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[Ökonomisierung der Innenwelt... (Notizen)]

Started by Textaris(txt*bot), June 25, 2005, 02:48:36 PM

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Textaris(txt*bot)

QuoteBarbara Kaufmann @BarbaraKaufmann

Es ist alles nur noch ein Geschäftsmodell.

11:54 nachm. · 5. Feb. 2022


https://twitter.com/BarbaraKaufmann/status/1490096593504284679

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QuoteDer Begriff der Ökonomisierung bezeichnet die Ausbreitung des Marktes bzw. seiner Ordnungsprinzipien und Prioritäten auf Bereiche, in denen ökonomische Überlegungen in der Vergangenheit eine eher untergeordnete Rolle spielten ...
(https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96konomisierung, 23. Juni 2016)

QuoteIch muss mir beim Flirten überlegen, was ist mein Produkt, was ist meine Zielgruppe, und wie schaffe ich den Markteintritt", erklärt Zielke.
(Aus: "Fürs Leben lernen - Mit Marketing zum neuen Partner" von Frank Leth (sueddeutsche.de, 2004))

QuoteDer Höhepunkt des Abends war erreicht, als auf dem Grill ein Steak in Brand geriet. Der Tiefpunkt, als man darüber diskutierte, wie groß eine Lücke im Lebenslauf sein könne, bevor sie problematisch wird. ... Man tat ausgefallene Dinge, wenn sie als ausgefallene Dinge sinnvoll im Lebenslauf darstellbar waren. Wir sahen unser Leben mit den Augen unserer möglichen Arbeitgeber.
(Felix Dachsel, 27.05.2015)

QuoteDas Wesen des Kapitalismus in dieser Zeit ist es, neben den letzten Ressourcen der Natur die inneren Räume des Menschen zu kolonialisieren. Begehren und Angst, Phantasie und ,,Kreativität". Um diesen Akt der internen Kolonialisierung voranzutreiben, müssen einerseits die qualitativen Elemente des Lebens, sagen wir: Glück, Liebe, Freiheit, Bildung etc. in quantitative umgewandelt werden. Denn nur durch Quantifizierung kann etwas den beiden Grundkräften des Marktes, dem Tausch und dem Wettbewerb, unterworfen werden. So kann zum Beispiel aus ,,Sex" oder aus ,,Schönheit" erst eine Ware werden, wenn man es quantifizieren, vergleichen, ranken, austauschen, profitabel einsetzen kann. ...
Aus: "Kleinigkeiten (28)" Veröffentlicht von Georg Seeßlen+ unter Gesellschaft,Medien (29.04.2013)
Quelle: http://www.seesslen-blog.de/2013/04/29/kleinigkeiten-26/

QuoteBrodbecks Kernthese laute: ,,Das Geld ist kein Ding, das Geld ist eine universalisierte Denkform... Die Welt denkt in einer Form, von der sie beherrscht wird und die eben deshalb ihre Macht entfalten kann, weil sie unerkannt ist." Dahinter stehe die Erkenntnis, daß mit dem Eintritt des Geldes in die Geschichte der Menschheit (im Zusammenhang mit der Entwicklung der Arbeitsteilung) sich nicht nur die Strukturen des Wirtschaftens, sondern auch die Seelen der Menschen verändert haben. Mit dem Geld begännen die Menschen, sich nicht nur durch Sprache zu verständigen, sondern durch Rechnen. Und zwar berechneten sie nicht nur Dinge, sondern sich selbst gegenseitig. ...
Aus: "Zwanzig Jahre zu spät?" von Heerke Hummel (Das Blättchen/Nr. 6, 29. März 2010)
Quelle: http://das-blaettchen.de/zwanzig-jahre-zu-spaet/

QuoteIn der Regel folgen die Geschäfte einem Kalkül, derweil die handelnden Personen und ihre eigenen Motive in den Hintergrund treten. ...
Aus: "Flick-Historie: Ein Lehrstück über skrupellosen Kapitalismus" von Christoph Hardt (15.11.2009)
Quelle: http://www.handelsblatt.com/flick-historie-ein-lehrstueck-ueber-skrupellosen-kapitalismus;2483869;2

QuoteDie täglichen Börsenberichte in Presse und Glotze in ihrer Sammlung tagesaktuell erstellter, nichts-sagender und völlig faktenfreier Phrasen über Gefühl, Stimmung und Möglichkeiten sind nichts weiter als ... Astrologie für Menschen, deren "Sterne" längst die Scheine geworden sind. ...
(10. August 2015)
https://tamagothi.wordpress.com/2015/08/10/babylonischer-vorhoellenhokuspokus/

QuoteMan kann nur hoffen, daß es die Menschen irgendwann einmal schaffen sich von diesem Finanz- und Wirtschaftssystem zu lösen. Wenigstens innerlich und geistig, wäre ja ein Anfang. ... Aber anscheinend fehlt vielen Menschen einfach die Kraft oder die geistige Grundlage sich aus dem Tanz um das Kalb zu lösen ....
(FramjeRand, 10.07.2013 um 10:51 Uhr) Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-07/irland-wirtschaft-krise/seite-3?commentstart=1#cid-2890660

Textaris(txt*bot)

#1
Quote[...] Der Markt ist inzwischen Weltreligion geworden, weil er als Weltmarkt eine globale Unterwerfung unter seine Glaubensmaximen verlangt.

Der Markt hat sich zu einem über den Menschen stehenden Wesen realisiert. Man spricht von ihm auf eine Art und Weise, dass die den Markt konstituierenden Bestandteile, d.h. die tausendfältigen Einzelentscheidungen der Marktteilnehmer, hinter einem ehrfurchtgebietenden Begriff verschwinden, der in Form eines Kollektivsingulars entzeitlicht und angebetet wird.

[...] Der neue Glaube erlangt seine volle Reife, sobald der Markt und seine Gesetze als unverbrüchlich geltende Naturerscheinungen auftreten. Nun erst gewinnt er diese anonyme, unpersönliche und unangreifbare Macht, von der alles abhängt, der man sich anpassen, der man sich als Diener unterwerfen muss. Der Markt verlangt eine adäquate Lebensweise. Was sollte er anderes sein als der neue Gott des weltökonomischen Zeitalters?

Wer bestehen will, muss sich den Gesetzen des neuen Gottes unterwerfen; wer in den politischen Diskursen noch kompetent mitreden will, der muss sich als Gläubiger des Marktes erweisen, sonst gilt er als Spinner, Utopist oder irrelevanter Heide des alten Glaubens an die Steuerbarkeit, Regulierbarkeit und Gestaltbarkeit der Gesellschaft durch staatliche Vorgaben.

[...] Jede Religion braucht ihre Agenten und Trägerschichten. Jeder religiöse Glaube hat verschiedene Typen des Nachvollzugs im Leben: Priester, Mönche, Asketen, Intellektuelle, Propheten, Apostel, Wandercharismatiker, Gemeindeorganisatoren, Wunderheiler, Eremiten, Ketzer, Gelehrte, Professoren. Auch der Markt hat seine Propheten, Priester und Missionare: etwa Börsengurus, in der Hausse wie Heilige verehrt, in der Baisse wie Ketzer verdammt. Ferner gibt es die universitären Dogmatiker, die ihre Theologie eher im spröden Gewand wissenschaftlicher Leitmaximen von den Kathedern verkünden. Auch da haben sich Glaubensrichtungen, wenn nicht gar Sekten gebildet. Dann gibt es die modernen Wanderapostel, die dem Gottesvolk verkünden, wie man sein ganzes Leben, seine Einstellung, seine Haltung ändern muss, um erfolgreicher Marktteilnehmer zu sein. Prosperität, Reichtum und Erfolg sind die Zeichen Gottes, dass man zu den Auserwählten gehört.


Aus: "GEBURT EINER WELTRELIGION - Und der Markt ist Gott geworden" - Woran glauben wir, wenn wir "der Markt" sagen? An diesen empfindlichen, launischen, aber angeblich souveränen und allmächtigen Markt? Unser neues Schicksal? Ein zorniger Zwischenruf von "Gazette"-Autor Alois Weber (SPON; 08. Juli 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,425528,00.html


Textaris(txt*bot)

#2
Quote[...] Die "Herrschaft des Geldes" entwickelte sich in Europa allmählich seit dem 14. und 15. Jahrhundert, verbunden mit neuartigen Produktionsmethoden, Kapitalansammlungen und Konzepten von Wirtschaft und Gesellschaft. Der kaufmännische Geist unterwarf fast alles dem Zählen, Wägen, Rechnen. Ähnliches gilt von der Entwicklung von Naturwissenschaft und Technik, deren Siegeszug mit dem des Kapitalismus eng verbunden ist. Allmählich wurde der europäische Mensch verändert: Er lernte im Wettbewerb bestehen und sah sein Glück im geschäftlichen Erfolg. Religiöse Wandlungen im Calvinismus unterstützten diese Einstellung: Wirtschaftliche Erfolge wurden als göttlicher Gnadenbeweis betrachtet, Verelendung und Armut dagegen als Strafe für Sünde und Schuld. So sah sich der Kapitalist in seinen rücksichtslosen Ausbeutungsmethoden bestätigt.

Eine Revolte dagegen entstand erst im Marxismus des 19. Jahrhunderts: Geld sei der Gott oder Götze der modernen Welt geworden! Karl Marx setzte seine Hoffnung auf totale Umgestaltung der Gesellschaft entsprechend den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Eine solche Utopie erwartete er von der Einführung des Kommunismus. Heute wissen wir, dass Marx und seine Fortsetzer sich die Sache zu einfach vorgestellt haben, Die meisten kommunistischen Staaten sind zusammengebrochen und haben ein ökonomisches, soziales und kulturelles Chaos hinterlassen.

Wir müssen das Problem "Geld, Humanität und menschliche Psyche" neu durchdenken. Dazu bauen wir auf der Individualpsychologie von Alfred Adler (1870 - 1937) auf. Diese Lehre entstand als erstes Konkurrenzsystem zu der Psychoanalyse von Freud, bei dem Adler von 1902 bis 1911 in die Schule gegangen war. Von Nietzsche hat Adler übernommen, dass das menschliche Seelenleben dauernd danach strebt, ein Gefühl des Eigenwerts aufrecht zu erhalten. Bei günstiger Sozialisierung werden Selbstwert und Selbstachtung durch soziale Beitragsleistung ermöglicht. Unter unguten Bedingungen jedoch entartet das Kompensationsstreben zu asozialen Überlegenheitsbedürfnissen, wobei Macht und Herrschaft über andere die Stimme der eigenen Unsicherheit übertönen sollen.

In der seelisch kranken Kultur wird nach Adler fast jeder Mensch dazu inspiriert, seine Ziele auf Selbsterhöhung unter Beeinträchtigung anderer auszurichten. Wir sind alle vom Bazillus der Machtgier infiziert. Das erkennen wir auch in kollektiven Tragödien wie einer egoistischen Wirtschaft, nationaler, religiöser und rassischer Überheblichkeit, Aufrüstung und Krieg.

[...] Es ist unglaublich, wie das Geld- und Besitzdenken die Menschlichkeit überall "vor die Hunde gehen" lässt. Die Sklaverei wurde zwar vor ca. 150 Jahren nominell abgeschafft, aber sie existiert noch als Geldsklaverei in der ganzen Welt, wo mehr als ein Drittel der Menschheit nur mit dem Existenzminimum auskommen muss und großenteils hungert und verhungert.

[...] Danzer geht davon aus, dass unser Verhältnis zum Geld Züge von "Wahnsinn" enthält. Als "wahnsinnig" bezeichnen Psychiater einen Menschen, der Halluzinationen und wahnhafte Verkennungen erlebt. Dieser Realitätsverlust steht im Zusammenhang mit einem Abbau der Ich-Funktionen. Die moderne Philosophie sagt, dass eine funktionierende Wahrnehmung nur dann gegeben ist, wenn das betreffende Individuum ein intaktes Werte-Empfinden besitzt. Nach Max Scheler (1874-1928) nimmt man nur wahr, was man als Wert erkennt. Wenn in einem Menschen eine Wertblindheit eintritt, erlischt sein Realitätsgefühl.

[...] Wahnhaft sind Menschen nicht nur wegen organischer Schäden, sondern auch wegen Einengung ihres Werthorizontes, wenn sie hartnäckig die höheren Werte ausblenden und sich nur auf niedere Werte fixieren. Spinoza (1633-1677) nennt in seiner "Ethik" (1678) auch solche Menschen "wahnsinnig". die ihren dürftigen Leidenschaften ausgeliefert sind: "... Wenn der Habsüchtige an nichts anderes denkt als an Gewinn oder Geld, der Ehrgeizige an Ruhm usw., so werden diese nicht für wahnsinnig gehalten, da sie ... eher für hassenswert gelten. In Wahrheit aber sind Habsucht, Ehrgeiz usw. Arten des Wahnsinns, mögen sie auch nicht zu den Krankheiten gezählt werden".

Irresein und ethisches Versagen erweisen sich demnach als zwei Seiten einer Münze. Den gleichen Standpunkt vertritt auch Immanuel Kant, wenn er Achtung der Menschenwürde als vernünftiges Verhalten gegenüber den Mitmenschen beurteilt, während er ein "Traktieren von Menschen als niedere Sachwerte" (d.h. zweckhaftes Verwenden und ihre Einschätzung als bloßer Nutzwert) als "völlig abnorm" einstuft. Genau das tut aber unser Wirtschafts- und Geldsystem! Dieses bleibt daher nach Kant weit hinter den sittlichen Normen des Menschseins zurück.

In die gleiche Reihe stellte sich Erich Fromm mit seiner Kritk des "homo consumens", den er als "Prototyp des kapitalistischen Zeitalters" kritisierte. Dieser sage nicht mehr wie Descartes "ich denke, also bin ich" sondern "ich konsumiere, also bin ich".

Wir definieren "seelisch-geistige Gesundheit" als "umfassende Erfahrung des Reichs der Werte" und emotionaler Verankerung in ihm. Wertverlust oder Wertblindheit wird für uns zu einem psychopathologischen Faktum. Der Mensch wird gemütskrank, wenn er nicht auf die Realisierung höherer Werte hinlebt. Die Werte sind vergleichbar mit der Sonne in der physischen Welt; so wie eine Sonnenfinsternis die Realwelt verdunkelt, wird auch die Wertarmut zu einer Verfinsterung der ideellen und emotionalen Welt.

Man kann durchaus mit einer solchen Wertblindheit leben bzw. vegetieren. Ja, solche seelenblinden Menschen können unter Umständen in unserer pervertierten Gesellschaft enorm erfolgreich und effizient sein.


Aus: "Geld, Macht und die menschliche Psyche" - Ringvorlesung Energie - Umwelt - Gesellschaft; Referent:
Dr. med. et phil. Gerhard Danzer, Privatdozent f. Psychosomatik u. medizinische Anthropologie, Charité, Humboldt-Universität Berlin (2002-12-04)
Quelle: http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/diverse/danzer021204.html


Textaris(txt*bot)

#3
Quote[...] «The Lonely Crowd» heisst David Riesmans Klassiker über die kollektive Vereinsamung der US-Gesellschaft in der Mitte des letzten Jahrhunderts; der Soziologe beschreibt darin den «aussengeleiteten Menschen» als primären Typus im Zeitalter der grossen Konzerne. Im Unterschied zu dem traditionsverhafteten Charaktertyp, der streng den Regeln gehorcht, und dem «innengeleiteten» Menschen, der eher den eigenen Massstäben folgt, ist dieser flexible, auf Anerkennung bedachte Typus das Herdentier der «einsamen Masse».


Bruchstück aus: "Die einsame Masse" (17. Juli 2006, Neue Zürcher Zeitung)
Quelle: http://www.nzz.ch/2006/07/17/fe/articleEB23I.html


Textaris(txt*bot)

#4
Quote[...] Der MAX taxiert die 74 Angestellten des «Schindlerhofs» monatlich mittels 16 Kriterien - eines davon sind Verbesserungsvorschläge. «Seit wir den MAX vor drei Jahren eingeführt haben, übertreffen sich unsere Mitarbeiter mit neuen Ideen», sagt der Inhaber des «Schindlerhofs», Klaus Kobjoll. Die Idee mit dem Audi stammt vom Koch, dessen Index entsprechend in die Höhe schoss.

[...] Menschen wie Aktien beurteilen: Was jedem Gewerkschafter die Nackenhaare in die Höhe stellt, ist in Wirklichkeit ein geschickt verpacktes Motivationssystem für Mitarbeiter, mit dem Effekt, dass Kellner und Empfangsdamen des «Schindlerhofs» dauernd vor lauter Freundlichkeit zu platzen scheinen. Ende jeden Monats müssen sich alle Angestellten selber beurteilen und der hausinternen Software Fragen zu Pünktlichkeit, Engagement, Fehlerquote, körperlicher Fitness oder Weiterbildung beantworten. Die Vorgesetzten reflektieren diese Selbstbeurteilung im persönlichen Gespräch mit den Mitarbeitern - und erstellen so die einzelnen Indizes. Wer die beste Performance aufweist, darf ein Mini-Cabriolet während eines Monats fahren, und wer mehrere Monate am Ende des Indexes steht, wird ziemlich sicher nicht mehr lange im «Schindlerhof» arbeiten.

«Natürlich gab es bei der Einführung des MAX kritische Stimmen», sagt Klaus Kobjoll, «zwei Mitarbeitern erschien der Druck auch zu gross, und sie haben damals gekündigt.» Doch die Mitarbeiterqualifikation mittels Indexes entspringt nicht einer übersteigerten Faszination für Kosten-Nutzen- Rechnungen. Sie ist die konsequente Umsetzung der Erkenntnis, dass Mitarbeiter auf der Bühne der Gastronomie das wertvollste Kapital darstellen.

[...] Zwei Dinge charakterisieren das Denken und Schaffen von Kobjoll, der mit 22 Jahren seine erste Crêperie eröffnete und im Frankenland mit innovativer Trendgastronomie zwar für Aufsehen sorgte, aber immer wieder Pleite ging: Neben seiner unternehmerischen Passion, gespeist aus dem tiefen Bedürfnis, als ehemaliges Flüchtlingskind einmal eine Familiendynastie aufzubauen, ist es das konsequente Ins- Zentrum-Stellen seiner Mitarbeiter. Mit seiner zwölften Unternehmensgründung, 1984, gelang ihm damit der lang angestrebte Durchbruch: In zwei Jahrzehnten ist der «Schindlerhof» vom kleinen Landgasthof zu einem mit Dutzenden von Preisen übersäten Tagungs- und Konferenzhotel gewachsen. Teddybären zum Einschlafen, Quietsch-Enten fürs Schaumbad und Qualitätsweine in der Minibar sind Tausenden von Geschäftsreisenden angenehm in Erinnerung. Und im Sog der Erfolgsgeschichte avancierte Kobjoll, anfänglich ungewollt und nebenbei, zu einem der meistgefragten MotivationsTrainer im deutschsprachigen Raum.

[...] Kobjoll stellt nur Mitarbeiter ein, die Freude an anderen Menschen haben und kommunikativ sind. «Wenn dieses Talent nicht vorhanden ist, wirkt jedes Lächeln wie aufgesetztes Service-Design.»

Die Personalauswahl ist für Kobjoll entscheidend: «Gemäss der neusten Gallup-Studie üben nur 13% der befragten Arbeitnehmer in Deutschland ihren Job hochmotiviert aus. 69% erledigen Dienst nach Vorschrift, und die restlichen 18% haben innerlich bereits gekündigt.» Die Schlussfolgerung ist naheliegend: «Ein Unternehmer kann es sich nicht leisten, den demographischen Durchschnitt einzustellen.»

[...] Kobjoll ist überzeugt, dass im Zeitalter der Globalisierung ein Arbeitnehmer gut beraten ist, seinen Wert für den Arbeitsmarkt ständig im Auge zu behalten und zu steigern. Deshalb hat er auch den Punkt «Abschreibung» im MAX eingebaut, um genau dies jedem Angestellten ständig zu signalisieren.


Bruchstücke aus: "Der Mensch als Aktie - Der Gastrounternehmer Klaus Kobjoll taxiert seine Angestellten wie Wertpapiere. Wer seinen Wert nicht laufend steigert, muss gehen. Das System scheint erfolgreich zu sein. Von Daniel Puntas Bernet" (27. August 2006, NZZ am Sonntag)
Quelle: http://www.nzz.ch/2006/08/27/wi/articleEF0MZ.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Ich finde es gut, dass die Bezüge nun direkt an den Aktienkurs gekoppelt sind", sagte Hocker. Damit wirke sich die Performance des Unternehmens direkt auf das Gehalt aus. "Wer gute Arbeit leistet, bekommt gutes Geld, wer schlecht arbeitet, verdient wenig." (Tsp)


Aus: "Siemens-Vorstandsgehälter: "Obszön und unanständig"" (ZEIT online, Tagesspiegel | 20.09.2006)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2006/09/20/74644.xml

Textaris(txt*bot)

#6
Quote[...] Der einzelne müsse sich heute wie ein Unternehmer gebärden [...]. Selbst gegenüber Regierungsbehörden würden Bürger zu "Konsumenten", die sich nach Marktgesetzen richten müssten. Es herrsche eine "zynische Einstellung gegenüber dem Gesetz". Ökonomische Metaphern würden auch auf den zwischenmenschlichen Bereich ausgedehnt.


Aus: "Dreistigkeit, Unrecht und Freiheit" Von Christian Stöcker  (SPON; 06. November 2006)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,445981,00.html

-.-

Quote

[...] metasprachlichen Kodierung der gesammelten Metaphern...

[...] Der Weg aus dieser ungelösten Paradoxie ermöglicht einen Kontextwechsel, nämlich den Wechsel von moralischen in ökonomische Metaphern....

[...] verwendet dafür gelegentlich ökonomische Metaphern und spricht von "Meinungswettbewerb"...

[...] ökonomische Metaphern und die Entstehung wissenschaftlich unterlegter Bilder und Stereotype von...

[...] Politische und ökonomische Metaphern können - wie alle anderen Metaphern - bestimmte Aspekte der Realität verbergen...

[...] Mit Blick auf die ökonomische Bildung kann Handlungsorientierung...

[...] anstatt Sprachluxus ökonomische Sprachausnützung aufgrund sachlicher Einsicht....

[...] erweist sich als unreflektierte ökonomische Metaphorik...

[...] Ökonomische Konzepte und moralische Ressourcen...

[...] Oekonomische und gesellschaftliche Effizienz...

[...] Ökonomische Analyseinstrumente zur Implementation von Moral...

[...] Sexuelle, ökonomische, soziale Entgrenzungen: Der Durchbruch durch Grenzen kann...

[...] mit welchen Metaphern im politischen Wachstumsdiskurs...

[...] Die oekonomische und politische Notwendigkeit sowie die technische...

[...] ökonomische Metapher ist durchaus ernst zu nehmen und führt zu sehr praktischen Vorschlägen, was die "Verringerung" der "Menschenausgaben" betrifft...

[...] Visuelle Metaphern finden im Rahmen einer Symbolisierung statt. Ihre ökonomische Abhängigkeit...

[...] Grenzen zwischen Analogie und Rhetoriken oder Argumentationsketten ökonomische Verhältnisse jeweils...

[...] was die ökonomische Bedeutung des Wissens angeht...

[...] Diese Wertschöpfung durch Humankapital - so die These des Autors...

[...] Humankapital (2004), Tätervolk (2003), Ich-AG (2002), Gotteskrieger (2001), Wir sind umstellt von Allegorien, Metaphern, Sprichwörtern und...

[...] sein Leben als so genannte Ich-AG an wirtschaftlichen Effizienz...

[...] als Humankapital, den wichtigsten Wettbewerbsfaktor der Zukunft...

[...] und die Humankapital-Rendite aus geeigneten Indikatoren abzuleiten...

[...] Wir sollten unser Humankapital wie eine Immobilie betrachten...

[...] er ist als Humankapital, eingstellt...

[...] Humankapital ist wichtig - Deutsche Bank Research stellt Studie vor...

[...] Die Einnahmen der Ich-AG unterliegen einer 10-prozentigen Pauschalbesteuerung...

[...] Immer Ärger mit dem "Humankapital der Nation – Die PISA-Studie - Was für ein Schock...


Textaris(txt*bot)

#7
Quote[...] Indem wir uns in einer Sprache bewegen, bewegen wir uns immer auch in einem
Netz von Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Gefühlsmustern.

[...] Man könnte statt von Mustern auch von Formen sprechen. Dann wird deutlicher, dass die Sprache unser
Denken, Fühlen und Handeln formt. Wir glauben zu denken und werden gedacht.
D.h. wir denken die Inhalte in den uns von der Sprache vorgegebenen Formen.

[...] Die Werbewirtschaft bewirbt allein in Deutschland ca. 3500 Marken mit einer halben
Million Euro jährlich, das sind 1750 Mill Euro. Vordergründig eine ungeheure Macht
Allerdings gehen seriöse Schätzungen davon aus, dass 98 % der Werbung
unbeachtet bleiben (vgl. Buss/Fink-Heuberger 2000:31). ,,Wie Werbewirkungen
genau zustande kommen, ist kaum ausreichend geklärt – der Stand der
Werbewirkungsforschung wird als unzureichend und realitätsfern bezeichnet" (Stöckl
2005: 243). Meine These besagt, dass Werbung dann Erfolg hat, wenn sie eine in
der Zielgruppe bereits angelegte Verhaltenstendenz aufspürt. Dann stößt sie auf
Resonanz in der Zielgruppe, und es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die
Werbung die Verhaltenstendenz verstärkt. Was wirkt, ist nicht so sehr, die
Ausdrucksform von sprachlichen oder visuellen Botschaften, sondern die der
Zielgruppe angebotenen Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster bzw. –formen.

[...] Ein Großteil der Käufe wird kaum kognitiv kontrolliert. Menschen
entscheiden auf der Basis von Voraus-Urteilen, unzureichender Information und
falschen Schlussfolgerungen. Die Wirksamkeit von Emotionen wird von den
Personen selbst weit unterschätzt (vgl. ebda). In der Summe ist auch das ein Grund,
weshalb man Werbekommunikation als ,,Kampfkommunikation" bezeichnen kann.
Es geht dann in der Tat weniger um Informieren und Überzeugen, sondern vor allem
um den Sieg im Kampf um Aufmerksamkeit und Köpfe.

Obwohl viele Menschen Werbung als solche erkennen und zu Recht andere
Wahrheitsmaßstäbe an ihre Aussagen anlegen, können doch die vorgestanzten
Verhaltens-, Wahrnehmungs- und Gefühlsmuster jene Muster verstärken, die als
Tendenz in Personen oder Gruppen angelegt sind. Der Vergleich der Kölsch- und
Bitburger-Werbung zeigt, dass den Kampagnen unterschiedliche Welt- und
Menschenbilder zugrundeliegen. Die Bewertungsunterschiede adressieren
unterschiedliche Zielgruppen und korrespondieren mit der Mentalität eines lokalen
Milieus (Rheinland) und mit den Lebensgewohnheiten und Lebensauffassungen
eines bestimmten sozialen Milieus, das sich nicht räumlich fixieren lässt (Lifestyle-
Werbung für den Jetset).

[...] Man kann daher mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass Werbung
vorhandene Tendenzen aufspürt und indem sie diese thematisiert, verstärkt. Daher
ist der Saturn-Slogan ,,Geiz ist geil" symptomatisch für den Zustand unserer
Gesellschaft und bedenklich zugleich. Wer geizig ist, setzt seine individuellen
Interessen absolut. Die Rechte des Produzenten, Händlers, Staates kommen nicht
in den Blick – auf Dauer kein ,,Spiel", in dem alle gewinnen. Dabei haben wir gerade
der neueren Ökonomik den verdeutlichenden Hinweis zu verdanken, dass Gewinne
letztendlich immer Kooperationsgewinne sind, die - ob man will oder nicht – auf einer
,,Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil" (Homann/Suchanek 2000: 18) beruhen.

[...] Es wäre wie im Falle der Werbesprache relativ sinnlos, alle Menschenbilder
aufzuzählen, die im jeweiligen Kommunikationsbereich vorkommen. Im Übrigen
findet sich in der Managementlehre ,,eine ausgeprägte Debatte über die den verschiedenen Konzepten zugrundeliegenden Menschenbilder (vgl. Kappler 1992):
Die Reihe der gedanklichen ,,homunculi" reicht vom ,,homo oeconomicus" über den
,,complex man" bis zum ,,social man". Neuerdings müssen sich Personalabteilungen
offenbar auch mit dem Typus ,,ego man" auseinandersetzen – zumindest dann, wenn
das propagierte ,,neue Karrieredenken" weiter Platz greift" (Laske 2002: 30; s.u. zur
Ich-AG).


[...] dass ökonomische Prozesse sprachlich so dargestellt werden,
als würden autonome Subjekte ein von den Bürgern völlig
unabhängiges Eigenleben führen. Die folgenden Beispiele sind
typisch für den Jargon der Börsenberichterstattung:

  Die Kurse haben sich erholt.
  Eine vorbörslich noch feste Tendenz konnte sich im späteren Börsenverlauf
nicht durchsetzen.
  Die Börsenstimmung litt unter dem Anstieg des Dollars.
  Der Leitindex zehrte seinen Vortagesgewinn wieder auf.
  Der Ölpreis gab nach.
  Der DAX ist gut gelaufen.

[...] Menschen neigen dazu, die Manipulationswirkung von Werbung zu unterschätzen.


Aus: "Prof. Dr. Helmut Ebert: Menschenbilder in der Wirtschaftssprache - Kampf um Köpfe: Verführer und Verführte: Menschenbilder in der Wirtschaftssprache und im öffentlichen Sprechen über die Wirtschaft" Von Prof. Dr. Helmut Ebert (27. Oktober 2005)
Quelle: http://www.vrds.de/pdf/kongress/Rede-Ebert-Kongress.pdf

Textaris(txt*bot)

#8
Quote[...] In der häufigsten Form der Schleichwerbung platziert ein Unternehmen sein Produkt in einem Massenmedium. Sehr ausgeprägt ist das Product Placement bei Kinofilmen. Angefangen hat das Ende der 1960er Jahre, als die Produktionskosten der Filme explosionsartig stiegen. Als erstes professionelles Product Placement gilt der Alfa Romeo in dem Film Die Reifeprüfung mit Dustin Hoffman. Die Szene ist so bekannt, dass sogar Audi sie in einem Werbespot mit Dustin Hoffman verwendet. Gleichzeitig perfektioniert sie Audi so sehr, dass Will Smith in dem Film ,,I, Robot" nicht nur als Held einen Audi fährt, sondern außerdem auch alle anderen PKWs, die im Hintergrund stehen, Wagen der Marke Audi sind. Daneben bleibt immer noch genug Zeit für Will Smith, seine Converse-Schuhe auffällig in die Kamera zu halten, während er Musik auf einer JVC-Anlage hört und ein Paket von FedEx annimmt.

Telefoniert wird meist auffällig mit einem Nokia- oder Siemens-Handy, bezahlt wird oft mit American Express oder Visa. In vielen Filmen benutzen die ,,Guten" außerdem Apple- Computer, während die ,,Bösen" sich mit einem IBM-PC herumärgern. Besonders stark hat sich das Product Placement seit den James-Bond-Filmen mit Pierce Brosnan entwickelt, in dessen ersten drei Filmen der Schauspieler Fahrzeuge der Marke BMW fährt. Bekannt auch die Serie ,,Knight Rider", in der der Schauspieler David Hasselhoff immer mit einem Sportwagen der Marke Pontiac (Firebird) unterwegs ist. In der Fernsehserie Dallas fuhren viele Darsteller Autos der Marke Mercedes-Benz, die vom Hersteller zur Verfügung gestellt wurden. Die Produzenten von Dallas bekamen auch Geld dafür, aber es war vertraglich festgehalten, dass keines der Autos eine Panne haben durfte.


Aus: "Schleichwerbung => Product Placement" (11/2006)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Product_placement


Textaris(txt*bot)

#9
Quote[...] In der Kunsthochschule wollten auch immer viele kreativ sein und einige sogar für die Kunst sterben und einige wollten sogar etwas bewirken oder verändern... der Ansatz war mir also vertraut.
Werke oder wie man die Dinge auch immer nennen will, die KünstlerInnen produzieren, schienen mir im Prinzip obsolet, und auf der Suche nach dem Ort, an dem Kunst noch irgendetwas wie Relevanz behauptet, lag und liegt es Nahe in ein Unternehmen zu gehen. Die Grundfrage war, was das denn noch soll mit der Kunst, ob es die noch gibt, ob irgendjemand die noch braucht oder was das denn eigentlich ist, mit der Kunst und mit den Unternehmen.
Ich habe nicht in einer Großstadt studiert, wo mir die Frage in DER TRENDBAR ZUM COOLEN KLUGSCHEISSER vielleicht anders hätte beantwortet werden können.
Das Gehen in ein Unternehmen beginnt mit einer Bewerbung: Sich als Künstler bewerben - auch wenn nur für einen Praktikumsplatz –, bei einem Unternehmen und dann als Künstler angestellt werden und dann wissen, was es ist mit den Unternehmen und dann auch wissen, was es ist mit der Kunst und dann endlich wieder wissen, warum man damals Kunst als letzte Widerstandsbastion begriffen hatte.
Heute Abend geht es hier um das Thema Ökonomisierung des Alltags unter der Überschrift go create resistance...

[...] Seit die ganzheitliche Corporate Identity sich auf Unternehmungen auswirkt, seitdem Neoliberalismus blairistischen Zuschnitts Wettbewerb mit sozialem Handeln verbindet, seitdem die Produktionsmittel in Erstweltstaaten den Arbeitnehmern gehören und man die unendliche Ressource Kopf - oder wie man es immer nennen mag – als Aspekt der Wertschöpfung begreift, seitdem werden in Unternehmen offensiver als je zuvor Lebensmodelle verhandelt:
SAP, der erweiterte Campus mit flachen Hierarchien als basisdemokratisches Modell;
Siemens, das kulturalisierte Unternehmen auf der Suche nach Kreativität und Innovation;
dm Drogeriemarkt, dessen Ziel die Arbeit an der sozialen Plastik ist
oder auch banaler Anna Albrecht, die Mutter der ALDI-Brüder, die sagt: ,,Es ist traurig, aber je schlechter es den Leuten geht, desto besser geht es uns."

Das Unternehmen als Ort eines verhandelten oder definierten Lebensmodells ist ein guter Ort für diejenigen, die sich in diesem Modell wieder finden. Es bildet die Grundlage für vielerlei Veränderungen: Unternehmen werden sozial verantwortlich, ökologisch sauber, dienstleistungsorientiert ,modern. Wir leben im 21. Jahrhundert und jeder ist Kunde – überall – Werde Dein eigenes Unternehmen.
Wer sollte etwas dagegen haben, wenn Menschen sich bei ihrer Arbeit verwirklichen können. Wer kann ernsthaft etwas gegen das soziale Engagement – wie ernst es auch immer gemeint sein mag – von Unternehmen sagen?
Nach der New Economy befinden wir uns nun in der True Economy, Aufrichtigkeit, Mitleid und Nähe sind die Orte der Wertschöpfung. Die Welt ist nicht gemein, sie wird stetig besser. Wir leben in der ersten Welt. Die, die Zugang zu Unternehmen, zu organisatorischen Einheiten haben und in diesen effizient agieren, werden als Menschen wahrgenommen, weil Henry Ford Geschichte ist. Die Probleme verlagern sich....
1927 beschreibt Ford in seiner Autobiografie die Aufteilung der Tätigkeiten zur Herstellung des erfolgreichen Model T :"...erforderlich sind 7882 verschiedene Arbeitsgänge. 949 Arbeitsgänge sind als Schwerarbeit zu bezeichnen und benötigen gesunde, kräftige Männer. 670 Arbeiten können von Beinlosen, 2637 von Einbeinigen, 2 von Armlosen, 715 von Einarmigen, 10 von Blinden verrichtet werden."
Diese Zeit ist vorbei, vollständige Gliedmaßen sind kaum noch ein Einstellungskriterium. Die Ausschlusskategorien sind andere aber die sind nicht eben gerechter Verteilt.
In Unternehmen werden also neben kulturalisierten Produkten, oder besser Brands, vor allem Lebensmodelle gehandelt und diese nicht im Sinne einer Marketingstrategie, sondern vielmehr im Sinne einer konkreten Organisationsstruktur, einer Alltagsrealität. Wenn dem so ist und es ist dem so, dann ist das Unternehmen ein Ort, an dem künstlerische Praxis notwendig ist bzw. praktiziert wird, nur eben meistenteils ohne Künstler, da die ja noch in ihren Ateliers sitzen und Bilder gegen den Krieg malen, die manchmal in den Fluren der Unternehmen aufgehängt werden. Dort macht man dann Eröffnungen oder Vernissagen, wie man sie nennt, auf die man Freunde einlädt, die dann mal gucken, wie das so ist mit der Kunst.
Ich ging also in ein Unternehmen, um keine Bilder in Flure zu hängen und machte dort Karriere, was nicht weiter wichtig ist, zumindest nicht heute in diesem Themenfeld. Ein Aspekt des Erfolges hätte beurteilt werden können, wäre ich nicht dem Ratschlag gefolgt dies aufzuschreiben und hätte anstelle dessen frei gesprochen und damit einen sog. Skill vorführen können. Und dann hätten Sie beurteilen können, dann hätten Sie mich beurteilen können und hätten sogar sagen können, das kann ich auch und das wäre dann gut gewesen, weil man das bei Kunst ja gerne sagt, wenn man nicht genau weiß, was man sagen soll und durch das AUCH-KÖNNEN, aber nicht SELBERMACHEN zum Ausdruck bringen will, das es Quatsch ist.
Aus dem Blickwinkel der künstlerischen Ausbildung hat man diesen leicht peinlichen Freiheitsbegriff und da der Zustand der Hochschulen durchaus den gesellschaftlichen Zustand widerspiegelt, gibt es dieses Wirrwarr an moralischen Kategorien, die sich im lauwarmen Sud der Kulturschaffenden wohlig vermehren und das Morphium werden, mit dem man es sich in seiner Existenz gemütlich macht und vielerlei aushält. Und deshalb ist der Weg in ein Unternehmen eben vor allem der Weg zum Klassenfeind, der Weg zum Sammler, der Weg zu dem, der Geld hat, aber leider keine Moral.

Ich kam aus der Hochschule, der kuscheligen Aufzuchtstation, deren Ziel es immer noch ist, Kampfmaschinen für den Turbokaitalismus Kunstmarkt zu produzieren. Einem Markt, in dem es keine Gesetze gibt, in dem nur der Stärkste überlebt, in dem das Kranke mindestens schon cool sein muss, will es akzeptiert werden. Ökonomisierung des Alltags hat in der Kunst eine Tradition, modellhaft in Szene gesetzt wird unter dem Deckmantel der Gemeinsamkeit der Kampf um das nackte Überleben geführt. Kaum ein sozialer Kontakt, der nicht unter Verwertungsaspekten zu lesen ist, kaum eine Idee die nicht mindestens strategisch verbreitet wird, kein Café, der nicht auch perspektivisch getrunken wird, kaum eine Veranstaltung, die nicht Referenzpunkt ist, kaum eine Handlung, die nicht trennen würde zwischen innen und außen. Kunst, die auf Existenzsicherung angelegt ist, kommt zumindest in der bildenden Kunst nicht ohne die Mikroökonmisierung der Gefühle aus.

[...] KünstlerInnen sind Idealtypen eines neoliberalen Systems: Rennpferde, die nicht auf die Rennbahn wollen, sondern sich selber leid tun. Einzig die Moral wird für sich in Anspruch genommen, so verworren sie auch sein mag.
Es ist Krieg und auf den Schlachtfeldern der Menschlichkeit nimmt der moralische Künstler die Moral, wenigstens die Moral, für sich in Anspruch, während er den nächsten Kontakt knüpft.
Auch 20 Jahre Bourdieu konnten nicht verhindern, dass sich hier immer noch welche außerhalb von irgendetwas fühlen – auch wenn das Gegenteil inflationär behauptet wird. Ökonomisierung des Alltags meint heute eben auch Kulturalisierung des Alltags - und das ist wirklich ein Horrorszenario.

[...] Das Horrorszenario Kulturalisierung der Alltags ist deshalb eines, weil es ausschließlich aus Imperativen besteht:
Gesundheit – nur wer gesund ist und in der Lage den täglichen Überlebenskampf zu führen, kommt weiter; Krankheit bedeutet Ausschluss.
Kreativität – nur wer Ideen besitzt, wer fortwährend das Neue oder das Andere sucht, kann bestehen, da das Gewohnte nicht gefordert ist.
Sozialkompetenz – nur wer schlau genug ist auf verschiedenen inhaltlichen oder formalen Klaviaturen zu spielen, findet Akzeptanz.
Flexibilität – nur wer bereit ist soziale Systeme als temporär, ersetzbar, austauschbar zu begreifen, kann mit den Anforderungen des Marktes mithalten.
Kommunikation – nur wer verbal dazu in der Lage ist sich selbst zu repräsentieren, kommunikativ Netzwerke zu entfalten, kann überleben.
Diese Kategorien, und dies ist lediglich eine Auswahl, sind Ausschlusskategorien und Ausschlusskategorien zeichnen sich dadurch aus, dass sie eben gerade nicht solidarisch funktionieren.

[...] Ich ging also in die Wirtschaft, um dem Klassenfeind auf die Finger zu sehen und entdeckte mich selbst als Klassenfeind. Die Verwobenheit, das Teil des Ganzen sein, ist eben doch grundsätzlicher, als man denken möchte. Affirmation scheint eine Widerstandskategorie zu sein – oder eben auch nicht.
Eine Fallstudie ist es vielleicht nicht geworden, mehr ein Fallbeispiel und so bin ich nicht in der Lage zehn Thesen mit ein paar Erläuterungen zu formulieren, leider!


Aus: "raubkopie 08: reflexion über das scheitern II - ein vortrag von armin chodzinski im rahmen der reihe go create resitance #03_16.03.03 im deutschen schauspiellhaus hamburg"
Quelle: http://www.revisionsverlag.de/revisionsverlag/raubkopie/rk08.html


Textaris(txt*bot)

#10
[...] Nachfrageorientierung und ständige Flexibilität als Leitlinie in der Kindergartenentwicklung...

[...] Nachfrageorientierung und Wettbewerb hilft auch Familien. Ein Plädoyer für Kinderbetreuungsgutscheine...

[...] Nachfrageorientierung (primäre und sekundäre) Systemautonomie....

[...] Gesellschaftliche Nachfrageorientierung als Gründungslogik...

[...] Die Nachfrageorientierung der Marktwirtschaft ist geknüpft an die...

[...] Das Postulat der Nachfrageorientierung erfordert eine permanente Aktualisierung im Hinblick auf...

[...] Kulturpolitik zwischen Angebots- und Nachfrageorientierung...

[...] Stärkere Unternehmens- und Branchenfokussierung und damit stärkere Markt- und Nachfrageorientierung...

[...] Nachfrageorientierung bedeutet nicht nur inhaltliche, sondern auch...

[...] Was heisst ein nachfrageorientierter Flughafen?

[...] Nachfrageorientierung heißt schlicht, dass den Konsumenten in unserer Gesellschaft...

[...] Wir brauchen eine stärkere Nachfrageorientierung über Finanzierungsinstrumente...

[...] Wer sich also für die risikoärmere und vielleicht kosteneffizientere Nachfrageorientierung entscheidet, muss...

[...] Nachfrageorientierung und Opportunitätsorientierung.

[...] Nachfrageorientierung der Kunden, ein kontinuierlicher Bedeutungsgewinn...


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Man kann zunächst einmal daran erinnern, dass die Pädagogik als "Disziplinierungswissenschaft" entstanden ist - ein Gefüge von Diskursen, die die systematische Formung von Kindern und Menschen thematisieren. In ihr findet eine Normierung statt - ein Prozess, der gleichzeitig Individualisierung und Totalisierung bedeutet. Menschen werden (ähnlich wie im Justizsystem, im Krankenhaus oder der Psychiatrie) in einen Gesamtzusammenhang gestellt, eine gesellschaftliche Norm von Leben, Gesundheit, Gefügigkeit etcetera formuliert, gleichzeitig jedoch wird eine Vielzahl von Differenzierungen vollzogen. Die Aufgabe des Lehrers in der bürgerlichen Schule besteht wesentlich darin, die Fähigkeiten des Kindes anhand einer Norm zu bewerten und auf diese Weise zu ökonomisieren. Er forscht nach Eigenschaften, die wirtschaftlich nutzbar sind oder - wie es neudeutsch heißt - "einem auf dem Arbeitsmarkt weiterhelfen". Doch die Schule ist nicht nur ein Ort, wo sortiert und kategorisiert wird, intellektuelles von handwerklichem Geschick, naturwissenschaftliches Denkvermögen von "Leitungsqualitäten" unterschieden werden. Noch viel stärker ist die Schule ein Ort der Subjektbildung.

In dieser Hinsicht ist die Pädagogik die biopolitische Wissenschaft überhaupt. In dem Maße, indem sie sich die systematische Bildung von ökonomisch handelnden Akteuren zum Ziel setzt, verwandelt sie das Leben in ein Objekt von staatlicher Lenkung. Foucault hat sich in den 1970er Jahren verstärkt mit dieser produktiven Seite von Macht beschäftigt. Während man mit dem Begriff der Disziplinierung vor allem das Unterbinden bestimmter Handlungen assoziiert (den Einzelnen wird beigebracht, Wünsche und Handlungen zu unterdrücken und sich der Ordnung in einer Armee, einer Fabrik, einer Schulklasse zu unterwerfen), will die Subjektbildung, wie sie von der Erziehung formuliert wird, aktives Verhalten hervorbringen. Die Individuen werden geschult, sich in einer bestimmten Weise wahrzunehmen, und zu spezifischen Handlungen animiert; "gute" Regierungspolitik ist in dieser Hinsicht immer auch ein pädagogisches Projekt. Arbeitslose sollen aktiviert werden, sich selbst weiterzubilden und um Jobs zu kümmern, Kinder Spaß an Leistungsbereitschaft und Teamfähigkeit entwickeln, die Einzelnen sich als unternehmerische Subjekte, ihre Körper als Kapital, ihr Leben als Ich-AG begreifen. Foucaults Begriff "Gouvernementalität" meint genau das: Die Kunst der Lenkung, das Vermögen, Menschen als handelnde Subjekte zu aktivieren.


Aus: "Das ganze Leben ist ein Kampf" - MOBILMACHUNG: Über Emsdetten, Dschungel-Soldaten und das Wesen der Pädagogik | Von Raul Zelik (01.12.2006)
Quelle: http://www.freitag.de/2006/48/06481101.php


Textaris(txt*bot)

[...] von der Ökonomie (oder Ökonomisierbarkeit) bestimmter ästhetischer Verfahren...

[...] ein Ausblick auf die Ökonomisierbarkeit von journalistischen. Inhalten und ihre Integrierbarkeit in die Gesellschaft...

[...] Anhaltend gestritten wird vor diesem Hintergrund bekanntlich um Fragen der Ökonomisierbarkeit ebenso wie um Kriterien außerökonomischer Effektivitäts- und...

[...] daß die auf Effektivität abzielenden Mittel des wissenschaftlichen technischen Fortschritts...

[...] Forscher weisen Effektivität von klinischen Behandlungspfaden nach...

[...] Ich denke nicht, dass man die Psyche scheibchenweise therapieren kann...

[...] Die Effektivität der Methode hängt ab von der Fähigkeit der TherapeutIn, die KlientIn auf...

[...] Inzwischen ist bekannt, dass die Psyche das Schmerzgeschehen über Botenstoffe und...

[...] gesetzte Produktivität und Effektivität bei der Arbeit oder in der Schule...

[...] Allgemeine Beurteilung der Effektivität von Entspannungsverfahren. Die Schmerzintensität und der...

[...] Wie wird die Effektivität von Lernprozessen gemessen oder beeinflusst?

[...] Die Effektivität dieses Modells. wurde auch in Studien untersucht...

[...] Studienergebnisse stellen Effektivität von gängigen Beta-Blockern infrage...

[...] Zunächst wird zwischen Psyche und Geist unterschieden, wobei der Geist selbst ein...

[...] Teile der Psyche nicht integriert.

[...] Die Methoden waren mir hinsichtlich des Behandlungsverlaufes und dessen Effektivität zu unkonkret...

[...] Prüfung der Effektivität der Elektrostimulierung auf die Fleischqualität...

[...] Der Wert einer Aufgabe resultiert aus dem Nutzen des Ergebnisses für Ihre Zielerreichung...

[...] Effektivität zur Systemoptimierung....

Textaris(txt*bot)

#13
Quote[...] Statt der Entwicklung politischer Visionen zur Verbesserung der allgemeinen menschlichen Lebensumstände beherrscht ein unkritischer Wirtschaftsglaube das politische Handeln. Das heutige politische System hat das nationale Wirtschaftwachstum zum einzigen Maßstab politischen Erfolgs erkoren. Konsum gilt als Ausdruck individueller Selbstverwirklichung. Es handelt sich hierbei um ein System, das, in seiner einzig logischen Konsequenz, die Umwelt zerstören, soziale Ungleichheit verschärfen und das menschliche Leben in Formen pressen muss.
Der Mensch ist ein austauschbarer Funktionsträger in einer sinnlos wachsenden Wirtschaft, wer sich weigert oder scheitert, ist nur noch Abfall. In einer Gesellschaft, in der es wichtig ist, zu den Gewinnern zu gehören, bleibt immer eine Mehrheit von Verlierern übrig. Das Ideal des mobilen, flexiblen, motivierten und leistungsbereiten Menschen führt zu einer vereinzelten Gesellschaft, in der ein solidarisches Miteinander zugunsten eines wirtschafts-vergötternden Denkens dem Geld geopfert wird.

Gerade junge Menschen gestalten ihr Leben nur noch nach Bewerbungskriterien. Unter dem Damoklesschwert der Arbeitslosigkeit ordnen viele ihr Leben scheinbar freiwillig der wirtschaftlichen Verwertbarkeit unter.

Wir brauchen die Entkopplung von Arbeit und materieller Grundausstattung. Eine kostenlose Grundversorgung, sprich Bildung, Gesundheit, Wohnraum, Lebensmittel und Kultur, ist notwendig, um den Menschen ein freies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Die immer stärkere Einflussnahme der Wirtschaft auf Bildungseinrichtungen sowie die Orientierung vorgefertigter Lehrinhalte an ihrer ökonomischen Nutzbarkeit sind maßgeblich verantwortlich für eine geistige Verkümmerung und Normierung der Gesellschaft. Nicht soziales Denken, sondern Konkurrenz und Leistungsdruck bestimmen den Ausbildungsalltag. Ziel einer jeden freien und emanzipierten Gesellschaft muss es sein, die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit und selbstbestimmten Meinungsbildung zu fördern. Dabei darf es Selektionskriterien wie solche nach sozialem Status, persönlichen Fähigkeiten, Geschlecht sowie religiösem, nationalem oder kulturellem Hintergrund, nicht mehr geben.

Während der Großteil der Weltbevölkerung in Armut lebt und durch transnationale Konzerne ausgebeutet wird, kaufen wir alle wesentlich mehr, als wir tatsächlich benötigen, als für uns ausreichend ist. Um den Menschen in eine den Rest der Welt und die Herstellung ihres Produkts ignorierende Kaufmaschine verwandeln zu können, bedient sich die Wirtschaft eines trickreichen Instruments: der Werbung. Werbung ist keine Produktinformation, sie ist Propaganda - subtile Propaganda, welche uns einen Lebensstil aufzwängen soll, der dem Unternehmen Gewinne beschert und der Volkswirtschaft gute Zahlen. Dass ein Geländewagen und Billigflüge den Klimawandel anheizen, Kleidung unter menschenrechtsverachtenden Zuständen entsteht, wird in dieser freundlichen Warenwelt nicht erwähnt. Wir lehnen Werbung ab. Die Öffentlichkeit muss einer politisierten Gesellschaft zurückgegeben werden.

Die Wirtschaft wird immer mehr von größeren Subjekten bestimmt und unterwirft alles ihrem Streben nach Gewinn. Hier an das nicht vorhandene Verantwortungsdenken der Unternehmen zu appellieren, greift zu kurz.
Den Konzernen muss der politische Einfluss und die Beherrschung öffentlicher Räume entrissen werden. Dabei ist eine Zerschlagung aller Konzerne notwendig, darunter verstehen wir eine Zerteilung und Vergesellschaftung. Die Gesellschaft könnte somit wieder selbständig handeln, ihren politischen Rahmen selbst definieren.

Wir verlangen, Utopien leben zu dürfen. Die Menschen sollten auf ihre Art und Weise leben und an der Gesellschaft partizipieren dürfen. Die fortschreitende technische Entwicklung und Produktivitätssteigerung würde der Bevölkerung ermöglichen, weniger zu arbeiten für das Lebensnotwendige und insgesamt mehr Freiräume zu haben. Der Einzelne muss den Glauben an die Gesellschaft, an einen Sinn in seinem Leben außerhalb des Geldbeutels wiederfinden.

Wir treten für eine Demokratie ein, die es Menschen gestattet, den politischen Rahmen und ihr Umfeld zu gestalten und mitzubestimmen. Wir treten für eine menschliche, ökologische und soziale Wirtschaft ohne Konzerne und eine solidarische, freie, emanzipatorische Gesellschaft ein.

Unsere Forderungen richten sich an keine herrschende Elite. Wir rufen zu einem öffentlichen Diskurs und zu einer neuen freien Bewegung auf. Mit dieser Aktion setzen wir ein Zeichen gegen das derzeitige System. Alle, die mit dem Bestehenden unzufrieden ist und die Hoffnung auf eine freie bessere Gesellschaft nicht aufgegeben hat, rufen wir auf, Widerstand zu leisten.

Geld oder Leben

QuoteJohan Steunenberg 28. April 2007 um 9:12 Uh:
[...] Es gefällt mir auch nicht ganz, wie 'die Wirtschaft' in der Text als ein aktives Wesen dargestellt wird, das 'sich bedient' und 'unterwirft'. Die Wirtschaft ist die Zusammenfassung der Prozesse die die Verteilung der Ressourcen in der Gesellschaft umfassen, und die Summe von vielen menschlichen Entscheidungen. Entscheidungen von Menschen mit viel Macht. Aber auch sehr vielen Entscheidungen von sehr vielen Menschen mit wenig Macht.

Und wenn diese Menschen deren Einfluss nehmen wollen, müssen sie miteinander reden. (Oder Kommentare in Blogs schreiben usw.)

QuoteIris   28. April 2007 um 14:21 Uhr

Nach Politikpromotion und fuenf Jahren Studium ueber Beschaffenheit, Sinn und Ziel des politischen Systems Deutschlands halte ich vieles, was ausgestaltet ist wie es ist fuer richtig. Die Probleme, die die Regierung zu loesen hat sind komplexer als es in der Oeffentlichkeit und innerhalb einer demokratisch gefuehrten Diskussion scheint. Trotzdem muss sich die Regierung den Ursprung vergegenwaertigen, aufgrunddessen sie geschaffen wurde - dem Menschen zu dienen, nicht umgekehrt. Die Worte der Protestaktion sind teils pauschalierend und utopisch; was ihnen aber zu Grunde liegt ist der Wunsch nach einer Gesellschaft, die sich nicht ueber die Werte definieren sollte, die allein von oben vorgegeben werden; damit hat sie recht.


Quotewakiro   28. April 2007 um 14:26 Uhr

Wow!

Das war toll!
Hatte schon befürchtet, unsere Jugend wäre schon so mit sich selbst beschäftigt, dass die gar nicht mehr rallt, wie sie von unseren selbstgefälligen, hirnrissigen Politikern verarscht wir.

Ein wunderbarer Lichtblick!



Quote
Dr. Dean   28. April 2007 um 21:52 Uhr

So sehr ich den Aufruf an einigen Stellen für sehr lesenswert halte, Teile der Kritik teile, die Aktion sowohl witzig wie auch legitim halte,...

...was ihr wollt, ist eine Utopie.

Ich habe nichts Grundsätzliches gegen utopisches Denken, im Gegenteil, oft ist es ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Diskurses, der ohne Zielbestimmung, ohne Hoffnung und Orientierung auseinanderfällt, und sei es im tagtäglichen Kleinklein der Kleinkarierten, welche die Hoffnungen und Wünsche der Menschen längst vergessen haben.

Jedoch.

Ihr schreibt wohltönende Dinge wie:

    Wir treten für eine Demokratie ein, die es Menschen gestattet, den politischen Rahmen und ihr Umfeld zu gestalten und mitzubestimmen. Wir treten für eine menschliche, ökologische und soziale Wirtschaft ohne Konzerne und eine solidarische, freie, emanzipatorische Gesellschaft ein.

Eine konzernfreie Welt wird es nicht geben. Sie wäre nicht einmal wünschenswert. Oder werft ihr bereits z.B. eure Digicams weg, im Vorgriff auf euer konzernfreies Paradies?

Nein, das wahre Geheimnis liegt in der Machtbegrenzung, also in der Begrenzung wirtschaflicher Macht und ihrer Unterordnung unter dem Primat der Ethik, des Politischen und Sozialen.

Ich gäbe viel darum, die Macht von Konzernen zu begrenzen, möglich wäre das, z.B. eine Kampf gegen den Stromwucher mit seinen rund 20% überhöhten Preisen, oder den übergroßen Einfluss von Konzernen und Wirtschaftsspitzen auf gesellschaftliche Prozesse. Ich wundere mich über die Saft- und Orientierungslosigkeit der Sozialdemokratie, welche z.B. in Form des Seeheimer Kreises sich sogar an den militärisch-industriellen Komplex anbiedert und sein Heil in drögen wie arrivierten Konservatismus sucht. Lächerlich.

Aber, nun: Lächerlich ist es auch, sich mit seinen Utopien zu verheben, und eure Idee einer konzernfreien Welt erscheint exakt wie die spiegelbildliche Seite übergeschnappter Neoliberaler, welche sich die Welt als Konzern, und den Menschen als abhängigen Untertan der Wirtschaft vorstellt, ja, sogar den Menschen zu formen sucht, was ein Extremismusmerkmal ist, und zwar nach den Bedürfnissen der Wirstchaft.

Insofern:

Ich wünsche euch Mut für weitere Aktionen, ich wünsche euch eine Vertiefung des Diskurses, aber auch ihr seid bereits in einem ähnlichen Zustand wie eure politischen Gegner:

Ihr schmort allzusehr im eigenen Saft.

Wie auch immer: Im Augenblick soll die Gratulation an euch überwiegen.




Aus: "Aktion: ,,Der Bundestag ist gescheitert"" (26. April 2007)
Quelle:  http://geldoderleben.blogsport.de/2007/04/26/geld-oder-leben/

Visuelle Notizen (geldoderleben's photos):
http://www.flickr.com/photos/7990548@N02/


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Quote[...] Buzzfeed [http://www.buzzfeed.com/], die Website für aktuelle Trends, stellt fest, dass weltweit—wobei weltweit hier vermutlich bedeutet in Europa und Nordamerika — immer mehr Menschen ihren Kindern bizarre Namen geben, zum Beispiel 4Real oder Metallica. Ein von Buzzfeed erwähnter Artikel im Wall Street Journal geht näher auf das Phänomen ein. Eltern, so der Artikel, glauben, dass der Name ihres Kindes so etwas wie ein Markenzeichen sei, mit dem es Werbung für sich selbst mache. Sie überlassen deshalb bei der Namenswahl nichts dem Zufall, sondern ziehen Consultants bei, um einen optimalen Namen für ihr Kind zu wählen.

Die Strategie, Kinder mit einem geeigneten Namen quasi markttauglich zu machen, ist jedoch nicht ohne Risiko. Ein Name wird bis zu 100 oder mehr Jahren getragen, und in dieser Zeit kann sich der Markt dramatisch verändern. Die Ankunft von Ausserirdischen wäre eine solche dramatische Veränderung, und es ist kaum vorherzusehen, welche Marke auf dem neuen Markt erfolgreich sein wird. Die Ankunft von Ausserirdischen wäre eine solche dramatische Veränderung, und es ist kaum vorherzusehen, welche Marke auf dem neuen Markt erfolgreich sein wird.


Aus: "Namenswahl" Von Beta @ 07:12 (2007-06-28)
Quelle: http://alpha.blueblog.ch/thema-der-woche/namenswahl.html


Textaris(txt*bot)

#15
Quote[...] Der Mann heißt Jon Christoph Berndt, ist Gründer der Marken-Agentur Brandamazing, und er scheint Wert auf beide Vornamen zu legen. Für die Dauer der Veranstaltung hat er sich ein hochgestelltes "R" in einem kleinen Kreis zugelegt.

Jon Christoph Berndt® also stellt sich so vor: "Ich selbst bin alles andere als ausentwickelt." Die ersten Raketen aus seinem Floskelfeuerwerk sind verschossen, als zumindest einige der Teilnehmer zum ersten Mal zusammenzucken. "Man kann den Leuten ja schlecht sagen, dass sie ein Produkt sind, beim Tengelmann im Regal liegen und dort um den knappen Platz kämpfen", sagt Berndt und macht eine für ihn typische Kunstpause. "Andererseits: Warum eigentlich nicht?"

Machen wir uns nichts vor: Im Grunde genommen geht es in dem Workshop "Human Branding" um nichts anderes als die großen Fragen der Menschheit. Wer bin ich? Was will ich? Und was soll ich tun? Seit tausenden von Jahren schlägt sich damit nicht nur jeder einzelne tagtäglich herum. Der dauerhaften Durchpflügung dieser Lebensthemen verdanken ganze Wissenschaften ihr Selbstverständnis, allen voran Philosophie und Psychologie.

Insofern kann es auf den ersten Blick schon als Frechheit anmuten, wenn nun die Strategie-, Kreativ- und Kommunikations-Berater auch noch auf diesem Feld ihre Kompetenz behaupten. Windige Marketing-Tricks statt standfester Methoden. Weichgespülte Sprüche statt harter Argumente. Surfen an der Oberfläche statt Tauchgang in die Tiefe.

Einzig der in Rechnung gestellte Tagessatz darf als ausgesprochen gehaltvoll gelten. Die Herausbildung solcher durchaus gehässigen Vorurteile lässt sich kaum vermeiden, wenn der Human-Branding-Workshop mit dem Ausruf angepriesen wird: "Zwei Powertage nur für Sie." Mit dem eingeschränkt schmeichelhaften Vergleich: "So einzigartig, beliebt und erfolgreich sein wie Thomas Gottschalk, Veronica Ferres, Madonna, Bill Gates - ein Traum, der wahr werden kann."

[...] Jeder Teilnehmer soll sich aus der Runde einen Mitspieler aussuchen und ihn in zwanzig Sekunden überzeugen - von sich selbst, der eigenen Unverwechselbarkeit und von dem Plan, gemeinsam eine Tasse Kaffee zu trinken. Als Planspiel also der Albtraum, in der U-Bahn dem oder der fremden Schönen gegenüberzusitzen - und dann mit anschwellendem Kloß im Hals vor sich hin zu schwitzen.

Doch so viel Marke sind die Teilnehmer schon geworden, um sich die Umwandlung ihres Schockzustands in lautstarken Protest zuzutrauen! Einer sagt: "Was für ein Quatsch", und mit seinem ironischen Nachsatz zeigt er, wie viel vom Jargon er schon verstanden hat: "Das entspricht nicht meinem Selbstbild." Eine andere sagt: "Die Situation ist mir viel zu unkonkret", und fast ein wenig trotzig schiebt sie nach: "Ich muss niemanden von mir überzeugen." Aber es gibt auch Bettina, Geschäftsführerin einer Web-Agentur, die gelassen und amüsiert dagegenhält: "Das ist doch das Normalste in der Welt: jemanden in kurzer Zeit packen zu müssen..."

Jon Christoph Berndt nimmt das alles sehr entspannt zur Kenntnis. Natürlich hat er einen seiner Sprüche parat: "Das ist ja keine Kuschelzone hier." Natürlich zwingt er niemanden, mitzumachen. Vor allem aber bleibt er auf eine verblüffend plausible Weise hartnäckig, ermuntert, kommt entgegen, weicht nicht aus. Vielleicht braucht er etwas länger als zwanzig Sekunden. Aber dann steigt jeder in den Ring, mit feuchten Händen und klopfendem Herzen - und preist sich an, so wie die sensationell neue Geschmacksrichtung eines Schokoriegels.

Günther schaut Arno tief in die Augen: "Ich setze Energien frei!" Schon eindrucksvoll - auch wenn Arno ihm den Kaffeehaus-Besuch verweigert. Jens macht sich bei seinem Power-Date über die Ratschläge lustig, die er vom Branding-Coach erhalten habe.

Quote

17.09.2007 12:09:59

k.kirchner: Beeindruckendes Seminar

Ich habe das Seminar besucht und muss sagen, dass es mir sehr viel gebracht hat. Natürlich sollte jemand, der sich auf Human Branding einlässt, empfänglich für anerkannte Methoden aus Marketing und Kommunikation sein. Wer das ist, kriegt hier viel nachhaltige Klarheit für sich selbst und weiß einfach besser, wofür er steht und worauf er sich konzentrieren sollte. Dafür gibt es diverse Möglichkeiten; ich habe mich für diese entschieden und bin sehr froh darüber.


Aus: "Human Branding: "Ich will eine Marke sein"" Von Stefan Sippell (15.09.2007)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,ra7m5/jobkarriere/artikel/305/133059/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Laut einer Studie des Computerkonzerns IBM haben die Stillen, Zurückhaltenden das Nachsehen, selbst wenn sie sehr gute oder sogar bessere Arbeit leisten – denn die Arbeitsleistung ist nur zu zehn Prozent für den beruflichen Erfolg verantwortlich.

Weitere 30 Prozent sind abhängig vom persönlichen Eindruck, den jemand hinterlässt. Entscheidend ist jedoch, wie gut man den Chef auf sich aufmerksam machen kann. 60 Prozent des Images eines Mitarbeiters – und damit seine Karriere - hängen davon ab.

"Wenn man sich angesichts solcher Zahlen weigert, Selbstmarketing zu betreiben, kann ich nur sagen: Pech gehabt", sagt Trainerin und Coach Dagmar Säger. Falsche Bescheidenheit führe nur dazu, dass man das im Job das Nachsehen habe und unzufrieden werde. Also lieber das Spielchen mitspielen, selbst wenn man sich innerlich dagegen sträubt.

Zum Verkäufer seiner selbst werde man in vier Schritten, erklärt Säger, die in Seminaren die Kunst des Selbstmarketings vermittelt. Dabei wendet man die Prinzipien des Marketing einfach auf die eigene Person an. "Man führt dabei zwar zusammen, was eigentlich nicht zusammenpasst, denn normalerweise verkauft man Dinge, nicht Personen. Aber es funktioniert."

[...] Doch wie funktioniert Selbstmarketing in Standardsituationen im ganz normalen Berufsalltag – etwa im morgendlichen Meeting? "Ein Meeting, in dem man nichts sagt – da braucht man gar nicht erst hinzugehen", sagt Säger. Sie rät, sich gut vorzubereiten, um eigene Ideen einbringen zu können. "Wenn einem nichts einfällt, hilft auch schon aktives Zuhören. Dann kann man ein, zwei schlaue Fragen stellen. Das funktioniert auch."

Außerdem zähle auch beim Menschen die Verpackung. "Produkte kauft man auch nur, wenn einem ihre Optik gefällt", erklärt Säger. "Die graue Maus wird es schwerer haben, aufzufallen. Ein rotes Hemd oder ein bunter Schal führt schon dazu, dass man ganz anders wahrgenommen wird."


Aus: "Selbstmarketing: Kauf mich!" Von Julia Bönisch (30.10.2007)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt7l1/jobkarriere/artikel/718/140421/



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der CEO der Kunsthalle, Hubertus Gaßner (einst Direktor genannt), hat auch gleich eine Antwort parat. Großausstellungen schaffen Anziehungspunkte für die »creative class«, so formuliert er das. Außerdem wurden allein durch die Friedrich-Schau »8,4 Millionen € an zusätzlichen Einnahmen für den Stadtstaat generiert«.

Die Zahlen verdanken sich der Erhebung eines Bremer Instituts, das vorrechnet, wie dank C. D. Friedrich »das Regionaleinkommen durch fiskalische Einnahmen gesteigert« wurde, die Übernachtungszahlen in die Höhe schossen und überhaupt der Imageeffekt für Hamburg nicht schöner hätte ausfallen können. Unabdingbar sei dafür allerdings, dass Ausstellungen möglichst »erlebnisorientiert« ausgerichtet würden.

Man könnte das als Verirrung eines Direktors abtun, der mehr an die Macht der Werbung als an die Macht der Bilder glaubt – wären da nicht die Kunst und die Kunsterfahrung, die in dem grotesken Rentabilitätsgetöse unterzugehen drohen. Besonders bizarr ist es, ausgerechnet Friedrich zum Marktmaskottchen zu erklären. Denn namentlich die Maler und Schriftsteller der Romantik waren entschiedene Feinde einer Welt, die den Profit zum Götzen machte. Sie arbeiteten an einer Kunst, die aus sich heraus wertvoll sein wollte und höchstens auf eine nutzlose Weise nutzbringend. Wenn irgendein romantisches Erbe bis heute gilt, dann ist es dieses: Kunst darf jede Image- und Verwertungslogik verraten, und oft macht sogar der Verrat ihren eigentlichen Wert aus.

Gerade unsere Gegenwart, die dazu neigt, alles dem wirtschaftlichen Kalkül zu opfern, müsste diesen Verrat als humane Ressource schätzen – und nicht ihrerseits wieder an die Ökonomie verraten.


Aus: "Marketinggenie C. D. Friedrich" Von Hanno Rauterberg (DIE ZEIT, 15.11.2007, Nr. 47)
Quelle: http://www.zeit.de/2007/47/Spitze_47

-.-

Quote[...] Caspar David Friedrich (* 5. September 1774 in Greifswald; † 7. Mai 1840 in Dresden) war einer der bedeutendsten Maler der deutschen Romantik, die er zusammen mit Philipp Otto Runge wie kaum ein anderer Künstler beeinflusste. Seine Werke haben häufig Natur- und Landschaftsdarstellungen zum Gegenstand, die Natur besitzt darin oft einen metaphysisch-transzendenten Charakter.

...



http://de.wikipedia.org/wiki/Caspar_David_Friedrich

-.-


business as usual


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ein Maskenbildner verjüngte ihn um 15 Jahre, falsche Haare und Kontaktlinsen taten ein Übriges: Das ZDF zeigt Günter Wallraffs jüngste Undercovermission.

"Bei Anruf Abzocke" heißt der Film von Journalist und Autor Günter Wallraff. Zusammen mit dem Autor und Preisträger des Deutschen Menschenrechts-Filmpreises 2006, Pagonis Pagonakis, hat Wallraff seine jüngste Undercovermission für das Fernsehpublikum aufbereitet.

Günter Wallraff – ein Name, der für investigativen Journalismus in Deutschland steht. Seine Enthüllungsgeschichten aus den 70er- und 80er- Jahren sind legendär. Als türkischer Leiharbeiter Ali hat er die Arbeitsbedingungen in Betrieben kennengelernt und angeprangert, als vermeintlicher Boulevard-Reporter die BILD unter die Lupe genommen und sich als Industriearbeiter bei Thyssen oder als Servicekraft bei McDonalds eingeschleust.

[...] Etwa 900 000 Deutsche werden täglich von lästigen Werbeanrufen genervt, schätzt der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Anrufe erfolgen meist nicht durch die Unternehmen selbst, sondern über eigens damit beauftragte Call-Center. Die Branche wächst schnell. 2006 hatte die Call-Center-Branche 400 000 Mitarbeiter, in diesem Jahr kommen vermutlich 40 000 dazu.

Wallraff wurde Zeuge von perfiden Einschüchterungsversuchen der ,,Call-Agents", die sich zum Beispiel als ,,Deutscher Jugendschutz" ausgeben und Restaurant- und Imbissbudenbesitzern mit dem Ordnungsamt drohen, um ihnen für 69 Euro überteuerte Jugendschutztafeln anzudrehen. Skrupellos gehen sie vor allem bei älteren Menschen vor.

Die Mitarbeiter der Call-Center werden oft selbst zu Opfern. Viele waren vorher lange arbeitslos. Sie werden unter enormen Verkaufsdruck gestellt und mit teils illegalen Methoden persönlich haftbar gemacht. Ihr Lohn liegt dagegen oft nur knapp über dem Hartz-IV-Satz.

,,Bei Anruf Abzocke" zeigt das schmutzige Innenleben von Call-Centern. Wallraff sprach mit ehemaligen Mitarbeitern, Insidern, Opfern und Tätern. Es wird nicht Wallraffs letzte Mission gewesen sein: Er bastelt an weiteren Undercover-Projekten. ,,Ich bräuchte drei Leben, um zu erledigen, was ich noch erledigen möchte."

Quoteleboz | 173 Kommentare (12.12.2007 05:45)
...und wieder eine linke Höchstleistung
von dpa


Quoteblackjack8 | 200 Kommentare (11.12.2007 18:33)
Verwunderlich
dass unseriöse Callcenter überhaupt noch Mitarbeiter finden und dass Neueinsteiger nicht sofort aufstehen und nach Hause gehen, sobald sie merken, dass es sich um eher unsaubere Methoden handelt. Ich bin mir sicher, dass viele dieser Call-Agents privat diese Anrufe auch nicht unbedingt mögen. Wer also nicht den Mumm hat, einen solchen Arbeitsplatz zu verlassen und sich in die Dienste dieser Firmen stellt, ist für mich keinen Deut besser als die Betreiber. Die einzig logische Konsequenz, wenn mich einer -wie fast täglich- nervt, so lange als möglich hinhalten, immer wieder nachfragen, seine Zeit vergeuden und dann mit einer mächtig schrillen Pfeiffe einmal kräftig ins Mikrofon pusten.

QuoteSeverloh (12.12.2007 00:27)
Hartz IV-Empfänger in die Call-Center
Die Bundesregierung zwingt mit Hilfe der Arbeitsagenturen arbeitslose Hartz IV-Empfänger dazu, sich auf solche Job-Angebote in den Call-Centern zu bewerben und diese als "zumutbar" ausgegebenen Tätigkeiten auszuführen. Verweigert ein Arbeitsloser solch einen Job, werden ihm die Leistungen gestrichen, und er sitzt dann obdachlos auf der Strasse und darf verhungern.




Aus: "Günter Wallraff - Die fiesen Tricks der Callcenter" (11.12.07)
Quelle: http://www.focus.de/kultur/medien/guenter-wallraff_aid_229000.html

-.-
Quote[...]  Hans-Günter Wallraff, meist Günter Wallraff (* 1. Oktober 1942 in Burscheid) ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er ist durch seine Reportagen über diverse Großunternehmen, die Bild-Redaktion und verschiedene Institutionen bekannt geworden, für die er sich stets der Methoden des Investigativ-Journalismus bediente.

...

[...]  Protest und Inhaftierung in Griechenland

Als Delegierter des ,,Ausschusses Griechenland-Solidarität" kettete Wallraff sich am 10. Mai 1974 an einen Laternenmast auf dem Syntagmaplatz in Athen und verteilte Flugblätter, die das Terrorregime der Militärjunta kritisierten. Da die heraneilenden Geheimpolizisten Wallraff für einen Einheimischen hielten, misshandelten sie ihn an Ort und Stelle. Im Hauptquartier der Sicherheitspolizei wurde er gefoltert bis er seine Identität offenbarte. Nach seiner Verurteilung zu 14 Monaten Einzelhaft kam er in das Gefängnis Korydallos. Als die Militärdiktatur im August gestürzt wurde, wurden alle politischen Häftlinge freigelassen, unter ihnen Wallraff. In dem Buch Unser Faschismus nebenan. Griechenland gestern – ein Lehrstück für morgen von 1975 hat Wallraff die gemachten Erfahrungen, mit Hilfe von Eckart Spoo, dargestellt.

Spínola-Aktion

In der Rolle eines Waffen-Unterhändlers kam Wallraff am 25. März 1976 in Düsseldorf mit dem früheren portugiesischen Staatspräsidenten General Spínola zusammen, dessen Gefolgsleute er während eines dreimonatigen Portugal-Aufenthaltes kennen gelernt hatte. Bevor Spínola seinen Putschplan in die Tat umsetzen konnte, machte Wallraff die Details darüber am 7. April auf einer Pressekonferenz in Bonn publik. Während die Medien im europäischen Ausland sehr ausführlich darüber berichteten, nahmen sich in der BRD lediglich das ARD-Magazin Panorama, der Stern sowie die auflagenschwachen Blätter antifaschistischer Ausrichtung des Themas an. Wallraff und Hella Schlumberger schrieben dann das Buch Aufdeckung einer Verschwörung. Die Spínola-Aktion.

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http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wallraff (12/2007)


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Quote[...] tageschau.de: Das Arbeitsleben hat sich so verändert, dass vor allem kurzfristige Arbeitslosigkeit jeden treffen kann. Wie kommt es dazu, dass die Menschen trotzdem die Betroffenen so stark abwerten?

Heitmeyer: Erstaunlicherweise geht die Abwertung von Langzeitarbeitslosen weniger von Menschen in höheren sozialen Lagen aus – von denen man das aufgrund der Leistungsorientierung annehmen könnte. Sondern es sind eher Menschen aus unteren sozialen Lagen, die dann die Langzeitarbeitslosen auch abwerten. Das hat etwas mit der Bestrebung zu tun, sich abgrenzen zu wollen.

tageschau.de: Wie gehen spürbarer wirtschaftlicher Aufschwung und abnehmende Moral in diesem Fall zusammen?

Heitmeyer: Es gibt zwar weniger Angst vor prekären Verhältnissen und deswegen einen Rückgang von Fremdenfeindlichkeit. Aber gleichzeitig hat sich die Qualität des Arbeitslebens verändert, der Druck auf den Einzelnen hat sich erhöht. Das sieht man an der wachsenden Zahl von Menschen, die zusätzlich zu ihrem Einkommen noch Hartz IV beantragen. Deswegen steigt die Wahrnehmung eines Flexibilitätszwanges. Auch die sozialen Beziehungen werden unter den Gesichtspunkten von Nützlichkeit und Effizienz gesehen. Das ist ein Indiz für eine verstärkte Ökonomisierung des Sozialen. Der Übergang von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft ist in vollem Gange. Die Kalküle, die für den Wirtschaftsbereich völlig angemessen sind, dringen jetzt aber verstärkt in das Zusammenleben ein.

tageschau.de: Vierzig Prozent der Menschen glauben Ihrer Studie nach, dass die Gesellschaft zuviel Rücksicht auf sogenannte Versager nimmt. Fast die Hälfte der Befragten gibt an, dass manche Dinge im Leben wichtiger sind als menschliche Beziehungen. Haben Sie die Ergebnisse erschreckt?

Heitmeyer: Uns hat überrascht, dass die anderen Daten wie Angst vor dem Arbeitsplatzverlust rückläufig sind, aber der gefühlte Flexibilitätszwang ansteigt. Man will sich unter dem Druck der ökonomischen Kalküle aus dieser Angst befreien und erzeugt gleichzeitig ganz andere Probleme.
"Kalte Kalkulationen"

tageschau.de: Würden Sie bereits von einem erkennbarem Verlust des Mitgefühls in der Gesellschaft sprechen?

Heitmeyer: Das sind eindeutig kalte Kalkulationen, darin steckt nicht mehr viel Mitgefühl.

tageschau.de: Der bei den Grünen gerade ausgetretene Politiker Oswald Metzger hat sich kürzlich sehr abfällig über Langzeitarbeitslose geäußert. Ist das ein Ausrutscher oder Teil eines größeren Phänomens?

Heitmeyer: Man kann zwar nicht sagen, dass die Eliten etwas produzieren und das sickert in die Bevölkerung ein – es kann ja auch umgekehrt sein: Dass diese Einstellungen in der Bevölkerung schon vorhanden sind. Aber die Eliten nehmen es auf und vervielfältigen gewissermaßen solche Stereotypen. Solche Menschen, die Metzger ansprach, mag es geben. Das Problem ist die Verallgemeinerung. Insofern tragen die Eliten hohe Verantwortung.

tageschau.de: Ein Politiker, der sich so über gesellschaftliche Gruppen äußert, handelt in Ihren Augen unverantwortlich?

Heitmeyer: Natürlich. Diese Abwertung von Gruppen führt in weiteren Schritten in die Diskriminierung hinein und Abwertungen sind immer ein Aspekt von Voraussetzung für die Absenkung auch von Gewaltschwellen. Das muss nicht unbedingt gegenüber Langzeitarbeitslosen gelten. Sondern das gelingt vor allem gegenüber anderen schwachen Gruppen in der Gesellschaft, ob das Zugewanderte, Homosexuelle oder Obdachlose sind.

tageschau.de: Sehen Sie darin eine Absicht der Politik, den Druck auf Arbeitsplatzbesitzer und Kurzzeitarbeitslose zu erhöhen?

Heitmeyer: Das gehört mit in diesen Bereich hinein nach dem Motto: Wir brauchen immer ausgegrenzte Gruppen als Warnsignal für die Mehrheit, um dadurch die Gesellschaft zu stabilisieren und effektiver zu machen. Solche Ausgrenzungen von bestimmten Gruppen führen ja gerade nicht dazu, dass eine Gesellschaft auseinanderfällt, sondern paradoxerweise, dass bestimmte Gruppen oder Kerne zusammengeschweißt werden. Es ist insofern natürlich auch eine besondere Form der Menschenfeindlichkeit.


Aus: "Interview mit dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer - Hartz-IV-Empfänger Zielscheibe von Diskriminierung" - Wilhelm Heitmeyer: Prof. Wilhelm Heitmeyer ist Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Für die Studie "Deutsche Zustände" untersucht er menschenfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung. Heitmeyer fordert eine Diskussion über den Zusammenhang der von Eliten und Medien reproduzierten Bildern von Langzeitarbeitslosen und den Einstellungen in der Bevölkerung / Die Studie ist unter dem Titel "Deutsche Zustände" im Suhrkamp-Verlag erschienen. Das Interview führte Corinna Emundts, tagesschau.de (13.12.2007)
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/studielangzeitarbeitslose2.html

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via http://autismuskritik.twoday.net/


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Quote[...] Der Kapitalismus, so schreibt der kanadische, zu Unrecht als konservativ geltende Philosoph Charles Taylor, verwechsele die Vermehrung von Optionen mit der Vermehrung substanzieller Lebensziele. Anders gesagt: Die Ethik von »Freiheit« und »Individualismus«, die den Markt rechtfertigen sollte, schrumpft auf bloße »Wahlfreiheit«, im schlimmsten Fall auf die Ökonomisierung des Begehrens. Der Kapitalismus ermöglicht zwar Freiheit, aber er verdunkelt zugleich ihre sinnvollen Ziele, den normativen Gehalt dieser Freiheit. Am Ende, unterm Schaumteppich multipler Optionen, wäre dann das Wichtigste unauffindbar: die Bilder eines gelingenden, ökonomisch nicht reduzierten Lebens.

Was für den Glauben an die Konsumfreiheit gilt, gilt für seine Zwillingsschwester, die gute alte Fortschrittsreligion, schon lange. Sie ist aschfahl geworden und lockt so recht niemanden hinterm Ofen hervor. Was einmal »heiliger« Fortschritt hieß, das ist auf eine profane Innovation zusammengeschnurrt. Der nächste Rasierapparat hat vier statt drei Klingen, vermutlich mit Innenbeleuchtung inklusive Radio und Rauchmelder. Immer schneller auf den übersättigten Markt geworfene Innovationen vermehren zwar »Features« und Möglichkeiten, aber anders als die verblichene Fortschrittsreligion setzen sie kein Pathos mehr frei. Und dass die gentechnische Manipulation von Lebensmitteln oder eine bioindustriell betriebene Menschenzüchtung den Beifall der Massen findet, ist nicht bekannt. Nachdem die digitale Revolution durchgesetzt ist, nährt nur noch die Umwelttechnologie stille Hoffnungen, besteht ihr Fortschritt doch darin, die Folgen des Fortschritts abzumildern.

Wie drastisch sich der kapitalistische Mythos entzaubert hat, zeigt schon die Veränderung der ökonomischen Rhetorik. Wo früher die Schalmeienklänge der Fortschrittsreligion erklangen, da tönt heute der metallische Sound des Sachzwangs, oft genug auch die Drohung mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Die Versprechensökonomie hat sich in eine eiskalte Erpressungsökonomie verwandelt, in den Imperativ des »Du musst«. Je nach Konjunktur werfen ihre apokalyptischen Reiter die Angstmaschine an und prophezeien dem Volk für den Fall, dass es keine Opfer bringt und bei weniger Lohn härter arbeitet, den Untergang des Vaterlandes.

Bei so viel Sehnsucht nach Härte und Opfer verwundert es nicht, dass der menschenfreundlichste Mythos des Kapitalismus spurlos verschwunden ist, sein süßes Versprechen auf freie Zeit und Entlastung, auf wachsende Muße und Selbstbildung. Diese Verheißung hat sich unter der Herrschaft der Kostenkiller, Lebensbeschleuniger und Marktlückenfüller buchstäblich in Luft aufgelöst. Die Arbeitszeiten verflüssigen sich, die Grenze zwischen Beruflichem und Privatem verschwindet. Nicht mehr lange, und die alte Festanstellung gehört der Vergangenheit an und wird durch kurzfristige »Arbeitsprojekte« ersetzt. Jeder ist darin sein eigener Zeitmanager. Die Zeit, die er durch Rationalisierungsfortschritte »erwirtschaftet«, darf auf keinen Fall verschenkt – sie muss vielmehr unverzüglich re-investiert und aufs Neue kapitalisiert werden. Überhaupt greifen Wachstumszwang und Beschleunigungszwang bruchlos ineinander; die Arbeit wird verdichtet, und die Zeithorizonte der Produktion werden kürzer. Immer weniger Bäcker sollen immer größere Brötchen backen, während die Überflüssigen arbeitslos Däumchen drehen oder in prekärer Selbstbewirtschaftung ihrem traurigen Marktschicksal entgegenharren.

Wie sehr die Ökonomie eine autonome, politisch kaum zu steuernde Macht geworden ist; wie sehr sie sich dabei von der Gesellschaft entkoppelt und verselbstständigt hat, dies zeigt in aller Unerbittlichkeit der »neue«, der börsengetriebene Kapitalismus. In seinen Unternehmen haben nicht mehr lokale Patriarchen das Sagen, sondern milliardenschwere Fondsfirmen, die nach Leibeskräften versuchen, sich auf der Prärie der Weltgesellschaft das fetteste Wild abzujagen. Dieser Kapitalismus funktioniert nach der Logik von Exzess und Selbstüberbietung und bringt aus sich selbst heraus keine Grenze hervor. Genug ist ihm nicht genug, und das Maximum von heute ist nur das Minimum von morgen. Aus Sicht der Manager kann das auch gar nicht anders sein, denn die Globalisierung zwingt sie bei Strafe ihres Untergangs zur Selbstverteidigung. Rendite ist der Abwehrzauber im Überlebenskampf. Sie steigert die Wettbewerbsfähigkeit und schützt vor feindlicher Übernahme.

Der »neue« Kapitalismus verändert, um es alteuropäisch zu sagen, auch das Bild vom Menschen. Ökonomisch gesehen, ist der Einzelne nur mehr ein frei verfügbares, superflexibles Subjekt, das vom Staat marktfähig ausgebildet, von Zeitarbeitsfirmen ausgeliehen und just in time dem Produktionsprozess zugeführt wird – bis zu seiner allfälligen Entlassung. Selbst freundliche Opfergaben, zum Beispiel freiwilliger Lohnverzicht, stimmen den Willkürgott der Rendite dann nicht mehr gnädig. Aus heiterem Himmel enden seine »schöpferischen« Interessen. Er stößt die Leiharbeiter ab und sucht sich in Erfüllung seiner immanenten Grenzenlosigkeit die Opferstätten woanders. Etwa in Rumänien oder besser noch: in einem Land, wo das Humankapital noch billiger, noch flexibler ist.

Wie man weiß, besitzt der Kapitalismus ein großes Talent dafür, die sozialen und seelischen Nebenkosten seiner Selbstentfaltung abzuwälzen und unsichtbar zu machen. In Krisentagen ist stets jemand anderes schuld, zum Beispiel die Trägheit der Seelen oder die Selbstsucht des Managers, die saumselige Gesellschaft oder der faule Arbeitslose. Wahlweise auch die mimosenhafte Natur, die auf zarte Ausbeutungsversuche hysterisch mit einer Klimakatastrophe reagiert. Was auch immer geschieht – die Folgen des Kapitalismus werden externalisiert. Sie werden anderen zur Last gelegt (»Gewerkschaften!«) oder durch Moralisierung (»fehlende Werte!«) von der Bildfläche gezaubert. Zurück bleibt das natürlich unschuldige, das ruhelose Kreisen des abstrakten Kapitals in sich selbst.

Dass der globalisierte Kapitalismus auch das Vertrauen in die Demokratie untergräbt, dies ist ein Kollateralschaden, der bislang erfolgreich verdrängt werden konnte. Damit ist es nun vorbei. Die Wahlbeteiligung geht langsam, aber sicher auf Werte zurück, die einem aus einer »unterregulierten, sich in relativem Niedergang« (manager magazin) befindenden Gesellschaft vertraut sind – aus den Vereinigten Staaten. Auch das Ansehen demokratischer Institutionen bröckelt besorgniserregend. Vor allem der Bundestag musste einen dramatischen Prestigeverlust hinnehmen, weil immer weniger Bürger glauben, die Demokratie sei in der Lage, die sozialen Probleme des Landes zu lösen.

Warum das so ist, liegt auf der Hand: Kapitalismus und Demokratie gelten zu Recht als historisches Zwillingspaar, als glückliche Liaison von Freiheit und Gerechtigkeit. Deshalb werden die politischen Parteien als Erste für soziale Verwerfungen abgestraft, und ihre Vertreter müssen den Kopf für Entscheidungen hinhalten, die nicht sie, sondern globale Konzerne getroffen haben.

Dass das neoliberale Einheitsdenken rapide im Kurs sinkt und selbst christdemokratische Politiker nicht mehr glauben, man müsse dem Kapital nur das Brautbett aufschlagen, dann werde es sich schon dauerhaft im Lande niederlassen, ist nur ein schwacher Trost und wird nicht helfen.

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Quotetitopoli, 30.03.2008 um 22:28


Strom kommt aus der Steckdose

Des Autors groteske Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge läßt keine andere Wahl: Der Artikel gehört ins Feulliton, wo sich Literaten, Soziologen und andere treffen, für die der Strom aus der Steckdose kommt.



Quotevalue4free, 30.03.2008 um 21:20

Terrorkrieg

In der Tat ein lesenswerter Artikel, der unpassender- aber auch typischerweise nicht im Politik- oder Wirtschaftsteil, sondern im Feuilleton der Printausgabe erschienen ist. Ein wichtiger Aspekt, der hier leider keine Erwähnung gefunden hat, ist der zeitlich unbegrenzte "Global War On Terror", der natürlich unter anderem - oder vor allem? - die Funktion hat, das Wahlvolk von einer kritischen Reflexion der eigenen Lebensverhältnisse und dem gleichzeitig stattfindenden Klassenkampf von oben abzuhalten. Wie gerne würde ich mich mit Herrn Assheuer über seine Gedanken zu diesem Thema, das in der veröffentlichten Meinung in Deutschland (und nicht nur hier!) ein großes Tabu ist, unterhalten.

v.





Aus: "Der große Ausverkauf" Von Thomas Assheuer (DIE ZEIT, 27.03.2008 Nr. 14)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/14/Vertrauenskrise-Kapitalismus?page=all


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Quote[...] Wieder einmal steht der Kapitalismus am Pranger. Global agierende Konzerne schließen regionale Niederlassungen und entlassen Heerscharen von Mitarbeitern, während die Bezüge ihrer Manager in astronomische Höhen steigen. Mit doppelter Zunge reden Vorstandsmitglieder von sozialer Verantwortung, während sie Korruptionsfälle decken und Millionen am Fiskus vorbei auf ausländische Konten schleusen. Da kommen zwei Bücher zur rechten Zeit, die sich mit den kulturellen und politischen Ursachen befassen, die den Kapitalismus von einer Krise in die nächste stürzen.

Für den US-Politikwissenschaftler Benjamin Barber liegt die Hauptquelle des Übels in der »Infantilisierung« der Kunden und Konsumenten, die durch eine entfesselte Güterwirtschaft zur Befriedigung »künstlicher Bedürfnisse« getrieben werden. Angestachelt durch eine gigantische Werbeindustrie, deren Etat in den USA die Auslandshilfe inzwischen um das Siebzehnfache übersteigt, jagen die Verbraucher wie Kinder den Seifenblasen des Shopping-Glücks hinterher und verlieren dabei ihre Rolle als demokratische Bürger aus den Augen.

Das infantilistische Ethos des Konsumkapitalismus sorgt dafür, dass private Leidenschaften an die Stelle öffentlicher Interessen treten, soziale Bindungen durch hedonistische Rücksichtslosigkeit aufgelöst werden und sich ein neuer »Naturzustand« breitmacht, in dem »Gewalt und Betrug die Kardinaltugenden sind«. Barber zeichnet den Konsumenten als Hobbesianischen Wolf, der gnadenlos seine Vorteile verfolgt, sämtliche Regeln des Zusammenlebens missachtet und seine persönliche Identität in Lifestyle und Markengläubigkeit sucht.

Der Konsumismus besitzt, so Barber im Gefolge von Theodor W. Adorno., »totalistische« Dimensionen. Kulturelle Protestaktionen, die mit spielerischen oder subversiven Mitteln gegen die Konsumgesellschaft ins Feld ziehen, bleiben deshalb wirkungslos. Wer glaubt, durch schräge Happenings oder »No Logo«-Aktionen etwas ausrichten zu können, verkennt die Macht des Kapitals, das bisher jeden Widerstand geschluckt hat.

Deshalb traut Barber auch der Moralkonjunktur bei Konsumenten und Konzernen nicht über den Weg. Die Idee der »Verbraucherrepublik« und »unternehmerischen Verantwortung« stoße überall dort an Grenzen, wo die ökonomischen Kosten den moralischen Mehrwert übersteigen. Bisher habe sich ethisches Verhalten in der Marktwirtschaft nur dann etabliert, wenn für Firmen und Kunden keine spürbaren Nachteile entstehen, woran aus Sicht Barbers auch die wohltätigen Initiativen eines Bill Gates oder die Gewährung von Mikrokrediten in Entwicklungsländern nichts ändern werden.

Trotz dieses Pessimismus hofft Barber, dass der verschwundene Bürger auf die Bühne der Weltpolitik zurückkehrt und den Kampf gegen die wachsenden Ungerechtigkeiten des Konsumkapitalismus aufnimmt. Die Zauberformel lautet »Globale Demokratie« plus einer gehörigen Portion transnationaler Solidarität, die dafür sorgt, dass aus kindlichen Verbrauchern, die mit ihren Geländewagen das Klima zerstören, erwachsene Staatsbürger werden, die sich für fairen Welthandel und Menschenrechte einsetzen.

[...] Der Sieg des Kapitalismus über die Demokratie beruht, so [Robert] Reich, auf den »zwei Herzen«, die in unserer Brust schlagen. Als Bürger sind wir an Freiheit und Sicherheit interessiert, als Konsumenten an Schnäppchen und Dividenden. Als Folge dieser Spaltung nehmen Lobbyaktivitäten zu, fließen Wahlkampfgelder und Parteienspenden, geben Konzerne für Millionensummen Gutachten in Auftrag, um die Schädlichkeit ihrer Produkte zu kaschieren.

[...]

Quotedunnhaupt, 13.04.2008 um 14:21

Kapital aus dem Konsum schlagen

Jeder versucht halt, sein Schäfchen ins Trockene zu bringen, allen voran die Prediger gegen Kapitalismus und Komsumerismus.  Die beiden Clintons mit ihrem Hundert-Millionen-Vermögen predigen den Arbeitslosen, dass sie "ihren Schmerz fühlen".  Die beiden Autoren Barber und Reich (ein früherer Clinton-Minister) schlagen Kapital aus der Wahlkampagne, indem beide  ihre Bücher wohlgezielt gerade jetzt auf den Markt bringen.




Aus: "Ich konsumiere, also bin ich" Von Ludger Heidbrink (DIE ZEIT, 10.04.2008 Nr. 16)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/16/ST-Kapitalismus





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#22
Quote[...] In vielen Fällen empfahlen die Berater nicht die für die Kunden optimalen Produkte, sondern jene, die offensichtlich die größte Provision bringen.

,,Das Ergebnis ist erschreckend, das hätte ich bei einem Marktführer wie der Allianz nie erwartet", urteilt Finanzexperte Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale. ,,Es wurde schlampig beraten oder provisionsgetrieben, aber fast nie so, wie es sein soll", kritisiert Gottschalk. ,,Mit viel Wohlwollen konnten wir einmal die Note ,,gut" und viermal die Note ,,befriedigend" vergeben. Im Durchschnitt waren die Beratungen jedoch mangelhaft."

Den Grund des Übels erklärt ein bayrischer Allianz-Vertreter. Seit Jahren, so klagt er, würden die Verkaufsvorgaben durch den Konzern immer weiter heraufgesetzt. Das führe zu Abstrichen bei den Bonifikationen. ,,Um unser Einkommen einigermaßen stabil zu halten, müssten wir immer mehr verkaufen", sagt der Verkäufer. ,,Bei vielen Kollegen bleibt da die Fairness auf der Strecke."

Quotevon  Steja  am 11.04.2008 14:32 Uhr

Zum Thema Fairness im Verkauf. Nach meinen bisherigen Erfahrung mit Versicherungsaussendiensten wird fast jeder Vertreter das Produkt an den Mann bzw. Frau bringen, bei dem er am meisten verdient. Das war auch schon in der Vergangenheit so und wird auch immer so bleiben... wir sind halt alle "homo oecononicusse"



Aus: " Versicherungen  Allianz erlebt mit Bank und Kunden ein blaues Wunder" Martin Seiwert, Melanie Bergermann (01.04.2008)
Quelle: http://www.wiwo.de/unternehmer-maerkte/allianz-erlebt-mit-bank-und-kunden-ein-blaues-wunder-270979/


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Quote[...] Jeden Tag trennen sich neue Paare, von denen man annahm, sie würden ein Leben lang zusammen bleiben. Sowohl früher als auch heute war und ist Liebe und Partnerschaft, so romantisch wir uns das auch vorstellen mögen, ein hartes Stück Arbeit. Wenn dann vorgelebt wird, dass dort draußen auf den Markt bessere Kandidaten auf uns warten, macht das die Beziehungsarbeit umso schwerer. (Sarah Kossak)

[...]


Aus: "Paarbeziehung – ein hartes Stück Arbeit" - Gespräch mit der Soziologin Sarah Kossak über die Strukturen moderner Paarbeziehungen von Gerrit Wustmann (TP, 04.05.2008)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27732/1.html


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Quote[...] "Nation Branding" heißt das englische Zauberwort für das Ansinnen eines Landes, sich als Marke zu etablieren. "Früher haben große Territorien und starke Armeen einem Land den Einfluß gesichert", sagt Peter Robejsek (57). Der Direktor von Haus Rissen Hamburg, dem internationalen Institut für Politik und Wirtschaft, beschäftigt sich seit etwa zwei Jahren mit dem Thema "Nation Branding". "Heute kann sich ein Land als Firma betrachten, deren Produktpalette die Bereiche Export, Investitionen, Tourismus, Kultur, Regierungsform und Menschen umfaßt."

Es gehe für ein Land darum, Sympathie, Interesse und Aufmerksamkeit zu erwecken. Das müsse laut Robejsek in Sekundenschnelle passieren, um dann als Reiseland, Investitionsstandort oder Exportpartner in Frage zu kommen. "Deshalb muß es das ureigene Interesse eines jeden Staates sein, als Marke oder ,Brand' einen Auftritt zu haben", so der Wissenschaftler aus Rissen. Wenn über ein Land gar nicht gesprochen würde, dann existiere es im Bewußtsein der Weltöffentlichkeit nicht.

So gibt es seit einigen Jahren eine 25 Staaten umfassende Rangliste in puncto Sympathie. Spitzenreiter ist Schweden, Deutschland liegt an vierter Stelle, Rußland rangiert am Ende. "Die meisten Befragten waren noch nie in Schweden", sagt Peter Robejsek, "aber sie haben einen bestimmten Eindruck. Daraus leitet sich dann ein bestimmtes Klima, etwa für Wirtschaft und Tourismus, ab."

Als geistiger Vater des Brandings gilt der Hamburger Hans Domizlaff (1892-1971). Bekannt wurde er in den 20er und 30er Jahren durch seine Corporate Designs für Firmen wie Reemtsma oder Siemens. Domizlaffs Motto war: "Die Marke ist die Botschaft".

In Deutschland kann die Medienkampagne "Du bist Deutschland" durchaus als Nation Branding verstanden werden. Obwohl Robejsek persönliche Einschränkungen macht: "Die Aktion war mehr nach innen gerichtet, um die Menschen aufzubauen und ihnen Depressionen auszureden. Für eine nach außen gerichtete Kampagne hätte es ,Wir sind Deutschland' heißen müssen." Aber so viel Patriotismus sei wohl angesichts der deutschen Geschichte etwas schwierig. "Die Fußball-WM gibt Deutschland genügend Gelegenheit, Sympathie, Interesse und Aufmerksamkeit zu wecken."


Aus: "Forscher: Länder sind wie Markenartikel..." Von Marlies Fischer (erschienen am 18. Februar 2006)
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2006/02/18/535058.html

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Quote[...] Nation Branding, auch Location Branding [1] oder Place Branding [2] genannt, bezeichnet den Versuch, einem Staat durch Anwendung von Kommunikationstechniken aus der Markentechnik ein mit einer Handelsmarke vergleichbares Image zu verschaffen. Damit soll die Bekanntheit und das Vertrauen in ein Land im Ausland positiv beeinflusst werden, um so den Tourismus, die Exporte und Investitionen ausländischer Unternehmer zu fördern sowie in den politischen Beziehungen zu anderen Staaten als positiver Akteur wahrgenommen zu werden.[3][4]

Das Nation Branding knüpft an bestehende, zumeist diffuse, Urteile und Bilder über einen Staat und eine Nation an.[5]Bestehende Merkmale eines Staates wie seine politische Struktur, Kultur und Geographie werden dabei ebenso berücksichtigt wie die Bevölkerung, die ebenso Zielgruppe des Nation Brandings ist. Denn auch die eigene Bevölkerung muss für ein erfolgreiches Nation Branding das gewünschte Image glaubhaft transportieren.[6] Als erstes Beispiel in dieser Art gilt die von Tony Blair verantwortete Cool Britannia-Kampagne. Diese lehnte sich an das alte britische Motto Rule, Britannia! an und sollte über das Vereinigte Königreich das Bild vermitteln, die Drehscheibe für Musik, Film, Mode, Medien und Design zu sein.[4] Deutsche Versuche wie Du bist Deutschland oder Land der Ideen seien dagegen nach Simon Anholt zu sehr nach innen gerichtet.[7]

[...]


Aus: "Nation Branding" (4. Mai 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Nation_Branding


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Quote[...] Du bist Deutschland ist eine auf Positives Denken und auf ein neues deutsches Nationalgefühl zielende Social-Marketing-Kampagne. Sie wurde im Rahmen der Initiative Partner für Innovation von 25 Medienunternehmen ins Leben gerufen und von Bertelsmann koordiniert. Die großangelegte Kampagne wurde kontrovers diskutiert. Eine Fortsetzung der Kampagne mit dem Fokus auf ein ,,kinderfreundliches Deutschland" wurde im Juli 2007 beschlossen, die Umsetzung begann am 15. Dezember 2007.

Initiator der Kampagne war Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG. Der erste Teil der Kampagne lief vom 26. September 2005 bis zum 31. Januar 2006. Im Zentrum der Kampagne stand ein 2-minütiger TV-Spot, der zum Kampagnenauftakt auf fast allen großen Fernsehkanälen nahezu gleichzeitig ausgestrahlt wurde. Ergänzend wurden großformatige Anzeigen in Printmedien, Flyer, Plakatierungen und bis zu zweiminütige Fernseh- und Kinowerbespots eingesetzt. Laut Presseprospekt handelte es sich um ,,die größte Social-Marketing-Kampagne in der Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland". Die Höhe des Werbevolumens wird offiziell mit 30 Millionen Euro beziffert. Da aber alle beteiligten Unternehmen und Darsteller auf ihr Honorar verzichten, wurde diese Summe nicht ausgegeben, sondern ist nur eine Addition der anfallenden Kosten einer Kampagne eines solchen Umfangs.

Die Begleitmusik der Kampagne stammt vom US-amerikanischen Filmkomponisten Alan Silvestri und ist ursprünglich die Titelmelodie der Filmmusik zu Forrest Gump (1994), die 1994 für den Oscar nominiert wurde.

Das für die Kampagne erstellte Piktogramm besteht aus drei Flächen, deren Farbgebung die deutschen Nationalfarben enthält. Es ist eine stilistische Ähnlichkeit zum Logo der Olympischen Spiele in Barcelona (1992) vorhanden, das, wie das Kampagnenlogo, eine voranschreitende Person darstellen soll.

[...] Erklärtes Ziel der Kampagne war, ,,Initialzündung einer Bewegung für mehr Zuversicht und Eigeninitiative in Deutschland" zu sein und die Bundesbürger zu ,,mehr Selbstvertrauen und Motivation" anzustoßen.

[...] Im Kern der Kampagne stand ein sogenanntes Manifest, das gleichzeitig auch im Zentrum des Werbespots war. Die bis zu zwei Minuten langen Spots zeigten größtenteils prominente Menschen an historischen, landschaftlichen und urbanen Schauplätzen. Diese trugen den Slogan der Kampagne Du bist Deutschland in verschiedenen Variationen vor: ,,Du bist das Wunder von Deutschland", ,,Du bist der Baum", sowie Sinnsprüche und Metaphern wie zum Beispiel ,,Dein Wille ist wie Feuer unterm Hintern", die positive Gefühle auslösen und den Zuschauer spontan begeistern und mitreißen sollen.

Auszüge aus dem Manifest:

    ,,Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen. Der Windstoß, der durch seinen Flügelschlag verdrängt wird, entwurzelt vielleicht ein paar Kilometer weiter Bäume. Genauso wie sich ein Lufthauch zu einem Sturm entwickelt, kann Deine Tat wirken. [...] Dein Wille ist wie Feuer unterm Hintern. [...] Doch einmal haben wir schon eine Mauer niedergerissen. Deutschland hat genug Hände, um sie einander zu reichen und anzupacken. Wir sind 82 Millionen. Machen wir uns die Hände schmutzig. Du bist die Hand. Du bist 82 Millionen. Behandle Dein Land doch einfach wie einen guten Freund. Meckere nicht über ihn [...] Du bist Deutschland.".


[...] Eine von den Initiatoren bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage ergab, dass zwei Wochen nach Start der Kampagne 35% der Befragten die Kampagne bis dahin bewusst wahrgenommen hatten. Von diesen sahen sich 54% als "positiv angesprochen" an. 23% der Befragten gefiel die Kampagne nicht.

Weiterhin sprachen die Organisatoren von ,,rund 400 Firmen, Verbände[n] und Organisationen" die sich an der Aktion beteiligen wollten[2]; die zahlreiche Unterstützung verschiedenster Medienkonzerne (Liste s. u.) durch kostenlose Werbeplätze sowie die ebenfalls honorarfreie Beteiligung Prominenter zeigte außerdem den Rückhalt der Kampagne bei Firmen und Prominenz.

Auf der Homepage der Kampagne besteht die Möglichkeit, ein Foto von sich, verbunden mit seinem Namen und einer eigenen kleinen Botschaft, in eine Galerie der Unterstützer hochzuladen. Mehrere tausend Menschen nahmen bisher dieses Mitmach-Angebot wahr.

In einigen Zeitungsartikeln wurde der Kampagne großer Wert als ,,Aufbruchssignal" zugeschrieben.

[...]

Träger der Kampagne:
Fernsehen
    ARD • Premiere • ProSiebenSat.1 • RTL Gruppe Deutschland • ZDF

Print
    Axel Springer • Bauer Verlagsgruppe • Hubert Burda Media • Frankfurter Allgemeine Zeitung • Ganske Verlagsgruppe • Gruner und Jahr • Heise Medien Gruppe • Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck • Zeitungsgruppe Ippen • Verlagsgesellschaft Madsack • Motor Presse Stuttgart • Der Spiegel • Süddeutscher Verlag • WAZ-Mediengruppe • Zeitungsgruppe Stuttgart

Online
    RTL Interactive • Tomorrow Focus • T-Online

Plakat
    Ströer Out-of-Home Media

Kino
    WerbeWeischer

Für die Kampagnenstrategie ist die Werbeagentur kempertrautmann und für die gestalterische Konzeptionierung ist die Werbeagentur Jung von Matt zuständig. Das "Kampagnenbüro" leitet die fischerAppelt Kommunikation GmbH (Hamburg).

[...]

Prominente Unterstützer der Kampagne:
(Auswahl): Gerald Asamoah • Reinhold Beckmann • Bobby Brederlow • Yvonne Catterfeld • Sarah Connor • Wojtek Czyz • Justus Frantz und Orchester • Maria Furtwängler • Martin Hyun • Günther Jauch • Oliver Kahn • Walter Kempowski • Johannes B. Kerner • Oliver Korittke • Walter Lange • Florian Langenscheidt • Patrick Lindner • Sandra Maischberger • Xavier Naidoo • Minh-Khai Phan-Thi • Oliver Pocher • Dominic Raacke • Marcel Reich-Ranicki • Hans Martin Rüter • Kool Savas • Achim Kreisel • Harald Schmidt • Gabriele Strehle • Gerd Strehle • Ulrich Wickert • Anne Will • Martin Winterkorn • Katarina Witt

Kritik:
Unter anderem wurde von Teilen der Bevölkerung beklagt, dass sich die Kampagne des vertraulichen "Du" für ihre Slogans bedient, welches die Kritiker als unangemessen empfanden. Kolumnisten verschiedener Zeitungen monierten außerdem, dem Slogan "Du bist Deutschland" fehle als reiner "Gute-Laune-Kampagne" der Inhalt. Die taz sprach davon, dass mittels einer ,,neoliberalen Wundertüte" die ,,von Depressionen und Zukunftsängsten geschüttelten Deutschen wieder auf gute Laune getrimmt werden" würden,[4] während die Verantwortung von Staat und Wirtschaft für das ,,Schicksal des Landes" dabei auf den Einzelnen abgeschoben werde.[5]

Einige Autoren sahen in der Kampagne Parallelen zur Ideologie der Volksgemeinschaft. So sprach zum Beispiel Harald Jähner in der Berliner Zeitung von einer ,,Volkskörperrhetorik", die die Kampagne gebrauche.[6] Eine weitergehende Kritik betraf den im Rahmen der Kampagne als Vorbild herausgestellten Ferdinand Porsche, der zu jenen Industriellen gehörte, die bei der SS um KZ-Häftlinge für ihre eigenen Zwecke gebeten haben.[7] Bestätigt sahen sich einige dieser Kritiker, als herausgefunden wurde, dass die Nationalsozialisten die – allerdings auf Adolf Hitler gemünzte – Parole ,,Denn Du bist Deutschland" während einer Kundgebung 1935 auf dem Ludwigsplatz in Ludwigshafen nutzten. Die renommierten Historiker Hans Mommsen und Hans-Ulrich Wehler sahen die Kampagne wegen dieser ,,zufälligen Übereinstimmung" (Mommsen) aber nicht als belastet an.[8]

[...]


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Du_bist_Deutschland (Du bist Deutschland, 19. Mai 2008)

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Quote[...] Gehirnwäsche ist ein Konzept zu so genannter psychologischer Manipulation. Ältere psychologische Theorien vermuteten, dass ,,Gehirnwäschen" Wertevorstellungen und Selbstauffassung einer Person nach bestimmten Zielsetzungen ändern könnten. Dabei wurde vermutet, dass in seltenen Fällen eine Vertrauensbasis zwischen dem Manipulator und der zu manipulierenden Person entstünde, während der weit überwiegende Teil der ,,Gehirnwäsche-Methoden" darauf beruhe, den psychischen Widerstand mit gewaltsamer Einwirkung zu brechen. Theorien der Gehirnwäsche entstanden zunächst im Kontext totalitärer Staaten, später wurden sie auch auf Religionen, insbesondere so genannte Sekten angewandt.

[...] Umgangssprachlich werden auch massive psychische Beeinflussungen als ,,Gehirnwäsche" bezeichnet.

[...]


Aus: "Gehirnwäsche"
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gehirnw%C3%A4sche (7. Juni 2008)


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Quote[...] Korshunova sei ein Mädchen gewesen, das Probleme gern mit sich selbst ausmachte, "wenn etwas nicht lief, behielt sie das meist für sich.

[...] In einem Alter, in dem andere Mädchen eine Jugend hinter sich haben, konnte Korshunova auf eine Karriere zurückblicken. "Sie verdiente gutes Geld, aber sie wollte so schnell wie möglich raus aus dem Model-Geschäft. Sie war kein neues Mädchen mehr, das deprimierte sie", sagt ein Freund von Korshunova. Sie habe ihren Geburtstag gefürchtet: "Ich werde 21, wie traurig", soll sie vor ein paar Tagen gesagt haben.

QuoteCrossbow (1.7.2008, 7:24 Uhr)

Der Preis...

...für den Erfolg. Nicht jede(r) eträgt ihn. Wie schade um ein Leben.


Aus: "Tod eines Topmodels - "Ich glaube, sie hat aufgegeben"" Von Ulrike von Bülow, New York (30. Juni 2008)
Quelle: http://www.stern.de/lifestyle/leute/:Tod-Topmodels-Ich/625647.html



Textaris(txt*bot)

#26
Quote[...] Manches wird von Hochschulen und Unternehmen der Jugend vorgeworfen, mangelnde Bildung, Disziplin, Durchhaltevermögen, aber niemals: Aufsässigkeit. Und wie auch? Die Praktikanten und Berufsanfänger akzeptieren bis zur Charakterlosigkeit jede Bedingung, jede eingespielte Dummheit, jede ethisch bedenkliche Praxis. Sie blicken aus Rehaugen, die sich nur manchmal melancholisch verschleiern, auf die raue Welt der Wirtschaft und Politik und scheinen den Schwur getan zu haben, so schnell wie möglich zum Haifisch zu werden, um auch dort zu überleben, wo es von Feinden wimmelt. Denn dass die Welt böse ist, die Berufswelt zumal, das halten sie für gewiss; man hat es ihnen oft genug gesagt. Die gesellschaftliche Großdebatte um Globalisierung und verschärfte Konkurrenz, um Standort und Wettbewerbsfähigkeit ist tief bis in die Psyche vorgedrungen, man könnte auch sagen, sie ist dort eingeschlagen wie ein Meteor und hat einen Krater hinterlassen, in dem alles Leichte und Hoffnungsvolle, alle Fantasie und alles Aufbegehren verschwunden sind.

Von grimmigen Vorgesetzten, Lehrern und Professoren muss die Jugend nicht mehr an die Kandare genommen werden; sie hat sich selbst schon an die Kandare gelegt. Die Autoritäten haben das autoritäre Gesicht verloren. Der erbarmungslose Leistungs- und Anpassungsdruck, den alle empfinden, hat keine persönlich haftbar zu machenden Urheber. Gegen einen Tyrannen könnte sich die Jugend vielleicht empören, nicht aber gegen die Tyrannis der eigenen Selbstdisziplinierung. Die Imperative von Knappheit und Konkurrenz müssen nicht von außen herangetragen werden; sie sind längst verinnerlicht. Junge Germanisten, die sich an Schillers, an Heines, an Brechts Ideologiekritik geschult haben, arbeiten bereitwillig und demutsvoll in PR-Abteilungen, die den Kunden und der Öffentlichkeit ein X für ein U vormachen. Junge Betriebswirte verkaufen im Außendienst Versicherungsverträge, deren Nutzlosigkeit für den Kunden ihnen offen zutage liegt. Junge Ingenieure, die den Wirkungsgrad der Energieerzeugung genau berechnen können, entwerfen Windkraftanlagen, deren Rentabilität allein auf irregeleiteten Subventionen beruht.

[...] Man kann in dumpfes Brüten verfallen über die eingereichten Lebensläufe von Hochschulabsolventen, die tatsächlich alles enthalten, was heute gerne verlangt wird, Auslandsaufenthalte, soziale Hilfsdienste, Berufspraktika ohne Zahl, EDV- und Sprachkenntnisse. Sie enthalten nur eines nicht, können es auch gar nicht enthalten: persönliche Wege und Umwege zum Glück, denn für Selbstfindungen ist keine Zeit, nicht einmal für die winzigste in einem solch früh gestylten Lebensplan. Nur nicht bummeln! Nicht träumen, keine falschen Hoffnungen hegen. Es ist, als ob die Eltern ihre Abstiegsangst gnadenlos an die Kinder weitergereicht hätten. Schon die Berufswünsche sind von einem ernüchterten Realismus und komisch-kindlich nur dort, wo sie als Endziel plötzlich, inhaltlich seltsam unbestimmt, »Geschäftsführer« sagen. Früher, gewiss noch vor zwanzig Jahren, hätte ein Jugendlicher schon das Ältliche gescheut, das dem Begriff anhaftet, das Magenkranke, von Konkursen und verzweifelten Bilanzfälschungen Bedrohte, aber heute leuchtet daraus wohl die letzte verbliebene Utopie: auch einmal selbst Chef sein, an der Spitze jener Hackordnung stehen, die für das Leben gehalten wird.

Wer oder was, um Himmels willen, hat den jungen Leuten das darwinistische Weltbild aufgeredet? Das Überleben der Stärksten allein? Hat sich etwas, was als ökonomisches Marktprinzip Sinn ergibt, zur Universalmetapher aufgeschwungen und alles Gnädig-Humane auf den Schrotthaufen der Illusionen befördert? Denn die jungen Leute glauben ja nicht, dass die Welt gut ist, wie sie ist. Nichts wäre falscher, als ihnen nachzusagen, sie seien unkritisch. Sie glauben aber auch nicht, dass sich die Welt zum Besseren verändern ließe, den privaten Raum vielleicht ausgenommen. Man könnte von einem neuen Biedermeier sprechen, allerdings ohne die Behaglichkeit, die dabei gerne mitgedacht wird, einem Rückzug aufs intime Umfeld, das gleichwohl keinen Schutz verspricht gegen die jederzeit mitgefürchtete Katastrophe der Arbeitslosigkeit. Es ist eine Restaurationsepoche, wie sie Stendhal nach dem Ende Napoleons beschrieben hat, mit der Kälte, dem Duckmäusertum, der Heuchelei und dem Karrierismus; aber ohne vorherige Revolution. Oder sollte man tatsächlich den vorausgegangenen Ruin der sozialistischen Staatenwelt mitdenken, den politischen Bankrott der großen Gesellschaftsutopien?

Mag sein. Es wäre allerdings schwierig, die gedankliche Brücke zu finden in die unpolitische Resignation der Jugend, die gerade nicht das große Ganze, sondern das Eigene bedroht sieht. Rette sich, wer kann! Aber vielleicht liegt dem erbarmungslosen Eindruck von Unentrinnbarkeit doch der Gedanke zugrunde, dass Alternativen nicht oder nicht mehr zu haben sind. Der Wirtschaftsdarwinismus als Weltbild kann sich vielleicht nur aufdrängen, wenn eine konkurrierende Lebenswelt, wie zweifelhaft auch immer, gar nicht mehr vorhanden ist.

[...] Eine düstere Verschwörungstheorie besagt, es gebe ein Interesse des Kapitals an der Entmutigung der Jugend und ihrer Zurichtung zu willigen Vollstreckern der Wirtschaft. Aber in Wirklichkeit ist nur schwer denkbar, dass Arbeitgeber an fantasiearmem, eingeschüchtertem und blind angepasstem Nachwuchs Vergnügen finden. Jede Unternehmung braucht ein dynamisches Prinzip; und wer sollte den Weg aus den hergebrachten Üblichkeiten finden als die Jugend, die noch gar nicht weiß, was üblich ist? Von spontaner Verwunderung, intuitivem Missfallen lässt sich mehr profitieren als von der sachkundegesättigten Bedenkenträgerei der alten Hasen.

[...] Nur die Jugend hat Genie. Schopenhauer war von diesem Gedanken durchdrungen, er meinte aber nicht, dass Begabung an ein Lebensalter gebunden sei, sondern dass diese Begabung sich nur entfalten kann, wo die Zurichtung der Gesellschaft noch nicht eingesetzt hat, die Rücksichtnahmen auf Erwartungen und Konventionen. Was aber, wenn Jugend in diesem Sinne Schopenhauers sich gar nicht mehr entfalten kann, weil vor aller Entfaltung des Genies schon die Gesellschaft zugeschlagen hat?

Es ist leicht, zu sagen, dass eine Gesellschaft, wenn sie Zukunft haben will, sich eine solche Entmutigung der Jugend nicht leisten kann. Schwerer ist zu sagen, wen man dafür verantwortlich machen soll. Einiges deutet sogar darauf hin, dass die Möglichkeiten zu Protest und Auflehnung von der Jugend pessimistischer eingeschätzt werden als nötig. Der Erfolg von Attac, den international tätigen und gut vernetzten Globalisierungskritikern, zeigt ein anderes Bild der Jugend. Aber die Umfragen, die erst kürzlich unter Studenten oder in der Generation unter dreißig angestellt wurden, belegen doch das rapide geschwundene Interesse an Politik und Gesellschaft, überhaupt auch nur an Informationen, die sich nicht unmittelbar für den eigenen Alltag nutzen lassen. An persönlichem Erfolg, sei es im Beruf oder in der Liebe, sind alle interessiert, an Fragen der sozialen Gerechtigkeit eine schwindende Anzahl. Mit dem Vorwurf von Egoismus und Wegduckerei ist das Phänomen nicht erklärt, denn auch der Rückzug aufs Private und das »Ich zuerst« sind nur der Ausdruck einer Depression, die von der Zukunft nichts erwartet. Rette sich, wer kann! Manches spricht dafür, dass die Jugend unsere Gesellschaft zerfallen sieht und nur noch das eigene Überleben sichern will.

...


Aus: "Generationenwandel - Die traurigen Streber" - DIE ZEIT, Ausgabe 36, 2008" (Von Jens Jessen | © DIE ZEIT, 28.08.2008 Nr. 36)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/36/Jugend-ohne-Charakter

Quotedavidkind, 28.08.2008 um 14:19

... Ich habe selten einen dämlicheren artikel in der zeit gelesen. und seit langem hat mich keiner mehr dermaßen verägert. der ganze beitrag ist verlogen, wiedersprüchlich und ahistorisch.

jene, die heute die zeit herausgeben gehören zum konservativen bildungsbürgertum. sie können es sich leisten über die bestehenden verhältnisse zu motzen, welche sie selbst mitgestalten. das das kapital kein interesse an kritischen geistern hat, nennt jens jessen eine verschwörungstheorie, eine dunkle noch dazu. es ist also nicht historische wahrheit, dass eben jenes kapital kritische reflexion immer bis aufs äußerste bekämpfte; die vertreter der alten bundesrepublik, die der neuen, die wirtschaft der ganze verdammte zeitgeist? und immer hat die zeit sets ja gesagt zu jenen, die ihr am nächsten waren.

tut mir leid, aber dieser verwirrte altherrenartikel eines feuilletonisten der auf eine jugend schimpft deren vorläufer er wohl selbst dereinst war ist nun allemal als exotischer zwischenruf zu betrachten.




QuoteP. Panter »
28.08.2008 um 19:08

Opa Jens

Opa Jens erzählt vom Krieg. Aber die Jugend heutzutage ne *kopfschüttel* früher hätt's sowas nicht gegeben...


QuoteNachtalb »
28.08.2008 um 20:15

Oh doch, Herr Jessen!

Eine Polemik soll zum Widerspruch anregen. Und ja: Die Jugend ist immernoch revolutionär! Nur eben nichtmehr wie ihre Eltern - wer hätte das gedacht.

Und was haben denn die 68er getan? Gegen eine Sexualmoral sein, um mehr Frauen flachlegen zu können? Gegen eine garnichtmehr tonangebende Kirche sein? Kommunismus sagen, wenn man nicht arbeiten will? Gewollt übertrieben kompliziert reden und sich beschweren, wenn man nicht verstanden wird? Öffentlich in Hungerstreik gehen und sich heimlich Delikatessen reinziehen? Patchworkesoterik, um seinen Drogenkonsum zu rechtfertigen? Und als Resultat der immer vorhandenen Bigotterie nun mit 100k+ Gehältern und drei Benz vorm Haus, von Umweltschutz und Gerechtigkeit reden und im dem Photoalbum blättern, in dem man mit langen Haaren zu sehen ist.

Die Revolution der Jugend könnte "Ehrlichkeit" heißen. Ihre Agenda ist vielleicht nicht so toll, aber sie behaupten auch nicht, dass es sie sei.

Aber wie könnte man gegen diese alte Revolution besser bestehen, als "Keinen Sex vor der Ehe" durchzuziehen, Sonntags in die Kirche gehen, arbeiten, oder oder oder, wenn man nicht als Rechtsradikaler quasi der Wurmfortsatz von 68 sein möchte?

Und was könnte sie mehr erreichen, als das "Gut-Böse"-Schema der "Altlinken", das definiert was gesagt werden darf, wer als "Gut" zu gelten hat und wer geächtet sein muss, durch eine nüchterne Empirie aus deren dogmatischen Theorie zu befreien?

Viva la Revolution^^


QuoteHMRothe »
28.08.2008 um 20:36

Es hat auch schon Zeiten gegeben, wo Feuilletonchefs

und manchmal sogar Chefredakteure Artikel schrieben, fuer die sie anschliessend ins Exil gehen mussten - warum also nicht mal ein bisschen aufsaessiger, die Herren?


Quoterunninggecko, 28.08.2008

Das große ZEIT-Ranking

Mal ganz davon abgesehen, dass der Artikel durchaus auch ohne Blick ins Detail als oberflächlicher eingestuft werden kann (wobei Übertreibung natürlich auch ein Stilmittel ist), musste ich doch kurz schmunzeln, als ich an das alljährlich erscheinende ZEIT Uni-Ranking denken musste. Wie passt es eigentlich zusammen, einerseits die totale Angepasstheit einer Generation anzuklagen und andererseits derselben Generation alljährlich eine Hitliste der Universitäten zu präsentieren, an denen sich der clevere Duckmäuser doch bitteschön mal einschreiben sollte, wenn er es zu was bringen will? Das i-Tüpfelchen dabei ist natürlich, dass das Ranking mit der Qualität der Lehre ungefähr so viel zu tun hat wie dieser Artikel mit einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema.

Zum Inhalt sei noch angemerkt, dass heutzutage vielleicht weniger protestmarschiert, dafür aber sicher mehr protestgewählt wird. Was immer man davon halten mag.



QuoteGraf von Rab... »
28.08.2008 um 21:20

Die Auflehnung der Meckies

"Andererseits ist es für das Fortkommen einer Gesellschaft im Großen oder einer Firma im Kleinen nicht unerheblich, dass es überhaupt ein Potenzial an Unruhe, an Unzufriedenheit und Auflehnung gibt."

Interessanterweise hätte dieser Satz auch von McKinsey stammen können, Stichwort "creative destruction" (und wenn es sich dabei auch um die "kreative" Zerstörung von Arbeitsplätzen und Lebensschicksalen handelt). Vielleicht hat die Wirtschaft durch Unternehmensberatungen und Hedgefonds und ihrer im Artikel beklagten Skrupellosigkeit die ja auch früher schon brutal ungerechte Ungestümheit der Jugend nur institutionalisieret, so dass diese sich nun ungleich machtvoller und zerstörerischer austoben kann. Während z.B. die chinesische Jugend der sechziger als Rote Garden ihren eigenen Eltern Schandhüte aufsetzten und ihre Lehrer totprügelten, rennt sie heute in Dreitelern durch die Unternehmen und feuert ihre Onkel und Tanten. Denn auch die Rebellen von früher wollten vor allem eins: ganz nach oben kommen, und seien es die 68er, die hofften, durch die Weltrevolution nach oben zu kommen.

Wenn es wirklich ein Problem in unserer Generation gibt, dann ist es, dass wir uns nicht gegen das System solidarisieren können. Dazu sind wir irgendwie zu blöd. Gutes Beispiel sind die Frauen, die immer noch 20-30% weniger Gehalt in denselben Positionen bekommen und dennoch keinen wirklich wirkungsvollen Widerstand dagegen organisieren.   


Quotepraenki »
28.08.2008 um 21:22

Früher war alles besser...

...oder?

Im Überschwang wurde die wohl folgenreichste Jugendbewegung des 20. Jh vergessen: Der Nationalsozialismus! Hier trat eine besonders ehrgeizige Jugend an, den Muff der Vorväter ein für allemal zu vertreiben. Und das notfalls über Leichen. Eine gern vergessene Jugendbewegung.

Wer das nicht glaubt: Man möge sich nur mal das Alter der führenden Nazis neben Hitler zu Beginn der "Bewegung" anschauen. Über den Jugendkult der Nazis muss man ja nicht viel sagen.


Quotehasepremium »
28.08.2008 um 21:34

Note Eins, Herr Jessen, Note Eins!

Wenn die getroffenen Hunde wenigstens noch bellen würden, die in ihren Kommentaren den Aufstand der Waschlappen proben wollen - sie sabbern nur ....!


QuoteUser9876 »
28.08.2008 um 21:35

Wie alt sind sie?

Man kann sich über alles beklagen, aber wenn man nicht gerade Beamter auf Lebenszeit ist und sich mit der Marktwirtschaft arrangieren muss ist dieser Artikel völlig an der Realität vorbei. Die 70er sind vorbei die Jobs sind knapp und der guten noch viel mehr. Die Alternative zum aktuellen System ist der Kommunismus-> na toll. Also wo gegen soll man den rebellieren? Der Artikel zeigt am Ende nur eins:

Das Alter vom Autor!!!


QuotesoziBrötchen »
28.08.2008 um 21:39

Ich für meinen Teil sehe kann die heutige Jugend auch nicht anders einschätzen, als es in dem Artikel der Fall ist. In meiner Stufe (12. Klasse Gymnasium) gibt es nur einen sehr geringen Prozentsatz, der sich auch nur ansatzweise politisch interessiert zeigt.
Ich bin leistungsbereit und würde sagen, ich habe auch einen Anspruch an mich selber, aber mein Anspruch sieht wahrscheinlich sehr anders aus als das bei den Meisten der Fall ist; Wo andere an ihre Karriere denken steht bei mir der Idealismus im Vordergrund, ich lerne nicht, um später das große Geld zu machen und zu den Oberen 10.000 zu gehören, sondern aus Neugierde und Wissensdurst.
Die "Neoliberalen" in meiner Stufe zeichnen sich durch ein hohes Maß an Egomanie aus. Wenn man ihnen mit Menschenrechten oder gar sozialer Gerechtigkeit kommt, dann wirst du ausgelacht. Diese ca. 5% meiner Gerneration sind zynisch bis ins Mark, aber in ihrem Zynismus ist kein Körnchen Ironie, stellenweise wünsche ich sie nach Afrika oder Somalia, damit sie wissen wenn sie mir mit hämischem Grinsen unter die Nase reiben, dass ihre Jacke aus Tahiland kommt und zu 100% von Kinderhänden gefertigt wurde...

Tut mir leid, mehr als Abscheu kann ich da nicht empfinden


QuoteGraf von Rab... »
28.08.2008 um 21:50

... Durch den Mangel an Solidarität schadet sich unsere Generation ganz massiv selbst. Dafür gibt es keine kluge Erklärung, das ist Blödheit.


QuoteRüssel »
28.08.2008 um 22:13

Der Artikel spricht genau

Der Artikel spricht genau das aus, worüber ich mir schon seit längerem Gedanken mache. Ich bin 18 Jahre also selbst Teil dieser Generation und habe (fast) dieselben Beobachtungen udn Vermutungen gemacht und gehabt, die in dem Artikel beschrieben sind. Wenn ich mir meine Mitschüler und die Jugendlichen in meiner Umgebung anschaue sehe ich genau das: Die meisten entpolisiert, manche politisch konservativ (oder wirtschaftlsliberal), selten mal jemand der anders denkt. Sie wollen nichts verändern und finden sich mit der Gesellschaft ab in der wir leben, denken hauptsächlich an ihr eigenes Wohl und wie sie ihre Zeit möglichst angenehm und mit hohem Spaßfaktor rumkriegen. Allerdings hat das meiner Meinung weniger mit Angst vor Arbeitslosigkeit oder ähnlichem zu tun, sondern eher mit der "philosophischen Erkenntnis", dass letztlich alles sinnlos is einschließlich jeglicher Veränderung. ich denke das vorallem das Scheitern der Utopien für solches Denken und für solche Resignation verantwortlich ist. Allerdings is das auch nur eine teilweise eine Erklärung für die Protestlosigkeit, denn meinen Erfahrungen nach mahen sich die meisten Jugendlichen heutzutage überhauptkeine tiefgründigen Gedanken über Sinn und Sinnlosigkeit von Gesellschaftsveränderung, nur die die sich welche machen kommen oft zu dem Schluss, dass "alles sinnlos sei", wie mir ein guter Freund immer wieder beteuert, der Deswegen auch nich mein politisches Interesse versteht. (vielleicht kriegen die anderen diese Erkenntnis mit in die Wiege gelegt?)Manchmal hört man das gescheiterte Utopien den Menschen realistisch gemacht hätten, ich würde eher sagen, dass sieh in träge oder faul gemacht haben, denn er versucht nicht einmal eine Alternative zu findenudn hat keine Lust sich zu engagieren.
Ich bin Mitglied bei Attac und würde mich auch gerne vor Ort engagieren, allerdings existiert noch nicht mal eine Ortsgruppe in der kleinen Großstadt in der ich lebe (nicht zuletzt, weil kein jugendliche aus meiner Schulstufe oder von denen, die ich kenne, auf die Idee kommen würde sich dort zu engagieren).
Naja ne vollständige Erklärung dieses Phänomens ist wohl nicht möglich und so wird es mir weiterhin Kopfzerbrechen machen....trotzdem vielen Dank für diesen guten Artikel.


QuoteJayJayOtter »
28.08.2008 um 22:23

die jugend von heute

"Der Erfolg von Attac, den international tätigen und gut vernetztenGlobalisierungskritikern, zeigt ein anderes Bild der Jugend. "

Sind wir doch alle traurige Studenten...
Ich erwarte es mit Spannung, wenn in 5 bis 10 Jahren den Zivis nicht mehr vom Krieg, sondern den 60/70ern erzählt wird.
"Da hielt man noch zusammen. " "Wir hatten noch Moral. " "Lass dir doch mal die Haare wachsen! " "Wie, Du machst jetzt ein Praktikum? Geh mal dir lieber einen rauchen... "


Quotebromfiets »
28.08.2008 um 22:35

Mal eine Frage...

Ich stelle mir grad ein Vorstellungsgespräch für ein Volontariat bei der ZEIT vor:
Ein junger Redakteur bzw. eine junge Redakteurin in spe ist im Gespräch permanent aufsässig, sagt offen, dass berufliches Fortkommen bisher nicht wichtig war und auch für später nicht wichtig sei, dass das Aneignen von Fremdsprachen und Soft Skills überbewertet würden und damit das wahre Wesen und die wahren Interessen des Individuums verzerrten, die  Einhaltung der Arbeitszeiten oder gar Leistungskontrolle seien ein Übel der Leistungsgesellschaft und würden daher kategorisch abgelehnt.
Würde Herr Jessen so jemand denn einen Job geben?

Oder ist DAS mal wieder was ganz anderes?



QuoteSammy Senkbley »
28.08.2008 um 22:44

Blick in den Spiegel

die Mentalität der "heutigen Jugend" ist zweifellos zutreffend charakterisiert. Unbefriedigend ist aber die Ursachenforschung des Autors.

Bevor sich Herr Jessen das nächste Mal so auf die Jugend einschießt, sollte er einen Spiegel in seinem - nun per Video schon vielfach publizierten - Arbeitszimmer aufstellen und ein wenig meditieren.

Er selbst gehört doch zum öffentlich einflußreichen ideologischen Mainstream und sollte sich fragen, was Leute wie er beigetragen haben zur gegenwärtigen Mentalität der Jugend. Warum nur finden jüngere Leute die ideologiedurchdränkten Lebens- und Denkformen so abstoßend?

Wie gesagt: Hier ist Herrn Jesse ein einfacher Blick in den Spiegel anzuempfehlen.

Lieber einmal mehr Spiegel als noch so ein eitler Jesse-Auftritt im Mainstream-Videostream-Weltkritisierungstheater.

Sammy Senkbley


Quoteinkorekt »
28.08.2008 um 23:14

dass die selbstaufhebung der

dass die selbstaufhebung der kapitalistischen produktionsweise im totalitären leerlaufkapitalismus die bewusstseins- und denkformen seiner agenten affiziert, ist keine große und auch keine neue erkenntnis. dass, wo ein vergesellschaftungsprinzip total wird, für legitimationsideologien keine notwendigkeit mehr besteht, leuchtet ebenfalls ein. der turnusmäßige verweis auf die borniertheit und das kritische phlegma 'der jugend' vertuscht dagegen nur die allgemeine und notwendige abhängigkeit der subjektiven konstitution von den objektiven konstitutionsbedingungen. natürlich mögen die grassierende verblödung und kritikunfähigkeit, die neigung zu selbstunterwerfung und servilität, die "böse liebe der menschen zu dem, was ihnen angetan wird", dem einen oder anderen, der, biographisch bedingt, noch vom blassen nachglanz der tradition kritischen denkens zehrt, als besonderes problem der jüngeren generation erscheinen. doch die verallgemeinerung jenes anschmiegsamen 'realismus', wie er etwa in der aushöhlung der sozialwissenschaften durch modisch-naive evolutionstheoretische, soziobiologische usw. 'gesellschaftstheorien', oder der traurigen 'life-is-unfair'-attitüde des gängigen kleinbürgerhumors oder auch in der ignoranten oberflächenkritik von attac+co widerscheint, ist ein gesamtgesellschaftliches problem. allerdings lässt der blick auf die geistlosigkeit und funktionstüchtigkeit der 'mehrheits-jugend' erahnen, was noch kommt.


QuoteEgon2 »
28.08.2008 um 23:26

Ansicht eines BWL-Studenten

Ich bin einer dieser vielgescholtenen BWL er.

Meine Ansicht zum Thema rebellierende und angepasste Generationen:

Wen haben wir unseren Wohlstand zu verdanken? Meiner Ansicht nach der Generation die nach dem Krieg unser Land mit Fleiß und Tüchtigkeit wieder aufgebaut hat. Die deutesche Qualitätsbegriff von dem viele unserer Produkte wie z.B. Autos noch zehren wurde in der Nachkriegszeit geprägt.

Von den 68ern wurden diese wichtigen "Deutschen" Tugenden diskreditiert. In der Folge konnte die 68 ihre (wirtschafts)politischen Vorstellungen teilweise durchsetzen. Die Folgen davon spüren wir bis heute. Zahlreiche Branchen verloren an Wettbewerbsfähigkeit wie z.B. die Fernsehherstellung. Viele Arbeitsplätze gingen verloren.

Ich befürworte es sehr, dass wenn das was der Jensen geschriebt hat stimmt, dass in der heutigen Junged wieder ein Umdenken stattgefunden hat. Es ist gut, dass der Leistungsgedanke und andere, "konservative" Werte wieder mehr an Bedeutung gewinnen. Davon wird unsere Gesellschaft profitieren.

Leistungsbereite Jugend = Zukunft für Deutschland


TyRell »
28.08.2008 um 23:35

QuoteElite zum Mitnehmen

... Die Karrieristen waren durch die verzerrte Darstellung der Medien stets verpönt. Gut, dass wir sie dennoch haben.


Quotedribbdebach »
29.08.2008 um 00:58

Ein strukturelles Problem

Ich muss schon sagen, ich halte diese Analyse für sehr ungerecht. Sich eine berufliche Existenz aufzubauen, erfordert nun mal Anpassung. Alles, was jenseits eines gewissen Mainstream liegt, gilt bei Arbeitgebern als Unsicherheitsfaktor und ist entsprechend out. Als hätten früher keine jungen Leute bei Unternehmen gearbeitet, denen man moralische Kritikpunkte anlasten kann!


QuoteTrenchard »
29.08.2008 um 01:32

Unser Darwinismus ist Protest gegen unsere 68er Elterngeneration

Meine Generation hat begriffen, dass unsere Elterngeneration mit einer Unzahl an Lebenslügen ihr idealistisches Weltbild vor der Realität beschützen will.

Unsere Eltern sind in einer behüteten Welt aufgewachsen. Das Wirtschaftswunder in der alten Bundesrepublik hat soziale Not und Arbeitslosigkeit zu Fremdwörtern werden lassen. Die damals junge Gesellschaft glaubte, sich mit Sozialismus und später dem Protest gegen Kernenergie, den Grünen, Multikulti und Greenpeace ein Paradies auf Erden erschaffen zu können.
ABER:

1.) Eine Planwirtschaft hat noch nie und wird auch niemals funktionieren.

2.) Strom kommt nicht aus der Steckdose. Wenn ich keine Atomenergie möchte, so muss ich klar sagen, was ich stattdessen haben möchte! Und NEIN, regenerative Stromerzeugung ist nicht die Lösung, denn diese reicht vorne und hinten nicht! Dadurch, dass man soeinen Unfug immer wieder wiederholt wird er auch nicht richtiger! Die Angst unserer Eltern vor dem "bösen Atom" ist größer, als die Angst "vor dem Russen"! Ergo haben unserer Eltern beschlossen, Europas Wohl und Wehe dem Gusto des jeweiligen Autokraten im Kremel auszusetzen, weil die tollen Gaskraftwerke und -heizungen so wenig CO2-Ausstoßen. Die Russen bauen jetzt neue Atomkraftwerke, damit mehr Gas für uns übrig bleibt, damit wir unsere abschalten können. So viel Beschränktheit müsste unheimlich schmerzen... Dagegen helfen bestimmt die Dinkelsemmel, die vom 20 Kilometer entfernen Biobäcker mit dem Porsche Cayenne abgeholt werden.

3.) Nicht jeder Ausländer, der sich in Deutschland niederlässt stellt eine Bereicherung für die deutschen Kultur dar! "Einwanderungsgesellschaften" suchen sich ihre Einwanderer sehr genau aus. Höchstens ein Prozent der "Einwanderer" in Deutschland hätten von einem klassischen Einwanderungsland ein Einwanderungsvisum erhalten! Wer die sinkenden Geburtenraten der "Volksdeutschen" mit massiver Einwanderung aus Südostanatolien bekämpfen möchte hat meiner Meinung nach jeglichen Bezug zur Realität verloren! Unsere Elterngeneration hat eine Südostanatolische Minderheit von 5 Millionen Menschen in unser Land implantiert! 5 Millionen Menschen, die in ihrem Herkunftsland, einem Schwellenland, zum rückständigsten und ungebildetstem Gesellschaftsteil zählen! Als wenn sich irgendwer über die Ergebnisse der Migranten in der PISA-Studie gewundert hätte! Den Türken ist doch nichts peinlicher als die in Deutschland angesiedelten Deutschtürken!

4.) Eine Gesamtschule ist nicht die Lösung der Bildungsmisere! Eltern, die wert auf die Erziehung ihrer Kinder legen, wollen ihre Kinder vor dem negativen Einfluss unerzogener Kinder schützen. Dies ist vollkommen natürlich und daran ist auch nichts Verwerfliches. Niemand will die Zukunft seines eigenen Kindes für die geringe Hoffnung, ein Kind aus weniger begütertem Haushalt auf den rechten Weg zu leiten, riskieren.

5.) "Der Kampf gegen Drogen"; auch so eine nette Erbschaft unserer ach so liberalen Elterngeneration. Unsere Möchtegernhippies haben in den letzten dreißig Jahren eine ganze Reihe Drogen (Kokain, Extasy, ...) auf die "Verbotsliste" gesetzt. Ergebnis: Eine Reihe "failed states" (Kolumbien, Afghanistan, Albanien und bald auch das Kosovo, ...) ; Finanzierung "toller" "Befreiungskämpfer" wie die FARC-Guerilla oder die Taliban ; tausende Drogentote wegen "schlechten Stoffs" ; Biegen der Verfassung bis es kracht (siehe "Recht auf Rausch" etc.) ; tolle kriminelle Mafiastrukturen, die in Deutschland "privatwirtschaftlich" die Drogenversorgung sicherstellen ...

6.) Rentensystem: Alles, was ich dort eingezahlt habe, habe ich bereits unter "Totalverlust" verbucht.

7.) "Land der Dichter und Denker": Deutschlands Aufwendungen für Bildung und Forschung sind sehr überschaubar.

8.) Bundeswehr: Unsere Altrocker wollen jetzt International einen auf dicke Hose machen (Sitz im Weltsicherheitsrat, Interventionen im Kosovo, Afghanistan, Bosnien, Kongo, ...) mit einer Armee, die einst die beste der Welt war und heute höchstens einen Schatten ihrer selbst darstellt. Angeblich haben wir ein stehendes Heer von 300.000 Mann aber wenn davon 10.000 im Einsatz sind bricht der Laden zusammen. Wenn jetzt "der Russe" in Estland einmarschiert, der NATO-Verteidigungsfall und damit die allgemeine Mobilmachung ausgerufen wird, was für eine Lumpentruppe würde sich dann wohl in Richtung Osten auf den Weg machen? Die Hälfte der Panzer wird doch nur noch mit Klebeband zusammengehalten! Wieviele Schiffe hat die Kriegsmarine denn so? Fünf? Diese Armee ist doch garnicht in der Lage einen anständigen Krieg zu führen! Wenn die UNO grünes Licht für eine Intervention in Somalia geben sollte, so wäre Deutschland, die weltgrößte Exportnation, nichteinmal in der Lage in so einen failed state einzumarschieren! Internationale Verantwortung übernehmen, soll ich mal lachen? Die Verbündeten beschweren sich, dass unsere Hubschrauber in Afghanistan nicht bei Nacht fliegen dürfen! Was für eine Armee soll das denn bitte sein?

Diesen ganzen Mist und noch viel mehr hat uns die 68er Generation eingebrockt. Wir werden das alles auslöffeln müssen! Also haben wir aus Trotz schonmal angefangen, das Geld zu verdienen, was unsere Eltern ausgegeben haben!
Gegen den exzentrischen Idealismus unserer Elterngeneration haben wir einen darwinistischen Pragmatismus gesetzt. Die Politikverdrossenheit meiner Generation resultiert aus einer zynischen Resignation vor der Demographie. Wir werden Dank des steigenden Rentnerheeres sowieso niemals ans Steuerrad dieses Landes kommen.

GrüßeTrench



QuoteTrenchard »
29.08.2008 um 03:02

Ich kenne einige dieser Geschäftsführer und Unternehmensberater

Es ist einfach eine "You asked for it, you get it!"-Einstellung, die bei vielen jungen Leistungsträgern dahintersteht. Am Samstag rennt die breite Masse in den Blödmarkt und "holt sich" (ich hasse dieses Neudeutsch) den neuesten Preisbrecher. Am Sonntag geht man dann zur Demo gegen die Schließung des Nokiawerkes. Am Montag kauft man Anteile eines Investmentfonds und am Dienstag lauscht man andächtig den Klagen über die "Heuschreckenfonds". Meine Generation gibt den Idioten doch nur, wonach sie fragen! Die 68er reden doch so viel von Basisdemokratie und sollten uns doch dankbar sein, dass wir ihre kindischen Wünsche erhören und erfüllen! Der gemeine Bürger will Trash-TV, billige Unterhaltungselektronik und tolle Schnäppchen machen. Und wir? Wir geben ihnen das alles! Meine Freunde und ich, wir haben keinen Fernseher aber einige tragen Verantwortung für den Mist, der darin gezeigt wird! Die 68er wollen Solarzellen auf den Dächern? Wir bauen ihnen Solarzellen, wohlwissend um die katastrophale Ökobilanz! Was sollen wir auch anderes machen? Wir sind viel zu wenige, die in der realen Welt leben. Die Diskussion über Atomkraft und Stammzellenforschung/Gentechnik wird von Vertretern unserer Elterngeneration geführt, die in den meisten Fällen noch nie ein Biochemie- oder Physikbuch in ihren Händen hatten! (Dafür sind sie meist sehr bibelfest oder kennen das Attacprogramm auswendig, auch was Schönes.)

Die 68er haben die moralische Tradition des Bürgertums die Toilette heruntergespült. Deutsche Sekundärtugenden gibt es nur noch bei "Germany's next Topmodel". Dafür trägt meine Generation aber nicht die Verantwortung! Wir splitten uns in einige Wenige, die diese Sekundärtugenden noch haben (leider fast nur noch die Akademiker sowie einige Bayern und Schwaben) und den Rest, dem diese fast völlig abhanden gekommen sind. Wir haben aber nicht die gesellschaftliche Macht, Benehmen, Höflichkeit und Hilfsbereitschaft wieder in der Breite der Gesellschaft zu verankern. Die meisten Absolventen der Haupt- und Realschulen scheitern doch leider schon daran, sich vernünftig vorstellen und "Guten Tag"-sagen zu können! Wir haben panische Angst, dass unsere Kinder auch so werden könnten und überbetonen die Reste der Bürgerlichkeit, die wir noch retten konnten.
Die 68er wollten die Diktatur des Proletariats und sie haben sie bekommen! Wir sind nur noch die bürokratische Elite, die den Wunsch der Masse exekutiert, sei er auch noch so idiotisch.
In unserer Gesellschaft wachsen vor allem zwei Bevölkerungsschichten: Das Prekariat und die Rentner. Also konzentriert sich die Politik an diesen an Gewicht gewinnenden Wählern. Ein Beispiel:
Ich habe viel darüber nachgedacht aber ich glaube einfach nicht an die Verschwörungstheorien, dass unsere Politiker mit Hilfe der Terrorgesetze einen neuen Überwachungsstaat aufbauen wollen. Das dazu erforderliche strategische Langzeitdenken traue ich unsere Politikern einfach nicht zu. Die traurige Wahrheit ist, dass der Wähler im Hollywoodkino die Überwachungstechnologien bis auf wenige Ausnahmen nur positiv besetzt vorgeführt bekommt. Die Guten besiegen damit die Bösen. Ergo ist der Blödzeitungsleser begeistert, wenn Innenpolitiker, die ihre Emails diktieren und von der Sekretärin ausdrucken lassen, die "bösen Terroristen" mit Fingerabdruckscannern und Hackerangriffen jagen lassen wollen. Die breite Masse ist leider träumerisch und ungebildet und unsere Entscheidungsträger erfüllen nur die Wünsche dieser Masse.
Der Traum der Basisdemokratie wird durch die, die Politiker beratenden, Meinungsforschungsinstitute verwirklicht. Leider haben sich die 68er arg verkalkuliert, bei dem, was der Wunsch des einfachen Bürgers ist... Die gute alte Sozialromantik und der Salonkommunismus lassen grüßen.

GrüßeTrench



QuoteOcatave »
29.08.2008 um 06:07

Mal was von einem dieser Michgesichtigen Investmentbanker

Lieber Autor,

die Rebellion der Jugend wird niemals verschwinden, aber die Art und die Gruende fuer das Neinsagen haben sich veraendert, doch dass hast Du nicht bemerkt!

Mit meinen 24 Jahren und meinem Job (milchgesichtiger Investmentbanker in einer anonymen skrupellosen kleinen Frankfurter Bank) passe ich genau in das beschriebene, traurige Raster, jener die keine Zeit fuer Umwege und persoehnliches Glueck und Unglueck hatten.

Doch lieber Autor - wieviele von uns hast Du (wenn wir schon ueber Jugend und Rebellion reden, bleiben wir doch beim Du) persoehnlich kennengelernt bevor dieser Artikel entstand, oder hast Du Dich bei Deiner Recherche jener Vorutreile bedient die ich aus dem Unicafe im Hamburger Philosophenturm kenne?

Ich fuer meinen Fall war in sehr wenig Vorlesungen gesessen und habe in den 5 Jahren meines Studiums weit ueber ein Jahr in Asien Indien Australien und an anderen Orten dieser Erde verbracht. Dass sind aber keine Umwege wie von Dir geschildert sondern ein Teil meiner Persoehnlichkeitsentwicklung, und wenn Du in einer Beratung oder Investmentbank gewesen waerest, wuesstest du dass die Personaler da sehr viel wert drauf legen. Die Pruefungen haben wir trotz teils verpasster Monate an der Uni (ob die Gruende Tauchen bei mir oder Boarden bei Freunden waren ist egal) mit Unterlagen von Kollegen und Kolleginen, mit Zusammenhalt und Teamarbeit trotzdem alle geschafft.

Das Geld dafuer kam vom DAAD fuer ein Auslandssemester, von meinem Job als Barkeeper (ganz im sinne Herr Lehmanns). Oder eben von einem dieser gnadenlosen Praktika bei einer Unternehmensberatung in denen man sich so sehr unterordnen muss, dafuer aber mehr machen darf als Kaffekochen, naemlich eigene Projekte fuer die man den Kopf abgerissen und den schluessel abgenommen bekommt, wenn man etwas falsch macht. Wenn aber alles gut geht hat man nach drei Montaen 10.000Euro auf Konto und dazu etwas was weit mehr wert ist als Geld, naemlich Kontakte.

Einen Umweg bezeichne ich dass was viele Geisteswissenschaftler tun, naehmlich nichts, sie sitzen in der gleichen Stadt herum, sehen Nichts von der Welt und sehen 9 Jahre an ihnen vorbeiziehen waehrend sie jammern. Das ist ein Umweg zu sich selbst! Dass ist kein kollektiver Angriff, denn ich weiss dass es bei weitem nicht alle sind - meine Freundin studiert ein Orchideenfach, ist sehr gluecklcih und erfolgreich damit. Und sogar bei Ihr scheumt manchmal die Wut ueber das selbstmitleid der Langzeitstudenten.

Also nochmal die Frage in den Raum - Eine Jugend ohne Charakter? Wirklich?

Wenn ich in meinem Bureau morgen frueh in die Runde schaue, sehe ich drei Jungs, nicht viel aelter als ich. Zusammen haben bevor wir hierher kamen 50-60 Laender bereist, jeder hat an 2-3 Unis Studiert. Wir haben Adressbuecher die voll sind von Namen adressen, und Erinnerungen von all diesen jungen Menschen welche wir auf unseren Lebenslaufwirksamen Trips kennengelernt haben. All diese Umwege haben unseren Charakter gepraegt und unsere Art zu leben hat uns eine wundervolle Sache gegeben: Die Wahl so zu leben wie wir es moechten, und diese Wahl wird ermoeglicht durch Geld.

Vielleicht ist das unsere Art Rebellion, unsere Art der Auflehnung gegen die Gesellschaft? Ich lass mir nciht von einem halbgebildetem etwas sagen nur weil er seit 40 Jahren seinen Stuhl waermt und nebenbei ein Unternehmen in den Abgrund steuert. Und eine Investmentbank/Hedgefond/Beratung gibt jungen Menschen die Moeglichkeit etwas zu veraendern, eine kranke Firma zu kaufen, filetieren und verkaufen, ohne sich das Gelaber von irgendwelchen 50 Jaehrigen anhoeren zu muessen.

Und weisst Du was? Wenn ich mit 30 keinen Bock mehr hab, geh ich eben 5 Jahre Tauchen, das Geld dafuer hab ich dann, und nen guten Job um fuer 5 Kinder aufzukommen finde ich danach auch. Was macht ein trauriger Langszeitstudent mit 30?

Wir rebellieren eben auf unsere Art - wir lassen uns von niemanden sagen wie wir leben sollen, und diese Freiheit erkaufen wir uns mit Geld wissen und Kontakten, welche wir uns erarbeiten mit unserem Schweiss!

Wenn ich jemanden auf die Fuesse getreten bin moechte ich mich entschuldigen, nur finde ich in dem Artikel das vor dass ich aus dem ersten Semester im so alternativen Hamburg kenne - komm mit einem RATM Tshirt in die BWL Vorlesung und keiner sagt was / geht man mit einem Hemd in das Philocafe heissts "gugg ma, einer der BWL spiesser"

In diesem Sinne eine gute Nacht

Ach ja PS ein bischen Wirtschaft kann ich mir nicht verkneifen:

"Der Erfolg von Attac, den international tätigen und gut vernetzten Globalisierungskritikern...."

Die ATTAC wurde gegruendet um die Einfuehrung der sogenannten Tobinsteuer durchzusetzen.

James Tobin, welcher dieses Modell erfunden hat, meint 2001 "Ich moechte meinen Namen mit der ATTAC nicht assoziiert wissen. Ihre Vorschlaege sind gut gemeint und schlecht durchdacht"

Eben so wie die meisten ideen der aufsaessigen (und of uninformierten) Jugend



QuoteManul »
29.08.2008 um 06:11


Also ich zähle mich selbst


Also ich zähle mich selbst auch nicht mehr ganz zu der Jugend, bin daher schon alt genug, um die feinen Unterschiede zwischen 'heute' und 'gestern' zu sehen, ohne ganz den Blick dafür verloren zu haben unter welchem Vorraussetzungen man heute als junger Mensch ins Leben geht. Ich finde es auch alles viel zu unreflektiert, fast schon so, als würde Herr Jessen damit sagen wollen, dass es praktisch nur an 'uns' liegt die Schieflage zu beseitigen, in die uns die Vorgängergenarationen gebracht haben, ohne aber die wahren Ursachen der Angepasstheit der heutigen jungen Leute zu betrachten.

Ich selbst habe immer diese Angepasstheit zu tiefst verabscheut und tue es heute noch, jedoch bin ich mir oft nicht sicher, ob diese Art zu denken wirklich zielführend ist, denn mal ehrlich, wer wünscht sich denn eigentlich heute noch Querdenker, die auch mal Dinge beim Namen benennen, die sich auch für Dinge einsetzen, die sie selbst eigentlich überhaupt nicht betreffen oder versuchen Wege zu gehen, die nicht ins Schema-F passen? Aus eigener Erfahrung kann ich da nur sagen: niemand, denn wer heute keinen aalglatten Lebenslauf vorweisen kann und sich diesem Leistungswahn verweigert, der bekommt es früher oder später zu spüren, dass diese Art zu leben in heutiger Gesellschaft einfach nicht erwünscht ist. Gewünscht wird ausschliesslich nur Durchschnitt und sonst nichts. Also warum soll man versuchen etwas Überdurchschnittliches zu machen, neue Wege gehen, neue Lebenspespektiven erschliessen, wenn man am Ende als Idiot darsteht? Individualismus ist eben leider in heutiger Zeit, wie das Wort Freiheit, ein pervertierter Begriff, denn er beschreibt nur das, was man innerhalb des Systems tun 'darf' - alles andere fällt unter Querulantentum, was es auszurotten gilt.

Genau das kriegen aber heutzutage Kinder schon von früh an beigebracht und wer hier nicht spurt, der kann schnell den Anschluss verlieren und am Ende ohne Ausbildung, ohne Job und ohne Perspektive darstehen. Nicht umsonst werden in den Industrieländern Kindern massenweise Psychopharmaka verschrieben, damit sie wie erwünscht ticken. So bleiben natürlich auch kaum Räume für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, eigenständigen Denkens, was dann auch eine gewisse Apathie allem gegenüber erzeugt. Genau daran ist aber letztendlich die Gesellschaft interessiert, dass man am Ende ein Heer ein unkritischen Konsumenten hat, denen Empathie für andere fremd ist und die ausschliesslich nur den eigenen Erfolg im Sinn haben. Ich denke daher, dass wir hier gut aufpassen müssen, denn hier tickt eine Bombe, die uns eines Tages noch um die Ohren fliegen wird. Eine Gesellschaft ohne ein Mit- und Füreinander funktioniert nämlich auf Dauer kaum und Leben ist etwas mehr als nur reines Funktionieren.


QuoteLeusis »
29.08.2008 um 06:12

Genau so.

Genau so ist die Jugend. Genau so. Ich bin Teil von ihr, und ich sehe es rechts und links von mir.

Die Angst, die man von allen Seiten eingeprügelt bekommt, ist unerträglich. Umwege sind nicht möglich, sie zeugen von fehlendem Zielbewusstsein. Nachdenken, Infragestellen, Hinterfragen, Korrigieren, alles Zeichen von Schwäche.
Vor kurzem sah ich ein Werbeplakat einer großen Supermarktkette, sie suchte Filialleiter. Freundlich-neutral-distanziert lächelte ein adrett in Anzug gekleideter junger Herr, etwa meines Alters, von diesem Plakat auf den Betrachter herab. Und überschrieben war das Ganze mit dem Slogan "Karriere ist eine Gerade".

Ich hätte kotzen können! Dieses Plakat ist das Sinnbild eines leeren, völlig gesichtslosen Bestandteils des "Humankapitals" dieses Unternehmens. Austauschbar. Mechanisch. Tot.

Noch weiß ich nicht, wo es mit meinem Leben hingehen soll. Aber es gibt nichts, was ich so sehr genießen könnte, wie die Suche nach dem, was für mich wichtig ist in diesem Leben, und die Art wie ich es führen möchte. Wäre da nicht die ständige Angst im Nacken, mit 26 vielleicht schon zu alt für gewisse Jobs zu sein, einen nicht produktiven und gesellschaftlich gewünschten Weg zu gehen, oder es verpasst zu haben, als Ausweis meiner sozialen Kompetenz bei den Pfadfindern, Messdienern oder in der Schülervertretung gewesen zu sein (wer spricht schon noch vom wahren Sinn dieser Institutionen).

Die Suche werde ich trotzdem nicht aufgeben. Selbst wenn ich scheitern sollte, dies ist der einzige Weg, an dessen Ende ich nicht zurückblicken werde und überlegen werde "was wäre gewesen, wenn ich damals den Mut gehabt hätte...".



Quotejemand_anders »
29.08.2008 um 08:55

Der Artikel löst Wut aus


Der Artikel löst Wut aus und gibt in vielerlei Hinsicht enormen anlass zur Kritik. Ich will nur von einem Beispiel schreiben:

Sie haben geschrieben, dass die Lebensläufe so makellos sein müssen. Das ist richtig! Ich habe mir in meinem Jurastudium erlaubt in den ersten Semestern mein Studium anzuzweifeln, ich habe mir erlaubt in mich zu gehen und mich der Literatur zu widmen. Mittlerweile mag ich mein Studium und liebe immernoch die Literatur. (Das ist selten bei heutigen Jurastudenten) Jedoch hattemein Zweifeln einen Preis. Ich habe meine Zwischenprüfung bestanden, aber nicht sehr gut. Irgendwann muss ich also vor einen Anwalt treten, bei dem ich mich Bewerbe und muss mich rechtfertigen für meine Leistung. Ich werde sagen, was ich hier gesagt habe. Ich bin gespannt, was der Anwalt, der ja aus eienr Zeit kommt wo Idealismus noch groß geschrieben wurde, sagen wird.

Mein Kommentar mag schlecht sein, aber für mich ist er einfach nur das plakativste Beispiel. Wie die Welt jetzt ist, haben wie unseren Vätern zu großen Teilen zu verdanken. Ich versuche sie zu ändern!!!!!!!!



QuoteEte2 »
29.08.2008 um 10:03

Spricht mir aus der Seele

Es ist in der Tat schwer erträgllich, täglich mit ansehen zu müssen, wie sehr viele Menschen meiner Generation (ich bin 22) schon in der Ellenbogengesellschaft aufgegangen sind und sich damit scheinbar wohlfühlen. Zumindest merken sie es nicht, falls sie sich unwohl fühlen, weil sie gar nichts anderes kennen.

Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und vor allem das Bilden und Vertreten einer eigenen Meinung sind Dinge, die ich häufig vermisse. Die "Jugend" manövriert sich durch den Alltag aus Bildung, Partys und Social Networking, dass es einem geradezu schlecht wird. Nur das, was einen - wenn auch noch so geringen - Nutzen hat, wird gemacht. Welchen Nutzen aber hat Ehrlichkeit? Vielleicht verprellt man damit eine seiner Kontaktpersonen ("Freunde"), vielleicht bekommt man eine schlechtere Note, vielleicht bringt es irgendeinen anderen Nachteil. Aus Prinzip, einfach weil es richtig ist, ist keiner mehr ehrlich. Warum auch? Die anderen sind es ja auch nicht.

So wie niemand mehr aus Prinzip ehrlich ist, hat auch niemand mehr andere Prinzipien. Man passt sich einfach an, um bei allem dabei zu sein, bei Partys, beim Auslandspraktikum, bei allem, was man glaubt, mitmachen zu müssen, um zu leben. Leben aber, ist doch eher, man selbst zu sein und das zu tun, was man für richtig hält und was einen selbst glücklich macht. Nicht das, was Dein (potentieller) Arbeitgeber oder Dein soziales Netzwerk für richtig hält oder sie glücklich macht. Das ist dann Vorleben.

Leider muss man sich mitunter ausgegrenzt fühlen, wenn nicht nach dem prestigeträchtigsten, sondern dem vernünftigsten Praktikumsplatz Ausschau hält oder seine möglicherweise unbequeme Meinung vertritt, anstatt das Maul zu halten oder man ein Frau kennen lernen will, weil man ihre Persönlichkeit toll findet und nicht (nur) ihren Körper...


Quoteneonblack »
29.08.2008 um 12:45

Zitat:"Wer oder was, um

Zitat: "Wer oder was, um Himmels willen, hat den jungen Leuten das darwinistische Weltbild aufgeredet?"
Wer wohl? Politiker seit vielen Jahren, die Bertelsmann-Stiftung, der Bertelsmann- Konzern, die INSM, der Spiegel, die BILD, der Rheinische Merkur etc etc und eben auch die ZEIT, die z.B. dem Centrum für Hochschulentwicklung der Bertelsmann-Stiftung als Medienpartner zur Seite steht. So werden wir über die Medien mit diesem Gedankengut verseucht. Über vorgefertigte Schulmaterialien zu bestimmten Themen werden wir sogar über die Schule und unsere Lehrer beeinflusst.

"Aber vielleicht liegt dem erbarmungslosen Eindruck von Unentrinnbarkeit
doch der Gedanke zugrunde, dass Alternativen nicht oder nicht mehr zu
haben sind. Der Wirtschaftsdarwinismus als Weltbild kann sich
vielleicht nur aufdrängen, wenn eine konkurrierende Lebenswelt, wie
zweifelhaft auch immer, gar nicht mehr vorhanden ist."

Das ist das was uns von einer großen Meinungsströmung die in vielen Medien aufgegriffen und immer wieder propagiert wird: "Es gibt keine Alternative!" Wenn man die Leute nur lange genug manipuliert fangen sie auch an das zu glauben und an diesen Manipulationen machen sich viele Redaktionen mitschuldig. So versucht man Alternativen und Utopien zu ersticken. Auf Dauer wird das aber nicht funktionieren, so blöd ist meine Generation nicht dass sie das nicht merkt. Das Bild ist zu pessimistisch gezeichnet. Sie sollten uns nicht unterschätzen. You can fool some people sometimes, but you can't fool all the people all the time.



Quoteflorian-d »
29.08.2008 um 11:22

Medienwirtschaft at its best

Jessens Artikel ist nicht so sehr auf der inhaltlichen, sondern auf der medienwissenschaftlichen Ebene interessant. Es handelt sich um eine gelungene Inszenierung eines Themas, mit dem sich im September die Aufmerksamkeit der 18 bis 30-jährigen erreichen lässt, die jetzt auf Studienplatzsuche oder auf der Suche nach dem ersten Arbeitgeber sind. Wie die Ankündigung einer Entgegnung erkennen lässt, handelt es sich um eine crossmediale Strategie. Die Initiierung muss eine Polemik sein, denn es gibt kein als Aufhänger geeignetes Ereignis. Für die Vermutung, dass es sich im Grunde um eine Fortsetzung einer Redaktionsmanagementstrategie handelt, spricht der Umstand, dass die Verlagsgruppe, der die Zeit angehört, in ihren anderen, beruf- und karriereorientierten Periodika - wie z.B. Zeit Campus -  gutes Geld damit verdient, den von Jessen beklagten "erbarmungslosen Leistungs- und Anpassungsdruck, den alle empfinden" zu erzeugen. Die zugrundeliegende Dramaturgie spannt sich hierbei zwischen den personalwirtschaftlichen und ideologischen Interessen der Werbekunden und der sozialpsychologischen Disposition der Leser auf. 


...

-.-

Quote[...] Nun, wer Aufsässigkeit vermisst, der besuche mal einen rechtsradikalen Jugendtreff. Die Aufsässigkeit fällt leider nie so aus, wie die Älteren sich das wünschen. Aufsässigkeit sucht nach echter Anstößigkeit, nach Widerwillen im Gemüt des Establishments. Das wird man mit einer Initiative für mehr Gerechtigkeit derzeit nicht erzielen können.


Aus: "JUGEND - Geradezu aufsässig korrekt" Harald Jähner (Archiv » 2008 » 29. August » Feuilleton)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/0829/feuilleton/0042/index.html


Textaris(txt*bot)

#27
Quote[...] Als gut geschulter Hegelianer unterlässt Kittsteiner es, Personen an den Pranger zu stellen oder individuelle Schuldzuweisungen auszusprechen. Die ,,objektive Gier", welche die Kapital- und Finanzmärkte leitet und die ,,Vernunft in der Geschichte" (Hegel) repräsentiert, ist systemimmanent und hat nichts mit subjektiven Bösartigkeiten zu tun. Sie prägt das Verhalten ausnahmslos aller, die Hochlohnpolitik der Gewerkschaften und die Beutezüge der Sozial- und Steuerpolitiker genauso wie die Optionen und Bonuszahlungen für Manager oder die Verteilung von Listenplätzen und Vorstandsmandate.

...



Aus: "Der neue Fürst dieser Welt" Rudolf Maresch (27.12.2008)
Zur Politische Theologie des globalen Kapitalismus und die geistige Verwandtschaft von Links- und Rechtsextremen
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29308/1.html

QuoteBesprochene Literatur:

Heinz Dieter Kittsteiner, Weltgeist, Weltmarkt, Weltgericht, München: Fink Verlag 2007, 273 Seiten. 29,90 Euro

Vom selben Autor verwendet: ,,Die ,geschichtsphilosophischen Thesen'", in: alternative 10/1967. S. 243 ff.
,,Walter Benjamins Historismus", in: Norbert Bolz/Bernd Witte (Hg.), Passagen. Walter Benjamins Urgeschichte des XIX Jahrhunderts, München 1984, S. 163 ff.
,,Über das Verhältnis von Lebenszeit und Geschichtszeit", in: Dietmar Kamper/Christoph Wulf (Hg.), Die sterbende Zeit, Darmstadt/Neuwied 1987, S. 72 ff.

Angesprochene Literatur: Walter Benjamin, ,,Über den Begriff der Geschichte", in: ders., Sprache und Geschichte. Philosophische Essays, Stuttgart 1992, S. 141 ff.
Walter Benjamin, ,,Theologisch-politisches Fragment", in: ebd. S. 132 ff
Ellen Kennedy, ,,Carl Schmitt und die Frankfurter Schule. Deutsche Liberalismuskritik im 20. Jahrhundert", in: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft 12/1986, S. 380 ff.


...


Textaris(txt*bot)

Quote[...] [Yu Hua]: Wir leben in einer Gesellschaft, in der das eigene Interesse an erster Stelle steht. Alle streben nach Geld. Wir sind bereit, alles dafür zu opfern. Dafür bezahlen wir einen geistigen und moralischen Preis.

...


Aus: "Interview: "China ist ein merkwürdiges Land"" (4.6.2009)
Der chinesische Schriftsteller Yu Hua glaubt, dass Literatur die Menschen ändern kann. Seiner Generation wirft er vor, nicht über das Blutbad vor 20 Jahren zu berichten.
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/China-Yu-Hua;art138,2814499


Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Das Gros benötigt eine sogenannte Eigenkapitalbilanz nach dem Motto: Wer bin ich, was kann ich, und wo will ich hin?"

[sagt Eckart Eller von der Münchner Beratung El-Net Consulting]


Aus: "Gestern Chef, heute arbeitslos" Von Von Juliane Lutz (26.09.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/618/489010/text/


Textaris(txt*bot)

#30
Quote[...] Zu keiner Zeit des Jahres wird der erzwungene Konformismus durch den Kapitalismus spürbarer als zu Weihnachten. Verzweifelt, gestresst und missmutig schlittern wir durch die Straßen [...] "Ich muss noch was für Papa finden" ... Obwohl Papa doch schon alles hat, was man sich wünschen kann und wenn etwas Neues auf den Markt käme, könnte er es sich im Handumdrehen selbst kaufen. "Aber ich MUSS..."

...


Aus: "Konformität – Wem gehört mein Leben?" (2012)
Quelle: http://www.weeyoo.de/konformitaet-wem-gehoert-mein-leben/


-.-

Quote[...] "Den Druck, den früher nur Drückerkolonnen und Klinkenputzer hatten, üben heute ganze Finanzorganisationen auf ihre Mitarbeiter aus", sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Ein Beweis dafür seien die Sparkassen in Hamburg und Frankfurt, die ihren Kunden massenhaft Lehman-Zertifikate andrehten. "Mir tun die Mitarbeiter leid, die diesen Müll verkaufen müssen, um an ihrem Arbeitsplatz klarzukommen", sagt Castello.

Der Druck führt nach ihrer Erfahrung bei vielen zu Krankheiten wie Magengeschwüren und Schlaflosigkeit. Bei anderen melde sich das schlechte Gewissen. "In regelmäßigen Abständen kommen zu uns Bankangestellte, die fragen, ob sie bei der Verbraucherzentrale arbeiten können, weil sie nicht mehr Produkte verkaufen wollen, von denen sie wissen, dass sie für den Kunden schlecht sind."

[...] Auch nach den Erkenntnissen von Verdi leiden die Mitarbeiter zunehmend unter dem psychischen Druck. Anonym teilten Beschäftigte der Gewerkschaft mit, wie schlimm die Lage an ihrem Arbeitsplatz ist. "Der Verkaufsdruck ist unerträglich geworden. Bei manchen Führungskräften hat man den Eindruck, dass sie am liebsten schlagen würden, wenn sie es dürften", schrieb ein Beschäftigter. In einem anderen Brief hieß es: "Es ist die reine Vertriebshölle, ich frage mich, wie lange ich das noch aushalte, ohne krank zu werden."

In manchen Banken ist der Druck so groß, dass "die Mitarbeiter wöchentlich oder sogar täglich vor allen anderen gefragt werden, warum sie ihre Vorgaben nicht erfüllen", sagt Foullong. Es sei der reinste Psychoterror. Wer nicht genug Produkte verkaufe, dem drohe der Vorgesetzte mit Konsequenzen, bei vielen gehe die Angst um, den Job zu verlieren.


Aus: "Finanzberatung: "Banken werden zu Drückerkolonnen"" Von H. Freiberger (16.10.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/finanzen/967/491336/text/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] David Simon (born 1960) is an American author, journalist, and a writer/producer of television series. [...] Upon leaving college he worked as a police reporter at The Baltimore Sun from 1983 to 1995. He spent most of his career covering the crime beat.

...


From: "David Simon" (2009, September 28). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 15:44, October 26, 2009, from http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=David_Simon&oldid=316602701

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Quote[...]  Er [der Kapitalismus] ist eine brauchbare wirtschaftliche Kraft, aber kein Rahmen für eine irgendwie gerechte oder zusammenhängende Gesellschaft. Man hat ihn hier in den Staaten als soziales Instrument missverstanden. Seit 1980 hat man in fast jedem Bereich der US-amerikanischen Gesellschaft dem Kapitalismus gehuldigt und erlaubt, dass Profit das Maß aller Dinge ist - ungeachtet der sozialen Kosten. Die Banken, die Autoindustrie, die Zeitungsbranche sind dem zum Opfer gefallen, es gibt keine Industrie in den USA, die nicht vom Streben nach unverzüglichem Profit ausgehöhlt wurde. Dieses Streben hat das politische System so korrumpiert, dass Reform unmöglich ist. Aber wenn Profit nicht im Rahmen der gesellschaftlichen Gesundheit gemäßigt wird, dann endet man in einem Szenario, in dem ganze Klassen von Menschen überflüssig werden und sich eine eigene Existenz außerhalb der Gesellschaftsstrukturen schaffen

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Aus: "TV-Serien-Guru David Simon - "Die USA haben den Bogen überspannt"" (26.10.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,656310,00.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] In unserer Gesellschaft ist die sogenannte Event-Kultur weit verbreitet, das bedeutet Spaß und gute Stimmung. In diese geistige Landschaft passen Depressionen und negative Gefühle nicht hinein. Depression heißt für viele, keine Leistung mehr bringen zu können. Darüber spricht man lieber nicht. Die Leute reden von Burn-out. Das gesteht man dem gestressten Manager schon mal zu. Das ist ein beschönigendes Wort für eine depressive Erkrankung. Die bekommen nach landläufiger Meinung aber nur die Schwachen. (Thomas Schnelzer)

...


Aus: ""Der letzte Ausweg"" (11.11.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/sport/aktuell/2075140_Psychologe-Thomas-Schnelzer-Der-letzte-Ausweg.html


Textaris(txt*bot)

#33
Quote[...] Dass im beruflichen Wettbewerb für irrwitzig viele Bewerber gnadenlos wenige Plätze bereitstehen, haben wir längst akzeptiert. Wir stellen uns mit immer mehr Konkurrenten stundenlangen Auswahltests, um aufs Gymnasium zu kommen. In der Oberstufe zählt nicht mehr, sich überhaupt irgendwie durchs Abitur zu wursteln, sondern nur noch ein Notenschnitt im Elitebereich. Dann, im Sommer, wenn plötzlich alles möglich ist, Tauchen auf Hawaii oder Streunen durch Shanghai, kämpfen wir um Studienplätze in Jura, Wirtschaftsmanagement und Architektur, absolvieren mehrstufige Zulassungstests, preisen uns in seitenlangen Motivationsschreiben an und reichen die gewünschten Sprachbescheinigungen ein. Nebenbei arbeiten wir ohne Bezahlung und auf Probe, wir hangeln uns durch Assessment-Center. Um irgendwann eine wirkliche Chance zu bekommen. Durchschnitt ist Schimpfwort.

[...] Wir sind es gewohnt, jederzeit auf dem Prüfstand zu stehen. Spotlight. Leistung. Wir haben es verinnerlicht. So sehr, dass wir selbst im Privatleben casten und uns möglichst teuer verkaufen wollen – oft ohne es zu merken. Wie fühle ich mich im ICE und wie beim Aufstehen? Rund um die Uhr lockt die Versuchung, in sozialen Online-Netzwerken einen geistreichen Spruch zu bloggen, sich mal verträumt, mal mutig, mal lustig zu geben. Auch Alva ist dabei. ,,Hab mir von einer 67-jährigen Bochumerin die Haare schneiden lassen", dokumentiert sie ihren Tag. Daneben platziert sie das Bild eines Lamas mit verhunztem Bob. Zur Entspannung ein paar absurde, realitätsferne Charaktertests. Welcher Käse bist du? Gorgonzola. Welcher Turnschuh? Converse. Welcher Rockstar? John Lennon. Sie dokumentiert die belanglosen Ergebnisse mit feiner Selbstironie. Sie ist lässig. Alles im Griff. Marke Alva.

Vielleicht ist die abgeklärte Alva im Herzen eine Abenteurerin. Darin hat sie sich nie getestet. Das obligatorische Auslandsjahr, ein Zusatzpraktikum im Krankenhaus, ja. Aber sie hat Angst davor, sich zurückzulehnen. Nicht zu wissen, was kommt. Angst, abzuwarten oder falsche Entscheidungen zu treffen und irgendwann unglücklich zu sein. Sie will keine Zeit verplempern. 23, so jung findet sie das nicht mehr. Und das Schlimme ist, dass wir sie verstehen. Wer studieren, ins Ausland, promovieren, heiraten, Kinder kriegen, arbeiten will, hat einen strammen Lebensplan. Perfektionismus erträgt keinen Zufall. Und eine Generation im Bewerbungs- und Bewertungsnahkampf erträgt keinen Tiefschlag.

Selbst auf Geburtstagspartys sind wir mittlerweile bestens vorbereitet. Denn auch wenn wir dort kaum jemanden kennen: Wir wissen Bescheid, wer kommen wird, wer uns interessieren könnte und wie wer aussieht. Die virtuelle Gästeliste hängt auf Facebook aus und erlaubt, unsere potenziellen Freunde und Partner zu bewerten, über sie zu befinden und zu beraten, lange bevor wir uns das erste Mal zu Gesicht bekommen. Alter, Abschluss, musikalische, sexuelle und politische Ausrichtung? Beziehungsstatus? Alles recherchiert und vorgegooglet. Zu lässige, massige oder tussige Fotos? Aussortiert. Die Gefahr, dass Unerwartetes passiert, ist auf ein Minimum reduziert. Und auch, wenn wir so von vornherein wissen, dass der Abend sterbenslangweilig wird: Das Vorspiel undercover zumindest, das ist aufregend.

...

QuoteSibelius 26.11.2009 | 08:13

... Ich würde NIE in eine WG ziehen mit Typen wie oben beschrieben. "Kannst du mal Probespülen", ich glaub es hackt...



Quotedropsofjupiter 26.11.2009 | 10:57
also der grundgedanke stimmt schon: immer mehr sich verkaufen müssen.





Aus: "Das Leben im Recall: Wie das Casting zum allgegenwärtigen Prinzip wurde"
Text: veronika-beer (MeineTheorie  | Leben |  25.11.2009 18:30 )
Quelle: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/491717

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Quote[...] Berlin – Stress und Angst um den Job lassen deutsche Arbeitnehmer immer häufiger seelisch erkranken. Psychische Leiden waren 2008 für knapp elf Prozent aller Fehltage verantwortlich, wie aus einer am Dienstag vorgestellten Studie der Bundespsychotherapeutenkammer  hervorgeht. Diese Krankschreibungen hätten sich seit 1990 fast verdoppelt und verursachten überdurchschnittlich lange Fehlzeiten.

Neben einer besseren Diagnostik der Ärzte seien vor allem auch die zunehmenden Belastungen in der modernen Arbeitswelt Ursachen des Anstiegs, sagte Kammerpräsident Rainer Richter in Berlin. Das Risiko einer Depression nehme zu, wenn der Betroffene keinen Einfluss auf Ablauf oder Erfolg seiner Tätigkeit habe und gleichzeitig wenig Anerkennung in Form von Gehalt oder Arbeitsplatzsicherheit erfahre.

Richter forderte Arbeitgeber auf, vor allem im Dienstleistungssektor für humane Arbeitsbedingungen zu sorgen und dabei von Reformen nach der industriellen Revolution zu lernen.

Damals hätten Arbeiter am Fließband ein Teil der Kontrolle und Arbeitsmoral zurückerhalten, als sie die Geschwindigkeit selbst regulieren konnten. Es sei auch zu überlegen, wie viele konfliktgeladene Gespräche einem Call-Center-Mitarbeiter pro Tag zuzumuten seien.

Einige der von großen Firmen angebotenen Präventionsangebote bezeichnete Richter als großen Erfolg. Psychotherapeuten hätten bei den Gesprächen oft Vorgesetzte als Ursache psychischer Leiden ihrer Untergebenen ausgemacht. Die Therapeuten könnten in derartigen Fällen intervenieren und für ein besseres Arbeitsklima sorgen. Größere, nicht unbedingt materiell ausgedrückte Wertschätzung, wünschte er sich auch für Leiharbeiter. Diese litten besonders unter ständiger Verunsicherung.
Richter plädierte auch für ein Umdenken bei den Hausärzten. Oft herrsche zwischen ihnen und den Patienten ein stillschweigendes Abkommen, bei Rücken- oder Magenschmerzen gar nicht erst über mögliche psychische Ursachen zu sprechen. Depressionen würden immer noch tabuisiert, sagte der Psychotherapeut.


Aus: "Arbeit macht viele Menschen psychisch krank" (23. März 2010, ddp/aerzteblatt.de)
Quelle: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/40560/Arbeit_macht_viele_Menschen_psychisch_krank.htm


Textaris(txt*bot)

Quote[...] SPIEGEL: Mr. Haslett, in Ihrem Roman "Union Atlantic" beschreiben Sie eine Bank, die sich bei Börsengeschäften verhoben hat, aber zu groß ist, als dass es sich der Staat leisten könnte, sie pleitegehen zu lassen. Kurz nachdem Sie das Manuskript bei Ihrem Verlag abgegeben hatten, geschah genau dies: Der Staat stützte mit Hunderten von Milliarden ein System, das uns sonst um die Ohren geflogen wäre.

Haslett: Die Aufgabe eines Romanciers ist es, sich die Wirklichkeit genau anzuschauen. Zwei Entwicklungen hat es in den vergangenen zehn Jahren in den USA gegeben: eine enorme Militarisierung sowie eine Ausdehnung des Finanzsektors - er hat 40 Prozent der Unternehmensgewinne erwirtschaftet -, und die Folge war eine allgemein spürbare Ohnmacht jedes Einzelnen angesichts der Tatsache, dass das System mächtiger ist als jeder, der es zu regulieren versucht, der Kapitalismus also mächtiger erscheint als jede Regierung. Unser Leben wird von Mechanismen und Institutionen bestimmt, die wir weder kennen noch durchschauen. Ein Zentralbanker verändert einen Dezimalpunkt bei den Zinsen, und am Ende verliert jemand seinen Job. Das alles war deutlich zu spüren.

[...]

SPIEGEL: Mr. Franzen, in diesem Jahr erscheint in den USA und in Deutschland Ihr neuer Roman. Er heißt "Freedom", Freiheit. Ist das ein bissiger Kommentar auf die Bush-Ära?

Franzen: Ich kann nur hoffen, dass jeder die Ironie sofort versteht. "Freiheit" ist der am häufigsten missbrauchte Begriff der Bush-Jahre. Er ist vergiftet, ist ein Krüppel.

SPIEGEL: Kein Wort in der amerikanischen Geschichte hat eine stolzere Tradition. Heutzutage, sagten Sie kürzlich, verstünden viele unter Freiheit nur noch, zwischen Pepsi und Coca-Cola wählen zu dürfen. Was bedeutet Freiheit für Sie?

Haslett: Für die Antwort hat Jonathan 600 Seiten aufgewendet.

...


Aus: ""Freiheit ist ein verkrüppelter Begriff"" (25.01.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,674061,00.html