[...] [ngo] Ludwig-Holger Pfahls (CSU), der wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung verurteilte ehemalige Verfassungsschutzpräsident, Rüstungsstaatssekretär, Daimler-Manager und schließlich Flüchtling, wurde am Donnerstag aus dem Augsburger Gefängnis entlassen. Pfahls hatte vor Gericht ausgesagt, dass er vom Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber mit rund 1,9 Millionen Euro geschmiert worden sei. Auf der Basis eines der Öffentlichkeit unbekannten Deals mit der Staatsanwaltschaft kam er schließlich beim Landgericht Augsburg mit einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten davon. Der Waffenlobbyist hatte noch im Juli gesagt, es sei doch klar, "dass Pfahls hier als Opferlamm verwendet wird für die Politik". Im Rahmen des Verfahrens, des CDU-Parteispendenausschusses, in dem auch die Zahlungen Schreibers und der Panzer-Deal mit Saudi-Arabien untersucht wurden, und in verschiedensten Presseberichten taucht fast alles auf, was Rang und Namen hat. Firmen wie Siemens, Thyssen, Elf, Leuna, Airbus und Daimler. Politiker wie Kohl, Strauß, Koch, Schäuble, Merz, Kiep, Lüthje, Weyrauch, Prinz zu Sayn-Wittgenstein, Möllemann, Scharping, Fischer und Özdemir. Lobbyisten wie Schreiber, Holzer und Hunzinger. Die Berichterstattung liest sich wie ein gewaltiger Polit-Krimi, in dem es bei den Geldzahlungen an Politiker um viele Millionen und bei den Geschäften für die Konzerne um viele Milliarden ging.
Pfahls war nur einer der Akteure, um den es im CDU-Parteispendenausschuss ging. Es ging beispielsweise auch um den Elektroriesen Siemens.
Eine der brisantesten Aussagen in dem Ausschuss machte der ehemalige Generalbevollmächtigte der Schatzmeisterei der Partei, Uwe Lüthje. Seinen Angaben zufolge soll Siemens Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre 8 oder 9 Millionen DM an die CDU gespendet haben. Laut Presseberichten könnten die Zahlungen eine Gegenleistung für "Türöffnerdienste" bei Geschäften mit der DDR gewesen sein. Ältere Spenden sollen von der Siemens-Tochter KWU, damals führend im deutschen Atomgeschäft, geflossen sein.
Neben Siemens spielte im Untersuchungsausschuss auch der französische Konzern Elf Aquitaine eine Rolle. Elf soll Schmiergelder an deutsche Politiker gezahlt haben, um günstige Bedingungen für den Kauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie zu bekommen.
Der ehemalige Elf-Manager Alfred Sirven soll insgesamt geschätzte 1,5 Millarden Mark für die "politische Landschaftspflege" ausgegeben haben. Beim Leuna-Geschäft soll er Schmiergelder an CDU-Politiker verteilt haben. Sirven wurde unter spektakulären Umständen Anfang 2001 auf den Philippinen festgenommen und über Frankfurt in Pariser Haft überstellt.
Bei der Leuna/Minol-Privatisierung sind nach Worten des Schweizer Generalstaatsanwaltes Bernard Bertossa bis zu 256 Millionen Francs (76,33 Millionen Mark) an Schmiergeldern nach Deutschland geflossen. Das Geld sei "ausschließlich an Personen gegangen, von denen manche zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in Deutschland politische Verantwortung getragen haben".
Der Generalstaatsanwalt Bertossa hatte den deutschen Ermittlungsbehörden im Fall Elf/Leuna rund 60 Aktenordner übergeben und forderte die deutschen Behörden nachdrücklich auf, Ermittlungen aufzunehmen.
Wenn die deutschen Behörden in dem Fall "die Augen verschließen", wäre dies nach Auffassung des Schweizer Generalstaatsanwalts ein "Schlag gegen die Demokratie", fügte Bertossa hinzu. Nach seinem Erkenntnisstand profitierten von dem Leuna-Geschäft mehrere deutsche Staatsbürger, "nicht nur Herr Holzer, nicht nur Herr Pfahls".
Die Schmiergelder von Elf sollen über die Konten des Elf-Lobbyisten Dieter Holzer geflossen sein. Holzer stand zum Zeitpunkt des Verkaufs 1992/93 offenbar in engem Kontakt zu Pfahls.
Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks hat Holzer den Verkauf der ostdeutschen Leuna-Werke an ein Konsortium von Elf und dem deutschen Konzern Thyssen betrieben. Wegen Beihilfe zur Veruntreuuung habe Holzer in Frankreich eine 15-monatige Haftstrafe erhalten.
Holzer gilt als Freund von Max Strauß, dem Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten. Es gab auch Gerüchte, wonach der "enge Pfahls-Vertraute" Dieter Holzer Pfahls später bei dessen fünfjähriger Flucht behilflich war.
Pfahls hat vor Gericht ausgesagt, von Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen DM (rund 1,9 Millionen Euro) erhalten zu haben. Eine Million DM davon habe er im Zusammenhang mit der Lieferung von Spürpanzern der Firma Thyssen nach Saudi-Arabien erhalten. Wofür Pfahls den weitaus größeren Betrag von 2,8 Millionen DM erhalten haben will, wurde in der Medienberichterstattung nicht vertieft.
Schreiber warf Pfahls vor, im Augsburger Schmiergeldprozess ein falsches Geständnis abgelegt zu haben.
Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur CDU-Spendenaffäre soll Schreiber nach eigenen Angaben ausgesagt haben, dass die angeblichen Pfahls-Millionen an CDU und CSU geflossen seien. Schreiber: "Es ist doch klar, dass Pfahls hier als Opferlamm verwendet wird für die Politik."
In den vergangenen Monaten spitzte sich die Diskussion auf Pfahls und die Thyssen-Panzer für Saudi-Arabien zu, möglicherweise um von anderen Dingen abzulenken. Während des ersten Golfkrieges 1991 hat der Bundessicherheitsrat dem Export von 36 ABC-Spürpanzern "Fuchs" nach Saudi-Arabien zugestimmt. Die Lieferung hatte ein Volumen von 400 Millionen Mark.
Im Februar 1991 überwiesen die Saudis nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks an Briefkastenfirmen der beiden Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Wilfried Haastert den "großzügig gerundeten Rechnungsbetrag" für die Panzer. Das Geld floss bereits vor der Genehmigung des Geschäfts.
Weitere sechsstellige Geldbeträge sollen an Schreiber - und über diesen teilweise weiter an Pfahls - sowie an die CDU gegangenen sein.
Später soll beispielsweise Wolfgang Schäuble (CDU) Geld von Schreiber überreicht bekommen haben. Die mediale Diskussion rankte sich vor allem um eine 100.000 DM-Spende, die Schäuble im Anschluss an ein Sponsorenessen am 21. September 1994 von Schreiber am darauffolgenden Vormittag erhalten haben will.
Kurz nach den Geldtransfers Anfang 1991 gaben die Kohl-Regierung und der Bundessicherheitsrat grünes Licht - und das, obwohl die Panzer wegen Lieferschwierigkeiten bei Thyssen zunächst aus Beständen der Bundeswehr abgezogen werden mussten, die sich wenig erfreut gezeigt hatte. Bundeswehr-Generäle hatten sich gegen diesen Deal ausgesprochen.
In früheren Medienberichten fand sich vor diesem Hintergrund eine plausible Begründung für die Annahme von Geldern durch Pfahls: Im September 1990 habe Rüstungsstaatssekretär Pfahls prüfen lassen, ob unter anderem zehn Fuchspanzer an Saudi-Arabien geliefert werden könnten. Im Februar 1991 sei die Exportgenehmigung ergangen, doch Thyssen habe die Panzer nicht liefern können. Deshalb habe der Rüstungskonzern um ein Sachdarlehen von 36 Fuchs-Panzern aus Bundeswehrbeständen gebeten.
Gegen den Widerstand der Heeresleitung soll Pfahls den Deal gestattet haben, heißt es in Presseberichten. Dafür soll er vom Waffenlobbyisten Schreiber das Geld erhalten haben.
In den Panzer-Deal waren möglicherweise noch eine Reihe weiterer Personen involviert. Max Strauß wurde vorgeworfen, er habe 500.000 DM (rund 250.000 Euro) wegen der Panzerlieferung nach Saudi-Arabien erhalten.
Strauß wurde einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge 2003 außerdem vorgeworfen, beim Verkauf von Airbus-Flugzeugen nach Thailand und Kanada 5,2 Millionen DM (rund 2,6 Millionen Euro) Provisionen erhalten und nicht versteuert zu haben. Beide Geschäfte hatte Schreiber eingefädelt.
2002 gab es Spekulationen, wonach auch Jürgen Möllemann (FDP) oder sein Geschäftspartner Rolf Wegener 1991 im Zuge des Thyssen-Panzergeschäfts mit Saudi-Arabien Schmiergelder erhalten haben könnten. Möllemann soll sich damals als Bundeswirtschaftsminister für das Geschäft stark gemacht haben.
Auch der ehemalige indonesische Staatschef Bacharuddin Jusuf Habibie tauchte laut Presseberichten im Zusammenhang mit dem Spürpanzer-Verkauf nach Saudi-Arabien auf. Habibie, der von 1955 bis 1974 in Deutschland lebte, soll mit Kohl und mit Pfahls befreundet sein. Habibie wurde auch im Zusammenhang mit verschiedenen anderen "zweifelhaften Geschäften" genannt.
Auch der Lobbyist und "PR-Berater" Moritz Hunzinger soll einem Bericht des "Stern" zufolge an dem Panzerdeal beteiligt gewesen sein. Hunzinger soll sich an den damaligen Europaabgeordneten Friedrich Merz (CDU) gewandt haben, um für zwei Spitzenmanager von Rüstungsfirmen bei Bundeskanzler Kohl einen gemeinsamen Gesprächstermin zu bekommen.
Bei dem Gespräch mit dem Vorstandschef der Thyssen Industrie AG, Eckard Rohkamm, und dem Vorstandschef der Werft Bloom & Voss, Peter Beer, sollte demnach der geplante Export von Spürpanzern und U-Booten erörtert werden. Merz dementierte dies.
Nach Recherchen der "Wirtschaftswoche" hat Hunzinger zwischen 1990 und 1999 mehr als eine Million DM an Parteien gespendet. Aus einer Aufstellung Hunzingers gehe hervor, dass dieser zwischen 1990 und 1999 genau 1,057200 Millionen DM an die Parteien gespendet habe.
In den Rechenschaftsberichten der Parteien seien hingegen nur 437.000 DM aufgelistet. Grund für die Differenz sei, dass Hunzinger "über mindestens drei seiner Unternehmen sowie als Privatperson" häufig Summen von etwas weniger als 20.000 DM angewiesen habe, die nicht veröffentlichungspflichtig waren. Am meisten profitiert habe gemäß der Hunzinger-Liste die FDP.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat von Hunzinger offenbar 200.000 DM bekommen. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir soll von Hunzinger einen günstigen Kredit in Höhe von 80.000 DM erhalten haben.
Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) wurde von Hunzinger bezahlt. Er hatte im September 1998 noch als Grünen-Fraktionschef eine Rede vor Wirtschaftsführern in Frankfurt am Main über "grüne Politik" gehalten. Wie Hunzinger der "Bild"-Zeitung sagte, sei dafür ein Honorar von 19.999 Mark geflossen.
Gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Rudolph Scharping (SPD) wurden 2002 Vorermittlungen aufgenommen. Scharping soll von Hunzinger 140.000 DM erhalten haben.
Hunzingers großzügige PR-Hilfe für den Minister soll laut "Stern" auch im Zusammenhang mit der Tätigkeit des PR-Unternehmens für die Rüstungsunternehmen Ferrostaal und Howaldswerke Deutsche Werft (HDW) gestanden haben. Hunzinger soll den Minister, nach einer kostenlosen PR-Beratung, zu einem vertraulichen Gespräch mit dem damaligen Ferrostahl-Manager und heutigen HDW-Vorstand Hanfried Haun geführt haben.
Haun habe damals intensiv für eine Unterstützung der Bundesregierung für die angestrebte Lieferung von U-Booten nach Ägypten geworben. Nach Angaben des Stern soll Scharping noch im selben Monat bei einem Besuch mit der ägyptischen Regierung darüber gesprochen haben.
Aus: "Rüstungsgeschäfte - Ist Pfahls das Bauernopfer eines langjährigen Polit-Thrillers?" (01. September 2005)
Quelle:
http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=11764-.-
[...] [Die] Leuna-Affäre war die von einem Teil der Medien und der rot-grünen Opposition verwendete Bezeichnung für angebliche Schmiergeldzahlungen an deutsche Politiker im Zuge der Privatisierung der Leunawerke und des Mineralölkonzerns Minol 1990/91.
[...] Nach der Wiedervereinigung erfolgte eine Privatisierung des DDR-Vermögens durch die Treuhandanstalt. Hierzu gehörte auch die Leuna-Raffinerie und die zum Zeitpunkt der Verhandlungen bereits sehr profitable Minol. Es bestand der vielfach öffentlich geäußerte politische Wunsch von Frankreichs Präsidenten François Mitterrand und Kanzler Helmut Kohl, dass diese beiden Unternehmen an den französischen Konzern Elf Aquitaine verkauft werden sollte. Dies sollte ein Symbol für das französische Engagement in Ostdeutschland sein und die Zahl der Wettbewerber auf dem deutschen Ölmarkt erhöhen. Der Verkauf erfolgte dementsprechend 1990/91.
Das kaufmännische Interesse von Elf selbst war zuerst eher gering. Die erworbene Raffinerie musste mit Milliardenaufwand quasi neu gebaut werden. Hinzu kamen umfangreiche Altlasten in Leuna. Ein Bedarf an zusätzlichen Raffineriekapazitäten bestand nicht. So konnte der Verkauf nur um den Preis einer hohen Subventionszusage erfolgen. Anders lag es bei der Minol. Das Unternehmen war Marktführer in den neuen Bundesländern und sehr profitabel.
Weitere Interessenten an Leuna und Minol waren die BP-Gruppe, die Tamoil-Gruppe und das kuwaitische Unternehmen Q8.
[...] In den Jahren 1992 und 1993 erfolgten Schmiergeldzahlungen in Höhe von 47 Millionen Euro aus Schwarzgeldkassen von Elf. Als Drahtzieher des dubiosen Transfers gilt der ehemalige Elf-Manager Alfred Sirven In Frankreich wurden dafür verantwortliche Manager verurteilt, der ehemalige Konzernchef der Elf Aquitaine, Loïk Le Floch-Prigent, wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt; Sirven zu 5 Jahren. Die Angeklagten erklärten, die Mittel wären im Rahmen der Leuna-Privatisierung geflossen.
[...] In Folge des Schmiergeldprozesses in Frankreich wurde von interessierter Seite mehrfach die Verwicklung bundesdeutscher Politiker behauptet. Insbesondere wurde nach dem Regierungswechsel 1998 Burkhard Hirsch als "Sonderermittler" eingesetzt, um Belege dafür zu finden, die Regierung Kohl hätte einen Teil der entsprechenden Regierungsakten während des Regierungswechsels 1998 verschwinden lassen. Siehe hierzu Hauptartikel: Bundeslöschtage.
Einen Hinweis auf Zahlungen an deutsche Politiker konnte nicht gefunden werden. Ein Untersuchungsausschuss wurde nicht eingesetzt.
Die betroffenen Mitglieder der Regierung Kohl verwiesen immer auf die geringe Attraktivität von Minol und den von Anfang an bestehenden politischen Wunsch des Verkaufs an ELF. Eine Bestechung wäre daher überflüssig gewesen.
[...] Trotz massiven politischen Drucks, der Bundesanwalt möge die Ermittlungen an sich ziehen, wurden alle Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in Deutschland mangels Tatverdacht eingestellt.
Angestoßen wurden die staatsanwaltlichen Untersuchungen durch einen Bericht der französischen Untersuchungsrichterin Eva Joly, die von Paris aus die Elf-Aquitaine-Schmiergeldaffäre aufdeckte. In einer Zusammenarbeit zwischen Joly und dem Genfer Ermittler Paul Perraudin wurden Unterlagen auch an die deutschen Behörden weitergeleitet.
Laut den Ermittlungen der Genfer Staatsanwälten und der Untersuchungsrichterin Eva Joly passierte folgendes im Privatisierungsskandal Leuna-Minol: Die Lobbyisten Dieter Holzer und der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Ludwig-Holger Pfahls, inszenierten regelrechte Transaktionskaskaden. Zwischen 1987 und 1997 bewegten sie laut der Genfer Staatsanwaltschaft 130 Millionen Euro zwischen Liechtensteiner Trusts, Schweizer und Luxemburger Banken, Offshore-Firmen auf Antigua und in Panama. Der Genfer Untersuchungsrichter Paul Perraudin sieht darin eine „unsinnige wirtschaftliche Struktur, die einen konkreten Verdacht der Geldwäscherei begründet“. Unzählige Devisen- und Kassageschäfte zwischen den gleichen Banken über Konten eines anderen wirtschaftlich Berechtigten sind klassische Geldwaschtransaktionen. Das Verwirrspiel dieser Kick-back-Überweisungen dient dazu, den Fluss des Geldes und die Identität des Empfängers zu verschleiern.
...
Aus: "http://de.wikipedia.org/wiki/Leuna-Aff%C3%A4re"
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Leuna-Aff%C3%A4re (7. Dezember 2008)
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[...] Der Begriff Bundeslöschtage bezeichnet die vermutete Vernichtung von Akten des Kanzleramts am Ende der Regierungszeit von Helmut Kohl im Oktober/September 1998, die zum Gegenstand eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages wurde. Inzwischen ist rechtsverbindlich festgestellt, dass der "Vorwurf der rechtswidrigen zentralen Datenlöschung .. unbegründet" ist. Warum bestimmte Akten verschwunden sind, wurde nicht geklärt.
[...] Im Bericht des Untersuchungsausschusses, der unter der Leitung von Burkhard Hirsch (FDP) arbeitete, wurde behauptet, dass Akten zu folgenden Themen unvollständig seien oder geheime Akten möglicherweise vollständig vernichtet worden seien:
* Akten zum Verkauf des Spürpanzers Fuchs an Saudi-Arabien 1991
* Akten zur Privatisierung von Leuna und Minol
* Akten zu Airbuslieferungen
* Akten zu MBB-Hubschraubern an Kanada in den 1980er Jahren
* Akten zur Privatisierung der Eisenbahnwohnungsgesellschaften
* Akten zum Wirtschaftsgipfel Halifax
* Akten zum Schriftwechsel des Bundeskanzleramtes mit dem Kaufmann Karlheinz Schreiber
Der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts, Friedrich Bohl, gab vor dem Ausschuss an, keine Weisung an Mitarbeiter zur Löschung und Vernichtung von Daten ausgegeben zu haben.
Der durch Hirsch maßgeblich geprägte Bericht konnte die behauptete Aktenvernichtung nicht nachweisen - dass Akten verschwunden waren, stand allerdings außer Frage.
[...] Laut Aussage des ermittelnden Staatsanwalts Georg Linden[1] ergaben die Ermittlungen, dass im Zuge des Regierungswechsels 1998 tatsächlich Datenbestände gelöscht worden waren.
Dass es sich um zentral angeordnete umfangreiche Löschung handelt, konnte jedoch widerlegt werden. Die Fraunhofer-Gesellschaft erklärte gegenüber der Staatsanwaltschaft in ihrem Gutachten vom 29. Juli, für Datenlöschungen im Zeitraum September/Oktober 1998 gebe es keine direkten Anhaltspunkte aus den Festplatten des zentralen Servers im Bundeskanzleramt[2].
Unerörtert blieb bei dem gesamten Vorgang, ob die Löschung von Daten zwar strafrechtlich irrelevant ist, jedoch gegen die Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes verstieß, gemäß dem allen Behörden und Stellen des Bundes die Anbietung aller ihrer Unterlagen an das Bundesarchiv zur gesetzlichen Pflicht gemacht wird. Nach diesem Gesetz darf allein das Bundesarchiv darüber entscheiden, ob Daten und Unterlagen gelöscht oder aber dauerhaft aufbewahrt werden.[3]
...
Aus: "Bundeslöschtage" (1. November 2008)
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesl%C3%B6schtage-.-
[...] Ludwig-Holger Pfahls (* 13. Dezember 1942 in Luckenwalde) war Mitglied der CSU, von 1985 bis 1987 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und von 1987 bis 1992 Staatssekretär im deutschen Bundesministerium der Verteidigung.
Im April 1999 erwirkte die Staatsanwaltschaft in Augsburg einen Haftbefehl gegen Pfahls. Ihm wird Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien vorgeworfen. Pfahls tauchte unter und wurde 5 Jahre später, am 13. Juli 2004, in Paris verhaftet und am 20. Januar 2005 an Deutschland ausgeliefert. Am 3. August 2005 wurde Pfahls durch die Aussage des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl entlastet, indem dieser die eigene Verantwortung für ein Panzergeschäft mit Saudi-Arabien bestätigte. Pfahls entging dadurch dem Vorwurf der Bestechlichkeit und wurde am 12. August 2005 wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Pfahls hatte gestanden, von Karlheinz Schreiber für Rüstungsgeschäfte rund zwei Millionen Euro Schmiergeld auf ein Schweizer Tarnkonto angenommen und nicht versteuert zu haben.
Der frühere CSU-Politiker wurde im September 2005 nach 13 1/2 Monaten Haftzeit (der Hälfte seiner Haftstrafe von 27 Monaten mit Anrechnung der Zeit in Untersuchungshaft) entlassen.
[...] 1985 wurde Pfahls Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. 1987 holte ihn der damalige Verteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) auf Vorschlag von Strauß als beamteten Staatssekretär in das Ministerium. Er war dort verantwortlich für Rüstungskontrolle, Beschaffung und Export von Waffen. Im Rahmen dieser Tätigkeit wird ihm seit 1999 Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vorgeworfen.
2000 schloss die CSU Pfahls wegen rückständiger Mitgliedsbeiträge aus der Partei aus.
[...] Wie am 10. Oktober 2005 in den ARD-Nachrichten und dem abendlichen Nachrichtenmagazin Report München gemeldet, wurde Pfahls bei seiner langwährenden Flucht unterstützt durch die Geheimdienste D.S.T. und Direction Générale de la Sécurité Extérieure in Frankreich, die ihn u. a. unbemerkt jeweils durch die Personenkontrollen diverser Flughäfen geschleust haben sollen, um sowohl die ruhende Elf Aquitaine- als auch die Leuna-Affäre nicht zeitlich unpassend aufzurühren.
...
Aus: "Ludwig-Holger Pfahls" (2. Oktober 2008)
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig-Holger_Pfahls-.-
[...] Dieter Holzer (* 1943 in Quierschied, Saarland) ist ein deutscher Kaufmann und Lobbyist, der im Umfeld der Leuna-Affäre bekannt wurde. Holzer ist seit 2005 Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen.
Holzer heiratete 1967 Souade Salyoun, eine Cousine des ehemaligen libanesischen Staatspräsidenten Amin Gemayel. Er besitzt heute Immobilien in der ganzen Welt.
Leuna-Affäre:
Bekannt wurde Holzer im Rahmen der sogenannten Leuna-Affäre. Hierbei sollen im Zuge des Erwerbs der Leuna-Raffinerie und des Mineralölkonzern Minol durch den französischen Konzern Elf Aquitaine 1990/91 Schmiergelder geflossen sein.
Der Konzern Elf Aquitaine verpflichtete Holzer als Berater. Holzer verdiente an diesem Posten ca. 50 Millionen Mark.
Im Vorteilsnahmeprozess um den französischen Ölkonzern Elf, wurde Holzer in Abwesenheit in Paris [1] zu 15 Monaten Haft und zu 1,5 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt. Holzer könnte, mit seiner Zustimmung, zur Strafvollstreckung nach Frankreich ausgeliefert werden [2]. Dieselben Strafen erhielt Holzers damaliger Verhandlungspartner, der pensionierte stellvertretende Leiter der Direction de la surveillance du territoire Pierre Lethier.
Für den an Milliarden Subventionen gekoppelten Kauf der Leuna Raffinerie und des ostdeutschen Minol-Tankstellennetzes hatten Holzer und Lethier 1993 umgerechnet 39 Millionen Euro kassiert. Vor Gericht hatten beide dies als branchenübliche Beraterhonorare bezeichnet und den Verdacht zurückgewiesen, mit dem Geld seien deutsche Parteienvertreter geschmiert worden. Holzer wurde verurteilt, 39 Millionen Euro Schmiergelder zurückzahlen.
Reisehilfe für Holger Pfahls [Bearbeiten]
Am 3. Juli 2008 wird Holzer in Augsburg vor Gericht gestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Geschäftsmann uneidliche Falschaussage in einem Prozess gegen Max Strauß vor. »Vor allem aber geht es um den Vorwurf der Strafvereitelung. Die Anklage sieht als erwiesen an, dass Holzer [3] zumindest die letzten 19 Monate der Flucht von Pfahls in Frankreich organisiert und finanziert haben soll.« [4] Dieter Holzer hat eingeräumt dem ehemaligen Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls bei einer überraschenden Reise geholfen zu haben. Nach einer Absprache zwischen Richter, Staatsanwalt und Verteidiger hatte Holzer eingeräumt, dem früheren Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls auf dessen fünfjähriger Flucht mit Kontakten und Geld geholfen zu haben. Die Absprache war bei einem Treffen am Mittwochnachmittag den 23. Juli 2008 getroffen worden. Holzer ist vom Landgericht Augsburg zu neun Monaten auf Bewährung und einer Geldauflage von 250.000 Euro verurteilt worden. Das Gericht verzichtete weitere Zeugenvernehmungen, auch auf die für Donnerstag 24. Juli 2008 vorgesehene von Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Siegfried Lengl[5] (CSU) [6]. Da das Strafmaß unter 12 Monaten blieb, bleibt Holzer Beamter [7].
Anmerkungen:
1. ↑ deutsche welle 18.03.2003 Elf Corruption Trial Reaches French Courts [1]
2. ↑ manager-magazin 01.06.2007 Keine Lust auf Frankreich [2]
3. ↑ ZEIT ONLINE 36/2001 Holger Pfahls gesucht, Dieter Holzer gefunden [3]
4. ↑ Spiegel-online 2. Juli 2008 Die endlose Affäre des Schattenmanns [4]
5. ↑ DER SPIEGEL 40/1989 vom 02.10.1989 Siegfried Lengl [5]
6. ↑ Süddeutsche Zeitung 24.07.2008 Holzer kommt mit Bewährungsstrafe davon [6]
7. ↑ Saar-Echo 12.10.2005 Geheimdienste und Politik: Wer lenkt wen? [7]
Aus: "Dieter Holzer" (23. November 2008)
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Holzer-.-
[...] Karlheinz Schreiber (* 25. März 1934 in Petersdorf (Thüringen)) ist ein deutscher Waffenhändler, der mehrfach deutsche Politiker mit Millionenbeträgen bestochen haben soll. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren in der CDU-Spendenaffäre um Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble sowie im Prozess gegen Max Strauß. Schreiber war langjährig ein herausgehobenes CSU-Mitglied, bedingt durch sein besonderes langjähriges Vertrauensverhältnis zu Franz-Josef Strauß bzw. seiner Nähe zur Familie Strauß. In dem mehrfach z. B. in der Süddeutschen Zeitung ausschnittsweise veröffentlichtem Terminplaner fanden sich neben Geldsummen die mit Decknamen bezeichneten Empfänger (mutmaßlich z. B. „Maxwell“ für Max Strauß) auch die Namen weiterer lokaler Persönlichkeiten, z. B. des früheren Landrates (Landkreis Landsberg) und Bezirkstagspräsidenten (Bezirkstag von Oberbayern) Erwin Filser und anderen.
Schreiber und Schäuble:
Große Öffentlichkeitswirksamkeit erzielte der Umstand, dass Wolfgang Schäuble von Schreiber 100.000,- DM entgegennahm. Der Verbleib dieser Zahlung konnte bis heute nicht geklärt werden. Weitere Spendenbeträge konnten zum Teil von der CSU noch nachträglich legalisiert werden.[1]
Schreiber und Pfahls:
Außerdem hat der Rüstungslobbyist Schreiber den Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls mit 3,8 Mio. D-Mark (etwa 1,9 Mio. Euro) bestochen, um eine schnelle Lieferung von „Fuchs”-Panzern nach Saudi-Arabien zu ermöglichen. Pfahls befand sich von 1999 bis Juli 2004 auf der Flucht, als er schließlich in Paris verhaftet wurde. Nach dem umfassenden Geständnis im August 2005 nach einem Handel mit der Staatsanwaltschaft verurteilte ihn das Landgericht Augsburg nur zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft wegen Vorteilsnahme und Steuerhinterziehung. Da Pfahls die Untersuchungshaft im Ausland angerechnet wurde, galt bei der Augsburger Urteilsverkündung die Strafe als verbüßt und er verließ das Gericht als freier Mann. Eine der vielen offenen Fragen rund um die CSU-Spendenaffären ist, warum Herr Pfahls sich angesichts des geringen ihm nachgewiesenen Straftatumfanges anfangs derart bemühte, für die Ermittlungsbehörden spurlos verschollen zu bleiben.
FMS:
In der Gesellschaft FMS, die der Familie Strauß gehörte, war Schreiber bis 1996 Direktor. Damals war gegen Schreiber bereits ein Ermittlungsverfahren eröffnet, sein Haus in Kaufering war durchsucht worden. Ebenfalls wurde das Haus seines privaten Vermögensverwalters Reiter sowie dessen Büro durchsucht. (Herr Reiter ist Direktor der Sparkasse Landsberg am Lech.)
[...] Schreiber ist zur Zeit in Auslieferungshaft in Kanada. Er besitzt außer der deutschen auch die kanadische Staatsangehörigkeit.
In Deutschland ist ein Haftbefehl gegen Schreiber anhängig. Gegen eine drohende Auslieferung wehrt er sich seit 1999 mit juristischen Mitteln. Am 8. März 2006 gab das höchste Berufungsgericht der kanadischen Provinz Ontario in Toronto bekannt, dass die Berufung Schreibers gegen die Auslieferungsentscheidung des kanadischen Justizministeriums vom Oktober 2004 abgelehnt wurde. Schreibers Anwalt gab nach der Entscheidung bekannt, dass der Fall vor den Supreme Court of Canada, vergleichbar dem deutschen Bundesgerichtshof, gebracht würde. Die von drei Amerikanern eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen das Auslieferungsgesetz Kanadas wurde im Juli 2006 jedoch abgewiesen. Die juristischen Möglichkeiten Schreibers, sich einer Auslieferung an die Bundesrepublik Deutschland zu entziehen, hatten sich somit praktisch erschöpft.
Anfang Februar 2007 befand sich Schreiber laut Presseberichten schließlich in kanadischer Auslieferungshaft. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil der Vorwürfe gegen Schreiber bis zu seiner endgültigen Auslieferungsentscheidung in Kanada verjährt sind und deshalb nicht mehr vor einem deutschen Gericht verhandelbar sind.
Nach Informationen der Augsburger Allgemeinen kam Schreiber zwischenzeitlich wieder auf freien Fuß. Das höchste Berufungsgericht der kanadischen Provinz Ontario entließ ihn am Donnerstag, dem 8. Februar 2007, aus der Auslieferungshaft, jedoch wurde er Anfang Mai 2007 wieder inhaftiert. Am 10. Mai 2007 scheiterte Schreibers Einspruch gegen die Auslieferung an diesem Berufungsgericht.
Am 24. März 2007 brachte er eine Klage beim Obersten Gericht der kanadischen Provinz Ontario gegen Brian Mulroney, den ehemaligen konservativen Premierminister von Kanada, wegen Vertragsbruches ein. Er behauptete, Mulroney hätte ihm zwischen 1993 und 1994 versprochen, finanzielle und politische Hilfe gegen Zahlung von 300.000 CAD für den Bau einer Transportpanzerfabrik in Québec zu leisten. Mulroney soll diese Hilfe aber nicht gewährt haben.
Seine Klage bezüglich seiner Auslieferung wurde von einem Bundesrichter in Halifax am 11. Juni 2007 zurückgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt blieb ihm als einziges Rechtsmittel nur noch ein Einspruch am obersten Gerichtshof von Kanada, welcher zunächst im Oktober 2007 zurückgewiesen wurde.[2]
Am 5. November reichte Schreiber durch seinen Anwalt Edward Greenspan eine Erklärung beim Obersten Gericht Ontarios ein. Die Erklärung enthielt einige Vorwürfe, u. a. den, dass Mulroney noch im Amt war, als er den Vertrag beschlossen habe, und dass der jetzige konservative Premierminister Stephen Harper durch Mulroney einen Brief von Schreiber erhalten haben soll. Diese Äußerungen sorgten für großen Wirbel in den Medien. Harper berief einen Untersuchungsausschuss, versprach seine Zusammenarbeit und verbot den Kontakt zwischen Mitgliedern der Fraktionssitzung und Mulroney während der Untersuchung.
Am 13. November 2007 berief Harper eine unabhängige Untersuchungskommission, nachdem Mulroney diese persönlich gefordert hatte.[3]
Am 15. November 2007 scheiterte Schreibers Antrag für die Aufhebung des Auslieferungsbefehls. Der kanadische Justizminister Rob Nicholson sicherte aber einen Aufschub bis zum 1. Dezember zu. Es bleibt Schreiber nun eine letzte Möglichkeit, den Auslieferungsbefehl beim Obersten Gerichtshof anzufechten, sofern der Gerichtshof seinen Antrag überhaupt annimmt.[4] Am 30. November 2007 gewährte das Berufungsgericht der Provinz Ontario Schreiber eine weitere Frist, um erneut vor dem Obersten Gerichtshof gegen seine Ausweisung nach Deutschland vorgehen zu können. Am 4. Dezember 2007 entschied das Berufungsgericht der Provinz Ontario, Schreiber gegen eine Kaution von 1,3 Millionen kanadischen Dollar vorerst wieder freizulassen.[5]
Politiker in der kanadischen Opposition wollen die Auslieferung verzögern, damit Schreiber für eventuelle Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung steht.
...
Aus: "Karlheinz Schreiber" (1. Dezember 2008)
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Schreiber-.-
[...] Eva Joly (* 5. Dezember 1943 in Grünerløkka, Oslo) ist eine Juristin. Sie erlangte vor allem in Frankreich und Norwegen, aber auch international den Ruf einer gnadenlosen und unbestechlichen Kämpferin gegen die Korruption.
[...] Eva Joly wurde 2002 in Oslo mit der Bildung einer Anti-Korruptions-Kommission betraut, die als Sonderkommission mit der Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche, Wirtschaftskriminalität und organisierter Kriminalität beauftragt ist. Das Ziel der Kommission ist es zudem, die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen die Korruption zu fördern.
[...] Trotz Einschüchterungen, Einbrüchen in ihr Haus und das Büro, illegalem Abhören und Morddrohungen deckte Eva Joly in der Zeit ihrer Tätigkeit als Untersuchungsrichterin den größten europäischen Korruptionsskandal in der Geschichte auf. Dieser ging durch die internationale Presse als Elf-Aquitaine-Schmiergeldaffäre. Anfangs fielen der Untersuchungsrichterin lediglich verdächtige Börsengeschäfte des Staatsunternehmens Elf Aquitaine auf. Diese anfänglichen Unregelmäßigkeiten führten zwischen 1995 und 2002 zu einer mehrjährigen Untersuchung, an deren Ende der Staatsanwaltschaft 37 Angeklagte übergeben wurden. Unter ihnen befanden sich höchstrangige Politiker und Manager. Insgesamt 30 der zunächst 37 Angeklagten aus der französischen und internationalen obersten Gesellschaft wurden auch verurteilt.
Der ehemalige französische Außenminister und Vorsitzender des Conseil Constitutionel des französischen Verfassungsrates, Roland Dumas, war einer der Angeklagten. Er wurde jedoch in der Berufungsinstanz freigesprochen. Unter anderem waren der Präsident des Konzerns, Loïk Le Floch-Prigent, sowie Alfred Sirven, der zweite Mann im Unternehmen auf der Anklagebank.
Insgesamt zweigten die Manager € 300 Mio. ab und erkauften sich wichtige Personen in der internationalen Politik.
Auch in Deutschland hat die Arbeit von Eva Joly große Wellen geschlagen. Ihre Ermittlungen wurden in Deutschland als Leuna-Affäre politisch aufgegriffen. Über Verdächtigungen und Anfangsverdachte kam die Affäre in Deutschland nicht hinaus.
In ihrem Buch Im Auge des Zyklons beschreibt Sie auf packende Weise, wie sie durch ihre Ermittlungen Opfer von Einschüchterungs- und Morddrohungen wurde, die Reaktionen der höchsten Männer Frankreichs auf eine Frau, die es wagt, denjenigen, die sich in einer „Straffreien Zone“ bewegen, wie sie es nennt, unangenehme Fragen zu stellen.
[....]
Eva Joly - Im Auge des Zyklons - ISBN 3-570-50051-9
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eva_Joly (21. Oktober 2008)
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[...] Eva Joly klärte als Untersuchungsrichterin in Frankreich die Elf Aquitaine-Affäre auf – gegen heftigste Widerstände. Ihre Erkenntnis über vermeintliche Eliten und Korruption: Abzockerei, schwarze Kassen, Kickbacks an Manager für geleistete Helferdienste, sind nicht Ausnahme, sondern Teil des Systems. Den Fall Siemens hat sie kommen sehen.
Ist der Kampf gegen Korruption sinnlos?
[Eva Joly]: Nein. Es ist wichtig, die Spitzen zu packen. Die kleinen Fälle bringen nichts. Wir sehen es jetzt bei Siemens und wir werden es bei andern demnächst noch erleben. Auch bei der Deutschen Bank, wo es um russisches Geld geht. Warten Sie es ab. Auch in Großbritannien werden wir noch einiges erleben. Einige der Fälle kenne ich sehr gut. Es wird zu Urteilen gegen Bankiers, Manager und Anwälte kommen. Wenn sie ihre Lizenz verlieren und der eine und andere bis zu zehn Jahren verurteilt wird, hat das seine Wirkung.
Sie mussten 50 Jahre alt werden, bis ...
...ich merkte, dass das Spiel in Wirtschaft und Politik anders läuft, als ich früher dachte. Heute wundere ich mich über meine damalige Naivität.
Sie stachen als Untersuchungsrichterin in ein Wespennest, weil Sie in Frankreich hochrangige Manager und Politiker der Korruption überführten.
Ich war früher auf unterer Stufe als Juristin und Richterin tätig und ich hatte nie das Gefühl, in einer Schattenwelt zu leben. Ich glaubte an die Institutionen, für die ich arbeitete und an die Rechtschaffenheit der Mächtigen oder zumindest an die Kontrollinstanzen, die die Mächtigen kontrollieren sollten.
Das änderte sich radikal, als Sie als Ermittlerin im Dienst des französischen Finanzministeriums eine Staatsaffäre auslösten.
Es fing ganz klein an. Da irgendwelche Betrügereien, dort Hinweise auf alltägliche Korruption. Bis ich nach und nach feststellte: Das ist ein ganzes Netz. Je weiter ich ermittelte, an umso höhere Stellen in Staat und Wirtschaft geriet ich. Es nahm gespenstische Dimensionen an.
Hintergrund war der damalige Staatskonzern Elf Aquitaine, dessen kriminelle Spur durch ganz Europa führte, auch nach Genf.
Ja, in dem damaligen Generalstaatsanwalt von Genf, Bernard Bertossa und der Untersuchungsrichter Paul Parraudin hatte ich Verbündete. Sie zeichneten minutiös die Schwarzgeldflüsse im Elf-Konzern nach. In drei Jahre summierten sich die Unterschlagungen auf 2,5 Milliarden Franc, die Elf-Manager auf Schweizer Bankkonten bunkerten. Das entsprach der Hälfte des Konzerngewinns.
Oft werden schwarze Kassen über komplizierte Firmen und Anlagekonstruktionen im Ausland angelegt, offenbar auch bei Siemens. Deutsche Ermittler kommen da kaum ran.
Es hat sich schon einiges bewegt. Vor allem die Grossbanken wollen aus eigenem Interesse verhindern, dauernd negativ in die Schlagzeilen zu kommen. Die Schwachpunkte liegen anderswo. In der Schweiz zum Beispiel erhalten Untersuchungsrichter auch bei strafrechtlich schwerwiegenden Vorgängen nur mit sehr viel Mühe Kontoeinsicht. Jeder einzelne Schritt kann vom Kontoinhaber mit Einsprachen verzögert werden. Das wird natürlich laufend gemacht.
Das Recht des Beschuldigten ist ein Grundrecht.
Einverstanden. Das ist wichtig. Aber es ist ebenso wichtig, Kriminelle schneller zu überführen. Über 90 Prozent aller Einsprachen in Wirtschaftsverfahren werden letztlich abgelehnt. Die Verfahren werden aber von spezialisierten Anwälten bewusst endlos verschleppt. Da müsste der Gesetzgeber viel schärfer heran, falls er an sauberen Verhältnissen wirklich interessiert ist.
Seit 1992 müssen Banken immerhin wissen, wer der wirkliche Eigentümer von Konten ist.
Ja. Das war ein Durchbruch. Aber inzwischen wird ein grosser Teil an Schwarzgeld via Hedgefonds in speziellen Trusts anonymisiert, vor allem in Steuerparadiesen. Die Geldflüsse werden dadurch undurchschaubar. Hedgefonds sind inzwischen stärker als der Markt, ja, sie hebeln ihn aus. Wir reden hier von einer Summe von 1 000 000 000 000 Dollar, die in Hedgefonds und Trusts stecken. Das beunruhigt auch Bankiers.
Das ist ja nicht nur Schwarzgeld.
Natürlich nicht. Aber es geht um riesige Summen. Eine Kommission des US-Senats nennt in einem aktuellen Bericht vom Sommer 2006 die Summe von 70 Milliarden Dollar jährlich, die allein dem US-Fiskus hinterzogen werden. Wohin geht denn dieses Geld?
Ja, wohin?
Geld wird häufig deswegen nicht deklariert, um es für illegale Zwecke einsetzen zu können. Steuerhinterziehung hat international derartige Ausmasse angenommen, dass die normalen Bürger, die letztlich den Preis dafür zahlen, es nicht mehr hinnehmen werden. Das wird zu einer Explosion führen.
In Ihrem Buch schreiben Sie, Topmanager hätten Sie als «Raubtiere der Spitzenklasse» erlebt, für die die Justiz nur noch am Rande existiere. Klingt ziemlich hart.
Das war meine Erfahrung. Sie haben sich ihre eigene Moral zurecht gelegt. Sie leben in einer andern Welt, physisch und geistig. Die Verbrechen, die sie begehen, erkennen sie nicht als solche. Ich vernahm zum Beispiel den Generaldirektor der Ciment de France, Pierro Conso. Er machte sich zunächst über mich lustig.
Warum?
Er sagte wörtlich: «Madame, man muss wohl Richterin sein, um nicht zu wissen, dass der ganze Kapitalismus auf Insidergeschäften aufgebaut wurde. Jeder grosse Konzern führt schwarze Kassen. Jeder.» Er hat mir mit seinem Insiderwissen für viele Vorgänge die Augen geöffnet.
Das heißt: Schmiergeldzahlungen, Kick backs an Manager für erteilte Aufträge, Insidergeschäfte, sollen Alltag sein?
Ja. Der Normalbürger glaubt das nicht. Ich habe es ja auch nicht geglaubt. Aber es ist Teil eines internationalen Systems, von dem viele profitieren. Darum ist es so widerstandsfähig. Bei den hohen Summen, mit denen heute viele umgehen, werden eben auch viele schwach. Macht ist heute nicht mehr ein Mittel zum Zweck, sondern Zweck an sich. Eine Hand wäscht die andere. Da muss man sich überhaupt nichts vormachen.
Welche Reaktionen bekamen Sie auf Ihr Buch?
Tausende von Briefen und eMails. Ich erhalte heute noch viel Post. Meistens positive. Viele wollen mir ihre Fälle vorlegen.
Offenbar haben diese Leute begriffen, dass Elf-Aquitaine nur ein Fall von vielen ist.
Ja. Es ist ein internationales Phänomen. Man warf mir Konspirationsgespinste vor. Oft hatte ich das Gefühl, Beute eines unsichtbaren Raubvogels zu sein. Die Polizei fand es nötig, zeitweise bis zu sechs Bodyguards für uns abzustellen. Das waren weiss Gott keine Hirngespinste.
Sie haben das System herausgefordert. Es schlug zurück. War es so?
Ich stieß mitten hinein. Das habe ich aber erst nach und nach gemerkt.
Woran?
Je weiter ich ermittelte, umso stärker wuchs der Druck von allen Seiten. Mein Büro wurde dreimal hintereinander aufgebrochen. Wichtige Akten verschwanden. Einmal hing aussen an meiner Bürotür ein Liste von ermordeten Richtern und Staatsanwälten. Der Präsident des Appellationsgerichts, ein sehr seriöser, zurückhaltender Mann, nahm mich eines Tages zur Seite: »Madame, stehen Sie nicht zu nahe am Fenster. Sie sind in sehr ernster Gefahr.» Für mich war das ein Schock. Mit so etwas habe ich nicht gerechnet.
Nahmen Sie das Ernst?
Allerdings. Die Vorfälle häuften sich. Einmal machten wir eine Hausdurchsuchung. Der Hausherr war nicht da, weil er gewarnt worden war. Auf dem Tisch lag eine geladene Pistole, deren Lauf auf die Tür zielte, durch die wir hereinkamen. Unter Insidern ist das eine eindeutige Warnung.
Sie veröffentlichten eine Liste von 25 Richtern, Staatsanwälten und Journalisten, die ermordet wurden. Bisher hielten wir das für ein sizilianisches oder russisches Phänomen...
Es sind alles Leute, die ihre Weigerung, sich korrumpieren zu lassen, mit dem Leben bezahlten. Man glaubt ja, das passiere irgendwo sonst, nur nicht bei uns. Ein Staatsanwalt aus Schleswig-Holstein nahm 2004 Kontakt mit mir auf.
Was wollte er?
Er berichtete, er habe Ähnliches erlebt. Er arbeitete an Korruptionsfällen und kam nicht voran, stiess überall auf Widerstände, auch in der eigenen Behörde. Das kenne ich: Die Stimmung dreht irgendwann, je weiter man vorstösst. Nach anfänglicher Unterstützung durch Öffentlichkeit und Vorgesetzte ist man plötzlich selber der Feind und nicht der, gegen den man ermittelt.
Was geschah mit dem Staatsanwalt aus Schleswig-Holstein?
Er wurde isoliert. Er hatte einen Breakdown. Die Einsamkeit in solchen Jobs ist belastend. Aber er gab nicht auf und setzte durch, dass seine Dienststelle für Wirtschaftskriminalität auf 30 Mann aufgestockt wurde. Seitdem läuft es, und erstmals können dort auch komplexe Wirtschaftsfälle zum Abschluss gebracht werden.
Haben Sie direkte Eingriffe des Staates in Ihre Ermittlungen erlebt?
Nein, nie. Das läuft ganz anders. Es gibt zum Beispiel oft ein enges Zusammenspiel zwischen Strafverteidigern und Journalisten. Da werden dann aus vertraulichen Akten Informationen publiziert, natürlich nur, was im Interesse des betreffenden Klienten liegt, auch mit der Absicht, die Justiz zu diskreditieren.
Ohne dokumentierte Belege kann man als Journalist solche Fälle doch gar nicht mehr veröffentlichen. Man hat sofort eine einstweilige Verfügung am Hals.
Das Problem sehe ich auch. Meine Erfahrung aber ist, dass Journalisten in Europa viel von ihrer ursprünglichen Effizienz und Unabhängigkeit verloren haben. In Entwicklungsländern sind Journalisten in solchen Fällen mutiger als bei uns.
Ohne die Medien hätten Sie den Fall Elf Aquitaine nie durchgestanden.
Stimmt. Es waren zu viele Informationen an der Öffentlichkeit, um den Fall im Sand verlaufen lassen zu können, was sonst häufig geschieht.
Dachten Sie nie daran, aufzugeben?
Oh doch. In einer solchen Situation völlig auf sich allein gestellt zu sein, und das während sechs Jahren, ist furchtbar. Man steht mit den Akten auf und geht mit ihnen ins Bett. Der Preis, den man zahlt, ist sehr hoch.
Sie wurden abgehört. Von wem?
Ich weiß es nicht genau. Ich weiß inzwischen aber, wie perfekt Abhörmethoden heute sind. Dagegen sind die Tricks aus den James-Bond-Filmen geradezu lächerlich.
Letztlich haben Sie gegen alle Widerstände gewonnen. Sind Sie zufrieden?
Ja. 30 Urteile bei 37 Angeklagten ist in so einem Verfahren sehr viel. Aber ich sehe, wie sich das entblößte System schon wieder regeneriert.
Was meinen Sie damit?
Staatspräsident Chirac genießt Immunität. Aber er weiß, dass sofort nach seinem Ausscheiden aus dem Amt gegen ihn ermittelt werden wird. Kürzlich hat er Laurant Lemesle als neuen Generalstaatsanwalt für Paris ernannt, von dem alle Insider wissen, dass er Chiracs Mann ist. Er repräsentiert die alte Arroganz der Macht. Warum wohl war es so wichtig, gerade ihn in diese Schlüsselposition zu bringen? Das
System hat sich nicht geändert.
Aus: ""Eine Hand wäscht die andere" - Interview mit Eva Joly" (Das Gespräch führte Fred David, 2008)
Quelle:
http://www.cicero.de/97.php?item=1498&ress_id=5-.-
[...] [ngo/ddp] Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat das Düsseldorfer Landgericht den Lobbyisten und Geschäftsmann Dieter Holzer zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Der 67-jährige Kaufmann hatte vor Gericht gestanden, der früheren Verteidigungsstaatssekretärin Agnes Hürland-Büning (CDU) geholfen zu haben, Steuern in Höhe von 1,7 Millionen Euro am Fiskus vorbei zu schleusen. Entsprechende Medienberichte bestätigte am Dienstag (3. Februar) eine Gerichtssprecherin. Holzer war im Zuge der sogenannten "Leuna-Affäre" erstmals ins Visier der Ermittler geraten. Beim Kauf der Leuna-Raffinerie durch den französischen Konzern Elf-Aquitaine sollen Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen sein.
Holzer gilt als einer der Mittelsmänner, ein französisches Gericht hatte ihn dafür bereits in Abwesenheit zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt.
In Deutschland war Holzer vom Landgericht Augsburg im Jahr 2008 zu neun Monaten Haft auf Bewährung wegen Strafvereitelung verurteilt worden. Er hatte eingeräumt, dem früheren Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls (CSU) bei seiner mehrjährigen Flucht geholfen und ihn mit Geld und Kontakten unterstützt zu haben.
Aus: ""Leuna-Affäre" - Bewährungsstrafe für Lobbyist Holzer" (03. Februar 2009)
Quelle:
http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=19241