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[In diesem Kontext (Rassismus)... ]

Started by Textaris(txt*bot), March 05, 2015, 10:33:54 AM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mehr als 30 Jahre nach einem tödlichen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis hat die Bundesanwaltschaft einen Tatverdächtigen festnehmen lassen. Peter S. sei am Montag von der Landespolizei im Saarland festgenommen worden und solle noch im Laufe des Tages einem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt werden, teilte der Generalbundesanwalt am Montag in Karlsruhe mit. S. werde Mord, versuchter Mord und Brandstiftung mit Todesfolge vorgeworfen.

S. soll am 19. September 1991 in Saarlouis in eine Asylbewerberunterkunft gegangen sein und dort aus seiner rassistischen und rechtsextremistischen Gesinnung heraus ein Feuer gelegt haben. Dazu soll er Benzin ausgegossen und entzündet haben. Das Feuer breitete sich den Ermittlern zufolge mit großer Geschwindigkeit im Treppenhaus aus und erfasste im Dachgeschoss einen 27 Jahre alten Flüchtling aus Ghana. Der Mann sei noch am selben Tag an den Folgen seiner Verbrennungen und einer Rauchvergiftung gestorben.

Zwei weitere Hausbewohner konnten sich nur durch Sprünge aus dem Fenster retten, sie erlitten Knochenbrüche. Die weiteren 18 Bewohner der Unterkunft blieben unverletzt. Der Fall steht seit Jahren auf der Tagesspiegel-Liste von Todesopfern rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung.

Der Angreifer soll sich vor dem Brandanschlag in einer Gaststätte mit anderen Rechtsextremisten über die damaligen rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer im sächsischen Hoyerswerda ausgetauscht haben. Dabei soll die Runde deutlich gemacht haben, dass sie solche Anschläge auch in Saarlouis gut finden würde. Nach der Schließung der Gaststätte soll S. daraufhin zu dem Wohnheim für Asylbewerber gegangen sein und es angezündet haben.

In Hoyerswerda war es im September 1991 über mehrere Tage zu rassistisch motivierten Übergriffen gekommen. Die Ausschreitungen waren der Beginn einer ganzen Serie von rechtsextremen Gewalttaten in Deutschland.

Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen in der Sache erst vor zwei Jahren übernommen. Die ursprünglichen Ermittlungen der Landesjustiz waren bereits eingestellt worden, da kein Täter ermittelt werden konnte. Auf Grundlage neuer Erkenntnisse sei das Verfahren wiederaufgenommen worden. Es hätten sich "gravierende Anhaltspunkte" für einen rechtsextremistischen und rassistischen Hintergrund des Anschlags ergeben. Diese Annahme und der Tatverdacht gegen S. hätten sich in der Folge erhärtet. (AFP)


Aus: "Brandanschlag auf Asylbewerber vor 31 Jahren: Bundesanwaltschaft verhaftet Rechtsextremisten wegen Mordes" (04.04.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/brandanschlag-auf-asylbewerber-vor-31-jahren-bundesanwaltschaft-verhaftet-rechtsextremisten-wegen-mordes/28225212.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die renommierte US-Universität Harvard will einen Fonds mit 100 Millionen Dollar (94 Millionen Euro) zur Wiedergutmachung ihrer Rolle bei der Sklaverei einrichten. Der Fonds solle dazu beitragen, entstandene Schäden durch Sklavenhandel und Rassismus zu mildern, teilte die Hochschule mit und räumte in einem Bericht eine Mitschuld an der Aufrechterhaltung der Sklaverei in den USA ein.

"Harvard profitierte von Praktiken, die zutiefst unmoralisch waren, und hielt sie in gewisser Weise aufrecht", schrieb Universitätspräsident Lawrence Bacow in einem Brief an Studierende und Mitarbeiter. "Folglich glaube ich, dass wir eine moralische Verantwortung tragen, alles zu tun, um die anhaltenden zersetzenden Auswirkungen dieser historischen Praktiken auf Einzelpersonen, auf Harvard und auf unsere Gesellschaft zu bekämpfen."

Harvard wurde 1636 in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts gegründet. Dem Bericht zufolge versklavten Harvard-Mitarbeiter, darunter vier Unipräsidenten, mehr als 70 Schwarze und Indigene, bis die Sklaverei 1783 in dem Bundesstaat verboten wurde.

Dem Bericht zufolge profitierte die Universität auch "von umfangreichen finanziellen Verbindungen zur Sklaverei", einschließlich Spenden von Sklavenhändlern.

Von Mitte des 19. bis weit ins 20. Jahrhundert förderten Harvard-Präsidenten und prominente Professoren zudem die Rassenkunde und Eugenik. Sie "führten missbräuchliche 'Forschungen' durch, einschließlich des Fotografierens von versklavten und unterworfenen Menschen".

Der hundertseitige Bericht enthält mehrere Empfehlungen für die Verwendung der Gelder, etwa die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten für die Nachfahren von Sklaven, Gedenkstätten für versklavte Menschen und Forschung. Außerdem empfahlen die Autoren Partnerschaften mit schwarzen Hochschulen.
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Aus: "Harvard zahlt 100 Millionen Dollar für Wiedergutmachung von Sklaverei" (27. April 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-04/harvard-sklaverei-fonds

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Hamburg - Der US-amerikanische Bestsellerautor John Grisham kämpft bis heute in manchen Situationen gegen eigene rassistische Denkmuster an. ,,Wenn man so aufgewachsen ist wie ich, muss man hart daran arbeiten, das aus seinem System rauszubekommen", sagte der 68-Jährige im Interview des ,,Zeit"-Magazins. ,,Ich kämpfe jeden Tag, bis heute."

Er wolle nicht schlecht über seine verstorbenen Eltern reden, ,,aber sie waren nicht anders als all die anderen Weißen auf der Straße", so Grisham, der aus dem Südstaat Mississippi stammt.

,,Wir wuchsen mit dem Selbstverständnis auf: Wir leben in einer weißen Welt, und sie wird immer weiß bleiben." So sei er erzogen worden, ,,dieses Denken ist tief verwurzelt in mir".

Als vor vier Jahren seine Enkelin geboren wurde, habe seine Tochter im Krankenhaus von der jungen afroamerikanischen Ärztin geschwärmt, die sie betreute. ,,Und ich dachte: Moment mal, wir sind in diesem berühmten Krankenhaus, ich will einen weißen Mann mit grauen Haaren, der einen Haufen Erfahrung hat!", so Grisham. Er habe sich gerade noch bremsen können, das auszusprechen, ,,aber es hat mir gezeigt, wie weit der Weg ist, den ich noch zurücklegen muss".

...


Aus: "Grisham wehrt sich gegen eigene rassistische Denkmuster" (23.03.2023)
Quelle: https://www.fr.de/kultur/literatur/grisham-wehrt-sich-gegen-eigene-rassistische-denkmuster-zr-92165083.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Im Mai schoss ein Hamburger durch die Wohnungstür seiner Nachbarin. Das Motiv: Rassismus. Reue zeigt er bis heute nicht. Er ist sogar stolz.

Kurz bevor er losfeuert, filmt Ulf M. sich noch mit seinem Handy. Er steht schon vor der Wohnungstür seiner Nachbarin im Erdgeschoss, das durchgeladene Gewehr in der Hand. "Soll ich erst klingeln oder ballere ich durch die Tür?" überlegt er noch laut. Dann ballert er durch die Tür.
Dieser Schuss am Abend des 27. Mai 2023 war eine Eskalation mit Ansage. Allerdings mit einer Ansage, die nur Ulf M. kannte. Shahir M.*, die Nachbarin, die unter ihm wohnte, ahnte nicht, was sich in der Wohnung über ihr zusammenbraute. Sie hatte zwar schon seit Monaten Tyranneien von Ulf M. erdulden müssen. Tägliche Beschwerden über Lärm, Anzeigen bei der Polizei, Beschimpfungen im Treppenhaus des Niendorfer Mehrfamilienhauses. Doch von den Gewaltfantasien des Nachbarn wusste sie nichts.
Die 25-Jährige war im Oktober 2021 in die Wohnung nahe dem Einkaufszentrum Tibarg-Center eingezogen. Eine freundliche und ruhige Frau, so wird sie von Nachbarinnen und Nachbarn vor Gericht beschrieben. Nur Ulf M. sah das offenbar anders. Der 49-Jährige ist bekennender Rechtsextremist, vor Gericht beschreibt er sich als überzeugten Skinhead mit Neonazivergangenheit. Er sah in Shahir M. nie die junge Frau, die im Treppenhaus freundlich grüßte und morgens zu ihrer Arbeit als Arzthelferin ging. Er sah in ihr nur eine Ausländerin, und alleine dafür hasste er sie.

Shahir M. ist in Deutschland geboren, sie ist hier zur Schule gegangen und hat eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten absolviert. Ihre Eltern kommen aus Pakistan. Auch ihr Lebensgefährte, der in Darmstadt lebt und häufig zu Besuch bei ihr ist, ist Pakistani.
Der Nachbarschaftsterror ging schon los, als Shahir M. noch nicht einmal eingezogen war. Kaum hatte sie im August 2021 die Schlüssel für die Renovierung bekommen, beschwerte sich Ulf M. das erste Mal bei ihr. Sie und ihr Mann hätten mitten in der Nacht gebohrt, behauptete er. Nach dem Einzug der jungen Frau ging es richtig los: Zu jeder Tages- und Nachtzeit stand die Polizei vor ihrer Tür, weil Ulf M. wieder einmal auf dem Revier angerufen und über angeblichen Lärm geklagt hatte. Er legte ihr ständig eine Hausordnung in den Briefkasten, in der die Regeln für das Zusammenwohnen aufgelistet waren. 

Die 25-Jährige nahm das alles hin, notgedrungen, und fühlte sich immer unwohler. Einmal nur versuchte sie, sich gegen Ulf M. zu wehren. Im April 2022 hatte er ins Treppenhaus einen Zettel gehängt, auf dem er seine Nachbarin als "Asoziale" beschimpfte. Er müsse täglich auf dem Bau knechten, um Leute wie sie zu finanzieren, ätzte er. Daraufhin zeigte Shahir M. ihn wegen Beleidigung an.

Die Eskalation nahm ihren Lauf. Shahir M. konnte nichts tun, um sie aufzuhalten. Sie traute sich schon kaum mehr, Besuch zu empfangen, aus Sorge, Ulf M. könnte ein Geräusch hören und das wieder zum Anlass nehmen, sie zu tyrannisieren.
Am Abend des 27. Mai eskalierte die Lage. Shahir M. war mit ihrer Schwiegermutter zu Hause. Die beiden Frauen waren den ganzen Tag unterwegs gewesen, jetzt waren sie müde, machten es sich auf dem Sofa bequem und schalteten den Fernseher ein. Ruhig schauten sie einen Film, als Ulf M. plötzlich mit dem Gewehr durch die Tür schoss. In "John-Wayne-Manier aus der Hüfte", wie er selbst es vor Gericht stolz ausdrückte.
Die Kugel durchschlug die Wohnungstür und eine Kommode gegenüber, bis sie in der Wand stecken blieb. Dass niemand verletzt oder getötet wurde, war reiner Zufall. Das sagt die Vorsitzende Richterin der Kammer. Sie verurteilt Ulf M. wegen versuchten Mordes. Der 49-Jährige kommt für sieben Jahre ins Gefängnis.
Vor Gericht behauptete Ulf M., er habe seine Nachbarin nur erschrecken wollen. Er sei kein Neonazi mehr, "vielleicht nur ein bisschen unangemessen im Ton, wenn es um Ausländer geht", so formulierte er es. An dem Tag hatte er, wie so oft, Alkohol getrunken. Da sei bei ihm eine Sicherung durchgebrannt. Er beteuerte, er habe niemanden verletzten wollen. Aber das glaubt das Gericht ihm nicht, denn alles deutet auf eine geplante Tat hin.
Ulf M. hat die Beweise gegen sich selbst geliefert. Er hat sich nicht nur gefilmt, ehe er auf die Nachbarwohnung schoss. Er hat seine rassistische Gesinnung und die Gewaltfantasien auf Handyvideos dokumentiert.

Viele dieser Videos hat er in WhatsApp-Gruppen geteilt. Darin bezeichnet er Ausländerinnen und Ausländer als Affen, als Höhlenmenschen, als Taliban. Einmal schrieb er: "Das nächste Mal haue ich da mit der Axt rein." Gemeint war die Wohnung von Shahin M. Auch vor seinem Angriff am 27. Mai filmte er sich in seinem Wohnzimmer. "Ihr scheiß Kanaken, gleich sterbt ihr", sagte er in jenem letzten Video. Und nachdem er dann wirklich geschossen hatte und die Polizei ihn verhaftet hatte, sagte er zu einer Beamtin: "Schade, dass ich niemanden getroffen habe. Wenn ich rauskomme, mache ich es noch mal."
Die Richterin hält ihm im Urteil vor, dass er noch heute, nach Monaten in Untersuchungshaft, seine Tat und auch seine politische Gesinnung bagatellisiere. Seine Niendorfer Wohnung hat der 49-Jährige inzwischen aufgegeben, er wird für Jahre im Gefängnis bleiben. Shahin M. ist aus ihrer Erdgeschosswohnung ausgezogen, obwohl die Gefahr für sie vorüber ist. Die 25-Jährige lebt wieder bei ihrer Mutter.

"Wieso", fragt die Richterin, "der Angeklagte ist doch in Haft?" Shahin M. antwortet: "Ich habe mich trotzdem nicht mehr getraut, da hinzugehen. Es ist zu viel passiert."


*Shahir M. ist nicht der echte Name des Opfers. Die Frau leidet seit der Tat unter schweren Ängsten, um ihre Identität zu schützen, verwenden wir ein Pseudonym.


Aus: "Hamburger Landgericht: Ein Mann voller Hass" Elke Spanner, Hamburg (14. Dezember 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/hamburg/2023-12/hamburg-landgericht-neonazi-schuss-pakistanische-nachbarin