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[Mir das Lied vom Tod... ]

Started by lemonhorse, September 28, 2010, 10:21:40 PM

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lemonhorse

12.2009
Category: Fraktal.Text, Realitaets.Tunnel
Tag: Liebeswahn


In der Ellisabethstraße sitzt Dionysos im 5. Stock am Weinschlauch (an einem Bag in the Box) und der Rauch der Kippen steigt zur Stromsparlampe empor. Doch die Satyrn schweigen heute Nacht. Es geht dem Debattierklub diesmal nicht um den (auf die körperliche Lust reduzierten) Fickakt. Dennoch gehen am frühen Morgen die Rotweingedanken nicht ins Lustleere. Und Lenny's alte Kompaktanlage sollte eigentlich schon lange ihren Geist aufgegeben haben, aber sie spielt wacker das Lied vom Tod vom Maestro Ennio Morricone. Das Tape dreht. Es lebe die magnetische Cassette!
Schmeißen wir die Thesenmaschiene an. Das Gespräch am Holztisch führt uns zum Liebeswahn. Jemand sagt: "Wenn ich eine Frau liebe, muss ich sie zu einer Göttin machen". Ein Bekenntnis das, wie ich vermute, ein jeglicher eine Frau liebende Mann (in seinen Seelentiefen) wiederfinden kann (sobald er Willens zu suchen wäre). Doch der Abgrund liegt im nachfolgendem Detail: je höher die Geliebte empor gehoben wurde, um so tiefer kann/muss/könnte/wird sie dann zuletzt (möglicherweise) fallen (und mit ihr dann der Liebhaber auch selbst).
Warum das alles? – Die Triebfeder wäre, dass der althergebrachte (archaisch veranlagte) romantische Mann zum Beispiel eine auserwählte Frau zur (ihm einzigartigen) Göttin erheben muss, um selbst ein auserwählter einzigartiger Gott zu werden – denn es wird von ihm still vorausgesetzt, dass doch eine Göttin nichts anderes erwählen kann, als einen (ihr ebenbürtigen) Gott!
Auch wenn das Wahnsinn wäre, so käme ein Liebender oder eine Liebende in diesem Sinne nicht umhin, der (romantisch liebenden) Übersteigerung den Vorzug zu geben. Er oder sie wollen und verlangen ja dies ersehnte Gefühl der Liebesendlosigkeit (welche aber nie endlos anhalten kann!). Dennoch hängen die Liebenden an der Nadel einer bitter süß galoppierenden Illusion von Zeitenthobenheit. Kommt es dann doch zu einer Konfrontation mit der Zeitlichkeit und zu einem Verfall der sweet dreams liegen wir in der Seelenpein, mit einem Gottkater.

ein kontext update von mademoiselle j. (27.12.2009):
... mich hat dieses identitätsgewichs nicht ganz losgelassen. ... eigentlich sind wir doch alle=(gruppenidentität) fasziniert von der superheldenidee. eine geheime identität. der sozusagen unerkannte gott, die verkannte göttin. herrlich, äh erfräulich ist das. puh ... am tag eine sozialkonforme scheinidentität, scheinindividualität, des nachts superkräfte supergeschlechtlich, unverwundbar, grenzenlos... . einfach toll sowas. dafür angehimmelt werden, dass man eigentlich UNMENSCHLICH ist. toll. ... ich weiss, dass ich nach meinem ersten geschlechtsverkehr dachte, jeder mensch im supermarkt müsste mir sofort ansehen, dass ICH ICH ICH gerade sex hatte. und wie enttäuschend, niemand jubelte.