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[Vorratsdatenspeicherung (Notizen) ... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 08, 2005, 02:39:41 PM

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Textaris(txt*bot)

#35
Quote[...] The National Security Agency has been secretly collecting the phone call records of tens of millions of Americans, using data provided by AT&T, Verizon and BellSouth, people with direct knowledge of the arrangement told USA TODAY.

The NSA program reaches into homes and businesses across the nation by amassing information about the calls of ordinary Americans — most of whom aren't suspected of any crime. This program does not involve the NSA listening to or recording conversations. But the spy agency is using the data to analyze calling patterns in an effort to detect terrorist activity, sources said in separate interviews.

[...] The government is collecting "external" data on domestic phone calls but is not intercepting "internals," a term for the actual content of the communication, according to a U.S. intelligence official familiar with the program. This kind of data collection from phone companies is not uncommon; it's been done before, though never on this large a scale, the official said. The data are used for "social network analysis," the official said, meaning to study how terrorist networks contact each other and how they are tied together.

[...] REACTION From the White House:
The White House defended its overall eavesdropping program and said no domestic surveillance is conducted without court approval.''The intelligence activities undertaken by the United States government are lawful, necessary and required to protect Americans from terrorist attacks,'' said Dana Perino, the deputy White House press secretary, who added that appropriate members of Congress have been briefed on intelligence activities.


From: "NSA has massive database of Americans' phone calls" (USATODAY; Updated 5/11/2006 10:38 AM ET)
Source: http://www.usatoday.com/news/washington/2006-05-10-nsa_x.htm

-.-

Quote[...] Bush war im Dezember 2005 wegen zahlreicher Lauschangriffe der NSA vom US-Kongress heftig kritisiert worden. Der Präsident verteidigte die richterlich nicht genehmigten Lauschangriffe mit dem Kampf gegen den Terrorismus. Auch republikanische Volksvertreter hatten dieses Vorgehen als verfassungsrechtlich sehr problematisch bezeichnet.

NSA verhindert Untersuchung

Inzwischen hat das US-Justizministerium eine Untersuchung zu den von Präsident Bush ohne richterliche Genehmigung angeordneten Lauschangriffen eingestellt. Grund sei die Weigerung des Geheimdienstes NSA, diese Ermittlungen zuzulassen, teilte das federführende Amt im Justizministerium (OPR) dem demokratischen Senator Maurice Hinchey mit. Ohne die Freigabe des NSA seien Ermittlungen aber nicht möglich. Das OPR hatte im Februar mitgeteilt, es werde die Rolle von Vertretern des eigenen Ministeriums in der umstrittenen Abhöraktion unter die Lupe nehmen. Präsident Bush hat die Lauschangriffe im Inland mit dem Kampf gegen den Terrorismus begründet. (N24.de, dpa, AP)


Bruchstück aus: "Milliardenfach abgehört: Orwells Schatten über Amerika" (N24.de; 11. Mai 2006)
Quelle: http://www.n24.de/politik/ausland/index.php/a2006051118131155954



Textaris(txt*bot)

Quote[...] In einer gemeinsamen Pressemitteilung vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der Initiative STOP1984 und dem Netzwerk Neue Medien e.V. sieht man die von den EU-Staaten im Februar 2006 geplante "systematische und verdachtslose Vorratsspeicherung der Verbindungsdaten der gesamten Bevölkerung" ebenfalls mit Sorge. In Deutschland hätten nicht nur Strafverfolger Zugriff auf die Kommunikationsdaten, sondern auch Geheimdienste auf Grund des "Terrorismusbekämpfungsgesetzes".

Doch nicht nur Strafverfolger sollen auf die Daten zugreifen können, laut Entwurf eines "Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" könnte auch die Musikindustrie Zugriff auf die Daten bekommen. Darüber hinaus hätten ausländische Staaten wie die USA auf Grund internationaler Verträge (z.B. "Cybercrime-Konvention") Zugriffsrechte, wie die EU-Kommission laut der Bürgerrechtler vor kurzem bestätigt habe.

"Sollten die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung umgesetzt werden, sind Missbräuche der Daten zu erwarten. Zahlreiche Beispiele in der Vergangenheit zeigen, dass sich der Missbrauch geheimer Überwachungsbefugnisse nicht verhindern lässt", so die Bürgerrechtler und Datenschützer.

Als Negativ-Beispiele angeführt werden die Bespitzelung kritischer Journalisten und Aktivisten in Deutschland, politischer Gegenspieler in Frankreich sowie von Menschenrechts- und Umweltverbänden in Großbritannien und den USA. Auch die regierungsinterne und andere sicherheitsrelevante Kommunikation wäre nicht mehr vor unbefugtem Zugriff geschützt, wie der Abhörskandal in Griechenland vor drei Monaten gezeigt habe.

"Die einzige Möglichkeit, um Missbräuche unserer Kommunikationsdaten im In- und Ausland effektiv zu verhindern, ist der Verzicht auf die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung", mahnt Jurist Patrick Breyer vom bundesweiten Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Andernfalls werden sich regierungskritische Personen verstärkt auf Überwachung, Durchsuchungen, Befragungen und Grenzzurückweisungen einstellen müssen - mit entsprechenden Folgen für unsere demokratische Gesellschaft."

Bettina Winsemann von der Datenschutzinitiative STOP1984 sieht in einer Vorratsdatenspeicherung ebenfalls eine Gefahr für eine freie und demokratische Gesellschaft und sieht sich in der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung an die Stasi-Akten der DDR erinnert: "Eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung lähmt den demokratischen Prozess, da dessen wichtigster Bestandteil, der Bürger, unter Pauschalverdacht gestellt wird und elektronische 'Akten' über den Bürger angelegt werden. Eine solche Beobachtung würde sich auf die Meinungsfreiheit und Willensbildung mehr als negativ auswirken."


Aus: "Bürgerrechtler: US-Abhörskandal auch für Europa eine Warnung - Deutsche Bürgerrechtsorganisationen fordern Umdenken auch in Europa" (golem.de => Networld / 16.05.2006)
Quelle: http://www.golem.de/0605/45336.html

Textaris(txt*bot)

#37
Quote[...] Hartmut Lubomierski:  1983, bei der Volkszählung, musste jeder die Erfassung seiner Daten selber tätigen, d.h., den Fragebogen persönlich ausfüllen. So hatte jeder eine ganz sinnliche Erfahrung gemacht, weil jeder vor Augen hatte, was der Staat alles wissen wollte. Damals war Datenschutz ein Thema, heute sind wir uns gar nicht bewusst, dass wir das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre längst aufgegeben haben.

Die Erfassung erfolgt elektronisch im Hintergrund. Wenn Sie telefonieren, dann merken Sie nicht, dass die Gesprächsverbindungsdaten registriert werden. Fragen Sie einen Menschen, ob er das Gefühl hat, wenn er im Kaufhaus etwas mit der Kundenkarte kauft, dass er dann Daten über sich preisgibt. Da werden viele antworten: "Nein, mit der Karte bezahle ich nur." Aber das stimmt nicht, so werden wir ausgeforscht, denn jedes Kaufhaus, jedes Unternehmen registriert genau, wer was kauft, um ein Kundenprofil zu erstellen. Das alles passiert freiwillig, wir buchen das sogar noch unter "Service" ab. Solche Datenerfassungen werden als positiv empfunden, wer dagegen ist, der ist technikfeindlich oder ideologisch.

Es wird uns ein enormes Sicherheitsbedürfnis eingeredet, und darüber geht völlig verloren, dass wir ein Recht darauf haben, uns im öffentlichen Raum und privat unbeobachtet bewegen zu können und ohne, dass wir registriert werden. In der Informationsgesellschaft, in der wir leben, gilt: "Ich kommuniziere, also bin ich." Für den Staat und seine Sicherheitsbehörden ist daraus geworden: "Ich kommuniziere, also bin ich potentiell verdächtig."


Aus: "Ich kommuniziere, also bin ich verdächtig." (von Birgit Gärtner; TP; 18.05.2006 - Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Hartmut Lubomierski über die "Überproduktion von Sicherheit" seit dem 11. September 2001 und das abhanden gekommene Bewusstsein für das Grundrecht auf Achtung und Schutz der Privatsphäre)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22689/1.html

Textaris(txt*bot)

#38
Quote[...] Aus Gründen der nationalen Sicherheit will US-Geheimdienstkoordinator John Negroponte Milliardenklagen gegen die US-Telekoms Verizon, AT&T und BellSouth niederschlagen. Diese haben dem Geheimdienst NSA direkten Zugang zu ihren Netzen und damit Datenverkehr gewährt.

[...] Über einen so genannten "Splitter" dupliziert die NSA den gesamten Verkehr auf der Glasfaser und verteilt ihn auf Batterien von Analyse-Servern.

Dass dieses Öffnen der Netze für die Militärspione keine zwingende Notwendigkeit darstellte, zeigt der Fall eines anderen Netzbetreibers. Qwest hatte sich strikt- und folgenlos geweigert, der NSA Zugriff auf die Leitungen zu geben.

[...] Montag vergangener Woche publizierte das Netzmagazin Wired die Aussage von Mark Klein, dem ehemaligen AT&T-Techniker, der die Affäre ursprünglich ins Rollen gebracht hatte, im Volltext.

Kleins Aussagen über geheime Überwachungszentralen ["secret chambers"], die AT&T für die Militärs eingerichtete hatte, wurden ausgerechnet durch die Anwälte seines ehemaligen Arbeitgebers bestätigt.

Deren Eingabe vor Gericht enthält auch einzelne, aus Gründen der "nationalen Sicherheit" geschwärzte Passagen. Die erwiesen sich nachträglich als durchaus lesbar, denn das veröffentlichte PDF-Dokument enthielt offenbar die Erstellungsgeschichte" des PDF-Dokuments.


Aus: "NSA-Lauschangriff" (futurezone.orf.at; 30.05.2006)
Quelle: http://futurezone.orf.at/it/stories/112413/

Textaris(txt*bot)

#39
Quote[...] Bis zu 16 Server pro Überwachungseinheit analysieren für den US-Militärgeheimdienst NSA pro Sekunde bis zu zwei Gigabyte an Daten von internationalen Carriern. Unerwünschte Datenströme lassen sich mittels neuester Monitoring-Tools bremsen oder auch komplett stoppen.

Die Beteuerungen der von der NSA-Überwachungsaffäre betroffenen US-Telekoms AT&T, Verizon und BellSouth, sie hätten keinesfalls Daten ihrer Kunden an den Geheimdienst weitergegeben, entsprechen tatsächlich dem Sachverhalt.

Eine Weitergabe war auch gar nicht notwendig, die NSA holt sich die Daten nämlich selber ab.

Die genannten US-Telekoms haben den US-Militärgeheimdienst bis in das Allerheiligste jeden Netzwerkers vordringen gelassen - zu den zentralen Core-Switches, die den gesamten Datenverkehr an der - "Backbone" genannten - Datenschlagader kontrollieren.

Dort werden die Datenströme schlicht und einfach auf eine zweite Glasfaserleitung kopiert und dann an die neu errichteten, NSA-eigenen Serverparks unweit der Datenzentren weitergeleitet und verteilt.

Das entspricht den Aussagen des abgesprungenen AT&T-Technikers Mark Klein, der die Affäre ins Rollen brachte.

[...] In Kleins Liste der Ausrüster findet sich zwar unter anderen die Firma Narus, allerdings ist von deren Überwachungssystem nicht sehr viel mehr bekannt, als dass es den in Großrechenzentren mittlerweile üblichen Datenverkehr von 10 Gbit/s nahe an Echtzeit analysieren kann.

[...] Dazu kommt, dass weder Internet-Provider noch Firmen, die direkt an die zentralen Internet-Exchanges angebunden sind, bemerken, dass ihr gesamter Datenverkehr analysiert wird.


Bruchstücke aus: "Echtzeit-Überwachung des Netzverkehrs" (futurezone.ORF.at; 01.06.2006)
Quelle: http://futurezone.orf.at/hardcore/stories/112618/

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Das US-amerikanische Justizministerium will dafür sorgen, dass Internet-Unternehmen Daten über die Online-Aktivitäten ihrer Kunden für zwei Jahre vorhalten. Zu diesem Thema hätten vor einer Woche Justizminister Alberto Gonzales und FBI-Direktor Robert Mueller Vertreter von Unternehmen wie AOL, Microsoft, Google, Verizon und Comcast zu einem Treffen gebeten, berichten CNet und USA Today. Die US-Regierung plane gesetzliche Bestimmungen, die die Unternehmen dazu verpflichten sollen, die Daten für Ermittlungszwecke bereitzuhalten. Dabei gehe es vor allem um die Verfolgung terroristischer Aktivitäten und Bekämpfung von Kinderpornografie.


Bruchstück aus: "Bericht: US-Regierung plant jahrelange Vorratsspeicherung von Internet-Daten" (02.06.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/73833

Textaris(txt*bot)

#41
Schweiz:...
Quote[...]  Der Bundesrat wird zu einem immer grösseren Datensammler. Er plant nicht nur die Erfassung des gesamten Internetverkehrs in der Schweiz, sondern auch eine Fotodatenbank aller Bürger. Auftraggeber sind das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) sowie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD).

[...] In Kriminalfällen möchten sie schnell wissen, was ihre Zielpersonen im Internet treiben. Dazu gehört, welche Websites sie besuchen und welche Daten sie aus dem Internet auf ihre Rechner kopieren. Die Installation neuer Überwachungssoftware in die Kommunikationsnetze soll Bundes- und Kantonsbehörden den Zugriff auf diese Informationen ermöglichen. Sie sollen mehrere Monate lang in einer Datenbank gespeichert werden und die rückwirkende Überwachung ermöglichen.

Die Internetüberwachung soll spätestens 2009 Realität werden. In einem ersten Schritt wollen die Überwacher klären, wo sie ihre Aufzeichnungssoftware installieren werden. Dies könnte bei den Telekommunikationsfirmen sein oder bei den grossen Internetknoten. Als weitere Möglichkeit wird das Abgreifen von Surfdaten direkt an den Internetzugängen der Nutzer diskutiert.

Diese dritte Variante läuft im Prinzip darauf hinaus, die so genannten ADSL-Router und Kabelmodems mit einer als Wanze funktionierenden Software auszurüsten, die im Bedarfsfall von aussen eingeschaltet werden kann. Bei UMTS-Mobiltelefonen mit ihren Internetzugängen ist das schon der Fall. Der schnelle Datenfunk hat auf Verlangen von Polizeibehörden und Geheimdiensten eine Schnittstelle für die Telefonüberwachung. Moderne Mobiltelefone können somit als Abhörstation verwendet werden.

[...]  Gefährlich seien die geplanten staatlichen Datensammlungen wegen der Begehrlichkeiten, die sie weckten, sagt Menna. So äusserte der Kanton Schwyz in seiner Vernehmlassungsantwort zum biometrischen Pass den Wunsch, dass die Datenbank «den Polizeikorps für Fahndungs- und Vermisstenfälle zur Verfügung gestellt werden kann». Der Fototermin in den Erfassungszentren würde somit automatisch zur erkennungsdienstlichen Behandlung ein Vorgang, der bisher eine Verhaftung voraussetzt.

Mit seinen wachsenden Datensammlungen kann der Staat immer präzisere Profile seiner Bürger erstellen. Das neue Informationssystem Ausweisschriften erlaubt es technisch, auf Grund von Fingerabdrücken oder Fotos nach Menschen zu suchen. Richtlinien sollen dies Ermittlern zwar verbieten. Doch bereits verlangt der Kanton Appenzell Innerrhoden, die Abfrage «allein anhand biometrischer Daten» zuzulassen.

[...]  Wie mit Datensammlungen umgegangen wird, entscheidet jedoch nicht die Technik, sondern Politik und Zeitgeist. Beide können sich schnell ändern, wie die Erfahrung zeigt es braucht bloss einen Auslöser. In den Vereinigten Staaten wandelt sich der Staat seit dem 11. September 2001 zum Totalüberwacher seiner Bürger. In Europa werden immer mehr Telefonate abgehört, mit Italien als Spitzenreiter: Im vergangenen Jahr horchten Ermittler dort bei über 100 000 Anrufen mit.


Aus: "Der Schnüffelstaat schaut beim Surfen zu »Der Bund will den gesamten Internetverkehr der Schweiz erfassen und speichern. Erste Versuche starten noch dieses Jahr" (von Daniel Netzger, Jean François Tanda; sonntagszeitung.ch; Donnerstag, 15. Juni 2006)
Quelle: http://www.sonntagszeitung.ch/dyn/news/multimedia/626802.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...]  POTSDAM. Wer ein Handy bei sich trägt, kann künftig von der Brandenburger Polizei ausfindig gemacht werden. Das sieht zumindest ein Referentenentwurf aus dem von Jörg Schönbohm (CDU) geführten Innenministerium vor. Die Novelle sei nötig, um das Polizeigesetz an veränderte technische und rechtliche Gegebenheiten anzupassen, erklärte gestern Innenstaatssekretär Hans-Jürgen Hohnen. Es gehe um "einen Effizienzgewinn für die Polizeiarbeit".

Für die vorgesehene Handy-Ortung mit so genannten "IMSI-Catchern" werden in dem Entwurf mehrere Gründe angegeben. Zum einen wird auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus verwiesen. Denn mit den Geräten kann man Nummern ermitteln, Gespräche stören und eben den Standort herausfinden. Zugleich wird die Suche nach Vermissten erleichtert.

Darüber hinaus soll es der Polizei bald möglich sein, Autokennzeichen im fließenden Verkehr automatisch zu erfassen. Davon verspricht sich das Ministerium Erleichterungen bei der Fahndung nach verdächtigen Fahrzeugen. Enthalten ist in der Novelle auch die gesetzliche Regelung zur Videoüberwachung, die bisher nur im Rahmen eines bis Ende 2006 befristeten Modellversuches an vier Standorten möglich war. Eine Ausweitung ist nicht geplant.


Aus: "Handybesitzer überall zu orten - Innenminister Schönbohm will Polizeigesetz verschärfen" (Berliner Zeitung, 15.06.2006)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/559419.html

Textaris(txt*bot)

#43
Quote[...] Der Bundestag hat sich am heutigen Dienstag gegen einen Gruppenantrag ausgesprochen, mit dem die Bundesregierung zur Klageerhebung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die heftig umstrittene EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten aufgefordert werden sollte. Den Anstoß für die Initiative gab der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag. 133 Oppositionsabgeordnete hatten die Einbringung des Antrags ins Parlament unterstützt. Das Parlamentsplenum lehnte ihn allerdings bei einer Enthaltung aus der Unionsfraktion mit den Stimmen der SPD und der CDU/CSU ab.

[...] Unbeeindruckt zeigten sich die schwarz-roten Parlamentarier auch von einem Positionspapier (PDF-Datei [http://files.humanistische-union.de/2006/PositionspapierVDS_16.6.2006.pdf]), welches das Forum Menschenrechte jüngst an Bundesregierung und Bundestag übergeben hatte. Das Netzwerk von über 45 deutschen Nichtregierungsorganisationen kritisiert die geplante Speicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten bei der Telekommunikation "als völlig unverhältnismäßig und als Angriff auf das Fundament einer freien, demokratischen Gesellschaft". Aus Sicht des Forums verstößt die geplante Vorratsdatenspeicherung gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens und des Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sollte der Bundestag die Richtlinie umsetzen, schaffe er ein Gesetz, welches das Fernmeldegeheimnis sowie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen würde.

Irland und die Slowakei haben bereits Klage gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Luxemburg eingereicht. Ihre Argumentation ist mit der aus dem Gruppenantrag vergleichbar. Der Vorstoß gilt als aussichtsreich, da der EuGH gerade das umstrittene Abkommen zur Übergabe von Flugpassagierdaten zwischen der EU-Kommission und den USA aufgrund fehlender Rechtsgrundlage für nichtig erklärte. Auch in diesem Fall berief sich die Kommission auf ihre Kompetenz zur Binnenmarktregulierung – nun will sie den Beschluss zur Weitergabe der Flugpassagierdaten unverändert auf Basis einer anderen Rechtsgrundlage durchpauken.


Aus: "Bundestag hält Klage gegen Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten für unnötig" (20.06.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/74493

Textaris(txt*bot)

#44
Quote[...] Die Vorratsspeicherung, wie sie die Richtlinie vorsieht, ermöglicht die lückenlose Aufzeichnung des Kommunikationsverhaltens sämtlicher NutzerInnen von elektronischer Kommunikation. Über mindestens sechs Monate wird damit rekonstruierbar, wer wann wie lange mit wem von welchem Ort aus kommuniziert hat und welches Kommunikationsmedium dabei verwendet wurde. Mithilfe der automatisierten EDV ist es leicht möglich, Einzelangaben zusammenzutragen, um Nutzungs-, Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile zu erstellen und somit ein umfassendes Bild des Menschen sowie seiner Lebensumstände zu erhalten. Entgegen den Äußerungen der Bundesjustizministerin ist es trotz des zwischen Europäischem Rat und Europäischem Parlament vermeintlich erzielten Kompromisses weiterhin möglich, Bewegungsprofile zu erstellen. Denn nach der Richtlinie werden nach wie vor eine Reihe von Standortdaten bei der Kommunikation gespeichert: Bei Mobilfunkverbindungen betrifft dies den Standort bei Beginn der Kommunikation. Bei Festnetzanschlüssen oder der Interneteinwahl erfolgt eine Standorterfassung bereits durch die Adressenspeicherung der Nutzerin / des Nutzers (in der Regel die Rechnungsadresse). Das bedeutet, dass mit nur wenigen Kommunikationsvorgängen am Tag, dazu gehören beispielsweise Empfang einer SMS, Abrufen der Mailbox, Einwahl ins Internet am privaten PC, ein bis zwei Telefonate, relativ genaue Bewegungsprofile einer Person erstellt werden können – und das europaweit.

[...] Mit der Einführung einer obligatorischen und überdies verdachtslosen Speicherung würde
der über jede Person anfallende Datenschatten sämtlicher ihrer über technische Medien vorgenommenen Verhaltensweisen für eine längere Dauer in einem dem potentiellen Zugriff aller befugten Stellen angelegten Informationsreservoir zur Verfügung gestellt. Nach deutschem Recht sind bereits die Strafverfolgungsbehörden und – seit dem Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes – das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst sowie je nach landesgesetzlicher Regelung die Landesämter für Verfassungsschutz befugt, die bisher vorhandenen Verbindungsdaten unter bestimmten Voraussetzungen abzufragen.

[...] Die Freiheit und die Vertraulichkeit des Briefverkehrs und anderer Kommunikationsformen
gehören zu den Pfeilern einer demokratischen Gesellschaft. Sie stehen daher sowohl unter
besonderem Schutz durch die Verfassung als auch durch die Europäische Menschenrechtskonvention.
Die Vorratsspeicherung droht nicht nur das Vertrauen der Bevölkerung in die Nutzung dieser Kommunikationsmittel insgesamt und nachhaltig zu beschädigen. Denn Grundlage dieser mit sensitivsten Daten der Bürgerinnen und Bürger arbeitenden Infrastrukturen ist das – stets auch von der Europäischen Union betonte – Vertrauen in deren datenschutzrechtlich abgesicherte Nutzbarkeit. Darüber hinaus trifft dies den vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung hervorgehobenen Punkt, wonach die Befürchtung einer staatlichen Überwachung schon im Vorfeld zu Befangenheit in der Kommunikation und damit zu Kommunikationsstörungen und Anpassungen führen könne.
Die drohenden Einschränkungen der Grund- und Menschenrechte durch die Vorratsdatenspeicherung erschüttern die Kommunikation einer freien Gesellschaft daher insgesamt.


Bruchstück aus: ",,Vorratsdatenspeicherung" verstößt gegen Grundrechte und
untergräbt eine freie Gesellschaft - ositions- und Forderungspapier des FORUM MENSCHENRECHTE" (16.6.2006)
Quelle: http://files.humanistische-union.de/2006/PositionspapierVDS_16.6.2006.pdf

lemonhorse

#45
Quote[...] Der zuletzt im Zusammenhang mit umstrittenen Internet- und Telefon-Überwachungsmaßnahmen des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) in die Kritik geratene Telekommunikationsdienstleister AT&T ändert mit Wirkung zum morgigen Freitag seine Datenschutzbestimmungen. In der neuen Privacy Policy schreibt AT&T unter anderem fest, dass nicht der Kunde, sondern künftig allein das Unternehmen Verfügungsrechte über gespeicherte Kundendaten hat. Wer AT&Ts neue Satelliten-TV- und Internet-Videodienstleistungen in Anspruch nimmt, muss zudem damit rechnen, dass der Infrastrukturanbieter persönliche Verhaltensmuster analysiert: AT&T nimmt sich heraus, sowohl bei Homezone (SAT-TV) als auch bei U-verse (IP-Video) haushaltsbezogene Informationen über "Sendungen, Spiele, Aufnahmen und andere Wahlmöglichkeiten" zu sammeln und zu verarbeiten.

Mögliche Gründe für eine Weitergabe von Kundendaten sind laut den neuen AT&T-Bestimmungen "unter Strafandrohung verlangte Offenlegungsbeschlüsse, Gerichtsanordnungen oder sonstige rechtliche Verfahren". Entfernt wurde der in der alten Privacy Policy enthaltene Passus, wonach es sich dabei um gesetzlich zulässige Verfahren handeln muss. Zudem kann AT&T die Daten künftig verwenden, "um illegale Aktivitäten, Betrugsabsichten oder mögliche körperliche Bedrohungen gegen andere Personen zu untersuchen und zu verhindern" – eine Formulierung, die nach Meinung von Datenschützern bewusst gewählt wurde, um möglichst jeden Aspekt im Zusammenhang mit staatlichen Antiterror-Maßnahmen abzudecken. Gestrichen wurde in den neuen Klauseln auch der Satz, dass Datenschutz sowohl für Kunden als auch für Mitarbeiter von AT&T eine wichtige Angelegenheit ist.


Aus: "AT&T und der Datenschutz" (22.06.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/74578

Textaris(txt*bot)

#46
Quote[...]  June 30 (Bloomberg) -- The U.S. National Security Agency asked AT&T Inc. to help it set up a domestic call monitoring site seven months before the Sept. 11, 2001 attacks, lawyers claimed June 23 in court papers filed in New York federal court.

The allegation is part of a court filing adding AT&T, the nation's largest telephone company, as a defendant in a breach of privacy case filed earlier this month on behalf of Verizon Communications Inc. and BellSouth Corp. customers. The suit alleges that the three carriers, the NSA and President George W. Bush violated the Telecommunications Act of 1934 and the U.S. Constitution, and seeks money damages.


Snatch from: "Spy Agency Sought U.S. Call Records Before 9/11, Lawyers Say" (Bloomberg; June 30 2006)
Source: http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=20601087&sid=abIV0cO64zJE&refer

Textaris(txt*bot)

#47
Quote[...] Demnach sollen die bestehenden Befugnisse der Nachrichtendienste, bei Luftfahrtunternehmen, Banken, Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen Auskünfte einzuholen, künftig auch zur Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Inland eingesetzt werden. Voraussetzung soll sein, dass die Pläne für solche schweren Straftaten "die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt fördern". Dabei könnte es sich etwa um Hetze rechtsextremistischer Organisationen oder um islamistische Hasspredigten handeln. Entsprechend ausgedehnt werden sollen auch die Ermächtigungen zum Einsatz des umstrittenen IMSI-Catchers. Dieser soll der "Identifikation von Mobiltelefonen" dienen, eignet sich aber auch zur Überwachung von Gesprächsinhalten.

Der Entwurf, der im Herbst in den Bundestag eingebracht werden soll, will deutschen Nachrichtendiensten ferner die Ausschreibung von Personen zur europaweiten verdeckten Registrierung und Fahndung im Schengener Informationssystem (SIS) "zur Abwehr von erheblichen Gefährdungen für die innere oder äußere Sicherheit" eröffnen. Das SIS wird gerade auf Betreiben Brüssels zu einer komplexen Datenbankstruktur ausgebaut, die von Bürgerrechtlern als "panoptische Überwachungsmaschine" scharf kritisiert wird. Eingefügt werden in das SIS der nächsten Generation zahlreiche neuer Kategorien, die insbesondere biometrische Daten wie ein digitalisiertes Gesichtsbild und (genetische) Fingerabdrücke umfassen.

Die Nachrichtendienste sollen darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, Auskünfte zu so genannten Kontostammdaten nach dem Kreditwesengesetz zu erhalten. Wegen der anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den geltenden Regelungen zur Kontostammdatenauskunft will die Große Koalition die entsprechende gesetzliche Regelung aber vorläufig zurückstellen. Weiter wollen die Regierungsfraktionen es den Diensten ermöglichen, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Auskünfte zu Fahrzeug- und Halterdaten aus dem Zentralen Fahrzeugregister beim Kraftfahrtbundesamt auch automatisiert abzurufen. Die Befugnisse sollen insgesamt auch für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und Bundesnachrichtendienst (BND) gelten, die bisher weniger Rechte zur Dateneinsicht hatten. Dem BND würden damit aber keine Bevollmächtigungen im Rahmen der so genannten Eigensicherung im Inland eröffnet, glauben die Innenpolitiker von Schwarz-Rot.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Hans-Christian Ströbele, rügte das Koalitionsvorhaben scharf. Seine Partei hätte immer befürchtet, dass die Sondervorschriften und erweiterten Befugnisse der Nachrichtendienste, die allein zur Terrorismusbekämpfung gedacht gewesen seien, nach einiger Zeit auch auf andere Aufgabengebiete ausgeweitet würden, betonte der Berliner Abgeordnete und sprach von einem "Missbrauch der Sorge um den islamistischen Terrorismus". Kritik kommt auch von Petra Pau, stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei. "Es geht um einen erneuten Angriff aufs Grundgesetz – von Amts wegen", wettert die Innenpolitikerin. Mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts hätten belegt, dass die Gesetze zur Terrorismusbekämpfung teilweise über Gebühr in die Bürgerrechte eingreifen. Davon unberührt wollten die Unionsparteien und die SPD nun noch draufsatteln.


Aus: "Große Koalition über Verschärfung der Anti-Terrorgesetze einig" von Stefan Krempl (heise.de/newsticker; 04.07.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75059


Textaris(txt*bot)

#48
Quote[...] 04. Juli 2006
Union und SPD wollen die Ermittlungsbefugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) und anderer Geheimdienste im Inland erweitern. Die große Koalition will nach der Sommerpause ein sogenanntes Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz mit entsprechenden Änderungen im Bundestag einbringen. Die Dienste sollen nach Koalitionsplänen künftig auf Fahrzeug- und Autohalterdaten zugreifen können und im Inland Kontostammdaten verdächtiger Personen abfragen dürfen. Außerdem sollen die Nachrichtendienste Personen innerhalb der Europäischen Union überwachen lassen können.

Der Auslandsgeheimdienst stand zuletzt wegen überwiegend rechtswidriger Observierungen gegen deutsche Journalisten und Publizisten, eine ,,Informationspanne" im Fall El Masri sowie wegen einer geheimen Bagdad-Mission in der Kritik. Das Kanzleramt hatte nach den Vorkommnissen personelle Konsequenzen angekündigt und Verfahren eingeleitet. Geplant ist zudem eine Überarbeitung der Dienstanweisungen.

Die große Koalition beabsichtigt dennoch, sowohl für den Auslandsnachrichtendienst als auch die beiden anderen Geheimdienste (Militärischer Abschirmdienst und Bundesamt für Verfassungsschutz) bisherige Beschränkungen aufzuheben, die unter anderem aus verfassungsrechtlichen Gründen bestehen. Der FDP-Innenpolitiker Stadler nannte dieses Vorgehen ,,wirklich empörend". Hier würden Gesetze mit Ausnahmecharakter, die nach den Terroranschlägen auf Amerika eilig erlassen worden waren, zur Regel gemacht. Das sei ,,das Gegenteil dessen, was notwendig wäre", sagte Stadler dieser Zeitung.

Die große Koalition will überdies die schon seit 2002 bestehenden Auskunftsrechte ergänzen. Sie sollen nicht nur für den internationalen Terrorismus gelten, sondern auch für ,,verfassungsfeindliche Bestrebungen im Inland", die die Anwendung von Gewalt befürworten.


Aus: "Koalition will BND-Befugnisse ausweiten" (faz.net; Text: pca., F.A.Z., 05.07.2006, Nr.153)
Quelle:
http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E9528C35EBB7B490487C848B72CBD05A4~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Textaris(txt*bot)

#49
Quote
[Der Kölner Rechtsanwalt Gerhart Baum, 1932 geboren in Dresden, war von 1972 bis1978 für die FDP Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und von 1978 bis 1982 selbst Bundesinnenminister. 2004 und 2006 war er an erfolgreichen Verfassungsbeschwerden gegen den ,,großen Lauschangriff" und gegen das ,,Luftsicherheitsgesetz" beim Bundesverfassungsgericht beteiligt]

[Gerhart Baum:] [...] Die Erosion der Grundrechte schreitet rapide fort. Die Staatsorgane haben sich angewöhnt, die Grundrechte nicht mehr zu achten. Ich mache das fest an zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die ich selber mit bewirkt habe: die Entscheidung gegen die Wanze in der Wohnung, also gegen den "Großen Lauschangriff" 2004 und die Entscheidung gegen das "Luftsicherheitsgesetz" im Jahre 2006. Beide sind fundamentale Entscheidungen, die rügen, daß das Parlament, die Regierung und auch der Bundesrat das fundamentale Prinzip der Verfassung - Schutz der Menschenwürde - nicht beachtet haben.
Die Entscheidung zur verdachtsunabhängigen Rasterfahndung, die vor kurzem ergangen ist, ist noch zu nennen.

[...] wir sind in einer sehr kritischen Situation, was diesen Teil der Grundrechte angeht.-
Ich würde mir wünschen -  ich sag' das schon seit Jahren -  eine bundesweite Bewegung "Rettet die Grundrechte". Wir erleben und erfahren diesen Prozeß im Grunde seit der Reaktion des Gesetzgebers auf den RAF-Terrorismus. Also wir sind in einer Phase der innenpolitischen Aufrüstung seit einigen Jahrzehnten.

[...] ich habe versucht, einen Teil der Terrorismusgesetze abzubauen, ich habe den "Radikalenerlaß" 1979 aufgehoben; es gab da eine Gegenbewegung, wir haben dem Datenschutz wieder zu seinem Recht verholfen bei der Abwägung zwischen polizeilichen Ermittlungsnotwendigkeiten und Datenschutz. Die Stimmung hat sich geändert. Das heißt also, diejenigen, die "zur Wahrung der Inneren Sicherheit" die Freiheitsrechte einschränken, können dies ohne weiteres tun, diejenigen, die die Freiheit verteidigen, müssen beweisen, warum das notwendig ist. Es ist auch eine merkwürdige Rechtskonstruktion eines Grundrechts auf Innere Sicherheit in die Diskussion gekommen seit einigen Jahren; meine Verfassung kennt ein solches Grundrecht nicht. Innere Sicherheit ist eine Möglichkeit zur Bewahrung der Freiheit. Also die Freiheit ist das oberste Grundrecht. Und die Angst wird mit Gefahren begründet, die zum Teil nur "gefühlte" Gefahren sind, und auch mit Gefahren, die man eben nicht ausschließen kann. Auch das gehört dazu, daß man dem Wähler sagt: Es gibt Gefahren, die man gar nicht verhindern kann; wir können die Risiken mindern. Also hier wird einer im Vergleich zur Situation in den siebziger Jahren leider sehr gleichgültig gewordenen Öffentlichkeit etwas vorgemacht und die läßt sich regelmäßig über den Tisch ziehen.

[...] In der Gesellschaft gibt es andere Prioritäten; die Menschen sind von ganz anderen Sorgen geplagt, und die Gesellschaft ist davon geprägt. Die gesellschaftlichen Milieus driften auseinander; wachsende Armut, Unterprivilegierung, das hat sicher mit dazu beigetragen, daß man solchen Themen wie Datenschutz keine so große Aufmerksamkeit schenkt. Aber das ist ein ganz gefährlicher Prozeß. Beim Datenschutz übrigens ist der Prozeß nicht nur im Gange auf seiten der Staatsorgane, sondern auch auf seiten der "Privaten". Die Speicherung des Verbraucherverhaltens beispielsweise ist eine ganz große Gefahr.

Das Schlimme ist, daß wir zu einem Volk der Verdächtigen werden. Wir sind wirklich schon in einem Überwachungsstaat. Die Fußballweltmeisterschaft hat das noch einmal deutlich gemacht, wo also Hilfspersonal der Prüfung des Verfassungsschutzes unterzogen wird. Der Radikalenerlaß ist also wieder da für Putzfrauen und Feuerwehrleute in den Stadien. Weil man die "Verdächtigen" nicht kennt, bezieht man also den normalen Bürger ein. Im Grunde müssen wir in vielen Situationen nachweisen, daß wir nicht verdächtig sind. Die Verdachtsabhängigkeit von Fahndung zerrinnt und verliert sich im Nebel. Jetzt wird auf Teufel komm raus gefahndet. Und die Rasterfahndung nach dem 11. September, die wir von Anfang an kritisiert haben, die auch nicht wirkungsvoll ist, keine Erfolge gebracht hat, bezieht eben große Gruppen der Bevölkerung aufgrund von vagen Merkmalen ein, und das hat das Verfassungsgericht jetzt gestoppt.

[...] Einerseits wird dafür plädiert, daß der Einzelne mehr Verantwortung zu übernehmen habe bei der Altersversorgung, der Gesundheitsvorsorge beispielsweise, daß der Staat sich also zurückzieht, andererseits haben wir den bevormundenden, überwachenden Staat im Bereich der "Inneren Sicherheit", und die neue Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus wird einfach benutzt von den Konservativen, um immer neue Forderungen zu stellen. Wir haben ja eine Serie von Debatten in der Geschichte der Bundesrepublik, die immer neue Verschärfungen der Sicherheitsgesetze gebracht haben. Ich denke an die gespenstische Debatte über das "organisierte Verbrechen". Monatelang, jahrelang hat man über das "Organisierte Verbrechen" geredet, keiner wußte genau, was das ist. Das Verfassungsgericht hat vergeblich versucht, in einem der Verfahren, die wir geführt haben, herausarbeiten zu lassen durch die Staatsorgane, was eigentlich "Organisiertes Verbrechen" ist. Dann gab es monatelang Debatten über ein Vermummungsverbot. Also es brandeten immer neue Wellen der Erregung hoch, und die größte Erregung der letzten Zeit war eben der 11. September, und zur Beruhigung wurden diese Schily-Gesetze eingebracht. Zum Teil sind sie durchaus berechtigt, aber zum Teil sind sie hochgefährliche Einbrüche in persönliche Freiheitsrechte -  und sind eben Symbolhandlungen: Der Bevölkerung soll etwas vorgemacht werden.

[...] Also hier wird eine Totalprotokollierung der Telekommunikation vorgenommen, und das kann man nur tun, wenn man sagt, wir gehen zunächst einmal davon aus, daß ihr alle in Frage kommt. Wir sind wirklich auf dem Weg in einen Überwachungsstaat. Ich habe lange gezögert, eine solche Aussage zu machen, aber wir werden unser blaues Wunder erleben. Wir sind weit über Orwell hinaus.

[...] Ja, ich kann die Frage nicht endgültig beantworten, warum die Bürger so gleichgültig sind. Sie sind ein bißchen aufgewacht, als sie merkten, daß der Staat oder die Finanzämter sehr viel leichter an ihre Konten kommen. Das hat sie zeitweise beunruhigt, aber die Beunruhigung ist schon wieder verraucht. Ich meine, daß eine freiheitliche Gesellschaft, auch wenn sie im Großen und Ganzen stabil ist, immer wieder gegen Erosion geschützt werden muß. Und dieser Erosionsprozeß, den wir jetzt erleben bei einem Teil der Grundrechte, ist so noch nie da gewesen.



Aus: "Interview mit Gerhart Baum - "10 Jahre Grundrechte-Report" - ,,Wir sind weit über Orwell hinaus"
Von Hans-Detlev von Kirchbach (Neue Rheinische Zeitung; Beitrag des Online-Flyers Nr. 48 vom 14.06.2006)
Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=1660


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#50
Quote[...] Diese Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten sei weder mit dem Grundgesetz noch mit geltendem EU-Recht zu vereinbaren und würde eine "schleichende Zweckentfremdung" von Milliarden Daten Vorschub leisten.

Geschützte Lebensbereiche wie beispielsweise das Verhältnis von Arzt und Patient seien auch betroffen, da die elektronische Gesundheitskarte auch von der Richtlinie betroffen sei. Selbst in Kaufhäusern müssten die Daten vorgehalten werden, da Karten mit RFID-Chips ebenfalls betroffen seien. Eine gesetzlich verbindliche Kontrolle darüber, was die kommerziellen, medizinischen oder pharmazeutischen Einrichtungen mit den zu speichernden Daten während dieser Zeit tun, steht noch aus.

Außer Dix hat auch die Presse in Deutschland Zweifel an der Richtlinie. Christoph Fiedler vom Verband der Deutschen Zeitschriftenverleger sieht die Vorratsdatenspeicherung an sich als problematisch an. Wie er sagte, sei in Zeiten des Terrorismus, in denen Staaten vermehrt insgeheim agieren und Grundrechte beeinträchtigen, jede Demokratie auf eine robuste und effektive Pressearbeit angewiesen. Er forderte die Bundesregierung und das Parlament auf, eine besondere Sicherung der Journalisten und der Pressefreiheit bei der Umsetzung der Richtlinie vorzusehen.

Die regierende schwarz-rote Koalition geht jedoch noch einen Schritt weiter und fordert neben der verdachtsunabhängigen Speicherung mehr grenzüberschreitenden Austausch von personenbezogenen Daten und mehr geheimdienstliche Zusammenarbeit. Außerdem stellt sich das Innenministerium auf den Standpunkt, die Richtlinie sei ein guter Kompromiss zwischen den Interessen der Nutzer, der Wirtschaft und den Strafverfolgungsbehörden.


Aus: "Datenschützer fordert Moratorium bei EU-Vorratsdatenspeicherung" (von Kathrin Schmitt; 05.07.2006; silicon.de)
Quelle: http://www.silicon.de/enid/storage_network/20411


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#51
Quote[...] Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar hat die Pläne der Bundesregierung kritisiert, den Geheimdiensten mehr Rechte einzuräumen. Der Frankfurter Rundschau sagte er, er halte das Vorhaben für "sehr kritisch", da es auch die Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten aufweiche. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix sagte laut dem Bericht sogar: "Da kommen wir in den Bereich, wo die Meinungsfreiheit berührt ist." Auch Nordrhein-Westfalens Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol kritisierte, die Zugriffsrechte der Geheimdienste auf Telefon-, Post- und Bankdaten seien 2002 mit Terrorismusbekämpfung begründet worden. Es sei nicht akzeptabel, dass sie nun zu "Alltagsinstrumenten der Verfassungsschutzarbeit" werden.


Aus: "Datenschützer kritisieren geplante Befugniserweiterung der Nachrichtendienste" (07.07.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75193

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#52
Quote[...] Die US-Bundespolizei FBI soll einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet haben, der Internet Service Provider (ISP) zur Einrichtung von Abhörschnittstellen verpflichtet, berichten US-amerikanische Medien. Barry Smith, ein Beamter des FBI, soll diesen Vorschlag auf einem privaten Treffen mit Industrie-Vertretern verbreitet haben. Außerdem soll er angedeutet haben, dass der republikanische Senator Mike DeWine diesen Vorschlag in den Kongress einbringen werde.

Der Vorschlag sieht vor, dass Netzwerkausrüster zum Einbau oder zur Nachrüstung geeigneter Schnittstellen für Abhörmaßnahmen verpflichtet werden. Bislang gelte diese Vorschrift nur für Hersteller von Fernmelde- und Telefonietechnik. Weiterhin sollen Abhörmaßnahmen auch auf Internetdienste wie Instant Messaging ausgedehnt werden können, wenn nach Ansicht der Behörden ein "öffentliches Interesse" besteht. ISPs sollen verpflichtet werden, die Kommunikation ihrer Kunden beispielsweise auf VoIP-Gespräche zu untersuchen und deren Verbindungsdaten zu speichern. Die Pflicht des Justizministeriums, über die Abhörmaßnahmen zu berichten, soll indessen abgeschafft werden.


Aus: "FBI schlägt Abhör-Gesetz vor" (heise.de/newsticker; 08.07.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75227



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#53
Quote[...]  BRÜSSEL Ob Überweisung auf das Taschengeldkonto des Kindes oder Mietzahlung - ab kommendem Jahr soll der Geldverkehr innerhalb und außerhalb der EU lückenlos kontrolliert werden. Nach der Brüsseler Kommission hat jetzt auch das Europäische Parlament eine entsprechende Richtlinie gebilligt, bei der es vor allem um ein Ziel geht: Die Finanzierungsquellen von Terroristen und anderen Straftätern sollen ausgetrocknet werden. Europa sei entschlossen, "sich an den internationalen Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus zu beteiligen", sagte der für den Bereich Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Charlie McCreevy.

[...] Konkret werden künftig nicht nur vom Auftraggeber, sondern auch vom Empfänger alle persönlichen Daten wie vollständige Anschrift und Kontoverbindung gespeichert. Wer eine Überweisung oder Einzahlung ohne Nennung seines Namens wünscht, erhält eine Identifikationsnummer, mit der zumindest die am Zahlungsvorgang beteiligten Geldinstitute den Absender jederzeit ausfindig machen können. Die Banken und Sparkassen erhalten alle Möglichkeiten, die Angaben zu überprüfen. Ausdrücklich dürfen sie in Zweifelsfällen eine Überweisung auch zurückhalten.

Zwar lässt die neue europäische Richtlinie einen Spielraum für ein vereinfachtes Verfahren innerhalb der EU sowie Überweisungen unterhalb von 1000 Euro. Doch vom Grundsatz her müssen auch in solchen Fällen jederzeit alle Informationen für einen eventuellen Abruf durch die Strafverfolgungsbehörden vorgehalten werden.

[...] Das Ja des Parlamentes zu der neuen Richtlinie erfolgt nur wenige Tage nach der Aufdeckung der "Swift"-Affäre. Die in Belgien ansässige Gesellschaft für weltweite Finanzmarkt- Telekommunikations- Dienstleistungen (Swift) hatte jahrelang Daten über den Zahlungsverkehr zwischen europäischen Banken an den US-Geheimdienst CIA weitergeleitet. Derzeit laufen noch die Ermittlungen, inwieweit die Gesellschaft belgische Gesetze gebrochen hat. Erst danach kann die EU ihrerseits prüfen, ob nicht auch die EG-Gesetze zum Schutz persönlicher Daten aus dem Jahr 1995 verletzt wurden. Washington begründet das Einholen dieser Informationen allerdings mit dem gleichen Argument, dass die EU nun benutzt, um den Geldverkehr zu öffnen: Kampf gegen den Terrorismus.


Aus: "Der gläserne Bankkunde - Fahnder können Geldverkehr verfolgen"
Von DETLEF DREWES (maerkischeallgemeine.de; 11.07.2006)
Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10745157/492531/


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Quote[...] Kiel - Die Weitergabe von Bankdaten deutscher Kunden an US-Geheimdienste über das in Belgien ansässige Überweisungssystem Swift geht nach Behördeninformationen ungebremst weiter. "Unseres Wissens findet die Weitergabe der teilweise sensiblen Transaktionsdaten von unverdächtigen Bank-Kundinnen und -Kunden an US-Behörden unbeeindruckt von der öffentlichen Kritik weiter statt, ohne dass uns bisher ein Verantwortlicher eine plausible Rechtfertigung hierfür nennen konnte", erklärte der Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Thilo Weichert, am Dienstag.

Der Kieler Datenschützer hatte nach eigenen Angaben von den elf größten Banken des Landes Auskunft über die Datenweitergabe verlangt. "Für die Wahrung des Bankgeheimnisses sind in erster Linie die Banken selbst verantwortlich", sagte er.

Die Geldinstitute "können und müssen dafür sorgen, dass der millionenfache Vertrauensbruch sofort gestoppt wird", forderte Weichert. Daran müsse auch die deutsche Wirtschaft größtes Interesse haben.


Aus: "USA erhalten weiter deutsche Bankdaten" (fr-aktuell.de; 18.07.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=da0f74ab72e443be88dc80b965d55f5a&em_cnt=931054


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#54
Quote[...] Berlin - Die Bundesregierung will den deutschen Geheimdiensten die Abfrage von Fluggast- und Kontodaten erleichtern. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Verlängerung und Ausweitung der Anti-Terror-Gesetze, die 2002 nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet worden waren. Das alte Gesetzespaket läuft im Januar 2007 aus. Das neue "Terrorbekämpfungsergänzungsgesetz" ist erneut auf fünf Jahre befristet. Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz warf der Regierung vor, mit dem Entwurf gegen die vorgaben des Grundgesetzes zu verstoßen. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel sei nicht mehr gewahrt. "Die bewährte Trennung von Polizei und Geheimdiensten soll mit einem Handstreich aufgehoben werden", erklärte Piltz.

Die geplante Erweiterung der Anti-Terror-Gesetze erleichtert dem Bundesnachrichtendienst (BND), dem Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) unter anderem die Abfrage von Passagierdaten, die die Dienste künftig direkt von den Fluggesellschaften einholen können sollen. Auch das Verfahren zur Abfrage von Kontoauskünften, Post- und Telefonverbindungsdaten soll vereinfacht werden. Über die Erteilung dieser Auskünfte sollen künftig die für die jeweiligen Geheimdienste zuständigen Ministerien entscheiden.


Aus: "Leichtere Datenabfrage für Geheimdienste" (ksta.de; ERSTELLT 12.07.06, 14:37h, AKTUALISIERT 12.07.06, 20:33h)
Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1152655273579.shtml

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#55
Quote[...] Laut dem Regierungsentwurf für das "Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz" (TBEG) sollen Geheimdienste zusätzlich zu Verbindungs- und Standortdaten aus dem Telekommunikationsbereich erstmals auch Bestands- und Nutzungsdaten von Online-Anbietern ohne große Eingriffshürden abfragen dürfen. Die Bundesregierung begründet den Vorstoß damit, dass "beispielsweise Vertragsdaten bei Internetauktionshäusern und ­Tauschbörsen etwa zum Handel und Vertrieb volksverhetzender Propagandamaterialien erhoben" und derlei Umtriebe besser verhindert werden könnten. Ebenfalls ins Visier der Nachrichtendienste geraten dürften nach Ausstellung der neuen Vollmachten insbesondere viel genutzte Suchmaschinen wie Google und Yahoo oder E-Commerce-Größen wie Amazon.

Die weitgehende Formulierung, die deutlich über die zuvor von der Großen Koalition bekannt gegebenen Eckpunkte der Novelle hinausgeht, findet sich in Paragraph 8a des umstrittenen Gesetzesentwurfs. Er bezieht sich zunächst auf den Verfassungsschutz. Dieser soll laut Absatz 5 bei Telediensteanbietern Auskunft einholen dürfen zu "Merkmalen zur Identifikation des Nutzers", zu "Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung" sowie Informationen "über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Teledienste". Dies entspricht der vollständigen Definition von Nutzungsdaten aus dem Teledienstedatenschutzgesetz und würde komplette Server-Logdateien mit einschließen. Im Folgetext des Entwurfes werden die Befugnisse auch auf den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und den Bundesnachrichtendienst (BND) ausgedehnt, die beide im Zuge der Reform hinter dem Verfassungsschutz nicht länger zurückstehen sollen.

"Man glaubt es kaum: das Surfverhalten kommt auf den Präsentierteller und der gläserne Internetnutzer wird Realität", empört sich der Elmshorner Jurist Patrick Breyer über die Pläne. Und dies in Zeiten, in denen sich die Geheimdienste bei der Wahrung von Grundrechten immer wieder unzuverlässig gezeigt hätten. In der Sache würden sich die Begehrlichkeiten auf "alle Daten über die Telefon- und Internetnutzung" beziehen. Dazu komme, dass die Anbieter mit der anstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten diese mindestens sechs Monate aufbewahren und den Nachrichtendiensten zugänglich machen müssten.

Die Anwendung der Bestimmungen will die Bundesregierung auf die Untersuchung von Bestrebungen und Tätigkeiten beschränken, "die bezwecken, zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören". Eingeschlossen werden sollen auch Fälle, in denen konkret Gewalt angewendet oder ihr Einsatz vorbereitet beziehungsweise dazu aufgerufen wird. Dies kann sich laut dem Entwurf auch auf die Unterstützung von Vereinigungen beziehen, "die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen". Anordnungen sollen über die entsprechenden Ministerien erteilt werden können. Teilweise ist vorgesehen, später die "G 10-Kommission" des Bundestags, das parlamentarische Gremium zur Geheimdienstkontrolle, zu informieren.

In der Gesetzesbegründung argumentiert die Regierung, dass die Einsicht in die Bestandsdaten die bisher bestehende Auskunftsregelung zu Verkehrsdaten "abrundet". Mit Sorge verweist sie darauf, dass etwa eBay die Möglichkeit biete, "auf seiner Plattform einen eigenen virtuellen 'Verkaufsraum' einzurichten". Entsprechend wäre die Information relevant, ob eine Person dort als so genannter Powerseller registriert ist, also regelmäßig Waren in größerem Umfang an- und verkauft. Dies könne Rückschlüsse auf die Beschaffung von Finanzmitteln zulassen. Im Bereich der Spionageabwehr sieht die Regierung ferner "einen Bedarfsfall beispielsweise gegeben, wenn auf der Internetplattform eines Auktionshauses Patente und technische Zeichnungen eines proliferationsrelevanten dual-use-Produktes angeboten werden". Bei solchen möglichen Waffenhändlern wäre es interessant zu erfahren, "welche Person und/oder Firma sich hinter dem – üblicherweise verwendeten – Anbieterpseudonym verbirgt und ob Informationen über weitere Internetangebote dieser Person/Firma vorliegen".

Auch die bisherigen Auskünfte zu Post-, Telekommunikations- und Telediensten sollen künftig unter der neuen, etwa auch ein Vorgehen gegen Hassprediger erlaubenden Einsatzschwelle der Bestands- und Nutzungsdatenabfrage erteilt werden. Bisher waren diese an die strengeren Voraussetzungen des G 10-Gesetzes gebunden, die einen konkreten Bezug etwa zu terroristischen Straftaten oder zur organisierten Kriminalität erforderten. Die Regierung hält die Erleichterung für angemessen, da "Auskunftsgegenstand keine Kommunikationsinhalte sind und insofern eine andere abstrakte Verhältnismäßigkeitsabwägung" als nach dem normalen Geheimdienstgesetz angezeigt sei. Dass Nutzungsdaten aus dem Web oft mehr Aussagekraft etwa über religiöse oder sexuelle Vorlieben und sonstige Interessen haben können als Gesprächsinhalte, thematisiert der Entwurf nicht. Der "spezifischen Sensibilität" der abgefragten Informationen will man allein "verfahrensmäßig" Rechnung tragen, indem die Kontrolle der Bespitzelung "insoweit bei den am G 10 orientierten Maßgaben bleibt".

Die Opposition kritisierte den Kabinettsbeschluss zum TBEG vergangene Woche scharf. Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz warf der Regierung vor, endgültig die Grenzen grundgesetzlicher Vorgaben zu überschreiten. Die bewährte Trennung zwischen Geheimdiensten und Polizei werde aufgehoben. Eine zunehmende Datenschnüffelei befürchtet auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. Es sei unverfroren, wenn Schwarz-Rot Ausnahmegesetze zur Terrorismusbekämpfung zum Alltagsinstrumentarium der Geheimdienste machen wolle. Die nach dem 11. September 2001 erweiterten Befugnisse haben laut den Grünen nur Begehrlichkeit bei anderen Diensten geweckt.


Aus: "Die Ausdehnung der Anti-Terrorgesetze und der gläserne Nutzer" (heise.de/newsticker; 18.07.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75621

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Quote[...] Die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze durch die Bundesregierung hält der BND-Chef für zutiefst sinnvoll. Deutschland sei «nicht auf dem Weg zu einem Überwachungsstaat», sagte er dem Blatt; die Trennung zwischen Nachrichtendienst und Polizei sei gesetzlich eindeutig verankert.


Aus: "BND-Chef will Zusammenarbeit stärken" (nz; 24. Jul 2006)
Quelle: http://www.netzeitung.de/spezial/kampfgegenterror/426619.html


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#56
Quote[...] US-Präsident Bush persönlich soll eine interne Überprüfung des Justizministeriums verhindert haben, die sich mit der massenhaften Sammlung und Analyse von Verbindungsdaten im Bereich der Telefonie und des Internet beschäftigen sollte. Das "Office of Professional Responsibility", eine Art ethische Kontrollabteilung des Justizministeriums, war im Januar von Vertretern der demokratischen Partei aufgefordert worden, das Vorgehen der US-Regierung zu überprüfen.

Ende vergangenen Jahres war durch einen Bericht der New York Times bekannt geworden, dass die für Auslandsspionage zuständige NSA auch den inländischen Telefonverkehr überwacht hatte. Zwar sollen dabei nur Verbindungsdaten erfasst worden sein. Dennoch handelt es sich - ohne richterliche Verfügung für jeden Einzelfall - um ein rechtlich zweifelhaftes Vorgehen.

Doch Bush selbst soll interveniert haben, um dem Office of Professional Responsibility die notwendigen Zugriffsrechte auf Informationen zu verweigern. Die Abteilung stellte schließlich im April ihre Untersuchungen ein, da ihr die Hände gebunden waren. Die Information, dass Bush selbst sich in das Vorgehen eingeschaltet hat, stammt von US-Justizminister Gonzales, der gestern vor dem Justizausschuss des Senats Rede und Antwort stehen musste. Ein Sprecher des Weissen Hauses bestätigte die Angaben später im Wesentlichen.

Die Behinderung einer Kontrolleinrichtung, wie im vorliegenden Fall durch Bush wird von US-Medien als sehr ungewöhnlich bezeichnet. Die Los Angeles Times meint sogar, dass solche Aktionen seit der Watergate -Affaire nicht mehr zu beobachten waren. 


Aus: "Bush behinderte Untersuchungen?" (Mittwoch, 19. Juli 2006)
Quelle: http://www.intern.de/neue_meldungen/bush_behinderte_untersuchungen_223.html


Source #2: "Bush Blocked Internal Justice Probe of Wiretaps" - The president withheld security clearances from lawyers investigating those who approved and oversaw the NSA surveillance program - By Richard B. Schmitt, Times Staff Writer; July 19, 2006 
Quelle #2: http://www.latimes.com/news/nationworld/nation/la-na-legal19jul19,0,5316810.story?


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Quote[...] "Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass nicht nur praktisch alle Auslands- sondern auch alle Eil-Überweisungen im Inland über SWIFT abgewickelt werden - und das bereits seit dem Jahr 2001", erklärt Christian Jeitler vom Verein Quintessenz http://www.quintessenz.org im pressetext-Interview. Der Verein, der sich für die Stärkung von Bürgerrechten im IT-Zeitalter einsetzt, fordert nun alle Kontoinhaber auf, ihren Bankinstituten auf den Zahn zu fühlen. "Nach fast fünf Jahren wird es Zeit, dass sich die Banken darum kümmern, wie mit unseren Finanzdaten umgegangen wird, die an SWIFT weitergegeben werden", meint Jeitler. Laut Datenschutzgesetz bestehe - zumindest hier in Österreich - eine klare Auskunftspflicht, so Jeitler. Er verweist dabei auf einen Musterbrief, der von der Quintessenz-Homepage heruntergeladen werden kann.

"Die offensichtlich eigenmächtige Weitergabe von Daten durch die Firma SWIFT stellt einen eindeutig illegalen Vorgang und eine klare Verletzung des Bankgeheimnisses dar", meint Hans Zeger, Obmann der Datenschutzorganisation ARGE DATEN http://www.argedaten.at, auf Anfrage von pressetext. Dass Bankkunden verstärkt von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen sollten, sei zwar eine berechtigte und begrüßenswerte Forderung. Im aktuellen Fall werde auf diesem Weg allerdings wohl wenig zu erfahren sein, da den Banken zufolge die Weitergabe der Daten ohne deren Zustimmung und Wissen erfolgt sei, so Zeger.

[...] Allgemeinen Schätzungen zufolge sollen von SWIFT in den vergangenen fünf Jahren rund 20 Mio. Überweisungsdaten an die US-Behörden weitergeleitet worden sein. Die SWIFT-Informationen würden ausschließlich nur dazu genutzt, Hinweise auf terroristische finanzielle Transaktionen zu untersuchen, heißt es wiederholt von offizieller US-Seite. Besondere Kritik erntet vor allem der Umstand, dass die geheime Einigung zwischen SWIFT und den US-Behörden ohne ordentlichen Gerichtsbeschluss vereinbart wurde.


Aus: "SWIFT-Affäre: Auch Inlandsüberweisungen betroffen - USA weist Vorwurf der Industriespionage zurück" (pte/19.07.2006/16:55)
Quelle: http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=060719044

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Quote[...] Die Klage der Bürgerrechtler von der Electronic Frontier Foundation (EFF) gegen den Telecomriesen AT&T und die US-Regierung wegen der Überwachungsmaßnahmen des Geheimdienstes NSA wird weiter verhandelt. Richter Vaughn R. Walker vom District for the Northern District of California hat Anträge des Unternehmens und der Regierung auf Einstellung des Verfahrens abgelehnt, teilt die EFF mit. Die US-Regierung hatte argumentiert, in dem Verfahren könnten Staatsgeheimnisse aufgedeckt werden.

Die EFF ist Ende Januar vor Gericht gegangen und hat ein Sammelklageverfahren beantragt, nachdem umfassende Abhöraktionen der NSA bekannt wurden. Die Beklagten werden beschuldigt, unter anderem gegen Datenschutzgesetze verstoßen zu haben. US-Präsident George W. Bush hatte Ende vergangenen Jahres Medienberichte bestätigt, dass er den Geheimdienst mit Lauschangriffen gegen US-Bürger ohne richterliche Erlaubnis beauftragt hatte.

Mit der jüngsten richterlichen Entscheidung sind aber noch nicht alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft, das Verfahren zu stoppen. Nun können die Beklagten noch vor ein Berufungsgericht gehen. Walker hat vorgeschlagen, für die Betrachtung der vertraulichen Informationen einen externen Gutachter heranzuziehen. Gegen diesen Vorschlag, den die EFF laut Medienberichten befürwortet, kann bis Ende Juli Einspruch erhoben werden.


Aus: "Richter lehnt Abweisung der Klage gegen AT&T und US-Regierung ab" (heise.de/newsticker; 21.07.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75781

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Quote[...] In his ruling, Judge Vaughn Walker was critical of the government's assertions that allowing the case to move forward would jeopardize state secrets. "To defer to a blanket assertion of [state] secrecy here would be to abdicate that duty, particularly because the very subject matter of this litigation has been so publicly aired. The compromise between liberty and security remains a difficult one. But dismissing this case at the outset would sacrifice liberty for no apparent enhancement of security."


From: " Federal judge doesn't buy state secrets argument in NSA wiretap case" (7/20/2006; by Eric Bangeman; arstechnica.com)
Source: http://arstechnica.com/news.ars/post/20060720-7316.html


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Quote[...] Auch auf das Last-Minute-Angebot von Gonzales, derartige Klagen doch ab sofort in geheimen Gerichtshöfen abhalten zu lassen, ging der Richter nicht ein. Damit ist der Weg frei für ein Gerichtsverfahren, das weitere Einblicke in die Arbeitsweise des militärischen Geheimdienstes National Security Agency verspricht.

Die Enthüllungen des ehemaligen A&T Technikers Mark Klein brachten immerhin das ungefähre Dimension der Überwachungsaffäre ans Licht, auch über das von der NSA benutzte Equipment weiß man mittlerweile Bescheid.

Das Equipment zur Daten-Paketanalyse In Echtzeit an 10-Gigabit-Leitungen stammte von Unternehmen wie Narus oder Force10networks und ist nicht nur zur geheimdienstlichen sondern auch zur rein technischen Überwachung des Netzwerkvehrs in einem Rechenzentrum geeignet.

Bis zu 16 Server pro Glasfaserkabel analysieren für die NSA pro Sekunde bis zu zwei Gigabyte an Daten von internationalen Carriern. Die Anzapfstellen befinden sich an den zentralen Glasfaserleitungen in den Großrechenzentren von AT&T und anderen US-Telekoms.


Aus: "NSA-Skandal kommt vor Gericht" (futurezone.orf.at; 24.07.2006)
Quelle: http://futurezone.orf.at/it/stories/124740/


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Quote[....] In den USA sind 17 Klagen gegen US-amerikanische Telecom-Unternehmen wegen der von US-Präsident George W. Bush nach dem 11. September 2001 angeordneten Abhörmaßnahmen zusammengefasst worden. Das Gremium The Judicial Panel on Multidistrict Litigation reicht die Klagen an den US-Bezirksrichter Vaugn Walker weiter. Das aus fünf Richtern bestehende inter-bundesstaatliche Gremium entschied sich für den District Court for the Northern District of California, an dem Walker arbeitet, weil der hier vorliegende Fall am weitesten fortgeschritten war. Das berichtet das Wall Street Journal. Es wird damit gerechnet, dass ihm noch 26 weitere ähnliche Klagen zugestellt werden.

Neben AT&T gehören zu den Beklagten auch die Telecom-Unternehmen Verizon und BellSouth sowie deren Tochterunternehmen. Sie werden beschuldigt, durch ihre Beteiligung an der vom US-Geheimdienst National Security Agency ohne richterliche Erlaubnis durchgeführten Überwachung des Telefon- und Internetverkehrs unter anderem gegen Datenschutzgesetze verstoßen zu haben. Im Juli hatte Walker ein Ansinnen der US-Regierung abgelehnt, eine Klage gegen sie und AT&T abzuweisen, um die Aufdeckung von Staatsgeheimnissen zu vermeiden. Der Richter war damit anderer Meinung als ein Bezirksrichter in Chicago, der eine Klage der American Civil Liberties Union gegen AT&T abwies.


Aus: "US-Richter fassen Klagen wegen NSA-Abhörmaßnahmen zusammen" (11.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/76698

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Quote[...] Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen Datenspeicherungs- und Abhörvorschriften im Telekommunikationsgesetz (TKG) sowie der sich daraus ableitenden Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) zum Teil zurückgewiesen. Die Karlsruher Richter begründen die Ablehnung der Überprüfung einiger der angegriffenen Normen in ihrem jetzt veröffentlichten Beschluss mit dem Hinweis, dass die Kläger zunächst die untergeordneten Gerichtsinstanzen mit ihrem Anliegen anrufen müssten.

[...] Drei Internet-Unternehmen wollten sich mit der Klage vor allem gegen die heftig umstrittene Auflage in der TKÜV wehren, Abhörboxen für E-Mail ohne Entschädigung auf eigene Kosten vorhalten zu müssen. Dabei monierten sie vor allem den Aufbau einer teuren Überwachungsinfrastruktur, die Sicherheitsbehörden anfangs nur ein bis zwei Mal im Jahr nutzten. Den Richtern an der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts war es hier in keiner Weise ersichtlich, wieso die Beschwerdeführer nicht zunächst "wenigstens indirekt fachgerichtlichen Rechtsschutz" vor der Inanspruchnahme als Hilfssheriffs zu erlangen versuchten. In Österreich hatte eine vergleichbare Beschwerde vor dem dortigen Verfassungsgericht dagegen bereits 2003 Erfolg.

Die Kläger hierzulande hatten weiter auf eine Überprüfung einschlägiger Artikel im TKG gebeten, die eine Pflicht zur Angabe persönlicher Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses vorsehen, auch etwa beim Kauf von Prepaid-Karten im Mobilfunkbereich. Die Telekommunikationsunternehmen müssen die Daten ihrer Kunden zusammen mit der zugeteilten Rufnummer in eine Datenbank einstellen, auf die staatliche Stellen wie Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste Zugriff haben. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurde die Datenbank im vergangenen Jahr 3,4 Millionen Mal abgefragt. Dies entspricht rund 9.000 Auskunftsersuchen pro Tag. Die Zahl der Abfragen hat sich bislang alle drei Jahre verdoppelt. Die Verfassungsrichter wollen gemäß ihrer Teilentscheidung die entsprechenden Abschnitte des Paragraphen 95 Absatz 3, 111, 112 und 113 des TKG einer weiteren Prüfung unterziehen.

Die Verfassungsbeschwerde moniert an diesem Punkt, dass eine Identifizierungspflicht für alle Telekommunikationsnutzer unverhältnismäßig sei. Wenn Personen wie Journalisten, Organisatoren staatskritischer Demonstrationen oder Vertreter von Wirtschaftsunternehmen nicht mehr anonym telefonieren können, müsste auf den Austausch sensibler Informationen mittels Telekommunikation zunehmend verzichtet werden. Die Kläger rügen zudem, dass die staatlichen Rechte zur Einsicht in Kundendaten zu weit gehen, da keinerlei einschränkende Voraussetzungen vorgesehen seien.

Darüber hinaus gehende Einwände etwa gegen eine entgeltfreie Auskunftspflicht in Paragraph 92 TKG, eine Möglichkeit zur bis zu sechsmonatigen Speicherung von Abrechnungsdaten in Paragraph 97 oder zur Datenerhebung zur "Missbrauchsbekämpfung" und Störungsbeseitigung in Paragraph 100 hielten die Richter in der Beschwerde für zu ungenau gefasst. Im Prinzip sei es den Klägern auch hier zumutbar, im Fall der Betroffenheit von den Überwachungsmaßnahmen die Fachgerichte anzurufen. Die Beschwerdeführer hätten zwar teilweise vorgebracht, dass sie von solchen Bespitzelungsaktionen überhaupt nicht benachrichtigt würden. Ihrer Beschwerde lasse sich aber nicht entnehmen, dass sie eine solche Benachrichtigung "auch nicht im Wege eines Auskunftsanspruchs" erreichen und anhand der mitgeteilten Informationen dann gegebenenfalls Rechtsschutz vor den Fachgerichten suchen könnten.

Der Jurist Patrick Breyer, der die Verfassungsbeschwerde initiiert hatte, gab angesichts der Entscheidung der Hoffnung Ausdruck, "dass das Bundesjustizministerium im Zuge der geplanten Reform der Telekommunikationsüberwachung ein einheitliches Schutzniveau für sämtliche Informationen über die Telekommunikation der Bürger schaffen wird." Staatliche Zugriffe dürften nur ausnahmsweise zur Verhinderung und Verfolgung schwerer Straftaten erlaubt sein. Die Klage bezieht sich nicht auf die ebenfalls schwer umkämpfte Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten, da diese in Brüssel bereits abgesegnete verdachtsunabhängige Überwachungsmaßnahme sich noch vor der Umsetzung ins nationale Recht befindet.


Aus: "Verfassungsgericht lehnt Beschwerde gegen TK-Überwachung teilweise ab" (Stefan Krempl; 24.07.2006; heise.de/newsticker)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75828


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#58
Quote[...] Vor dem Hintergrund spektakulärer Kriminalfälle sollen die Millionen Mautdaten, die detaillierten Aufschluss über Fahrtrouten und -zeiten von Lkw-Fahrern geben, künftig zur Aufklärung von schweren Stafttaten und zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden können. Bisher dürfen die Mautdaten allein zum Zweck der Abrechnung der Autobahngebühr genutzt werden. Eine andere Verwendung hatte der Bundestag bei der Verabschiedung des Mautgesetzes ausdrücklich ausgeschlossen.

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), für die Lkw-Maut zuständig, werde sich der nun geplanten Änderung des Gesetzes "im Grundsatz" nicht verschließen, hieß es aus seinem Ministerium. Man werde "sinnvolle Vorschläge" zum Einsatz der Daten bei der Verbrechensbekämpfung unterstützen, sofern auch die technischen, organisatorischen und finanziellen Fragen dazu gelöst seien.

[...] Bei der Opposition stießen die Pläne auf scharfen Widerstand. "Wenn man die strenge Zweckbindung der Mautdaten aufweicht, wird es kein Halten mehr geben" warnt der FDP-Innenexperte Max Stadler vor einem "datenschutzrechtlichen "Dammbruch". Wenn dann noch, wie von Unionspolitikern gefordert, auch noch die Pkw-Maut käme, wäre das "eine gänzlich neue Dimension von Überwachung", meint Stadler. "Das wäre der erste Schritt zur umfassenden Bewegungsüberwachung der Bürger", kritisiert auch Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann.



Aus: "Verbrecherjagd mit Maut-Daten" Von Vera Gaserow (fr-aktuell.de; 03.08.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=941269

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Quote[...] Die Polizei wird voraussichtlich schon ab 2007 Daten aus der Erhebung der Lkw-Maut zur Verfolgung schwerer Straftaten nutzen können. Das Bundesinnenministerium teilte mit, ein entsprechendes Gesetz sei in Vorbereitung.

[...] Beckstein hatte in den vergangenen Tagen vehement für den Zugriff auf die Mautdaten geworben und zugleich für die Einführung einer Pkw-Maut plädiert. Gegenüber der FTD betonte er aber, dass er keinesfalls das Mautsystem nutzen wolle, um später auch verdächtige Autofahrer verfolgen zu können. "Eine vollständige Überwachung des Pkw-Verkehrs halte ich nicht für sinnvoll. Für Pkw soll es eine Vignettenlösung geben."

[...] Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Horst Friedrich, hält diese Aussage jedoch nicht für glaubwürdig, da die Union noch bei der letzten Änderung des Mautgesetzes auf der Wahrung des Datenschutzes bestanden habe. "In der Vergangenheit hat die Union hoch und heilig versprochen, dass die Mautdaten nicht verwendet werden dürfen. Heute sollen Schwerverbrecher mit Daten der Lkw-Maut verfolgt werden, und in Zukunft fordert die Union, Ladendiebe mit Hilfe der Pkw-Maut dingfest zu machen."


Aus: "Polizei soll Einsicht in Mautdaten erhalten" von Irena Güttel und Timm Krägenow (ftd.de; 04.08.2006)
Quelle: http://www.ftd.de/politik/deutschland/101784.html


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Quote[...] Liebe britische Polizei, you did a great job! Sie verhinderten, dass der gestrige Tag die Hölle wurde und Tausende von Toten vom Himmel fielen.

Gerne zahle ich den Preis dafür. Dass die Polizei Telefone abhört, Bankkonten kontrolliert, sie mir als Tourist am Flughafen Fingerabdrücke nimmt, ich meine Jacke ausziehen muss. Und meinen Körper abtastet, meinen Kopf, mein Hinterteil, meine Vorderbeine, meine Hinterbeine, meinen Rücken, meine Schuhe durchleuchten. Und ich auch dann noch meine Schuhe ausziehen muss. Und mich breitbeinig hinstellen muss und ich mich wie ein Verbrecher fühle.

Seit gestern denke ich: Ich bin lieber durchleuchtet lebendig, als zügig abgefertigt tot.

Danke, Bobbys.

Herzlichst

Ihr F. J. Wagner


Quelle: http://www.bild.t-online.de/BTO/news/standards/post-von-wagner/2006/08/11/wagner.html (2006/08/11/)

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#60
Quote[...] Die Überwachung von Telefongesprächen ohne richterliche Genehmigung verstoße gegen das Recht auf Privatsphäre und auf freie Rede, urteilte Bundesrichterin Anna Diggs Taylor in Detroit. ,,Das öffentliche Interesse in dieser Angelegenheit ist klar. Es ist die Erhaltung unserer Verfassung", schrieb Taylor in ihrer Urteilsbegründung.

Das Abhörprogramm des Geheimdiensts NSA war im Dezember von Medien aufgedeckt worden. Geklagt hatte die Amerikanische Bürgerrechtsunion ACLU, die stellvertretend für mehrere Journalisten, Forscher und Anwälte handelte.

[...] bgehört werden nach Regierungsangaben ausschließlich Telefonate zwischen US-Bürgern und ausländischen Gesprächspartnern. Die Zeitung USA Today berichtete im Frühjahr allerdings, Telefongesellschaften hätten auch zahlreiche Inlandsgespräche aufgezeichnet und an die NSA weitergeleitet.

Bush hatte den Lauschangriff nach den Terroranschlägen vom 11.
September ohne Zustimmung des Kongresses angeordnet. Nur einzelne Mitglieder der Geheimdienstausschüsse waren über das Überwachungsprogramm informiert. Die Regierung hat wiederholt Vorwürfe zurückgewiesen, der Präsident habe damit seine Kompetenzen überschritten.


Aus: "Richter-Urteil: Abhörprogramm der US-Regierung verfassungswidrig - US-Präsident George W. Bush hat eine schwere juristische Niederlage erlitten: Erstmals erklärte ein US-Gericht das Abhörprogramm des Geheimdienstes NSA zur Terrorabwehr für verfassungswidrig" (sueddeutsche.de; 17.08.2006)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/24/82941/


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Quote[...] Das US-Justizministerium hat bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt, nach dem die Abhörmaßnahmen des Geheimdienstes NSA verfassungswidrig sind. Das Ministerium sieht laut Mitteilung in dem Terrorist Surveillance Program ein wichtiges Werkzeug der Geheimdienste im Krieg gegen den Terror: "Im anhaltenden Konflikt mit Al Qaeda und ihren Alliierten ist der Präsident nach der Verfassung verpflichtet, das amerikanische Volk zu schützen. [...] Wir glauben, das Programm ist rechtmäßig und schützt die bürgerlichen Freiheiten." Wie erwartet will die US-Regierung einen Aufschub der Einstweiligen Verfügung gegen die Abhörmaßnahmen erreichen, solange das Verfahren noch anhängig ist.


Aus: "US-Regierung ficht Urteil gegen NSA-Bespitzelungsprogramm an" (17.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/76973


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Quote[...] US-Finanzminister John Snow erklärte, die Regierung habe mit der Harpune gearbeitet und nur auf ,,das Herz terroristischer Aktivitäten gezielt".

US-Medienberichte vom Freitag, die die Operation enthüllten, wecken allerdings Zweifel an dieser Darstellung. Der New York Times zufolge setzte sich die US-Regierung bewusst über das gesetzliche amerikanische Bankgeheimnis hinweg – mit dem Argument, Swift sei gar keine Bank.

Dass der Sitz des Unternehmens in Belgien liegt, schützt ebenfalls nicht vor dem Zugriff durch die US-Regierung, weil Swift auch Büros in Amerika hat.

Die gesamte Operation ähnelt eher einem Schleppnetz denn einem gezielten Harpunenschuss: Die Justiz blieb in dem gesamten Verfahren außen vor, Swift stellte die Anfragen der US-Regierung als Zwangsmaßnahme dar, die sich nicht auf Gerichtsbeschlüsse stützten, sondern auf breite Handlungsspielräume des US-Präsidenten im Kampf gegen den internationalen Terror.

Der Zugriff auf die Swift-Datenbank folgte demselben Muster wie eine – erst im Dezember 2005 enthüllte – Lauschaktion des US-Geheimdienstes NSA. Wie im Fall Swift war die Operation zu keinem Zeitpunkt von den Gerichten gebilligt worden.

Die NSA sammelte auf Anweisung des Weißen Hauses Informationen über Tausende Telefonanschlüsse amerikanischer Bürger und berief sich auf die Erfordernisse der Terrorabwehr.

In beiden Fällen sammelte der Staat die Daten, ohne dass gegen die Betroffenen auch nur der geringste Verdacht vorliegen musste.

Erst nachdem der Lauschangriff der NSA bekannt wurde, verklagten zahlreiche Amerikaner Regierung und Telefongesellschaften.

Eine andere illegale Datensammelaktion der US-Regierung war den Betroffenen zumindest bekannt: die Weitergabe von Flugpassagierdaten aus Europa an die Amerikaner.

Die USA und die EU hatten sich 2004 auf Drängen der US-Regierung darauf geeinigt, dass Informationen über alle Fluggäste, die in Amerika landen oder das Land überfliegen, den amerikanischen Behörden pauschal bekannt gegeben werden.

Das umfasste nicht nur Namen und Adressen der Besucher, sondern zum Beispiel auch deren Kreditkartennummer oder E-Mail-Adresse. Der Europäische Gerichtshof erklärte dies im Mai für rechtswidrig.

Trotzdem ist vielen Terrorabwehrmaßnahmen gemeinsam, dass die Exekutive äußerst breite Befugnisse in Anspruch nimmt, um in Datenbanken zu wildern oder gar Sanktionen gegen Personen zu verhängen, ohne dass die Justiz dies überprüfen oder gar verwerfen könnte.

So verhängten die Vereinten Nationen nach dem 11. September Finanzsanktionen gegen eine Reihe – im weitesten Sinne – terrorverdächtige Personen oder Organisationen. Die Europäische Union setzte dies um, woraufhin die Konten von Betroffenen auch in Europa eingefroren wurden, ohne dass die Terrorvorwürfe näher begründet wurden.


Aus: "Fischen in Datenbanken - Jagd mit dem Schleppnetz" (SZ vom 24.6.2006)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/999/78921/4/


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Quote[...] Berlin. Zu den Regierungsplänen einer sechsmonatigen Protokollierung der Benutzung von Telefon, Handy, Email und Internet (Vorratsdatenspeicherung) hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ein Rechtsgutachten vorgelegt, in dem Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme geäußert werden. Einer EG-Richtlinie vom März 2006 zufolge soll ab Mitte 2007 zur verbesserten Strafverfolgung nachvollziehbar werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Mit Hilfe der gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Vor diesem Hintergrund hatte die Linkspartei die Rechtsexperten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags beauftragt, die "Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung nach
europäischem und deutschem Recht" zu prüfen.

In dem nun vorgelegten Gutachten vom 3. August heißt es: "Es bestehen Bedenken, ob die Richtlinie in der beschlossenen Form mit dem Europarecht vereinbar ist. Dies betrifft zum einen die Wahl der Rechtsgrundlage, zum anderen die Vereinbarkeit mit den im Gemeinschaftsrecht anerkannten Grundrechten." Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, begrüßt das Gutachten und fordert eine Aussetzung der Pläne zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. "Die in der Richtlinie vorgesehene Totalprotokollierung der Telekommunikation wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Grundgesetz", erklärt der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Eine Totalprotokollierung bewirkt keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, kostet Millionen von Euro, gefährdet die Privatsphäre und die Sicherheit Unschuldiger, beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation und ebnet den Weg in eine immer weiter reichende Massenüberwachung der Bevölkerung."

Das Gutachten des Bundestags bestätigt die Meinung vieler Rechtsexperten, dass eine allgemeine Protokollierung unserer Telekommunikation vor den Gerichten keinen Bestand haben kann. Irland hat bereits im Juli vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung erhoben. Die deutsche Regierungskoalition muss jetzt Konsequenzen ziehen und die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zumindest solange auf Eis legen, bis der Europäische Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Richtlinie entschieden hat. Andernfalls setzt sich die Koalition dem sehr hohen Risiko einer verheerenden Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht aus.

Dem Bundestags-Gutachten zufolge ist im Hinblick auf die deutschen Grundrechte "zweifelhaft, dass dem Gesetzgeber aufgrund der europarechtlichen Vorgaben eine verfassungsgemäße Umsetzung gelingen wird." Selbst unter Berücksichtigung eines Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers sei die "Gebotenheit und Angemessenheit" der Vorratsdatenspeicherung fraglich, schreiben die Rechtsexperten des Bundestags. Als zur Verminderung von Kriminalität und Terrorismus "gleich geeignete, weniger belastende Alternative" sei es möglich, nur die Daten von Verdächtigen auf richterliche Anordnung zu speichern, "ohne jeden Nutzer elektronischer Kommunikation einem präventiven Verdacht zur unterwerfen". Das Gutachten verweist in diesem Zusammenhang auf die im April ergangene Rasterfahndungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der "das außerhalb statistischer Zwecke bestehende strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat" betont wird.

"Das Gutachten bestätigt uns in unserer Meinung", erklärt Bettina Winsemann (Twister) vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Ein derartiger Eingriff in die Privatsphäre aller 450 Millionen Europäer ist nicht akzeptabel. Jeder, der mir eine Email schreibt, würde mit seinen Kommunikationsdaten und -gewohnheiten in einer Datei landen.

[...] Gegenwärtig dürfen Telekommunikationsanbieter nur die zur Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören Standortdaten und Email-Verbindungsdaten nicht. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden, was etwa für Journalisten und Beratungsstellen wichtig sein kann, die auf absolute Vertraulichkeit angewiesen sind.


Aus: "BRD-Bürgerrechte, ein auslaufender Artikel - Bundestags-Gutachten bezweifelt Rechtmäßigkeit einer Protokollierung von Telefon, Handy und Internet (Vorratsdatenspeicherung)"
Quelle: http://www.saar-echo.de/de/art.php?a=32282


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Quote[...] Berlin (dpa) - Nach den Funden von Kofferbomben in zwei Regionalzügen soll die Video-Überwachung in Bahnhöfen verstärkt und auf andere öffentliche Plätze ausgedehnt werden. Einbezogen werden solle auch der Nahverkehr. Das kündigte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag an.

Zuvor hatten Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt (BKA) bestätigt, dass hinter zwei gefundenen Sprengsätzen drei Wochen zuvor in Regionalzügen aus Dortmund und Koblenz ein terroristischer Hintergrund zu suchen ist.

Schäuble forderte die Bundesbürger auf, die Fahndung nach zwei flüchtigen Tätern zu unterstützen, die durch das Bahn-Video in Köln erfasst wurden, bevor sie flüchteten. «Die beiden Sprengsätze waren sehr gefährlich. Wenn die Bomben gezündet hätten, hätte es sehr sehr viele Tote und Verletzte gegeben», sagte Schäuble. Die Bahn habe ihre Sicherheitsmaßnahmen angepasst. «Ich bitte um Verständnis dafür, dass die Bundespolizei dazu in einigen Fällen auch Reisende ansprechen und ihr Gepäck kontrollieren wird.»

Jetzt komme es drauf an, die Sicherheitsmaßnahmen weiter zu verbessern. Nach der Sommerpause sollten schleunigst das Ergänzungsgesetz zur Terrorismusbekämpfung - unter anderem zur Verschärfung der Kontrollen an Flughäfen -, die Anti-Terror-Datei und die Nutzung der Mautdaten für die Fahndung beschlossen werden. Klar sei die Einführung präventiver BKA-Befugnisse bei der Terrorismusbekämpfung.


Aus:"POLITIK - Schäuble will Video-Überwachung ausweiten" (dpa; 18.08. 2006)
Quelle: http://www.weltexpress.info/index.php?artikel_id=15557&rubrik=2&lan=de


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Quote[...] Inzwischen - so das Ergebnis einer Studie, befürwortet die Mehrheit der Bevölkerung den Einsatz von Überwachungskameras. Die Studie "Urbaneye" hat zwischen 2001 und 2004 im europäischen Vergleich Ausmaß und Akzeptanzbedingung der Videoüberwachung gemessen. Laut Eric Töpfer vom Zentrum für Technik und Gesellschaft in Berlin, das die Untersuchung vornahm, sollen vor allem öffentlich Einrichtungen wie Hauptbahnhöfe überwacht werden.

Ähnliche Schlüsse zieht auch das Institut für Kriminologische Sozialforschung von der Universität Hamburg aus seiner aktuellen Studie: "Eine große Mehrheit stimmt den Kameras zu", sagt Stefan Czerwinski, "die Menschen machen sich relativ wenig Gedanken, um die Auswirkungen der Überwachung."

Sein Kollege Töpfer erklärt das Phänomen des schwindenden Widerstands mit der technischen Entwicklung: Fotohandys, im Netz publizierte Privatbilder und -videos haben die Hemmschwelle sinken lassen, erklärt der Wissenschaftler. Auch die Terroranschläge in den letzten Jahren und die erfolgreiche Videoüberwachung bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer haben zu einer breiten Akzeptanz geführt.

"Bemerkenswert ist vor allem, dass sich der Diskurs in den letzten Jahren verschoben hat", sagt Töpfer. "Bei der Einführung der Überwachungskameras war die Präventionscharakter das entscheidende Argument." Studien hätten aber gezeigt, dass Kameras keine Präventivfunktion hätten. "Heute geht es darum, nach der Tat Aufklärungs- und Beweismaterial zu haben", so Töpfer. "Eine Akzeptanz bei dieser reibungslosen Verschiebung wäre ohne die Terroranschläge nicht denkbar."


[...] Der Trend ginge weg von der gezielten Beobachtung hin zur präventiven Rundumüberwachung. "Man kann sagen, dass wir uns immer mehr in einer Überwachungsgesellschaft befinden", stimmt Dix ihm zu, "der Bürger ist immer öfter bereit, Daten freizugeben und Eingriffe in seine Privatsphäre zu dulden."


Aus: "Mehrheit wünscht sich Überwachungskameras" Von Moritz Küpper (SPON; 18. August 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,432375,00.html


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Quote[...] Nach der Festnahme des mutmaßlichen Zug-Attentäters in Kiel versicherte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die "notwendigen Konsequenzen" zu ziehen. Dabei sprach sie vor allem von der Umsetzung der geplanten Anti-Terror-Datei. [[Anti-Terror-Datei:] http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,166.0.html]

Von der Anti-Terror-Datei versprechen sich die meisten Politiker mehr Möglichkeiten für die Fahndung. Denn dieser Datenpool sowohl der Polizei als auch der Geheimdienste ermöglicht einen schnelleren Informationsaustausch. So könnten Terrorangriffe möglicherweise schon im Vorfeld verhindert werden. Seit drei Jahren wird über die Anti-Terror-Datei diskutiert. Jetzt liegt ein Gesetzesentwurf vor, der im September verabschiedet werden soll.

Außerdem steht seit kurzem die Nutzung der Daten aus den LKW-Maut-Anlagen zur Diskussion. Hintergrund ist die Fahndung nach einem Sexualverbrecher, der im LKW unterwegs war. Die Video-Bilder der Maut-Anlagen könnten der Polizei helfen, dem Täter auf die Spur zu kommen. Für die Fahndung nach Terroristen müsse die Maut auch auf PKW ausgeweitet werden. Bisher verbietet das Mautgesetz die Nutzung der Daten für andere Zwecke als zur Abrechnung der Maut.

Bundesinnenminister Schäuble und andere Politiker befürworten außerdem den Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Inneren. In Zeiten des globalen Terrorismus seien innere und äußere Sicherheit nicht mehr voneinander zu trennen.


Aus: "Mehr Kameras für mehr Sicherheit?" (wdr.de; 21.08.2006)
Quelle: http://www.wdr.de/themen/panorama/19/videoueberwachung/060821_fuenffragen.jhtml


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Quotetagesschau.de: Ohne Videoüberwachung hätten wir den Täter aus dem Kölner Hauptbahnhof nicht festnehmen können", sagt Innenstaatsekretär Hanning. Der Verein Foebud lehnt trotzdem weiterhin jegliche Videoüberwachung ab. Warum?

padeluun: Wir sollten in der augenblicklichen Situation ein wenig von der Hysterie wegkommen, die von Politikern und Medien geschürt wird. Ich kenne keine wissenschaftliche Arbeit, in der Videoüberwachung positiv hervorgehoben wird. Videoüberwachung hat aber ganz viele negative Seiteneffekte, die man in einer freiheitlichen Gesellschaft auf gar keinen Fall zulassen sollte.

[...] tagesschau.de: Eines der Hauptargumente, das Überwachungs-Befürworter den Skeptikern immer entgegenhalten, ist, dass der unbescholtene Bürger ja vor den Kameras nichts zu verbergen habe. Welche Nachteile könnte der besagte "unbescholtene Bürger" durch die Kameraüberwachung im Alltag denn haben?

padeluun: Schon 1983 hat das Bundesverfassungsgericht gesagt: Menschen die nicht wissen, wann etwas über sie aufgezeichnet wird, das vielleicht gegen sie verwendet werden könnte, werden ihr Verhalten ändern. Sie entziehen sich einer Gesellschaft. Letztlich kann damit die Demokratie nicht mehr funktionieren. Deshalb gibt es so etwas wie das informationelle Selbstbestimmungsrecht und das Datenschutzrecht, das ein hohes Gut ist. Es geht nicht darum, dass der 'unbescholtene Bürger' Dinge zu verbergen hätte. Sondern es geht darum, dass wir unter permanenter Überwachung von Dritten, die wir selber gar nicht sehen können, unser Verhalten verändert - ob wir wollen oder nicht.

tagesschau.de: Gelegentlich werden Horror-Szenarien geschildert - etwa dass Kameras auf Arztpraxen gerichtet sein könnten und so nachvollzogen werden kann, wer wann welche Praxis aufsucht. Sind solche Szenarien realistisch?

padeluun: Ja, das könnte realistisch sein. Stellen Sie sich vor, diese Videokamera wird von einem Hausmeister bedient, der kennt wiederum Frau Müller und Frau Müller möchte gerne wissen, ob Herr Meier da häufig raus und rein geht - dann ist dieses Datenleck vorprogrammiert. Hier sehe ich allerdings nicht das große Problem. Dieses Vorgehen wäre Missbrauch und Missbrauch ist strafbar. Das Problem bleibt dieser regelmäßige Gebrauch, dieses scheinbar Legale. Das ist wesentlich gefährlicher für unser ganz normales Leben als ein einzelner Missbrauch.

tagesschau.de: Die Gefahr von Anschlägen ist aber nun ganz eindeutig da, das zeigen die Attentate von London und die gescheiterten Anschläge bei uns. Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um die Sicherheit zu verbessern?

padeluun: Wir können nicht unsere freiheitliche Gesellschaft schützen, indem wir sie abschaffen. Gegen Fanatiker, die Anschläge ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben machen, wird man mit Videoüberwachung nicht viel tun können.


Aus: "Interview mit Datenschutz-Verein - "Freiheit schützt man nicht, indem man sie abschafft" (Die Videoüberwachung muss ausgeweitet werden". Seit den gescheiterten Anschlägen auf Regionalzüge wird diese Forderung auch von Politikern geäußert, die das bislang abgelehnt haben. Die Datenschützer von Foebud e.V. bleiben hingegen bei ihrer Haltung. Vorstand padeluun erläutert im tagesschau.de-Interview warum)" (tagesschau.de; 21.08.2006)
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0%2C%2COID5833430_REF1%2C00.html


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Quote[...] Bisher wurden Unternehmen, die Systeme zur Kontrolle von Gegenständen, zur Überwachung von Kommunikationswegen sowie zur Identifikation von Personen herstellen, nicht als eigener Sektor wahrgenommen. Allenfalls liefen sie als Teilbereich der Verteidigungsbranche mit. Für zu klein und zu obskur hielten sie sogar professionelle Investoren, um im größeren Maßstab Engagements aufzubauen.

Doch nach den jüngsten versuchten Terroranschlägen in Großbritannien und auch in Deutschland scheint die politische Bereitschaft gestiegen, deutlich mehr in die Sicherheit zu investieren. Und so machen erste kleinere Investmentbanken riesige Kurschancen bei den noch jungen Unternehmen aus. "Die biometrische Identifikation steht an der Schwelle eines mehrjährigen Wachstumszyklus", benennt Brian Gesuale, Analyst beim US-Brokerhaus Raymond James, einen der dynamischsten Zweige des Sicherheitssektors.

Doch nicht nur der zweifelsfreien Erkennung von Personen mithilfe von Fingerabdrücken, Irisscans, Gesichtsmerkmalen und Körpermaßen wird von Experten ein atemberaubendes Wachstum beschieden. Eine starke Absatzdynamik dürfen auch Unternehmen erwarten, die Geräte zur Kontrolle von Reisenden und deren Gepäck herstellen. Werden bisher an Flughäfen vor allem Metalldetektoren und Scangeräte eingesetzt, haben die Produzenten weitaus sensiblere Geräte in Entwicklung, die auch Spuren von Sprengstoff am menschlichen Körper aufspüren und auch zweifelsfrei entscheiden können, ob sich in der Plastikflasche Wasser oder Flüssigsprengstoff befindet.

Als weiteren wichtigen Aspekt der Terrorabwehr haben Experten hoch entwickelte Systeme der Videoüberwachung ausgemacht. Lukrativ ist hierbei nicht nur die Hardware, also die eigentlichen Kameras und die Speichermedien, sondern auch intelligente Software, die - mit biometrischen Daten gefüttert - potenzielle Attentäter aus Millionen von Bildern herausfiltern.

Eine Schlüsselrolle für die neue Wachstumsbranche nimmt Analysten zufolge die Biometrie ein. "Die technischen Grundlagen für den kommerziellen Erfolg sind vorhanden", sagt Gesuale. Sehr viel hänge von der Bereitschaft der staatlichen Behörden ab, diese Systeme einzusetzen. "Wenn erst einmal die Regierungen weltweit geordert haben, ist auch mit einem Nachziehen der Privatwirtschaft zu rechnen." Er erwartet annähernd eine Verfünffachung des Biometrie-Marktes auf 4,9 Mrd. Dollar im Jahr 2010. Auf Umsätze können nicht nur die Hersteller der Hardware setzen wie Safran (früher Sagem), Cogent, oder auch Motorola oder NEC. Auch die Anbieter von Softwarelösungen wie Identix oder Viisage haben das Zeug, sich ein großes Stück von dem Milliarden-Kuchen abzuschneiden.


Aus: "Sicherheitstechnik - Auf dem Weg zur Boombranche" Von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz (22. August 2006)
Quelle: http://www.welt.de/data/2006/08/22/1005863.html

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#68
Quote[...] Das Bundeskriminalamt (BKA) arbeitet an einer zentralen Datenbank für Netzermittlungen, um Überschneidungen zu verhindern. Wolfgang Schreiber vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden, Leiter der Netzstreifen der ZaRD-Gruppe (Zentrale anlassunabhängige Recherche in Datennetzen), sagte bei der Cybercrime-Konferenz des Europarates, mit der Einrichtung spezieller Einheiten für Cyberkriminalität bei Landesdienststellen, Bundesgrenzschutz und Zoll gebe es immer mehr Koordinationsbedarf. Doppelte Ermittlungen zu gemeldeten Webseiten machten kaum Sinn, daher sollen in der Datenbank laufende und abgeschlossene Ermittlungen voraussichtlich mit URL oder IP-Adressen verzeichnet und für die betreffenden Dienststellen zugänglich sein. Personenbezogene Daten soll die Datenbank, für deren Struktur es einen ersten Entwurf gibt, nicht enthalten, versicherte Schreiber. Die Entwicklung der Datenbank gehe auf einen Beschluss der Innenministerkonferenz zurück, betonte er; wenn möglich wolle man die neue Datenbank-Idee auch international entwickeln.

[...] Henrik Kaspersen, Verhandlungsleiter bei der Abfassung der Cybercrime-Konvention des Europarates, meinte: "Wir brauchen technisches Wissen und Spezialeinheiten. Wie die Streife auf der Straße brauchen wir die Streife im Netz. Wenn man das Internet sich selbst überlässt, meinen die Leute, dass sie dort tun können, was sie wollen."


Aus: "BKA bastelt an Datenbank für Netzermittlungen" (17.09.2004)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/51185

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Quote[...] Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) drängen auf eine verstärkte Inspektion der Kommunikationsströme im Internet, um online vorangetriebene Terrorplanungen und Hetzpropaganda zu verhindern. "Wir müssen die Kontrolle des Internets verstärken. Dafür brauchen wir mehr Experten mit entsprechenden Sprachkenntnissen", sagte Schäuble der Wochenzeitung Die Zeit laut einem Vorabbericht. "Das Internet bekommt eine immer zentralere Bedeutung für die Kommunikation", pflichtete der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg im Gespräch mit der Hörfunkagentur dpa/Rufa dem CDU-Politiker bei.

Wie die verschärfte Internet-Überwachung konkret aussehen soll, ließen die Vertreter der Bundesregierung und der Polizei offen. Schon heute gibt es spezielle "Streifen im Internet" der Strafverfolger in einzelnen Bundesländern wie in Baden-Württemberg oder Bayern, die weltweit im Rahmen der so genannten anlassunabhängigen Recherche Verdächtige im Netz ausfindig machen. Bund und Länder hatten zudem bereits 1998 eine Zentralstelle für anlassunabhängige Recherche in Datennetzen (ZaRD) ins Leben gerufen, die etwa im so genannten Kannibalismus-Fall von Rotenburg mit Erfolgen aufwarten konnte. Das Bundeskriminalamt (BKA) arbeitete in diesem Rahmen an einer zentralen Datenbank für Netzermittlungen. Zudem können Strafverfolger anhand der Vorgaben der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) auch den E-Mail-Verkehr von Verdächtigen abhören.


Aus: "Schäuble und GdP fordern schärfere Überwachung von Netzinhalten" (heise.de; 23.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77160


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#69
Quote[...] Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) fordert für den Kampf gegen den Terror Einschränkungen bei der Anonymisierung im Internet. Das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz (ULD) in Kiel müsse umgehend ein Anonymisierungsprogramm aus dem Netz nehmen, das sich jeder kostenlos herunterladen könne, fordert Döring weiter. "Es ist nicht mehr zu verantworten, Steuergelder für ein Projekt bereitzustellen, das es Terroristen und Straftätern aller Art ermöglicht, unentdeckt Straftaten zu begehen." Das ULD wies Dörings Forderung als unbegründet zurück.

Das mit Unterstützung mehrerer Hochschulen (TU Dresden, FU und Humboldt-Universität Berlin) entwickelte Programm werde bisher vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert, sagte Döring. "Was einst aus positiven Gründen zu Gunsten des Datenschutzes gemacht wurde, ist heute geradezu eine Einladung an Kriminelle etwa im Bereich Kinderpornografie, und an Terroristen, sich dieser Sache zu bedienen." Im jetzigen Anti-Terror-Kampf sei man darauf angewiesen, sehr schnell Informationen zu bekommen, betonte der SPD-Politiker. "Mit solchen Programmen wird dies geradezu verhindert."

Das Datenschutzzentrum wies den Vorstoß des Ministers umgehend zurück: "Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar", sagte ULD-Leiter Thilo Weichert. "Dieses Projekt ist in enger Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden in Land und Bund durchgeführt worden." Im Fall eines Straftatverdachts könnten die IP-Adressen von Computern sehr wohl registriert werden, wenn die Anforderungen aus der Strafprozessordnung dies hergeben, sagte Weichert. Ein Landgericht habe in einem Streitfall auch die Rechtmäßigkeit des Angebotes AN.ON bestätigt. "Wirtschaftskreise haben uns auch dargelegt, dass es ein ganz wichtiges Instrument für die Unternehmen ist, sich vor Wirtschaftsspionage im Internet zu schützen." (anw/c't)


Aus: "Kieler Justizminister kritisiert Anonymisierungsdienst" (22.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77126

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Quote[...] Die Debatte um den Anonymisierungsdienst AN.ON geht weiter: Am gestrigen Freitag trafen sich Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring, der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner, Generalstaatsanwalt Erhard Rex und Thilo Weichert, der Datenschutzbeauftragte des Landes und Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz (ULD), zu einem Gespräch über den Dienst, der Usern weitgehend anonyme Kommunikation im Internet ermöglicht. Weichert bezeichnete das Gespräch gegenüber heise online als "freundlich und konstruktiv". Ein weiterer Informationsaustausch sei geplant, eine Veränderung der Grundsatzpositionen allerdings nicht zu erkennen. Die im Gespräch vertretenen Ministerien strebten "irgendeine Art von Vorratsdatenspeicherung" für Anonymisierungsdienste an. Generell werde darüber hinaus eine Speicherung von Daten auf Vorrat auch für andere Dienste von den Strafverfolgungsbehörden angemahnt.

Zu einem Schlagabtausch über die Zukunft des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Anonymisierungsdienstes war es gekommen, nachdem Döring gefordert hatte, die im Rahmen von AN.ON entwickelte Software vom Netz zu nehmen. Gleichzeitig hatte der SPD-Politiker die Förderung des Dienstes durch die öffentliche Hand gerügt – diese läuft allerdings zum Ende des Jahres aus und besteht derzeit lediglich aus Restbeträgen aus dem ursprünglichen Fördertopf. Die beteiligten Projektpartner sind derzeit eifrig in Planungen für die Zukunft von AN.ON, möglicherweise als Start-up-Unternehmen.

Aus Dörings Ministerium hieß es bereits vor dem Gespräch, es gehe natürlich nicht um ein Verbot von anonymer Internetnutzung oder gar von Verschlüsselung. Man habe vielmehr ein Interesse daran, eine Debatte dazu anzustoßen, wann der Anspruch auf Anonymität gegenüber dem Sicherheitsinteresse zurückzutreten habe. Wenn Räume im Netz geschaffen würden, die rechtlich oder technisch nicht mehr aufschließbar seien, könne dies zum Problem werden. Eine Stellungnahme nach dem Treffen war aus dem Ministerium noch nicht zu bekommen.

Weichert sagte, man müsse nun konkrete Vorschläge der Ministerien zu möglichen Regelungen über die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten bei Anonymisierungsdiensten abwarten. Mit Blick auf die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten sagte der Datenschützer: "Inwieweit Anonymisierungsdienste davon erfasst sind, ist noch völlig unklar." Als Teledienste würden Anonymisierungsdienste unberührt bleiben. Im Übrigen verwies Weichert für AN.ON auf die bestehende Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden. In Verdachtsfällen lasse sich der Verkehr von bestimmten IP-Adressen durch die Betreiber der AN.ON-Mixe realisieren, und zwar im Stil von "Quick Freeze"-Verfahren, bei denen Strafverfolger für einen aktuellen Anlass die zu diesem Zeitpunkt anfallenden Daten erhalten können.

Im Jahr 2005, betonte Weichert, habe es 42 Anfragen bei AN.ON gegeben, davon 27 von Strafverfolgungsbehörden, der Rest von privaten Parteien. Allerdings sei in keinen Fall die richterliche Anordnung vorgelegt worden, die für die Übergabe des aufgrund der jeweiligen Anforderung gespeicherten Verkehrs notwendig gewesen wäre. Auch in einem Verfahren, in dem die Münchner Staatsanwaltschaft eine Eilanordnung übersandt hatte, seien die Daten nach fehlender Bestätigung durch das Gericht ebenfalls wieder gelöscht worden. Weichert unterstrich gegenüber heise online noch einmal die geltende Rechtslage, nach der Anonymisierung nicht nur erlaubt, sondern rechtlich laut Teledienstedatenschutzgesetz (Paragraph 4 Absatz 6) geboten sei. Da Service-Provider Nutzern die Möglichkeit anonymer Nutzung oft nicht anböten, tue AN.ON dies.


Aus: "Politik plädiert für Vorratsdatenspeicherung bei Anonymisierungsdiensten" (26.08.2006)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/77312

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Quote[...] Mit großer Verwunderung wurde im Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) die über die Presse lancierte Forderung des Justizministers des Landes Uwe Döring zur Kenntnis genommen, den gemeinsam mit den Universitäten Dresden, Berlin und Regensburg und anderen Stellen betriebenen Internet-Anonymitätsdienst AN.ON vom Netz zu nehmen. Der Leiter des ULD, Dr. Thilo Weichert:

,,Herr Döring hätte sich informieren sollen, z.B. beim ULD. Wir sind seit Jahren wegen AN.ON in einem konstruktiven Dialog mit Strafverfolgungsbehörden auf Landes- und Bundesebene. Dieser Dialog führte dazu, dass wir eine technische Möglichkeit vorgesehen haben, im Fall einer rechtlichen Anordnung nach der Strafprozessordnung kurzfristig für bestimmte verdächtige Adressen die Kommunikation mitzuloggen. Während also unser deutscher Dienst eine Strafverfolgung gemäß dem deutschen Recht ermöglicht, gibt es hierfür bei ausländischen Diensten keine Garantie. Unser Dienst ist nicht nur zulässig, wie von Gerichten bestätigt wurde, sondern nach dem Teledienstedatenschutzgesetz rechtlich geboten.

Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt dient der Anonymität im Internet. Diese ist in einem globalen unsicheren Netz für den Datenschutz eine fundamentale Voraussetzung. Niemand hat hier - ohne einen vertrauenswürdigen Dienst wie AN.ON - eine Kontrolle darüber, wer einen überwacht. Gerade die Wirtschaft nutzt das Angebot des ULD, um sich vor Wirtschaftsspionage zu schützen. Ich hoffe nicht, dass es das Interesse von Herrn Döring ist, der Wirtschaft diesen Schutz vorzuenthalten, der bei ausländischen Angeboten nie garantiert werden kann. Herr Döring ist herzlich von mir eingeladen, sich bei uns über AN.ON zu informieren. Ich bin sicher, dass unsere guten Argumente überzeugen.

Wir sollten dann auch über seine Forderung nach Begrenzung von Verschlüsselung reden. Diese ist technisch nicht nur unrealistisch, sondern wäre ein Sicherheitsrisiko für Privatpersonen wie Wirtschaft."


Aus: P R E S S E M I T T E I L U N G - ULD: "Hände weg von AN.ON" (22. August 2006)
quelle: http://www.datenschutzzentrum.de/presse/20060822-anon.htm