behandelt, meistens wurde ich gesiezt. Auf einer Polizeiwache in Goch am Niederrhein hat mir der Beamte sogar einen Tee angeboten. Er war sehr freundlich, aber auch hilflos. Es war mitten in der Nacht und eisig kalt, aber alle Unterkünfte waren belegt. Da hieß es dann: Tut uns leid, da müssen Sie auf der Straße übernachten. Das Problem ist, dass die Obdachlosenheime jede Person nur ein paar Tage im Monat aufnehmen. Den Rest der Zeit müssen die Leute dann schauen, wo sie bleiben.

ZEIT ONLINE: Was könnte der Staat tun, um die Situation für Wohnungslose zu verbessern?

Wallraff: Es gibt viel zu viel Bürokratie angesichts von Menschen, die oft gar nicht in der Lage sind, sich damit auseinanderzusetzen. Es müsste mehr geschulte Betreuer und Sozialarbeiter geben, die sich dem Einzelnen zuwenden. Vielleicht sogar Menschen, die früher selbst obdachlos waren und es geschafft haben, in ein normales Leben zurückzukehren. Die hätten ein viel größeres Einfühlungsvermögen. In Berlin gibt es Projekte, bei denen Sozialarbeiter Obdachlose auf der Straße aufsuchen und nicht in ihren Ämtern und Büros sitzen und darauf warten, dass mal einer vorbeikommt. Das schaffen diese Menschen oft gar nicht mehr. Sie leben von einem Tag auf den anderen – da geht es ums nackte Überleben.

ZEIT ONLINE: Viele Leute können nicht verstehen, dass Menschen lieber in Hauseingängen oder in Parks schlafen als in Obdachlosenunterkünften. Wissen Sie inzwischen warum?

Wallraff: Es gibt Heime, die wirklich gruselig sind. Es reicht ja schon, wenn ein Gast gewalttätig ist oder so unter Drogen steht, dass er eine Bedrohung darstellt. Meine schlimmste Nacht habe ich in einer Einrichtung in Hannover verbracht, einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Dieses Heim gehört wirklich geschlossen! Das Allerschlimmste war, dass dort nachts abgeschlossen wurde und ich einen Nachbarn hatte, der sich - offenbar im Drogenrausch - im Nebenzimmer in Gewaltfantasien gegen mich hineinsteigerte. Da bekam ich wirklich Panik. Am nächsten Tag konnte ich mich dann allerdings mit ihm verständigen und habe eine ganz andere Seite an ihm kennengelernt, einen hochgradig verzweifelten Menschen.

ZEIT ONLINE: Haben Sie den Eindruck, dass sich das Problem der Obdachlosigkeit wegen der Wirtschaftskrise noch verschärfen wird?


Wallraff: Es kann jeden von uns treffen. Wir befinden uns ja längst nicht mehr nur in einer Wirtschaftskrise, sondern in einer sich auswachsenden Systemkrise, in der alles wegzubrechen droht. Die Obdachlosigkeit wird dann kein marginales, sondern ein sehr zentrales Thema werden. Und zwar schneller, als wir uns im Moment vorstellen können.



Die Fragen stellte Carolin Ströbele 




Aus: "Obdachlosigkeit - "Es kann jeden treffen"" (ZEIT ONLINE,  4.3.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2009/10/wallraff-zu-obdachlosigkeit