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[Gewalt + Persönlichkeitsstörungen (Theorie der ethischen Gefühle?)... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 13, 2006, 11:32:30 AM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der tödliche Stoß vor einen einfahrenden Zug im niederrheinischen Voerde kam für das Opfer wohl völlig überraschend. Der Täter soll sich der Frau wortlos von hinten genähert haben, erzählten Zeugen der Polizei. Dann habe er sie auf das Gleis gestoßen. ,,Einfach so. Er hat nicht vorher mit ihr gesprochen, geredet. Er soll zu ihr hingegangen sein und sie gestoßen haben", sagte Polizeisprecherin Jacqueline Grahl am Montag.

Die Tat habe sich am Samstagmorgen 8.45 Uhr im niederrheinischen Bahnhof Voerde bei der Einfahrt des Regionalzugs nach Oberhausen ereignet. Der 28-jährige mutmaßliche Täter und das 34-jährige Opfer kannten sich laut Polizei nicht. Vorher hatte es nach Angaben der Ermittler auch keinerlei Streit zwischen dem mutmaßlichen Mörder und dem Opfer gegeben.

Ein couragierter Zeuge habe den Mann sofort danach gepackt und festgehalten, bis ihm andere zur Hilfe gekommen seien. Das Opfer, die Mutter einer 13-Jährigen, sei zu dem Zeitpunkt mit einem Bekannten unterwegs gewesen. ,,Die Frau hinterlässt Mann und Kind", sagte die Polizeisprecherin.

Der 28-Jährige Tatverdächtige sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Er soll die Frau heimtückisch und aus Mordlust ins Gleisbett vor die Regionalbahn gestoßen haben. Er schwieg bislang zu den Vorwürfen. ,,Es hat sich zu den Tatvorwürfen nicht geäußert und lässt sich anwaltlich vertreten", sagte Polizeisprecherin Grahl.

Der in Deutschland geborene Serbe ist für die Polizei kein Unbekannter. Er sei schon wegen Diebstahls und Körperverletzungen aufgefallen, sagte die Polizeisprecherin am Montag. Es gebe zwei Verfahren, in denen er Polizisten verletzt habe: Ende Juni soll er demnach in einer Gaststätte randaliert haben. Als Polizisten ihn fixieren wollten, habe er sich gewehrt.

Ende März soll er bei Nachbarn randaliert und diese auch bedroht haben. ,,Da hat er dann auch bei der Festnahme Widerstand geleistet", berichtete Polizeisprecherin Grahl. In einem weiteren Fall habe er einen Traktorfahrer angehalten und bedroht. Der 28-Jährige aus Hamminkeln bei Wesel habe in der Vergangenheit zudem zwei Freiheitsstrafen als Ersatz für Geldbußen verbüßt.

Menschen aus dem Umfeld des 28-Jährigen, der wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft sitzt, würden jetzt befragt, um diese Frage zu klären: ,,Warum geht jemand auf den Bahnsteig und schubst jemanden auf die Gleise?", sagte Polizeisprecherin Grahl. (dpa)


Aus: "Tatverdächtiger handelte heimtückisch und offenbar aus Mordlust" (22.07.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/frau-vor-zug-gestossen-und-getoetet-tatverdaechtiger-handelte-heimtueckisch-und-offenbar-aus-mordlust/24686382.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Im Interview: Nahlah Saimeh - Leben: Nahlah Saimeh wurde 1966 in Münster geboren. Ihr Vater ist palästinensischer Herkunft, die Mutter niederländisch-deutscher Abstammung. Saimehs Eltern trennten sich, als sie noch sehr klein war. Arbeit: Nahlah Saimeh studierte Medizin und machte ihren Facharzt in Psychiatrie. Sie war 15 Jahre lang ärztliche Leiterin das LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt. Seit 2017 ist sie als forensische Gutachterin selbständig, zudem ist Saimeh Autorin diverser Bücher und arbeitet als Dozentin.

Das Interview mit Nahlah Saimeh findet in einer Hotellobby in Bremen statt. Immer wieder schwappen dabei die Worte ,,das Böse" durch den Raum. Irritiert blicken Leute, die in der Nähe sitzen, dann auf.

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Waltraud Schwab: Frau Saimeh, Sie beschäftigen sich mit dem Bösen. Setzt das voraus, dass man weiß, was das Gute ist?

Nahlah Saimeh: Ihre Frage ist eine philosophische. Ich bin aber forensische Psychiaterin und habe mich auf psychiatrische Fragen in der Kriminalität spezialisiert. Das berührt zwar das Thema des Bösen, liefert aber keine erschöpfende Antwort.

Sie werden in den Medien doch ständig zum Bösen befragt.

Nahlah Saimeh: Aber mein Blick darauf ist kein moralisierender. Wenn Herr A Herrn B ersticht, braucht es keine moralische Bewertung von mir, dass man das nicht tut.

Was braucht es dann?

Nahlah Saimeh: Eine Antwort auf die Frage, was den Betreffenden befähigt oder verleitet, so destruktiv zu handeln.

Welches ethische Gerüst liegt Ihrem Vorgehen dennoch zugrunde?

Nahlah Saimeh: Was eine Straftat ist, steht im Strafgesetzbuch. Jeder Mensch hat ein Anrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Ich begutachte ja nur Leute, die vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Norm Delikte begangen haben.

Aber steckt nicht in jedem von uns Gut und Böse?

Nahlah Saimeh: Auf jeden Fall. Wir alle haben die Möglichkeit zum konstruktiven Handeln und wir haben auch alle die Befähigung zu destruktivem Handeln.

Und wie definieren Sie destruktives Handeln?

Nahlah Saimeh: Das ist im Grunde alles, was den anderen in seinem So-Sein als Mensch missachtet und ihm psychisch oder physische Gewalt antut. Im Grunde gilt es für jede lebendige Kreatur.

Sind Sie da nicht auf Widersprüche gestoßen? Wenn ansonsten konstruktiv Handelnde eine Fliege erschlagen oder einen Waschbären vergiften?

Nahlah Saimeh: Wir leben doch alle ständig mit Widersprüchen. Eine Fliege zu erschlagen, ist nach dem Strafgesetzbuch nicht verboten, einen Waschbären zu vergiften schon. Fakt ist, wir geben uns unterschiedliche Maßstäbe, destruktiv zu handeln.

Was machen Sie als forensische Gutachterin genau?

Nahlah Saimeh: Ich erstelle Gutachten zur Schuldfähigkeit und zur Gefährlichkeitsprognose. Gutachter wie ich kommen ins Spiel, wenn bei einem Angeschuldigten zu prüfen ist, ob er zum Tatzeitpunkt vermindert schuldfähig oder schuldunfähig war. Solche Verdachtsmomente ergeben sich etwa, wenn jemand bei seiner Festnahme oder Vernehmung wirre Ideen äußert, wie, er werde von Aliens bestrahlt oder er höre Stimmen.

Suchen Sie nach der Krankheit und nicht nach der Motivation?

Nahlah Saimeh: Schuldfähigkeit hängt davon ab, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Das schreibt man jedem Erwachsenen zu. Nur im Falle schwerer psychischer Störungen gibt es Einschränkungen. Wenn es keine psychische Störung gibt, bleibt immer noch die Frage, warum hat jemand was getan? Denken Sie an eine Tötung bei einem Scheidungskonflikt. Wo man sich fragt, warum erschlägt der 55-jährige Studiendirektor seine Frau? Was macht diese Persönlichkeit so vulnerabel, dass es zu dieser Tat kommt? Das entscheidet dann nicht über Schuld oder Nichtschuld, erklärt aber ein Stück weit die Motivation.

Warum sind am Ende die meisten Leute doch keine Mörder?

Nahlah Saimeh: Die meisten können sich bei uns einigermaßen ungestört entwickeln, haben tragfähige soziale Bindungen und eine hinreichend emotionale Kompetenz im Elternhaus gelernt. Wir leben in einer Gesellschaft, wo Gewalt zunehmend negativ besetzt ist. Gesellschaften, in denen Gewalt negativ konnotiert ist, entwickeln sich auch zu gewaltarmen Gesellschaften. Das Töten eines Menschen ist das größte Tabu.

Wobei die Geschichte viele Beispiele kennt, wo das Tabu nichts nutzte.

Nahlah Saimeh: Auch da gilt: Wir geben uns die Legitimation zu töten. Menschen tun es aus Eifersucht, Neid, Rache, Konkurrenz. Länder aus geopolitischen und ökonomischen Interessen. Aber es ist trotzdem als Tabu verankert. Individuell spielt eine Rolle, wie schnell jemand kränkbar ist, wie impulsiv, wie reizbar, oder schlichtweg wie kaltblütig berechnend. Es sind halt nicht alle Leute nett. Aber jeder weiß, dass Töten ein ganz zentrales Tabu bricht.

Wenn Ihnen solche Fragen gestellt werden, verweisen Sie oft darauf, dass wir in einer extrem komplexen Welt leben, die bei manchen zu Überforderung führen kann. Wie meinen Sie das?

Nahlah Saimeh: Ich verweise auf Komplexität vor allem dann, wenn es darum geht, Radikalisierung zu verstehen. Komplex ist unsere Gesellschaft, weil viele unterschiedliche Perspektiven, Realitäten und Wahrheiten nebeneinander existieren. Gesellschaften sind heute weniger normierend, als das früher der Fall war. Die daraus resultierenden Freiheiten erfordern ein hohes Maß an Eigenverantwortung und damit ein hohes Maß an Kompetenz, dem eigenen Leben eine Struktur zu geben.

Soll heißen: Man muss sich selbst das Korrektiv sein?

Nahlah Saimeh: Genau. Je traditioneller eine Gesellschaft, desto geringer sind meine eigenen Freiheitsgrade. Wenn ich sehr individualistisch groß werde, darf ich viele Entscheidungen treffen – muss es aber auch tun, um mein Leben auf die Reihe zu kriegen. Komplex wird unsere Welt noch dazu, weil unglaublich viel Information auf uns einstürmt, die wir ständig filtern müssen. Der Mensch hat ein Bedürfnis nach Überschaubarkeit und Verlässlichkeit. Wir leben davon, dass wir uns die Welt jeden Tag einfacher machen, als sie ist. Das ist auch überlebenswichtig. Radikalisierung aber macht alles supereinfach, verknüpft die eigene Haltung mit moralischer und menschlicher Überlegenheit und lädt damit alles ideologisch auf.

Von der Komplexität des Lebens zur Radikalisierung. Das geht mir jetzt zu schnell.

Nahlah Saimeh: Das Grundbedürfnis des Menschen ist doch Überschaubarkeit. Wir wollen uns in der Welt, in der wir leben, zurechtfinden und sie soll unseren Vorstellungen entsprechen. Das tut sie aber nicht. Und wir haben in modernen Gesellschaften das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit. Staat und Gesellschaft müssen Strukturen schaffen, in denen Menschen sich so entwickeln können, dass sie, gemessen an ihren individuellen Fähigkeiten, Selbstwirksamkeit erfahren, um ihr Leben zu gestalten. Das wollen die meisten, aber schaffen es nicht alle gleichermaßen.

Und wo läuft die Diskussion Ihrer Meinung nach da aus dem Ruder, sodass Rassismus und Ideologie mit ins Spiel kommen?

Nahlah Saimeh: Auch diese Frage ist komplex. Ich bemerke schon seit sehr vielen Jahren einen Hang zur rhetorischen Zuspitzung und Vereinfachung. Einige dieser Narrative merken wir nicht mal mehr, weil wir uns so daran gewöhnt haben. Denken Sie mal an den ständigen Gegensatz zwischen ,,arm" und ,,reich". Darauf wird bei uns vieles verkürzt. Dass beispielsweise wenig Abiturienten aus sozial sehr schwachen Schichten kommen, kann man aber doch nicht auf einen reinen Euro-Betrag reduzieren, weil auch enorm viele soziokulturelle Aspekte in der Erziehung eine Rolle spielen. Es ist banal, aber bestimmte Jobs werden Sie nicht bekommen, weil Ihre Aussprache nicht klar ist, Gangbild nicht stimmt, wenn Sie bestimmte soziale Codes nicht beigebracht bekommen haben.

Ist das nicht alles erlernbar?

Nahlah Saimeh: In der Tat, es ist kein Geheimwissen. Aber man muss es halt lernen. Ein Sozialstaat, der die Ressourcen seiner Bürger wirklich nutzen will, muss für den möglichen Ausgleich soziokultureller Erziehungsdefizite sorgen. Der Segen der Bürgergesellschaft ist ja nun, dass derjenige, der über ein Mindestmaß an sozialen Kompetenzen, Tagesstruktur und Selbstdisziplin verfügt, grundsätzlich sozial aufsteigen kann. Menschen wie Gerhard Schröder sind doch ein Beispiel dafür. Dass ich jetzt mit Ihnen dieses Gespräch führen darf, auch. Ich komme nicht aus einem Akademikerhaushalt. Meine Mutter war eine alleinerziehende Büroangestellte und keine Chefsekretärin. Da wird mir zu viel ideologisch an Dingen festgemacht.

Wie?

Nahlah Saimeh: Vereinfachende Narrative führen zu einer Schwarz-Weiß-Einteilung und damit immer zu Feindbildern. Feindbilder definieren Menschen, die an irgendeinem Übel Schuld sind, allein aufgrund der Tatsache, dass es sie gibt. Unsere Realität ist aber ,,billion shades of grey".

Meinen Sie, weil die Art, wie wichtige Gesellschaftsfragen gestellt werden, zu sehr in einem Schwarz-Weiß-Muster verharrt, wird das zum Einfallstor für Extremismus?

Nahlah Saimeh: Ja, das denke ich. Nehmen Sie mal die aufgeladene Diskussion über Kriminalität und Flüchtlinge. Da kann man diese polarisierende Vereinfachungstendenz schön sehen. Weltweit, also auch in Deutschland, ist Gewaltkriminalität überwiegend ein Problem junger Männer zwischen 16 und 30 Jahren. Wenn also eine große Gruppe junger Männer im Hauptrisikoalter und dann noch unter sozial schwierigen Bedingungen zahlenmäßig ansteigt, wie es 2015 war, dann muss ich doch sagen können, dass das die Kriminalitätsstatistik eine Zeit lang verändern wird, ohne dass mir Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen wird. Das sagt nichts über den individuellen Mann. Das ist ein gruppenstatistisches Phänomen.
Die eine Ideologie verknüpft das mit xenophoben Ansichten, die andere Ideologie deklariert diese Zusammenhänge per se als ausländerfeindlich. Nein, das ist nicht ausländerfeindlich. Ein Mann, der eine Frau vergewaltigt, ist ein Vergewaltiger und es ist völlig egal, ob der aus Schleswig-Holstein oder aus Libyen kommt. Außerdem ganz wichtig: Gegenläufige Ideologien beflügeln sich immer gegenseitig, weil nämlich der ideologische Gegenpart jeweils die Legitimation der eigenen Gruppe darstellt.

Behandeln Sie in Ihrem Beruf zunehmend Fälle, wo andere Kulturwahrnehmungen auf deutsche Vorstellungen treffen?

Nahlah Saimeh: Es gibt natürlich Männer, die im Ruhrgebiet geboren sind, deren Eltern einen Migrationshintergrund haben und die sich auf die Herkunftskultur berufen, wo ich mir dann denke: Was willst du mir erzählen, du bist doch in Gelsenkirchen geboren? Was willst du mir jetzt sagen? Da werden Dinge auch instrumentalisiert.

Was unterschiedliche Kulturen angeht: Sie heißen nicht Erika Mustermann, sondern Nahlah Saimeh.

Nahlah Saimeh: Väterlicherseits habe ich arabische Wurzeln. Ich bin aber im katholischen Münster geboren, Deutsch ist meine Muttersprache und ich bin Deutsche, auch von meiner ganzen Sozialisation, her. Das habe ich maßgeblich der Schule zu verdanken. Meine Mutter stammt aus Holland und ihre Generation erlebte mit dem Krieg das Deutsche negativ. Für mich aber, als Nachkriegsgeborene, ist dieses Land mit seiner Entwicklung in den letzten fünfzig Jahren ungeheuer positiv besetzt. Durch die frühe Scheidung meiner Eltern bin ich mit der arabischen Kultur nicht in Kontakt gekommen. Als Kind musste ich mich immer rechtfertigen, warum ich noch nie in einem arabischen Land gewesen war, und ich dachte: Warum sollte ich?

Gibt Ihnen Ihr Name aber freie Hand, sich zu Gesellschaftsthemen radikal zu äußern.

Nahlah Saimeh: Wenn Sie jetzt eine paradoxe Formulierung wollen: Ich bin radikal gegen jede Radikalisierung. Schon die Formulierung in Ihrer Frage zeigt, wie sehr es als radikal empfunden wird, wenn man nicht auf ein vorgefertigtes ideologisches Wägelchen aufspringt.

Sie beschäftigen sich auch mit Hasskriminalität. Vor nicht allzu langer Zeit bewegte der Attentäter von Halle. Hat er mit einer Überzeugung gehandelt, die Sie ,,dämonisierendes Denken" nennen?

Nahlah Saimeh: Das dämonisierende Denken ist ein Instrument für all jene, die sich radikalisieren und extremistischem Gedankengut frönen. Das dämonisierende Denken geht davon aus, dass alle Unbill in der Welt einen singulären Verursacher hat. Unglück und Leid wird nicht als Bestandteil des Lebens verstanden, sondern es gibt immer einen Schuldigen. Auf den wird was als negativ angesehen wird projiziert. Und daraus wird die Utopie einer optimalen Gesellschaft entwickelt, in der alles sauber, bunt und rein ist – vorausgesetzt, die, die für das verantwortlich gemacht werden, was nicht gut läuft, sind weg.

Und dann?

Nahlah Saimeh: Es gibt also diese Idee der absoluten Reinheit, Makellosigkeit, Homogenität. Das Leben an sich, das Prinzip des Lebendigen, ist aber immer inhomogen, ist Vielfalt. Das dämonisierende Denken geht davon aus, dass der andere im Grunde kein Mensch ist. Es führt zum Zusammenbruch des humanistischen Denkens, der Zuerkenntnis des anderen als Mensch. Er wird zur Fliege an der Wand, die ich totschlagen kann. Wer auf dieser Ebene ist, gibt sich schnell die Legitimation, andere Menschen auszulöschen.

Die Täter drehen alles um.

Nahlah Saimeh: Die durchdenken nicht die Antihaltung, in der sie stecken. Bei Anders Behring Breivik kann man das gut sehen. Er war gegen den Islam, gegen Feminismus, gegen Marxismus, gegen den Sozialstaat. Wo man dann denkt, ja schon, aber wie hängt das zusammen – gegen Islam und gegen Frauenrechte? Der Herr aus Halle hatte auch viele verschiedene Überzeugungen, wobei auffällt, dass Antifeminismus immer dabei ist. Aber das ist alles nicht zu Ende durchdacht. Es werden narrative Schablonen aneinandergesetzt, in die nur Hass, auch der Hass auf sich selbst, reingegossen wird.

Warum Hass auf sich selbst?

Nahlah Saimeh: Der Attentäter aus Halle hat sich vor seiner eigenen Kamera ständig als Loser bezeichnet, und niemand ist gerne einer. Wir alle wollen positive, soziale Resonanz. Das gehört zum Menschsein. Dann wurde er in seiner Losermentalität noch verstärkt: Die Tür zur Synagoge hat gehalten, die Waffe nicht funktioniert. Und da kommt dann diese Frau und fragt, was das soll. Dann wird der Vektor der Aggression neu ausgerichtet und die Frau wird hingerichtet. Bei der Dönerbude war der Erschossene ein deutscher Fußballfan.

Amok und Koma, die gleichen Buchstaben.

Nahlah Saimeh: Oh, schön, das ist mir bisher nicht aufgefallen.

War er ein Amokläufer und innerlich tot?

Nahlah Saimeh: Er war innerlich angefüllt von Hass und großer Verzweiflung. Aber dieser Hass ist nicht aushaltbar. Er braucht ein Ventil im Außen. Dafür gibt es im Netz diverse primitive Narrative und eines davon ist eben der Antisemitismus.

Der Mann war Gott.

Nahlah Saimeh: Oh, das ist ein ernster Satz. Wir sagen das so, wenn jemand über den Tod anderer aus Anmaßung entscheidet. Aber das ist nicht gut. Gott ist doch ein Begriff für etwas sehr Tiefes, das größer ist als unser menschliches Erkenntnisvermögen. Insofern ist so ein Täter wohl kaum Gott. Und dann fällt einem der Theologe Meister Eckhart ein, der sagt, dass jedem Seelengrund das Göttliche selbst innewohne. Der Täter von Halle ist strafrechtlich ein Mörder und ohne Zweifel ein sehr, sehr unglücklicher Mensch.

Woher kommt Ihre Leidenschaft, sich mit derartigen Themen zu beschäftigen?

Nahlah Saimeh: Mich interessiert die tiefere Dimension des Menschseins.

Und die suchen Sie über das Böse?

Nahlah Saimeh: Wenn ich mich damit befasse, denke ich nicht in moralischen Kategorien. Ich liebe meine Arbeit und ich begreife mich nicht als grundlegend anders als der, der vor mir sitzt. Was mich von ihm trennt, ist minimal. Ich identifiziere mich nicht mit ihm, bagatellisiere nicht die Straftat, aber als Menschen sind wir gleich. Im Privaten finde ich Tiefe übrigens in der Kunst.

Wirklich keine Faszination für das Böse?

Nahlah Saimeh: Nein. Sie werden mich auch nie in einem Grusel-, Horrorfilm oder Splattermovie gehen sehen. Gewalt heißt immer Scheitern.



Aus: "Forensikerin über das Böse: ,,Radikalisierung macht alles einfach"" (9. 2. 2020)
Quelle: https://taz.de/Forensikerin-ueber-das-Boese/!5658834/

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Zuerst Lärm und Geschrei, dann kommen Polizei und Rettungswagen. Ein Jugendlicher liegt am Boden, blutüberströmt, Notärzte versuchen ihn wiederzubeleben, wie ein Anwohner im niedersächsischen Celle schildert, der aus dem Fenster gesehen hat. Ein 15-Jähriger ist erstochen worden - plötzlich, unvermittelt, nach Polizeiangaben vermutlich grundlos. Der Angriff sei wie aus dem Nichts gekommen, sagt eine Polizeisprecherin am Mittwoch.

Was ist passiert? Der Junge irakischer Herkunft, der in Celle wohnt, ist nach Informationen von Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstagabend mit dem Fahrrad in der Nähe des Bahnhofs unterwegs, als ihn ein 29 Jahre alter Mann ,,mit einem Stichwerkzeug" angreift. Der 15-Jährige wird schwer verletzt, er stirbt kurze Zeit später im Krankenhaus.

Ein Augenzeuge erzählt, der Täter sei auf den Jungen losgegangen, dieser sei mit dem Fahrrad noch ein paar Meter weiter gefahren und dann gestürzt. Der Polizei sagen Augenzeugen, der mutmaßliche Täter habe sich zuvor in einem Hauseingang aufgehalten.

Oberstaatsanwalt Lars Janßen sagt, Zeugen des brutalen Angriffs seien nach eigenen Angaben eingeschritten und hätten sich um das Opfer gekümmert - den mutmaßlichen Täter hätten sie mit einer Warnbake, einem Verkehrsschild gewissermaßen, in Schach gehalten. Die Polizei nimmt ihn dann vorläufig fest - wegen Verdachts des Totschlags. Noch am Mittwoch sollte er einem Haftrichter vorgeführt werden.

Die Hintergründe der Tat, das Motiv - alles noch unklar. Denn der mutmaßliche Täter schweigt. Bei seiner Festnahme habe der 29-jährige Deutsche verwirrt gewirkt. Konkrete Anhaltspunkte zum Motiv des Mannes gibt es zunächst nicht.

Nach derzeitigem Stand gingen die Ermittler davon aus, dass Täter und Opfer sich nicht kannten, sich also nur zufällig trafen, sagt der Staatsanwalt. Es habe keinen Streit, nicht einmal eine Kommunikation zwischen beiden gegeben. Ein 15-Jähriger als Zufallsopfer?

Das müssen die Beamten noch klären - die Ermittlungen dauern an, wie die Polizeisprecherin sagt. Nach den Worten des Anwohners sperrte die Polizei noch am späten Abend das Gebiet um den Tatort in Bahnhofsnähe weiträumig ab, Experten in Schutzanzügen sicherten Spuren. ,,Niemand kam rein, niemand kam raus", schildert er. All das dauert bis etwa morgens um drei Uhr.

Am nächsten Morgen treffen sich Menschen an einem Kiosk in der Nähe des Bahnhofs, einige von ihnen sind Augenzeugen des brutalen Geschehens vom Vorabend gewesen. Sie sprechen über den Tod des Jungen und das, was sie gesehen haben. Die Blutlache an einer Bushaltestelle erinnert an den brutalen Angriff auf einen 15-Jährigen. (dpa)


Aus: "15-Jähriger auf der Straße erstochen – Tatverdächtiger schweigt" (08.04.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/celle-in-niedersachsen-15-jaehriger-auf-der-strasse-erstochen-tatverdaechtiger-schweigt/25727848.html

"Totschlag in Celle: Aus Hass erstochen?" Henrik Merker (9. April 2020)
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2020/04/09/totschlag-in-celle-aus-hass-erstochen_29706


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Golden-State-Killer war ein Sadist und agierte sehr gerissen. Er wählte seine Opfer sorgfältig aus, spionierte ihnen wochenlang nach, und es gelang ihm, dabei nicht aufzufallen. Ohne erwischt zu werden, beging er dreizehn Morde und mindestens fünfzig Vergewaltigungen zwischen 1974 und 1986 im kalifornischen Contra Costa County. Erst als die Polizei 2017 eine Datenbank zur Ahnenforschung und das Know-how einer Hobby-Genealogin hinzuzog, flog der Verbrecher auf.

Die Ahnenforscherin und Molekularbiologin Barbara Rae-Venter war versiert im Umgang mit genetischen Daten, die Privatpersonen auf eine Plattform hochladen, um Verwandte zu suchen. Sie suchte in dieser Datenbank mit der am Tatort gefundenen DNA nach Verwandten des Täters und fand einige Cousins. Nachdem die Ermittler den Stammbaum der Familie rekonstruiert hatten, kamen sie auf den mutmasslichen Täter: Joseph DeAngelo, ein ehemaliger Polizist.

Seither wurden in den USA mehr als fünfzig weitere Mörder und Vergewaltiger mithilfe der genetischen Ahnenforschung demaskiert und verhaftet. «Das Aufspüren des Golden-State-Killers vor fast einem Jahr war der Dammbruch für die genetische Ahnenforschung in der Kriminalistik», sagt Melinde Lutz Byrne, eine Genealogin aus Florida. Eine Firma namens Parabon Nanolabs hatte dafür im Sommer 2018 eine neue Abteilung gegründet, die Ermittlungsbehörden für rund 3000 Dollar dabei hilft, alte ungelöste Kriminalfälle aufzuklären. Auch private Ahnenforscher sind vermehrt für die Polizei tätig. «Wir Genealogen haben zwar schon länger mithilfe von DNA-Datenbanken Vermisstenfälle aufgeklärt, unbekannte Tote identifiziert oder für Adoptivkinder nach ihren biologischen Eltern gesucht», erzählt Byrne. «Aber von solchen Kriminalfällen, die für grosse Aufmerksamkeit sorgen wie der Golden-State-Killer, haben wir die Finger gelassen, auch weil die Polizei nicht an unserer Unterstützung interessiert war.»

Die Mördersuche mithilfe von Gen-Datenbanken läuft in drei Phasen ab. Zuerst wird die vom Täter am Tatort hinterlassene DNA – meist ist es Sperma – teilweise entschlüsselt. Ein Muster aus bis zu 700 000 DNA-Bausteinen (sogenannte SNP) wird dann mit DNA-Profilen auf der frei zugänglichen und firmenunabhängigen Plattform Gedmatch abgeglichen. Derzeit enthält Gedmatch ungefähr eine Million DNA-Profile. Die Plattform wurde 2011 von einem pensionierten Geschäftsmann und Hobby-Genealogen aus Florida sowie einem Software-Ingenieur aus Texas explizit für die Verwandtensuche eingerichtet. Nutzer können dort ihre von einer Gentest-Firma entschlüsselten Genomabschnitte hochladen und mit allen anderen Profilen vergleichen.

«Man sucht übereinstimmende DNA-Abschnitte. Je länger diese Sequenz ist und je mehr Abschnitte insgesamt zwischen zwei Profilen übereinstimmen, desto enger ist der Verwandtschaftsgrad von zwei Personen», erklärt Peter Schneider, Genetikexperte am Institut für Rechtsmedizin der Universität Köln. Ein Algorithmus bestimme anhand dieser Parameter, ob es sich beim gefundenen Paar aus Tatort-DNA und DNA der Person aus der Gedmatch-Datenbank um Cousinen oder Cousins zweiten, dritten oder vierten Grades oder gar engere Verwandte handelt. «Um zufällige Übereinstimmungen auszuschliessen und wirklich nur echte Verwandte eines Tatverdächtigen zu identifizieren, muss man aber zwei oder gar mehr Verwandte des Gesuchten ausfindig machen, die auch untereinander verwandt sind», betont Byrne.

Um nun einen Stammbaum zu erstellen und die Tatort-DNA, also den Tatverdächtigen, dort einzupassen, ist dann Genealogie-Detektivarbeit nötig. Dabei werden Geburts-, Heirats- und Sterberegister durchforstet, aber auch Grabsteine inspiziert und Zeitungsartikel über lokale Sportereignisse oder Schulabschlussfeiern ausgewertet. Zu guter Letzt kommt dann die klassische Polizeiarbeit zum Zuge. Diese klärt, welches Familienmitglied als Täter infrage kommt, zum Beispiel aufgrund seines Alters, seiner Anwesenheit in der Umgebung der Tatorte oder aufgrund seines Aussehens. Denn die DNA kann den Ermittlern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch verraten, welche Augen-, Haar- oder Hautfarbe ein Täter vermutlich hat, ob er spezielle, das Äussere prägende Eigenschaften oder Krankheiten besitzt. So vermutete man vor seiner Ergreifung, dass der Golden-State-Killer, im Polizeijargon GSK, blaue Augen hatte und kahlköpfig war.

Ein Mitglied des untersuchten Stammbaums ist jedoch erst dann überführt, wenn dessen DNA mit der am Tatort sichergestellten DNA übereinstimmt. Im Fall von GSK observierte die Polizei DeAngelo mehrere Tage. Als er auf einem Parkplatz den Wagen abstellte, sicherte sie seine DNA vom Türgriff des Autos.

In der Schweiz und Deutschland ist es derzeit nicht möglich, mit genetischer Ahnenforschung Kriminalfälle zu lösen. Das liegt weniger daran, dass Gedmatch eine vorwiegend von Amerikanern genutzte Plattform ist. Denn weisse Amerikaner, die Hauptnutzer dieses Dienstes, sind ihrer Herkunft nach Europäer und sind mit heute hier lebenden Menschen verwandt. Zwar nur entfernt, aber es würde in vielen Fällen ausreichen, um Übereinstimmungen bei DNA-Profilen zu bekommen, sagt eine Mitarbeiterin der Gentest-Firma Igenea.

Vielmehr macht es die rechtliche Lage in der Schweiz ebenso wie in Deutschland unmöglich, Ermittlungen wie jene, die zur Ergreifung von GSK führte, einzuleiten. Denn von am Tatort aufgefundener und mutmasslich einem Täter zugehöriger DNA dürfen bis jetzt ausschliesslich nichtcodierende Bereiche (sogenannte STR, die keine Anleitung für Gene enthalten) entschlüsselt und in Polizeidatenbanken gespeichert werden. Ermittler dürfen also keine Muster über Tausende von Bausteinen erstellen lassen wie ihre Kollegen in den USA dies tun. Somit kann auch keine Verwandtensuche via Gedmatch durchgeführt werden, weil die DNA-Daten dort viel detaillierter vorliegen und auch codierende Abschnitte enthalten.

«Allerdings können mithilfe der nichtcodierenden Abschnitte sehr nahe Verwandte wie Eltern, Kinder oder Geschwister gefunden werden», erläutert Cordula Haas vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich. Zur Eruierung der Täterschaft ist es gemäss einem Bundesstrafgerichtsbeschluss von 2015 den Strafverfolgungsbehörden erlaubt, mit nichtcodierenden Geninformationen nach Verwandten von der Person zu suchen, deren DNA am Tatort gefunden wurde, allerdings nur bei schweren Delikten. In solchen Fällen kann vom Gericht ein Massen-Gentest angeordnet werden. Dabei werden beispielsweise all jene Männer um einen Gentest gebeten, die zur Tatzeit in einem bestimmten Umkreis um den Tatort wohnten oder deren Mobiltelefone zu jener Zeit in einer bestimmten Funkzelle eingeloggt waren.

In der Vergangenheit haben Ermittler in verschiedenen europäischen Ländern mehrfach nichtcodierende DNA-Daten zur Ergreifung Krimineller erfolgreich genutzt. So hat die Polizei in den Niederlanden 2017 den Vergewaltiger und Mörder einer zur Tatzeit 19-Jährigen 25 Jahre nach der Tat geschnappt. An einem gerichtlich angeordneten Massen-Gentest hatte nämlich ein Bruder des Täters teilgenommen.

Der Forensiker Schneider kann sich zudem an einen Fall in Deutschland erinnern, bei dem in einem Massen-Gentest der Vater des minderjährigen Täters und dadurch auch dieser aufgespürt wurden. Auch in Grossbritannien wurden bereits einige Mörder und Vergewaltiger gefasst, weil man mit Tatverdächtigen-DNA eng verwandte DNA via Massen-Gentest oder in Polizeidatenbanken entdeckte.

Allerdings könnte sich die rechtliche Situation in der Schweiz bald ändern. Derzeit ist eine Gesetzesrevision in der Vernehmlassung, gemäss der auch die Analyse und die Speicherung von codierenden DNA-Abschnitten erlaubt sein sollen. Damit will man zwar eigentlich der Polizei ermöglichen, aus am Tatort sichergestellter DNA Aussagen über das mögliche Aussehen eines mutmasslichen Täters abzuleiten. Aber dann wäre eben auch eine Suche nach dem Täter über genetische Ahnenforschung möglich. In Bayern ist es der Polizei seit letztem Mai erlaubt, codierende DNA-Abschnitte zu analysieren, allerdings nur in speziellen Gefahrensituationen. Es ist derzeit noch nicht ganz geklärt, ob im Freistaat somit auch ein Einsatz von Gedmatch zur Lösung alter Kriminalfälle erlaubt wäre.

Juristen, Genetiker und Bioethiker aus den USA und Europa warnen immer lauter davor, die genetische Ahnenforschung zur Überführung Krimineller ohne jede Regelung einzusetzen. Denn dabei würden DNA-Profile von Personen ohne deren Wissen und ohne deren Einverständnis verwendet und analysiert. Zwar weist Gedmatch mittlerweile im Kleingedruckten darauf hin, dass die hochgeladenen DNA-Profile für polizeiliche Ermittlungen genutzt werden können. Infolgedessen hätten einige Personen ihre Profile gelöscht, sagen die Betreiber.

Für die Forensikerin Denise Syndercombe Court vom Kings College in London sind aber weitere ethische wie juristische Fragen ungeklärt. Was passiere, wenn aufgrund einer vagen DNA-Übereinstimmung plötzlich ein Unbeteiligter zum Verdächtigen werde und sich polizeilichen Massnahmen gegenübersehe? Und werde, wenn er wieder vollends reingewaschen sei, sein DNA-Profil weiterhin in einer Polizeidatenbank gespeichert? Manche Kritiker fordern auch, dass man die Personen informieren müsse, deren Daten für Ermittlungen angeschaut würden.

Vermutlich haben die meisten Menschen nichts dagegen, bei der Ergreifung eines Täters zu helfen, wenn es sich um einen skrupellosen Mörder handelt, auch wenn es ein Verwandter ist. Aber es gibt auch Fälle, in denen das Urteil vielleicht nicht so klar ist, wie zum Beispiel beim letzten in den USA verkündeten Ermittlungserfolg. Dort wurde eine Frau 30 Jahre nach der Tat überführt, die ihr Neugeborenes ausgesetzt hatte. Es starb in der Kälte. Die Mutter war damals 19 Jahre alt und offenbar verzweifelt. Ob man in so einem Fall dabei behilflich sein will, dass eine weit entfernte Cousine ihrer Tat überführt wird, darüber könnte Uneinigkeit bestehen.


Aus: "Mörder in den USA bleiben nicht mehr unbehelligt, wenn Verwandte genetische Ahnenforschung betreiben" Stephanie Lahrtz (05.04.2019)
Quelle: https://www.nzz.ch/wissenschaft/kriminalfall-moerder-wird-mit-dna-von-verwandten-aufgespuert-ld.1471713

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Quote[...] Im Rollstuhl wird der ,,Golden State Killer" in den Raum gefahren, ein gebrechlicher 74-Jähriger in orangeroter Gefängniskluft. ,,Schuldig" sagt Joseph James DeAngelo immer wieder mit schwacher, krächzender Stimme auf jeden der 13 Mordvorwürfe. Auch in der 13-fachen Anklage wegen Entführungen im Rahmen seiner Gewalttaten räumt er seine Schuld ein. Hinzu kommen über 160 Verbrechen, von Vergewaltigung bis Raub und Einbruch, die schon verjährt sind. Stundenlang zieht sich die Gerichtsanhörung am Montag (Ortszeit) im kalifornischen Sacramento hin.

Das ist die ,,reale lebendige Version von Hannibal Lecter", sagt die Bezirks-Staatsanwältin Anne Marie Schubert am Ende vor der Presse, ,,ein grausamer, intelligenter, sadistischer Serienmörder". Schubert spielt auf den Kannibalen und Massenmörder Dr. Hannibal Lecter aus dem Hollywood-Thriller ,,Das Schweigen der Lämmer" (1991) mit Anthony Hopkins an.

Mit seiner Kaltblütigkeit und Grausamkeit versetzte der ,,Golden State Killer" den Westküstenstaat über zehn Jahre in Angst und Schrecken. Dem ersten Mord 1975 folgten Dutzende Vergewaltigungen in Nordkalifornien, dann bis 1986 eine brutale Mordserie im Süden des Staates. Oft trug er eine Skimaske und schreckte seine Opfer mit einer grellen Taschenlampe auf.

Bei seinen nächtlichen Streifzügen durch ruhige Vororte hatte er Messer, Pistolen, Seile und Schnürsenkel dabei. Häufig fesselte er die Ehemänner, vergewaltigte die Frauen und brachte nach langen Quälereien beide um. Meist verweilte er an den Tatorten, bediente sich am Kühlschrank und ließ Gegenstände aus den Häusern mitgehen.

An den vielen Tatorten hinterließ er DNA-Spuren, die ihm erst viel später zum Verhängnis wurden. Ermittler wurden bei ihrer langen Suche nach dem flüchtigen Täter schließlich auf Plattformen für Ahnenforschung fündig, die genetische Informationen eines Verwandten enthielten. Im April 2018, mehr als drei Jahrzehnte nach dem letzten Mord, wurde DeAngelo in einem Vorort von Sacramento festgenommen. Der geschiedene Ex-Polizist hatte unauffällig bei einer seiner drei Töchter gelebt.

Durch das Geständnis kommt der Täter nun um die Todesstrafe herum. Im August soll er zu lebenslanger Haft verurteilt werden. Den überlebenden Opfern und den Angehörigen der Ermordeten bleibt damit ein langwieriger Prozess mit schmerzlichen Zeugenaussagen erspart.

Doch am Montag hörten die Anwesenden schockierende Details von den Tatorten. Die Staatsanwälte aus sechs Bezirken schilderten die grausamen Tatumstände, teils mit Tränen in den Augen. Per Videoschalte konnte auch die Öffentlichkeit die Anhörung mitverfolgen.

Das jüngste Opfer war 13 Jahre alt. Ein junges Paar hatte erst Monate zuvor geheiratet. Unter den Toten war auch eine gebürtige Frankfurterin, die 1981 im südkalifornischen Irvine in ihrem Bett erschlagen aufgefunden wurde. Das letzte dem Serienmörder zugeschriebene Opfer war eine 18-Jährige, die 1986 vergewaltigt und ermordet wurde.

Die über Jahre ungeklärte Crime-Serie hatte auch die amerikanische Krimiautorin Michelle McNamara beschäftigt. Im Februar 2018 erschien in den USA ihr Buch ,,I'll Be Gone in the Dark" (dt. Titel ,,Ich ging in die Dunkelheit"). Zwei Monate später wurde der damals 72 Jahre alte DeAngelo als mutmaßlicher Serienmörder festgenommen. Der US-Sender HBO gab eine sechsteilige Doku-Serie in Auftrag, die am Sonntag Premiere feierte. (Barbara Munker, dpa)


Aus: "74-jähriger ,,Golden State Killer" gesteht Mordserie und Vergewaltigungen" (30.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/reale-version-von-hannibal-lecter-74-jaehriger-golden-state-killer-gesteht-mordserie-und-vergewaltigungen/25961900.html

Textaris(txt*bot)

#249
QuoteBohrhammer #1.3

"Was läuft bei diesen Tätern falsch? Ich werde das nie begreifen"

Das ist die Frage. Mich würde das auch interessieren. Geht es um die nahezu unbeschränkte Macht, lieben sie es etwas wehrlosem Schmerz zuzufügen? Oder geht es "nur" um das plumpe Stillen eines Triebes?

... Leider muss ich feststellen, das sich der Justizminister in NRW mit der Aussage "Ich habe nicht damit gerechnet, nicht im Entferntesten, welches Ausmaß Kindesmissbrauch im Netz hat" sehr disqualifiziert hat.


https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-06/kindesmissbrauch-missbrauchsfall-bergisch-gladbach-paedophilen-netzwerk-verdaechtige?cid=53208923#cid-53208923

https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-06/kindesmissbrauch-missbrauchsfall-bergisch-gladbach-paedophilen-netzwerk-verdaechtige


...

Quote[...] Sexuelle Gewalt gegen Kinder wird noch immer häufig mit Pädophilie gleichgesetzt. Dabei ist nur gut die Hälfte aller Menschen, die Kinder sexuell misshandeln, auch pädophil. Pädophilie ist eine Neigung, bei der erwachsene Menschen sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, die meist noch vor der Pubertät stehen und jünger als elf Jahre sind. Pädophil zu sein ist zudem nicht gleichbedeutend damit, diese Neigung auch auszuleben.

Kindesmissbrauch kennt viele Täterinnen und Täter, beispielsweise Menschen, die traumatisierende Erfahrungen in ihren Familien erlebt haben, unter Persönlichkeitsstörungen leiden, Probleme haben, Empathie zu empfinden, oder dazu neigen, sich und anderen zu schaden. Manche Täter missbrauchen Kinder auch, weil ihnen etwa die sozialen Fähigkeiten fehlen, sexuelle Beziehungen zu Erwachsenen einzugehen.

Wichtig ist auch zu wissen: Missbrauch findet oft in den Familien statt, in denen Kinder ohnehin leben. Der Täter kommt also nicht zwingend von außen.


Welches Mittel ist am besten geeignet, um ein Kind ruhigzustellen, das man missbrauchen möchte? Es gibt Menschen, die diese Frage stellen. Und Menschen, die diese Frage beantworten, weil sie Erfahrung damit gemacht haben. Es sind anonyme Mitglieder in Chaträumen und Onlineforen, die sich Bilder und Videos, Kinderpornos hin- und herschicken, die sich zum gemeinsamen Missbrauch der eigenen Kinder verabreden, die andere, die noch zögern, regelrecht anfeuern, es doch mal zu probieren.

30.000 Spuren hat die Staatsanwaltschaft Köln im Komplex um Bergisch Gladbach mittlerweile gefunden. Das teilte Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) nun mit. Am Ende könnten 30.000 Verdächtige stehen, vielleicht mehr. "Ich habe nicht damit gerechnet, nicht im Entferntesten, welches Ausmaß Kindesmissbrauch im Netz hat", sagte Biesenbach. "Verstörend" nannte er das Ergebnis.

Oder besser: das Zwischenergebnis. Denn das, was hier sichtbar wurde, ist womöglich nur der kleinere Teil. Die dicken Wurzeln, die aus der Erde ragen. Manche würden zum gleichen Ursprung zurückführen, weil ein Täter mehrere Taten begangen haben könnte. Andere sind womöglich als Mitglieder in diesen Chaträumen, aber haben sich bislang nicht strafbar gemacht. Aber vieles, fürchtet der zuständige Staatsanwalt Christoph Hebbecker, sei noch gar nicht offenbar. Die Zahl der Spuren, die Zahl der Täter und auch die Zahl der Opfer könnte also noch weiter steigen.

Und niemand weiß, wie tief die Wurzeln schon gewachsen sind. "Wir sehen, dass bei den Beteiligten das Verlangen nach mehr wächst", sagt Hebbecker. Irgendwann reichten die Fotos und Videos nicht mehr und in einem solchen geschlossenen Resonanzraum wäre es leichter, den nächsten Schritt zu gehen. Bei dem, was die Ermittler und die Staatsanwaltschaft gefunden haben, ist die gesamte Bandbreite dabei, von Nacktfotos bis zur Vergewaltigung kleiner Kinder.

Angefangen hatte alles mit einem einzelnen Verdächtigen im vergangenen Oktober. Der 43-Jährige soll in Bergisch Gladbach seine 2017 geborene Tochter mehrfach sexuell missbraucht und sie dabei gefilmt haben. Die Aufnahmen habe er mit anderen im Internet geteilt. Der Fall nahm bald größere Dimensionen an, ein 27-jähriger Bundeswehrsoldat wurde bereits verurteilt. Er hatte in mindestens 30 Fällen seine Tochter, den Stiefsohn, die Nichte und die Tochter eines Chatpartners zum Teil schwer missbraucht. Das Landgericht Kleve verurteilte ihn zu zehn Jahren Haft und Aufenthalt in einer geschlossenen Psychiatrie.

Ursula Enders ist davon nicht überrascht. Die Traumatherapeutin ist Mitbegründerin von Zartbitter, einer Kölner Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch. Die 67-Jährige arbeitet seit mehr als 20 Jahren in dem Bereich und sagt: Missbrauch passiert häufig im engen sozialen Umfeld der Opfer. Täter würden zunächst vorsichtig austesten, ob es eine Art Kontrollmechanismus gibt, also Nachbarn, Bekannte, Lehrerinnen, die aufmerksam werden. Dann fangen sie an, die Kinder zu desensibilisieren, zum Beispiel für Nacktfotos. Das Vergewaltigen kommt erst später.

Mittlerweile habe Enders es in mindestens der Hälfte ihrer Fälle mit Bildmaterial zu tun. Kinder würden heute ständig und überall fotografiert, es finde eine digitale Entgrenzung statt. Da beginne das Problem bereits. "Eltern machen Fotos von ihren Töchtern und Söhnen und schicken sie im Bekanntenkreis rum, selbst wenn es den Kindern peinlich ist." Wenn Kinder sich hier nicht ernst genommen fühlen, würden sie sich jedoch schwertun, von Nacktbildern zu berichten. Und dann erst recht, wenn mehr passiert ist. "Fotos, die den Kindern peinlich sind, sind niemals süß", sagt die Erziehungswissenschaftlerin.

Und doch habe es, bei allem Schmerz, etwas Positives, dass mittlerweile so viel Bildmaterial entsteht. Die Beweislast würde den Kindern ein Stück weit von den Schultern genommen. Früher habe es Berichte von Opfern gegeben, die erzählten, Micky Maus habe sie vergewaltigt. Das wurde dann als Einbildung abgetan – dabei hatte der Täter eine Micky-Maus-Maske getragen.

Im Fall um Bergisch Gladbach gibt die Staatsanwaltschaft an, die gesicherten Daten bewegten sich im Terabyte-Bereich. Dazu zählen Chatverläufe, Videos und Fotos. Zur Einordnung: Auf eine Festplatte mit einem Terabyte Speicher passen etwa 250.000 Fotos oder 500 Stunden HD-Videos. Aus diesen hat die Taskforce Berg nun die 30.000 Spuren destilliert, bislang wurden 72 Verdächtige identifiziert, von denen zehn zuletzt in U-Haft saßen. Mehrere Hundert Ermittler waren an der Untersuchung beteiligt. Drei seien mittlerweile krankgeschrieben – das Anschauen der Videos sei zu belastend gewesen. Bislang seien 44 Kinder identifiziert und befreit worden, darunter ein drei Monate altes Baby.

Experten und Ermittler rechnen allerdings nicht damit, das Problem nachhaltig gelöst zu haben. Es sei anzunehmen, dass wir in Zukunft häufiger von solchen Netzwerken hören werden, vermutet Staatsanwalt Hebbecker. Einerseits werde das sogenannte Hellfeld größer, die Ermittler seien technisch und personell immer besser ausgestattet und würden solche Gruppen besser aufspüren. Andererseits sei aber durch die digitalen Möglichkeiten auch damit zu rechnen, dass der Austausch von Material und Erfahrungen unter Tätern immer leichter werde.

Das vermutet auch Ursula Enders: "Wir sehen mehr, aber auch die Fälle werden wohl mehr." Qualitativ sei das jedoch nichts Neues: "Über das Ausmaß der Gewalt mache ich mir keine Illusionen." Das sei schon immer brutal gewesen. "Ich hatte in den Neunzigerjahren schon mit Fällen zu tun, da ging es um Snuff-Pornos. Da wurden Kleinkinder vor der Kamera zu Tode vergewaltigt."

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, spricht von einem "pandemischen Ausmaß". Er sei froh, dass es bereits erste Gesetzesänderungen gegeben habe, und hofft, dass das Thema nun auch in allen anderen Bundesländern Priorität bekommt. "NRW hat den Kampf gegen Kinderpornografie und Missbrauch zur Chefsache gemacht, das erwarte ich von allen Innenministern und eigentlich auch Ministerpräsidenten", sagte Rörig.

Die Behörden in NRW hatten zuletzt mehrere solcher Netzwerke aufgedeckt, unter anderem in Münster, Lügde und eben in Bergisch Gladbach. Das liegt allerdings offenbar nicht daran, dass sich hier besonders viele Täter ballten. Verdächtige haben die Ermittler laut Staatsanwaltschaft mittlerweile in allen Bundesländern identifiziert. Und sie stehen erst am Anfang.


Aus: "Missbrauchsfall in Bergisch Gladbach: Das Vergewaltigen kommt erst später" Christian Vooren (29. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/missbrauchsfall-bergisch-gladbach-staatsanwaltschaft-koeln-cybercrime-taskforce/komplettansicht

QuoteAlexis Machine #7

Krieg und Kindesmissbrauch sind die einzigen Dinge, bei denen sich nahezu alle Menschen einig sind: Das will keiner! Warum gibt es dann so unendlich viel davon auf der Welt?


Quotegnugo #7.1

Weil die, die es wollen oder denen es egal ist, das niemals aussprechen würden - demzufolge trifft die Schätzung "nahezu alle Menschen" nur auf die zu, die sich tatsächlich auch äußern. Die anderen halten schön ihre Klappe, das wäre ja sozialer Selbstmord, so eine Haltung zu offenbaren. Die wenigen, die sowas aussprechen, sind Psychopathen, die nichts mehr zu verlieren haben, oder völlig verirrte Breiviks, die nicht mehr zu retten sind.


QuoteLinksrechtsobenunten #7.4

Naja, Kriege werden sich schon öfters mal gewünscht, auch ganz offen. ...


QuoteAP- #10

Ich lese soviel Scheiße, die in der Welt passiert, aber bei diesem Thema bin ich ratlos. ... Die Täter gehören zumindest in psychatrische Behandlung, vielleicht lebenslang. Manchmal, wenn ich mich nicht zusammenreiße, wünsche ich mir ganz andere Methoden.


QuoteMahlanlage #19

... die Fallzahlen sind das, was mich doch sehr nachdenklich werden lässt. In wieviel Prozent der Bevölkerung schlummert die Perversion? Wieviel Prozent pädosexuelle, wieviel Prozent sadistisch veranlagte Menschen gibt es? Die 30 000 Fälle sind ja auch nur die Spitze des Eisbergs.

Das Internet mit seiner statistisch geballten Kraft spült den ganzen Dreck im Schutz der Anonymität nach oben.

Wir schauen in den Spiegel unserer sensiblen Gesellschaft, die sich um Tierrechte, Klima und Genderfragen Gedanken macht. Ziemlich hässlich, was sich da zeigt, wenn man einmal in die dunklen Ecken leuchtet.


QuoteJuliusU995 #23

"Ich hatte in den Neunzigerjahren schon mit Fällen zu tun, da ging es um Snuff-Pornos. Da wurden Kleinkinder vor der Kamera zu Tode vergewaltigt."

Was soll man dazu noch schreiben ?
Es ekelt einen nur an und macht unglaublich wütend.


Quote
La Canada #28

Ich habe Angst, dass ich statistisch gesehen einen(?) der vielen tausend Täter kenne, aber davon nichts bemerke. Als Familie mit 3 Kindern kennen wir reichlich andere Familien mit Kindern (Schule, Sport, Freunde, Nachbarn, Verwandten).


Quote
Shinoda #37

Ich bekomme es einfach nicht in meinen Kopf. Ich bekomme nicht in meinen Kopf, was ich eben gelesen habe. ...


QuoteLinksrechtsobenunten #40

"Drei seien mittlerweile krankgeschrieben – das Anschauen der Videos sei zu belastend gewesen."

100% verständlich. ...


QuoteHansSprungfeld #50

Dieser Artikel lässt mich fassungslos, traurig und verstört zurück. Ich kann die Trauer und Wut kaum in Worte fassen.


Quote
Cranston #53

Das Erstaunen über die Vielzahl von Kontakten erstaunt mich wiederrum. Wo sollen die sich wohl sonst so sorglos austauschen, wenn nicht "anonym" im internet? Im Netz werden Waffen gedealt, Drogen verkauft, Kinder gehandelt. Wirklich eine neue Information?

Hut ab vor den Ermittlern.Sowas muß extrem belasten. Erst Recht wenn man eigene Kinder hat. Aber dennoch: Das Entsetzen der "allgemeinen Politik" und sonstigen Amtsträgern kaufe ich denen dann ab, wenn sie etwas unternehmen. So wie im vorliegenden Fall.

Deutschland bleibt für diese "dunklen Ecken" immernoch ein gewisses Paradies. Was wieder die Frage aufwirft, die an anderer Stelle auf andere Art diskutiert wird: Wieviel "Kontrolle" ist uns unsere Freiheit wert?

Das alles nicht nicht halb so leicht aus meiner Sicht wie man annehmen mag.


Quotesibore #59

Mir wird gerade schlecht!


QuoteKrawallschachtel #67

Als Jugendlicher war ich in einem Schüler- und Jugendforum aktiv (oxybrain). Trotz guter Moderation (Danke Flo83), schlugen nicht selten Typen jenseits der 30 auf und versuchten junge Mädchen zu ködern oder um Akzeptanz für ihre "Sexuelle Vorliebe" zu werben.
Typische abstruse Argumentation:

-sei doch ok, wenn alles einvernehmlich ist
-Verbote seien unmenschlich und verhindern, dass Kinder sich frei entwickeln können ( durch Sex mit älteren Männer, wtf?)
- wer das nicht toleriert, ist im Grunde ein Nazi
- Generell die Opferrolle, denn man würde ja stigmatisiert

Einmal wurde ein Text geteilt, wo es darum geht, dass der Erzähler im Kindergarten praktikum macht und die kleinen von sich aus den Erzähler zu verführen versuchen würden (dafuq?).

Darüber hinaus wurde von ähnlichen Gestalten auch für die Pro-Ana oder Pro-Mia Szene geworben. Erwachsene Männer, die kleine Mädchen quasi als Mentor in die harte Magersucht führen wollen und dafür aber Bilder und Hörigkeit erwarten.

In den nächtlichen Grabenkämpfen im Forum bin übrigens zu der Krawallschachtel geworden, die ich heute bin.

Was man daraus lernen kann:

1. Von Unrechtsbewusstsein gibt es überhaupt nicht den Hauch einer Spur
2. Täter fühlen sich sicher: Oxybrain war jetzt nicht gerade das Darknet
3. schon damals gab es eine organisierte Szene
4. Eltern haben keinen Schimmer, womit ihre Kinder im Internet konfrontiert werden
5. Das Internet ist auch ein sehr hässlicher Ort


Quoteautist #68

30.000 Spuren zu Verdächtigen - allein, dass es nur eine einzige aufgemachte Quelle ist, macht den Umfang so unfassbar. Wenn es aber auch noch 30.000 Verdächtige wären, aus einer einzigen entdeckten Quelle, würde sich die Frage nach dem zivilisatorischen Zustand der Gesellschaft ganz eindringlich stellen.

Unabhängig davon, wie sich dies im Laufe der weiteren Vermittlungen aufhellt, scheint neben Drogen und Prostitution Kindesmissbrauch ein Geschäftsmodell zu sein. Was wiederum zur Frage nach dem zivilisatorischen Zustand der Gesellschaft zurückführt.


QuoteNaturliebe #95

Die Empörung ist nun riesengroß. Doch finden diese schrechliche Verbrechen mitten in unserer "zivilisierten" Gesellschaft statt. ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ungeklärt ist: Haben sie es hier mit einem enttäuschten Patienten zu tun? Einem politischen Attentäter? Oder einem Wahnsinnigen? Die Ermittler funktionieren ein verlassenes Ärztezimmer zur Kommandozentrale um, sammeln erste Informationen, hören, was die Polizisten, die zuerst am Tatort waren, berichten. Gregor S. hatte sich widerstandlos festnehmen lassen, schien dabei von einer Art Bekenntniszwang getrieben zu sein. ... ,,Er hat unheimlich viel geredet, auch seine Zwangsneurose erwähnt", sagt van Sweringen. Sie fordert einen Psychiater an, um zu klären, ob Gregor S. bis zum Prozess in der U-Haft oder der Psychiatrie untergebracht werden soll. ... Er sei durch das Unrecht, das Richard von Weizsäcker zu verantworten habe, traumatisiert worden und habe sich als Deutscher schuldig und zum Handeln verdammt gefühlt. ,,Wäre er Präsident von Frankreich oder England gewesen, wäre ich aus dem Schneider gewesen."
Als der Bundespräsident 2015 starb, habe er dessen Kinder ins Visier genommen. Im Internet stößt er auf den Vortrag. Zwei Tage vor dem Attentat kauft sich Gregor S. ein Messer für 19,50 Euro, geht zum Friseur, in den Waschsalon, er leistet sich anständiges Rasierzeug, um bei der Festnahme ,,einen halbwegs passablen Eindruck" zu machen. ,,Eine fast feierliche Vorbereitung", nennt das der psychiatrische Sachverständige Alexander Böhle am vergangenen Freitag.

... Gerade arbeitet van Sweringen an der Anklage zu einem Doppelmord in Marzahn, dem eine 38-jährige Mutter und ihre neunjährige Tochter zum Opfer fielen. Weil ihr alle Laien immer diese eine Frage stellten, zweifele sie manchmal schon an sich selbst, sagt van Sweringen, aber: ,,Das belastet mich psychisch nicht."

Am 19. Mai 2020, genau sechs Monate nach dem Anschlag, erhebt sich Silke van Sweringen im Saal 700 des Berliner Landgerichts, um ihre Anklage zu verlesen. Sie wirft Gregor S. Mord an Fritz von Weizsäcker und Mordversuch an dem – zu dieser Zeit immer noch dienstunfähigen – Polizisten Ferrid B. vor. Er gehört zu den Nebenklägern im Prozess, ebenso wie Beatrice von Weizsäcker, die 61-jährige Schwester des Verstorbenen; dessen zwei minderjährige Kinder werden im Saal von ihrem Anwalt Roland Weber vertreten.

... Als vor Verhandlungsbeginn die Fotografen und Kamerateams kurz in den Saal gelassen werden, erwartet sie Gregor S. in seiner Box hinter Panzerglas. Er dreht ihnen den Kopf zu, reckt das Kinn, sieht durch runde Brillengläser auf die Betrachter herab. Ein leicht spöttisches Lächeln liegt auf seinen Lippen.

Gregor S. besteht auf sein Frage- und Rederecht, er ruft ständig dazwischen, fuchtelt mit einem Kugelschreiber, wenn er Zeugen der Lüge zu überführen sucht. Kein Zweifel, keine Reue, ,,ich bin froh, dass er tot ist." Als ihn van Sweringen fragt, ob er jemals in Vietnam gewesen sei, schüttelt Gregor S. den Kopf und belehrt sie dann, dass es ja auch Dokumentarfilme gebe. Er habe jedes Jahr drei Monate Urlaub in Thailand verbracht, das sei alles ein Menschenschlag.

... Es ist die Aufgabe des Gutachters Alexander Böhle, herauszufinden, ob Gregor S. sich in eine irrwitzige Theorie hereingesteigert hat oder ob er wahnkrank ist. Da sich S. aber weigert, mit ihm zu reden, lässt der Psychiater den Angeklagten während des Prozesses nicht aus den Augen, studiert die Akten, spricht mit dem Hausarzt – und kommt am Freitag zum Schluss: ,,Vermutlich ist Herr S. seit seiner Adoleszenz immer auffällig gewesen, oft aggressiv und manchmal auch gewalttätig." Er sei in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.

... Sieben Mal hat ihn das Amtsgericht wegen Beleidigung und Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt, weil Konflikte in seinem Umfeld eskalierten. Seit zwei Jahren streitet er sich mit seinem Hausverwalter um den Zustand seiner Wohnung. Dem Eigentümer hatte er, mit einer Papiertüte über dem Kopf getarnt, das Auto zerkratzt und die Hauswand mit Öl beschmiert. Gregor S. sagt, der drohende Wohnungsverlust sei für ihn der Auslöser gewesen, seinen Plan nun endlich in die Tat umzusetzen.

... Am Ende des Prozesses bleibt davon nur eines übrig, der Psychiater formuliert es so: eine Zwangsstörung, eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Niveau und Wahnerkrankung. Eine komplette Aufhebung der Schuldfähigkeit schließt Böhle aber aus.

...


Aus: "Weizsäcker-Mörder Gregor S. erwartet am Mittwoch sein Urteil" Katja Füchsel (08.07.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/ich-habe-die-tat-aus-ganzem-herzen-gemacht-weizsaecker-moerder-gregor-s-erwartet-am-mittwoch-sein-urteil/25980942.html

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"Urteil: Frau auf offener Straße in Graz erstochen: 28-Jähriger wird eingewiesen" (14. Juli 2020)
Das Geschworenengericht stufte den Beschuldigten als nicht zurechnungsfähig ein. ... Graz – Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag ein 28-Jähriger von einem Geschworenensenat in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Er soll im Februar eine ihm völlig unbekannte Frau mitten auf der Straße durch 19 Messerstiche so schwer verletzt haben, dass sie am nächsten Tag starb. Ein Motiv für die Tat gab es nicht, der Mann wurde als zurechnungsunfähig eingestuft. ...
https://www.derstandard.at/story/2000118708618/frau-auf-offener-strasse-in-graz-erstochen-28-jaehriger-wird


Quote[...] InsideBob

Sie hat noch gesagt dass sie 2 Kinder hat...
Das ist so endlos traurig...


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Quote[...] Mindestens acht Frauen soll ein 29-Jähriger in Berlin und Brandenburg attackiert habe ... Allerdings berichtete der Polizeibeamte Oskar Vurgun, der mutmaßliche Täter habe sich nach seiner Verhaftung nicht kooperativ verhalten, sondern sich stark gewehrt, sodass körperliche Gewalt eingesetzt werden musste. Der Tatverdächtige soll nun auch von einem psychiatrischen Experten begutachtet werden. ...


Aus: "Erst freundlich, dann brutal: Was über den Serienvergewaltiger und seine Taten bekannt ist" (15.07.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/erst-freundlich-dann-brutal-was-ueber-den-serienvergewaltiger-und-seine-taten-bekannt-ist/26007986.html
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Textaris(txt*bot)

Quote[...]  Hannah Arendt veröffentlicht 1963 ihren Bericht  von  der  Banalität  des  Bösen,  nachdem  sie  den  Prozess  gegen  Adolf  Eichmann in Israel mitverfolgt hat: »Eichmann war nicht Jago und nicht Macbeth [...]. Außer einer ganz gewöhnlichen Beflissenheit,  alles  zu  tun,  was  seinem  Fortkommen  dienlich sein  konnte,  hatte  er  überhaupt keine Motive. [...] Es war gewissermaßen schiere Gedankenlosigkeit [...], die ihn dafür prädisponierte, zu einem der größten Verbrecher jener Zeit zu werden. Und wenn dies  ›banal‹  ist  und  sogar  komisch,  wenn  man  ihm  nämlich  beim  besten  Willen  keine teuflisch-dämonische Tiefe abgewinnen kann, so ist es darum doch noch lange nicht alltäglich.«

Jüngere  Untersuchungen  zeigen  demgegenüber  nach  den  Anschlägen  vom  11. September  2001  ein  wiedererstaktes  Interesse  für  den  vormodernen  Typus  des dämonischen,   ja   atavistischen   Bösen   und   seine   geschichtlich   wechselnden Agenten. ...

Grausamkeit  stellt  einen  unabweisbaren,  kaum  erträglichen  Übergriff  auf  die seelische  wie  leibliche  Integrität  eines  Lebewesens  dar.  Der  Übergriff  kann natur-,  system-  oder  menschengemacht  sein.  Bei  letztgenannten  handelt  es  sich zudem  um  einen  gezielt  demoralisierenden  und  gewollt  zerstörerischen  Akt. Doch  tritt  die  Frage  der  Täterschaft  eigentümlich  in  den  Hintergrund.  Denn  in keinem  der  Fälle  gibt  es  echte  Entzugsmöglichkeiten.  Das  Übermaß  an  Zwang und  der  Exzess  an  Gewalt  bleiben  erklärungsbedürftig. ...

... Die unhintergehbare  Alterität  des  Anderen,  die  Lévinas  geltend  macht,  vermag vielleicht einen genealogischen Zugang zu einer Grausamkeit zu eröffnen, in der es neben der Ausübung von Macht und Gewalt auch um die Prüfung und Herausforderung einer stumm bleibenden Transzendenz geht, die sich – grausam genug – ihrerseits ins Indifferente zurückzieht.

...


Aus: "Grausamkeit und Metaphysik. Zur Logik der Überschreitung in der abendländischen Philosophie und Kultur" MIRJAM SCHAUB (2009)
Quelle: https://www.burg-halle.de/home/294_schaub/Publikationen/7._GuMP/EinleitungGuMP__2009_.pdf

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Quote[...] Die gesamte Moderne beruhe auf eine einzigen Verheißung, einem einzigen Versprechen: ,,dass wir intensive Menschen werden". Der Gott der Moderne verpflichte seine treuen Jünger auf Maximierung, er erschaffe ausnahmslos ,,Menschen, deren Lebenssinn in der Intensivierung aller Vitalfunktionen besteht". Diese ,,große moderne Idee" verkünde weder Heil noch Wahrheit, sie flüstere dagegen so leise wie unabweisbar den stets gleichen Lockspruch: ,,Ich verheiße dir mehr vom Gleichen. Ich verheiße dir mehr Leben."

Diesen Imperativ der Intensität sieht Garcia im 18. Jahrhundert durch die Entdeckung der Elektrizität entstehen – die Moderne als ,,Domestikation des elektrischen Stroms", durchaus originell. Dass das Intensitätsideal von den Romantikern in die Pop-Geschichte und in die derzeit so beliebten Fitness- und Ernährungsstrategien der Selbstoptimierung eingewandert ist, leuchtet umstandslos ein. Und dass der Kapitalismus dieses Loblied des Steigerns und Mehrens mitsingt, wird niemanden überraschen: Er sieht darin sein Wachstumsdenken befördert, entsprechend wird der neue Kaffee genauso wie die Kreuzfahrt als intensives Erlebnis beworben.

Der entscheidende Punkt bei Garcia ist dabei, dass Intensität zum inhaltsleeren, rein formalen Ideal geworden ist. Ihr Leitspruch lautet ,,intensiv das zu sein, was man ist". Ihm folgen Dschihadisten genauso wie Vegetarier, Kommunisten wie Neoliberale. Intensität als totaler Begriff: Er meint alles und gemeindet alle ein. Ein Versprechen, das sich selbst auflöst – und zerstörerische Kräfte entwickelt. Die Moderne steht damit bei Garcia als Extremismus da, denn dessen Kennzeichen ist stets, alles und alle auf eine einzige Perspektive, eine einzelne Letztbegründung zu beziehen.

Letztbegründung: das ist das Metier der Metaphysik. Es geht nicht mit ihr, es geht nicht ohne sie, meint Garcia, sicher zurecht. Er macht es sich folglich zur Aufgabe, eine neue Metaphysik zu begründen, die auf die klassischen Bezugspunkte wie den Gott der Theologen oder das Ideal der Philosophen verzichtet – er hält beides nicht mehr für möglich, ohne dies allerdings eigens zu begründen, leider. Er zeigt aber, dass die traditionellen Versuche, alles unter die Vorherrschaft des Denkens und der Vernunft zu stellen, genauso einseitig und unmöglich sind wie das gegenteilige Vorhaben, alles nach dem (Lebens)Gefühl auszurichten. Sein Essay mündet deshalb in das Plädoyer für eine Ethik, mit der man ,,auf der Kammlinie im Gleichgewicht" zu bleiben versuchen solle: weder sich ganz der Intensität hingeben noch versuchen, sich ganz von ihr zu befreien.

... Beate Rössler liest. Sie liefert nicht nur eine sehr gründliche Geschichte des modernen Grundwertes der Autonomie, dem Hauptfeld intensiven Erlebens; sie zeigt, dass man gerade in ethischen Fragen der Selbstbestimmung nie bei Null anfängt, nie allein, sondern stets ein soziales Wesen ist. Sie zitiert die Schriftstellerin und Philosophin Iris Murdoch: ,,Man steckt immer schon bis zum Hals in seinem Leben." Autonom, so Rössler deshalb, sind wir nie isoliert, sondern immer mit anderen. Intensiv, so kann man mit Garcia ihm selbst entgegenhalten, ist nichts für sich, sondern immer nur im Zusammenhang mit anderen und anderem: Jede ,,Kraft" braucht Bezugspunkte, um wirken zu können.

Das berührt die zentralen, heißen Fragen: Welchen Werten folgen die Wanderungen auf den Kammlinien? Welcher Hoffnung gehorchen die Versprechungen der Demokratie, der Selbstbestimmung – und des Kapitalismus? Dass Garcias Essay teils heftig kritisiert wurde, hat hierin seine Ursache: Er verschiebt diese Fragen ins bloß Private. Aber sein Buch hat auch deshalb für so viel Aufmerksamkeit gesorgt, weil er solche Fragen immerhin stellt.

Tristan Garcia: Das intensive Leben.
Eine moderne Obsession. Aus dem Französischen von Ulrich Kunzmann. Suhrkamp, Berlin 2017. 215 S.

Beate Rössler: Autonomie. Ein Versuch über das gelungene Leben. Suhrkamp, Berlin 2017. 443 S.


Aus: "Ethische Fragen der Selbstbestimmung" Dirk Pilz (18.08.2017)
Quelle: https://www.fr.de/kultur/literatur/ethische-fragen-selbstbestimmung-11019143.html

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Quote[...] Aristoteles' Ethik ist um die Begriffe Glück und Vortrefflichkeit/Tugend zentriert. Besonders auch die Charakterentwicklung - und weniger abstrakte Pflichten - sowie die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür stehen im Mittelpunkt dieses Vortrags.

Um ein glückliches, erfülltes Leben zu führen, muss der Mensch gemäß Aristoteles seine vernünftigen Anlagen möglichst gut entwickeln und sowohl seinen Charakter als auch seine intellektuellen Fähigkeiten in einen vortrefflichen Zustand bringen. Um das zu erreichen braucht der Einzelne in der Regel die Unterstützung einer wohlgeordneten Gemeinschaft, die ihn oder sie in jungen Jahren dazu anhält, die richtigen Charakterzüge und Fähigkeiten zu entwickeln.

Nachdem das Aristotelische Modell der Ethik lange Zeit als obsolet oder gar reaktionär galt, erlebte es in den letzten Jahrzehnten eine Wiederbelebung – vor allem ausgehend von der angelsächsischen Philosophie. Die Bewegung der ,,virtue-ethics" z.B. schätzt an Aristoteles, dass er die Charakterentwicklung – und nicht abstrakte Pflichten – in den Mittelpunkt seines Denkens stellt.

...


Auf: "Aristoteles´ Ethik und ihre Wirkung bis heute" (24. Januar 2018)
Quelle: https://www.marktspiegel.de/event/nuernberg/c-ausstellungen-und-kurse/aristoteles-ethik-und-ihre-wirkung-bis-heute_e19101

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#252
Quote[...] In der Fußgängerzone von Trier hat am Nachmittag ein Autofahrer mehrere Menschen getötet, viele weitere wurden schwer verletzt. Am Abend teilte die Polizei auf Twitter mit, dass fünf Menschen gestorben sind. Am Nachmittag war zunächst von zwei Getöteten die Rede gewesen.

Der Fahrer sei festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Der Wagen sei sichergestellt. Nach weiteren Auskünften der Polizei und der Staatsanwaltschaft ist der Festgenommene ein 51-jähriger Deutscher aus dem Kreis Trier-Saarburg von deutscher Nationalität, geboren in Trier. Die Polizei konnte ihn binnen vier Minuten nach dem Eingehen des Notrufs festnehmen, wie Innenminister Roger Lewentz am Abend auf einer Pressekonferenz sagte. Bei seiner Festnahme habe sich der Mann gewehrt. Er werde vernommen und mache auch Angaben, hieß es. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass der Mann bei seiner Fahrt alkoholisiert war.

Der Täter war den Angaben der Polizei zufolge über die Konstantinstraße in die Fußgängerzone Richtung Brotstraße gefahren, dann über Hauptmarkt und die Simeonstraße nach Porta Nigra, um dann Richtung Hauptbahnhof abzubiegen. Dort fand die Polizei den silber-metallic-farbenen Landrover am Straßenrand stehend mit dem Fahrer darin, den sie festnahm. Das Fahrzeug hat ein Kennzeichen aus dem Landkreis Trier-Saarburg und war laut Polizei auf einen Halter zugelassen, der es dem Täter geborgt hatte und der keinen Bezug zu der Tat hat. Insgesamt waren den Angaben nach in Trier etwa 300 Beamte im Einsatz, teils auch in Zivilfahrzeugen.

Der Mann sei gezielt Zickzacklinien gefahren, um Menschen Leid zuzufügen, sagte Lewentz. Es gebe neben den Toten vier Schwerverletzte, fünf erheblich Verletzte, sechs Leichtverletzte, zudem zwei Dutzend traumatisierte Menschen. Auch Lewentz äußerte sich stark betroffen: Das sei "nach der schrecklichen Ramstein-Katastrophe das zweite Mal, dass Menschen in dem Maße mitfühlen nach einem solchen Gewaltereignis", sagte er.

Unter den Getöteten sind nach Angaben der Polizei ein neun Monate altes Baby, eine 25-Jahre alte Frau aus Trier, ein 45-Jahre alter Mann aus Trier und eine 73-jährige Frau. Über das fünfte Opfer ist noch nichts bekannt. Bürgermeister Wolfram Leibe äußerte sich bestürzt: "Was haben diese Menschen getan?", fragte er. "Das ist der schwärzeste Tag für diese Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg."

Die Verletzten waren am Nachmittag in umliegende Krankenhäuser gebracht worden, ein Hubschrauber des ADAC hatte beim Transport geholfen. Ein großer Teil der Innenstadt war abgesperrt. Bilder zeigten am Nachmittag zerstörte Auslagen vor Geschäften in der Fußgängerzone, ein zerstörtes Fahrrad, einen zerstörten Bollerwagen.

Die Hintergründe der Tat sind bisher ungeklärt, die Ermittler schließen bisher einen terroristischen Hintergrund aus und vermuten eine psychische Störung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt den Angaben nach wegen des Verdachts der Körperverletzung und wegen heimtückischen Mords. Der Täter soll am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden und baldmöglichst auch psychologisch begutachtet werden.

Die Polizei Rheinpfalz warnte davor, Spekulationen zu verbreiten. Stadt und Polizei mahnten, keine Videos aus der betroffenen Zone zu verbreiten. Die Polizei bittet um Hinweise, sie richtete ein Onlineportal dafür ein. Dort kann man auch Fotos und Videos hochladen.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich entsetzt über den tödlichen Vorfall und die Zahl der Opfer. Der Ministerpräsident des benachbarten Saarlands, Tobias Hans (CDU), reagierte bestürzt auf den Vorfall. "Eine solche Tat geht uns allen mitten ins Herz, denn solch sinnlose Gewalt kann jeden treffen", sagte der CDU-Politiker. Auch die Bundeskanzlerin sprach den Betroffenen ihr Beileid aus. "Was in Trier geschehen ist, ist erschütternd", teilte ihr Sprecher mit. "Die Gedanken sind bei den Angehörigen der Todesopfer, bei den zahlreichen Verletzten und bei allen, die in diesem Moment im Einsatz sind, um die Betroffenen zu versorgen." Der Trierer Bischof Stephan Ackermann lud für den Abend zum gemeinsamen Gebet in den Dom der Stadt ein.

Der Vorfall ist nicht der erste dieser Art in Deutschland: Im Februar hatte im nordhessischen Volkmarsen ein 29 Jahre alter Deutscher sein Auto absichtlich in die Menge gesteuert. Dutzende Menschen wurden verletzt. 2019 hatte ein 50-Jähriger in Bottrop in der Neujahrsnacht gezielt Menschen angefahren. Er wurde in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. In Münster war 2018 ein Mann mit seinem Campingbus in eine Gruppe gerast, es gab fünf Tote. Der Täter erschoss sich, die Ermittler gehen von einer psychischen Erkrankung aus.


Aus: "Trier: Autofahrer tötet fünf Menschen in Trierer Fußgängerzone" (1. Dezember 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-12/auto-faehrt-durch-fussgaengerzone-in-trier-tote-und-verletzte

QuoteVerantwortungsethiker #47

Was für ein grauenvoller, sinnloser Irrsinn! Verrückt!


QuoteBiagobaer #48

Das ist wahnsinnig traurig.


QuoteAm Anfang war Vernunft #76

... Was ist mit uns los? Immer mehr Menschen, die sich nicht scheuen, Ihre Gesinnung und ihre Fantasien in die Tat umzusetzen.
Gewaltvideos, Gewaltfilme, Videos von Straftaten ... und lauter machtlose, vergessene Menschen, die ihre Probleme für die wichtigsten der Welt ansehen.

Solche Menschen, die sich als Opfer einer völlig aus den Fugen geratenden Gesellschaft sehen, "rächen" sich und erhalten dadurch Zuwendung ... Negativzuwendung ... aber sie werden für eine kurze Zeit "berühmt" ... sind wichtig, um dann zu sterben oder hinter den Mauern einer Anstalt zu verschwinden.

Die wirklichen Opfer ....... sind wahllos ....."ausgewählt" worden.
Zum falschen Zeitpunkt an der falschen Stelle.

...



QuotePflichtfeld-2 #21

Da ist einer durchgedreht. ... Die Folgen sind irre für die, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren.


QuoteAntiEstablishment #14

Ich finde es persönlich immer sehr schwer zu verarbeiten, wenn Menschen sinnlos sterben. ...


Quotehermelone #17

"Sein Motiv ist unklar"

Sollte m.E. heissen "sein Motiv interessiert keine lauwarme Socke".


QuoteTreverer #17.1

das motiv ist sowohl für die gesellschaftliche als auch juristische einordnung ziemlich wichtig. ...


QuoteFra Mauro #22

Zitat Spiegel:

»Das Auto ist von uns in der Christophstraße angehalten worden, im Auto saß ein 51-jähriger Deutscher aus dem Landkreis Trier-Saarburg, der Mann ist festgenommen worden«

Alte weiße Männer in SUV's.


QuoteDennisSa #30

Natürlich ganz ganz wichtig, dass man schreibt es handle sich um einen SUV. Danke für diese Stimmungsmache liebe ZEIT-Redaktion.


QuoteWilliW #30.1

Aber es war nun mal ein SUV. Warum sollte man das dann nicht erwähnen.


QuoteKonopka78 #44

Welchen Nachrichtenwert hat es eigentlich, dass der mutmaßliche Täter ein SUV bewegte?


QuoteDrehstuhl #25

Solche Taten, egal welche Vorgeschichte es hierzu gab, lassen in mir Gefühle hochkommen, die ausgeschrieben niemals durch die Zensur kämen.
Was für ein mieses A........


QuoteSuper_Kluk #44.2

Man kann sich vorstellen, dass ein SUV einen schwereres Fahrzeug ist, als ein Polo. Das ist eine relevante Information zur Tat.


QuoteJeffCat #44.3

Mehr Echauffierungspotential.


QuoteM Schæfer #44.5

Tatmittel sind relevante Informationen. Die Gesamtheit der Informationen ergibt die Nachricht. Man könnte auch auf Alter, Geschlecht, Tatort und Opferzahl verzichten; dann lautet die Meldung aber "Mensch tötet Menschen" und ist wertlos.


QuoteGegenreden #49

Drehen Fundamentalisten durch, ist es Terror. Drehen "normale Menschen" durch, ist es ein Amoklauf. Für die Opfer und die Hinterbliebenen spielt das keine Rolle. Amoklauf, in diesem Fall die Amokfahrt, ist ein anderer Begriff für den gleichen Schrecken, den auch Terror hinterlässt ...


Quotehansi55 #57

Mir tun die armen Angehörigen der Toten und die Verletzten leid. So ein plötzlicher Horror ist wie ein Fallbeil des Schicksals. Wie soll man das verstehen? ...


QuoteDummkopfx10 #58

Ich habe Angst vor psychisch kranken Menschen, die über keine Emotionskontrolle mehr verfügen. Vor allem, wenn sie über schwere Waffen verfügen.


QuoteSommerrolle #58.1

Sind Ihnen "psychisch gesunde" Menschen lieber, die eine Tat kaltblütig planen?
Mal davon ab, dass wir zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht im Geringsten wissen, wie es um das Seelenleben des Täters bestellt ist.


QuoteAmmelbach #60

Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
Oscar Wilde


QuoteDurch Schaden wird man klüger_Aber niemals klug #73

4 Tote, darunter ein Kleinkind.
Was treibt einen Menschen zu so einem Irrsinn? ...


QuoteSüdseefan #73.1

Wahn und Hass auf andere Menschen aufgrund eines abgrundtief kranken Charakters.


...

Quote[...]  Noch ist nicht viel über den mutmaßlichen Täter Bernd W. bekannt. Doch die Polizei legt sich zumindest bereits darauf fest, dass er nicht aus einem politischen Motiv heraus handelte. Vielmehr vermutet sie eine "psychiatrische Ausnahmesituation", die zu dem Amoklauf führte.

W. lebte demnach in den letzten Tagen in dem SUV, mit dem er auch die Tat verübte und der ihm von einem Bekannten überlassen worden war. Als er bereits vier Minuten nach dem Eingang des ersten Notrufs von Einsatzkräften der Polizei gestoppt und festgenommen wurde, leistete er erheblichen Widerstand.

"Der Tatverdächtige ist in der Vergangenheit noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten", teilte die Polizei am Dienstagabend mit. Der deutsche Staatsbürger stammt aus dem Kreis Trier-Saarburg. Nach dem Tod seiner Eltern verkaufte er dem "Focus" zufolge sein Elternhaus und lebte überwiegend von dem dabei erlösten Geld, das jedoch nach etwa einem Jahr aufgebraucht gewesen sei. Immer wieder wechselte er den Wohnsitz, arbeitete gelegentlich als Elektriker. Zuletzt war er offenbar arbeitslos. Der Kontakt zu seiner Familie riss offenbar ab.

Bekannte berichten, W. sei als Kind von seinem Vater heftig geschlagen worden. Das sei "nicht spurlos an ihm vorübergegangen". "Ich habe ihn aber oft schreien gehört, wenn es Streit im Elternhaus gab. Er war aufbrausend, manchmal auch aggressiv", erzählt demnach eine Nachbarin, die ihn aufwachsen sah. Von einem "sonderbaren Einzeltypen" ist die Rede, einem Mann mit einer "labilen Persönlichkeit" und massiven Alkoholproblemen. Nach der Tat teilt Oberstaatsanwalt Peter Fritzen mit, W. sei betrunken gewesen, der Atemalkoholwert habe bei 1,4 Promille gelegen. Fritzen sagte auch, es gebe Anhaltspunkte für ein psychiatrisches Krankheitsbild. Kurz vor der Amokfahrt soll W. auf Facebook gepostet haben: "Auf meinem Grabstein sollte stehen: Spart euch die Tränen, wo wart ihr, als ich noch lebte?"

Aus Ermittlerkreisen heißt es, W. habe sich geäußert. Was er zu seiner Tat gesagt hat, ist bisher nicht bekannt. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, hatte am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz berichtet, dass W. die Zickzacklinien gezielt gewählt hatte, "um Menschen zu suchen und ihnen weh zu tun". Zeugen zufolge raste er durch die Innenstadt und hielt dabei immer wieder direkt auf Menschen zu. Am Vormittag soll W. dem Haftrichter vorgeführt werden. Dann wird entschieden, ob er zunächst in Untersuchungshaft kommt oder in eine psychiatrische Einrichtung verlegt wird.

Quelle: ntv.de, sba


Aus: "Amokfahrer von Trier Bernd W. - Einzelgänger mit Alkoholproblem" (Mittwoch, 02. Dezember 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Bernd-W-Einzelgaenger-mit-Alkoholproblem-article22208525.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ein 67-Jähriger schießt in einer Klinik im US-Bundesstaat Minnesota um sich und trifft fünf Menschen. Einer stirbt kurz nach der Tat.

Ein Schütze hat im US-Bundesstaat Minnesota in einem Krankenhaus das Feuer eröffnet und dabei Medienberichten zufolge einen Menschen getötet und vier weitere verletzt. Drei von ihnen befänden sich in kritischem Zustand, einer sei bereits aus der Klinik entlassen worden, berichteten US-Medien. Weitere Angaben zu den Opfern wurden zunächst nicht gemacht. ,,Unsere Herzen sind heute gebrochen", schrieb die Klinik am späten Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter.

Der laut Angaben der Stadt Buffalo 67 Jahre alte Tatverdächtige wurde festgenommen, am Tatort wurde auch ein Paket mit einem mutmaßlichen Sprengsatz gefunden. Die Schulen in der Region wurden zunächst abgeriegelt und in der Nähe des Krankenhauses befindliche Menschen in Sicherheit gebracht. Laut US-Medien könnte das Motiv des Mannes die Unzufriedenheit mit einer eigenen medizinischen Behandlung gewesen sein. (dpa)


Aus: "Schütze in Krankenhaus tötet einen Menschen und verletzt vier" (10.02.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/us-stadt-buffalo-schuetze-in-krankenhaus-toetet-einen-menschen-und-verletzt-vier/26900376.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Keine zwei Wochen bevor Abdirahman J. A., ein 24-jähriger Flüchtling aus Somalia, in Würzburg mit einem Messer auf Passanten einstach und dabei drei Frauen tötete und sieben weitere Menschen teils schwer verletzte, wurde er in eine psychiatrische Klinik gebracht. Er war auffällig geworden, hatte in der Würzburger Innenstadt ein Auto angehalten, sich stumm auf den Beifahrersitz gesetzt. Einen Tag später verließ er die Psychiatrie. Die Ärzte hatten keine Eigen-und Fremdgefährdung feststellen können.

Anfang des Jahres war A. bereits in der Einrichtung gewesen, eine Woche lang. Er hatte Mitbewohner des Obdachlosenheims, in dem er lebte, mit dem Messer bedroht. Auch dieses Mal wurde er entlassen.

Tobias R., der Attentäter von Hanau, der 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven erschoss, war ebenfalls vor der Tat psychisch auffällig geworden. Das erste Mal im Jahr 2002. Ein Amtsarzt diagnostizierte damals eine "Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis". R. wurde in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht, am nächsten Tag aber als "ungeheilt" entlassen. Zwei weitere Male fiel er noch mit wahnhaftem Verhalten auf; wurde aber nie behandelt.

Und schließlich: Halle. Ein psychiatrisches Gutachten attestierte dem rechtsextremen Attentäter Stephan B., der im Oktober 2019 versuchte, in die Synagoge der Stadt einzudringen, und im Anschluss zwei Menschen erschoss, zwar die volle Schuldfähigkeit, diagnostizierte ihm zugleich aber eine "tiefe, komplexe Persönlichkeitsstörung".

Würzburg, Hanau, Halle. Drei Gewaltverbrechen mit teils unterschiedlichen Motiven. Eine Gemeinsamkeit aber haben sie: Alle Täter waren im Vorfeld psychisch auffällig geworden. Und die Reihe lässt sich fortführen: Das OEZ-Attentat in München, die Amokfahrt in Bottrop, der Mord auf dem Frankfurter Hauptbahnhof. Etwa ein Drittel aller allein handelnden Attentäter der Jahre 2000 bis 2015 sei psychisch krank gewesen, heißt es beim Bund deutscher Kriminalbeamter. Experten wie der Terrorismus-Forscher Peter Neumann beobachten nicht nur eine steigende Zahl der allein handelnden Täter, sondern auch, dass diese immer häufiger unter psychischen Auffälligkeiten leiden. Neumann spricht von einem "neuen Tätertypus" und empfiehlt, Präventionsstrategien darauf auszurichten.

Doch wie kann das in der Praxis aussehen? Sind Sozialarbeiter darauf vorbereitet? Wie steht es um die ärztliche Seite? Der Vorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, verwies angesichts der Tat von Würzburg auf einen "Fachkräftemangel in der Psychiatrie", der verhindere, dass "Kranke ausreichend behandelt" würden. Und vor welche Herausforderungen stellt der Tätertyp die Sicherheitsbehörden?

Lars Rückheim ist Gruppenleiter der Abteilung Terrorismus beim Bundeskriminalamt. "Unter den Personen, die dem islamistischen Spektrum zuzuordnen sind und mit denen wir uns im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) befassen, gibt es auch solche, die Anzeichen für eine psychische Störung aufweisen", sagt er. Entsprechende Ansatzpunkte habe es vereinzelt auch bei bisherigen Attentaten und Anschlägen, aber auch bei Taten, die die Sicherheitsbehörden verhindern konnten, gegeben.

Unter den Personen, mit denen man sich befasse, sagt Rückheim, seien viele Menschen aus ehemaligen Kriegsgebieten. "Viele dieser Menschen haben dort traumatische Erlebnisse gehabt, die potenziell geeignet sind, entsprechende Störungen und Erkrankungen auszulösen."

Die Polizei stuft Menschen, bei denen es Anzeichen gibt, sie würden eine politisch motivierte Straftat von erheblicher Bedeutung begehen, als "Gefährder" ein. Führungspersonen, Unterstützer aber auch Akteure extremistischer Strömungen gelten als "relevante Personen". Im islamistischen Spektrum greifen die Behörden bei der Evaluierung dieser Menschen auf das Instrument RADAR-iTE zurück. Ein Fragebogen, mit dem die Beamten anhand persönlicher Informationen herausfinden wollen, wie gefährlich jemand wirklich ist. Zeigt er ein aggressives Verhalten? Hat er versucht, sich eine Waffe zu besorgen? Gibt es Anzeichen für eine persönliche Krise? Anhand der Antworten können die Beamten weitere Schritte veranlassen. Das Instrument wurde inzwischen auf den Bereich des Rechtsextremismus angepasst. Die angepasste Version soll noch im ersten Halbjahr 2022 flächendeckend eingeführt werden.

RADAR-iTE kann psychische Auffälligkeiten im Vorfeld einer Tat dokumentieren. Nicht aber bestimmen, welcher Aspekt bei der Tat selbst im Vordergrund steht: die Ideologie oder die Krankheit. Es ist die alte Frage: Attentat oder Amoklauf?

Bei der Tat in Würzburg hält die Generalstaatsanwaltschaft ein islamistisches Motiv inzwischen für "naheliegend". Der Mann soll während der Tat "Allahu Akbar" gerufen, bei der polizeilichen Vernehmung von einem persönlichen "Dschihad" gesprochen haben. Als "Gefährder" wurde er nicht geführt.

"Ob eine psychische Störung oder eine Ideologie hauptsächlich ausschlaggebend für eine Tat ist, lässt sich oft nur schwer feststellen", sagt Marc Allroggen, Leitender Oberarzt im Universitätsklinikum Ulm. Allroggen forscht zu psychischen Störungen im Zusammenhang mit Radikalisierung. "Grundsätzlich gibt es Menschen mit psychischen Störungen – vor allem narzistischen, dissozialen oder wahnhaften Störungen – die in einigen Fällen zu aggressivem Verhalten neigen können", sagt er. Wenn sich diese Menschen radikalisieren, dann oft oberflächlicher, sie seien meist weniger tief verankert in einer Ideologie. "Die Ideologie dient eher dazu, aggressives Verhalten zu rechtfertigen."

Das sei ein anderer Typus als Terroristen, die gezielt Anschläge planen. "Um einen Terroranschlag zu koordinieren, braucht es gewisse Handlungs- und Planungskompetenzen", sagt Allroggen. "Das ist mit vielen psychischen Störungen sehr schwer vereinbar."

Dass Menschen wie der Täter aus Würzburg wieder aus psychiatrischen Einrichtungen entlassen werden, wundert Allroggen nicht. Das sei allerdings weniger dem Fachkräftemangel in der Psychiatrie geschuldet als den Hürden, die dem Festhalten einer Person gegen ihren Willen gegenüberstehen.

Die sind hoch: Neben einer psychischen Erkrankung muss eine konkrete Gefährdung vorliegen, das kann eine Selbst- oder auch Fremdgefährdung sein. "Die reine Möglichkeit, dass etwas passieren könnte, reicht nicht aus", sagt Allroggen. "Derjenige müsste schon konkrete Pläne für eine Gewalttat äußern."

Das macht den Fall Würzburg in Allroggens Augen so kompliziert. "Es reicht nicht, dass sich jemand in das Auto von jemand anderem setzt, um ihn dann dauerhaft festzuhalten", sagt er.

Im konkreten Fall kommt noch eine weitere Hürde hinzu: Die behandelnden Ärzte haben nach Angaben des Spiegels einen psychiatrischen Betreuer für den späteren Täter beantragt. Der Antrag wurde von den Behörden aber abgelehnt.

Allroggen ist eindeutig dagegen, die Hürden, die bestehen, um jemanden gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Einrichtung festzuhalten, zu senken. "Es handelt sich dabei um einen massiven Eingriff in die Grundrechte", sagt er. "Man kann niemanden gegen seinen Willen festhalten – nur mit der Begründung, dass potenziell etwas passieren könnte." Allroggen spricht von einer "Abwägung von Rechten", die man "gut treffen muss". "In einer freiheitlichen Gesellschaftsstruktur lassen sich nicht alle Gefahren ausschließen."

Jemanden gegen seinen Willen festzuhalten, ist das eine. Und wie steht es um den Austausch psychiatrischer Einrichtungen mit den Sicherheitsbehörden?

"Mitarbeiter psychiatrischer Einrichtungen erfahren nur dann, ob ein Patient als ,Gefährder' gelistet ist, wenn die Polizei sie informiert", sagt Marc Allroggen. Inwieweit Sicherheitsbehörden wiederum von der Entlassung eines Patienten informiert werden, hänge von der entsprechenden Situation, etwa der Gesetzeslage des jeweiligen Bundeslandes, ab.

Die Informationen könnten zudem nur dann weitergegeben werden, wenn der Patient dem zustimmt. Oder wenn es eine entsprechende Regelung gibt, etwa, weil eine akute Gefahrenlage besteht. "Ansonsten steht dem die ärztliche Vertraulichkeit im Weg", sagt Allroggen. "Und die ist ein hohes Gut."

Die Hürde besteht nicht nur beim Informieren der Sicherheitsbehörden, sondern auch, wenn es darum geht, Patienten, die Anzeichen einer Radikalisierung zeigen, an Fachstellen zu vermitteln. Das passiere noch sehr selten, sagt Marc Allroggen. Er spricht von einer "Lücke im System".

Dass dem so ist, hat mehrere Ursachen, zuvorderst die Schweigepflicht. Der Patient müsste einverstanden sein. Oftmals wüssten Ärzte aber auch schlicht nicht, an wen sie sich wenden sollten, oder könnten radikale Tendenzen nicht erkennen.

Allroggen hat deshalb ein Projekt mit ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, Psychotherapeuten und Therapeutinnen sowie Psychiater gezielt zu schulen. "Sie brauchen mehr Wissen zu Themen wie Radikalisierung und komplexen Gewaltphänomenen, um entsprechend reagieren zu können", sagt er. Das gleiche gelte für Allgemeinärzte. "Die Hemmschwelle, seinen Hausarzt aufzusuchen, ist für Menschen mit psychischen Problemen meist niedriger, als gleich zu einem Psychiater zu gehen." Deshalb müssten auch Hausärzte besser informiert sein. "Sonst tauchen diese Menschen gar nicht im System auf."

Dieses Problem sieht auch Thomas Mücke. Mücke ist Geschäftsführer und Mitbegründer des Violence Prevention Network, eine der größten NGOs im Bereich der Deradikalisierung und Extremismus-Prävention.

Auch Mücke sagt, Einzeltäter und -täterinnen mit einer psychischen Störung seien zunehmend ein Problem. "In unserer Beratungspraxis tauchen diese Fälle allerdings kaum auf." Nur etwa eine Handvoll seiner mehreren Hundert Klientinnen und Klienten würde zu dieser Gruppe zählen. Dass es so wenige sind, liege daran, dass es bei ihnen oftmals keine "Extremismus-Signale" gebe.

Mücke und seine Mitarbeiter werden aktiv, wenn sich Familienangehörige, Kollegen, Mitschüler oder Lehrer bei ihnen melden. Mitunter stehen am Anfang auch Hinweise der Behörden. Was aber, wenn jemand nicht Teil einer Szene ist, sich nicht in Foren äußert, in seinem Umfeld nicht über mögliche Absichten spricht? "Wir können nur tätig werden, wenn es Hinweise auf eine extremistische Gesinnung gibt", sagt Mücke. "Eine psychische Störung allein reicht nicht aus."

In der Deradikalisierungsarbeit gehe es darum, Menschen, die drohen, in abgeschlossenen Szenen zu verfangen, eine Alternative zu bieten, sagt Mücke. "Eine Brücke zu bauen, zurück in die Gesellschaft." Nicht immer gelingt das: Zu Mückes Klienten gehörte auch Abdullah A.H.H.

Der junge Syrer hat im Oktober 2020 in Dresden zwei Männer mit einem Messer angegriffen, einer der Männer starb. H. wurde später zur Höchststrafe verurteilt. Mitarbeiter des Violence Prevention Networks hatten vor der Tat über Monate Kontakt zu ihm. Mücke sagt: "Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht."

Er und sein Team betreuen inzwischen zunehmend auch Rückkehrer aus dem ehemaligen Gebiet des sogenannten Islamischen Staates in Syrien und Irak. Menschen, die oftmals schwer traumatisiert sind. Deshalb habe man angefangen, die Teams auszubauen und neben Fachkräften aus der Sozialarbeit, auch Therapeuten und Therapeutinnen sowie Fachkräfte aus der Psychiatrie zu beschäftigen. Ein erstes Pilotprojekt läuft derzeit in Berlin.

Zeige ein Klient oder eine Klientin Anzeichen für eine psychische Störung, werde dies von den Mitarbeitern abgeklärt, die Person gegebenenfalls an psychiatrische Einrichtungen übergeben, sagt Mücke. Allerdings müsse die Person auch bereit sein, sich therapieren zu lassen. Und es brauche Therapeutinnen und Therapeuten, die sich mit dem Thema Radikalisierung auskennen. "Darin besteht momentan die große Herausforderung."

Mehren sich bei einem Klienten oder einer Klientin hingegen Anzeichen für eine akute Bedrohung, müssten er und sein Team die Ermittlungsbehörden umgehend alarmieren. "Es reicht, wenn uns ein besorgter Vater anruft, der sagt, er habe ein Kündigungsschreiben seines Sohnes gefunden, der sei vermutlich auf dem Weg in ein Kampfgebiet", sagt Mücke. "Wir informieren dann sofort die Bundespolizei."

"Inzwischen", sagt Mücke, "hat sich ein sehr professionelles System etabliert, wie Fälle bearbeitet und Informationen zwischen den einzelnen Akteuren ausgetauscht werden."


Aus: "Psychisch kranke Einzeltäter: Unsichtbare Einzeltäter" Sascha Lübbe (4. Juli 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-07/psychische-erkrankung-einzeltaeter-wuerzburg-hanau-halle-terrorismus-praevention/komplettansicht

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Fast genau ein Jahr nach der Verlesung der Anklage wird am Dienstag (13.00 Uhr) das Urteil im Prozess um die Amokfahrt von Trier vor dem Landgericht der rheinland-pfälzischen Stadt erwartet.

Die Staatsanwaltschaft wirft einem 52-Jährigen fünffachen Mord, versuchten Mord in 18 Fällen sowie gefährliche und schwere Körperverletzung in 14 Fällen vor. Er soll am 1. Dezember 2020 mit seinem Auto durch die Fußgängerzone gerast sein.

Dabei wurden fünf Menschen direkt getötet, ein 77-Jähriger starb elf Monate später. Auf seinem Weg durch mehrere Straßen erfasste der Täter Passanten offenbar wahllos, aber gezielt mit hoher Geschwindigkeit.

Ein Gutachter stellte bei ihm eine Wahnstörung und eine paranoide Schizophrenie fest. Die Staatsanwaltschaft forderte lebenslange Haft, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung.

Auch die Verteidigung verlangte die Unterbringung in der Psychiatrie, eine besondere Schwere der Schuld verneinte sie hingegen. Der Angeklagte schwieg den gesamten Prozess hindurch. (AFP)


Aus: "Urteil in Prozess um Amokfahrt von Trier erwartet" (16.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/fuenffacher-mord-und-schwere-koerperverletzung-urteil-in-prozess-um-amokfahrt-von-trier-erwartet/28602382.html

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/er-toetete-fuenf-menschen-was-ueber-den-amokfahrer-von-trier-bekannt-ist/26677808.html

Quotehistorix108 02.12.2020, 14:43 Uhr
Mich interessiert viel mehr, was über die Opfer bekannt ist - sofern die Angehörigen Informationen teilen mögen. Ihnen sollten unsere Gedanken gelten. Meine aufrichtige Anteilnahme!

Sofern der mehrfache Mörder ein Einzeltäter war, ist das, was man über ihn in Erfahrung bringen kann, nur für Ermittler und Profiler von Belang. Ich möchte über diesen offenbar hochgradig gestörten Menschen nichts wissen. Furchtbare Tat!


Quoteunfairbleiben 02.12.2020, 15:03 Uhr
Antwort auf den Beitrag von historix108 02.12.2020, 14:43 Uhr

    Mich interessiert viel mehr, was über die Opfer bekannt ist...

Wozu? Damit sie auch noch Opfer medialer Aufmerksamkeit werden? Ehrlich gesagt, sehe ich da keinen Sinn darin, mehr über die Opfer zu wissen, um gedanklich bei ihnen und Angehörigen zu sein. Dafür reicht alleine das Wissen, dass sie opfer dieser schrecklichen Tat sind.


Quotehistorix108 02.12.2020, 19:51 Uhr
Antwort auf den Beitrag von unfairbleiben 02.12.2020, 15:03 Uhr

Der zweite Halbsatz "...-sofern die Angehörigen Informationen teilen mögen" gehört genauso zur Aussage dazu. Man muss wirklich keinen vollen Namen und Adressen kennen. Aber ich empfinde es als zutiefst ungerecht, wenn ein Täter mediale Aufmerksamkeit bekommt, während die ums Leben Gekommenen nur am Rande wahrgenommen werden und alsbald in Vergessenheit geraten. Die Angehörigen der Toten sollen gerne spüren: Die Gesellschaft fühlt mit ihnen, die Leben der Verstorbenen werden gewürdigt, sie sind nicht allein.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] BAD KREUZNACH taz | ,,Mord" steht auf dem Aushang vor Saal 7 des Landgerichts Bad Kreuznach. In der Sache gibt es im Prozess gegen den 50-jährigen Mario N. kaum Zweifel: Der Angeklagte hat zugegeben, in einer Tankstelle in Idar-Oberstein am Abend des 18. September letzten Jahres den 20-jährigen Alexander W. mit einem Revolver erschossen zu haben.

Vorangegangen war eine Auseinandersetzung um die Coronaschutzregeln. Der Tankstellenmitarbeiter hatte es abgelehnt, N. Bier zu verkaufen, weil der die vorgeschriebene Mund- und Nasenmaske verweigerte. N. trank sich zu Hause Mut an, kehrte mit einem nicht zugelassenen Revolver in die Tankstelle zurück und tötete den jungen Mann mit einem Kopfschuss. Soweit ist die unfassbare Tat unstrittig. Eigentlich wollte das Gericht bereits vor der Sommerpause die Plädoyers aufrufen, doch die Verteidigung versucht in letzter Minute, die drohende lebenslange Haftstrafe für N. abzuwenden.

An diesem Montag ging es in dem Verfahren so weiter, wie es Mitte Juli in die Sommerpause gegangen war. Die Vorsitzende Richterin Claudia Büch-Schmitz verlas zwar den Beschluss, mit dem die Strafkammer den Befangenheitsantrag des Angeklagten gegen den psychiatrischen Gutachter als ,,unbegründet" zurückweist. Doch die Verteidigung legte nach. Sie beantragte ein zweites Gutachten, wegen ,,mangelnder Sachkunde" des ersten Gutachters.

Der hatte dem Angeklagten, trotz fast zwei Promille Alkohol im Blut, bei der Tat ,,volle Schuldfähigkeit" attestiert. Folgt ihm das Gericht, muss es Mord und vielleicht sogar die besondere Schwere der Schuld feststellen. Der 50-Jährige müsste dann bis ins hohe Rentenalter ins Gefängnis. Deshalb kämpft die Verteidigung um die ,,Schuldfähigkeit" des Angeklagten.

Sie führt dabei nicht nur den konsumierten Alkohol ins Feld – vor der Tat hatte E. 5,5 Liter Bier getrunken – sondern auch die ,,Verletzbarkeit" ihres Mandanten. Er sei in besonderer Weise von der Pandemie und den Schutzmaßnahmen dagegen gebeutelt gewesen. Zum einen durch Gehaltseinbußen. Im Jahr 2018 hatte der selbständige Softwareentwickler 100.000 Euro, 2020 pandemiebedingt nur noch 18.000 Euro erwirtschaftet.

Außerdem habe er unter einer Anpassungsstörung nach dem Selbstmord seines Vaters gelitten. Der Vater, an Lungenkrebs erkrankt, hatte im März 2020 seine Frau niedergeschossen und anschließend sich selbst getötet. N.s Mutter überlebte schwerverletzt, ihr Sohn habe sie betreuen müssen. Das hätten die Coronaschutzmaßnahmen erschwert. Auch die medizinische Behandlung seines Vaters habe unter den Pandemiebeschränkungen gelitten, führt die Verteidigung an. Zudem lösten Gesichtsmasken bei ihm wegen einer früheren Asthmaerkrankung Panikattacken aus, hatte der Angeklagte vortragen lassen.

Die Mutter des mit einem gezielten Kopfschuss getöteten 20-jährigen Opfers verfolgte diese Argumentation am Montag sichtbar um Fassung ringend.

Ein weiteres Gutachten gibt es von einer Polizeipsychologin, die frühere Chatverläufe des Angeklagten ausgewertet hatte. Ihre Stellungnahme wurde vor Gericht nicht angefochten. Sie erkannte in N.s Texten zu den Coronaschutzmaßnahmen im Netz ein ,,Sündenbock-Narrativ" und bescheinigte ihm ein ,,ausländerfeindliches, rassistisches Weltbild", das bei ihm eine ,,Objektivierung und Dehumanisierung von Menschen" bewirkt habe. Der zwanzigjährige Alexander W. musste danach als ,,Stellvertreter" für die Zumutungen der Pandemie sterben. Erschossen wurde er von einem Mann, der sich radikalisierte und schließlich die Pandemie und die Schutzmaßnahmen dagegen für alle Zumutungen des Alltags verantwortlich machte.

Zu Beginn des Prozesses hatte sich der Angeklagte N. über den ,,Ton" von W.s Anweisung, eine Maske aufzusetzen, beschwert. Er habe sich wie in einem totalitären Staat gefühlt. Mit der Erschießung wollte er ,,ein Zeichen" setzen, erklärte ein anderer Gutachter vor Gericht.

Gelingt es der Verteidigung, Zweifel an der Schuldfähigkeit des Angeklagten durchzusetzen, gegebenenfalls auch in einer Revision vor der nächsten Instanz, könnte ein geringeres Strafmaß als lebenslänglich folgen. Den Antrag auf ein weiteres Gutachten wertete die Staatsanwaltschaft indes als Prozessverschleppung. Nach einer Beratungspause wies das Gericht am Montagnachmittag den Antrag ab. Die Plädoyers dürften nun auf September vertagt werden.


Aus: "Mordprozess Idar-Oberstein: Planvoll oder schuldunfähig?" Christoph Schmidt-Lunau (22.8.2022)
Quelle: https://taz.de/Mordprozess-Idar-Oberstein/!5873306/

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Trotz individueller und kollektiver Probleme bei der Einschätzung der Realität halten wir uns im Allgemeinen für grundsätzlich fähig, mit einem klaren und schonungslosen Blick Täuschungen vermeiden und die hinter ihnen verborgene Wahrheit aufdecken zu können. Es ist jedoch genau dieses Selbstvertrauen, das in den letzten Jahren durch Erkenntnisse aus Neurowissenschaften, Psychologie und Soziologie von Grund auf erschüttert wird: Auf unsere Wahrnehmungen, Überzeugungen und Erinnerungen können wir uns viel weniger verlassen, als wir glauben. So müssen auch die Aussagen anderer, die sich nicht mit der überprüfbaren Realität decken, keine Lügen sein; Manöver, die uns täuschen, sind nicht notwendigerweise Betrug. Die physischen, psychischen und sozialen Prozesse bei der Erfassung und Auswertung gegenwärtiger Abläufe und beim Zugriff auf gespeicherte Erfahrungen sind offenbar so komplex, flexibel und damit fehleranfällig, dass wir uns fragen müssen, inwieweit Menschen überhaupt in der Lage sind, sich nicht zu täuschen. Welche praktische Konsequenzen hat, beispielsweise im Bereich der Verbrechensaufklärung oder im Umgang mit Verschwörungstheorien, ein neuer Blick auf die Komplexität der Verarbeitung von Erfahrungen, und welche Wege können - trotz aller bisher unterschätzten Schwierigkeiten - schließlich vielleicht doch zur Wahrheit führen? Was aber gilt als verbindliche und universal gültige ,,Wahrheit"?

... Zum einen können wir uns über die äußere Realität täuschen. Unsere Fehleinschätzungen von Situationen betreffen erstens die Gegenwart durch Probleme der sinnlichen Wahrnehmung, zweitens die Vergangenheit durch die Unzuverlässigkeit der Erinnerung und drittens die Zukunft durch die Schwierigkeit, gut begründete Erwartungshaltungen zu entwickeln und Voraussagen zu treffen.
Über uns selbst täuschen wir uns ebenfalls. ...

Täuschen können wir uns schließlich über andere Menschen. Dies kann auf Fehler unserer Beobachtung und Deutung zurückzuführen sein, auf Probleme der Kommunikation oder auch darauf, dass andere uns bewusst hinters Licht führen oder unwissentlich einen falschen Eindruck erzeugen. Alle Irrtümer, die uns ebenso wie unserem Gegenüber bei der Einschätzung von Situationen und der eigenen Person unterlaufen können, spielen auch bei der Beurteilung des jeweils anderen eine Rolle und beeinflussen die Interaktion.

... Das Verhältnis zwischen subjektiven Eindrücken und Überzeugungen und objektiver Wahrheit lässt sich gut am Umgang mit der Zeit veranschaulichen. Aus dem eigenen Erleben und den Schilderungen in erzählender Literatur wissen wir, wie unterschiedlich wir Zeitspannen einschätzen, je nachdem, wie viele und welche Erlebnisse wir in dieser Zeit haben, wie wir uns fühlen und
wie alt wir sind. Dass Zeit für uns besonders langsam vergehen oder schnell verfliegen kann und dass manche Ereignisse viel weiter oder näher zurückliegen, als wir spontan glauben, vermindert
die Glaubwürdigkeit unserer zeitlichen Einordnungen. Und doch leben wir nicht ausschließlich in einem Netz von subjektiven Täuschungen.

...


Aus: "Täuschung und Wahrheit" Erkenntnisse der Kognitions-, Rechts- und Sozial-Psychologie, veranschaulicht an Elementen eines Kriminalromans sowie aktuellen Problemen in Wissenschaft und Berichterstattung - Abschlussarbeit im Studiengang ,,Altern in Wissenschaft und Erfahrung" der Universität des 3. Lebensalters an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Vorgelegt von Heide Greeven (12. Oktober 2018)
Quelle: https://www.uni-frankfurt.de/78723271/Abschlussarbeit_U3L_Greeven_Heide_Taeuschung_Wahrheit.pdf


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Grundschulangreiferin von Nashville befand sich wegen psychischer Probleme in ärztlicher Behandlung. Die 28-jährige Audrey Hale, die in der Stadt im US-Südstaat Tennessee drei Schulkinder und drei Erwachsene erschossen hatte, habe unter einer ,,emotionalen Störung" gelitten, sagte Nashvilles Polizeichef John Drake am Dienstag, ohne nähere Angaben zu machen.

... Amokläufe und Schießereien gehören in den USA zum traurigen Alltag - ganz überwiegend sind die Täter Männer. In den vergangenen Jahren gab es lediglich in Einzelfällen Schützinnen, die Blutbäder anrichteten.

In den Vereinigten Staaten sind mehr Waffen im Umlauf als irgendwo sonst auf der Welt. Das sorgt für düstere Rekorde: Laut den jüngsten Daten der Gesundheitsbehörde CDC wurden im Jahr 2020 in den USA rund 20.000 Menschen erschossen - mehr als 50 pro Tag.

Schusswaffenverletzungen waren 2020 erstmals Todesursache Nummer eins für Kinder und Jugendliche in den USA, noch vor Verkehrsunfällen.

Im Mai hatte in Uvalde in Texas ein 18 Jahre alter Schütze an einer Grundschule 19 Kinder und zwei Lehrerinnen getötet, bevor er von der Polizei erschossen wurde.

...


Aus: "Frau besaß sieben Schusswaffen: Schützin von Nashville litt an ,,emotionaler Störung"" (27.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/biden-fordert-verbot-von-sturmgewehren-polizei-findet-manifest-bei-schutzin-von-nashville-9571703.html

Textaris(txt*bot)

Quote... Die Täter hätten oft Kinder herausgegriffen, die wegen ihrer Persönlichkeit oder ihrer Lebensumstände besonders isoliert oder verletzlich gewesen seien. Ihnen gegenüber hätten sie sich dann als Freunde und Beschützer präsentiert. ...

Quote[...] Baltimore – Katholische Geistliche und andere Kirchenmitarbeiter der Erzdiözese der US-Stadt Baltimore haben von den 1940er-Jahren bis 2002 mehr als 600 Kinder sexuell missbraucht. Die Täter hätten sich wiederholt und auf furchtbare Weise an den schwächsten Mitgliedern ihrer Gemeinden vergangen, während die Führung der Erzdiözese die Augen davor verschlossen habe, schrieb die Staatsanwaltschaft des US-Staates Maryland in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Untersuchungsbericht [https://www.marylandattorneygeneral.gov/news%20documents/OAG_redacted_Report_on_Child_Sexual_Abuse.pdf].

"Die unbestreitbare Geschichte, die diese Untersuchung zu Tage gefördert hat, erzählt von allgegenwärtigem und andauerndem Missbrauch durch Priester und andere Angestellte der Erzdiözese", hieß es.

Außerdem zeige die Untersuchung, dass die Erzdiözese versucht habe, den Missbrauch zu vertuschen. Es sei den Verantwortlichen wichtiger gewesen, einen Skandal und schlechte Presse zu vermeiden, als die Kinder zu beschützen, schrieb die Staatsanwaltschaft. In dem Bericht sind 156 Täter größtenteils namentlich aufgeführt. Die wahre Zahl der Opfer sei vermutlich viel höher als die mehr als 600 Kinder, von denen man wisse, hieß es.

Die Untersuchung stütze sich auf Hunderttausende Dokumente, die Jahrzehnte zurückreichten, sowie auf die Aussagen Hunderter Opfer und Zeugen, heißt es in dem Bericht. Die Täter hätten oft Kinder herausgegriffen, die wegen ihrer Persönlichkeit oder ihrer Lebensumstände besonders isoliert oder verletzlich gewesen seien. Ihnen gegenüber hätten sie sich dann als Freunde und Beschützer präsentiert. Oft seien die Opfer auch solche Kinder gewesen, die besonders eng mit der Kirche verbunden waren, wie etwa Messdiener oder Chormitglieder. (APA, 6.4.2023)


Aus: "Mehr als 600 Kinder in Erzbistum Baltimore missbraucht" (6. April 2023)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000145261348/mehr-als-600-kinder-in-erzbistum-baltimore-missbraucht

Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Schleiz ist ein 70-jähriger Mann mit einer Kettensäge auf Polizisten und Ordnungsbeamte losgegangen. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, hatte der Mann eine Straße mit einem Auto, Stangen und Holzpaletten verbarrikadiert.

Daraufhin wurden Mitarbeiter des Ordnungsamtes und die Polizei gerufen. Außerdem kam ein Abschleppunternehmen zum Einsatz, um die Straße frei zu räumen. Der 70-Jährige holte daraufhin eine Kettensäge und bedrohte die Beamten. Erst als diese ankündigten, mit ihrer Dienstwaffe zu schießen, flüchtete der Mann in sein Haus.

Bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung wehrte er sich laut Polizei und verletzte sich dabei leicht. Der Mann wurde später in eine psychiatrische Einrichtung gebracht.

...


Aus: "Mann geht in Schleiz mit Kettensäge auf Polizisten los" (30. März 2023)
Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/ost-thueringen/saale-orla/schleiz-kettensaege-angriff-polizisten-100.html

Textaris(txt*bot)

Vallow, die in der Glaubensgemeinschaft der Mormonen aufwuchs, wurde in ihrer religiösen Überzeugung immer radikaler und vertrat irgendwann die Auffassung, mit Engeln kommunizieren zu können.

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Quote[...] In opening statements, prosecutors described her as a negligent mother who believed she was on a "religious mission" that she viewed as being more important than caring for her children.
Prosecutors said she believed her children were "zombies" possessed by evil spirits. ... Former friends of Ms. Vallow Daybell spoke about the couple's purported religious beliefs at the trial. One, Melanie Gibb, said that Ms. Vallow Daybell believed that evil spirits could turn people into "zombies" by taking over their bodies, and that she called J.J. and Tylee "zombies," The A.P. reported. ...


From: "Woman With 'Doomsday' Beliefs Found Guilty in Children's Deaths" Lauren McCarthy, Michael Levenson (May 12, 2023)
Source: https://www.nytimes.com/2023/05/12/us/lori-vallow-daybell-guilty.html

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Quote[...] Lori Vallow bezeichnet sich als Göttin mit dem Auftrag, die Menschheit auf den Tag des jüngsten Gerichts vorzubereiten. Für ein Gericht in Idaho steht jedoch fest: Sie ist eine Mörderin. Aus "religiöser Überzeugung" tötet sie vor vier Jahren ihre zwei Kinder.

... In den USA ist eine Mutter des Mordes an ihren zwei Kindern und der Verschwörung zur Tötung der Ex-Frau ihres Ehemannes für schuldig befunden worden. Lori Vallow stand im nordwestlichen Bundesstaat Idaho wegen des Todes ihrer 16-jährigen Tochter und ihres siebenjährigen Adoptivsohns vor Gericht. Berichten zufolge bezeichnete Vallow sich als Göttin mit dem Auftrag, die Menschheit auf den Tag des jüngsten Gerichts vorzubereiten.

Vallow droht lebenslange Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung. Ihr fünfter Ehemann Chad Daybell, der im Selbstverlag mehrere Endzeit-Romane veröffentlichte, wird in Kürze ebenfalls vor Gericht stehen wegen ähnlicher Vorwürfe, unter anderem wegen Mordes an seiner ersten Frau, Tammy. Die "religiöse Überzeugung" des Paars spielte nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Rolle bei den Morden.

Die Geschichte wurde von Netflix in der dreiteiligen True-Crime-Dokumentation "Die Verbrechen unserer Mutter" verfilmt. Der Fall hatte erstmals Ende 2019 nach dem Verschwinden der Kinder für Schlagzeilen in den USA gesorgt. Die Großeltern des Jungen hatten die Kinder bei den Behörden als vermisst gemeldet. Die Ermittlungen der Polizei wurden immer makabrer, als deutlich wurde, dass mehrere Menschen, die mit Vallow und Daybell in Verbindung gestanden hatten, gestorben waren. Vallow wurde Monate später in Hawaii festgenommen.

Vallows dritter Ehemann, Joseph Ryan - Vater der Tochter - war 2018 an einem Herzinfarkt gestorben. Während der Scheidung von ihrem vierten Ehemann, Charles Vallow, wurde dieser von ihrem inzwischen verstorbenen Bruder im Juli 2019 erschossen - angeblich aus Notwehr. Im Oktober 2019 starb Daybells Frau Tammy angeblich eines natürlichen Todes. Wenige Wochen später zogen Vallow und Daybell nach Hawaii, wo sie heirateten.

Vallow und Daybell meldeten ihre beiden Kinder niemals als vermisst. Im Juni 2020 wurden die beiden Leichen auf einem Grundstück von Daybell in Idaho gefunden. Ein Termin für die Urteilsverkündung gegen Vallow steht noch nicht fest. Der Richter schloss in ihrem Fall die Todesstrafe aus. Dies gilt nicht für Daybell, der in allen Anklagepunkten auf unschuldig plädierte.

Vallow, die in der Glaubensgemeinschaft der Mormonen aufwuchs, wurde in ihrer religiösen Überzeugung immer radikaler und vertrat irgendwann die Auffassung, mit Engeln kommunizieren zu können. 2018 traf sie Daybell, den Anführer einer radikalen Mormonensekte, die sich auf den Tag des jüngsten Gerichts vorbereitet, bei einer Tagung in Utah.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft spielten auch finanzielle Motive bei den Morden eine Rolle. Vallow wird schwerer Diebstahl vorgeworfen, da sie für ihre bereits verstorbenen Kinder Sozialleistungen erhielt. Daybell ist wegen Versicherungsbetrugs angeklagt.

Quelle: ntv.de, hny/AFP


Aus: "Krude Weltuntergangs-Überzeugung US-Gericht: Mutter des Mordes an ihren Kindern schuldig" (13.05.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/US-Gericht-Mutter-des-Mordes-an-ihren-Kindern-schuldig-article24120002.html

https://en.wikipedia.org/wiki/Murders_of_Tylee_Ryan_and_J._J._Vallow

Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Deutschland sorgen traditionelle Rollenbilder bei jungen Männern teils für eine hohe Akzeptanz von Gewalt in der Partnerschaft. Das geht aus einer bundesweit repräsentativen Studie der Organisation Plan International Deutschland hervor, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. 33 Prozent der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren gaben demnach an, es "akzeptabel" zu finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin gelegentlich "die Hand ausrutscht".

34 Prozent seien gegenüber Frauen sogar schon mal handgreiflich geworden, um ihnen Respekt einzuflößen, heißt es weiter. "Erschrocken" davon zeigte sich Karsten Kassner, Fachreferent des Bundesforums Männer, gegenüber den Funke-Zeitungen. "Problematisch ist, dass ein Drittel der befragten Männer Handgreiflichkeiten gegenüber Frauen verharmlosen. Das muss sich dringend ändern", sagte Kassner demnach.

Überdies äußerten die Befragten demzufolge eine hohe Abneigung gegen das öffentliche Zeigen von Homosexualität. 48 Prozent gaben an, dass sie sich davon "gestört" fühlen.

Aus der Studie geht den Funke-Zeitungen zufolge auch hervor, dass das Bild der traditionellen "Hausfrau" in den Köpfen vieler Männer verankert zu sein scheint: 52 Prozent der Befragten sähen ihre Rolle darin, genug Geld zu verdienen – sodass sich die Frau hauptsächlich um den Haushalt kümmern könne. Jeder zweite junge Mann möchte laut den Daten keine Beziehung mit einer Frau eingehen, wenn diese bereits viele Sexualpartner gehabt hat.

51 Prozent hätten zudem angegeben, dass sie schwach und angreifbar seien, wenn sie Gefühle zeigen würden, heißt es weiter. Dabei sagten 63 Prozent, dass sich manchmal traurig, einsam oder isoliert fühlen würden. "Die klassischen Rollenbilder sind eben doch noch in den Köpfen der Gesellschaft verankert", sagte Alexandra Tschacher, Sprecherin von Plan International Deutschland, den Funke-Zeitungen.

Viele Männer seien zwar grundsätzlich bereit, sich für mehr Gleichberechtigung und gegen Rollenklischees einzusetzen, würden dies aber nicht in konkrete Taten umsetzen, sagte Kassner demzufolge. Es sei auch Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen zu verändern. Ein gutes Beispiel sei die von der Bundesregierung geplante bezahlte Freistellung nach der Geburt für Väter.

Für die Umfrage wurden vom 9. bis zum 21. März bundesweit 1.000 Männer sowie 1.000 Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren mit einer standardisierten schriftlichen Online-Befragung befragt.


Aus: "Umfrage: Jeder dritte junge Mann findet Gewalt gegenüber Frauen "akzeptabel"" (11. Juni 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-06/umfrage-frauen-maenner-gewalt-homosexualitaet-plan-international-deutschland

QuoteDer Jo

Beste Vorausetzungen für die Ewiggestrigen Parteien; das sind ja dann die Einstellungen der

"Guten alten Zeit".

...


Quote
A.Grieger

Gruselig.


Quote
SportlicherGenußmensch

niemals hätte ich auch nur einen dieser werte so hoch geschätzt. wie viele armselige wichte es doch gibt...


QuoteVonKindernFernhalten

Mich wundert es nicht. Andrew Tate ist mit dem Konzept Millionär geworden. Er hat viele, sehr viele Anhänger und seine ,,Botschaften" verbreiten sich immer noch. ... Im Übrigen sind die Gründe für Gewalt gegen Frauen und Homophobie aus meiner Sicht die selben - ein geringes Selbstwertgefühl, das so laut wie möglich aufgeblasen wird. Und für Viele ist Gewalt der logische Weg - vor allem, wenn ,,erfolgreiche" Menschen es vorleben und ja, vielleicht haben die Botschaften der durchschnittlichen Rap-Songs da auch Einfluss.

Nicht zuletzt - hier müsste man sich tatsächlich auch die Herkunft ansehen. Wenn jemand in traditionellen patriarchalen Strukturen aufwächst, dann bringt mehr Erziehungsurlaub für Väter wenig - und auch der Ethikunterricht an der Schule.


QuoteFeery

Wundert mich überhaupt nicht. Denn abseits der eher linksliberalen (sozialen) Medien sieht die Realität genau so aus.


Quote
Colentina54

Unfassbar, das es so viele Männer sind, die Gewalt gegen Frauen richtig finden! Ich habe selbst Schläge in der Ehe erlebt. Mein (Ex-)Mann sah sich dazu berechtigt und zeigte keine Reue. Das war aber im letzten Jahrtausend.
Welche Erziehung durch die Mütter haben diese jungen Männer von heute genossen, dass sie sich immer noch Frauen überlegen fühlen und keine anderen Mittel kennen als Gewalt? Würde Ihnen bei einem Freund auch "die Hand ausrutschen"?


Quotej
jstawl

Wundert mich leider nicht wirklich. Insbesondere in Kreisen mit Migrationshintergrund und ! In rechten Kreisen scheinen Frauenrechte eher unter "Gedöns" zu laufen. Ein trauriges Bild unserer Gesellschaft


Quotegoldi53

Diese Zahlen können sollten die Gesellschaft sehr nachdenklich stimmen. Offensichtlich ist die Einstellung auch von jungen Menschen, nicht soviel anders als die der älteren Generation. Wobei ich zugeben muss, dass diese Zahlen für mich nicht nachvollziehbar sind. ...


Quote
heute789

Bevor man hier pauschal urteilt, wäre es interessant zu wissen, welche Fragen konkret gestellt wurden und welche Bevölkerungsgruppen beteiligt waren. Da ich in meinem gesamten Bekanntenkreis niemanden kenne, der Gewalt gegenüber Frauen befürwortet, halte ich das Ergebnis - zumal nur 1000 Personen befragt wurden - für keineswegs repräsentativ.


QuoteZirbelzalp

Wundert mich nicht.

,,Wie man mit denen laut Andrew Tate umgehen sollte? "Schlagen, schlagen, packen, würgen. Halt's Maul, Schlampe! Sex."

https://www.zeit.de/2023/18/maennerrechtsbewegung-antifeminismus-mannosphaere-red-pill


Quoteisabelle_ulrich

Das würde er bei mir nur einmal probieren.


Quote_.-._

An die, bei denen bei dem Begriff "toxische Männlichkeit" die Düse geht: Genau das ist sie:

"33 Prozent der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren gaben demnach an, es "akzeptabel" zu finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin gelegentlich "die Hand ausrutscht"."
"34 Prozent seien gegenüber Frauen sogar schon mal handgreiflich geworden, um ihnen Respekt einzuflößen"
"51 Prozent hätten zudem angegeben, dass sie schwach und angreifbar seien, wenn sie Gefühle zeigen würden, heißt es weiter. Dabei sagten 63 Prozent, dass sich manchmal traurig, einsam oder isoliert fühlen"

Der Begriff meint nicht das Männlichkeit allgemein toxisch wäre, sondern nur dass bestimmte Formen von Männlichkeit wo Gefühle und Unsicherheiten unterdrückt werden die sich dann in Gewalt entladen, toxisch sind.


QuoteAughves

Bei solchen Ergebnissen ist es immer recht spannend, welche Fragen mit welchen Antwortmöglichkeiten da genau gestellt wurden.


QuoteSnelgreb

Ohne Zahlen zu kulturellem Hintergrund und anderen Merkmalen, sind solche Umfragen ziemlich wertlos. "Junge Männer" ist ein weit gefasster Begriff. Ich denke wir wissen alle, was der Elefant im Raum ist.


QuoteShanti Müller

Viele Details fehlen hier, z. B. auch, wer macht überhaupt bei solchen Befragungen mit. ... Das ein sogenannter Migrations Hintergrund auch eine Rolle bei den Ergebnissen spielt ist möglich.


Quote100010011100000010013

Bei einer groben Migrantenquote von ca. 33 % unter Männern, könnte diese Umfrage ein Weckruf sein. Aber nein: Augen zu und durch!


QuoteAlles-eine-Frage-der-Perspektive

Es ist erschreckend, wie viele Kommentator*innen hier gleich wieder alles auf Muslime schieben und von "patriarchalisch geprägten" Kulturkreisen sprechen. Als wäre Deutschland ein Matriarchat. Als hätte noch nie ein Christ seine Frau geschlagen. Die "jungen Leute" bestehen eben nicht nur aus woken Genderaktivist*innen, auch wenn gern so getan wird. Konservative und frauenfeindliche Weltbilder gibt's in allen Gesellschaftsschichten. Man frage doch mal bei AFD-Anhängern, in abgelegenen Dörfern, die Studenten in Burschenschaften, die Söhne "aus guten Familien"....da gibt es mehr weißen Frauenhass als genug.


QuoteSimsalartist

Jungs, die 50er haben angerufen. Sie wollen ihr Rollenbild zurück haben.


QuoteStadthexlein

... Bitte in Zukunft den Link zur Studie mit veröffentlichen ...


QuoteTeacher_for_Future

30% - eine schlichte Zahl - und so viele Abgründe dahinter. ... Wer Gewalt ausübt, damit mehr "Respekt" da ist, ist aus meiner Sicht ein Idiot, sorry!  ... An alle Männer: Gebt Eure Schwächen zu. Erst dann seid ihr emotional starke Männer: Dann habt ihr so einen Scheiß nicht nötig!!


QuoteFeiner Kerl

Hier würde mich auch die cluster interessieren. Wie schneiden hier die Männer mit Wurzeln aus den neuen Bundesländern ab. Wie ist hier die Parteipräferenz verteilt, wie die Stadt-Land Verteilung. Gibt es Unterschiede zwischen direkten Migranten und denen der 1. Oder 2. Generation. Diese Frage stellt sich wenn es um doppelte Staatsbürgerschaft und dadurch um Wahlrecht.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Im Jahr 2022 gab es 157.550 Menschen, die von ihren Partnern angegriffen wurden – ganz überwiegend Frauen. Auch die Zahl der Sexualdelikte stieg stark an.

Es sind alarmierende und schockierende Zahlen: Die Fälle häuslicher Gewalt in Deutschland haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Wie die ,,Bild am Sonntag" (,,BamS") berichtet, registrierten die Behörden dem Bundeskriminalamts (BKA) 157.550 zufolge Fälle von Gewalt in Partnerschaften. Das entspricht im Schnitt 432 Fällen pro Tag.

Im Jahr 2021 waren es noch 144.044 Fälle gewesen, der Anstieg beträgt 9,4 Prozent. Rund 80 Prozent der Opfer waren demnach Frauen, 78 Prozent der Tatverdächtigen waren Männer. 40 Prozent der Täter waren Ex-Partner, 60 Prozent aktuelle Partner.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte ein strikteres Vorgehen bei Gewaltfällen in der Partnerschaft. ,,Gewalttäter dürfen nicht schnell wieder vom Radar verschwinden. Sie müssen nach dem ersten gewaltsamen Übergriff aus der Wohnung verwiesen werden", sagte Faeser der ,,BamS".

Dies müsse zudem konsequent kontrolliert werden, damit Täter nicht schnell wieder zurückkehren. ,,Jede Betroffene muss sich sicher fühlen können vor erneuter Gewalt", betonte sie.

Noch krasser sind die Zahlen bei Vergewaltigungen, sexueller Nötigung und bei sexuellen Übergriffen: Hier gab es einen Anstieg um 20 Prozent.

Faeser will deshalb das Bewusstsein in der Gesellschaft ändern: ,,Keine Frau darf sich schämen, Gewalttäter anzuzeigen. Wir müssen helfen, das Schweigen zu brechen. Gewalt an Frauen ist kein Frauenproblem (...) und darf nicht als privates Schicksal abgetan werden", sagte die Bundesinnenministerin.

Faeser, Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) Holger Münch stellen am Dienstag in Berlin das bundesweite Lagebild zum Thema häusliche Gewalt vor. (lem)


Aus: "Mehr als 430 Opfer pro Tag: Polizei meldet fast zehn Prozent mehr Fälle häuslicher Gewalt" (09.07.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-als-430-opfer-pro-tag-polizei-meldet-fast-zehn-prozent-mehr-falle-hauslicher-gewalt-10116358.html

QuotecontrolX
09.07.23 11:41

Es sind beängstigende Zahlen, die einen weiterhin sprachlos machen! Was ist nur in der Gesellschaft los in diesem Lande? Gewalt, Nötigung, sexuelle Übergriffe an Frauen und an Kindern, es geht durch alle Schichten der Gesellschaft, vom Sozialhilfeempfänger bis hin zum Bankdirektor und Manager. Gewalt an Frauen und hilflosen Personen ist salonfähig geworden. Es gibt keine Grenzen- und keine moralischen Schranken mehr, alles ist erlaubt. Unterdrückte Aggressionen wie Wut, Hass, Eifersucht usw. die Schleusen der Gewalt sind geöffnet! Corona hat offenbar noch den Rest gegeben, dass die Zahlen weiterhin in die Höhe schnellen und die Gewalt in Partnerschaften zugenommen hat. Frauen haben leider zu viel Angst den eigenen Partner polizeilich anzuzeigen, um nicht die Schraube der Gewalt weiterhin anzuheizen. Die Frauenhäuser in Deutschland sind zudem überfüllt, wohin Frauen mit ihren Kindern aus zerütteten Partnerschaften hin fliehen können.


QuoteAllenamensindvergeben
09.07.23 11:55

Im Prinzip muss ab den Kindergarten in regelmäßigen Abständen verpflichtend entsprechendes Programm geben. Anti Gewalt Training, immer wieder die eigene Männlichkeit und Rollenverständniss reflektieren, Konflikt und Streit Kultur üben, usw.


...

https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-07/haeusliche-gewalt-bka-statistik-frauen

Quotehappylotti

Würde mich mal interessieren, wie sich patriachale Denkmuster in der Gesellschaft in den letzten 30 Jahren entwickelt haben. Putin, Erdogan und Trump geben schon mal einen Vorgeschmack auf die Verharmlosung von ehelicher Gewalt und Selbstbestimmungsrechten für Frauen vom rechten und autokratischen Rand.


Quotena-also

Erschütterndes Bild unserer "Wohlstandsgesellschaft"; scheint in eine Prügelgesellschaft abzudriften. ...


Quotealemassi
vor 1 Stunde

Aus der kriminalistischen Auswertung des BKA 2021:

"Bei aufsteigender Sortierung der Altersklassen nimmt der prozentuale Anteil männlicher Tatverdächtiger sukzessive zu

21 J.: 67,1 %
21<25 J.: 74,0 %
25<30 J.: 77,9 %
30<40 J.: 79,0 %
40<50 J.: 81,0 %
50<60 J.: 82,3 %
ab 60 J.: 83,7 %"

"Bei 40,4 % der registrierten Tatverdächtigen handelte es sich um den ,,ehemaligen Partner""

Man sieht deutlich, dass das Problem in der Regel Männer sind. Nicht selten eifersüchtige Männer, die sich wohl noch "rächen" wollen. Aber die Probleme, die eine patriarchale Gesellschaft mit sich bringt, werden permanent bagatellisiert und verleugnet.

"Jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners."


QuoteHe_cate

In 6 von 7 Partner*innenschaften habe ich Gewalt erfahren, in 3en sogar körperliche. Mir ist wichtig zu betonen, dass es sich bei den Gewaltausübenden um weiße, deutsche Cis-Männer handelte, allesamt mit akademischem Abschluss, gut bezahltem Arbeitsverhältnis und aus stabilen Familienverhältnissen kommend. Sie alle waren der Ansicht, dass ich mich als Frau unterzuordnen und weniger Rechte und ganz bestimmte Pflichten habe. Die Gewalt habe ich erfahren, weil ich diese Rolle nicht akzeptiert und versucht habe, daraus auszubrechen oder meine vermeintliche Pflichten nicht zur Zufriedenheit dieser Männer erfüllt habe.

Es reicht also nicht, vielleicht Geld in sog. Schutzräume zu investieren - vor allem müssen sich die traditionellen Rollenbilder ändern und primär das hegemonial Männliche, was die Akzeptanz von Gewaltanwendung durch Männer schon mit sich bringt. Was aus meiner Sicht gar nicht mehr akzeptabel ist, ist von Frauen* zu erwarten, dass sie ihr Verhalten an diese Zustände anpassen. Bringt den Männern bei, sich respektvoll und emphatisch gegenüber allen Menschen zu verhalten. Menschenrechte gelten auch losgelöst vom Geschlecht.

Faesers Idee, btw, ist auch wieder so ein Ding - Betroffene werden von der Polizei oft nicht ernstgenommen, demnach bleibt diese tatenlos, nicht selten, bis es zu spät ist. Gerichte, die über Näherungs- und Kontaktverbote entscheiden sollen, handeln nicht weniger ignorant und passiv.


QuoteGEWALTistDUMMHEIT

An dieser Entwicklung sieht man, dass die Dummheit Deutschlands Bestand hat. Vor allem wäre hier Aggressionsbewältigung für viele Menschen wichtig. Zudem kommt, dass vielen Menschen anscheinend nicht bewusst ist, dass sich durch Gewalt kein positives Ergebnis herleiten lässt, schlechtestenfalls wird Gegengewalt erzeugt


QuoteMartin aus Wien

Der Staat hat hier eine Verantwortung:

,,Doch die Bundesregierung kann den Standard, der (...) vorgeschrieben ist, bei weitem nicht erfüllen. Rund 6.800 Frauenhaus-Plätze gibt es hierzulande, es fehlen - je nach Lesart - mindestens weitere 14.000."

https://amp.zdf.de/nachrichten/panorama/frauenhaus-gewalt-frauen-schutz-100.html


QuotePittigrill

Wundert es jemanden, wir machen weltweit derzeit einen Schritt nach dem anderen zurück in die Vergangenheit.

Die Rechten präferien die Frau als Hausfrau und "Gebärmaschine" verweigern ihnen die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, wollen Alleinerziehende von den Sozialleistungen ausgrenzen. ( siehe Parteiprogramm der AFD, Freie Wähler, NPD)

Im Iran werden Frauen, nur weil sie dem Patriachat nicht mehr gehorchen wollen brutal niedergeschlagen oder vergiftet ( Schülerinen), in Afghanistan werden Frauen wieder von Bildung ausgeschlossen, in den USA wird von der GOP alles gemacht um die Frauen in Abhängigkeiten ihrer Männer zuhalten, indem man ihnen das Recht auf ihren Körper verwehrt usw.

Im Internet verbreiten sich die Incels, die mit Vorliebe Frauen beleidigen und beschimpfen

Man bekommt den Eindruck, Frauen zu diskreditieren ist Gesellschaftsfähig geworden, siehe die Shitstorms gegen Politikerinen oder andere Frauen die sich für Klima, Gleichberechtigung usw. einsetzen


QuoteWilliam S. Christ

Viele Männer begründen ihr Handeln damit, dass sie sich Respekt verschaffen wollten.
Ich habe dazu eine glasklare Ansicht: wenn du Frauen schlagen musst, um Respekt zu bekommen, verdienst du keinen Respekt!


Quotelone wolf

Erschreckend. Was für armselige Würstchen sind diese "Männer", die meinen ihre Frauen schlagen zu dürfen?
Immer öfter, schäme ich mich für meine Geschlechtsgenossen.


...

Textaris(txt*bot)

#264
"Oberösterreich: Mann transportierte Leiche seiner Ehefrau im Kofferraum" (24. Juli 2023)
Die Leiche wurde bei einer Verkehrsanhaltung entdeckt. Die Frau ist vermutlich eines natürlichen Todes gestorben
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000180311/mann-transportierte-leiche-von-ehefrau-im-kofferraum


QuoteMountain Biker

... Holocaustleugnung, Corona Leugner, Verweigerer der Schulmedizin. ...


QuoteEr narrte die Polizei, furzte einen Beamten an: Impfgegner Florian O. (38) stand Mittwoch in Linz vor Gericht – zu Haftstrafe verurteilt.
Florian O. (38) ist einer der bekanntesten Impfgegner in Oberösterreich. Er organisierte Anti-Corona-Maßnahmen-Demos in Linz, betrieb einen eigenen Telegram-Schwurbler-Channel, stellte Videos auf YouTube online.
Als man Maske tragen musste, weigerte er sich. Weil: Er hatte ja ein Attest. Allerdings von einem Arzt ausgestellt, der seit 2015 gar nicht mehr praktiziert – bzw. nicht mehr praktizieren darf.


https://www.heute.at/s/impfgegner-38-furzte-polizisten-an-er-muss-in-haft-100196280

QuoteJasmin

Lach

https://www.heute.at/s/impfgegner-38-furzte-polizisten-an-er-muss-in-haft-100196280#story_comments

Quotet. quispel

Unabhängig davon, dass hier erwachsene Menschen wirklich auf einen ganz verfehlten Weg gekommen sind, empfinde ich großes Mitgefühl für alle fünf Mitglieder dieser Familie und mag mir die große Verzweiflung, Trauer, Einsamkeit aller Beteiligten gar nicht vorstellen müssen. Hämische Kommentare finde ich völlig unangebracht.


QuoteRagnar76

Schon wieder ein polizeibekannter, abermals in Oberösterreich aus dem rechten Milieu. ...


Quotemaitri

Ich glaub der ist gar nicht wirklich rechts, sondern einfach nur psychisch krank.


Quote1Bauer

Ich kann mir jetzt schon die Reaktion der Szene und seiner Fans vorstellen:
-warum wird das so breitgetreten
-alles inszeniert
-er hat doch recht
-schuld sind die Medien
Kurz gesagt, die suchen sich aus seinen Aussagen was ihnen passt, verleugnen alles andere und Schuld sind sowiso die Politiker/Medien/grauen Emminenzen/Asylanten


QuoteSteirerbub1

Die Szene teilt dies:

Der bekannte Linzer Demoorganisator Florian O. wurde wegen seines Engagements gegen die menschenrechtswidrigen Coronamaßnahmen massiv behördlich drangsaliert und verfolgt. Wegen an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen bereits früher inhaftiert, wollte O. keine weitere drohende Haftstrafe wegen eines neuerdings streng verfolgten NS-Vergleichs absitzen und war seit längerem untergetaucht. Nun tauchte er bei einer angeblichen Routinekontrolle wieder auf – mit seinen drei Kindern auf der Rückbank und der Leiche seiner Frau im Kofferraum. Die Headlines sind an Hass und Häme kaum zu überbieten. Die für derbe, tendenziöse Formulierungen bekannten OÖN titelten gleich "Bekannter Linzer Coronaleugner hatte Leiche seiner Frau im Auto". Ob O. die Existenz des Virus jemals geleugnet hat, ist unklar, doch rund um das Todesdrama noch nachzutreten, zeigt die Verkommenheit der heimischen Medienlandschaft. An dieser Stelle müssen wir auf Basis der uns zu Ohren gekommenen Aussagen aus dem Freundeskreis mutmaßen: Tatsächlich dürfte seine Frau schon längere Zeit schwer gegen ein Krebsleiden angekämpft haben. Diesen Kampf verlor sie wohl gestern, Sonntag. Ob ihr flüchtiger Ehemann anwesend war oder hinzugerufen wurde, ist unklar. Was dann geschah, wird wohl als irrationale Reaktion in einer Ausnahmesituation zu verbuchen sein. ...
https://report24.news/hass-und-haeme-im-mainstream-ueber-todesdrama-fluechtiger-linzer-demoorganisator-festgenommen/


QuoteFerdl2k

Ein esoterischer Nazi und dem Laufen zig Tausende nach.
Hoffentlich haben die Kinder nicht zu viel Schaden genommen.


...

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Quote[...] Linz – Dass er mit seiner toten Ehefrau im Kofferraum unterwegs war, hat für den Organisator von Linzer Corona-Demos keine juristischen Konsequenzen. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, berichtete das "Oö. Volksblatt" am Donnerstag. Reinhard Huemer-Steiner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz, bestätigte das gegenüber der APA. Die Frau sei eines natürlichen Todes gestorben, und die Tatbestände der unterlassenen Hilfeleistung und der Störung der Totenruhe seien nicht vorgelegen.

Der 39-jährige Maßnahmengegner war vor einem Monat vom Landesgericht Linz wegen Holocaustleugnung zu drei Monaten bedingt verurteilt worden, weil er auf Social Media Ausgangsbeschränkungen und Impfpflicht mit der Judenverfolgung verglichen hatte. Es handelte sich dabei um eine Zusatzstrafe zu einer früheren Verurteilung.

Der Prozess gegen ihn hatte mit etlichen Monaten Verspätung stattgefunden. Denn er war im August des Vorjahres nicht zu seinem Prozess erschienen und anschließend untergetaucht. Als er von der Polizei geschnappt wurde, hatte er die Leiche seiner wenige Stunden zuvor an einer unbehandelten Krebserkrankung verstorbenen Frau im Auto, auch die drei Kinder des Paares saßen im Wagen. (APA, 14.12.2023)


Aus: "Frauenleiche im Kofferraum: Ermittlungen gegen Corona-Demo-Organisator eingestellt" (14. Dezember 2023)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000199607/frauenleiche-im-kofferraum-ermittlungen-gegen-coronademo-organisator-eingestellt

QuoteReh im Wunderland

Ich möchte mich hierzu nicht äussern es steht mir nicht zu und niemand kennt die wirklichen Bewegründe für sein handeln. Möge der Familie geholfen werden.


QuoteLev 26:14-41

Diese ganze Geschichte kann sich doch keiner ausdenken.


QuoteGatolion

Wie lange darf mit einer Leiche im Kofferraum herum gefahren werden?


Quotefrau.1.stein

Es ist keine Störung der Totenruhe, wenn man den verstorbenen Ehepartner in den Kofferraum packt und herum fährt?
Jetzt bin ich überrascht.


QuoteRobert Bernstich

Die Störung der Totenruhe umfasst zum einen die Mißhandlung / Verunehrung von Leiche oder Asche, zum anderen den "Diebstahl" von Leiche / Asche. Da der Witwer in diesem Fall der Verfügungsberechtigte war (die Leichte also nicht "gestohlen" hat), liegt keine Störung der Totenruhe vor.
Allerdings natürlich mehrere Verstöße gegen das Bestattergesetz (Leichentransport im Privat-PKW etc.), das ein Landesgesetz ist. Wird hier aber offenbar nicht weiter verfolgt.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bei einem Schusswaffenangriff im US-Bundesstaat Maine sind mehr als 20 Menschen getötet worden. "Wir haben 22 bestätigte Tote und viele, viele Verletzte", sagte ein Mitglied des Stadtrats von Lewiston, Robert McCarthy, dem Sender CNN. Der US-Sender berichtete unter Berufung auf mehrere Polizeiquellen von 50 bis 60 Verletzten. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür bisher nicht.

Das Krankenhaus in Lewiston sprach von "zahlreichen Opfern". Es arbeite mit umliegenden Krankenhäusern zusammen, um alle Patienten aufzunehmen. Die Polizeibehörden der Stadt Lewiston und des dortigen Androscoggin County teilten mit, sie seien mit Hunderten Beamten im Einsatz.

Der mutmaßliche Täter, der noch auf der Flucht ist, hatte den Angaben nach zunächst in einem Bowlingcenter und später in einem Restaurant das Feuer eröffnet. Die Polizei veröffentlichte Bilder einer Überwachungskamera, die einen Mann mit vorgehaltenem Gewehr zeigten. Sein Auto soll CNN zufolge mittlerweile gefunden worden sein.

Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich laut den Behörden um den 40-jährigen Robert C. Die Polizei teilte mit, er sei bewaffnet und gefährlich. C. sei Schusswaffenausbilder und Reservist der U.S. Army, zitierten mehrere Medien aus einer internen Notiz der Staatspolizei von Maine. Im Sommer soll er demnach zwei Wochen in einer psychiatrischen Einrichtung verbracht und davon gesprochen haben, Stimmen zu hören.

Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, in ihren Häusern zu bleiben und nicht auf die Straße zu gehen. Geschäften und Restaurants wurde geraten, zu schließen. Auch Schulen sollten geschlossen bleiben. "Bitte suchen Sie weiterhin Schutz oder bringen Sie sich in Sicherheit", hieß es in einer Mitteilung der Schulbehörde.

McCarthy sagte, die Krankenhäuser in der kleinen Stadt seien nicht dafür ausgelegt, mit einer Lage wie dieser fertig zu werden – "sie tun, was sie können". Die Lage sei surreal. "Es ist einfach so unwirklich", sagte McCarthy. "Man sieht es in den Nachrichten und sagt sich, dass das hier nie passieren wird. Und dann passiert es hier und es haut dich einfach um."

Aus dem Weißen Haus hieß es, US-Präsident Joe Biden sei über den Vorfall unterrichtet worden und werde auf dem Laufenden gehalten. Er habe mit der Gouverneurin von Maine, Janet Mills, telefoniert, wie auch mit Kongressmitgliedern aus dem Bundesstaat, und habe die volle Unterstützung des Bundes nach dem "schrecklichen Anschlag" angeboten.

Lewiston hat rund 37.000 Einwohner, gehört zum Androscoggin County und liegt etwa 56 Kilometer nördlich von Portland, der größten Stadt Maines. Der Bürgermeister von Lewiston, Carl Sheline, teilte mit, er sei erschüttert über den Vorfall. "Lewiston ist bekannt für seine Stärke und seinen Mut und wir werden beides in den kommenden Tagen brauchen."


Aus: "Mindestens 22 Tote bei Schusswaffenangriff in Maine – Schütze flüchtig" (26. Oktober 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-10/usa-maine-schusswaffenangriff-tote-verletzte

QuoteBALOG

Im Sommer soll er demnach zwei Wochen in einer psychiatrischen Einrichtung verbracht und davon gesprochen haben, Stimmen zu hören.

Ich möchte nicht in der Haut der Psychologen/Psychiater stecken, die ihn haben ziehen lassen. Aber ja, die inneren Stimmen haben keine Lautsprecher. Schwierig, eine gute Gefahrenprognose zu stellen.
Dazu die Möglichkeit, sich der USA leicht Waffen zu beschaffen. Ein ausgebildeter Soldat, der Amok läuft.

Mir tun die vielen Opfer, Verletzten, Angehörigen leid. Eine verrückte Tat. Ich hoffe, sie findet schnell ein Ende.


QuoteKing Tut

Mein Beileid an die Angehörigen der Opfer


QuoteWilliam S. Christ

Man muss es leider mit einem Schulterzucken so sagen: aha, der übliche, regelmäßige Amoklauf in den USA.
Ich weiß, das klingt jetzt böse und zynisch und man wird mir entgegen halten, es seien doch Menschen gestorben, schrecklich.

Aber ganz ehrlich: ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich genau solche Meldungen schon in irgendeiner Variante gelesen habe.

...


QuoteAnguiriel

Thoughts & Prayers...


Quote
Kommentator1990

Das Recht auf Waffenbesitz ist vielen Amerikanern wichtiger als die Sicherheit vor solchen Menschen. Schlussendlich hat man sich mit den Konsequenzen arrangiert.


Quotealliance1979

Es ist einfach nur gruselig. Noch gruseliger dürfte wohl der Umstand sein, dass die Lösung für viele am Ende lauten wird, noch mehr Waffen unter das Volks zu bringen. Damit diese sich besser verteidigen können. ...


QuoteHanseat01

Und wieder wird die NRA argumentieren:"Nur gute Menschen mit Waffen können schlechte Menschen mit Waffen stoppen". Man fragt sich, wann es denn in der Vergangenheit diesen guten Menschen mit Waffen jemals gelungen ist, solche Taten zu Verhindern. Wenn überhaupt, dann konnte man bestenfalls die Folgen einer solchen Tat begrenzen.


QuoteDer andere Gott

Die Fälle schaffen es nicht in die deutschen Medien.


QuoteMagnus Nufer

Das Waffenrecht ist nicht die Ursache dieser Probleme. Andere Länder haben auch ein liberales Waffenrecht.

Die Ursache ist m. E. eher eine verbreitete Mentalität des individualistischen und egozentrischen "Stand your ground", des ständigen Wettbewerbs und einer Vegötterung von eigener Stärke und Waffen, die wichtiger sind als das Leben anderer Menschen.

Diese Mentalität wird man nur schwer ändern können, und solange sie existiert, bleibt zur Symptombekämpfung nur eine Verschärfung des Waffenrechts. Aber dazu wird es nicht kommen.


Quoteisserley

Interessant. Nach lesen des Artikels habe ich über mögliche kommtare nachgedacht. Was ich schreiben könnte, was wohl von anderen geschrieben wird.
Es ist tatsächlich alles gesagt.

Jeder kennt das Problem, jeder kennt die Lösungsansätze ...


Quote
Rabottiker

Ich erinnere mich noch an das Massaker an der Columbine-High-School in Colorado, ich meine es war 1999. Damals ein Schock für mich und meine Generation.
Heutzutage nehme ich solche Massaker nur noch wahr, sogar ohne Achselzucken. Wie sehr man sich doch an sowas gewöhnen kann, Wahnsinn!

Ohne zu verklärend nostalgisch werden zu wollen, manchmal vermisse ich die 90er Jahre.


QuoteMr Green

Es sollten Waffen aus Armeebeständen an die örtliche Bevölkerung verteilt werden. Dann haben die Guten wieder die Übermacht. Schließlich sind die Woken Schuld wenn diese sich aus woken Gründen nicht bewaffnen. Problem gelöst.

Satireaus.


QuoteTaranis

Ein Blick in die Kommentarspalte offenbart die übliche Reaktion deutscher Kommentatoren. Es wird einhellig über die Waffengesetze gesprochen bzw. teils pietätlos gelästert, aber keiner stellt die Frage, was in einer Gesellschaft schief läuft, dass sie so viele Menschen produziert, die glauben es wäre akzeptabel Unbeteiligte aus Frust über die eigenen Probleme zu töten. Völlig egal ob dieser feige Mord nun mit einer Schusswaffe, einem LKW, Feuer legen, Sprengstoff oder vergiftetem Trinkwasser passiert.

Hauptsache man hat sich selbst als moralisch überlegen positioniert, indem man sich über Waffengesetze äußert. Als ob Menschen, die Mord akzeptabel finden, dann keine Waffen kaufen, weil sie illegal sind. Es ist immer wieder die gleiche Debatte über Symptome, ohne auch nur an den Ursachen zu kratzen.


QuoteFeistus Raclettus

Nach Logik der NRA wäre das Geschehen anders verlaufen, wenn alle bewaffnet gewesen wären. Dann hätte sich jeder verteidigen können. Auf jeden schießen, der bewaffnet ist, könnte ja der Angreifer sein....

Danach wäre Totenstille.


QuoteWuerther

Ich frage mich, ob es irgendwo eine "Schmerzgrenze an Toten" gibt, ab der die US-Amerikaner über das Thema Schusswaffenerwerb und - Besitz nachdenken ? Da es vermutlich keine gibt, sollte zumindest auf den Grabsteinen stehen "ich starb, weil es ein Grundrecht auf Waffenbesitz gibt".


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Acht Monate nach den tödlichen Messerattacken von Duisburg ist ein Islamist dafür zur Höchststrafe verurteilt worden. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht verurteilte den 27-Jährigen wegen Mordes und vierfachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere seiner Schuld fest, was eine Entlassung nach 15 Jahren Mindesthaftdauer praktisch ausschließt. Zudem verhängte es die anschließende Sicherungsverwahrung.

Der Täter hatte in der Nacht des 9. April in Duisburg auf der Straße einen 35-jährigen Mann mit mindestens 28 Messerstichen getötet. Neun Tage später stach er dann in einem Duisburger Fitnessstudio vier Besucher mit einem Messer nieder und verletzte sie schwer.

Der Mann hatte die Taten gestanden. "Ich wollte so viele Menschen wie möglich töten", sagte er. "Ich wollte noch mehr Taten begehen, bis ich getötet werde, damit ich als Märtyrer sterbe." Eine Vertreterin der Bundesanwaltschaft sagte, der Syrer habe keinerlei Reue und kein Mitgefühl gezeigt und habe weitere Straftaten angekündigt. Er sei der Losung der Terrorgruppe "Islamischer Staat" gefolgt, die gesamte Welt zu einem Kriegsschauplatz zu machen.

Das Urteil nahm der 27-Jährige regungslos hin. Noch am Tag vor dem Urteil hatte er im Prozess erneut das Wort ergriffen und gesagt: "Sie können richten, was und wie sie wollen. Das ist nur das Leben hier im Diesseits. Wir hoffen darauf, dass Gott uns ins Paradies bringt", sagte er.

Die Nebenklage argumentiert vor Gericht, die Gleichgültigkeit des Täters sei für die Opfer und ihre Familien schockierend gewesen. Der Verteidiger hatte keinen Antrag gestellt: "Mein Mandant hat nicht mit mir gesprochen. Am ersten Tag konnte ich ihn noch bremsen, aber dann hat er eine Einlassung abgegeben, die noch über den Inhalt der Anklage hinausging", sagte der Jurist.


Aus: "IS-Anhänger wegen Duisburger Messerattacken zu Höchststrafe verurteilt" (19. Dezember 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-12/duisburg-messerattacke-is-anhaenger-urteil-lebenslang

QuoteMadeleine1

So eine verwirrte Seele.


QuoteCornelPanic

Mein persönliches Gerechtigkeitsempfinden (und ja, zugegeben, auch das Rachegefühl) ist befriedigt, dennoch lässt mich das Verhalten wie auch die Verblendung des Angeklagten ratlos zurück. Den Opfern und Angehörigen wünsche ich viel Kraft.


Quote
Chrysostoma

Ich warte seit Jahren auf die Äußerungen führender konservativer moslemischer Theologen, nämlich dahingehend, dass, wer wegen Mordes getötet wird, kein Märtyrer ist, sondern wegen Mordes in der Hölle landet.

Das würde solchem Spuk schnell ein Ende bereiten.
Mein Mitgefühl den Betroffenen und ihren Familien und Freunden.


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] An einer Hochschule in der Prager Innenstadt sind bei einem Schusswaffenangriff mindestens 14 Menschen getötet und 25 verletzt worden. Das teilte die tschechische Polizei mit, die zunächst von 15 Toten gesprochen hatte. Auch der Schütze sei tot, sagte Polizeipräsident Martin Vondrasek mit.

Man gehe davon aus, dass es sich um einen Studenten der Hochschule handele, der kurz zuvor seinen Vater ermordet habe und deswegen gesucht worden sei. Die formelle Identifikation stehe aber noch aus. Der mutmaßliche Täter habe sich wahrscheinlich von Amokläufen im Ausland inspirieren lassen.

Es dürfte der schlimmste Schusswaffenangriff in der Geschichte der seit 1993 unabhängigen Tschechischen Republik sein. Nach ersten Informationen wurden mindestens neun Menschen schwer bis lebensgefährlich verletzt. Der tschechische Innenminister Vit Rakusan sagte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen CT, es gebe keine Hinweise auf einen zweiten Schützen oder auf einen terroristischen Hintergrund. Rakusan rief die Bevölkerung dennoch auf, den Anweisungen der Polizei zu folgen.

Nach ersten Informationen soll es zu dem Vorfall an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität am Jan-Palach-Platz gekommen sein. Dort werden Geisteswissenschaften unterrichtet. Wie der Fernsehsender Nova berichtete, soll sich der Schütze zuletzt auf dem Dach des Fakultätsgebäudes aufgehalten haben. Auch eine Explosion sei demnach zu hören gewesen.

Studenten und Mitarbeiter der Universität teilten in den sozialen Medien mit, dass sie sich in Hörsälen und Büros verbarrikadiert hätten. Andere kletterten aus dem Fenster und stellten sich auf den Dachsims, um sich vor dem Schützen zu verbergen. Die Studenten und Hochschulmitarbeiter wurden bis zum frühen Abend aus dem Gebäude gebracht.

Die Menschen sollten nun nach und nach aus dem Gebäude gebracht werden. Der Rettungsdienst schickte mehrere Rettungswagen, Notärzte und einen Großraumrettungswagen zum Einsatzort. Auf Fotos war zu sehen, wie Studenten das Gebäude mit erhobenen Armen verlassen.

Der Jan-Palach-Platz befindet sich nur wenige 100 Meter von der Karlsbrücke entfernt, dem an der Moldau gelegenen Wahrzeichen der Stadt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot in der Innenstadt. Sie rief die Menschen auf, die Gegend weiträumig zu meiden. Anwohner sollten nicht aus dem Haus gehen.

Prags Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda sprach von einer "Tragödie". Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sagte er: "Das Schlimmste daran ist, dass diese Dinge nicht zu verhindern sind." Viele dächten, so etwas könne nur in den USA passieren, weil viele dort bewaffnet seien. Es zeige sich, dass dem nicht so sei.

Tschechiens Präsident Petr Pavel sprach den Angehörigen der Getöteten sein Beileid aus. Er dankte den Bürgern über die Onlineplattform X dafür, dass sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte gefolgt seien. Wie das Büro des Staatsoberhaupts mitteilte, brach Pavel seinen derzeitigen Frankreich-Besuch ab, um vorzeitig nach Tschechien zurückzukehren.

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach den Familien und den Freunden der Opfer ihr Mitgefühl aus. "Der Anschlag mitten in Prag trifft Europa im Herzen. Wir sind in Trauer", schrieb die Grünen-Politikerin auf X.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf X, die Nachricht über die tödlichen Schüsse habe ihn zutiefst erschüttert. "Ich bekunde meine Solidarität mit den Opfern, den Verletzten und ihren Angehörigen sowie mit dem tschechischen Volk und den tschechischen Behörden."

Die Karls-Universität wurde 1348 gegründet und zählt damit zu den ältesten europäischen Universitäten. Sie hat insgesamt rund 49.500 Studentinnen und Studenten. Davon studieren rund 8.000 an der Philosophischen Fakultät – Fächer wie Germanistik, Slawistik oder Geschichtswissenschaften.


Aus: "Bewaffneter tötet 14 Menschen an Hochschule in der Prager Innenstadt" (21. Dezember 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-12/prag-schuesse-universitaet-polizei-tote

QuoteBudHill

Mein Gedanken sind bei all den direkten und indirekten betroffenen Personen und deren Nächsten. ...


Quote
Dei

Unschuldige Menschen wurden aus dem Leben gerissen. Mein aufrichtiges Mitgefühl an die Angehörigen und Bekannten der Opfer und den Verletzten gute Genesung.


QuotePaul Freyburger

Er hat zuvor seinen Vater ermordet. Er schrieb auf Telegramm, dass er alle hasse und ihn alle hassen. Er wolle möglichst viel Schmerz anrichten. Dabei hat er für seine Bakkalaureatsarbeit [unterster akademischer Grad (in Österreich, England und Nordamerika)] dieses Jahr eine Auszeichnung bekommen. Die Tat hat er angekündigt.

Das klingt für mich als Laien nach einer Persönlichkeitsstörung oder Wahn.

Es geschah um 15.05. Er hat auch auf den Platz oder die Straße geschossen.

Quellen: zpravy seznam.cz

Da man solche Menschen, die sich abkapseln, nur schwer erkennt, sollte man das Waffenrecht verschärfen. Jeder Massenmord dient wieder anderen Gestörten als Vorbild, weil die Medien darüber berichten müssen.


Quotestefanincello

Mein Beileid allen Angehörigen der Opfer. Was anderes fällt mir leider nicht ein. Traurig, dass es immer wieder Menschen gibt, die den Hass, den sie auf sich selbst haben, auf anderen, unschuldigen ausleben.


QuoteGive Peace Every Chance

Das sehen sie falsch - solche Amokläufer, hassen nicht sich selbst, sondern immer nur die anderen, die sie vermeintlich nicht an ihrem erstrebenswerten Leben teilhaben lassen


QuoteKay-Ner
Antwort auf @Paul Freyburger

Es gibt da wohl keine Definition, die für alle Täter passt.
Von frühen Krankheiten bis Ego Kränkungen, verschiedene Personen verschiedensten Alters greifen zu Waffen und morden.

Manchmal gings nur darum, dass man die Maskenpflicht angesprochen hat.

Vernichtungswille gegenüber Menschen, ist m.E. nicht rational greifbar und inkludiert mehr Brutalität als wir Beobachter mit diesen simplen Begriffen umfassen können.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] ITZEHOE taz | Es war eine Tat, die Schleswig-Holstein erschütterte: Am 25. Januar 2023 stach ein damals 33-jähriger Mann in einem Regionalzug auf Mitreisende ein, tötete zwei Jugendliche und verletzte vier weitere Personen schwer. Seit Juli wird gegen den Mann, der die Angriffe zugibt, verhandelt. Im politischen Raum steht die Frage, ob es durch bessere Zusammenarbeit der Behörden oder andere Maßnahmen möglich gewesen wäre, die Tat zu verhindern.

Vor Gericht geht es vor allem darum, ob der Mann damals unter einer psychischen Krankheit litt oder nicht. Dazu sagten am Montag vor dem Landgericht Itzehoe nun zwei Ärzte aus, die Ibrahim A. vor der Tat während seiner Untersuchungshaft behandelt hatten. Es ging um die Frage, in welchem Zustand er sich damals befunden hatte.

Er habe den Teufel gehört, sagte Ibrahim A. demnach einer Bediensteten im Gefängnis Billwerder – dort saß der Staatenlose, der aus Palästina stammt, für fast ein Jahr in Untersuchungshaft. Entlassen wurde er im Januar 2023, nur wenige Tage vor der Tat im Zug.

Einer der Mediziner, der drogensüchtige Gefangene mit Methadon versorgt, berichtete ebenfalls davon, dass A. von einem ,,bösen Teufel" erzählt habe. Aber bei Nachfragen habe es Widersprüchlichkeiten gegeben. ,,Die Symptome waren sehr wechselhaft. Ich habe den Psychiater nicht beneidet", sagte er.

Dieser Psychiater ist Oberarzt des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf (UKE), der regelmäßig psychisch auffällige Insassen des Gefängnisses behandelt. Ihm gegenüber leugnete A., Stimmen gehört zu haben. Dafür klagte er über ständige Klopfgeräusche, die der Psychiater als akustische Halluzinationen interpretierte.

Zudem stellte er ,,Auffälligkeiten im Gefühlsleben" fest: Teils sei A. distanzlos gewesen, teils bei ernsten Themen unangemessen fröhlich, habe manchmal ,,fratzenartig" gelächelt. Einmal habe A. von Folter durch die Hamas und dem Tod von Familienangehörigen gesprochen, was auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hindeuten könnte. ,,Darüber wollte er aber nicht sprechen, das ist bei dieser Störung ungewöhnlich", sagte der Zeuge.

Bei einem Treffen habe A. erzählt, er sei traurig, weil seine Mutter gerade gestorben sei – später erfuhr der Psychiater, dass dieser Todesfall lange zurücklag. Einmal beschuldigte er Ärzte und Personal, sie hätten ihn durch die Zellentür beschimpft. Immer wieder wurde A. aggressiv.

Ein klares Bild ergab sich aus diesen Details nicht: ,,Psychotisches Syndrom, Verdacht auf PTBS, Drogenabhängigkeit, emotional impulsive Persönlichkeitsstörung, möglicherweise eine komplexere Psychose oder Schizophrenie", fasste der Psychiater zusammen. Eine abschließende Diagnose stellte er nicht: ,,Ich dachte, ich sehe ihn noch, ich hatte Folgetermine vereinbart."

Aber A. wurde unerwartet entlassen – ein Gericht verfügte, dass die U-Haft bereits zu lang gedauert hatte. Es gab keine Vorbereitung, keine Klärung, wohin der obdachlose A. nun gehen könnte. Zuständig war für ihn die Ausländerbehörde in Kiel. Dort war nicht einmal bekannt, dass A. in Hamburg im Gefängnis saß.

Um seine Papiere auf den neuesten Stand zu bringen, fuhr A. nach Kiel, wurde dort von einer Behörde zur nächsten geschickt. Bevor er sich auf den Rückweg nach Hamburg machte, stahl er ein Messer in einem Supermarkt. Damit stach er brutal und offenbar wahllos auf Mitreisende ein. Auf dem Bahnhof von Brokstedt wurde er überwältigt. Eine junge Frau und ihr Freund starben sofort. Eine schwer Verletzte beging später Selbstmord.

Hätte die Tat verhindert werden können, wenn die Behörden besser zusammengearbeitet hätten? Direkt nach dem Vorfall wurden diverse Maßnahmen diskutiert, darunter Waffenverbotszonen an Bahnhöfen und Zügen sowie Bodycams für Zugbegleiter.

Der Hamburger Senat schuf die Funktion von ,,Übergangscoaches" für Untersuchungsgefangene, die seit Anfang 2024 arbeiten. Diese Hilfe sei einmalig in der Bundesrepublik, sagt Justiz-Senatorin Anna Gallina (Grüne): ,,Wir verbessern so die psychologische Versorgung in der Untersuchungshaft."

Auch in Schleswig-Holstein gebe es mehr Mittel für Opferversorgung und psychosoziale Versorgung für Straftäter, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) zum Jahrestag der Tat. Doch es bleibe beim ,,Klein-Klein", kritisierte der FDP-Landtagsabgeordnete Bernd Buchholz. Der Informationsaustausch zwischen den Behörden habe sich nicht verbessert.

Während der Aussagen der Ärzte und der detaillierten Nachfragen des Gerichts starrte Ibrahim A. vor sich hin, gähnte, wischte über die Tischplatte. Neben ihm saß ein Dolmetscher, der die Verhandlung übersetzte, doch unklar blieb, ob die Worte A. überhaupt erreichen, ob sie ihn interessieren.

Seit neun Monaten läuft der Prozess in einem gesicherten Saal im Industriegebiet, er wird voraussichtlich noch bis mindestens Mitte Mail fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hält A. für schuldfähig. Ein psychiatrischer Gutachter begleitet das Verfahren. Er fragte die Zeugen unter anderem nach den Folgen eines abrupten Methadon-Entzugs.


Aus: "Prozess um Angriff von Brokstedt: Ein ,,böser Teufel" im Kopf" Esther Geisslinger (9.4.2024)
Quelle: https://taz.de/Prozess-um-Angriff-von-Brokstedt/!6000464/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ein junger Mann nimmt eine 29-jährige Frau über zwei Tage als Geisel und vergewaltigt sie mehrfach. Befreit wird sie schließlich von Spezialkräften. Jetzt ist der lange Prozess in Kiel geendet. Die Vorwürfe wiegen schwer. Verhandelt wurden auch weitere Straftaten des Angeklagten.

Wegen Geiselnahme in einem besonders schweren Fall, mehreren Vergewaltigungen, Freiheitsberaubung und Körperverletzung hat das Landgericht Kiel einen 27-Jährigen zu zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich ordnete die Kammer am Nachmittag Sicherungsverwahrung für den in Kiel lebenden Deutschen an. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im September 2023 eine damals 29-Jährige in einem Hangar auf dem ehemaligen Gelände des Marinefliegergeschwaders 5 in Kiel festgehalten hat. Die Frau war von Spezialkräften der Polizei befreit worden.

Doch die Liste der Straftaten, denen sich der Mann nach Auffassung des Gerichtes schuldig gemacht hat, ging über die Entführung hinaus. Und so dauerte auch die Schilderung der Taten und die Urteilsbegründung vor dem Landgericht Kiel fast zwei Stunden. Nachdem der Prozess zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden war, ließ das Gericht am letzten Tag Zuhörerinnen und Zuhörer zu. Es gebe ein erhöhtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Worpenberg.

Er schilderte die Straftaten, die der Angeklagte an zwei Frauen begangen hat. 2017 hatte er eine Beziehung mit einer Frau, die er durch ständige Kontrolle und Verbote bedrängte, sie mehrfach schlug und in einem Fall vergewaltigte.

Weitaus schwerer wogen noch die Taten, denen sich der Angeklagte gegenüber einer weiteren Frau im Jahr 2023 schuldig machte. Per Whatsapp machte er dieser immer wieder Vorwürfe, überwachte sie, forderte, sie solle alle Kontakte zu anderen Männern abbrechen und nicht mehr in Clubs gehen. Und er kündigte aggressive Reaktionen in Fällen von Fehlverhalten an. Aus diesen Chats las der Richter immer wieder vor. Sie seien eine Fundgrube bei der Aufarbeitung der Fälle, sagte er.

Den Worten aus den Chats ließ der Angeklagte Taten folgen, schlug die Frau und peitschte sie mit einem Gürtel aus, sperrte sie in der Wohnung ein. Als sie in Hamburg zu einer Tanzveranstaltung ging, passte er sie auf dem Rückweg ab, schlug mit einem Cricketschläger auf sie ein und brachte sie dann mit schweren Brüchen und Prellungen in die Notaufnahme eines Krankenhauses.

Am 10. September 2023 nahm er die Frau schließlich nachts mit vorgehaltenem Messer vor ihrer Wohnung in Rendsburg als Geisel, zwang sie in ein Taxi und fuhr mit ihr zum Gelände des früheren Marinefliegergeschwaders 5 (MFG5), das er aus seiner Zeit bei einer Security-Firma kannte. Laut Urteilsbegründung des Richters ging er mit ihr zu Hangar 94, hatte Kabelbinder dabei und fesselte die Frau damit in einem Raum an eine Heizung. Dort vergewaltigte er sie demnach insgesamt zehn Mal, darunter zweimal besonders schwer, als er sie mit dem Messer bedrohte.

Als er am 12. September das Gebäude verließ, um Essen zu holen, gelang es der Frau, sich zu befreien und in einem Container zu verstecken. Mit ihrem Handy setzte sie einen Notruf ab, Spezialkräfte der Polizei spürten sie auf und nahmen den Täter fest. Seit dem 13. September 2023 sitzt er in Untersuchungshaft. Vor Gericht hatte der Angeklagte ein Geständnis abgelegt, das er am 27. September, als das Urteil schon gesprochen werden sollte, zunächst widerrief. Vor kurzem hatte er diesen Widerruf dann zurückgenommen.

Ein Sachverständiger im Prozess hatte beim Angeklagten psychopathische Züge entdeckt und eine "narzisstische Person mit herabgesetzter Impulskontrolle" diagnostiziert, der es an Einfühlungsvermögen fehle. Der Angeklagte sei schnell kränkbar und hoch manipulativ.

Vor allem psychisch instabile Frauen seien durch ihn erheblich gefährdet, sagte der Richter. Der Angeklagte habe einen Hang dazu, solche Frauen zu unterdrücken und zu verfolgen. Wegen dieser erheblichen Gefahr habe man die Sicherungsverwahrung angeordnet. "Wir hoffen, dass Sie den Weg in eine Therapie finden", sagte der Richter zum Schluss zum Angeklagten.

Innerhalb einer Woche kann der Angeklagte jetzt Revision gegen das Urteil einlegen. "Das ist ein relativ hohes Strafmaß, das hatte sich aber angedeutet", sagte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Philip Storjohann. Sicherungsverwahrung werde gegen nicht Vorbestrafte nur sehr selten verhängt. Sein Mandant solle das Urteil jetzt sacken lassen und dann überlegen, ob er Revision einlegen will.

Quelle: ntv.de, vme/dpa


Aus: "Sicherungsverwahrung angeordnet 27-jähriger Geiselnehmer zu langer Haftstrafe verurteilt" (12.11.2024)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/27-jaehriger-Geiselnehmer-zu-langer-Haftstrafe-verurteilt-article25356673.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Im Wahn erstach er seinen Nachbarn und verletzte dessen Ehefrau und Tochter schwer. Die Anzeichen für eine schwere Schizophrenie häuften sich beim Beschuldigten schon lange.

,,Voller Warnzeichen" sei die Vorgeschichte des 55-Jährigen gewesen, der Anfang des Jahres im Wahn seinen Nachbarn erstochen und dessen Ehefrau und Tochter schwer verletzt hat. Am dritten Verhandlungstag vor dem Ulmer Landgericht berichtete ein psychiatrischer Sachverständiger über die Lebensgeschichte des Beschuldigten - bis sein Verfolgungswahn und die Stimmen im Kopf in der brutalen Bluttat auf dem Ulmer Eselsberg eskalierten.

Bereits 2003 habe der Beschuldigte an einer schweren depressiven Episode gelitten, sei aus den Krankenakten zu vernehmen. Und immer wieder sei er im Laufe der Jahre in stationärer Behandlung gewesen. Später wurde eine schizophrene Störung diagnostiziert, weshalb er unter anderem Antidepressiva verschrieben bekam. ,,Ein Strauß an Diagnosen" sei ihm über die Jahre attestiert worden, merkte der Gutachter an.

Der heute 55-Jährige soll an Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit gelitten haben, was für eine Depression spreche, erklärte der Psychiater. Daneben habe er den Arztberichten zufolge auch Symptome einer Schizophrenie gezeigt: unter anderem zählen dazu etwa Verfolgungswahn und Halluzinationen.

Vor Gericht hatte der Beschuldigte zudem angegeben, sich vor Jahren eine schwere Beinverletzung zugezogen zu haben, die ihn bis heute einschränke und zu ständigen Schmerzen in der Wirbelsäule führe. ,,Das könnte eine Erklärung für seinen jahrelangen Schmerzmittelgebrauch und -missbrauch sein", so der Sachverständige. Neben vom Arzt verschriebenen Medikamenten soll er sich zudem Morphium auf dem Schwarzmarkt besorgt haben. Immer und immer wieder.

Die gewisse Unstetigkeit scheint sich durch das Leben des 55-Jährigen, nicht erst seit der Trennung von seiner Frau, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat. Der Ursprung seiner psychischen Erkrankung könnte in seiner Heimat, dem Iran, liegen. 1996 sei er mit seiner Familie von dort aus nach Deutschland geflüchtet, um dem ,,intoleranten, theokratischen System" des Mullah-Regimes zu entkommen, wie der Sachverständige in seiner Bewertung zusammenfasste.

Gegen das dort herrschende Regime habe sich der Beschuldigte immer wieder strikt ausgesprochen. Und eben diese Kritik an der Religion, aber vor allem auch gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) habe dann während seiner Krankheitsgeschichte schließlich Einzug in seinen Wahn gefunden. Die gefühlte Panik manifestierte sich in seinen Gedanken.

Schon vor der Tat im März dieses Jahres soll er unter ständiger Paranoia gelitten haben, so der Sachverständige. ,,Er hat Stimmen gehört, Geister gesehen und Angst gehabt, dass seine Nachbarn ihn umbringen."

Spätestens 2023, also 20 Jahre nach der ersten Behandlung, hatten sich die psychischen Probleme des Mannes manifestiert. Seinerzeit wurde eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Immer wieder bezog sich der Verfolgungswahn konkret auf seine Nachbarschaft.

Auch die Nachbarsfamilie, auf die er an jenem Märzabend schließlich einstach, war seinem Glauben nach Mitglied des IS. Sie sollen seinen Sohn umgebracht haben. ,,Er war wahnhaft davon überzeugt, für den Tod seines Sohnes Rache nehmen zu müssen", so der Sachverständige zur Tat. Ihm war in Wirklichkeit aber nie etwas zugestoßen.

Die Tatwaffe, ein Jagdmesser mit einer Klingenlänge von zehn Zentimetern, habe er sich vor der Tat besorgt - zunächst offenbar zur Selbstverteidigung. An jenem Abend habe er sich mit dem Messer selbst verletzt und den Notruf gewählt. ,,Er wollte seinem Sohn in die andere Welt folgen", so der Psychiater.

Dann stürmte er in die Wohnung der Familie, stach auf Mutter, Vater und Tochter ein und provozierte nach seiner Flucht auf die Straße einen Schuss der Polizei, den er verletzt überlebte.

Zum Tatzeitpunkt sei er vollkommen im Wahn gewesen und habe deshalb keine Einsichtsfähigkeit über sein Handeln gehabt, erklärte der Sachverständige. Auch Tage nach der Tat soll er bedauert haben, nicht erfolgreich gewesen zu sein und nicht alle Familienmitglieder getötet zu haben.

In der Psychiatrie, wo er auch aktuell untergebracht ist, sei er schließlich medikamentös eingestellt worden. Die Symptome schwanden nach und nach. ,,Er hat seine Haltung zur Tat komplett geändert und bedauert, was passiert ist", erinnert sich der Sachverständige an die Gespräche mit dem Beschuldigten.

Eine Gefahr gehe im aktuellen Zustand von ihm nicht mehr aus. Vor Gericht räumte er die Tat am ersten Prozesstag vollumfänglich ein - auch, wenn er sich nach eigener Aussage nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern konnte.

Trotzdem warnte der Sachverständige in seinem Bericht, dass der Mann in unbehandeltem Zustand jederzeit wieder einen Rückfall erleiden könnte und zu einer Gewalttat fähig sei. Die dauerhafte Sicherstellung der Medikation sei deshalb immens wichtig.

Die Staatsanwaltschaft erachtet den Mann wegen seiner psychischen Erkrankung zum Tatzeitpunkt als schuldunfähig. Er soll deshalb in eier Psychiatrie untergebracht werden. Ein Urteil im Sicherungsverfahren soll spätestens Mitte Dezember fallen.


Aus: "Messer-Angriff auf dem Eselsberg: Etliche Warnsignale: Wie aus Wahn eine brutale Bluttat wurde" Philip Hertle (23.11.2024)
Quelle: https://www.schwaebische.de/regional/ulm-alb-donau/ulm/etliche-warnsignale-wie-aus-wahn-eine-brutale-bluttat-wurde-3098462

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Quote[...] Im April wurde ein Arzt nach Dienstschluss vor der Klinik, in der er arbeitete, erstochen. Nun ist der Prozess gegen den Täter zu Ende gegangen - mit einem sehr emotionalen Statement.

Traunstein - ,,Es war nur der Wahn, der diese Tat erklärbar macht", sagt der Vorsitzende Richter Volker Ziegler. Einen anderen Grund für den ,,Mord, heimtückisch begangen" gebe es nicht.

Das Landgericht Traunstein hat den Mann, der im April einen Arzt vor einer Klinik in Wasserburg am Inn erstochen hat, zur Unterbringung in einer Psychiatrie verurteilt.

Der Beschuldigte hatte nicht bestritten, den Psychiater aus der Klinik, in der er selbst zuvor auch Patient war, getötet zu haben. Er bedauere seine Tat und wolle sich ,,von ganzem Herzen entschuldigen, aber es gab keinen anderen Ausweg", hatte er in seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung gesagt.

Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gehen davon aus, dass er wegen einer schweren paranoiden Schizophrenie infolge jahrelangen Drogenmissbrauchs schuldunfähig ist. Er habe in seinem Wahn gedacht, in der Klinik werde das Essen für die Patienten vergiftet und dagegen müsse er etwas tun.

Dass es sich bei dem zur Tatzeit 40 Jahre alten, psychisch kranken Mann um den Täter handle, sei zweifelsfrei erwiesen, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer und sprach von einem ,,Heimtücke-Mord". Der Verteidiger des Mannes teilte diese Einschätzung und schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft ,,vollumfassend" an.

Der Beschuldigte soll einen 64 Jahre alten Oberarzt, als dieser nach Dienstschluss auf dem Weg zu seinem Auto war, mit einem Küchenmesser erstochen haben. Er soll die ,,Wahnvorstellung" gehabt haben, ,,dass Gift in die Nahrung gemischt würde".

Bevor der Staatsanwalt mit seinem Plädoyer begann, richtete sich die Tochter des Getöteten, die als Nebenklägerin in dem Verfahren auftritt, mit zitternder Stimme und bewegenden Worten an den Mann, der ihren Vater getötet haben soll. ,,Du hast unseren Papa umgebracht und uns dadurch den Boden unter den Füßen weggerissen", sagte sie. ,,Ich wünsche mir von Herzen, dass Du eines Tages begreifst, was Du getan und angerichtet hast."

Auch die beiden Anwälte der Kinder des Getöteten schlossen sich der Staatsanwaltschaft weitgehend an und forderten die Unterbringung des Beschuldigten in der Psychiatrie: ,,Er ist für die Allgemeinheit gefährlich und wird es wohl auch noch viele Jahre sein." Der Vertreter der Schwester des Mediziners stellte dagegen die Schuldunfähigkeit des Beschuldigten infrage und sprach sich für eine lebenslange Freiheitsstrafe aus.

Der Beschuldigte selbst sagte, er sei mit der Unterbringung in der Psychiatrie ,,einverstanden, um mich therapieren zu lassen". Er sei gesundheitlich sehr angeschlagen: ,,Das Gift drückt auf den Kopf" und er werde ,,bald in Straubing in der Forensik sterben".

dpa


Aus: "Bayern: ,,Es war nur der Wahn" - Urteil nach Mord an Arzt" (19.11.2024)
Quelle: https://www.merkur.de/bayern/es-war-nur-der-wahn-urteil-nach-mord-an-arzt-zr-93420301.html


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Quote[...] Berlin. Der Fall nimmt eine größere Dimension an als zunächst gedacht: Ein bereits inhaftierter Berliner Palliativmediziner soll mindestens acht Menschen getötet haben – doppelt so viele wie zunächst angenommen. Davon geht die Staatsanwaltschaft Berlin inzwischen aus und ermittelt wegen Mordes, wie Behördensprecher Sebastian Büchner mitteilte.

Zuvor wurden Unterlagen von weiteren Patienten des Arztes ausgewertet sowie zwei weitere Leichen ausgegraben und von der Gerichtsmedizin untersucht. Danach geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 40-Jährige auch für den Tod von zwei Frauen im Alter von 70 und 61 Jahren sowie von zwei 70 und 83 Jahre alten Männern verantwortlich ist. Er soll den Betroffenen jeweils ein ,,Gemisch verschiedener Medikamente" verabreicht haben.

Der Mediziner sitzt seit Anfang August in Untersuchungshaft. Ursprünglich stand er im Verdacht, vier Patientinnen im Alter zwischen 72 und 94 Jahren in deren Wohnungen getötet zu haben. Anschließend soll er dort Feuer gelegt haben, um die Taten zu vertuschen. Die Ermittlungen erfolgten zunächst wegen Totschlags und Brandstiftung.

Inzwischen geht die Staatsanwaltschaft jedoch von Mord aus. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen soll der Beschuldigte kein anderes Motiv als das der Tötung der Opfer gehabt haben, wie Sprecher Büchner mitteilte. Damit sei das Mordmerkmal der ,,Mordlust" erfüllt.

Der Haftbefehl gegen den Mediziner ist laut Staatsanwaltschaft von einem Ermittlungsrichter entsprechend erweitert worden. Der 40-Jährige hat sich laut Büchner bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Bereits nach der Verhaftung des Mannes im Sommer hieß es, es werde geprüft, ob es weitere mögliche Taten gebe. Auch jetzt dauert die Prüfung an, ob es Anhaltspunkte für weitere Taten gibt, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Dafür sei bereits vor einigen Wochen eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet worden.

Der Mediziner soll die Taten im Rahmen seiner Tätigkeit für einen Pflegedienst begangen haben. Palliativärzte begleiten schwerstkranke Menschen, um deren Schmerzen zu lindern. Die betroffenen Patienten befanden sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft zum Tatzeitpunkt nicht in einer akuten Sterbephase. Zunächst ging es um vier Fälle im Zeitraum von 11. Juni und 24. Juli 2024.

Im Rahmen weiterer Ermittlungen stießen Polizei und Staatsanwaltschaft dann auf vier weitere Fälle, die Fragen aufwarfen. Um diese zu klären, erfolgte in zwei Fällen eine Exhumierung der Leichen. Man spricht von einer Exhumierung, wenn das Grab eines Verstorbenen nach der Bestattung geöffnet und der Leichnam freigelegt wird.

Unter anderem aufgrund der Ergebnisse von gerichtsmedizinischen Untersuchungen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Arzt auch für den Tod einer 70-Jährigen am 24. Juni 2022 in Berlin-Tempelhof verantwortlich ist. Dieser Patientin soll er ein Medikamenten-Gemisch verabreicht und anschließend ein Feuer gelegt haben, um die Tat zu vertuschen.

Im Januar 2024 soll er dann einem 70-Jährigen in Neukölln ,,ein tödliches Gemisch verschiedener Medikamente ohne medizinische Indikation hierfür verabreicht haben, um den Geschädigten zu töten", so die Staatsanwaltschaft. Am 4. April soll er in Schöneberg eine 61 Jahre alte Patientin auf die gleiche Weise in ihrer Wohnung getötet haben.

Ende April soll der Arzt dann in einem Hospiz der DRK-Kliniken Köpenick einen 83-Jährigen mit einem Medikamenten-Mix getötet haben. Von der Einrichtung hieß es, Beschäftigte hätten den Mediziner im Sommer in den Medienberichten über dessen Verhaftung erkannt. Die Polizei sei sofort informiert worden, teilte eine Sprecherin mit. ,,Seitdem arbeiten wir eng mit allen ermittelnden Behörden zusammen."

Ausgelöst wurden die Ermittlungen seinerzeit durch die Brände, die der Mediziner gelegt haben soll, um die Tötung der Patienten zu verdecken. Die Polizei ermittelte zunächst wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Dabei geriet dann zunehmend der Arzt in den Fokus. Dazu beigetragen haben laut Staatsanwaltschaft Hinweise des Pflegedienstes, für den der Beschuldigte gearbeitet hat.

Mitarbeiter des Pflegedienstes hatten sich im Sommer nach Bekanntwerden der Vorwürfe zutiefst erschüttert gezeigt. Der gesamte Sachverhalt sei für sie unbegreiflich, teilte die Geschäftsführung Anfang August mit. Die vollständige Aufklärung habe Priorität, hieß es damals. ,,Wir kooperieren bestmöglich mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft."

Aus Sicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz ist es in der ambulanten Pflege und Medizin schwierig, solche Fälle aufzudecken. ,,Denn Krankheit und Tod gehören zum Alltag", erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. ,,Täter frühzeitig am Muster zu erkennen, ist im mobilen Bereich sehr eingeschränkt möglich. Selbst Künstliche Intelligenz versagt, da es keine standardisierte Digitalisierung der Medikamentenabgabe und der Einsatzzeiten gibt", erklärte Brysch. Wichtig sei es, in allen Ländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften und zentrale Ermittlungsgruppen für Delikte in Pflege und Medizin einzurichten.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Todesfälle in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen, die für Schlagzeilen sorgten. Im Jahr 2007 wurde eine ehemalige Krankenschwester der Berliner Charité wegen fünffachen Mordes an schwer kranken Patienten zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Frau brachte ihre Opfer mit Medikamenten um.

Eine Mordserie in Niedersachsen dürfte die wohl größte der deutschen Nachkriegsgeschichte sein: Ex-Pfleger Niels Högel wurde 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Motiv für die Taten blieb unklar. Es sei ihm um die ,,Gier nach Spannung" gegangen, so das Gericht damals. Zuvor war Högel bereits wegen weiterer Morde verurteilt worden.

RND/dpa/nis


Aus: "Berliner Arzt soll mindestens acht Patienten getötet haben" (28.11.2024)
Quelle: https://www.rnd.de/panorama/berliner-arzt-soll-mindestens-acht-menschen-getoetet-haben-SLJMULD7CZF23NR5U4JQXE5B3E.html