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[Notizen zur Pressefreiheit... ]

Started by Textaris(txt*bot), May 13, 2006, 06:42:32 PM

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Textaris(txt*bot)

#210
Quote[...] Istanbul. Kurz vor dem EU-Türkei-Gipfel zur Flüchtlingskrise ist die größte Oppositionszeitung des Landes auf Regierungslinie gebracht worden. Die Zeitung ,,Zaman" erschien am Sonntag mit einem Foto von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf der Titelseite. Die Website war in ihrer bisherigen Form nicht mehr abrufbar. Stattdessen war zu lesen, bald werde es ,,noch qualitativere und objektivere" Berichterstattung geben. Am Freitagabend hatten Polizisten das Redaktionsgebäude von ,,Zaman" in Istanbul gestürmt. Sie gingen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor, die sich vor dem Haus versammelt hatten. ...


Aus: ",,Ende der Pressefreiheit": Türkische Polizei stürmt regierungskritische Zeitung" (07.03.16)
http://www.otz.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Ende-der-Pressefreiheit-Tuerkische-Polizei-stuermt-regierungskritische-Zeitung-447889954

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Quote[...] Nach der regierungskritischen Zeitung Zaman ist in der Türkei auch die mit dem Blatt eng verbundene Nachrichtenagentur Cihan unter staatliche Zwangsaufsicht gestellt worden. Dies bestätigte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Cihanmeldete am Montagabend, das Istanbuler Gericht habe dieselben Treuhänder wie bei Zaman ernannt. Der Schritt erfolgte während des EU-Gipfels mit der Türkei zur Flüchtlingskrise in Brüssel.

Zaman, die bislang größte Oppositionszeitung der Türkei, und Cihangehören beide zum Medienkonzern Feza Gazetecilik, der der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen nahesteht. Der im US-Exil lebende Gülen war einst Verbündeter des heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, überwarf sich aber mit ihm. Gülens Hizmet-Bewegung wurde in der Türkei zur Terrororganisation erklärt.

Anadolumeldete, Feza Gazetecilik werde beschuldigt, die "Gülenistische Terrororganisation" zu unterstützen. Erdoğan wirft Gülen vor, Parallelstrukturen im Staat geschaffen zu haben, um ihn zu stürzen. Richter mit Sondervollmachten hatten Zaman und das englischsprachige Schwesterblatt Today's Zaman am Freitag unter Aufsicht einer staatlichen Treuhandverwaltung gestellt; in der Nacht zu Samstag stürmte die Polizei daraufhin die Redaktion von Zaman, die danach auf Regierungslinie einschwenkte. Die Maßnahme wurde international als erneute Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei kritisiert.

Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu verwies mehrfach darauf, dass es sich um eine Entscheidung der Justiz und nicht seiner islamisch-konservativen Regierung gehandelt habe – zuletzt beim Gipfel in Brüssel. Es gehe um Vorwürfe der Geldwäsche und Verschwörung; Meinungsfreiheit sei ein "Grundwert" der türkischen Demokratie. Weder er noch seine Regierung hätten darauf Einfluss gehabt, sagte Davutoğlu weiter.

In der Brüsseler Gipfelerklärung fand sich keine Kritik der 28 EU-Staats- und Regierungschefs an den Maßnahmen. Die Situation der Medien in dem Land, sei mit dem türkischen Regierungschef diskutiert worden, hieß es darin.

Cihan beschäftigt nach eigenen Angaben rund 600 Mitarbeiter. Die Agentur verbreitet Texte, Fotos und Videos.


Aus: "Pressefreiheit: Türkei stellt Nachrichtenagentur Cihan unter Zwangsaufsicht" (8. März 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-03/tuerkei-pressefreiheit-cihan-unter-zwangsverwaltung-zaman

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Quote[...] Ich erhielt Warnungen. Türkische Staatsanwälte, die der Regierung und ihrer Einflussnahme auf die Justiz kritisch gegenüberstehen, sagten mir: Wenn ich im Land bliebe, sei denkbar, dass ich unter einem Vorwand angeklagt würde. Etwa wegen "Unterstützung einer terroristischen Organisation" oder wegen "Präsidentenbeleidigung". Das sind in der Türkei übliche Beschuldigungen gegen Journalisten, die den Mächtigen zu kritisch sind. Nur richteten sie sich bisher vor allem gegen einheimische Journalisten.

... Türkische Journalisten müssen schon lange mit Einschränkungen leben. Der Staat beschäftigt eigens Beamte, die Zeitungen daraufhin prüfen, ob sie Beleidigungen des Präsidenten enthalten. Dabei handelt es sich um eine Straftat. Die Zeitungen, die dem Oppositionslager zugerechnet werden, müssen täglich Exemplare bei den Kontrolleuren abliefern.

Irgendwann beginnt die Selbstzensur. Was kann man noch schreiben, mit wem darf man noch reden? Manager, Politiker, selbst aus der Regierungspartei AKP, Künstler, Schriftsteller, einfache Bürger - sie alle verweigern Gespräche mit Journalisten mit dem Hinweis: "Sie wissen ja, man kann nicht offen reden. Wer weiß, was passiert, wenn herauskommt, dass ich mit Ihnen gesprochen habe."
Seit Erdogans islamistische AKP die Wahl vor einem Jahr zunächst verloren hat und sich daraufhin der Kurdenkonflikt im Osten des Landes wieder verstärkte, ist die Stimmung im Land noch autoritärer geworden. Parteilokale der pro-kurdischen HDP wurden von AKP-Anhängern gestürmt, aber auch die Redaktion des Massenblatts "Hürriyet".

Schließlich wurden die bekannten Journalisten Can Dündar und Erdem Gül, der eine "Cumhuriyet"-Chefredakteur, der andere Ankara-Büroleiter der Zeitung, wegen "Unterstützung von Terroristen" angeklagt. Als das Verfassungsgericht sie freiließ, stellte Erdogan die Legitimität des höchsten Gerichts infrage. Darauf ließ die Regierung die oft regierungskritische "Zaman", immerhin eine der auflagenstärksten Zeitungen des Landes, unter staatliche Aufsicht stellen.

Es sind schwere Zeiten für türkische Journalisten. Und, wie mich mein eigener Fall lehrt, zunehmend auch für ausländische Korrespondenten.

Was blüht der Türkei als nächstes? Nach dem Bombenanschlag von Ankara am Sonntag, zu dem sich die kurdische Splittergruppe "Freiheitsfalken Kurdistans" bekannt hat, kündigte Erdogan an, mit "eiserner Faust" gegen Terroristen vorzugehen.

Der Begriff Terrorist soll nach seiner Vorstellung künftig aber weiter gefasst werden: "Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit diese an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt kein Unterschied", sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge. "Nur weil jemand einen Titel wie Abgeordneter, Akademiker, Journalist oder Leiter einer Nichtregierungsorganisation trägt, ändert das nichts an der Tatsache, dass diese Person eigentlich ein Terrorist ist."

Ich wollte als Journalist stets ein ausgewogenes Bild beschreiben. Ich bin in den vergangenen Monaten in den Südosten der Türkei gereist, wo der Staat erklärtermaßen gegen Terroristen der PKK kämpft, die alle paar Tage Anschläge verüben.

Dort traf ich aber auch auf eine Zivilbevölkerung, die leidet. Ausgangssperren machen den Menschen das Leben schwer. Tage-, manchmal wochenlang müssen sie in ihren Häusern ausharren und können nur unter Lebensgefahr Lebensmittel besorgen. Doch spricht man mit den Einheimischen, zitiert sie gar, setzt man sich bereits dem Vorwurf der Behörden aus, "Terroristen" zu unterstützen.

Ich wollte deshalb auch mit dem türkischen Militär sprechen, die Soldaten in den umkämpften Gebieten treffen, um ihre Sicht der Dinge zu verstehen. Keine einzige Anfrage, sie begleiten zu dürfen, wurde genehmigt. Ich wollte mit Regierungspolitikern sprechen und Erdogan interviewen. Meine Bitten wurden meist nicht einmal beantwortet. Man hat also, so offenbar die Vorstellung der Regierung, in ihrem Sinne zu berichten, ohne mit ihr sprechen zu dürfen.

... Es gibt viel Lobenswertes zu berichten, dazu gehört insbesondere auch, was die Türkei für die Flüchtlinge aus Syrien leistet. Ich halte deshalb nichts von Forderungen, der Türkei wegen ihrer Angriffe auf die Pressefreiheit, auch wegen meines eigenen Falles, die finanzielle Unterstützung Europas zu verweigern. Warum sollen Flüchtlinge ausbaden, dass die Türkei ein kritikwürdiges Verständnis von Pressefreiheit hat? Kritisieren kann man höchstens, dass die EU versucht, sich mit einem fragwürdigen Deal von ihrer Verantwortung freizukaufen.

Als meine Familie und ich am Atatürk-Flughafen in Istanbul ankommen, sind wir besorgt. Der Beamte an der Passkontrolle sieht sich unsere Pässe an, sieht, dass wir keine gültige Aufenthaltsgenehmigung besitzen, aber eine neue ordnungsgemäß beantragt haben. Er blättert in den Dokumenten, während ich nervös zum Diplomaten hinüberschaue, der sich im Hintergrund aufhält.

Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, reicht der Beamte uns die Papiere zurück. Er nickt. Wir sind raus aus der Türkei.


Aus: "Hasnain Kazim über die Türkei: Ein schmerzlicher Abschied" (19.03.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-hasnain-kazim-ueber-pressefreiheit-unter-recep-tayyip-erdogan-a-1082965.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Freiheit der Medien wurde im vergangenen Jahr weltweit eingeschränkt. Das geht aus einem Bericht der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor. "Journalisten und unabhängige Medien stehen weltweit unter zunehmendem Druck", teilte die Organisation mit.

"Viele Staatsführer reagieren geradezu paranoid auf legitime Kritik durch unabhängige Journalisten", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. "Wenn sich selbstherrliche Präsidenten und Regierungen per Gesetz jeder Kritik entziehen, fördert das Selbstzensur und erstickt jede politische Diskussion."

Der Bericht kritisiert insbesondere die Situation in der Türkei und in Polen. In der Türkei würden Nachrichtensperren verhängt, Redaktionen überfallen, ausländische Reporter festgenommen und kritische Journalisten mit Klagen überzogen. Regierung und Justiz gingen auch angesichts des wieder ausgebrochenen Kurdenkonflikts massiv gegen kritische Medien vor, heißt es in dem ROG-Bericht. Das Land kommt in dem weltweiten Vergleich zwischen 180 Staaten auf Rang 151, was im Vergleich zu 2015 eine Verschlechterung um zwei Plätze bedeutet.

Auch die Situation in Polen sieht ROG kritisch. Die rechtskonservative Regierung schränke die Eigenständigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien ein und übe Druck auf private Zeitungen und Sender aus. Polen rutscht daher in der Rangliste um 29 Plätze ab und landet auf Rang 47.

Deutschland büßt in dem Ranking, das auf einer weltweiten Befragung Hunderter Journalisten, Wissenschaftler, Juristen und Menschenrechtsaktivisten basiert und sich vor allem auf das Jahr 2015 bezieht, vier Plätze ein und kommt auf Platz 16. Dies sei "eine Folge der stark gestiegenen Zahl von Anfeindungen, Drohungen und gewalttätigen Übergriffen gegen Journalisten", teilte ROG mit. 2015 hätten Gewalt und Anfeindungen bis hin zu Todesdrohungen gegen Journalisten "massiv zugenommen". Laut ROG gab es mindestens 39 gewaltsame Übergriffe gegen Journalisten, die meisten davon bei Demonstrationen der ausländer- und islamfeindlichen Pegida-Bewegung und ihren Ablegern sowie bei Kundgebungen Rechtsradikaler oder bei Gegenveranstaltungen.

Am besten ist die Lage der Pressefreiheit dem Ranking zufolge in Finnland, den Niederlanden und Norwegen. Schlusslicht ist das ostafrikanische Eritrea, hinter Nordkorea, Turkmenistan und dem Bürgerkriegsland Syrien.

Quotedie see #27

Der Titel sollte so sein:

"Alarmierend! Deutschland fällt im Ranking der Reporter ohne Grenzen, ihr Platz hat sich um 33 % verschlechtert."

Aufmachung sollte dann so sein:

"2015 haben Gewalt und Anfeindungen bis hin zu Todesdrohungen gegen Journalisten "massiv zugenommen". Laut ROG gab es mindestens 39 gewaltsame Übergriffe gegen Journalisten, die meisten davon bei Demonstrationen der ausländer- und islamfeindlichen Kundgebungen."

Damit hätte die heutige Zeit mehr Verantwortung übernommen. Der Fokus sollte doch erst einmal selbstkritisch ausgerichtet sein.

Die Türken und die Polen, darf man auch gerne morgen erwähnen, nicht wahr?


Quotegibbons #4

Ob den meisten eigentlich klar ist, das Reporter ohne Grenzen den großen US-Amerikanischen Denkfabriken gehört? George Soros, Mitglied beim council foreign relations (CFR) und der international crisis group (ICG).
RoG veröffentlicht das, was im Interesse der USA und der NATO steht. Derzeit steht im Interesse Europa zu destabilisieren. Flüchtlinge, instabile Regierungen (polen) und nun die Pressefreiheit.
Ist alles über Wikipedia nachvollziehbar.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reporter_ohne_Grenzen#Organisation_und_Finanzierung


QuotePressepodex #19

Ich würde Pressefreiheit aber nicht nur als Frage der den Journalisten vom Staat gewährten Handlungsspielräume auffassen. Mindestens ebenso wichtig ist meiner Ansicht nach die Frage, wie weit die politische Grundrichtung journalistischer Berichterstattung repräsentativ für das Meinungsbild der Bevölkerung ist, oder wie weit Journalisten selbst geneigt sind, die jeweilige Regierungsmeinung zu hinterfragen.
Mangelnde Pressefreiheit gibt es nämlich nicht nur in repressiver Hinsicht von oben nach unten. Es wäre schön, wenn "Reporter ohne Grenzen" ihr Blickfeld nächstes Mal etwas weiter fassen könnten.


QuoteRiegel Otto4 #20

"Viele Staatsführer reagieren geradezu paranoid auf legitime Kritik durch unabhängige Journalisten"
Wer legt fest, wer oder was paranoid ist? Wer legt fest, was legitim ist und was nicht?
Natürlich ist die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Menschenrechte in vielen Ländern sehr verbesserungswürdig. Aber solche Artikel sind der an sich sehr sinnvollen Sache eher hinderlich. Sachlichkeit sollte das Gebot der Stunde, und das gilt für alle politischen Diskussionen, sein.


...


Aus: "Pressefreiheit: Reporter ohne Grenzen kritisiert Türkei und Polen" (20. April 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-04/reporter-ohne-grenzen-pressefreiheit-medien-verschlechterung


Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Warum braucht ein Staatsanwalt einerseits fünfeinhalb Jahre, um Anklage gegen ein Rüstungsunternehmen zu erheben, und versucht andererseits, innerhalb kürzester Zeit mit enormem Aufwand ein Strafverfahren wegen eines Filmes herbeizuziehen?" – diese Frage stellt zu Recht der Anwalt des Rüstungsforschers und Friedensaktivisten Jürgen Grässlin, der gemeinsam mit anderen in der preisgekrönten Dokumentation Meister des Todes die illegale Ausfuhr von Heckler-&-Koch-Sturmgewehren nach Mexiko aufdeckte.

Anfang dieser Woche machte Reporter ohne Grenzen anlässlich des Tages der Pressefreiheit auf deren beklagenswerten Zustand in vielen Teilen der Welt aufmerksam. Auf einer Weltkarte, die die Freiheit der Presse in aller Welt illustriert, ist Deutschland neben den skandinavischen Ländern als einer der wenigen Staaten gekennzeichnet, denen eine gute Lage der Pressefreiheit attestiert wird.

Dies mag relativ gesehen zu Ländern wie Afghanistan, Irak, Russland und Mexiko, in denen investigative JournalistInnen um Leib und Leben fürchten müssen, der Fall sein. Auch gegenüber der Türkei und Ungarn heben sich deutsche Verhältnisse wohltuend ab. Dennoch ist auch der deutsche Staat gegen den Virus der Repression gegen unliebsame Berichterstatter nicht immun. Immer wieder kommt es zu Einschüchterungsversuchen, insbesondere in den als sensibel erachteten Bereichen von sogenannter innerer und äußerer Sicherheit. Davon zeugt das Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats im Zusammenhang mit netzpolitik.org von letztem Sommer, ebenso wie die nicht ganz so bekannt gewordenen Versuche, gegen Journalisten der Süddeutschen Zeitung wegen ähnlicher Vorgänge zu ermitteln.

Und jetzt der Auftritt der Staatsanwaltschaft München im Zusammenhang mit den Enthüllungen zu Heckler & Kochs Exportpraxis. Die Aufnahme der Ermittlungen gegen die Filmemacher mutet, gelinde gesagt, absurd an. Denn die Strafverfolger wenden den höchst umstrittenen Paragrafen 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuches an, nach dem die Veröffentlichung von Anklageschrift oder anderen amtlichen Schriftstücken eines Verfahrens unter Strafe gestellt ist. Diese immer wieder kritisierte Vorschrift auf genau diejenigen Rechercheure anzuwenden, die ihrerseits über Jahre hinweg versucht haben, mit eigenen Untersuchungen die Staatsanwaltschaft Stuttgart dazu zu bewegen, gegen die Waffenhändler von Heckler & Koch tätig zu werden, ist nichts anderes als ein billiger Versuch der Einschüchterung von aufrechten Journalisten.

Wolf-Dieter Vogel, gegen den in München ermittelt wird, lieferte mit seinen Recherchen weitere Vorwürfe gegen die Waffendealer. Er hat in Mexiko herausgefunden, dass die Heckler-&-Koch-Sturmgewehre nicht nur an den korrupten und gewalttätigen mexikanischen Polizeiapparat geliefert, sondern – Überraschung, Überraschung – auch eingesetzt wurden. Dies soll beim schlimmsten mexikanischen Massaker der jüngsten Zeit, das an den 43 Studenten von Ayotzinapa im September 2014, der Fall gewesen sein. Niemanden verwundert es, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart diesen Hinweisen bisher nicht nachgeht, denn wie das Münchner Ermittlungsverfahren wegen Paragraf 353d Nr. 3 eindringlich belegt, tun sich deutsche Staatsanwaltschaften traditionell einfacher damit, politisch missliebige Journalisten, denn ehrwürdige Unternehmer, die Waffen verkaufen, anzugehen.

PS: In unserem Nachbarland Luxemburg, dem ebenfalls eine gute Lage der Pressefreiheit bescheinigt wird, stehen im sogenannten Lux-Leaks-Prozess nicht nur die beiden Whistleblower Antoine Deltour und Raphaël Halet, sondern auch der Journalist Edouard Perrin vor Gericht. Grund dafür ist, dass sie Dokumente veröffentlicht haben, welche die von Luxemburg aus geplante sogenannte Steuer-"Optimierung" dokumentieren, bei der die anderen EU-Staaten geschätzte 65 bis 70 Milliarden Euro an Steuereinnahmen jährlich verlieren. Auf dem ganzen Kontinent wird die Belastung durch Flüchtlinge beklagt, doch diejenigen, die unseren Gesellschaften wirklich schwer und nachhaltig schaden, wird das Handwerk nicht gelegt.

Wolfgang Kaleck ist Berliner Rechtsanwalt und Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Kaleck hat sich in den vergangenen Jahren mit Menschenrechtsverletzungen in Argentinien bis Abu Ghraib und Kolumbien bis zu den Philippinen beschäftigt; aktuell ist der NSA-Whistleblower Edward Snowden einer seiner Mandanten.  


Aus: "Lieber gegen Journalisten als gegen Waffenhändler" (5. Mai 2016)
Quelle: http://blog.zeit.de/recht-subversiv/2016/05/05/lieber-gegen-journalisten-als-gegen-waffenhandler/

http://www.zeit.de/politik/2015-11/heckler-koch-illegal-waffenlieferungen-staatsanwaltschaft-stuttgart-anklage

http://www.zeit.de/2015/38/mexiko-bundesregierung-export-g36-heckler-koch

Textaris(txt*bot)

Der Putschversuch in der Türkei 2016 am 15. und 16. Juli 2016
https://de.wikipedia.org/wiki/Putschversuch_in_der_T%C3%BCrkei_2016

Quote[...] Die türkische Regierung hat die Schließung von 45 Zeitungen und 16 Fernsehsendern angeordnet. Das teilte ein Behördenvertreter am Mittwochabend mit. Er bestätigte damit ein Regierungsdekret.

Laut dem im Amtsblatt veröffentlichten Dekret werden zudem drei Nachrichtenagenturen, 23 Radiosender, 15 Zeitschriften und 29 Verlagshäuser geschlossen. Die Namen der betroffenen Medien wurden nicht veröffentlicht. Laut dem Sender CNN-Türk waren unter anderem die Nachrichtenagentur Cihan, der prokurdische Sender IMC TV und die oppositionelle Tageszeitung "Taraf" betroffen.

Nach dem gescheiterten Militärputsch vor zwölf Tagen hatte die Regierung bereits zahlreiche kritische Journalisten ins Visier genommen und Dutzende Haftbefehle ausgestellt. Zunächst war von 42 die Rede, am Mittwoch wurde bekannt, dass die Regierung 47 weitere Journalisten, Ex-Mitarbeiter der zwangsverwalteten Zeitung "Zaman", ebenfalls per Haftbefehl suchen lässt.

In den vergangenen Tagen wurden bereits Webseiten gesperrt, Sendelizenzen gekündigt und ein Satiremagazin gestoppt.

Auch internationale Journalisten geraten unter Druck, müssen um die Verlängerung ihrer Akkreditierung fürchten oder werden erst gar nicht ins Land gelassen.

Nach dem Putschversuch vom 15. Juli verhängte die Regierung den Ausnahmezustand. Unter dem Ausnahmezustand kann Präsident Recep Tayyip Erdogan weitgehend per Dekret regieren. Grundrechte wie die Versammlungs- und die Pressefreiheit können ausgesetzt oder eingeschränkt werden, Behörden können Ausgangssperren verhängen und Medienberichterstattung kontrollieren oder verbieten. ...

sun/AFP

Quote#5 Gestern, 23:20 von martin58.
Bei uns undenkbar! ;-)

Um einen oppositionellen, bzw. regierungskritischen Sender zu schliessen, müsste es erstmal einen geben.


Quote#62 Heute, 01:46 von jowitt
Das sieht schlecht aus für die Bürger der Türkei. Nur noch Propagandasender, Propagandazeitungen, Propagandaradiosender.
So festigen normalerweise Diktatoren ihre Macht.


Quote#70 Heute, 05:59 von wll

Gruselig, wie sich Geschichte wiederholt. Was dem einen sein Reichstagsbrand, ist dem anderen sein Militärputsch. ...


...


Aus: "Pressefreiheit: Türkei schließt Dutzende Zeitungen und 16 Fernsehsender" (27.07.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-schliesst-dutzende-zeitungen-und-16-fernsehsender-a-1105071.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Fast drei Jahre lang tagte der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags, vergangene Woche trat mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die zunächst letzte Zeugin auf. Im Sommer soll der Abschlussbericht fertig sein. In all den Jahren ging es um die Massenüberwachung des US-amerikanischen Dienstes und später auch um die unkontrollierten Spähaktionen des Bundesnachrichtendienstes (BND). Eine Frage streiften die Parlamentarier aber nur am Rande: Bespitzelte der deutsche Dienst auch Journalisten?

Unterlagen, die der SPIEGEL nun einsehen konnte, geben eine klare Antwort: Demnach überwachte der BND ab 1999 mindestens 50 Telefon- und Faxnummern oder E-Mail-Adressen von Journalisten oder Redaktionen auf der ganzen Welt mit eigenen sogenannten Selektoren. ...


Aus: "BND bespitzelte offenbar ausländische Journalisten" Maik Baumgärtner, Martin Knobbe und Jörg Schindler (24.02.2017)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bnd-bespitzelte-offenbar-auslaendische-journalisten-a-1136134.html

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Quote[...] Reporter ohne Grenzen bezeichnete die enthüllte BND-Praxis nun auch als "ungeheuerlichen Angriff auf die Pressefreiheit". Die Interessengruppe fürchtet laut Spiegel Online auch, dass der BND ausländische Journalisten weiter abhören werde. Das geänderte BND-Gesetz werde das nicht ändern. Deshalb werde eine Verfassungsklage dagegen vorbereitet.


Aus: "BND hat angeblich jahrelang Journalisten ausspioniert" Martin Holland (24.02.2017)
https://www.heise.de/newsticker/meldung/BND-hat-angeblich-jahrelang-Journalisten-ausspioniert-3634501.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach den Terrorismus-Anklagen gegen zahlreiche Mitarbeiter der türkischen Zeitung ,,Cumhuriyet" im April ist nun auch Haftbefehl gegen den Online-Chefredakteur erlassen worden. Das berichtete die Zeitung am Montag. Gründe wurden zunächst nicht bekannt.

Oguz Güven war vergangenen Freitag in Istanbul festgenommen worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete anschließend, Güven sei aufgrund einer ,,Cumhuriyet"-Nachricht über den Tod des türkischen Staatsanwaltes Mustafa Alper in Polizeigewahrsam genommen worden. Alper, der nach türkischen Medienangaben mehrere Gerichtsverfahren gegen Putschverdächtige angestrengt hatte, war am Mittwoch bei einem Autounfall ums Leben gekommen.

Damit sitzen bereits 13 Mitarbeiter der regierungskritischen ,,Cumhuriyet" in Untersuchungshaft. Insgesamt befinden sich 145 Journalisten in der Türkei hinter Gittern. Ihnen wird meist Terrorismus vorgeworfen ...

(dpa)


Aus: "Pressefreiheit in der Türkei: Haftbefehl gegen Online-Chefredakteur von ,,Cumhuriyet"" (15.05.2017)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/pressefreiheit-in-der-tuerkei-haftbefehl-gegen-online-chefredakteur-von-cumhuriyet/19807186.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Zwei Morde, eine Entführung und mindestens ein weiterer bewaffneter Überfall – die wiederholten Angriffe auf Medienschaffende in der vergangenen Woche haben in Mexiko eine Welle des Protests ausgelöst. In zahlreichen Städten gingen Journalisten auf die Straße, viele Zeitungen berichteten ausführlich über die Attacken.

Staatschef Enrique Peña Nieto berief eine Sondersitzung seines Kabinetts ein. Am Sonntag haben 186 in Mexiko arbeitende internationale Korrespondenten die Regierung aufgefordert, die Sicherheit ihrer Kolleginnen und Kollegen zu garantieren: Die Straflosigkeit der Täter müsse ein Ende haben.

Vor allem der Tod des preisgekrönten Journalisten und Schriftstellers Javier Valdez sorgte dafür, dass die mörderischen Arbeitsbedingungen von Medienschaffenden das politische Leben im Land bestimmten. Der 50-Jährige wurde am 15. Mai auf offener Straße erschossen, als er gerade die Redaktionsräume der Zeitung Riodoce in Culiacán verlassen hatte. Die Stadt liegt im nordmexikanischen Bundesstaat Sinaloa, den das gleichnamige Kartell des in den USA inhaftierten ­Bandenchefs ,,El Chapo" regiert. Wer hier zur falschen Zeit ein falsches Wort über das Sinaloa-Kartell verliert, riskiert sein ­Leben.

Das war Valdez immer bewusst, schließlich ist er in der Region aufgewachsen. Die von ihm mit gegründete Riodoce berichtete wie kein anderes Blatt über das Treiben der organisierten Kriminalität. 2015 veröffentlichte der Autor ,,Narco­periodismo", ein Buch, das sich mit journalistischem Arbeiten in Zeiten des Mafia-Terrors beschäftigt.

Als vor zwei Monaten die Korrespondentin der linken Tageszeitung La Jornada, Miroslava Breach, erschossen wurde, schrieb Valdez: ,,Wenn man mit dem Tod dafür bestraft wird, über diese Hölle zu berichten, dann sollen sie uns eben alle ermorden." Zwei Tage nach dem Mord kündigte Präsident Peña Nieto ,,außerordentliche Maßnahmen" an, um die Gewalt gegen Medienschaffende einzudämmen. Es sei der Tag gewesen, an dem der Staatschef feststellte, dass in Mexiko Journalisten verfolgt werden, merkte die Reporterin Marcela Turati zynisch an.

Erstmals trauerte der Präsident öffentlich um einen ermordeten Pressevertreter, obwohl in seiner Amtszeit seit 2012 mindestens 35 Journalisten hingerichtet wurden. Laut Reporter ohne Grenzen war Mexiko nach Syrien und Afghanistan 2016 das Land mit den meisten getöteten Medienvertretern.

Journalistenverbände machen dabei die faktische Straf­losigkeit mitverantwortlich für die zunehmenden Angriffe. Auch eine 2012 ins Leben ­gerufene Sonderstaatsanwaltschaft für Delikte gegen die Meinungsfreiheit (Feadle) konnte wenig ändern. Dass der Präsident die Feadle nun stärken will, ist dem öffentlichen Druck geschuldet.

Denn obwohl die Morde zugenommen hatten, wurde das Budget zwischen 2014 und 2016 um die Hälfte reduziert. Auch ein sogenannter ,,Mechanismus zum Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern" verfügt über zu wenige finanzielle Ressourcen.

Dazu kommt ein noch gravierenderes Problem: Oft arbeiten Kriminelle, Polizisten, Bürgermeister und Gouverneure eng zusammen. Mancher Mafiaboss werde nur vorgeblich von der Regierung verfolgt, sagte Valdez in einem Interview, das nach seinem Tod in der Wochenzeitung proceso erschien: ,,Die Mafia", so der Schriftsteller", ist eine Art zu leben und kein kriminaltechnisches Phänomen."


Aus: "Mafia und Staat gegen Pressefreiheit" Wolf-Dieter Vogel (22. 5. 2017)
Quelle: https://www.taz.de/Morde-an-mexikanischen-Journalisten/!5411394/

Textaris(txt*bot)

#217
Quote[...]  Ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit, ein beispielloser Verstoß gegen den Datenschutz: 32 Journalisten wurde beim G20-Gipfel nachträglich die Akkreditierung entzogen. Waren Hinweise von ausländischen Geheimdiensten der Grund? - Es waren junge Bereitschaftspolizisten aus Niedersachsen, die am vorigen Samstag an den Kontrollpunkten vor dem Pressezentrum zum G20-Gipfel standen. Am Tag zuvor hatte man an dieser Stelle nur seinen Akkreditierungs-Ausweis vorzeigen müssen. Nun hielten die Beamten eine zweiseitige Liste in der Hand und winkten einen erst freundlich durch, wenn der eigene Name nicht darauf stand.

... Dabei wissen bis heute nicht einmal die Betroffenen, warum sie plötzlich zum Sicherheitsrisiko erklärt wurden. Alle hatten spätestens zwei Wochen vor dem Gipfel die Akkreditierungsunterlagen eingereicht und wurden danach bereits einer intensiven Sicherheitsprüfung unterzogen.

Der Fotograf Rafael Heygster, der für den Bremer "Weser-Kurier" tätig ist, bekam anschließend sogar einen privilegierten Zugang für das Festkonzert in der Elbphilharmonie, ein anderer Fotograf durfte bei der Ankunft von Donald Trump mit auf das Rollfeld vom Flughafen. In beiden Fällen ist deshalb davon auszugehen, dass auch die US-Behörden einen strengen Blick auf die Bewerbungen geworfen haben.


Aus: " G20-Akkreditierung entzogen Kritik an Liste mit Journalistennamen" Arnd Henze (11.07.2017)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gzwanzig-journalisten-109.html

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Quote[...] Einige der 32 Journalisten, denen auf dem G20-Gipfel die Akkreditierung entzogen wurde, sind nach Angaben der Bundesregierung vorbestraft. Es habe Erkenntnisse gegeben, dass unter den Betroffenen "etliche Personen mit Straftaten und Verurteilungen" im Zusammenhang mit dem linksextremen Spektrum gab, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Medien berichteten, dass es Anzeigen oder auch Verurteilungen wegen Nötigung, Hausfriedensbruch oder gefährlicher Körperverletzung vorgelegen hätten. Einer der Journalisten soll angeblich "Führungsperson des linksextremistischen Spektrums" gewesen sein, heißt es. Blockade von Bahngleisen, Graffiti-Schmierereien, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz hätten sich in den Unterlagen gefunden.

Bei anderen Journalisten soll es jedoch nur eine einfache Bemerkung gegeben haben wie "BfV-Erkenntnisse" oder "Mitglied eines Gewalt-befürwortenden Beobachtungsobjekts".

Auch ein mutmaßlicher Reichsbürger soll unter den ausgeschlossenen Reportern gewesen sein, angeblich sei er Mitglied der sogenannte Exil-Regierung deutsches Reich. Ein Ministeriumssprecher sagte, über eine Person habe es "verdichtete Erkenntnisse" gegeben, dass sie zu den rechtsextremen Reichsbürgern gehöre. Der NDR-Journalist Christian Wolf sagte allerdings, dass ihm während des Gipfels die Akkreditierung mit der Begründung entzogen wurde, er gehöre der Reichsbürgerszene an. "Das ist völliger Quatsch", entgegnet Wolf nun in einem NDR-Beitrag. Er sei weder Mitglied einer solchen Gruppierung, noch habe er jeweils darüber recherchiert oder berichtet.

Zu dem erst nachträglichen Ausschluss der 32 Journalisten soll es aufgrund einer Panne der Sicherheitsbehörden gekommen sein. Den betroffenen Personen seien fälschlich Akkreditierungen für alle sicherheitsrelevanten Bereiche des Gipfeltreffens ausgestellt worden, obwohl sie nur einen eingeschränkten Zugang hätten erhalten sollen, heißt es weiter in den Berichten. Das Bundespresseamt entzog daraufhin den 32 Personen auf der Liste die Akkreditierung vollständig.  "Natürlich sollten idealerweise alle Erkenntnisse vorliegen, bevor es zur Akkreditierung kommt", räumte der Ministeriumssprecher ein. Vorwürfen, dass die Betroffenen nicht über die Gründe informiert worden seien, gehe man ebenfalls nach. 

Da mehrere Betroffene kritisch über die Türkei berichtet hatten, hatten Medien und Opposition den Verdacht geäußert, dass unter anderem türkische Interessen dahinter stehen könnten. Regierungssprecher Steffen Seibert und das Bundeskriminalamt bestritten das. Seibert kündigte zudem an, sich unter anderem mit Journalistenverbänden über das Thema auszutauschen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) habe gewarnt, die Reporter könnten den Ablauf des Gipfels durch Störaktionen behindern, heißt es. Um mögliche Anschläge oder andere gewalttätige Aktionen durch die Journalisten sei es nicht gegangen. Vielmehr hätten die Behörden befürchtet, die betroffenen Journalisten könnten bei Pressekonferenzen mit den internationalen Staats- und Regierungschefs lautstarke Störaktionen starten, Plakate entrollen oder die Politiker beschimpfen.

QuoteEli Samson #16

"Vielmehr hätten die Behörden befürchtet, die betroffenen Journalisten könnten bei Pressekonferenzen mit den internationalen Staats- und Regierungschefs lautstarke Störaktionen starten, Plakate entrollen oder die Politiker beschimpfen."

Oder die hätten halt unbequeme Fragen stellen können, wo soll das hinführen...


Quoteantigutti #31

Lustig. Die Deutschen werfen Ungarn die Beschneidung der Rechte der freien Presse vor.


QuoteZahlen und Zeit #45

Mich interessiert nicht der nachvollziehbarste Ausschlussgrund, sondern der geringste.
Sonst wird demnächst die gesamte Presse ausgesperrt, weil man festgestellt hat, dass einer von 6000 akkreditierten Journalisten für einen Mord eingesessen hat. Man kann hinterher schließlich schön sagen: "Einige waren Mörder". Klingt dramatisch und über den falschen Plural sehen wir hinweg, eine Lässlichkeit, keine Lüge, versteht sich.
Nun ist aber schon der nachvollziehbarste Ausschlussgrund wacklig. Vorbestraft: wann? Wegen welcher Vergehen? Von der Justiz welchen Landes?


...


"G20-Akkreditierungen: Ausgeschlossene Journalisten waren teilweise vorbestraft" (14. Juli 2017)
http://www.zeit.de/gesellschaft/2017-07/g20-akkreditierungen-journalist-vorbestraft-hamburg

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Das war über Jahre das liebgewonnene Bild. Die Feinde der Pressefreiheit sitzen weit weg, in Turkmenistan, in Nordkorea und in Eritrea. Regelmäßig machten Länder wie diese die Schlussränge in der Rangliste der Pressefreiheit unter sich aus.

Es brauchte dann aber gar nicht die Festnahmen in der Türkei wie von Deniz Yücel und weiteren hundert professionellen Journalisten, um zu zeigen: Die Pressefreiheit ist nicht hinter den sieben Bergen, sondern an den Rändern und jetzt auch in Europa selbst gefährdet. Die Rangliste der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigt auf, dass vier der fünf Länder, deren Platzierung sich in den 180 untersuchten Staaten am meisten verschlechtert hat, in Europa liegen. Serbien (Platz 76), die EU-Mitglieder Malta (65), Tschechien (34) und die Slowakei (27).

In Malta, nur zum Beispiel, hat der Mord an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia offenbart, wie eng in dem EU-Land Politik, Wirtschaft und Justiz miteinander verflochten sind. Da stört jede journalistische Investigation, da wird enormer Druck aufgebaut. Laut ROG lagen gegen Caruana im Moment ihrer Ermordung mehr als 40 Verleumdungsklagen vor.

Zum Einzelfall gehört das systemische Vorgehen. In zahlreichen osteuropäischen Ländern polemisieren, ja hetzen autoritäre Regierungen gegen kritische Journalisten als ,,Verräter" oder ,,Terroristen". Die offene Diffamierung ist die eine Methode, es geht aber noch effizienter und subtiler. In Polen hat die national-konservative Regierung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter ihre Kontrolle gebracht, in Ungarn wurden die letzten unabhängigen Regionalzeitungen von Unternehmern aufgekauft, die mit der Regierung von Viktor Orban befreundet sind. Gerade wurde ,,Magyar Nemzet" zur Aufgabe gezwungen.

Und es ist nicht so, als hätten die Mächtigen in Polen, in der Slowakei oder in Ungarn beim türkischen Sultan Recep Tayyip Erdogan (Platz 157) nach Vorbildern suchen müssen, wie vielfältige Medien zu einfältigen verformt werden können. US-Präsident Donald Trump hat die Medien in den USA (Platz 45), die ihn und seine Politik kritisieren, wieder und wieder als ,,Fake News"-Lieferanten beschimpft. Das ist nicht weniger als ein Angriff auf die Pressefreiheit, weil die ureigenste Informationsaufgabe der Medien in eine simple persönliche Für-oder-gegen-mich Bewertung herabgewürdigt wird. Kein Journalist wird sagen können, er sei unfehlbar – böse und gefährlich aber wird es, wenn ihm gewollte Fehlbarkeit unterstellt wird. Wer die Presse als ,,lügnerisch" diffamiert, der diffamiert die Pressefreiheit als Unwert.

Eine Gesellschaft braucht unabhängige Medien, wenn sie pluralistisch und demokratisch sein will – und frei. Keine Überraschung also, dass sich an der Spitze der ROG-Rangliste Norwegen, Schweden und die Niederlande finden, Deutschland liegt auf Rang 15.

Schweden und die Niederlande sind EU-Mitglieder wie Polen und Ungarn. Die Tabelle aber illustriert, dass die Pressefreiheit in der EU so lange teil- und verkleinerbar ist, bis ein Viktor Orban zufrieden ist. Als sei Pressefreiheit nur ein Wort und keine Praxis, als sei die EU Sonntag und nicht Alltag.

QuoteMercur 09:42 Uhr

    Wer den Medien vorsätzliche Falschberichte unterstellt, diffamiert die Pressefreiheit als Unwert und gefährdet Freiheit und Demokratie.

Ein  Satz zum Nachdenken! ... Zeitungen  haben  doch ein  Profil,   auch eine politische  Richtung.   TAZ versus WELT  z.B. Das heisst, Zeitungen  versuchen  auch Meinungen zu machen und zu beeinflussen. Ich  denke, dass ist  Konsens. Zeitungen  sind  keine beliebigen  Aneinanderreihungen  von  ,, NEWS" - Deshalb besteht  die Kunst in der Kunst  des Weglassens  von Informationen. Wenn  seit Jahren  Meldungen und Kommentare in vielen Zeitungen dergestalt  sind, als ob  Merkels Politik alternativlos ist oder Europa  oder bestimmte Entwicklungen angeblich unvermeidlich, dann wenden sich reflektierte Leser ab von  solchen Medien. Sie fühlen sich  dann einseitig informiert und manipuliert. Besonders wenn sie im Alltag eine große Diskrepanz  zwischen  Zeitungsmeldungen  und ihrem persönlichen  Erleben  feststellen.


Quotecz284 09:39 Uhr

Manche verstehen unter Pressefreiheit das, was den Regierenden genehm ist. Pressefreiheit sollte auch Kritik sein, auch neutrale Positionen haben. Der mündige Bürger ist klüger, als so manche Behörde denkt und durchaus in der Lage sich seine eigene, fundierte Meinung zu bilden. Fakenews entlarven letztlich deren Erfinder.


Quotenochnefrage 09:00 Uhr
Nicht dreiste Falschmeldungen sind das Problem. Der Schimpf Lügenpresse ist unrichtig.

Die Bezeichnung "Lückenpresse" trifft das Problem eher: Was nicht gemeldet wird, was ausgewählt und im Umfang ausgewalzt wird, während anderes ausgewalzt wird - das gibt zu denken.

Und natürlich haben alle in der Medienbranche ihre Agenda: zwar wollen alle Leser und Zuschauer bekommen, aber nicht um jeden Preis. Die MedienbesitzerInnen möchten ein gutes Verhältnis zur Bundesregierung, und da fällt dann eine vorteilhafte Steuerregelung ab.

Im Öff.-Rechtlichen Milieu geht es um Posten, und diese werden letztlich von den Regierungsparteien vergeben.


Quoteingoleit 25.04.2018, 20:57 Uhr
Es wäre schön,
würden die Journalisten und ihre Chefs nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern einmal selbstkritisch ihre Arbeit betrachten. Aber darauf werden wir wohl sehr lange warten müssen und  viele viele weitere solcher Artikel zu lesen bekommen.


...


Aus: "Rangliste zur Pressefreiheit: Bis Orban zufrieden ist" (25.04.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/medien/rangliste-zur-pressefreiheit-bis-orban-zufrieden-ist/21214412.html

Textaris(txt*bot)

Quote[....] In Thüringen sind zwei Journalisten von mutmaßlichen Rechtsextremen angegriffen und beraubt worden, wie die Polizei in Nordhausen mitteilte. Demnach sollen die zwei zunächst versucht haben, Foto- und Filmaufnahmen vom Grundstück des Thüringer NPD-Chefs Thorsten Heise im Eichsfeld zu machen, woraufhin sie von den mutmaßlichen Rechtsextremen verjagt wurden. Als die beiden Reporter mit dem Auto entkommen wollten, wurden sie nach Angaben ihres Anwalts verfolgt. Auf einer Landstraße bei Hohengandern wurden sie schließlich in ihrem Auto von zwei maskierten Männern überfallen.

Nachdem das Fahrzeug der Journalisten in einem Graben zum Stehen kam, seien diese mit einem Baseballschläger, einem Messer, einem etwa 40 Zentimeter großen Schraubenschlüssel und Pfefferspray angegriffen worden. So beschreiben es die Opfer laut ihrem Anwalt. Einer der Angegriffenen habe unter anderem eine Stichverletzung im Oberschenkel erlitten, sein Begleiter eine Kopfplatzwunde. Am Auto seien die Scheiben zerstört und die Reifen zerstochen worden.

Die Angreifer raubten ihnen den Angaben zufolge die Fotoausrüstung, bevor sie im Auto flüchteten. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich laut Polizei um zwei 24-Jährige aus dem Eichsfeld, die der rechten Szene zugerechnet werden. Sie wurden laut MDR im Haus des NPD-Chefs gestellt. Dieser öffnete den Beamten freiwillig die Tür. Der Staatsschutz übernahm die weiteren Ermittlungen.

Die beiden Fotografen erstatteten Strafanzeige wegen Verdachts des schweren Raubes und eines versuchten Tötungsdelikts, wie der Göttinger Anwalt Sven Adam mitteilte.




Aus: "Thüringen: Mutmaßliche Rechtsextremisten greifen Journalisten an" (30. April 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-04/thueringen-journalisten-npd-uebergriff-rechtsextremismus-verdacht

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Konstantin Flemig - Als Journalist und Filmemacher berichtet Konstantin von den Krisengebieten dieser Erde. Somalia, Irak, Syrien, Kongo:  Wo Menschen alles verlieren, müssen sie zumindest eine Stimme bekommen.

Ein dreiminütiger Clip, in dem ich den türkischen Einmarsch in Syrien als ,,dumme Idee" bezeichne: mehr brauchte es nicht, um von Extremist*innen bedroht zu werden. Ein Erfahrungsbericht

... Ich saß gerade im Bus und amüsierte mich über den neuesten Schwall an Beleidigungen, als ich bei einem Post hängen blieb: ,,Hör auf, Lügen zu verbreiten im Auftrag des deutschen Staates. Du Hund. (...) Eines Tages wirst du dafür gekidnappt."

Im ersten Moment hatte ich keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte. Sollte das ein Witz sein? War es womöglich ganz anders gemeint als es rüberkam? Ich habe schon so Einiges erlebt, ein Jahr zuvor lag ich an der Frontlinie zum IS und habe das Kamerastativ über die Barrikaden gehalten, um ins Kalifat hineinzufilmen. Aber eine so direkte Drohung, unmittelbar an mich gerichtet – das war etwas völlig Neues für mich.

Ich beschloss, mir professionellen Rat einzuholen. Polizei und Reporter ohne Grenzen bestätigten meine erste Einschätzung: Ja, es könnte der Tatbestand der Bedrohung erfüllt sein. Mir wurde empfohlen, offiziell Anzeige zu erstatten.

In den folgenden Tagen kamen noch diese zwei weitere Kommentare: ,,Du bist ab heute ein Staatsfeind! Dein Video wurde meiner Regierung weitergeleitet. Und allgemein würde ich dir raten, keinen richtigen Türken zu begegnen. Viel Erfolg, bald sieht man deine Reste wie von deinen YPG-Kämpfern" und ,,Arschloch, dich muss man auch töten".

Ich googelte mich, um herauszufinden, ob irgendwo im Internet meine Adresse einsehbar ist. Zum Glück nicht. Kurzzeitig überlegte ich, es zu ignorieren, diese Leute als Wichtigtuer*innen mit Minderwertigkeitskomplexen zu sehen, die nicht über die Folgen ihrer Taten nachzudenken. Doch das war keine Option.

Es kann doch nicht sein, dass eine solche Form der Einschüchterung zum ganz normalen Teil unserer politischen Debattenkultur wird. Egal, aus welcher Ecke sie kommt, ob von Rechten, Linken, Islamist*innen – oder, wie vermutlich in diesem Fall, von türkischen Nationalist*innen.

Mit den ausgedruckten Kommentaren im Gepäck, stattete ich der Polizei eines Morgens einen Besuch ab. Dort legte man mir ein Formular vor, auf dem ich den Sachverhalt schildern und die Namen der Täter*innen, sowie die Zeitpunkte der Taten festhalten sollte. Zwei der Profile, von denen die Drohungen ausgingen, waren einsehbar, mit Namen und mehreren Fotos der User.

Einen Monat ist es nun her, dass ich Anzeige erstattet habe. Seitdem ist nichts passiert. Keine Neuigkeiten und zum Glück auch keine weiteren Drohungen. Ich vermute, dass die Polizei die Lage so ähnlich einschätzt, wie ich: dass es sich bei den Kommentaren um Machogehabe handelt und keine reale Gefahr für mich besteht.

Trotzdem erwische ich mich manchmal bei dem Gedanken: Was, wenn doch?

Aber sich davon beeinflussen zu lassen wäre nichts anderes, als diesen Idiot*innen den Sieg einzuräumen. Ich mache auch weiterhin Videos, ich äußere mich auch weiterhin zu kontroversen Themen, und ja – ich werde auch weiterhin Kriegsverbrechen kritisieren. Denn an dem Tag, an dem ich das nicht mehr könnte, wäre für mich persönlich das Grundrecht auf Freiheit der Presse und der Meinung in Deutschland gestorben.  ...


Aus: "Wie ich Morddrohungen erhielt, weil ich die Türkei kritisierte" Konstantin Flemig (13. Mai 2018)
Quelle: https://ze.tt/die-erste-morddrohung-ist-die-schlimmste/

Textaris(txt*bot)

#221
Quote[...] Der regierungskritische russische Journalist und Kriegsreporter Arkadi Babtschenko ist in Kiew erschossen worden. Das bestätigte am Dienstagabend eine Sprecherin der ukrainischen Polizei. Seine Frau habe ihn mit Schussverletzungen im Rücken gefunden. Der 41 Jahre alte Babtschenko hatte Russland Anfang 2017 verlassen, weil sich Drohungen gegen ihn und seine Familie häuften. In Kiew arbeitete er unter anderem für den krimtatarischen TV-Sender ATR. ,,Arkadi ist im Krankenwagen gestorben", teilte der Sender auf Facebook mit.

Babtschenko sei vermutlich wegen seiner journalistischen Arbeit getötet worden, erklärte die ukrainische Polizei. In Kiew ist es der dritte aufsehenerregende Mord an einem Journalisten in vier Jahren. 2016 tötete eine Autobombe den russischen Journalisten Pawel Scheremet, ebenfalls einen Exilanten und Kritiker der Moskauer Führung. 2015 wurde der ukrainische Journalist Oleg Busina ermordet. Die Fälle sind ungeklärt.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) äußerte sich besorgt. In Moskau forderte das Außenministerium eine Aufklärung des Mordes, das russische Staatliche Ermittlungskomitee leitete eigene Untersuchungen ein. Babtschenkos entsetzte Kollegen bei ATR machten indes Russland für den Mord verantwortlich. Er selbst habe in den vergangenen Tagen über Todesdrohungen von dort berichtet.

Moskau kritisiert Kiew derzeit verstärkt, weil die Ukraine den Vertreter der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti, Kirill Wyschinski, seit Mai in Untersuchungshaft hält. Die Ukraine stuft seine prorussische Berichterstattung als Landesverrat ein.

Babtschenko sei von einem Einkauf zurückgekehrt, berichtete der ukrainische Abgeordnete Anton Geraschtschenko. Der Killer habe ihm im Treppenhaus vor der Wohnung aufgelauert und ihn in den Rücken geschossen.

Babtschenko diente in den 1990er Jahren als junger russischer Soldat im Tschetschenien-Krieg. Im Buch ,,Die Farbe des Krieges" machte er sich literarisch einen Namen mit der Schilderung der Brutalitäten in der russischen Armee sowie im Kampf gegen die Rebellen. (dpa)


Aus: "Regierungskritischer russischer Journalist in Kiew erschossen" (30.05.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ukraine-regierungskritischer-russischer-journalist-in-kiew-erschossen/22623110.html

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Quote[...] Der am Dienstag für tot erklärte russische Journalist Arkadi Babtschenko ist am Leben. Der 41-Jährige erschien in Kiew unversehrt auf einer Pressekonferenz des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Geheimdienstchef Wassili Grizak sagte, gemeinsam hätten sie Babtschenkos Tod vorgetäuscht. Ziel sei gewesen, denjenigen eine Falle zu stellen, die Babtschenko hätten töten wollen.

Die Inszenierung sei Teil einer über Monate vorbereiteten Operation gewesen, um einen tatsächlich geplanten Anschlag auf Babtschenko zu vereiteln: "Wir haben einen Mordanschlag auf Babtschenko mit einem Spezialeinsatz verhindert."

Russische Spezialkräfte hätten den Tod des Reporters in Kiew angeordnet, sagte Grizak. Dafür sei ein Auftragsmörder angeheuert worden, dem von den Hintermännern 30.000 US-Dollar in Aussicht gestellt worden seien. Für einen Mittelsmann habe es 10.000 Dollar gegeben, sagte Grizak. Der mutmaßliche Organisator sei in Haft genommen worden und werde vernommen. 

Zu Beginn der Pressekonferenz hatte Grizak zunächst gesagt, dass der ukrainische Geheimdienst und die Polizei das Rätsel um den Mord gelöst hätten. Dann bat er Babtschenko in den Raum. Unter Applaus entschuldigte der 41-Jährige sich bei Freunden und Familienmitgliedern, die um ihn getrauert hätten und in den Plan nicht eingeweiht gewesen seien. "Ich bin noch am Leben", sagte er. Auch seine Frau bat er um Verzeihung "für die ganze Hölle, die sie durchmachen musste".

Er sei vor etwa einem Monat in die Pläne eingeweiht worden, sagte Babtschenko weiter. "In diesem Monat habe ich gesehen, wie die Jungs arbeiten, wie eifrig sie sind. Den ganzen Monat über waren wir im Kontakt, haben wir nachgedacht, gearbeitet, gehandelt. Und das Ergebnis war dieser Spezialeinsatz."

Am Dienstag hatte die ukrainische Polizei mitgeteilt, der frühere Kriegsreporter sei in Kiew erschossen worden. Seine Frau habe Schüsse gehört und ihren Mann blutend auf dem Boden liegend in ihrem Wohnhaus gefunden. Daraufhin hatte sie den Krankenwagen gerufen. Babtschenko sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, hatten die Behörden mitgeteilt.

Die ukrainische Regierung hatte Moskau für den angeblichen Tod verantwortlich gemacht, was Russland zurückgewiesen hatte. In einer ersten Reaktion auf die Nachricht, dass Babtschenko doch nicht tot ist, kritisierte Russland den Fall als Propagandaaktion. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, schrieb auf Facebook, "dass Babtschenko lebt, ist die beste Nachricht". Der Kreml lehnte eine Stellungnahme zunächst ab.

In Moskau hatte Babtschenko für die oppositionelle Zeitung Nowaja Gaseta und den liberalen Radiosender Moskauer Echo gearbeitet. Anfang 2017 verließ er seine Heimat, nachdem er nach eigenen Angaben Drohungen erhalten und Angst bekommen hatte, in Gewahrsam genommen zu werden. Er zog zunächst nach Prag und ließ sich dann in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nieder. Zuletzt arbeitete er als Moderator für den krimtatarischen Privatsender ATR.

QuoteTheSim #14

Alles was dieser Mann jetzt noch sagen wird, ziehe ich in Zweifel.

Hier erleben wir den Kalten Krieg in Reinkultur!


QuotePostis Plenus #42

Kann es sein das Helmut Kohl auch noch lebt? Wollte man da nur Verwandte täuschen?


...


Aus: "Russischer Journalist Arkadi Babtschenko lebt" (30. Mai 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/russischer-journalist-arkadi-babtschenko-lebt


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach dem umstrittenen Vorgehen der Polizei in Dresden gegen Journalisten gibt es nun auch Kritik am Handeln von Polizeikräften in Stuttgart. Konkret geht es um einen Einsatz am vergangenen Wochenende in der Stadt. Wie mehrere Medien berichten, hatten Polizisten Journalisten den Zugang zu einem Infostand der Identitären Bewegung (IB) verwehrt.

Die Gewerkschaft ver.di teilte mit, Polizeikräfte hätten Journalisten an ihrer Arbeit gehindert. Dabei seien auch Sätze wie "Die Pressefreiheit ist jetzt ausgesetzt" beziehungsweise "Hier endet nun Ihre Pressefreiheit" gefallen. Die zu ver.di gehörende Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union sprach in der Mitteilung unter anderem von einer "unverhältnismäßigen Behinderung journalistischer Arbeit" und forderte Aufklärung von Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU).

Das Ministerium verwies am Freitag auf erklärende Äußerungen der Polizei. "Dass niemand durchgelassen wurde, diente demnach dem Schutz der Personen", erklärte ein Ministeriumssprecher. "Und selbstverständlich hat das nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, dass die Pressefreiheit ausgesetzt sei. Wenn diese Worte tatsächlich so gefallen sein sollten, ist das selbstverständlich völlig falsch."

Die Identitäre Bewegung hatte am Sonntag in Stuttgart einen Infostand auf dem zentral gelegenen Schlossplatz aufgebaut. Rund 40 Gegendemonstrantinnen und -demonstranten hatten nach einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten versucht, die Kundgebung zu stören. Die Polizei habe vier Platzverweise ausgesprochen und ermittle in zwei Fällen wegen Beleidigung und Bedrohung.

Laut ver.di wurde einem Journalisten von einem Mitglied der Identitären Bewegung auch Gewalt angedroht. "Die Strafanzeige des Berichterstatters dazu wurde von den Polizeibeamten leider erst nach wiederholtem Drängen angenommen", hieß es weiter.

Seit bekannt wurde, dass ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Sachsen vergangene Woche auf einer Pegida-Demonstration war und Polizisten in der Folge ein ZDF-Team fast 45 Minuten lang festhielten, gibt es eine bundesweite Debatte über eine Einschränkung der Pressefreiheit durch die sächsische Polizei. Mittlerweile hat sich die Polizei für ihr Verhalten entschuldigt. Die Journalisten seien "viel zu lange" festgehalten worden. 

Die Identitäre Bewegung hat ihren Ursprung in Frankreich und ist seit 2012 auch in Deutschland aktiv. Die Gruppierung richtet sich insbesondere gegen Zuwanderer und warnt regelmäßig vor "Überfremdung". ...


Aus: "Pressefreiheit: Journalistenverband kritisiert auch Stuttgarter Polizei" (24. August 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-08/pressefreiheit-polizei-stuttgart-journalisten-identitaere-bewegung

Quoteemil.haase #29

Nach der "pegizei" in Sachsen jetzt die "identizei" in BW ?


Quote
michaelrenner #17

Wenn eine Versammlung so gefährlich ist, dass kein Journalist in die Nähe gelangen darf ist nicht der Journalist das Probelm.

Organisationen wie Pegida, die Identitären und ihr politischer Arm machen das kaputt, was wir mit unseren Eltern und Grosseltern in 70 Jahren aus den Trümmern wieder aufbauten. Heute brennen wieder Häuser, Menschen die zu Feinden erklärt wurden werden durch Innenstädte gejagt und verprügelt, Politiker und Journalisten werden als Volksfeinde bezeichnet. Das kann nun wirklich keine Vision für ein besseres Deutschland sein. Denn diese Vision führt zurück in das Jahr 1933 und weiter zu den Trümmern des Jahres 1945.


QuoteSalamandrina #39

Ich glaube wir müssen aufhören der Polizei zu glauben, wenn es um die Selbstdarstellung geht.


QuoteDhoughal #39.1

Genau deswegen brauchen wir eine freie Presse.


...

Textaris(txt*bot)

#223
Quote[...] Spiegel Online ... wo nervtötende bewegte Werbeflächen ein konzentriertes Lesen der Texte erheblich behindern. Um lesen zu können, müssen Leser das Browserfenster auf die Breite der mittleren Spalte reduzieren. Adblocker sind nicht mehr möglich. Statt sich zu fragen, warum die Leser Adblocker nutzen wollen, sperrt Spiegel Online deren Nutzer aus.

Weil die Verzweiflung offenbar groß und die Werbeflächen immer noch nicht genug Umsatz bringen, führte Spiegel Online die Werbung über die gesamte Seitenbreite ein - quer über die mittlere Textspalte. Erstmalig am 07.07.2018 stellte Spiegel Online eine solche Maximalwerbung für den BMW i8 Roadster in den oberen Bereich der Startseite. Vom ersten Artikel war nur noch ein 2-Zeiler zu sehen, dann folgt die riesige Werbefläche, und erst nach dem Herunter-scrollen ging es redaktionell weiter.

Bemerkenswert bei dieser Werbung: Versteht sich Spiegel Online als Medium für die Zielgruppe potentieller Käufer von 155.000 € - Autos? Das würde die wirtschaftspolitische Ausrichtung erklären. Andererseits zeigte Spiegel Online am 27.08. eine ebenso bildschirmfüllende Werbung für eine Casting Show, die die entgegengesetzte Zielgruppe anspricht. Nach der Devise "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing" erklärt das viele Werbekunden-orientierte Minnesänger Artikel - und fehlende kritische Inhalte.

Die experimentelle Spiegel-Tochter bento geht noch weiter und führt Leser mit "native advertising" in die Irre, also Werbe-Artikeln, die von bento Redakteuren im bento-Layout geschrieben werden, aber lediglich eine irreführende Werbung sind. In Printausgabe Nr. 17 / 2014 lehnte der Spiegel noch ab, was er unter Brinkbäumer, Hans und Hass einführte: "Eine Gefahr für den unabhängigen Journalismus ist das nicht - der findet hier ohnehin kaum statt.

... Symptomatisch für den journalistischen Niedergang des Spiegel ist die Kündigung des vielfach preisgekrönten Journalisten Harald Schumann. Dieser erlebte seit 1999, dass Artikel abgelehnt wurden, die "zu kritisch, zu links, nicht angepasst genug" waren. So schrieb Schumann u.a. einen positiven Artikel über Windkraft, den Chefredakteur Aust ablehnte. Dass Fass lief über bei der berühmt-berüchtigten Spiegel Ausgabe 14/2004 "Der Windmühlenwahn" mit einer "haarsträubend falschen und manipulierten Titelgeschichte mit gefälschten Fotos und gefälschten Zitaten". Chefredakteur Aust, der "seine Pferdezucht im Landkreis Stade von Windrädern bedroht sah" gab die Anweisung, die Windkraft niederzuschreiben.

Beim Berliner Journalistenpreis 2010 erläuterte Schumann auch, wie Banken / Konzerne / Anzeigenkunden Druck auf Redaktionen ausüben, um kritischen Journalismus zu verhindern.

Schumann erklärte: "Es ist in der deutschen Presse gang und gäbe, dass Chefredakteure oder Ressortleiter ihren Untergebenen sagen, wie sie zu denken haben. Dass Vorgaben gemacht werden, was sie recherchieren dürfen, und was nicht. Und dass viele junge Kollegen daran gehindert werden, überhaupt kritische Journalisten zu werden, weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen." Hand in Hand mit dem Verlust der Glaubwürdigkeit geht die Distanz zu den Lesern. Kommentarfunktionen wurden weitgehend abgeschaltet. Auf der Facebook-Seite werden vorwiegend banale "Panorama"-Themen gepostet. Die "Leserkonferenz" (Paul Schreyer berichtete unter "Inszenierte Offenheit", Katrin McClean unter "Ein Dinner mit den Überzeugten") war eine Farce wie Merkels inszenierter "Bürgerdialog".

Fast alle Massen-Printmedien befinden sich in der Krise. Die Bild verlor in den letzten 20 Jahren zwei Drittel ihrer Leser. Die Druckauflage der Süddeutsche Zeitung sank in den letzten 10 Jahren um 36 Prozent, die des Handelsblatts um 52 Prozent und die der ZEIT um 11 Prozent. Fast alle Zeitungen und Magazine rechnen sich ihre Verkaufszahlen mit teilweise verschleuderten ePapers schön. Springer hat seine Immobilien bereits verkaufen müssen, die FAZ liegt nur noch knapp über 200.000 Exemplaren und kann ihr Verlagsgebäude nicht mehr halten, die Welt verkauft nur noch 86.000 Exemplare, die taz fiel unter 50.000 und bettelt immer offensiver um Spenden. Bei der Funcke-Gruppe und Madsack werden immer mehr Redaktionen zusammengelegt und Stellen gestrichen.

In diesem Umfeld geht es auch beim Spiegel wirtschaftlich seit etwa 10 Jahren bergab. Die Abonnentenzahl sank um 26 Prozent. Die Zahl der verkauften Hefte sank seit 2008 von über 1 Million um 30 Prozent auf 704.656 im 2. Quartal 2018. Von 2007 bis 2014 sank der Umsatz der Spiegel-Gruppe um rund ein Fünftel. Spiegel Online hat zwar erheblich hinzugewonnen und erzielt mit rund 40 Millionen Klicks pro Monat nach bild.de unter den Websites der Massenmedien die größte Reichweite, ist aber zu klein, um die Umsatzverluste vor allem beim alten Schlachtschiff - der Printausgabe - wettzumachen.

Konsequenz von Chefredakteur Brinkbäumer und Geschäftsführer Hass 2015: Jeder fünfte Vollzeit-Angestellte musste gehen, darunter 35 Angestellte aus der Redaktion. 2017 gab es Umsatzverluste von 11 Millionen Euro, die wahrscheinlich vor allem durch baldige Kündigungen kompensiert werden sollen.


Aus: "Neoliberaler Nachfolger für abgesetzten Spiegel-Chefredakteur" Jörg Gastmann (04. September 2018)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Neoliberaler-Nachfolger-fuer-abgesetzten-Spiegel-Chefredakteur-4153348.html?seite=all

Quotesadbydefinition, 04.09.2018 15:24

"für die Zielgruppe potentieller Käufer von 155.000 € - Autos"

    Versteht sich Spiegel Online als Medium für die Zielgruppe potentieller Käufer von 155.000 € - Autos?

Der Print-Spiegel besteht doch seit Jahren schon gefühlt aus mehr Werbung für teure Uhren, Autos und sonstigen Luxus-Kram als aus echten Artikeln! Anscheinend sind Spiegel-Leser allesamt Millionäre...


QuoteKarierterHut, 04.09.2018 15:49

Re: "für die Zielgruppe potentieller Käufer von 155.000 € - Autos"

... Nein. Solche Werbung und ähnlich gelagerte Zeitschriften (z.B. für Uhren und Hifi) sollen die weniger Vermögenden zu mehr Leistung anstacheln. Das ist die Möhre die man ihnen vor die Nase hält. Wer sich keine goldene Rolex kaufen kann der blättert wenigstens in einer Zeitschrift mit bunten Bildern und träumt davon.

Und die Werbung vom i8 soll ja nicht den Verkauf des i8 ankurbeln sondern die Marke BMW als ganzes innovativ und leistungsfähig erscheinen lassen. Daher macht die Anzeige schon Sinn.



Quoteetwasvernunft, 04.09.2018 20:15

Das mit dem "zu Leistung anstacheln" halte ich für sekundär

Ziel ist, den Statuswert des Käufers zu heben. Denn wenn keiner weiß, dass es diese Artikel (Luxusautos, Uhren etc.) erstens gibt und zweitens wie sie aussehen, dann sind sie für ihre Träger wertlos. Dann sagt niemand Ahh und Ohh, was muss das für ein wichtiger Mensch sein. Es hat die gleiche Funktion wie das Schloss in feudalen Zeiten, denen wir uns mit Riesenschritten wieder annähern.


QuoteTwistie2015, Bettina Hammer

04.09.2018 16:24

Re: "für die Zielgruppe potentieller Käufer von 155.000 € - Autos"

sadbydefinition schrieb am 04.09.2018 15:24:

        Versteht sich Spiegel Online als Medium für die Zielgruppe potentieller Käufer von 155.000 € - Autos?

    Der Print-Spiegel besteht doch seit Jahren schon gefühlt aus mehr Werbung für teure Uhren, Autos und sonstigen Luxus-Kram als aus echten Artikeln! Anscheinend sind Spiegel-Leser allesamt Millionäre...


Eher nicht. Aber die Werbung ist ja zum einen gut um das steuerlich geltend zu machen für den Werbenden und funktioniert natürlich als Trigger - du siehst die Yacht oder die Rolex, begleitend gibt es dann die Prominews mit den Bildchen der Promis, die die Rolex tragen, mit Bildern von den Yachten, die gerade verkauft werden usw. Das wirkt als Anreiz - ach, hätte ich das nur auch. Dann ergibst du dich entweder in die Träume oder aber du versuchst, durch Arbeit auch so weit zu kommen.

In beiden Fällen wirst du aber nicht weiter die wenigen politischen Artikel lesen, egal wie einseitig, oder gar anfangen, diese kritisch zu begleiten.

Darum gibt es auch so viele Kommentare bei "in unserer WG will einer von uns nicht mehr putzen, was soll ich tun" oder "Brad und Angelina - Scheidungsverfahren wird schlimmer", während die wenigen politischen Artikel, die noch mit Foren aufwarten, verwaist sind.

Bento dagegen ködert die feministische Zielgruppe mit pseudofeministischen Artikeln über Menstruationsblutkunst, Schamlippenveränderung und Rasurverzicht (wie liberal, wie furchtlos, wow!) und lenkt sie brav auf Facebook und Co, wo noch diskutiert werden darf damit sich Spon rühmen kann, während sie aber kein Geld für Forenmoderation etc. ausgeben müssen.

die Themen werden kurz angerissen, in "ich finde auch..."-Manier abgehandelt und gut.

...


Quotefensterfisch, 04.09.2018 11:31

Vom "Sturmgeschütz der Demokratie" zur Güllepumpe des Neoliberalismus. Was für ein Abstieg.

Mfg FF


QuoteNetzweltler, 04.09.2018 10:55


"Manager-Magazin" für neureichen Geldadel, "Spiegel" für den Pöbel aber inhaltlich auf gleicher Linie. So ist das in der neoliberal gehirngewäschten deutschen Gesellschaft.


Quotent98b4, 04.09.2018 11:17

Re: "Manager-Magazin" für neureichen Geldadel, "Spiegel" für den Pöbel
Früher war es Bild für Herrn Maier und Spiegel für Dr. Maier.
So ändern sich die Zeiten...


QuoteNaturzucker, 04.09.2018 09:30

    Beim Berliner Journalistenpreis 2010 erläuterte Schumann auch, wie Banken / Konzerne / Anzeigenkunden Druck auf Redaktionen ausüben, um kritischen Journalismus zu verhindern.

Harald Schumann über die "Innere Pressefreiheit" in Deutschland
Dankesrede von Harald Schumann, Preisträger Berliner Journalistenpreis 'Der lange Atem' 2010 - 1. Preis. Berlin, 03.11.2010
--> https://www.youtube.com/watch?v=xUc1zkO5QdA

Alleine der darin enthaltene Link war es wert, den Artikel zu lesen.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Wien – Das Innenministerium unter Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ) ändert seinen Umgang mit den Medien und seine Veröffentlichungspolitik. Darauf lässt eine vierseitige Mail schließen, die jüngst aus dem Haus in der Herrengasse an die Kommunikationschefs der Landespolizeidirektionen ergangen ist. "Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (zum Beispiel STANDARD, 'Falter') sowie neuerdings auch seitens des 'Kuriers' eine sehr einseitige und negative Berichterstattung über das BMI beziehungsweise die Polizei betrieben", wird in dem Schreiben gewarnt, das dem STANDARD und dem "Kurier" über mehrere Stationen zugespielt wurde und dessen Authentizität von mehreren Beamten bestätigt wird. Und auch eine Anregung für die Zusammenarbeit mit den genannten Zeitungen wird gleich mitgeliefert: "Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken und ihnen nicht noch Zuckerln wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen ..."

Aus Sicht des Innenministeriums gibt es aber glücklicherweise auch Medien, die sich kooperationsbereit zeigen. Der Sender ATV wird ab Jänner eine sechsteilige Serie mit dem Arbeitstitel "Live PD" starten, in der der Polizeialltag begleitet werden soll. Nach unabhängigem Journalismus hört sich das in der BMI-Mail allerdings nicht an: "Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung. Es handelt sich dabei um imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Themen im Studio von uns bestimmt werden können." Von den Polizeipressestellen seit vergangener Woche bereits umgesetzt wird ein anderer Wunsch des Ministeriums: Die Staatsbürgerschaft und der Aufenthaltsstatus von Verdächtigen werden jetzt in Aussendungen explizit genannt. "Dies vor dem Hintergrund einer größtmöglichen Transparenz sowie eines vorhandenen berechtigten Interesses seitens der Bevölkerung beziehungsweise der Medien", lautet die Begründung für diesen Kurswechsel.

Im Justizministerium sieht man das anders. Im seit 1. August 2014 gültigen Medienerlass findet sich nämlich die Passage: "Bei der Informationserteilung soll auf die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder auf persönliche Merkmale (Hautfarbe et cetera) nur hingewiesen werden, wenn dies für das Verständnis des berichteten Vorgangs unbedingt notwendig ist."

Ein pikantes Detail: Erst im Juli nahm bei der Landespolizeidirektion Wien ein von Polizeipräsident Gerhard Pürstl eingesetzter Fachzirkel, an dem auch DER STANDARD teilnimmt, die Arbeit auf, der Richtlinien für menschenrechtskonforme Presseaussendungen der Polizei erarbeiten soll. Trotz des Gegenwindes aus dem Ministerium soll der Fachzirkel fortgesetzt werden, ist zu hören. Noch etwas ist dem Innenministerium offenbar wichtig: Sexualdelikte sollen verstärkt kommuniziert werden. Der Absender der Mail bittet, "vor allem Taten, die in der Öffentlichkeit begangen werden, besondere Modi Operandi (zum Beispiel Antanzen) aufweisen, mit erheblicher Gewalteinwirkung oder Nötigungen erfolgen oder wenn zwischen Täter und Opfer keine Verbindung besteht, auch proaktiv auszusenden".

Die Bitte mutet seltsam an, denn schon bisher war es Usus, dass geschlechtliche Nötigungen oder Vergewaltigungen durch unbekannte Täter entsprechend kommuniziert worden sind. War der Täter bekannt, gab man bei der Polizei aber dem Opferschutz Vorrang und wollte eine Retraumatisierung des Opfers durch breitflächige Berichterstattung verhindern. Das Innenministerium erklärte am Montagabend zu dem Schreiben, es handle sich um eine Mail des Ressortsprechers "ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter". Ihr wohne "in vielen Passagen die Absicht inne, einen einheitlicheren Auftritt der Polizei und des Innenministeriums in bestimmten Bereichen der Medienarbeit anzuregen".


Aus: "Innenministerium beschränkt Infos für "kritische Medien"" Michael Möseneder (24.9.2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000087988184/Innenministerium-beschraenkt-Infos-fuer-kritische-Medien

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zaharixxx

Es geht hier nicht um kritische Medien, sondern um überkritischen und systemfeindlichen Journalismus, welche die Arbeit der Regierung behindern.


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thenomad

Trump, Orban, Erdogan oder Putin hätten es nicht besser ausdrücken können...


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Kuchenbrösel

Systemfeindlich. Na servas.


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Legas The Nick

Ihr werdet euch noch wundern, was alles geht!
So funktioniert Populismus.


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El Chó

Hat unser Bundeskanzler zu dieser Sache eigentlich bereits geschwiegen?


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Jan Herzka


Im Gegenteil, er hat sich geäußert:
https://derstandard.at/2000088024276/Kurz-Jede-Einschraenkung-von-Pressefreiheit-ist-nicht-akzeptabel


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Allosaurus

Kurz und Strache sind ja bekanntlich die großen Verfechter von Sanktionen gegen die Türkei; und sie kritisieren die ach so undemokratische EU unentwegt.
Dessen ungeachtet werden undemokratische Maßnahmen in nationalkonservativen Staaten (Ungarn/Polen im Hinblick auf Minderheiten, Medien, Justiz und Opposition) verteidigt und nun auch nachgemacht.

Geradezu grotesk!


QuoteVoestler

Die Orbanisierung schreitet voran ...


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Tatwaffel

Nur derjenige der die Medien fürchtet schränkt sie ein.


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Rohling

Das wahrhaft Bestürzende ist die Blödheit der schriftlichen Verbreitung.


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Skyfall

Die Wähler bekommen nun, was sie gesät haben.


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Mr.Nice Guy

Jetzt kann man genau beobachten welche Medien für die Regierung "vertrauenswürdig" sind und welche nicht! Oe24 und Krone berichten jedenfalls nicht darüber...


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Auch 2018 hat sich die Situation für Medienschaffende wieder in Regionen verschlechtert, die im globalen Vergleich bisher als sicher galten – darunter Europa und die USA. Reporter ohne Grenzen warnt angesichts der diesjährigen Veröffentlichung der Rangliste der Pressefreiheit eindringlich: "Die systematische Hetze gegen Journalistinnen und Journalisten hat dazu geführt, dass Medienschaffende zunehmend in einem Klima der Angst arbeiten." Auch in Deutschland hat sich die Situation demnach zugespitzt, aber weil Island und vor allem Österreich stärker absackten, machte die Bundesrepublik trotzdem zwei Plätze gut.

"Gezielte Diffamierungen und aggressive, zum Teil hetzerische Kampagnen populistischer Politikerinnen und Politiker gegen Medien" münden auch in Europa in reale Gewalt, warnt Katja Gloger, Vorstandssprecherin der Organisation. Wer Journalistinnen und Journalisten pauschal zu Sündenböcken für gesellschaftliche Missstände mache, bereite Übergriffen, Attentate und sogar Morden damit den Boden, erklärt sie weiter. Namentlich nennt Gloger den EU-Mitgliedsstaat Tschechien und den Beitrittskandidaten Serbien. Die Slowakei, wo Anfang 2018 der Journalist Ján Kuciak und seine Verlobte ermordet wurden, gehört sogar zu den zehn Staaten der Welt mit den größten Punktverlusten in der Rangliste.

In Deutschland ist die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten sogar gestiegen, rechnet Reporter ohne Grenzen vor. Vergangenes Jahr zählte die Organisation 22 derartige Fälle, im Jahr davor waren es noch 16. Derartige Gewalt wurde demnach vor allem am Rande rechtspopulistischer Veranstaltungen beobachtet, allen voran in Chemnitz im vergangenen Sommer. Seit der Hochphase von Pegida im Jahr 2015 sei ein derart medienfeindliches Klima nicht mehr beobachtet worden. Abgesehen davon kritisiert Reporter ohne Grenzen auch Gesetze wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und das BND-Gesetz.

Besonderes Augenmerk legt die Organisation in diesem Jahr außerdem auf Österreich, wo "medienfeindliche Rhetorik und Drohungen gegen Medienschaffende" stark zugenommen hätten. Journalistinnen und Journalisten, die kritisch über die rechtskonservative Regierung berichten, würden häufig als "Linksextreme" gebrandmarkt, die das Land destabilisieren wollten. Das von der FPÖ geführte Innenministerium habe die Polizei intern vor bestimmten Medien gewarnt und empfohlen, die Zusammenarbeit mit diesen "auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken".

Weltweit ist die Situation uneinheitlich: Die größten Punktgewinne konnten Äthiopien, Malaysia und Äquatorialguinea für sich verbuchen. Äthiopien und Gambia machten mit 40 und 30 die meisten Plätze in der Rangliste gut. In Tunesien sei die Zahl der Übergriffe auf Medienschaffende deutlich gesunken, lobt Reporter ohne Grenzen noch. An der Spitze stand zum dritten mal in Folge Norwegen vor Finnland und Schweden. Die größten Punktverluste verzeichneten die Zentralafrikanische Republik, Tansania und Nicaragua. Am Ende der Rangliste wechselten die Diktaturen Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea lediglich untereinander die Plätze. (mho)


Aus: "Reporter ohne Grenzen: Immer mehr Hetze gegen Medienschaffende in Europa und den USA" Martin Holland (18.04.2019)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Reporter-ohne-Grenzen-Immer-mehr-Hetze-gegen-Medienschaffende-in-Europa-und-den-USA-4402518.html

Textaris(txt*bot)

#226
Quote[...] Mehrere russische Zeitungen treten geeint für die Rechte eines verhafteten Journalisten auf Iwan Golunow, ein russischer Investigativjournalist, wird von der Polizei verhaftet, geschlagen und des Drogenbesitzes angeklagt. Doch die Affäre weist zahlreiche Ungereimtheiten auf – und führt zu einer fast beispiellosen Solidarität in Russland für den Angeklagten. ... Die Solidarität geht weit über die übliche Opposition hinaus. "Wir dürfen nicht zulassen, dass ein unbequemer Journalist dafür eingesperrt wird, dass er die Wahrheit schreibt", forderte etwa der bekannte Schauspieler und Regisseur Konstantin Chabenski während der Eröffnungszeremonie des Kinofestivals "Kinotawr" in Sotschi. Selbst das Staatsfernsehen unter dem Chefpropagandisten Dmitri Kisseljow, sonst stets bereit, die Schmutzkampagne gegen Oppositionelle anzuführen, wollte sich in dem Fall nicht eindeutig auf die Seite der Behörden stellen und kritisierte das "nicht einwandfreie, wenn nicht gar grobe" Verhalten der Ermittler.
Bis vor seiner Festnahme war der Name Golunow der breiten Öffentlichkeit eher unbekannt. Der 36-Jährige arbeitet als Korrespondent für das oppositionelle Internetmedium Medusa, das aufgrund des verschärften Vorgehens der Behörden gegen Internetmedien in Estland registriert ist. Der Leserkreis ist eng, die Themen allerdings heiß: Golunow selbst schrieb über mehrere Korruptionsskandale. So deckte er die Aufteilung des lukrativen Bestattungsmarkts zwischen Mafia, Sicherheitsorganen und Beamten auf, schrieb über Milliardengeschäfte bei der illegalen Müllentsorgung oder über Luxusimmobilien eines ranghohen Beamten aus der Moskauer Stadtverwaltung. Am Donnerstag wurde Golunow festgenommen und eigenen Angaben nach mehrfach geschlagen. Die später amtlich festgestellten Hämatome und Prellungen bestätigen seine Version. Die im Rucksack und in der Wohnung gefundenen Drogenpäckchen seien ihm untergeschoben worden, sagte Golunow. ...


Aus: "Haft für Journalisten führt zu Medienrevolte in Russland" André Ballin aus Moskau (10. Juni 2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000104641049/Festnahme-eines-Journalisten-fuehrt-zu-Medienrevolte-in-Russland

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Initiative für Nachrichtenaufklärung e.V. hat am Freitag zum 5. Mal den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik verliehen. Der Ehrung geht jährlich an Personen oder Institutionen, die sich laut INA auf originelle und ausgewogene Weise kritisch mit dem Journalismus auseinandersetzen. Die mit jeweils 5.000,- € dotierte Auszeichnung ging diesmal an einen entschiedenen Streiter für Meinungs- und Pressefreiheit, nämlich an den saudischen Journalisten Raif Badawi. Vor einem Jahrzehnt hatte Badawi trotz Repressalien das "Saudische liberale Netzwerk" gegründet, seine religionskritischen Blogposts wurden von Zeitungen nachgedruckt. So schrieb Badawi etwa:

    "Die Hauptmission einer jeden Theokratie ist es, jegliche Vernunft zu töten, den historischen Materialismus und den gesunden Menschenverstand rigoros zu bekämpfen und die Massen, so gut es geht, in die absolute Verdummung zu treiben."

Wegen "Beleidigung des Islam" wurde Badawi zu zehn Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben verurteilt. Die ersten 50 waren öffentlich durchgeführt worden, seither sitzt Badawi seit sieben Jahren hinter Gitter. Eine ihm nahegelegte Flucht hatte Badawi aus Prinzip abgelehnt. Augrund des Konzepts der Sippenhaft wurde letztes Jahr auch Badawis Schwester inhaftiert.

Den Preis nahm Badawis Frau Ensaf Haidar entgegen, die rechtzeitig mit den Kindern das Land verlassen hatte. In seiner Laudatio würdigte Günter Wallraff Badawi als einen Visionär, dessen Bedeutung weit über die Kritik am saudischen Gottesstaat hinausreiche. Um Badawi sei es leider inzwischen zu ruhig geworden, was seine Hinrichtung wahrscheinlicher mache. Allein dieses Jahr wurden in Saudi-Arabien bereits über 100 Menschen exekutiert.

Preisstifter und Peisträger sind Seelenverwandte: Wallraff war 1974 selbst von Geheimpolizisten zusammengeschlagen, verhaftet und gefoltert worden, als er während der griechischen Militärdiktatur auf dem Syntagma-Platz Flugblätter verteilt hatte. 1993 versteckte er in Köln den wie Badawi mit einer Fatwa belegten religionskritischen Autor Salman Rushdie zu einer Zeit, als etwa die Lufthansa den Transport des Dichters ablehnte. Für die Pressefreiheit in Deutschland kämpft Wallraff seit vier Jahrzehnten vor Gericht, wo er vor allem in Hamburg seltsame Erfahrungen machte.

Bei der vom Deutschlandfunk ausgerichteten Preisverleihung wurde auch der hiesige Einfluss der Religionsgemeinschaften auf die Medien nicht ausgespart. So kritisierte Politikerin Ingrid Matthäus-Maier, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nur eine Vielzahl an christlichen Gottesdiensten übertragen würden, sondern auch den Journalisten häufig die Distanz fehle. Michael Schmidt-Salomon von der atheistischen Giordano Bruno Stiftung wies auf die wenig bekannte Tatsache hin, dass etwa das ZDF die nicht als religiös gekennzeichnete Sendung 37 Grad von drei Redaktionen betreuen lasse, von denen eine katholisch, eine evangelisch und eine säkular besetzt sei.

Ein weiterer Preis wurde diesmal an das European Journalism Observatory vergeben, das Trends im Journalismus und in der Medienbranche beobachtet und Journalismus-Kulturen in Europa und den USA vergleicht, um so einen Beitrag zur Qualitätssicherung im Journalismus zu leisten.

[Disclosure: Der Autor ist Rechtsanwalt von Günter Wallraff]


Aus: "1000 Peitschenhiebe für Religionskritik" Markus Kompa (15. Juni 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/news/1000-Peitschenhiebe-fuer-Religionskritik-4447289.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Raif_Badawi

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Jorge Ruiz, Édgar Navas, Rogelio Barragán: Drei Namen mexikanischer Reporter, die in nur vier Tagen ermordet wurden. Ruiz streckten seine Häscher fern von zuhause im Bundesstaat Veracruz nieder, Navas erschossen seine Mörder am Strand von Guerrero, und Barragán fanden die Behörden mit entstelltem Gesicht und zwei Einschüssen im Kopf in einem Kofferraum im Bundesstaat Morelos.

Getötete Journalisten sind in dem zweitgrößten Land Lateinamerikas seit Jahren bitterer Alltag. 131 Medienschaffende wurden nach Angaben der mexikanischen Journalistenschutzorganisation "Artículo 19" seit dem Jahr 2000 getötet. Aber noch nie starben in so kurzer Zeit so viele Reporter wie zwischen Ende Juli und Anfang August. Seit Januar verloren bereits neun mexikanische Journalisten ihr Leben, so viele wie im gesamten vergangenen Jahr.

Mexiko habe sich 2019 zum gefährlichsten Land der Welt für Journalisten verwandelt, kritisiert die Organisation "Reporter ohne Grenzen". Besonders brisant ist diese Statistik, wenn man bedenkt, dass Mexiko formal eine Demokratie ist. Aber in weiten Teilen des Riesenlandes herrschen das organisierte Verbrechen oder Politiker und Regenten, die mit der Mafia gemeinsame Sache machen.

... Der Tod der drei Kollegen in weniger als einer Woche komme einem "Anschlag auf die Pressefreiheit" gleich, sagt Ana Cristina Ruelas, Vorsitzende von "Artículo 19". Seit mehr als zehn Jahren stiegen die Aggressionen, Anschläge und Tötungen von Medienschaffenden in Mexiko kontinuierlich an, betont Ruelas im Gespräch mit dem SPIEGEL. "Was wir sehen, ist das Ergebnis systematischer Straflosigkeit in den vergangenen Jahren."

Wer in Mexiko einen Reporter tötet, kann fast sicher sein, dass er ohne Strafe davonkommt. Weniger als ein Prozent der Taten werde aufgeklärt, sagt Ruelas. Und wenn, dann ergreift die Justiz ohnehin nur die Killer. Die Hintermänner bleiben immer unbestraft. Die Täter sind laut "Artículo 19" zu fast gleichen Teilen staatliche Akteure und Schergen der organisierten Kriminalität. Während der sechsjährigen Amtszeit von Präsident Enrique Peña Nieto (2012 bis 2018) zählte die Schutzorganisation 2500 Aggressionen gegen Journalisten, darunter 48 Morde. 52 Prozent der Delikte gingen auf das Konto der Mafia. Den Rest hatten Polizisten oder zumeist lokale Politiker zu verantworten.

Journalistinnen und Journalisten in Mexiko arbeiten ständig in einem Umfeld von Gewalt und Korruption, die sich zu einem tödlichen Mix verbinden können. Die Justiz ermittelt dabei meist nur oberflächlich und nachlässig. Und die Bevölkerung stehe den Verbrechen gegen Reporter weitgehend gleichgültig gegenüber, sagt Ana Cristina Ruelas. "Das führt zu einer Entfremdung zwischen Medien, ihren Machern und der Gesellschaft, was die Journalisten noch verwundbarer macht." Für Pressemitarbeiter in Mexiko gelte das "Ley del miedo y fuego", übersetzt bedeutet das etwa: das "Gesetz der Angst und der Kugeln". Daher könne man in Mexiko nicht von einer freien Presse und Meinungsfreiheit sprechen.

Erschwerend kommt hinzu, dass es vor allem im Norden des Landes immer mehr "Zonen des Schweigens" gibt. Dort haben Zeitungen angesichts massiver Einschüchterungen aufgehört, über die Taten der Kartelle zu berichteten.

Erst vor wenigen Tagen schmiss der Direktor des kleinen Blattes "Monitor de Parral" im Bundesstaat Chihuahua das Handtuch. Zuvor hatten Maskierte die Einrichtungen der Zeitung in der Stadt Parral, rund 600 Kilometer südlich der Grenzstadt Ciudad Juárez, mit selbstgebauten Bomben angegriffen. "Ich habe die Botschaft verstanden", erklärte Direktor Jorge Salayandía daraufhin und versprach, dass seine Zeitung nicht mehr über Kriminalität, Gewalt und Politik berichten werde. Salayandía richtete sich direkt an die unbekannten Urheber der Tat: "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir uns nicht mit Ihnen anlegen wollen."

...


Aus: "Morde an Journalisten in Mexiko: Wo das Gesetz der Angst und Kugeln gilt" Klaus Ehringfeld, Mexiko-Stadt (07.08.2019)
Quelle: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/mexiko-drei-journalisten-in-einer-woche-ermordet-a-1280656.html


Textaris(txt*bot)

#229
Quote[...] Neun lange Jahre haben die Vorermittlungen der schwedischen Staatsanwaltschaft gedauert. Jetzt hat sie festgestellt: Die vorliegenden Beweise reichen nicht aus, um Anklage gegen Julian Assange erheben zu können. Das sollte ein guter Tag sein für den preisgekrönten Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, der die Vorwürfe stets bestritten hatte. Ist es aber nicht.

Denn an der Lage des 48-jährigen Australiers ändert der Beschluss der schwedischen Staatsanwaltschaft erst einmal nichts: Assange bleibt weiter in Haft, isoliert in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London. Jetzt geht es um das, was der Publizist aus gutem Grund immer vermeiden wollte, weswegen er überhaupt sieben Jahre lang das Asyl in der Enge der ecuadorianischen Botschaft ertragen hat. Es geht um seine drohende Auslieferung an die USA.

18 Anklagepunkte hat dort eine geheim tagende Grand Jury zusammengetragen. Der Vorwurf: Verschwörung mit der ehemaligen US-Soldatin Chelsea Manning zum Stehlen und Veröffentlichen von US-Staatsgeheimnissen. Genauer gesagt: von hunderttausenden geheimer Dokumente von den US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan, von hochbrisanten Botschaftsdepechen.

Diese Dokumente haben das Bild der amerikanischen Militäreinsätze verändert. Die zehntausenden zivilen Opfer dieser Kriege wurden plötzlich sichtbar, Folter und Kriegsverbrechen. Die US-geführten Kriege waren nicht so sauber, wie die von smarten PR-Strategen veröffentlichten Bilder vermeintlich klinisch sauberer Präzisionsschläge suggerierten. Sie waren schmutzig und grausam - so wie jeder Krieg. Die veröffentlichten Fakten waren schmerzhaft. Das sorgsam gepflegte Bild von der wohlwollenden Supermacht USA bekam empfindliche Risse. Man könnte auch sagen: Es war guter, investigativer Journalismus. So wie funktionierende Demokratien ihn brauchen, wenn gut informierte Bürger Rechenschaft von den Regierenden verlangen sollen. Den Bürger brauchen, wenn die wirklich oberster Souverän des Staates sein sollen.

Aber Washington sann auf Rache - und machte keinen Hehl daraus. Obamas Vize Präsident Joe Biden nannte Assange einen "high-tech Terroristen". Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, meinte, der Wikileaks-Gründer solle wie ein "feindlicher Kämpfer" behandelt werden. Bei Fox-News schlug der Kommentator Bob Beckel sogar vor, Assange zu ermorden. Außenminister Mike Pompeo bezeichnete Wikileaks 2017 als "nicht-staatlichen, feindlichen Geheimdienst".

Diese Rhetorik lässt keinen fairen Prozess für Assange in den USA erwarten. Dort drohen ihm 175 Jahre Haft. Mit welchen Bandagen die US-Behörden vorgehen, zeigt ihr Umgang mit der Whistleblowerin Chelsea Manning. Sieben Jahre hat sie bereits in Haft gesessen wegen der Weitergabe von Staatsgeheimnissen an Wikileaks, bis Ex-Präsident Obama sie am Ende seiner Amtszeit begnadigte. Jetzt sitzt sie seit über 150 Tagen erneut in Haft. Weil Manning sich weigert, vor der Grand Jury gegen Assange auszusagen.

Das britisch-amerikanische Auslieferungsabkommen von 2007 verbietet ausdrücklich die Auslieferung in politisch motivierten Fällen. Kann irgendjemand einen Zweifel daran haben, dass dieses Auslieferungsverfahren politisch motiviert ist? Dennoch wird es von beiden Seiten weiter betrieben, unter flagranter Verletzung der Rechte Assanges. Das geht los bei den Haftbedingungen. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, hat Assange im Sommer im Gefängnis besucht. Die Bedingungen seiner Haft seien "fundamental inhuman" schreibt Melzer in seinem Bericht. Assange "zeige alle Symptome eines Menschen, der länger psychischer Folter ausgesetzt" gewesen sei.

Das geht bei der Behinderung der Verteidigung weiter. Die hatte sich vergeblich mehr Zeit gewünscht, um sich auf die Verhandlung ab dem 25. Februar vorzubereiten. Weil sie nur sehr begrenzten Zugang zu ihrem Mandanten hatte. Und weil Assange seine Dokumente verloren hat, als Ecuador das Botschaftsasyl im April dieses Jahres aufhob. Die ecuadorianische Botschaft hat damals sämtliche Habe des Wikileaks-Gründers den US-Behörden übergeben.

Dazu kommt: Assange war in der Botschaft rund um die Uhr ausspioniert worden. Selbst die Gespräche mit seinen Anwälten waren mit geheimen Kameras und Mikrofonen in der Botschaft aufgezeichnet worden - und landeten umgehend bei den US-Behörden. Allein dieser Umstand würde in jedem normalen Prozess zur Einstellung des Verfahrens führen.

Aber an diesem Verfahren ist nichts normal. Eine Supermacht will exemplarisch einen Journalisten abstrafen: Zur Einschüchterung an alle Enthüller und ihre Helfer. Wikileaks hat die Dokumente lediglich veröffentlicht - und große internationale Medien haben mitgemacht. Hier soll Journalismus kriminalisiert werden. Der Whistleblower Edward Snowden hat es auf den Punkt gebracht: Wenn das Aufdecken von Verbrechen wie ein Verbrechen  behandelt wird, werden wir von Verbrechern regiert.


Aus: "Kommentar: Vorwurf geklärt, doch Julian Assange bleibt in Gefahr" Matthias von Hein (20.11.2019)
Quelle: https://www.dw.com/de/kommentar-vorwurf-gekl%C3%A4rt-doch-julian-assange-bleibt-in-gefahr/a-51327851

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Quote[...] ,,Lassen Sie uns jetzt den Fokus auf die Bedrohung legen, vor der Herr Assange seit Jahren warnt: die kriegerische Strafverfolgung der USA und die Bedrohung, die diese für das First Amendment darstellt", erklärte Wikileaks-Chef Kristinn Hrafnsson nach der schwedischen Bekanntgabe. Im First Amendment, dem ersten Zusatzartikel der US-Verfassung, sind Freiheiten wie die Rede- und Pressefreiheit festgeschrieben.

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Aus: "Untersuchungen gegen Julian Assange in Schweden eingestellt" (19. November 2019)
Quelle: https://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ausland/untersuchungen-gegen-julian-assange-in-schweden-eingestellt_aid-47284931

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Quote[...] Ein bekannter maltesischer Unternehmer wurde im Zusammenhang mit dem Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia festgenommen. Premierminister Joseph Muscat bestätigte die Festnahme einer "Person von Interesse". Wie mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend berichten, habe der Unternehmer Yorgen Fenech gerade versucht, den Inselstaat vom Hafen Portomaso nahe der Hauptstadt Valletta zu verlassen, als Polizeiboote kurz vor Tagesanbruch zu seiner Luxusyacht aufschlossen und Beamte ihn zur Umkehr zwangen.

Fenech ist Direktor und Miteigentümer des Konsortiums Electrogas, das 2013 von der maltesischen Regierung beauftragt wurde, ein Gaskraftwerk zu bauen. Vor einem Jahr wurde bekannt, dass Fenech auch die in Dubai registrierte Briefkastenfirma 17 Black Limited besitzt. Die Firma soll 2015 aufgefordert worden sein, bis zu zwei Millionen US-Dollar an in Panama registrierte Firmen zu zahlen - die damals maltesischen Spitzenpolitikern gehörten. Sowohl der Energieminister Konrad Mizzi als auch der Bürochef von Premierminister Muscat, Keith Schembri, bestreiten, auf diesem Wege Geld erhalten zu haben.

Caruana Galizia hatte im Februar 2017 über mutmaßliche Verbindungen von 17 Black in die maltesische Politik berichtet, ohne konkrete Namen zu nennen. Acht Monate später wurde die Investigativjournalistin, die auch an den Enthüllungen der "Panama Papers" beteiligt gewesen war, durch eine Autobombe getötet. Der Mord sorgte damals für großes Entsetzen und für verstärkte Aufmerksamkeit auf korrupte Machenschaften in dem EU-Land.

Am Tag vor der Festnahme hatte Muscat erklärt, er habe Straffreiheit für einen mutmaßlichen Mittelsmann ins Spiel gebracht, falls dieser gerichtsfeste Beweise vorbringt, wer hinter dem Journalistinnenmord steckt. Inwieweit es einen direkten Zusammenhang zur Festnahme am Mittwoch gibt, ist unklar.

ehl/kle (rtr, afp, dpa)


Aus: "Mord an Journalistin - Malta: Festnahme im Fall Caruana Galizia" (20.11.2019)
Quelle: https://www.dw.com/de/malta-festnahme-im-fall-caruana-galizia/a-51327824


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#231
"Rechtsextremismus: Polizei verbietet NPD-Demonstration gegen Journalisten"
Rechtsextreme dürfen in Hannover wegen Sicherheitsbedenken nicht gegen mehrere kritische Journalisten protestieren. Die NPD hat dagegen Klage eingereicht. ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-11/rechtsextremismus-npd-demonstration-hannover-verbot-polizei-journalisten

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Quote[...] Eine Morddrohung an der Haustür, Essig im Briefkasten, eine geplante Demonstration gegen ihn: Ein Autor des Störungsmelders wird von Neonazis verfolgt und bedroht. Hier schreibt er über sein Leben im Fadenkreuz der Szene.

... Seit vielen Jahren berichte ich als Fachjournalist über die rechte Szene, ich engagiere mich in antifaschistischen Initiativen und stehe als Pressesprecher des Bündnisses gegen Rechts Braunschweig in der Öffentlichkeit – und damit auch im Fadenkreuz von Neonazis. An diesem Samstag wollten die Rechtsextremen noch weiter gehen und ihren Hass gegen unliebsame Medien vor aller Augen zeigen: In Hannover hatte die NPD eine Demonstration gegen die Arbeit von drei Journalisten angemeldet – Julian Feldmann, André Aden und mir. Erst am Donnerstagabend hatte die örtliche Polizeidirektion den Aufmarsch praktisch in letzter Minute verboten.

Die Neonazis aus der Region kennen mich. Sie zeigen immer wieder, dass sie mich im Blick haben. Meist sind die Drohungen eher subtil – und damit kaum strafbar: ,,Du wohnst doch in der XY-Straße, wir kommen da mal auf einen Kaffee vorbei", ,,Fährst du noch das silberne Auto mit dem Kennzeichen XYZ?" oder ,,War das eigentlich dein Kind, mit dem wir dich gestern beim Einkaufen gesehen haben?". Man lernt, damit umzugehen, trifft Sicherheitsvorkehrungen und gewöhnt sich leider auch ein bisschen daran.

Doch dieses Mal, im Juni, ist das nicht einer der üblichen Anfeindungen – sondern eine eindeutige Morddrohung, direkt an der eigenen Haustür. Ich laufe zurück in die Wohnung. Aufgeregt erzähle ich meiner Lebensgefährtin, was an der Tür steht, und rufe die Polizei. Dann eile ich zum Termin.

Zwei Polizisten kommen, schauen sich das Ganze mit meiner Partnerin an und machen Fotos. Die Aufkleber lassen sie dran, Fingerabdrücke nehmen sie nicht. Meine Lebensgefährtin fragt, ob sie nicht Spuren sichern wollen. Die beiden verneinen – das sei nicht üblich bei so etwas. Am Telefon berichtet sie mir, dass sie den Eindruck hatte, dass die Beamten die Sache nicht sonderlich ernst genommen haben.

Ich nehme den Vorfall ernst. Wenige Wochen zuvor war in Kassel der Regierungspräsident Walter Lübke vor seinem Haus erschossen worden. Ein Neonazi von Adrenalin Braunschweig drohte kurz danach in einem Video: ,,Heute Walter, morgen Janzen!"

Natürlich fragt man sich da: Welche Bedeutung hat eine solche Drohung? Wollen die mich ,,nur" einschüchtern, mir Angst einjagen? Oder läuft da draußen jemand herum, der mich wirklich töten würde? Dass scharfe Waffen in der militanten Neonaziszene kursieren, ist kein Geheimnis. In Niedersachsen besitzt ein Dutzend Neonazis diese sogar ganz legal. Auch ein mutmaßlicher Helfer des Verdächtigen im Mordfall Lübcke hatte einen Waffenschein.

Es sagt sich leicht, dass man sich nicht einschüchtern lässt. In Interviews betone ich, dass mich die Drohungen in meiner Arbeit und meinem Engagement eher bestärken. Doch die Sorgen und Ängste sind da, lassen sich nicht einfach wegreden. Gerade, wenn man Familie, wenn man Kinder hat.

Ich beschließe, den Fall öffentlich zu machen, und twittere ein Bild der Tür. Gleichzeitig informiere ich die Medien und eine Landtagsabgeordnete. Die verspricht, sich direkt an den Innenminister zu wenden.

Dann kommt Bewegung in die Sache. Zwei Stunden später kommt erneut die Polizei, diesmal mit mehreren Streifenwagen. Die Beamten sichern Spuren, befragen Nachbarn und Nachbarinnen. Da haben wir allerdings die Tür schon gereinigt. Nur die Aufkleber haben wir aufgehoben. Noch am gleichen Tag gibt es eine Hausdurchsuchung bei einem Verdächtigen.

Ab da steht die Polizei mit einem Wagen rund um die Uhr vor unserer Wohnung. Informiert über diese Schutzmaßnahme werden wir allerdings nicht. Verhaltenstipps oder eine Gefährdungseinschätzung bekomme ich nicht. Auch als nach etwas mehr als einer Woche keine Polizei mehr sichtbar vor der Tür steht, informiert man uns nicht – obwohl wir darum gebeten hatten. Später versichert mir der Chef der Kriminalpolizei, dass es weiter Schutzmaßnahmen gibt und ich keine weiteren Straftaten der Neonazis mehr zu erwarten hätte.

Inzwischen ist die öffentliche Aufmerksamkeit groß, der Landtag beschäftigt sich mit der Drohung, in Braunschweig gehen Hunderte Menschen gegen rechten Terror auf die Straße, der Oberbürgermeister spricht, Landtags- und Bundestagsabgeordnete bekunden ihre Solidarität mit mir. Wildfremde Menschen melden sich und bieten an, dass ich mit meiner Familie bei ihnen unterkommen könnte. Diese Signale sind für mich und meine Familie sehr wichtig, sie machen Mut und geben uns das Gefühl, dass wir nicht allein sind.

Doch wie geht es Betroffenen rechter Drohungen und Gewalt, die nicht die Möglichkeit haben, an die Öffentlichkeit zu gehen? Menschen, die nicht privilegiert sind und nicht über Netzwerke in Medien und Politik verfügen wie ich? Wie geht es denen, die nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen und die sich ohnmächtig fühlen, weil sie das Gefühl haben, dass sie nicht ernst genommen werden?

Die Aktionen der Neonazis gegen mich gehen weiter: Als Anfang September das Bündnis gegen Rechts sein 20-jähriges Bestehen mit einem Fest in der Innenstadt feiert, tauchen in der Nacht zuvor Hunderte Aufkleber einer ,,Anti-Antifa Braunschweig" mit einem Foto von mir und einem diffamierenden Text auf. ,,Lügen, Hetze und Gewalt" hätte ich zu verantworten, heißt es darauf.

Wenige Wochen später liegt eines Morgens ein Flyer der Partei Die Rechte in meinem Briefkasten, darauf gekritzelt ein Smiley. An der Haustür kleben rechte Aufkleber. Zwei Tage später tauchen wieder Sticker dort auf. Am Abend komme ich mit meiner Familie nach Hause. Die Tür ist mit einer roten, zähflüssigen Substanz beschmiert. Was auf den ersten Blick aussieht wie Blut, stellt sich später als Ketchup heraus. Ich schaue in den Briefkasten, dort ist alles nass. Es riecht nach Essig, meine Augen beginnen zu tränen, die Haut brennt. Essigsäure, vermute ich und rufe abermals die Polizei. Dieses Mal kommt gleich die Spurensicherung.

Der Zeitpunkt der Attacke dürfte kein Zufall sein: An diesem Tag hatte die niedersächsische NPD den Aufruf zur Demonstration gegen mich und die beiden anderen Journalisten veröffentlicht. Ein bisschen mulmig ist mir schon zumute, wenn ich darüber nachdenke, am Samstag wie immer die Demonstration der NPD zu begleiten und Fotos zu machen. Mut macht da der Aufruf, den über 450 Journalistinnen und Journalisten, Medienschaffende, Redaktionen und Journalistenverbände unterzeichnet haben. Ein überwältigendes Zeichen der Solidarität mit uns drei Fachjournalisten.

Am Tag nach dem Vorfall lese ich in der Zeitung die Äußerungen eines Polizeisprechers, der sagt, es handele sich vermutlich nicht um Säure, sondern lediglich um Essig. Der Fall sei auch keine Sachbeschädigung, da ich ja alles einfach abgewischt hätte und keine Schäden entstanden seien. Für mich klingt das wie eine Verharmlosung. Für den oder die Täter ist es offensichtlich wie eine Aufforderung, weiterzumachen: Zwei Tage später wird nachts wieder Ketchup an die Tür geschmiert. Dass die Polizei regelmäßig mit einer Streife vorbeischaut und die Tür in Augenschein nimmt, war anscheinend nicht besonders abschreckend.

Wenige Tage später gibt es dann endlich eine Erfolgsmeldung der Polizei: Bei einer Hausdurchsuchung habe man ausreichend Beweismittel sichergestellt und werde den Fall jetzt der Staatsanwaltschaft übergeben. Der Neonazi, den die Polizei jetzt als Täter verdächtigt, ist regelmäßig an Aktivitäten der NPD und deren Jugendorganisation Junge Nationalisten beteiligt, trat als Ordner bei einem Landesparteitag auf.

Das Verfahren wegen der Drohung ,,Heute Walter, morgen Janzen!" gegen einen anderen Neonazi hat die Staatsanwaltschaft allerdings bereits eingestellt. Der Täter sei wegen anderer Delikte verurteilt worden, teilt mir die Behörde mit. Eine mögliche Strafe wegen dieser Drohung falle da nicht mehr ins Gewicht.



Aus: ,,Wir töten dich!" David Janzen (22. November 2019)
Quelle: https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2019/11/22/morddrohungen-neonazis-demonstration-hannover-npd_29273

QuoteMumbalie   #33

Lieber Herr Janzen, es macht mich sehr wütend, was Ihnen widerfahren ist. Ich bewundere Ihren Mut und Ihr Rückgrat, sich nicht einschüchtern zu lassen, sondern alles öffentlich zu machen.


QuoteNurManchmal #14

Herr Janzen, Sie haben meinen tiefsten Respekt.


QuoteHarmlos01 #17

Traurig, dass Menschen auf das Niveau sinken und Familienväter wegen deren politischer Ansichten bedrohen.
An die Täter gerichtet kann man nur sagen, dass diese sich schämen sollten. Kein ehrenwerter Mensch möchte wohl zu der Sorte Volk gehören, zu der Ihr euch bekennt!
An den Journalisten und seiner Familie: Viel Kraft!


QuoteMapleRidge #19

Gleichzeigtig sind die Damen und Herrn vom rechten Rand geradezu mimosenhaft empfindlich. Als der AFD-Ortsvorsitzende in unserer kleinen Stadt Niederbayern eine Torte ins Gesicht geworfen bekam, wurde von einem feigen Terroranschlag gesprochen, wortwörtlich. ...


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Quote[...]  Das Abbild eines Mannes in Schwarz-Weiß, eingerahmt von einem Verbotszeichen, darunter prangt die Parole: "Weg mit Feldmann". Das Plakat, das Neonazis bei einer Demonstration am Samstag in Hannover gezeigt haben, ist eine unmissverständliche Botschaft der rechtsextremen NPD: Die Presse ist ihr Feind. Der Mann auf dem Foto, Julian Feldmann, ist Journalist des öffentlich-rechtlichen NDR – und die Kundgebung ein Feldzug gegen ihn und andere Medien.

Unter dem Motto "Schluss mit steuerfinanzierter Hetze – Feldmann in die Schranken weisen" versammelten sich nach einem Aufruf der NPD rund 100 Teilnehmer. Sie demonstrierten gegen Feldmann und zwei weitere Kollegen, darunter auch Störungsmelder-Autor David Janzen. Vermeintlich wollten die Neonazis auf unlautere Berichterstattung aufmerksam machen. Die Wortwahl jedoch hatte mit Medienkritik nicht viel zu tun: Der rechtsextreme Redner Sven Skoda sprach von "staatlich alimentierten Brunnenvergiftern" und "Schädlingen". Der Chef der NPD-Jugendorganisation Junge Nationalisten (JN) in Niedersachsen, Sebastian Weigler, erwähnte zehn kritische Journalisten namentlich.

Die drastischen Drohgebärden der NPD sind ein Mittel im Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit. Nach dem Verlust all ihrer Landtagsmandate hat die Partei kaum noch politische Schlagkraft, kündigte daher im September dieses Jahres in einem internen Positionspapier an, sich vermehrt im ,,vorpolitischen Raum" zurückmelden zu wollen. Nun folgten Taten. Dem Ruf der NPD folgten auch Mitglieder der JN, der Partei Die Rechte, parteilose Neonazis sowie sonstige Szenegänger.

Anlass des Aufmarsches: ein Fernsehbeitrag von Feldmann aus dem vergangenen Jahr. Darin hatte der Reporter den in Frankreich wegen Kriegsverbrechen verurteilten SS-Mann Karl Münter interviewt, der unbehelligt in Deutschland lebte und sich wenig reumütig zeigte. Nach der Ausstrahlung wurde Münter als erkannter Kriegsverbrecher in seinem Wohnort gemieden, aus Vereinen ausgeschlossen und schließlich von Unbekannten überfallen. Im September dieses Jahres starb er.

Die rechte Szene gibt Feldmann und seinem Bericht die Schuld an der Ächtung und dem Überfall. Der Reporter habe sich ,,durch sein Verhalten an vielen Stellen und bei vielen Personen unbeliebt gemacht", hieß es noch relativ neutral in einer Erklärung, die NPD und JN über den Messenger-Dienst Telegram verbreiteten. Deutlicher wurde der stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei, Thorsten Heise. "Der Revolver ist schon geladen, Herr Feldmann", soll Heise im Vorfeld geäußert haben. Des weiteren hatte die NPD für ihren Aufzug die Parole ,,alle zusammen gegen Feldmann und seine roten Konsorten" ausgegeben.

Der Kampf gegen die Presse hat bei der NPD System: Er erscheint als Teil ihres sogenannten Vier-Säulen-Konzepts. Zu der Strategie gehören laut Partei der "Kampf um die Parlamente", der "Kampf um die Köpfe", der "Kampf um den organisierten Willen" – und der "Kampf um die Straße". Für die NPD ist dieser Kampf die wirksamste Methode, Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskursen zu nehmen. In der Vergangenheit gelang ihr dies beispielsweise durch Demonstrationen gegen die Wehrmachtsausstellung und gegen Flüchtlingsheime oder etwa das ,,Schutzzonen"-Konzept, bei dem Parteigruppen nach Art einer Bürgerwehr an vermeintlich unsicheren Orten patrouillieren. Nun rücken Journalisten in den Fokus.

Der Aufmarsch in Hannover wurde von Protesten des Aktionsbündnisses Bunt statt braun begleitet. An verschiedenen Veranstaltungen nahmen mehrere Tausend Menschen teil. Auch Hannovers neuer Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) war vor Ort und erklärte, dass er an der Seite Journalistinnen und Journalisten stehe. Zudem hatten zuvor bereits 450 Journalisten sowie 20 Verbänden und 17 Redaktionen, darunter auch die ZEIT und ZEIT ONLINE, ihre Solidarität mit Julian Feldmann erklärt. Sie unterzeichneten eine Erklärung mit dem Titel "Schützt die Pressefreiheit", in der sie ein Verbot des Aufmarsches forderten.

Das Polizeipräsidium Hannover hatte jedoch zunächst keine Einwände gegen die Demonstration, weil der Reporter eine Person des öffentlichen Lebens sei – und somit ein legitimes Ziel von Kritik.Wenig später tauchten im Internet Flyer mit dem Slogan "Rache für Karl" auf, die ein Bildnis von Karl Münter in SS-Uniform und Werbung für die Demonstration enthielten. Daraufhin attestierte die Polizei der Neonazi-Versammlung, eine Gefahr für die Pressefreiheit zu sein und sprach ein Verbot aus. Dagegen wehrte sich die NPD vor Gericht – mit Erfolg. Einschüchtern ließen sich viele Journalisten dennoch nicht. Selbst Reporter, gegen die die Partei am Samstag demonstrierte, berichteten aus Hannover.

Hinweis: Der Autor dieses Artikels hat seinerseits die Solidaritätsbekundung für den Journalisten Julian Feldmann unterzeichnet.


Aus: "Feldzug gegen die Presse" Hardy Krüger (23. November 2019)
Quelle: https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2019/11/23/feldzug-gegen-die-presse_29345

QuoteJuliusU995 #2

"Der Revolver ist schon geladen, Herr Feldmann",

Unfassbar


QuotePeter Meyer HH #31

Der Pranger ist abgeschafft. Eine zivilisatorische Großtat. Was die rechten Extremisten damit tun, ist somit sonnenklar: der Versuch, unsere Gesellschaft und unser Land zu dezivilisieren. Bei sich selbst haben sie es schon geschafft, was deshalb doppelt peinlich für sie ist, weil es sie einerseits selbst entlarvt, sie aber zu allem Überfluss dabei auch noch meinen, sie würden damit die Kultur des Abendlandes retten. ...


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Textaris(txt*bot)

#232
Quote[...] Im Zuge der Ermittlungen nach dem Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia hat die Polizei in Malta am Samstag Wirtschaftsminister Chris Cardona vernommen. Cardona sei gebeten worden, einige Klarstellungen zu geben, ,,einschließlich zu Spekulationen, die es über ihn in der Vergangenheit gegeben hat", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Cardona betrat das Polizeipräsidium gegen Mittag und verließ es bald darauf wieder.

Caruana Galizia, eine regierungskritische Bloggerin, war am 16. Oktober 2017 nahe ihrem Haus in Bidnija in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die 53-Jährige hatte unter anderem über Korruption bei Regierung und Geschäftsmännern auf Malta recherchiert. Drei Männer wurden festgenommen und angeklagt. Sie sollen den Sprengsatz gebaut und gezündet haben. Wer hinter ihnen steckte, ist bislang nicht klar.

Am Mittwoch war ein prominenter Geschäftsmann festgenommen worden. Er wurde im Morgengrauen von der Küstenwache abgefangen, als er auf seiner Jacht bereits aus einer Marina nahe Valletta ausgelaufen war. Caruana Galizia hatte Monate vor ihrem Tod über dessen geheime Offshore-Gesellschaft namens ,,17 Black" geschrieben, die führende Politiker des kleinsten EU-Landes geschmiert haben soll.

Die Journalistin hatte auch Minister Cardona in ihrem Blog angegriffen. Dieser sagte der Zeitung ,,Malta Today", die Polizei habe ihm vier Fragen gestellt, darunter auch, ob er in den Mord verwickelt sei oder einen kürzlich festgenommenen mutmaßlichen Mittelsmann kenne. ,,Meine Antwort war ,Nein'", zitierte ihn die Zeitung.

Der am Mittwoch festgenommene Geschäftsmann kam am Samstag ins Krankenhaus, nachdem er über Schmerzen im Brustkorb geklagt hatte. Der Nachrichtensender TVM berichtete, er sei in eine Infarktabteilung im nationalen Mater-Dei-Hospital gebracht worden. Laut ,,Times of Malta" bat der Mann bereits um Straffreiheit im Austausch für Informationen über den Mord. (dpa)


Aus: "Maltesische Polizei verhört Wirtschaftsminister" (24.11.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/mord-an-journalistin-caruana-galizia-maltesische-polizei-verhoert-wirtschaftsminister/25262434.html

"Regierungsmitarbeiter wegen Mordfall Galizia zurückgetreten" (26. November 2019)
Im Zusammenhang mit dem Mord ist nun der Büroleiter des Regierungschefs von Malta zurückgetreten. Das teilte Ministerpräsident Joseph Muscat in Valletta mit. Sein bisheriger Büroleiter Keith Schembri soll Polizeikreisen zufolge verhört werden, nachdem ein Hauptverdächtiger in dem Mordfall seinen Namen genannt habe. ... Caruana Galizias Recherchen konzentrierten sich zum Großteil auf den "Panama Papers"-Skandal und auf die damit in Verbindung stehende Korruption auf höchster Ebene in Malta. Aus vor Gericht veröffentlichten E-Mails schien hervorzugehen, dass der damalige Energieminister Konrad Mizzi und Muscats bisheriger Büroleiter Schembri Firmen in Panama unterhielten, die Zahlungen von 17 Black erhalten haben sollen. Demnach soll es Zahlungen von tausenden Euro täglich für nicht näher genannte Dienste gegeben haben. ...
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/mordfall-caruana-galizia-bueroleiter-malta-regierungschef-ruecktritt

QuoteOtto2 #1

Morde sind nur die Spitze eines Eisberges
Bevor gemordet wird, gibt es andere Möglichkeiten, Journalisten unter Druck zu setzen bzw. sie zu korrumpieren.
Alle diese Methoden sind ein Element der Zersetzung von Demokratie, deshalb ist es nötig, derartige Entwicklungen immer (!) in breiter Öffentlichkeit zu publizieren.
Einen ähnlichen Mordfall gab es in der Slowakei.


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bratislava – Der mutmaßliche Auftraggeber des slowakischen Journalistenmordes vom Februar 2018 hat offenbar systematisch Richter bestochen, die über seine zahlreichen Betrugsfälle zu entscheiden hatten. Das hat der Slowakische Richterrat als oberste Standesvertretung aller Richter des Landes am Dienstag gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur TASR erstmals öffentlich bestätigt.

Wegen des Verdachts der Korruption will der Richterrat nach mehrwöchigen Untersuchungen nun zunächst gegen zwei Richter ein internes Disziplinarstrafverfahren eröffnen. Unter Verdacht stehen aber noch weitere Richter.

Die Untersuchungen des Richterrats gegen die verdächtigten Richter stützten sich vor allem auf Aufzeichnungen der Handykommunikation, die bei dem Hauptangeklagten Marian K. im Zuge der Mordermittlungen beschlagnahmt wurden. Der Unternehmer muss sich ab dem 19. Dezember vor Gericht verantworten, weil er den Mord am Investigativjournalisten Ján Kuciak in Auftrag gegeben haben soll. Mit ihm angeklagt sind eine Frau und zwei Männer, die die Tat organisiert und ausgeführt haben sollen.

Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová waren am 21. Februar 2018 in ihrem Haus im westslowakischen Dorf Veľká Mača erschossen worden. Kuciak hatte zuvor nicht nur über die zwielichtigen Geschäfte von K., sondern auch über mögliche Verbindungen italienischer Mafiaclans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern recherchiert. Nach dem Mord führten Massendemonstrationen gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen zum Rücktritt der Regierung.

Zu den beiden Richtern, gegen die der Richterrat nun ein Disziplinarstrafverfahren beginnen will, gehört auch die ehemalige Justizstaatssekretärin Monika Jankovská. Es sei aber keiner jener Richter betroffen, die im Mordprozess gegen K. entscheiden würden, betonte eine Gerichtssprecherin. (APA, 26.11.2019)


Aus: "Angeklagter im Mord an Ján Kuciak bestach Richter" (26. November 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000111555510/angeklagter-im-mord-von-jan-kuciak-bestach-richter

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ein Bundesrichter in Brasília hat eine Anklage des in Brasilien lebenden Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald zurückgewiesen. Greenwald war vorgeworfen worden, Handys von Staatsvertretern gehackt zu haben. Der Richter begründete seine Entscheidung verschiedenen Medien zufolge mit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem vergangenen Jahr. Es hatte verboten zu ermitteln, wie Greenwald Informationen bekommen hat, die die von ihm gegründete Enthüllungsplattform "The Intercept Brasil" veröffentlicht hatte.

Greenwald und sechs weiteren Personen wird vorgeworfen, die Handys unter anderem des Justizministers Sergio Moro und des Staatsanwalts Deltan Dallagnol, der den Einsatz gegen Korruption "Lava Jato" (Autowäsche) leitet, gehackt zu haben. Deren Chat-Nachrichten erweckten den Eindruck, Richter und Staatsanwaltschaft könnten sich bei den Ermittlungen gegen den ehemaligen linken Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva illegal abgesprochen haben.

Die Ermittlungen endeten in einer Haftstrafe für Lula, der in den Umfragen geführt hatte. Der Weg für den rechten Politiker Jair Bolsonaro zum Sieg bei den Präsidentenwahl 2018 in Brasilien war damit frei. Greenwald, der mit einem Brasilianer verheiratet ist, sagte, es reiche ihm nicht, dass er vorerst nicht angeklagt werde. In Videos in sozialen Netzwerken kündigte er an, seine Anwälte würden selbst vor den Obersten Gerichtshof ziehen. Die Anklagen gegen die sechs weiteren Personen wurden zugelassen. (tiw)


Aus: "Brasilien: Richter weist Klage gegen Enthüllungsjournalisten Greenwald zurück" (08.02.2020)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Brasilien-Richter-weist-Klage-gegen-Enthuellungsjournalisten-Greenwald-zurueck-4655998.html

Quotesou, 08.02.2020 14:50

Da enthüllt jemand übelste Manipulation vor einer Präsidentenwahl und das einzige was passiert, ist, daß Journalisten angeklagt werden und man sich noch mehr Sorgen um die Pressefreiheit machen muß.
... Es läuft so beschissen in der Welt inzwischen, so viele korrupte Regimes, und ein gehirngewaschenes Volk, das immer nur dem größten Schreihals und Lügner hinterherläuft.

Übrigens hat das Regime nur VORLÄUFIG von einer Anklage gegen Herrn Greenwald abgesehen, das kann also durchaus noch kommen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (08.02.2020 14:52).


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] ,,Die Pressefreiheit ist nicht verhandelbar", proklamiert die Klimaaktivistin Greta Thunberg auf Twitter. Sie reagiert damit auf einen Bericht von Politico.eu, wonach ungarische Staatsmedien über bestimmte, in Listen gesammelte Themen nur nach vorheriger Genehmigung berichten dürfen. ,,Solche Listen dürften gar nicht existieren. Aber wenn sie es tun, ist es mir eine Ehre, mich darauf zu befinden", schreibt Thunberg weiter in ihrem Tweet.

Der Plattform Politico.eu, an der auch der Axel Springer Verlag beteiligt ist, waren geleakte E-Mails über diese Listen zugespielt worden. Die Mails erhielten demnach auch Screenshots mit Anweisungen an die staatlichen Medienmitarbeiter. Politico.eu ist ein Ableger des gleichnamigen US-Angebots, das seit 2007 im Internet und auch als tägliche Zeitung erscheint. In Europa gibt es neben der Webseite und diversen Abo-Diensten auch ein wöchentliches Magazin.

Zu den Themen, bei denen die Journalisten von staatlichen Medien in Ungarn vor der Veröffentlichung Entwürfe einreichen müssen, gehören demnach Migration, Terror in Europa, Kirchenangelegenheiten, EU-Politik und eben Greta Thunberg. Auch ungenehmigte Veröffentlichungen von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch stehen demnach auf dem Index.

Im Fall von Greta Thunberg benötigen ungarische Journalisten nicht nur eine Erlaubnis für die Veröffentlichung, sondern bereits dafür, überhaupt mit dem Schreiben zu beginnen. Die Entscheidung über Veröffentlichungen zu diesen Themen liegt Politico zufolge beim Media Service Support and Asset Management Fund (MTVA), also der Dachorganisation des staatlichen Rundfunks in Ungarn. Auch Ungarns einzige Nachrichtenagentur MIT untersteht der MTVA.

Die Dachorganisation reagierte zunächst nicht auf Anfragen von Politico. Im Nachhinein bezeichnete MTVA die Entscheidungen der staatlichen Medien zur Berichterstattung als Teil eines normalen redaktionellen Prozesses – wie in jeder anderen Redaktion der Welt. Dabei würden die ungarischen staatlichen Medien ,,den Standards der BBC" folgen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation ,,Reporter ohne Grenzen" liegt Ungarn auf dem 87. von 180 Plätzen. Zum Vergleich: Deutschland liegt auf Position 13, Tschechien auf Rang 40 und Polen auf Platz 59. Noch viel schlechter ist es in Russland (Platz 149) und Weißrussland (Rang 153) um die Pressefreiheit bestellt.

Laut ,,Reporter ohne Grenzen" gibt es in Ungarn noch weitere Listen: Mehrmals hätten regierungsnahe Medien ,,schwarze Listen" mit den Namen unliebsamer Journalist veröffentlicht, schreibt die Journalistenorganisation auf ihrer Webseite.

Das Europäische Parlament hat im September 2018 ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages gegen Ungarn ausgelöst. Die Mitgliedsstaaten sollen nun festzustellen, ob Ungarn Gefahr läuft, die Grundwerte der Union zu verletzen. Es war das erste Mal, dass das EU-Parlament den EU-Rat aufgefordert hat, gegen ein Mitgliedsland vorzugehen.

Zu den Werten, die das Parlament als gefährdet ansieht, gehören die Achtung von Demokratie und somit auch die Pressefreiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Die Regierung von Premierminister Viktor Orbán hat solche Bedenken zurückgewiesen.


Aus: "Pressefreiheit in Ungarn: Greta Thunberg auf dem Index" Kurt Sagatz (03.03.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/pressefreiheit-in-ungarn-greta-thunberg-auf-dem-index/25603620.html

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Quote[...] Wissenschaftliche Publikationen studieren, politische Maßnahmen analysieren und im Netz veröffentlichte Informationen kritisch einordnen – Journalisten nehmen in der Coronakrise eine Schlüsselrolle in der Aufklärung der Bevölkerung ein. Doch in vielen Ländern wird die unabhängige Arbeit von Medienschaffenden zunehmend eingeschränkt.

Die Nichtregierungsorganisation ,,Reporter ohne Grenzen", die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, ist alarmiert. ,,Wir stehen vor neuen Herausforderungen", sagt Geschäftsführer Christian Mihr im Gespräch mit dem Tagesspiegel. ,,Ich bin selber überrascht, dass es fast auf der ganzen Welt Einschränkungen wegen der Coronavirus-Ausbreitung gibt."

So wurde etwa in Honduras der Verfassungsartikel zur Pressefreiheit außer Kraft gesetzt. In Armenien dürfen Journalisten nur noch amtliche Informationen über die Corona-Pandemie veröffentlichen und in Ägypten wurden mehrere Nachrichten-Portale wegen der ,,Verbreitung falscher Nachrichten" für sechs Monate gesperrt. Zudem entzog Kairo der ,,The Guardian"-Journalistin Ruth Michaelson die Akkreditierung, weil sie über eine Studie berichtet hatte, die von einer deutlich höheren Fallzahl in Ägypten ausgeht.

Innerhalb der EU wird insbesondere in Ungarn die Pressefreiheit zunehmend beschnitten. Die Regierung von Präsident Orban hat einen Entwurf für eine Notverordnung erarbeitet. Dieser sieht vor, dass Journalisten für bis zu fünf Jahre für ,,falsche" oder ,,verzerrte" Berichte zur Coronakrise inhaftiert werden können. ,,Das passt in das Muster, dass autoritäre Reflexe nun verschärft werden", sagt Mihr.

Auch die Situation von inhaftierten Journalisten in der Türkei und im Iran bereitet dem Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Sorge. Viele Insassen wurden in sogenannten ,,Hafturlaub" entlassen. Im Iran gilt dies jedoch nicht für politische Häftlinge und in der Türkei wurden Terrordelikte von der Regelung ausgenommen – worunter so gut wie alle Journalisten fallen.

Für sie haben sich die Haftbedingungen dramatisch verschlechtert und der Zugang zu Anwälten und zur Familie wurde weiter eingeschränkt. ,,Journalisten werden explizit von den Maßnahmen ausgenommen und bewusst einer Gefahr ausgesetzt, sagt Mihr. Es zeige sich, dass die Pandemie zunehmend als ,,Vorwand" genutzt werde.

Welchen Gefahren kritische Journalisten ausgesetzt sind, wird auch in China deutlich. In dem Ursprungsland des Covid-19-Ausbruchs sind bereits einige Journalisten verschwunden, die die Angaben der Regierung in Frage gestellt hatten. So auch der 25 Jahre alte Li Zehua. Der Journalist hatte seinen Job beim chinesischen Staatsfernsehen gekündigt, um als unabhängiger Journalist aus Wuhan zu berichten. In Aufnahmen hatte er unter anderem heimlich Eindrücke aus einem Krematorium festgehalten – und festgestellt, dass der Arbeitsaufwand dort nicht mit den offiziellen Covid-19-Todeszahlen übereinstimmen kann. 

Seine vorerst letzten Beiträge veröffentlichte er am 26. Februar. Li Zehua filmte sich in seinem Wagen, während er von der Staatssicherheit verfolgt wurde. Danach wandte er sich in einem Livestream in seiner Wohnung noch einmal an seine Hörerschaft. Seitdem fehlt von ihm jede Spur.

Laut Reporter ohne Grenzen wird die Kritik am chinesischen Krisenmanagement und an den Maßnahmen der Regierung zunehmend von den Behörden unterdrückt – auch weil das chinesische System als überlegen in der Krise dargestellt werden soll.

Dabei ist eine freie Berichterstattung auch für die Eindämmung des Coronavirus essentiell. Denn es gibt weltweit unterschiedliche Ansätze, welche Maßnahmen bei der Bekämpfung des Virus umgesetzt werden sollen – und noch kann nicht vollends eingeschätzt werden, welche Wege letztlich erfolgreich sein werden.

,,In vielen Ländern werden die Sichtweisen eingeschränkt, die nicht dem Handeln der Regierung entsprechen" sagt Mihr. Stattdessen soll die Regierungssicht durchgesetzt werden. Insbesondere in der Coronakrise gelte es deshalb die Pressefreiheit zu schützen. Denn: ,,Wer jetzt eine unabhängige Berichterstattung einschränkt, vergrößert nicht nur die Verunsicherung", sagt Mihr. ,,Sondern Menschen werden auch ganz realen Gefahren ausgesetzt."


Aus: "Wenn die Wahrheit zur Corona-Pandemie nicht ans Licht kommen soll" Gloria Geyer (26.03.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/journalisten-weltweit-unterdrueckt-wenn-die-wahrheit-zur-corona-pandemie-nicht-ans-licht-kommen-soll/25683454.html

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#237
Quote[...] Die Ermittlungen zu dem Angriff auf ein Team der ZDF-Satiresendung ,,heute-show" vom 1. Mai gestalten sich schwierig. Die Aufklärung der Tat sei ,,angesichts der Dynamik und Unübersichtlichkeit des Geschehens aufwändig", erklärte die Staatsanwaltschaft am Montag.

Es müssten zahlreiche Zeugen vernommen werden, bisherige Aussagen ,,ergeben nicht in allen Details ein einheitliches Bild", hieß es. Auch Bildmaterial von der Tat und der Umgebung und zum Verhalten der Verdächtigen müsse ausgewertet werden.

Das Motiv ist noch unklar: Eine Rolle spielt bei den Ermittlungen, dass ein Teil der sechs Tatverdächtigen bereits mit politisch motivierter Kriminalität bei der Polizei bekannt ist, einer soll 2015 als Gewalttäter aufgefallen sein.

Für die Staatsanwaltschaft sind alle Verdächtigen ,,dem linken Spektrum zuzurechnen". Nach Tagesspiegel-Information soll es vor dem Übergriff Streit zwischen dem TV-Team und den Angreifern gegeben haben, Letztere wollten nicht gefilmt werden.

Das siebenköpfige ZDF-Team hatte am Freitag bei der ,,Hygiene-Demo" gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen auf dem Rosa-Luxemburg-Platz gedreht, bei der sich Rechte und Verschwörungstheoretiker tummelten. Auch hierbei prüfen die Ermittler einen Zusammenhang.

Auf dem Weg zu ihren Autos wurde das TV-Team, darunter private Wachleute, von einer etwa 15-köpfigen Gruppe in der Nähe des Hackeschen Marktes angegriffen. Die Polizei nannte den Überfall ,,gezielt". Die Täter sollen eine Metallstange eingesetzt haben. Fünf ZDF-Mitarbeiter wurden teils erheblich verletzt.

Der Kabarettist Abdelkarim Zemhouteder, der bei dem Dreh dabei war, sagte zu dem Angriff am Montag in einem Video der ,,heute-show": ,,Viel feiger kann ein Angriff gar nicht sein."  Er verglich den Angriff mit einem ,,Zombie-Film, wo aber die Zombies rennen können."

Man könne gar nicht beschreiben, wie schlimm das ausgesehen habe, so Abdelkarim. Am Anfang habe er gedacht, die Gruppe laufe vor der Polizei weg, bis er verstanden habe: ,,Oh, es geht echt um uns." Dann sei er weggelaufen und habe Hilfe geholt. Er beschreibt die Szene als ein ,,Einschlagen auf eine völlig wehrlose Gruppe, von der null Gefahr ausging".

Sechs Verdächtige im Alter von 24 bis 31 Jahren, vier Männer, zwei Frauen, waren in der Nähe des Tatortes festgenommen worden. Sie waren mit Fahrrädern und einem Auto geflohen. Von ihnen leben vier in Berlin, zwei sind in Baden-Württemberg gemeldet. Haftbefehle waren nicht möglich, die Beweislage sei bei vier Verdächtigen zu dünn, bei den zwei übrigen gibt es keine Fluchtgefahr.

Die Bundesregierung verurteilte die Tat am Montag scharf. ,,Wer Journalisten angreift, bedroht, verletzt, der steht weit außerhalb unserer demokratischen Ordnung", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

,,Wir sehen seit Längerem, dass Extremisten aller Richtungen die Pressefreiheit, eines unserer wichtigsten Grundrechte, buchstäblich mit Füßen treten", sagte Seibert. Es sei traurig, dass die Begleitung durch Sicherheitsleute für Journalisten bei vielen Demonstrationen heute schon obligatorisch sei.


Aus: "Täter hatten vor Übergriff wohl Streit mit ,,heute-show"-Team" Alexander Fröhlich (04.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/angriff-auf-zdf-kamerateam-in-berlin-taeter-hatten-vor-uebergriff-wohl-streit-mit-heute-show-team/25799530.html

Quote2010ff 04.05.2020, 22:35 Uhr

    Nach Tagesspiegel-Information soll es vor dem Übergriff Streit zwischen dem TV-Team und den Angreifern gegeben haben, Letztere wollten nicht gefilmt werden.

Langsam bekommt die Geschichte einen Inhalt.


Quotemcgyver 04.05.2020, 18:59 Uhr

    Täter hatten vor Übergriff wohl Streit mit ,,heute-show"-Team

Da bin ich ja neugierig, welche Form von "Streit" das gewesen sein soll, der einen organisierten Überfall mit Eisenstangen rechtfertigt. ...


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Quotealtautonomer 04.05.2020, 19:04 Uhr

Ob hier auch Hunderte Kommentare zusammen kommen werden, wie bei dem Artikel zum Angriff der nationalbolschewistischen, völkischen und antiemanzipatorischen Leuten vom scheinaufgelösten Jugendwiderstand, auf das zdf-Team am 1. Mai am Rande der sog. Hygienedemo, deren Schutz sich diese Truppe zum Ziel gemacht hat. Jene Demo, die von VT-Heinis, Impfgegnern, Faschisten, Neo-Nazis, Virus-Leugnern und -Relativierern.

Es ist ja kein Geheimnis, dass der JW für den Angriff verantwortlich ist. Diesen als links zu bezeichnen, wäre so, als ob man Naidoo geistig gesund oder die Erde eine Scheibe nennen würde. Der JW hat am liebsten Linke attackiert, die sich mit Israel solidarisieren oder auch nur den kruden Ansichten dieser Truppe widersprach.

So viel dazu ...


Zu: "Fernsehjournalistin bei Einsatz am 1. Mai in Berlin mit Faust ins Gesicht geschlagen" Madlen Haarbach (04.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/ermittlungen-gegen-polizist-fernsehjournalistin-bei-einsatz-am-1-mai-in-berlin-mit-faust-ins-gesicht-geschlagen/25800116.html

...

Der Jugendwiderstand war eine von 2015 bis 2019 bestehende antisemitische, maoistische, stalinistische, militante und nach Einschätzung des Verfassungsschutzes linksextreme Gruppe aus Berlin. Auf Graffiti wurde die Gruppe auch mit JW abgekürzt. Die Gruppe soll vor allem in Berlin-Neukölln aktiv gewesen sein. Andere linke Gruppierungen distanzierten sich von der Vereinigung.
Die Gruppe war vor allem für ihre Gewaltbereitschaft, für ihren aggressiven Antizionismus und Hass auf Antideutsche bekannt. ...
(Stand: 12. Februar 2020)
https://de.wikipedia.org/wiki/Jugendwiderstand_(Berliner_Gruppe)

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bei einem Polizeieinsatz am 1. Mai in Kreuzberg soll eine Journalistin durch einen Polizisten mit einem Faustschlag im Gesicht verletzt worden sein. Das teilte die Berliner Polizei am Montag mit.

Dem Tagesspiegel sagte die 22-jährige Fernsehjournalistin Lea R., dass sie und ihr Team gerade Dreharbeiten am Rande der Demonstrationen in der Oranienstraße beendet hätten. Ihr vollständiger Name ist dem Tagesspiegel bekannt. R. war demnach Teil des Produktionsteams einer Nachrichtenagentur für Fernsehbilder.

Gegen 23 Uhr soll ein Polizist auf sie zu gekommen sein und ihr direkt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. "Das war überhaupt nicht absehbar", sagte sie dem Tagesspiegel. Der Schlag war aus ihrer Sicht "gezielt". In der "RBB-Abendschau" am Montagabend sagte die 22-Jährige, dass der Polizist dabei einen nicht zugelassenen, plastikverstärkten Handschuh getragen habe. Der Polizist soll Teil der 15. Einsatzhundertschaft der Berliner Polizei gewesen sein.

Sie sei unter anderem mit einer Tonangel und weiterer Tontechnik ausgestattet und damit klar als Teil des Filmteams erkennbar gewesen sein, sagte sie. Kurz zuvor soll das Fernsehteam vor Ort Aufnahmen gemacht haben und unter anderem eine Festnahme gefilmt haben.

In einem Video, das dem Tagesspiegel vorliegt, sieht man eine Rangelei und R. nach dem Schlag am Boden liegen. Ihre Kollegen rufen im Hintergrund "Presse! Presse!".

Eine ärztliche Untersuchung am folgenden Tag ergab, dass ihr zwei Zähne abgebrochen waren. Außerdem erlitt sie Prellungen im Gesicht. Am selben Tag zeigte die Journalistin den Angriff auf sie an.

Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, verurteilte den Angriff auf Twitter als "inakzeptabel".

Ein Fachkommissariat der Polizei für Beamtendelikte, das beim Landeskriminalamt angesiedelt ist, führt nun Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt.

Thilo Cablitz, Sprecher der Berliner Polizei, bestätigte gegenüber dem Tagesspiegel, dass R. ihm den Vorfall am Montag geschildert habe. Er habe ihr das weitere Verfahren erläutert und dass es jetzt darum ginge, die Hintergründe der im Raum stehenden Körperverletzung aufzuklären. Er habe Hilfsangebote für Opfer von Gewalterfahrungen aufgezeigt und erklärt, dass es ihm aufrichtig leid täte, wenn sich der Verdacht bestätigt, sagte Cablitz.


Aus: "Fernsehjournalistin bei Einsatz am 1. Mai in Berlin mit Faust ins Gesicht geschlagen" Madlen Haarbach (04.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/ermittlungen-gegen-polizist-fernsehjournalistin-bei-einsatz-am-1-mai-in-berlin-mit-faust-ins-gesicht-geschlagen/25800116.html


Textaris(txt*bot)

"A Reporter's Cry on Live TV: 'I'm Getting Shot! I'm Getting Shot!'" Frances Robles (May 30, 2020)
From a television crew assaulted by protesters to a photographer struck in the eye, journalists have found themselves targeted on the streets of America.
https://www.nytimes.com/2020/05/30/us/minneapolis-protests-press.html

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Quote[...] In den USA kommt es im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen Rassismus auch zu zahlreichen Übergriffen auf Pressevertreter. Schlagzeilen machte zum Beispiel die Verhaftung eines CNN-Reporters vor laufenden Kameras am vergangenen Mittwoch. Seitdem wurden zahlreiche weitere Journalisten verhaftet und teilweise aus nächster Nähe mit Tränengas, Pfefferkugeln und Gummigeschossen von Polizisten angegangen.

Die Organisation "U.S. Press Freedom Tracker", die Übergriffe auf Pressevertreter dokumentiert, zählt derzeit 100 Fälle, denen sie nachgeht. Die Übergriffe ereigneten sich allein in den vergangenen drei Tagen (hier gibt es einen Blick auf die Fälle vom 31.5.) und wurden zumeist von den betroffenen Journalisten selbst, zum Beispiel, auf Twitter dokumentiert. Die Mehrheit der Übergriffe sei von der Polizei ausgegangen, bilanziert "U.S. Press Freedom Tracker".

Gewalt geht aber auch von Demonstranten aus. So wurde vor einigen Tagen die CNN-Zentrale in Atlanta von gewalttätigen Protestierenden angegriffen. Außerdem gibt es Berichte über die Zerstörung von Übertragungswagen von Fernsehsendern.

Die Zahlen des "U.S. Press Freedom Tracker" im Detail: Mindestens 19 Reporter seien in den vergangenen dei Tagen verhaftet, 36 beschossen, und 76 körperlich attackiert worden. Die Zahlen könnten sich im Laufe der Recherche aber noch ändern, schreibt die Organisation. (Tsp)


Aus: "Polizeigewalt in den USA: Rund 100 Übergriffe auf Journalisten in nur drei Tagen" (02.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/polizeigewalt-in-den-usa-rund-100-uebergriffe-auf-journalisten-in-nur-drei-tagen/25879074.html

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Quote[...] Der Bericht ist Teil eines internationalen Rechercheprojekts des Vereins Forbidden Stories, der die Arbeit von Reportern weiterführt, die bedroht werden oder die bei ihren Recherchen ermordet wurden. Mehr als 20 Journalisten von Medien wie der Washington Post oder Haaretz arbeiten daran. In Deutschland sind an dem Projekt neben der ZEIT auch der NDR, der WDR und die Süddeutsche Zeitung beteiligt.

Omar Radi fürchtete schon lange, dass er von der marokkanischen Regierung überwacht wird. Radi ist Journalist, er berichtet über Korruption im Umfeld des marokkanischen Königshauses, er schreibt über die Verbindung von politischer Macht und wirtschaftlichen Interessen im Land, über krumme Geschäfte von Bodenspekulanten, Polizeigewalt und Vetternwirtschaft. In ihren Reden verspricht die marokkanische Regierung mehr Demokratie. Doch geht es um die Meinungs- und Pressefreiheit, sprechen die Taten des Königshauses eine andere Sprache. Im März wurde Radi aufgrund eines Tweets wegen Missachtung des Gerichts zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt – er hatte einen Richter kritisiert, der lange Haftstrafen gegen regierungskritische YouTuber bestätigt hatte. Es war nicht der einzige Versuch, zu kontrollieren, was er sagt und schreibt.

Nach Recherchen von Amnesty International wurde Radi zeitweilig rund um die Uhr überwacht, jede seiner Äußerungen, jede seiner Bewegungen ausspioniert. Ein heute von Amnesty veröffentlichter Bericht zeigt, dass Radis Mobiltelefon mindestens zwischen Januar 2019 und Januar 2020 mehrfach mit einer Spionagesoftware namens Pegasus angegriffen wurde, die die israelische Firma NSO weltweit an Polizeien und Geheimdienste verkauft. Er habe schon länger den Verdacht, "ausgespäht zu werden", sagt Omar Radi in einem Videointerview mit Forbidden Stories – das internationale Rechercheprojekt, an dem die ZEIT und ZEIT ONLINE beteiligt sind, hatte die Zusammenarbeit mit Amnesty koordiniert.

Wer genau den Journalisten ausspioniert hat, ist unklar, doch frühere Überwachung von Bürgerrechtlern im Land und das Muster des Angriffes ließen es wahrscheinlich erscheinen, dass es der marokkanische Geheimdienst war, so Amnesty: "Der anhaltende Missbrauch der NSO-Instrumente deutet darauf hin, dass marokkanische Behörden die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung nicht respektieren und schützen", heißt es in dem Bericht.

Das Spionageprogramm Pegasus kann – wenn es einmal auf das Handy eingeschleust ist – nahezu alle Informationen auf einem Mobilgerät heimlich auslesen, ob es Nachrichten sind, Kontaktlisten, Telefonate oder Bewegungsdaten. Die Überwacher wissen dadurch jederzeit, auf welchen Seiten Verdächtige surfen, mit wem sie kommunizieren, wo sie sich aufhalten.

Für Behörden sind die Handys in der Hosentasche längst zum wichtigsten Ziel von Überwachung geworden. Über sie laufen Geschäfte, Anrufe, Botschaften und Bilder, aus ihren Daten lassen sich Bewegungsprofile und Übersichten über menschliche Stärken und Schwächen erstellen. Wer Zugang zum Mobiltelefon hat, kann das Leben eines Menschen bis in den intimsten Winkel ausleuchten und sogar Vorhersagen über dessen Verhalten machen.

Das israelische Unternehmen NSO rechtfertigt sich damit, dass man nur dabei helfe, Terroristen zu finden und Schwerkriminelle zu ermitteln, dass man aber keinen Einfluss darauf habe, wen die staatlichen Käufer von Pegasus überwachen. NSO versichert außerdem, dass man sich an alle internationalen Exportbeschränkungen für solche Spionagesoftware halte, dass man Menschenrechte achte und sich an ethische Prinzipien gebunden fühle. Doch zeigen Fälle wie der von Omar Radi immer wieder, wie schwierig und gefährlich der Umgang mit solcher Überwachungstechnik ist.

Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Fällen, die belegen, dass solche Spionagewerkzeuge längst nicht nur zur Jagd nach Terroristen genutzt werden. Allein die digitalen Waffen von NSO tauchten auf Geräten von zahlreichen Bürgerrechtlern und Journalisten auf, beispielsweise in Mexiko. Dortige Behörden hatten sie gekauft, um Drogenhersteller und Drogenhändler zu finden, doch zeigen Analysen des Citizen Lab der Universität Toronto, das sich ebenfalls mit der Suche nach Pegasus beschäftigt, dass sie auch gegen Journalisten angewendet wurden.

Genau das scheint in Marokko zu geschehen. Seit Jahren werden dort regierungskritische Journalisten mit Hausdurchsuchungen und Prozessen verfolgt, um sie einzuschüchtern. "Die marokkanischen Behörden kaufen jede erdenkliche Überwachungs- und Spionagelösung, sie wollen alles wissen", sagt Radi. "Marokko ist ein Polizeistaat, Überwachung ist also völlig normal."

Vor elf Jahren hatte die marokkanische Regierung eine Spionagesoftware namens RCS von der italienischen Firma Hacking Team gekauft. Sie habe damit viele Menschen im Land ausgespäht, so Radi. Damals habe er bereits vermutet, unter den Opfern zu sein und seine Geräte überprüfen lassen. "Sie fanden den Virus auf meinem Rechner, ich habe ihn dann nicht mehr benutzt, er war komplett verwanzt."

Amnesty International hatte bereits im Oktober 2019 einen ersten Bericht veröffentlicht, der zeigte, dass die marokkanische Regierung Journalisten und Bürgerrechtler im Land auch mit Pegasus angreift.

Der Fall von Radi geht jedoch weit darüber hinaus: NSO scheint einen Weg in fremde Mobiltelefone gefunden zu haben, gegen den es für die Betroffenen keine Gegenwehr mehr gibt. Bisherige Angriffe mit Pegasus brauchten zumindest einmal die unbewusste Mitarbeit der Opfer und boten die Chance, dass die Betroffenen den Angriff bemerkten. Dabei wurde eine SMS verschickt, die einen Link enthielt oder via WhatsApp ein Anruf auf dem Telefon des Opfers gestartet.

Der neue Infektionsweg jedoch ist für die Betroffenen nicht mehr sichtbar, der Angriff erfolgt direkt über das Mobilfunknetzwerk. Entweder durch die Mithilfe des Netzwerkbetreibers oder durch sogenannte IMSI-Catcher, die dem Telefon vortäuschen, ein Mobilfunkmast zu sein, sodass es sich bei ihnen einbucht und dann infiziert wird. Einen ersten Bericht, dass NSO solche IMSI-Catcher anbietet, hatte Business Insider im Januar 2020 veröffentlicht. Der Fall Omar Radi zeigt, dass die Technik auch gekauft und eingesetzt wird.

Radi sagt, dass er niemals auf unbekannte Links klickt, da er seit Langem davon ausgeht, angegriffen zu werden. "Die Attacke ist heimtückischer, sie hinterlässt viel weniger Spuren als bisherige", sagt Claudio Guarneri in einem Gespräch mit der ZEIT und ZEIT ONLINE. Der Sicherheitsforscher leitet das technische Labor von Amnesty International und untersucht seit Jahren solche Spionagesoftware. "Hier passiert alles unsichtbar für den Nutzer." Die Regierung selbst äußerte sich dazu nicht, entsprechende Anfragen blieben unbeantwortet.

Der Fall belegt damit, wie wenig wirksam Absichtserklärungen von Herstellern wie NSO sind. Aufgrund der internationalen Kritik an ihren Produkten hat die israelische Firma gerade erst einen Menschenrechtskodex verabschiedet. In dem steht beispielsweise, dass die staatlichen Nutzer ausdrücklich dazu verpflichtet seien, Produkte wie Pegasus "ausschließlich zur Prävention und Untersuchung schwerer Verbrechen (einschließlich Terrorismus) einzusetzen und sicherzustellen, dass die Produkte nicht zur Verletzung von Menschenrechten verwendet werden".

Damit konfrontiert antwortet NSO, aufgrund von Geheimhaltungsvereinbarungen könne man weder dementieren noch bestätigen, ob Marokko Pegasus gekauft habe. Über die Anschuldigungen sei man jedoch "zutiefst bestürzt". "Wir prüfen die darin enthaltenen Informationen und werden, falls erforderlich, eine Untersuchung einleiten", so ein Sprecher des Unternehmens. Man nehme die Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte ernst und sei sehr daran interessiert, "negative Auswirkungen auf die Menschenrechte zu vermeiden".

Omar Radi wird das nicht vor der marokkanischen Regierung schützen, er versucht sich zu wehren, so gut es geht, auch wenn er den Kampf für schwierig hält. Von der Justiz in Marokko sei keine Hilfe zu erwarten, Klagen gegen die Überwacher würden gar nicht erst zugelassen, sagt er. "Ihre Technik ist allem überlegen, was Hacker, Datenschützer oder Journalisten aufbieten können. Daher ist der beste Weg, es ihnen wenigstens so schwer wie möglich zu machen und ständig die Handys zu wechseln – oder erst gar keines zu benutzen."


Aus: "Marokko setzt Überwachungssoftware Pegasus gegen Journalisten ein" Kai Biermann (22. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2020-06/spionage-ueberwachung-nso-marokko-journalist-pegasus/komplettansicht

QuoteMuschelschubser146 #14

Man höre und staune.


Quotedummzeuch #11

Des einen Freiheitskämpfer sind des anderen Terroristen. Ist ja nichts neues, kennt man aus vielen anderen Staaten auch. ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] BlueLeaks heißt ein riesiger Datensatz, den eine Gruppe US-amerikanischer Aktivisten vor kurzer Zeit veröffentlicht hat. Er enthält viele Tausende interne Unterlagen von Polizeibehörden überall aus den USA bis hin zum FBI. Die veröffentlichten Informationen reichen bis zu 24 Jahre zurück, es sind aber auch neuere darunter. Die aktuellsten Unterlagen stammen aus dem Juni 2020, sie befassen sich teils schon mit dem Covid-19-Ausbruch in den USA und den Demonstrationen gegen Polizistinnen und Polizisten in Folge des Todes von George Floyd.

Besonders angesichts der landesweiten Proteste gegen Polizeigewalt hat das Leak einige politische Brisanz. Das FBI hat eine Ermittlung eröffnet, um die Quelle der Daten zu finden. Und amerikanische Behörden sind offensichtlich sehr daran interessiert, deren Verbreitung zu verhindern – sie haben dazu auch eine deutsche Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Über einen Server, der bei einem Anbieter in Sachsen stand, war der 269 Gigabyte große Datensatz der Gruppe Distributed Denial of Secrets (DDoSecrets) bislang online verfügbar, all seine Unterlagen für jeden durchsuchbar. Diesen Server hat die Staatsanwaltschaft Zwickau am 3. Juli beschlagnahmt, wie am heutigen Mittwoch bekannt wurde. Es habe ein "Vorabsicherungsersuchen im Rahmen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen" vorgelegen, schrieb die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung.

DDoSecrets ist eine Gruppe kanadischer und amerikanischer Journalistinnen und Aktivisten. Der Name spielt auf den Begriff Distributed Denial of Service an, der in der IT-Sicherheit für einen Angriff steht, bei dem sehr viele Anfragen auf einen Server gelenkt werden. Die Gruppe hat sich, so wie einst auch WikiLeaks, der Aufgabe verschrieben, verborgene Informationen und Zusammenhänge offenzulegen.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gab am Telefon zu, dass man wisse, dass es sich bei DDoSecrets um ein journalistisches Projekt handele, wollte aber keine weiteren Angaben machen. Da es um ein amerikanisches Verfahren gehe, erteile man keine Auskünfte.

In der Mitteilung heißt es, bei der Beschlagnahmung gehe es "um eine vorläufige Maßnahme". Erst wenn das offizielle Rechtshilfeersuchen eingegangen sei, werde "eine Prüfung erfolgen, ob und in welchem Umfang eine gerichtliche Beschlagnahme von Daten mit dem Zweck der Herausgabe als Beweismittel an die US-Behörden in Betracht kommt". Ob der Server dann an die USA ausgeliefert werde, darüber entscheide das Bundesamt für Justiz.

DDoSecrets ist über die deutsche Amtshilfe verwundert. In den USA wäre die Polizei niemals mit so etwas durchgekommen, schreibt Lorax Horne, ein Mitglied der Gruppe, in einer Nachricht an ZEIT ONLINE. Immerhin habe man die Daten nicht selbst erlangt, sondern lediglich öffentlich zugänglich gemacht. "Der Oberste Gerichtshof hat geurteilt, dass Journalisten gehackte Daten veröffentlichen dürfen. DDoSecrets ist nur der Herausgeber und deutsche Polizisten sind in unser Büro marschiert und haben unsere Veröffentlichungen beschlagnahmt." Das Veröffentlichen von Informationen dürfe aber keine Straftat sein. Eine solche Entwicklung müsse jedem Sorgen machen, der an einer gesunden Medienlandschaft interessiert sei.

Der Server bei dem Anbieter in Sachsen war der wichtigste Download-Server des Kollektivs, auf ihm lagen mehr als nur die BlueLeaks-Datensätze. Die Beschlagnahmung werde die Veröffentlichung aber nur verzögern und nicht verhindern, so Horne, man habe Kopien der Akten.

Auch andere Verbreitungswege der Gruppe wurden bereits geschlossen. So löschte Twitter den Account von @DDoSecrets, Links auf den Datensatz werden von der Plattform mit einem Warnhinweis versehen. Durch die Beschlagnahmung des Servers ist dieser Link derzeit nun nicht mehr erreichbar.

DDoSecrets hat in der Vergangenheit Leaks zu den verschiedensten Themen veröffentlicht, beispielsweise Daten über Steuerflüchtlinge auf den Bahamas, über Neonazis oder auch E-Mails des chilenischen Militärs.


Aus: "BlueLeaks: Deutsche Ermittler beschlagnahmen Server amerikanischer Whistleblower" Kai Biermann (8. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/digital/internet/2020-07/blueleaks-ddosecrets-whistleblower-server-beschlagnahmt

Polizei-Daten aus den USA: BlueLeaks-Server bei Zwickau beschlagnahmt (Update)
... DDoS betont gegenüber netzpolitik.org seine Rolle in der Zusammenarbeit mit Journalist:innen, darunter die Henri-Nannen-Schule in Deutschland, mit der es ein gemeinsames Projekt gab.
Whistleblowing und die Weitergabe von geschützten oder geheimen Informationen sind eine Säule des Journalismus. Geschützt wird diese Praxis durch die Pressefreiheit, vor allem dann, wenn es ein öffentliches Interesse gibt. Leaking ist aber immer ein Abwägungsprozess wie Anna Biselli treffend schreibt. ...
https://netzpolitik.org/2020/polizei-daten-aus-den-usa-blueleaks-server-bei-zwickau-beschlagnahmt/

BlueLeaks, sometimes referred to by the Twitter hashtag #BlueLeaks, refers to 269 gigabytes of internal U.S. law enforcement data obtained by the hacker collective Anonymous and released on June 19, 2020, by the activist group Distributed Denial of Secrets, which called it the "largest published hack of American law enforcement agencies." ....
https://en.wikipedia.org/wiki/BlueLeaks

Quoteinthewintertime #4

Achso die Veröffentlichung von Internen Unterlagen aus US-Polizeibehörden von deutschen Boden aus soll also Journalismus sein? Gut das diesen treiben ein Ende gesetzt wurde.


Quote
Moenimentum #4.2

Sie machen es sich, mit Ihrer Vereinfachung in die andere Richtung, aber mindestens genauso leicht. DDoS hat auch Unterlagen zu Geldern auf den Bahamas hochgeladen:
https://www.derstandard.at/story/2000118267130/leaks-gegen-steueroasenfinanzministerium-prueft-daten-von-hackern
was zumindest die Datenbasis und Grundlage für guten Journalismus schafft. Oder wollen Sie etwa behaupten Panama Papers und Paradise Papers wären kein Journalismus gewesen?


QuoteGandhi19 #8.4

"Mal abwarten, was rauskommt."

Das kommt raus: "Im Zuge der Recherchen stieß der "Spiegel" auf einige prominente Namen aus Deutschland. So unterhielten die beiden BMW-Hauptaktionäre Susanne Klatten und Stefan Quandt von 1985 bis 2005 jeweils eine Firma auf den Bahamas. Ein "Notgroschen" in Höhe eines "kleineren zweistelligen Millionenbetrags", wie dem "Spiegel" erklärt wurde."
https://www.derstandard.at/story/2000118267130/leaks-gegen-steueroasenfinanzministerium-prueft-daten-von-hackern


Quote
El Capone 2.0 #6

Interessant, wie deutsche Behörden kritische und investigative Journalisten und Aktivisten drangsalieren und schikanieren.


QuoteRon.Meikestradt #6.1

Interne Polizeiunterlagen mit Klarnamen zu veröffentlichen ist also "kritisch und investigativ"?

Aha.


QuoteTee4U #9

Um den Vorgang vielleicht mit anderen Augen zu sehen, sollte man sich den umgekehrten Fall mal vorstellen. Also Unmengen interner deutscher Behörden-Korrespondenz, samt Klarnamen etc. auf einem US-Server. Man stelle sich die Reaktionen hier vor, wenn US-Behörden die Kooperation ablehnen würden.


QuoteFloMei #9.3

Auch wenn die Beziehungen wie wir spätestens seit dem NSA-Skandal wissen sicher nicht auf Augenhöhe sind, so waren bisher US-Behörden in der Verfolgung von Kriminalität oder Terrorismus durchaus auch gegenüber Deutschland kooperativ.


QuoteAriovistvs #17

Also ein Staat der behauptet es liege eine Pressefreiheit vor, beschlagnahmt Daten eines jurnalistischen projekts, das selbst in den USA nicht verboten ist, wenn man die Daten zugespielt bekommt. Zumindest ist das in der Theorie so. Mit solchen Aktionen untermauert man doch vielmehr,das auch im sogenannten Westen,die pressefreiheit mehr ein Slogan ist,als wirklich gegeben.


QuoteRon.Meikestradt #17.1

Ob das in den USA verboten ist oder nicht - oder auch Deutschland wird gerade geprüft. ...


QuoteMeister_Yupa #33

Erst wenn das offizielle Rechtshilfeersuchen eingegangen sei, werde "eine Prüfung erfolgen, ob und in welchem Umfang eine gerichtliche Beschlagnahme von Daten mit dem Zweck der Herausgabe als Beweismittel an die US-Behörden in Betracht kommt".

Wenn ich den Satz richtig verstehe, gibt es derzeit noch nicht einmal ein Rechtshilfeersuchen. Hier wurde also erst einmal ohne juristisches Verlangen ein Server beschlagnahmt.


QuoteElder Ede #36

Ein schlechter Western: "Erst schießen, dann fragen." ...


QuoteJ.-E. Schmidt #38

Donald Swamp hat eben auch in deutschen Behörden so seine Fans.
Öffentliche "Transparenz" ist ja bekanntlich die Hölle aller Populisten. Da muss man dann als sächsische Behörde schon mal vorauseilend eingreifen!
Mitunter hat man den Eindruck, dass in Sachsen große Wehmut herrscht, wenn man an die willfährige und so nützliche Unterwerfung unter die Bedürfnisse eines allmächtigen, großen Bruders zurückdenkt...
Devot, aber unhistorisch und undemokratisch.


Quoteheimlicher_lehrplan #39

Vorauseilender Gehorsam eben, wen wundert's?

Viel interessanter gestaltet sich die Frage, ob und inwieweit der Anbieter in Zwickau, bei dem es sich höchstpersönlich um Hetzner Online handeln dürfte, beim Vorgehen der Beschlagnahmung implementiert war.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Vielleicht bin ich dieses Mal zu weit gegangen? Die Vorwürfe wiegen schwer. Falls stimmt, was die ,,Hentschke Bau GmbH" in ihrer öffentlichen Stellungnahme auf der Homepage behauptet, war mein Artikel nicht bloß ein ,,Schlag ins Gesicht" des Unternehmens, sondern auch ein ,,Versuch der gezielten Diskreditierung und Geschäftsschädigung". Dagegen werde sich Hentschke Bau juristisch wehren – mit allen ,,zur Verfügung stehenden Mitteln". Gegen den Tagesspiegel, der diesen Text gedruckt hat. Und gegen den Autor.

In einer Reportage über rechte Proteste an der B96 in Sachsen hatte ich die Verhältnisse in Bautzen erwähnt – und zwei Männer, die in der Stadt großen Einfluss haben. Einer davon ist Jörg Drews, Geschäftsführer der Hentschke Bau GmbH, die zu den größten Arbeitgebern der Stadt zählt. Ich schrieb, Drews sponsere Plattformen, die im Internet Verschwörungsmythen verbreiten.

Außerdem organisiert er sogenannte ,,Bürgerforen" mit, bei denen Referenten wie Christoph Hörstel sprechen dürfen. Hörstel ist regelmäßiger Redner auf dem antisemitischen Al-Quds-Marsch in Berlin. Er glaubt, Angela Merkel sei jüdisch. Er behauptet, Hitler sei durch die geheime Hilfe von Zionisten an die Macht gekommen.

Ein anderer von Drews geladener Referent ist für seine Aussage bekannt, der Weg in den Ersten Weltkrieg sei ,,gekennzeichnet gewesen durch jüdische Interessen".

Jörg Drews selbst sagt, in einer multikulturellen Gesellschaft gingen Werte verloren. Dagegen engagiere er sich. Auf einer asylkritischen Demonstration erklärte er, es könne nicht der richtige Weg sein, ,,unser Volk einfach zu überschwemmen".

So weit, so korrekt wiedergegeben. Umso gespannter war ich, was genau die Firma mit ,,gezielter Diskreditierung und Geschäftsschädigung" meint. In ihrer Stellungnahme klagt Hentschke Bau über ,,falsche Sachzusammenhänge", mit denen ich versucht hätte, das Unternehmen sowie ,,einzelne Repräsentanten zu diskreditieren".

Hatte ich etwa geschlampt? Ich ging noch einmal das Recherchematerial durch, und tatsächlich: In dem Artikel hatte ich einige Fakten weggelassen. Etwa die Spende, mit der Hentschke Bau die AfD bedachte. Die Tatsache, dass die Firma damit einer der beiden größten AfD-Spender im Bundestagswahljahr 2017 war. Oder dass Jörg Drews zu dem Referenten, der glaubt, der Weg in den Ersten Weltkrieg sei ,,gekennzeichnet gewesen durch jüdische Interessen", eine enge, freundschaftliche Bindung unterhält.

Ob die Hentschke Bau GmbH wohl diese Versäumnisse im Sinn hatte, als sie über unseriöse Berichterstattung klagte?

Der Anwalt der Firma hat sich tatsächlich beim Tagesspiegel gemeldet. In einem Fax fordert er Unterlassung und Schadenersatz. Der zentrale Vorwurf, den Hentschke Bau erhebt, wird auf mehreren Seiten ausgebreitet, mehrfach wiederholt, intensiv begründet. Er lautet ernsthaft: In meinem Artikel werde verschwiegen, dass die Firma neben Jörg Drews noch einen zweiten Geschäftsführer habe.

Natürlich kommt der Tagesspiegel diesen Forderungen nicht nach. Sie sind aber ein anschauliches Beispiel für eine um sich greifende Unsitte.

Im April berichtete ich über das von Xavier Naidoo verbreitete Verschwörungsmärchen, weltweit würden Kinder gefoltert, um in ihren Körpern das Stoffwechselprodukt Adrenochrom zu produzieren. Dieses diene ,,Satanisten" wie Hillary Clinton als Verjüngungselixier. Ein Anhänger des Kinderquäl-Märchens ist der Bad Homburger Buchautor Marcel Polte. Der Mann glaubt auch an Ufo-Entführungen. Um zu untermauern, wie ernstzunehmen Polte ist, erinnerte ich an seine Behauptung, er besitze übersinnliche Kräfte. Zum Beweis versuchte Polte 2017 in einem Test vor Wissenschaftlern an der Universität Würzburg, durch bloße Gedankenkraft ein Stück Alufolie zu bewegen. Marcel Polte scheiterte krachend, hatte aber anschließend eine plausible Erklärung parat: Er habe zu Hause nicht richtig geübt.

Nach Erscheinen des Artikels meldete sich Marcel Polte beim Tagesspiegel und verlangte eine Gegendarstellung, drohte auch, sein Anliegen notfalls per einstweiliger Verfügung durchzusetzen. Was ihn störte, war nicht etwa die Anekdote, wie er sich bei seinem Gedankenkraft-Test blamierte. Dafür gibt es ja reichlich Zeugen. Nein, was ihn störte, war, dass ich ihn korrekterweise als ,,Hypnosecoach" bezeichnet hatte.

Das Versprechen, vor Gericht zu gehen, hat Polte nicht gehalten. Vielleicht ist ihm in der Zwischenzeit eingefallen, dass er sich auf seiner eigenen Homepage selbst als Hypnosecoach bezeichnete. Oder dass im Werbetext zu einem seiner Bücher eben genau dies steht: dass Marcel Polte Hypnosecoach ist.

Unbeholfene Versuche, durch offensichtlich ungerechtfertigte Forderungen kritische Berichterstattung zu verhindern, kennen auch Kollegen anderer Redaktionen. Da war der Pressesprecher, der sich über ein Zitat von ihm beschwerte und behauptete, er habe die offizielle Anfrage des Journalisten ja gar nicht für seinen Arbeitgeber, sondern als Privatperson beantwortet. Da war der Unternehmer, der für die rechtsextreme Identitäre Bewegung eine Immobilie anmieten, die Berichterstattung darüber aber unbedingt stoppen wollte, weil er als Geschäftsmann ja per se unpolitisch sei. Da war der Glückscoach, der sich für einen TV-Beitrag vor der Kamera um Kopf und Kragen redete und hinterher der Journalistin vorwarf, sie habe ihn absichtlich schlecht dargestellt, das sei unfair.

Oft sind es Nebensächlichkeiten, gegen die Anwälte vorgehen. Oft sind es leere Drohungen, die einschüchtern und von einer Folgeberichterstattung abhalten sollen. Weil man weiß: da kommt nur Ärger auf einen zu.

Die Kollegen berichten allerdings auch von viel Rückhalt, den sie in ihren Reaktionen erfahren. Dass Gerichtsverfahren nicht mehr aus dem Weg gegangen wird, auch wenn diese lästig sind. Vielleicht ist das eine Reaktion auf die Lügenpresse-Schreier, die seit Jahren Stimmung machen gegen die verhassten ,,Mainstream-Medien". Nicht die Drohgebärden entscheiden, was geschrieben werden darf, sondern der Rechtsstaat und das deutsche Presserecht.

Von vielen, die drohen, hört man anschließend sowieso nichts mehr. Als der Berliner Senat am 14. März wegen Corona die sofortige Schließung der Gaststätten anordnete, hielten sich einige Läden nicht daran. Unter anderem das ,,Tier" in der Neuköllner Weserstraße. Dort wurde weiter gefeiert, die Gäste saßen und standen eng beieinander. So berichtete ich es wahrheitsgemäß.

Ein paar Tage später schrieb der Anwalt des Inhabers, unsere Berichterstattung sei ,,schlichtweg falsch und entspricht nicht der Wahrheit". Er verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sowie eine Gegendarstellung – mit einer atemberaubenden Argumentation: Im ,,Tier" sei gar nicht gefeiert worden, es seien ,,lediglich Cocktails und andere Getränke getrunken worden". Außerdem sei die Bar ,,kaum gefüllt" gewesen.

Blöd für das ,,Tier" war allerdings, dass ein Video von dem Abend existiert. Es zeigt etwas anderes.

Marcel Polte, den Hypnosecoach, der nicht ,,Hypnosecoach" genannt werden möchte, habe ich kürzlich noch einmal angemailt. Seine Ankündigung rechtlicher Schritte ist schließlich schon mehr als zwei Monate alt. Ich fragte Polte, ob da noch etwas komme und ob er diese Masche – mit rechtlichen Schritten drohen und es dann doch sein lassen – öfters praktiziere. Er hat nicht geantwortet.


Aus: "Unbeholfene Abmahnversuche: Wie kritische Berichterstattung verhindert werden soll" Sebastian Leber (03.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/unbeholfene-abmahnversuche-wie-kritische-berichterstattung-verhindert-werden-soll/26057636.html

Quoteroflem 03.08.2020, 16:07 Uhr

Als ehem. Journalist kann ich leider nur zustimmen was hier erzählt wird aber : die deutsche Justiz ist gerade bei einstw. Verfügungen gerne hilfsbereit wenn es um organisierte Kriminalität geht. Warum sonst bekomme ich zwei Hausdurchsuchungen vom Berliner Generalstaatsanwalt wegen Verleumdung? Meine Meldung X.Y wäre Mitglied der Mafia konnte man mit 1x googlen sofort verifizieren! Leider ist Jürgen Roth gestorben aber Petra Reski lebt noch und kann davon einen ganzen Schlagerabend füllen...
Klar mit diesen Durchgeknallten ist es ein Spass aber mit echten Kriminellen und deren Millionen eben nicht mehr. Lipstadt vs. Irving ist ein guter Film über dieses Thema. In vielen US-Bundesstaaten gibt es mittlerweile Schutzgesetze gegen SLAPPs, die eine zügige Klageabweisung und Kostenerstattung an den
Beklagten vorsehen. Sollte man sich hier auch mal überlegen...

https://de.wikipedia.org/wiki/SLAPP


...

Textaris(txt*bot)

#243
Quote[...] Die Journalistenorganisation ,,Reporter ohne Grenzen" hat die Verurteilung des Mörders der mexikanischen Reporterin Miroslava Breach zu einer Haftstrafe von 50 Jahren begrüßt. Das Urteil habe eine historische Dimension, da die Morde an Journalistinnen und Journalisten in Mexiko so gut wie immer straffrei blieben, erklärte der Sprecher der Organisation, Christian Mihr, am Samstag. Ein Bundesrichter im nordmexikanischen Bundesstaat Chihuahua hatte den Mörder Juan Carlos Moreno bereits im März schuldig gesprochen, wegen der Corona-Pandemie wurde das Urteil jedoch erst am Freitagabend verkündet.

Breach wurde am 23. März 2017 vor ihrem Haus erschossen. Die damals 54-jährige Journalistin war Korrespondentin der landesweit erscheinenden Tageszeitung ,,La Jornada" sowie Mitarbeiterin lokaler Medien. Sie beschäftigte sich mit den Machenschaften der Drogenmafia in ihrer an der Grenze zu den USA gelegenen Heimat Chihuahua sowie deren Verbindungen zu Politikern.

Der verurteilte Täter Moreno war für das kriminelle Sinaloa-Kartell tätig, das in großen Mengen Drogen in den Nachbarstaat schmuggelt. Mexiko zählt zu den gefährlichsten Staaten für Medienschaffende. Seit 2000 sind 133 Journalistinnen und Journalisten ermordet worden. Nach Angaben der Organisation Artículo 19, die sich für Pressefreiheit einsetzt, blieben 92 Prozent der Fälle straffrei. epd


Aus: "Täter des Sinaloa-Kartells muss für 50 Jahre ins Gefängnis" (23.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/fuer-mord-an-mexikanischer-journalistin-taeter-des-sinaloa-kartells-muss-fuer-50-jahre-ins-gefaengnis/26119754.html

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Quote[...] In Mexiko wurde zum dritten Mal innerhalb von weniger als einem Monat ein Journalist getötet. Der Reporter Israel Vázquez Rangel wurde nach Angaben des Innenministeriums des mexikanischen Bundesstaats Guanajuato bei einer Recherche in der Stadt Salamanca erschossen. Das bestätigte die Lokalnachrichtenwebsite El Salmantino, für die der arbeitete.

Bewaffnete hatten laut dem Innenministerium in der Nacht zu Montag das Feuer auf den Journalisten eröffnet, als sich dieser am Tatort eines anderen Verbrechens aufgehalten habe. Staatsanwälte seien mit den Ermittlungen betraut.

Örtlichen Medien zufolge tauchte Vázquez Rangel in Salamanca an einem Ort auf, wo Leichenteile auf einer Straße zurückgelassen worden sein sollen. Die mutmaßlichen Täter waren offenbar noch in der Nähe, als er eintraf. El Salmantino teilte mit, Vázquez Rangel sei Opfer einer "feigen und grausamen Attacke" geworden, "während er seiner ehrenvollen Aufgabe als Journalist nachging".

Mexiko ist eines der gefährlichsten Länder der Welt für Medienschaffende. Nach Angaben der Nationalen Menschenrechtskommission wurden dort seit dem Jahr 2000 mehr als 160 Journalistinnen und Journalisten getötet. Die Organisation Reporter ohne Grenzen gab an, dass im vergangenen Jahr zehn Journalistinnen und Medienschaffende in Mexiko im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet wurden – zusammen mit dem Bürgerkriegsland Syrien die meisten weltweit. In diesem Jahr wurden in Mexiko mindestens acht Journalisten getötet.

Im mexikanischen Bundesstaat Guanajuato wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres 3.453 Morde gezählt – in keinem anderen Staat Mexikos wurden mehr Menschen getötet. Guanajuato gilt als zentraler Schauplatz von Revierkämpfen zwischen dem Jalisco-Drogenkartell, örtlichen Banden und dem Sinaloa-Kartell.


Aus: "Journalist bei Recherchen in Mexiko getötet" (10. November 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/guanajuato-journalist-getoetet-mexiko-medienschaffende-reporter-ohne-grenzen

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Deutsche Presserat, und das ist sein grundlegendes Problem als Selbstkontrollorgan der Presse, kann eigentlich nie etwas machen, ohne dass zugleich die Frage im Raum steht: Ja, und? Dazu tragen einerseits die fehlenden Sanktionierungsmöglichkeiten gegenüber Medien bei, denn selbst die schärfste Rüge druckt sich weg und ist im Zweifel vor der Leserinnenschaft weniger peinlich als eine juristisch erwirkte Gegendarstellung.

Auch auf einen mäßigenden Einfluss in die Redaktionen kann der Rat kaum setzen: Journalisten sind widerborstige Zeitgenossen und wenn Berufskolleginnen in einem Beschwerdeausschuss über die Integrität ihres Tuns befinden, ist die Gefahr groß, dass eher die Integrität dieses Gremiums hinterfragt wird als das eigene Verhalten. Sich der Rügen dann auch noch zu rühmen, das ist wiederum die Perversion des Boulevards, an die zuletzt auch der Medienjournalist Daniel Bouhs in einem ausführlichen Aufsatz zu Sinn und Unsinn des Presserats und seiner Instrumente erinnerte.

Nun hat der Deutsche Presserat aber einen Coup gelandet, und zwar bezeichnenderweise, indem er etwas nicht getan hat: Er hat trotz annähernd 400 Beschwerden die taz-Kolumne All cops are berufsunfähig nicht gerügt, die nach ihrem Erscheinen im Juni erheblichen Wirbel ausgelöst hat. Polizeigewerkschaften erstatteten damals Anzeige gegen Autor*in Hengameh Yaghoobifarah, der Bundesinnenminister Horst Seehofer erwog kurzzeitig ebenfalls einen solchen Schritt, in verschiedensten Medien wurde der Text kontrovers diskutiert.

Der Presserat hat also öffentlichem Druck standgehalten und auch noch ziemlich ordentlich begründet, warum die Kolumne nicht gegen den Pressekodex verstößt. Dabei ist gar nicht entscheidend, dass sich die Polizei als Teil der Exekutive gefallen lassen müsse, "von der Presse scharf kritisiert zu werden", wie es relativ zu Beginn des nun verschickten Statements des Presserats heißt. Auch das folgende Argument, dass die Menschenwürde von Polizistinnen und Polizisten nicht verletzt werde, da sich die Kritik auf eine ganze Berufsgruppe und nicht auf Einzelpersonen beziehe, scheint für sich genommen eher wackelig. Im Gegenteil ließe sich hier noch fragen, ob die Herabwürdigung des Einzelnen nicht auch über die Herabwürdigung seiner Berufsgruppe geschehen kann und wo eigentlich scharfe Kritik endet und Diffamierung beginnt.

Entscheidend ist, dass der Presserat als journalistische Institution neben seiner ethischen auch seiner Pflicht nachgekommen ist, gründliche Textexegese zu betreiben. Und so teilt er mit: "Die Interpretation einiger Beschwerdeführer, Polizisten würden mit Müll gleichgesetzt, ist aus Sicht des Gremiums nicht zwingend. Es handelt sich hier um ein drastisches Gedankenspiel, das aber – wie aus der Kolumne hervorgeht – Raum für unterschiedliche Interpretationen bietet und daher noch unter die Meinungsfreiheit fällt."

Das ist der springende Punkt: Was der Kolumne von Vertretern staatlicher Stellen, aus Teilen der Politik und sogar aus der eigenen Redaktion zentral vorgeworfen wurde, geht aus ihr nicht zweifelsfrei hervor. Der Text mag als respektlos empfunden werden, er fällt ein vernichtendes Urteil über Polizeiarbeit. Aber Respektlosigkeit ist nichts, was gegenüber Erzeugnissen einer freien Presse als Vorwurf taugt. In diesem Kontext ist auch der Hinweis des Rats entscheidend, dass die Polizei als gesellschaftlich anerkannte Berufsgruppe keinen Diskriminierungsschutz genießt wie etwa Angehörige von religiösen oder ethnischen Minderheiten.

Für manche Polizistin und manchen Innenpolitiker ist das natürlich eine Enttäuschung: Nachdem im Sommer schnell klar gewesen war, dass mit juristischen Mitteln gegen die Kolumne kaum vorzugehen war, ist dem Presserat, wenn auch eher symbolisch, die Funktion einer alternativen Instanz zugekommen. Neben zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Polizei hat sich laut Presserat auch der Bundesinnenminister an ihn gewandt. Der Rat hätte offenbar beglaubigen sollen, dass das alles vielleicht nicht justiziabel, aber dennoch eine tadelnswerte Schweinerei ist. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeausschuss nicht nachgekommen und hat stattdessen die Meinungsfreiheit hochgehalten und der Kolumne auch zugestanden, sich "im Kern auf die gesellschaftliche Debatte über strukturelle Probleme bei der Polizei wie Rechtsradikalismus, Gewalt und Rassismus" zu beziehen.

Das ist in diesem Fall keine Frage der politischen Haltung, sondern der genauen Lektüre: von Text und gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Nach innen, in die Medien hinein, mag der Deutsche Presserat nicht die wirkungsvollste Institution sein. Nach außen hat er mit seiner Entscheidung dankenswert deutlich gemacht, dass er keine Meckerecke für eine beleidigte Exekutive und ihre Selbststilisierung zum Opfer ist. Das ist ein gutes Zeichen.


Aus: ""taz"-Kolumne: Alles hat seine Ordnung" Ein Kommentar von Johannes Schneider (9. September 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-09/taz-kolumne-polizisten-muell-hengameh