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 on: June 07, 2023, 09:24:27 AM 
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[...] Fast könnte man meinen, die Deutsche Bank hat aus der Finanzkrise kaum etwas gelernt. Wie Daten der Initiative Bürgerbewegung Finanzwende zeigen, die ZEIT ONLINE exklusiv vorliegen, ist die ungewichtete Eigenkapitalquote der Deutschen Bank mit nur 4,6 Prozent weiter gefährlich niedrig. Erst im März verpflichtete die Europäische Zentralbank (EZB) die Bank dazu, ihre Eigenkapitalquote zu erhöhen – wegen ihres Engagements mit Krediten an hochverschuldeten Unternehmen.

Dabei wäre durchaus Geld vorhanden, um diese Quote zu erhöhen. Denn laut der Berechnung von Finanzwende auf Basis von Geschäftsberichten der Deutschen Bank hat das Geldhaus in den vergangenen zehn Jahren mehr als 23,5 Milliarden Euro Boni an ihren Vorstand und ihre Mitarbeitenden gezahlt. Dabei hat die Bank in einigen Jahren sogar Verluste verzeichnet. Hätte die Deutsche Bank das Geld statt für Bonizahlungen für eine Erhöhung des ungewichteten Eigenkapitals verwendet, hätte sie mit 6,46 Prozent heute eine rund deutlich höhere Quote.
"Die Deutsche Bank schüttet regelmäßig Milliardenboni aus, dabei ist sie für den Krisenfall nicht gewappnet", sagt Michael Peters, Finanzmarktexperte bei der Bürgerbewegung Finanzwende. Angesichts der jüngsten Turbulenzen am Finanzmarkt – im April etwa musste die angeschlagene Schweizer Großbank Credit Suisse gerettet und von der Konkurrentin UBS übernommen werden – sind dies aus Sicht der Bürgerbewegung besorgniserregende Daten. Auch der Kurs der Deutschen Bank sowie der Commerzbank brachen im Frühjahr ein. Und noch 2016 warnte der Internationale Währungsfonds, dass die Deutsche Bank das größte Risiko für das globale Finanzsystem sei, immer wieder war die Deutsche Bank bis zuletzt wegen Bußgeldzahlungen an Aufsichtsbehörden in den Schlagzeilen.

Allerdings fuhr das Geldinstitut 2022 auch den höchsten Gewinn seit 15 Jahren ein – mit einem Ergebnis von rund fünf Milliarden Euro wurde ein Plus um 159 Prozent erzielt. Jedoch hatte die Bank zum einen von einem positiven Steuereffekt in Milliardenhöhe profitiert, zum anderen kamen höhere Zinsen dazu, mit denen das Geldinstitut mehr Profit erwirtschaftete. Außerdem muss man beachten, dass die seit 2013 gezahlten Boni mit gut 23,5 Milliarden Euro mehr als dem Dreifachen des ausgewiesenen Gesamtprofits von rund 7,5 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum entsprechen, wie die Bürgerbewegung Finanzwende ermittelt hat.
Die Initiative fordert, dass Banken keine Boni auszahlen dürfen sollten, solange sie nicht stabil finanziert sind. Zehn Prozent ungewichtetes Eigenkapital ist dabei nach Ansicht des Vereins das Minimum. Zum Vergleich: In der Realwirtschaft kalkulieren Unternehmen im Schnitt mit mindestens 25 bis 30 Prozent Eigenkapitel. Denn das Eigenkapital ist vereinfacht ausgedrückt das Geld, das einer Bank tatsächlich gehört und das sie nicht zurückzahlen muss. Dem gegenüber steht das sogenannte Fremdkapital und die Verschuldungsquote. Bei der Deutschen Bank steht dem Eigenkapital also eine Fremdverschuldung von 95,4 Prozent gegenüber. Doch je höher diese ist, desto weniger Puffer besteht für den Krisenfall. "Ohne ausreichende Kapitalpuffer sind Banken krisenanfällig. Das Motto muss endlich lauten: erst Stabilität, dann Bonuszahlungen. Sonst erleben wir über kurz oder lang wieder, wie Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden", sagt Finanzexperte Peters.

Besonders fragwürdig ist aus Sicht der Aktivistinnen und Aktivisten von Finanzwende, dass die Boni an nur einen kleinen Personenkreis gezahlt würden – laut der Auswertung erhielten vor allem Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Bank Bonuszahlungen neben ihrem Gehalt. Im Schnitt waren es mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr.   
Allerdings hat sich die Situation Ökonomen zufolge seit der globalen Finanz- und Bankenkrise bereits deutlich verbessert. Laut Jens Südekum vom wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, sind die Eigenkapitalquoten heute generell höher als damals. Zudem stünde auch die EZB bereit, die Liquidität der Banken abzusichern. Genau das aber will der Verein Finanzwende vermeiden und setzt sich seit Jahren für höhere Quoten ein. 

Grundsätzlich müssen Banken für ihr Geschäft unterschiedliche Kapitalquoten erfüllen – am wichtigsten ist die sogenannte harte Kernkapitalquote, bei der nur Aktienkapital und einbehaltene Gewinne eines Instituts berücksichtigt werden. Bei der Deutschen Bank lag diese gewichtete Quote laut Handelsblatt zuletzt bei 13,33 Prozent. Auch aus diesem Grund verwehrt sich Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing gegen Kritik. Die Aktivistinnen und Aktivisten von Finanzwende halten die Zahlen allerdings für schöngerechnet.


Aus: "Milliarden für die Manager statt Rücklagen" Tina Groll (7. Juni 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-06/deutsche-bank-manager-boni-eigenkapitalquote


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 on: June 05, 2023, 02:10:22 PM 
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[...] Kaum etwas trägt so effektiv zur Klimakatastrophe bei wie Privatflüge – und das Geschäft boomt wie nie zuvor. An einer der weltweit grössten Privatjetmessen hat die Branche in Genf ihre Entrücktheit zelebriert.

Die Frau hinter dem Empfangspult streckt ihr Handy entgegen: Man solle ihr die Fragen doch per E-Mail schicken. «Scannen Sie einfach den Strichcode, dann werden Sie alle meine Kontaktdaten finden», erklärt sie. Die Frau arbeitet für die Marketingabteilung von AV Fuel, einem der zahlreichen Treibstofflieferanten, die in den Palexpo-Hallen am Genfer Flughafen präsent sind – und mit «grünem» Treibstoff für sich Werbung machen, dem «Sustainable Aviation Fuel». Wie gross denn der Anteil dieses neuen Treibstoffs in der Branche sei, hätte man wissen wollen (kleiner Hinweis: Beim gesamten Flugverkehr sind es derzeit 0,1 Prozent). Nein, auf die Schnelle könne sie das wirklich nicht beantworten, sagt die Frau. Dann entgleisen ihr kurz die Gesichtszüge. Sie habe andere «wichtige Tasks», entfährt es ihr auf die Frage, ob sie nicht direkt eine E-Mail mit der Antwort schreiben könne, weil die Frage schliesslich schon gestellt sei und ja auch nicht so kompliziert.

Unangenehmer als offene Ablehnung ist nur eines: wenn einem die eigene Unwichtigkeit durch Überfreundlichkeit signalisiert wird. Durch herablassend nonchalantes Abwimmeln. An der Privatjetmesse «European Business Aviation Convention & Exhibition», kurz Ebace, erfährt man diese Behandlung insbesondere dann, wenn man als Besucher:in hier eigentlich gar nicht vorgesehen ist. Die Messe, die letzte Woche am Genfer Flughafen stattfand, ist ein Zusammentreffen der Superreichen und ihrer Hofierer:innen. Oder wie es die Veranstalter formulieren: «Ein führender Anlass und der jährliche Begegnungsort für die europäische Business-Aviation-Community».

Die Besucher:innen der Ebace werden in gläsernen Shuttlebussen zum Ausstellungsgelände gefahren. Junge Männer in Massanzügen werden vor den Hallen ausgespuckt. Wer dort Einlass zur grössten Branchenmesse Europas bekommt, wird von den Messeveranstalterinnen EBAA und NBAA – europäischen und amerikanischen Privatjetinteressengruppen – genau orchestriert. Online registrieren konnte sich nur, wer Mitglied einer der beiden Organisationen ist oder zumindest privat oder beruflich mit Privatjets zu tun hat. Von der Presse sind jene Vertreter:innen willkommen, die vorzugsweise für Aviatikbranchenmagazine Passagen schreiben wie die folgende, zu finden im deutschen «Fliegermagazin»: «Die Business Aviation legt, was den aktiven Klimaschutz angeht, unglaublich gut vor. Stichworte: Sustainable Aviation Fuel, Winglets, Folienbespannung der Aussenhaut, neueste Flügel-Aerodynamik. Bei so viel Klimaschutz werden Neuerungen der Kabinen-Ausstattung dieser Tage in Genf schon fast zur Nebensache.»

Der WOZ teilten die Veranstalterinnen schriftlich mit: Die Kriterien für die Presseakkreditierung würden leider nicht erfüllt. Doch dann, nach längerem Stehengelassenwerden beim Presseeinlass, taucht Michael auf, «Senior Vice President und Partner» einer amerikanischen PR-Agentur. Der Mann überbringt einen Badge und eine Visitenkarte, auf der steht: «The Power of True». «Melden Sie sich, wann immer Sie Fragen haben», sagt Michael.

Und dann also ist man drin. Auf dem Treppenaufgang zum Privatjettyp «Gulfstream G650» posiert ein junger Typ. In den Händen eine stillose Luxusaktentasche, auf der Nase eine golden glänzende Sonnenbrille, die zur Uhr am Handgelenk passt. Der Mann geht mit dem Rücken zum Flugzeug die Treppen hoch und runter, lässt den Blick in die Ferne schweifen, dann tauschen Fotograf und Model die Rollen. Der vom Charterunternehmen Qatar Executive präsentierte Flieger ist der einzige, der an diesem frühen Donnerstagnachmittag für den Durchschnittsmessebesucher geöffnet ist. Im Innern des mit flauschigem Teppichboden und glänzenden Marmorabdeckungen ausgestatteten Jets haben sich drei Frauen in die hellen Ledersitze gefläzt. Sie streichen ehrfürchtig über die Armlehnen. «Wir fertigen die Jets sonst immer nur ab», sagt eine von ihnen zur anwesenden Flugbegleiterin, «jetzt sehen wir endlich auch einmal einen von innen.» Erster Gedanke: So ist man bei den Reichen auch ohne Geld willkommen. Zweiter Gedanke: Sind die Verheerungen des Kapitalismus nicht auf traurige Weise noch sinnloser und tragischer, wenn die Welt der Superreichen so reizlos ist, so schäbig?

Denn eines steigt beim Betreten der Messe sofort in die Nase: der masslose Gestank von viel zu viel Parfüm, das sich in die abgestandene Luft mischt. Dazu all die Hässlichkeiten, die Luxus ausstrahlen sollen: golden eingepackte Stehtische, Lounges mit Leuchtelementen, Riesenvasen mit Kunstblumen.

Es ist wohl weniger die Angst vor einer kritischen Berichterstattung, die Journalist:innen hier mit kritischen Fragen auflaufen lässt, als vielmehr die Berufsauffassung der Presseverantwortlichen. Diese lautet offensichtlich: Jede atmosphärische Störung für die reiche Kundschaft gehört vermieden. Denn während im Globalen Süden Inseln untergehen, verkauft die Ebace ihren Kund:innen ein Lebensgefühl: jenes der wohlverdienten Gediegenheit. Der Exklusivität. Des ewigen Fortschritts. «Wir haben die Lücke zwischen Ihnen und den besten Orten auf der Welt geschlossen», bewirbt die Leuchtreklame eines Privatjetcharterservice dessen Dienste. Weitere Leuchtslogans: «Menschliche Leistung erhöhen, betriebliche Exzellenz voranbringen.» Oder: «Erfolg ist immer in Ihrer Reichweite.»

Draussen auf dem Rollfeld, wo etwa fünfzig Flieger von Herstellern wie Boeing, Dassault oder Pilatus gezeigt werden, sind rote Teppiche ausgebreitet, die meisten Treppen zu den Fliegern mit einer Kordel abgesperrt. Sorry, es sei gerade eine private Führung im Gang, teilen freundliche Mitarbeiter:innen mit. «Nur auf Einladung» steht auf den Schildern der grössten Luxusflieger. «Haben Sie einen Pressetermin?» Andernfalls könne man leider nicht helfen. «Fragen Sie bei den Messeständen nach Adam, er wird Ihnen weiterhelfen.»

Die Zahl der Flüge mit Privatjets hat laut einer aktuellen Studie von Greenpeace im vergangenen Jahr drastisch zugenommen. Mit fatalen Folgen fürs Klima: Ein Jet stösst in der ersten Flugstunde nach dem Abheben rund drei Tonnen CO₂ aus. Wobei Wissenschaftler:innen davon ausgehen, dass der tatsächliche Klimaeffekt sogar rund dreimal stärker ist. Ein durchschnittlicher Jet stösst in einer einzigen Stunde also neun Tonnen CO₂-Äquivalente aus – während durchschnittliche Europäer:innen etwa elf Tonnen Treibhausgase pro Jahr verursachen (oder ein wenig mehr, wenn man auch hier das Fliegen dreifach zählt).

Wie die Greenpeace-Studie zeigt, gab es in Europa im Jahr 2022 volle 64 Prozent mehr Starts von Privatjets als im Vorjahr. Mit einem Plus von fast 63 Prozent bildet die Schweiz diese Entwicklung sehr gut ab. Der Studie zufolge hat sich die weltweite Privatjetflotte in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt, seit der Pandemie hat sich das Wachstum der Branche noch beschleunigt. Und die Schweiz ist ganz zuvorderst dabei: 35 000-mal hoben privat oder geschäftlich genutzte Privatflugzeuge mit Düsenantrieb im letzten Jahr hierzulande ab. Klammert man die kleine Insel Malta aus, wird damit pro Kopf nirgendwo sonst in Europa so viel privat geflogen wie im Land der Gigi Oeris und Nick Hayeks – mit Genf als einer der Hauptdrehscheiben.

Dass sich am ersten Tag der Ausstellung einige Hundert Klimaaktivist:innen Zugang zur Messe verschafft und Flugzeuge blockiert haben, ist auf der Ebace nur eine Randnotiz. Die hätten ihren Punkt gemacht, sagt die freundliche Pressefrau von Opus Aero – einem Unternehmen, das Flieger an reiche Kunden vermittelt und eines der grössten Flugzeuge der Show ausstellt. «Alles, was ich dazu sagen kann, ist: Die Branche existiert, und sie wird nie verschwinden.»


Aus: "Aviatik: Wie abgehoben kann man sein?" Sarah Schmalz (Nr. 22 – 1. Juni 2023)
Quelle: https://www.woz.ch/2322/aviatik/wie-abgehoben-kann-man-sein/!D1T764R42J5

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kusto

Mi., 31.05.2023 - 21:38

... Leider ist diese Arroganz der Superreichen nur die Spitze des Eisbergs am Genfer Flughafen. Das setzt sich fort bei den Yachten, den Villen und natürlich bei den Privatbanken. ...


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 on: June 04, 2023, 08:49:45 PM 
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[...] Die Diplompsychologin Eva Flemming, Jahrgang 1987, wuchs in Potsdam auf. Seit 2017 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Rostock. Zurzeit leitet sie die Studie „Bindung und seelische Gesundheit ehemaliger Wochenkrippenkinder“. Diese wird von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.

Annett Heide: Frau Flemming, das Thema Wochenkrippenkinder taucht plötzlich an verschiedenen Stellen in der Öffentlichkeit auf. Sie arbeiten an einer Studie zur seelischen Gesundheit ehemaliger Wochenkrippenkinder. Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Eva Flemming: Mein Interesse am Krippensystem der DDR beruht auf der Bindungsperspektive. Ich habe mich gefragt, was es für die seelische Gesundheit eines Menschen bedeutet, wenn er im Alter von sechs Wochen ganztägig abgegeben wird. Und im Fall der Wochenkrippe sogar die ganze Woche Tag und Nacht in der Krippe bleiben muss, von Montag um 6 Uhr bis Freitagnachmittag oder sogar Samstag. Ohne Eltern.

Annett Heide: Sie hatten keinen persönlichen Bezug zum Thema?

Eva Flemming: Es gibt persönliche Bezüge, da meine Eltern aus der DDR kommen und viele meiner Angehörigen ihre ersten Lebensjahre in DDR-Krippen verbracht haben. Das Interesse entstand sicherlich auch aus dem Wunsch heraus, die eigene Familiengeschichte besser zu verstehen. Ich fand aber insbesondere zu den Wochenkrippen kaum Literatur dazu. Das hat mich sehr überrascht.

Annett Heide: Inzwischen haben Sie 150 ehemalige Wochenkrippenkinder mit Fragebögen befragt. Worunter leiden sie?

Eva Flemming: Wir haben uns angeguckt, wie häufig depressive oder Angstsymptome in den vergangenen zwei Wochen vorkamen – und die Anzahl der psychischen Probleme über die gesamte Lebenszeit hinweg. In beiden Bereichen gaben die Wochenkrippenkinder eine deutlich höhere Belastung an als die Vergleichsgruppe. Dafür haben wir Daten von Menschen genommen, die etwa gleich alt sind und in der DDR geboren wurden, jedoch in einer Tageskrippe oder in der Familie betreut worden sind. Der zweite Bereich, den wir uns anschauen, ist die Bindung in den aktuellen Partnerschaften. Da zeigen sich bei den Wochenkindern ebenfalls deutlich höhere Werte bei Bindungsangst und Bindungsvermeidung.

Annett Heide: Gibt es dazwischen einen Unterschied?

Eva Flemming: Bindungsangst beschreibt die starke Angst vor dem Verlassenwerden, und die Sorge, nicht gut genug zu sein für den anderen. Bindungsvermeidung beschreibt das Bedürfnis, den anderen gar nicht an sich heranzulassen, keine engeren Bindungen zuzulassen.

Annett Heide: Und die Wochenkrippenkinder leiden darunter.

Eva Flemming: Nicht immer. Manche Probanden beschäftigen sich schon lange damit, waren vielleicht auch schon in Therapie. Andere sagen, dass sie noch gar nicht lange wissen, dass sie in der Wochenkrippe waren, und ihnen das jetzt erst klar wird. Doch Bindungsschwierigkeiten beschreiben viele.

Annett Heide: Erinnern die sich überhaupt nicht an die Zeit in der Wochenkrippe?

Eva Flemming: Die wenigsten können konkrete Dinge benennen. In der Regel haben wir in den Krippenjahren zwischen null und drei Jahren keine bewussten Erinnerungen. Manche können Sinneseindrücke beschreiben, einen Geruch zum Beispiel. Oder sie wissen, wie sich die Bettdecke angefühlt hat. Sie sagen: Ich sehe einen Flur. Oder ein Gitterbett. Aber es geht uns in der Studie nicht in erster Linie darum, sondern um die Bestandsaufnahme des aktuellen psychischen Befindens und des Erlebens von Beziehungen.

Annett Heide: Wie prägen uns früheste Erfahrungen, die wir gar nicht erinnern?

Eva Flemming: Sie schreiben sich in unseren Körper ein, in die Art und Weise, wie wir uns in bestimmten Situationen mit anderen Menschen fühlen oder verhalten. Daran ist in dieser frühen Lebensphase das sogenannte prozedurale Gedächtnis beteiligt, wie beim Erlernen von Fahrradfahren oder Schwimmen, was wir ja auch nicht vergessen. Man geht davon aus, dass diese ganz frühen Erfahrungen auf diese Art auch festschreiben, wie man sich in Beziehungen fühlt.

Annett Heide: Welche Probleme werden noch genannt?

Eva Flemming: Viele sagen, dass sie sich immer fremd gefühlt haben in Gesellschaft, dass sie sich in Gruppen nicht richtig zugehörig fühlen. Sie fühlen sich verlassen und leiden unter Selbstzweifeln. Ein großer Teil berichtet von Depressionen und Angststörungen im Erwachsenenalter. Bei einigen treten diese Probleme auf, wenn die eigenen Kinder erwachsen werden und aus dem Haus gehen.
Studienteilnehmer beschreiben ein Gefühl, als ob die Beziehung nicht mehr existiert, sobald die geliebte Person nicht mehr körperlich anwesend ist. Häufig wird ein großes Harmoniebedürfnis beschrieben und Schwierigkeiten, Konflikte auszutragen. Dazu nennen viele ein fehlendes Urvertrauen. Auch das entsteht in den ersten Lebensjahren – durch die ständige, möglichst feinfühlige Zuwendung einer festen Bezugsperson.

Annett Heide: Betroffene haben mir von Zusammenbrüchen in ihrem Leben berichtet, die sie monatelang, teils jahrelang aus der Bahn geworfen haben.

Eva Flemming: Das ist aber nicht bei allen so. Es gibt Studienteilnehmer, die beruflich sehr erfolgreich sind. Sie sagen, dass sie ihr Gefühl des Mangels gut durch berufliche Leistungsfähigkeit kompensieren können. Andere wiederum mussten aufgrund seelischer Probleme früher aus dem Beruf ausscheiden, sind früh berentet.
Man weiß aus Studien mit Heimkindern, dass Menschen, die von der Familie getrennt aufgewachsen sind, schneller auf Stress reagieren – auch wenn sie objektiv nicht anstrengenderen Umständen ausgesetzt sind als andere. Wir versuchen, das auch in der Studie zu erfassen, indem wir das Cortisol-Level untersuchen.

Annett Heide: …das Stresshormon, das inzwischen gut entschlüsselt ist…

Eva Flemming: Cortisol lagert sich unter anderem im Haar ab, und man kann daraus Schlüsse ziehen über das Stresslevel. Die Hypothese ist, dass sich körperliche Stressregulationsprozesse in den ersten zwei Lebensjahren ausbilden, Babys können das zunächst nicht selbst, sondern müssen wiederholt die Erfahrung machen, dass die Bezugsperson zuverlässig kommt, beruhigt und somit den Stress für das Baby reguliert. Wir wollen überprüfen, ob es bei den Wochenkrippenkindern Hinweise darauf gibt, dass sie ein dauerhaft erhöhtes Stresslevel haben. Diese Proben werden wir aber erst Ende des Jahres auswerten.

Annett Heide: Waren diese weitreichenden Auswirkungen von umfassender Fremdbetreuung in der DDR bekannt?

Eva Flemming: Die Bindungstheorie kannte man auch in der DDR seit den 60er Jahren, aber man hat sie nicht berücksichtigt. Das ideologisch motivierte Ziel war es – neben der verfügbaren Arbeitskraft von Frauen –, die Kinder möglichst früh in einer kollektiven Betreuung zur sozialistischen Persönlichkeit zu formen. Es wurde auch vom Kinderkollektiv gesprochen.

Annett Heide: Zu diesem Ergebnis kamen bereits Studien in der DDR.

Eva Flemming: Ich möchte betonen, dass es uns mit dieser Studie nicht darum geht, jemandem Vorwürfe zu machen, weder den Eltern noch den Erzieherinnen. Jedoch kann man klar feststellen, dass in der DDR aus politischen Gründen die wochenweise Krippenbetreuung aufrechterhalten wurde, auch nachdem die schädlichen Folgen für die Entwicklung der Kinder bekannt waren.


Aus: "Folgen des DDR-Kitasystems: „Viele leiden unter Depressionen und Angststörungen“" (04.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/das-krippensystem-der-ddr-viele-leiden-unter-depressionen-und-angststorungen-9905777.html

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minimal
04.06.23 19:37
Normalerweise würden Untersuchungsergebnisse zu dem Thema "Bindung und seelische Gesundheit ehemaliger Wochenkrippenkinder" ja in einer Fachzeitschrift veröffentlicht.
Dass das Thema nun plötzlich an verschiedenen Stellen und Medien in der Öffentlichkeit auftaucht, hat damit zu tun, dass es im Rahmen des Verbundprojektes "Gesundheitliche Langzeitfolgen von SED-Unrecht" erfogt.
Das Projekt wird für drei Jahre vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. So wie weitere Themen im Rahmen dieses Verbundprojektes, u.a. zum DDR-Leistungssport hat es also auch primär eine politische Ausrichtung. https://kpm.med.uni-rostock.de/forschung/studien

Im übrigen wurden durch die Medizinierin, Sozialhygienikerin und Krippenforscherin Eva Schmidt-Kolmer in der DDR umfangreiche Studien zu diesem Thema bereits von 1953 bis 1957 sowie 1971 bis 1973 an mehreren tausend betroffenen Kindern durchgeführt und auch in zahlreichen Büchern veröffentlicht. Näheres kann man u.a. hier nachlesen: "Wochenkrippen und Kinderwochenheime in der DDR" https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/262920/wochenkrippen-und-kinderwochenheime-in-der-ddr/


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Martin_Kniffke
04.06.23 19:19

    Zurzeit leitet sie die Studie „Bindung und seelische Gesundheit ehemaliger Wochenkrippenkinder“. Diese wird von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.

Hier verbirgt sich schon das Problem. Ginge es um die Erforschung bestimmter Kinderbetreuungs- und Aufbewahrungs-Organisation, wäre die Frage nicht, was in einer Kinderkrippe der DDR geschah. sondern was in Einrichtungen geschah, in denen Kinder vergleichbaren Strukturen, Konzepten und Erziehungsvorstellungen ausgesetzt waren.

Denn tatsächlich unterscheidet sich die DDR hier nicht wesentlich von Einrichtungen, die in den jeweils zeitgenössischen Einrichtungen der BRD betrieben wurden. Man könnte es sogar darüber hinaus mit der Kinderbetreuung, dem Heim- und Adoptionswesen, den Kinderkuren im EU-Nachbarländern vergleichen.

Daraus ergäbe sich im Bewusstsein - es rettet mich nicht, irgendwie nicht DDR gewesen zu sein. Oder beim Iren wars noch schlimmer. Oder in Spanien wurden Kinder von der Kirche verkauft, während ich da doch nur Urlaub gemacht habe...

Ich halte es für fragwürdig, mit solchen Untersuchungen auch nur den Anschein zu erwecken, sie seien ein polemisches, oder chauvinistisches Kampfmittel für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht. Es ist kein DDR-Unrecht. Es ist das Unrecht einer ganzen Epoche und vieler Gesellschaften. Die sich in diesem Punkt eben nicht unterschieden. Wir haben schon einmal eine Chance verpasst. Niemand fragte nach dem Verfassungsschutz. Als wir die Stasi auseinandernahmen. Das hat nach NSU etc. vielen Menschen das Leben gekostet. Wir wissen heute, das DDR wie BRD-Pharma Medikamententests ungefragt unethisch praktizierten. Also bitte worum geht es? Ich bin völlig dafür, dass Betroffene staatlicher, kirchlicher oder auch privatwirtschaftlicher Kinderbetreuung und -aufbewahrung, über ihre Erfahrungen und Verletzungen und die Folgen für ihr Leben sprechen.
Damit sie Gerechtigkeit erfahren und wir lernen wie man es nicht macht. Nirgendwo.


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maifeier1950
04.06.23 18:47
Mir erschließt es sich nicht - null -, was mit diesen Artikel und deren Aussagen bezweckt werden soll?
Wollen diese Personen, welche noch heute die Folgen " verspüren", eine Entschädigung erwirken?
Es gibt immer im Leben Licht- und Schattenseiten.
Die "Kriegsrückkehrer" hatten da ganz andere Probleme.


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existenz
04.06.23 19:14
@maifeier1950 am 04.06.23 18:47

Was stört Sie an Forschung? Wenn man ihrer Logik folgen würde, dann wäre auch Wissenschaft überflüssig - überhaupt jede Nachfrage oder Frage oder Wissensdurst. Und dann gäbe es keinen Strom, kein Internet, kein Tagesspiegel - Portal und Ihren Usernamen + Kommentar gäbe es auch nicht. Es gäbe auch keine Buchstaben, keine Satzbildung, keine Sprache...
Gibt es keine Gründe, warum man Kinder in Schulen nicht mehr schlägt? Warum Eltern Ihre Kinder nicht mehr schlagen? Warum Mütter Ihre Kinder nicht mehr nur kurze Zeit stillen?


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dinsdale
04.06.23 18:46

Allgemein gibt es zur Kinderbetreuung in den 50er und 60er Jahren immer mehr Dokus, die z.T. ziemlich gruselige Details enthalten. Und dazu gehören ja nicht nur Krippen, sondern auch Kinderheime usw. Im Westen gab es ja auch diese Elternkuren, wo die Kinder dann zwar "nur" einige Wochen dauerhaft fremdbetreut wurden. Aber auch da gibt es inzwischen immer mehr Berichte von den Traumata, die dort angerichtet wurden. Sicher ist heute vieles anders und besser. Trotzdem hat es Auswirkungen, wenn Kinder mehr von Fremdpersonal betreut werden als von den eigenen Eltern. Ein grundsätzlich intaktes Elternhaus vorausgesetzt.


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Robert_Rostock
04.06.23 09:11

Im Artikel wird so getan, als sei das in der DDR der Normalfall gewesen, als seien fast alle Kinder in Wochenkrippen gewesen. Das stimmt aber doch nicht.
Wochenkrippen gab es, sie waren aber die Ausnahme. Die allermeisten Kinder kamen in Tageskrippen.


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MB08
04.06.23 11:10
@Robert_Rostock am 04.06.23 09:11

Komisch, selber Artikel, anderer Eindruck. Zumal die Autorin mehrfach darauf hinweist, dass es ihr nicht um die Bewertung des Betreuungssytsems, sondern um die Erhebung von Spätfolgen der Betreuung durch Wochenkrippen, ging. Ich finde diese Untersuchungen sehr wichtig, unabhängig aus welchem Land oder System, da auch heute die vermeintliche Vereinbarkeit von „Beruf und Familie“ noch immer auf den Rücken der Kinder ausgetragen wird. Immer wieder wabern Ideen der 24-Stunden-Kitas oder, wie hier in Berlin, die Mobile Kinderbetreuung, durch die Gesellschaft, damit Mama und Papa ungestört ihren beruflichen Verpflichtungen nachgehen können. Diese Angebote wecken Begehrlichkeiten von Arbeitgebern gegenüber ihren Arbeitnehmer_innen und die leidtragenden sind die Kinder in Dauerfremdbetreuung. Ich persönlich finde es grundlegend falsch, dass sich das Familienleben immer wieder dem Arbeitsleben unterordnen muss. In einer idealen Welt wäre es anders herum.


Quote
existenz
04.06.23 17:55
@MB08 am 04.06.23 11:10
Der Artikel hat überhaupt keine Aussage über die Zahl der Betroffenen gemacht. Hier ein Hinweis:

1965 gab es 40.000 dieser Krippenplätze. 1980 noch die Hälfte. Grob überschlagen standen also rund 13.300 solcher Plätze für einem Jahrgang zur Verfügung. Geburten ca. 184.000 in der DDR 65'. Dann waren das rund 7%, die in eine dieser Krippe kamen. Wenn das System noch zehn Jahre so weiterlief, dann käme man auf 40.000+(13,300*10)=173.000 Kinder - für den betroffenen Zeitraum von 1965-1975.
Laut anderen Quellen waren es wohl 100.000 Krippenkinder für die gesamte Zeit in der DDR von 1951 an. Diese Zahl erscheint anhand der Erläuterung oben nicht plausibel. Diese Zahl wird wohl eher sogar bei ca. 200.000+ Kindern gelegen haben.


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gaspi
04.06.23 13:04
@Robert_Rostock am 04.06.23 09:11

Tja, mein Bruder und ich waren in so einer Wochengrippe. Ich z.B. habe als Kleinkind aufgehört zu essen. Mein Bruder und ich sind von dieser Zeit geprägt.


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 on: June 01, 2023, 11:43:15 PM 
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[...]  Mehr als 3,5 Millionen Menschen in Deutschland haben mehr als eine Arbeitsstelle. Die Zahl hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Deutschland werde zum Niedriglohnland, klagt der Generalsekretär der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Philipp Schumann: "Bei zwölf Euro Mindestlohn verdient man bei einer 42-Stunden-Woche ganztags etwas weniger als 2200 Euro. Das entspricht nur etwa 60 Prozent des Durchschnittseinkommens in Deutschland und reicht damit zum Leben nicht aus."

Morgens Zeitungen austragen, mittags Kurierfahrten, nachmittags Jobben im Buchladen, abends Kellnern in der Cocktail-Bar: Herrschen auf unserem Arbeitsmarkt bald amerikanische Verhältnisse? Schumann würde das bejahen. Erst wenn die Betroffenen etwa 80 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienten, bräuchten sie keine zwei oder mehr Jobs mehr. Dazu aber müsste der Mindestlohn bei 17 bis 18 Euro die Stunde liegen.

 Als am 1. Oktober 2022 der Mindestlohn auf zwölf Euro die Stunde erhöht wurde, erhofften sich viele eine Verbesserung ihres Lebensstandards. Die Inflation aber machte diese Hoffnung zunichte. Fast 17 Prozent der Bevölkerung in Deutschland waren laut dem Paritätischem Armutsbericht zuletzt von Armut betroffen, Tendenz steigend: Die rasant kletternden Preise der vergangenen Monate machen immer mehr Arbeitende zu armen Leuten.

Zum Beispiel eine sechsköpfige Familie aus Wetzlar: Mutter Anika muss seit Anfang des vergangenen Jahres mehreren Jobs nachgehen, damit sie über die Runden kommt. Denn die Lebenshaltungskosten - im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 22 Prozent gestiegen - setzten ihr und ihrer Familie zu.

Vor der Inflation reichten das Gehalt ihres Mannes als Industriemechaniker in Vollzeit und Anikas Teilzeitjob aus. Danach aber fehlten der Familie fast 700 Euro im Monat. Seitdem sind sie im Dauerstress: Er arbeitet im Drei-Schicht-System, sechs Tage die Woche; sie arbeitet als Mehrfachbeschäftigte ohne Wochenenden durch.

 Anika ist Schulbegleiterin, Teilhabeassistentin im Kindergarten und Verkäuferin in der Bäckerei. "So viele Jobs gleichzeitig sind eine absolute Belastung, total erschöpfend. Wir sind eigentlich nur noch am Arbeiten und Denken, wie wir unsere Jobs, unsere vier Kinder und sämtliche Termine organisieren können." 

Als Verkäuferin in der Bäckerei bekommt sie zwölf Euro die Stunde. Als Schulbegleiterin verdient sie 15 Euro. Einfacher wäre ihr Leben mit nur einem Job, zum Beispiel als pädagogische Fachkraft. Aber damit dieser zum Leben reicht, müsste er doppelt bezahlt sein. 

 Das Phänomen der Mehrfachbeschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt beschränkt sich schon lange nicht mehr nur auf Menschen im Niedriglohnsektor. Es zieht sich vom Schulabgänger ohne Abschluss bis hin zum Akademiker. Olaf Karg zum Beispiel hat Sozialrecht studiert. Bis Ende vergangenen Jahres war er noch Vermittler für Baufinanzierung. Durch den Zinsanstieg aber brach sein Geschäft zusammen, und seitdem arbeitet er als Multijobber. Er ist Tonassistent auf Konferenzen, DJ und Rettungsassistent. 

"In den schlimmsten Monaten fehlten mir hohe vierstellige Summen Euro. Mit nur einem Job hätte ich 1000 Euro zu wenig und käme an meine finanziellen Grenzen", erklärt der 53-Jährige seine Situation. Aufträge abzulehnen kann er sich nicht leisten, dann könnten lukrative Folgeaufträge ausbleiben.

 "Wenn ich nach einem Sieben-Stunden-Tag als Tontechniker nach Hause komme und dann noch zu einem Einsatz als Rettungsassistent auf eine Messe gerufen werde, kann es schon mal zu einem 14-, 15-Stunden-Tag kommen", sagt er. Und dann wird die Mehrfachbeschäftigung auch für Karg zur absoluten Belastung. 

Seine Konstante als Multijobber ist die Unsicherheit, seine Hoffnung für die Zukunft finanzielle Sicherheit, weniger Stress und die Möglichkeit einer besseren Zeitplanung. Das sind Wünsche, die sich Olaf Karg mit vielen anderen Multijobbern teilt. Aber mit den steigenden Kosten und niedrigen Löhnen werden sie wohl kaum erfüllt werden können.


Aus: "Wenn selbst zwei Jobs nicht zum Leben reichen" Katrin Wegner, hr  (29.05.2023)
Quelle: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/multijobber-working-poor-mehrere-jobs-arbeitswelt-100.html

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 on: June 01, 2023, 10:05:53 PM 
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[...] [... Wolf protokollierte 43 Jahre lang, von 1960 bis 2000, ihren 27. September, als Dokument ihrer inneren Entwicklung und als Selbstanalyse, zunächst ganz frei von künstlerischen Absichten und publizistischen Projekten. Ein Zeitdokument ...] 1. Oktober 1964: ... Manchmal denke ich, für unsere Generation kommt der Einbruch der Realität fast schon zu spät, jedenfalls im allerletzten Moment und erfordert größte Anstrengung, ihn zu verarbeiten. ...

Aus: "Ein Tag im Jahr" Christa Wolf (1960-2000)
Luchterhand, München, ISBN 3-630-87149-6 (2003)

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 on: June 01, 2023, 09:22:32 PM 
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[...] Der Mensch der Spätmoderne hat Angst. Angst vor dem Klimawandel, Angst vor tödlichen Viren, Angst vor Stickoxiden, Feinstaub, Gewalt. Sogar der Alltag gerinnt ihm zu einem Hort drohender Gefahren. Deshalb umgibt er sich mit Airbags, Fahrassistenten und Sicherheitsgurten.

... Kultur, Religionen und Kulte [haben] endgültig ihre Sicherungsfunktion verloren. Einen gemeinsamen Code zur Angstbewältigung gibt es in heterogenen Gesellschaften nicht mehr. Traditionelle Narrative, die Bedrohungen eine
Sinndimension abringen konnten, haben sich aufgelöst. Die Idee historischer Schicksalsgemeinschaften, die sich in den Wechselfällen der Geschichte bewähren, ist vom Zeitgeist als reaktionäres Konstrukt entlarvt. Und die Vorstellung eines Weltlenkers, die Katastrophen immerhin als Strafe und Aufruf zur sittlichen Umkehr deutbar machte, ist unter dem Bannstrahl der Aufklärung verdampft.

...


Aus: "Leben in der Angstgesellschaft" Alexander Grau (2021)
Quelle: https://www.swr.de/swr2/wissen/220206-leben-in-der-angstgesellschaft-100.pdf

 7 
 on: May 31, 2023, 02:04:13 PM 
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[...] Der 72-Jährige gilt als einer der geistigen Väter des Cum-Ex-Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt mehrfach erstatten ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch. Experten schätzen den Gesamtschaden durch den Cum-Ex-Betrug auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Richterin Mittelsdorf erklärte, Berger sei zwar nicht der Erfinder der Cum-Ex-Struktur gewesen, die bereits vor ihm hauptsächlich im Eigenhandel der Banken erfolgreich umgesetzt worden sei. Jedoch habe er für deren Verbreitung unter vermögenden Privatinvestoren gesorgt und diesen ein „Rundum-sorglos-Paket“ angeboten.

... „Die Urteile gegen Hanno Berger senden wichtige Signale: Der Rechtsstaat ist wehrhaft, auch Menschen wie Hanno Berger stehen nicht über dem Gesetz“, kommentierte Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende. Klar sei aber auch: „Wir befinden uns erst am Anfang der juristischen Aufklärung“, so Schick. Nur sehr wenigen der insgesamt 1.700 Beschuldigten sei mehr als zehn Jahre nach dem Stopp der unseriösen Geschäfte der Prozess gemacht worden.

... Gegen Berger wurden zwei getrennte Prozesse geführt, da sich die Staatsanwaltschaften in Frankfurt und Köln, die jeweils die Auslieferung Bergers angestrengt hatten, nicht auf eine Zusammenführung der beiden Verfahren einigen konnten. In Bonn hatten die Ankläger Berger vorgeworfen, einen Steuerschaden von gut 278 Millionen Euro verursacht zu haben.

Razzien bei Banken wegen des Cum-Ex-Komplexes gibt es immer noch, zuletzt etwa in den Frankfurter Büros der japanischen Investmentbank Nomura sowie von BNP Parisbas und in Frankreich bei den Großbanken Société Générale, BNP Paribas und HSBC. Die Deutsche Bank musste im September zusammen mit der Warburg Bank und The Bank of New York Mellon 60 Millionen Euro wegen der illegalen Aktiengeschäfte an den Fiskus zurückzahlen.


Aus: "Mehr als acht Jahre Haft" (30. 5. 2023)
Quelle: https://taz.de/Urteil-gegen-Cum-Ex-Schluesselfigur/!5934787/

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[...] Das Wiesbadener Landgericht hat zu Recht im Cum-Ex-Prozess nicht nur Hanno Berger verurteilt, sondern das Versagen der Politik im Kampf gegen illegalen Aktiengeschäfte angeprangert. Der Kommentar.

Das Urteil gegen Hanno Berger war keine Überraschung mehr. Mit den Cum-Ex-Tricks hat ein Netzwerk aus Superreichen und Steuerfachleuten hohe Millionensummen vom Staat erbeutet, und Berger war ein Konstrukteur dieser Deals. Der uneinsichtige Hesse hat bis zum Schluss nicht verstanden, dass sein Handeln nicht nur hochgradig asozial war, sondern auch illegal.

Berger fühlte sich zu Unrecht verfolgt. Auch wenn er in diesem Punkt irrt: Es wäre falsch, den ehemaligen Finanzbeamten als alleinigen Schurken abzustempeln. Das würde den Blick verstellen auf eine ganze Branche der Gier, auf die strukturellen Defizite bei der Kontrolle und damit auf ein politisch nicht vollständig aufgearbeitetes Staatsversagen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals ist für die Justiz mühevoll. Das Wiesbadener Landgericht hat hier mit seiner nüchternen Verhandlungsführung ein gutes Bild abgegeben – und deutlich auch das Versagen der Politik beim Kampf gegen die illegalen Aktiengeschäfte angeprangert.

Das Geschäft mit der „Steuervermeidung“ blüht auch jenseits von Cum-Ex-Skandalen. Kaum jemand verkörpert die Skrupellosigkeit dieses Geschäftsmodells so sehr wie der unscheinbare Herr Berger. Für ihn hat es sich am Ende nicht ausgezahlt.


Aus: "Cum-Ex: Geschäft mit der Gier" Pitt von Bebenburg (30.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/geschaeft-mit-der-gier-92311844.html

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... Berger hatte sich durch eine Flucht in die Schweiz jahrelang der deutschen Justiz entzogen. Er wurde im Februar 2022 ausgeliefert und im vergangenen Dezember am Landgericht Bonn zu acht Jahren Haft verurteilt. ...


Aus: "Acht Jahre und drei Monate: „Mister Cum-Ex“ Hanno Berger zu langer Haftstrafe verurteilt" (31.05.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/finanzen/cum-ex-urteil-erwartet-mister-cum-ex-hanno-berger-droht-lange-haftstrafe-9896621.html

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FrankNFurter
30.05.23 15:04

    Berger hatte die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und sich als Opfer eines Justizskandals gesehen.

Lustig! wieso dann das:

    Berger hatte sich durch eine Flucht in die Schweiz jahrelang der deutschen Justiz entzogen.

Muss ich ausgerechnet in die Schweiz fliehen, wenn ich unschuldig bin? Man muss sich mal klar machen, wie viele Kindergärten und Schulen man bauen könnte, von dem Steuergeld das wir alle gezahlt haben und dass sich diese Person widerrechtlich angeeignet hat. 8,5 Jahre Haft sehe ich da noch als ein Schnäppchen an.

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 8 
 on: May 31, 2023, 02:03:17 PM 
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[...] Der 72-Jährige gilt als einer der geistigen Väter des Cum-Ex-Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt mehrfach erstatten ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch. Experten schätzen den Gesamtschaden durch den Cum-Ex-Betrug auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Richterin Mittelsdorf erklärte, Berger sei zwar nicht der Erfinder der Cum-Ex-Struktur gewesen, die bereits vor ihm hauptsächlich im Eigenhandel der Banken erfolgreich umgesetzt worden sei. Jedoch habe er für deren Verbreitung unter vermögenden Privatinvestoren gesorgt und diesen ein „Rundum-sorglos-Paket“ angeboten.

... „Die Urteile gegen Hanno Berger senden wichtige Signale: Der Rechtsstaat ist wehrhaft, auch Menschen wie Hanno Berger stehen nicht über dem Gesetz“, kommentierte Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende. Klar sei aber auch: „Wir befinden uns erst am Anfang der juristischen Aufklärung“, so Schick. Nur sehr wenigen der insgesamt 1.700 Beschuldigten sei mehr als zehn Jahre nach dem Stopp der unseriösen Geschäfte der Prozess gemacht worden.

... Gegen Berger wurden zwei getrennte Prozesse geführt, da sich die Staatsanwaltschaften in Frankfurt und Köln, die jeweils die Auslieferung Bergers angestrengt hatten, nicht auf eine Zusammenführung der beiden Verfahren einigen konnten. In Bonn hatten die Ankläger Berger vorgeworfen, einen Steuerschaden von gut 278 Millionen Euro verursacht zu haben.

Razzien bei Banken wegen des Cum-Ex-Komplexes gibt es immer noch, zuletzt etwa in den Frankfurter Büros der japanischen Investmentbank Nomura sowie von BNP Parisbas und in Frankreich bei den Großbanken Société Générale, BNP Paribas und HSBC. Die Deutsche Bank musste im September zusammen mit der Warburg Bank und The Bank of New York Mellon 60 Millionen Euro wegen der illegalen Aktiengeschäfte an den Fiskus zurückzahlen.


Aus: "Mehr als acht Jahre Haft" (30. 5. 2023)
Quelle: https://taz.de/Urteil-gegen-Cum-Ex-Schluesselfigur/!5934787/

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[...] Das Wiesbadener Landgericht hat zu Recht im Cum-Ex-Prozess nicht nur Hanno Berger verurteilt, sondern das Versagen der Politik im Kampf gegen illegalen Aktiengeschäfte angeprangert. Der Kommentar.

Das Urteil gegen Hanno Berger war keine Überraschung mehr. Mit den Cum-Ex-Tricks hat ein Netzwerk aus Superreichen und Steuerfachleuten hohe Millionensummen vom Staat erbeutet, und Berger war ein Konstrukteur dieser Deals. Der uneinsichtige Hesse hat bis zum Schluss nicht verstanden, dass sein Handeln nicht nur hochgradig asozial war, sondern auch illegal.

Berger fühlte sich zu Unrecht verfolgt. Auch wenn er in diesem Punkt irrt: Es wäre falsch, den ehemaligen Finanzbeamten als alleinigen Schurken abzustempeln. Das würde den Blick verstellen auf eine ganze Branche der Gier, auf die strukturellen Defizite bei der Kontrolle und damit auf ein politisch nicht vollständig aufgearbeitetes Staatsversagen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals ist für die Justiz mühevoll. Das Wiesbadener Landgericht hat hier mit seiner nüchternen Verhandlungsführung ein gutes Bild abgegeben – und deutlich auch das Versagen der Politik beim Kampf gegen die illegalen Aktiengeschäfte angeprangert.

Das Geschäft mit der „Steuervermeidung“ blüht auch jenseits von Cum-Ex-Skandalen. Kaum jemand verkörpert die Skrupellosigkeit dieses Geschäftsmodells so sehr wie der unscheinbare Herr Berger. Für ihn hat es sich am Ende nicht ausgezahlt.


Aus: "Cum-Ex: Geschäft mit der Gier" Pitt von Bebenburg (30.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/geschaeft-mit-der-gier-92311844.html

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... Berger hatte sich durch eine Flucht in die Schweiz jahrelang der deutschen Justiz entzogen. Er wurde im Februar 2022 ausgeliefert und im vergangenen Dezember am Landgericht Bonn zu acht Jahren Haft verurteilt. ...


Aus: "Acht Jahre und drei Monate: „Mister Cum-Ex“ Hanno Berger zu langer Haftstrafe verurteilt" (31.05.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/finanzen/cum-ex-urteil-erwartet-mister-cum-ex-hanno-berger-droht-lange-haftstrafe-9896621.html

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FrankNFurter
30.05.23 15:04

    Berger hatte die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und sich als Opfer eines Justizskandals gesehen.

Lustig! wieso dann das:

    Berger hatte sich durch eine Flucht in die Schweiz jahrelang der deutschen Justiz entzogen.

Muss ich ausgerechnet in die Schweiz fliehen, wenn ich unschuldig bin? Man muss sich mal klar machen, wie viele Kindergärten und Schulen man bauen könnte, von dem Steuergeld das wir alle gezahlt haben und dass sich diese Person widerrechtlich angeeignet hat. 8,5 Jahre Haft sehe ich da noch als ein Schnäppchen an.

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 on: May 29, 2023, 12:21:57 PM 
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[...] [ ...  Mit diesem Text der Schriftstellerin Theresia Enzensberger setzen wir unsere Reihe fort, in der jüngere literarische Stimmen zu Wort kommen. Die Aufgabe ist so anspruchsvoll wie einfach: Wir bitten die Autorinnen und Autoren, über ein Phänomen oder Ereignis zu schreiben, das sie bewegt und geprägt hat oder das sich ihrem Werk auf besondere Weise eingeschrieben hat.Theresia Enzensberger, geboren 1986 in München, studierte Filmwissenschaften am Bard College in New York und lebt heute in Berlin. 2017 erschien ihr Romandebüt «Blaupause» und im vergangenen Jahr der Roman «Auf See», der für den Deutschen Buchpreis nominiert war. Der Roman ist eine Reflexion über scheiternde utopische Projekte, die sich nur allzu schnell in Albträume verwandeln. ...]

Ob wir nicht zum Flohmarkt gehen wollten, fragte mich A. Ich wollte nicht. Es war der 14. September 2008, und über Brooklyn hatte sich das stählerne Blau eines Spätsommertages ausgebreitet. Ich hatte gerade eine kurzlebige Leidenschaft für analoge Fotografie entdeckt, die mit meinem Filmstudium an einer kleinen Universität nördlich von New York zusammenhing.

An diesem Morgen wollte ich unbedingt nach Manhattan, die Banker, deren Jobs in der Schwebe hingen, beobachten – und fotografieren. Meine Freunde hatten andere Pläne. «I don’t really care about politics», sagten sie unbekümmert, als ich versuchte, zwischen verstaubten Lampen und sich auf dem Boden türmenden Klamotten ein Gespräch über den drohenden Kollaps von Lehman Brothers anzufangen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Meine Freundinnen waren zwar privilegiert, aber mit Sicherheit nicht dumm. Man kann sich das heute kaum noch vorstellen, aber zu dieser Zeit galt Aktivismus als extrem uncool, weite Teile der amerikanischen Linken waren desillusioniert von der letzten Wahl und den erfolglosen Protesten gegen den Irakkrieg. Also machte man es sich in ästhetischer Theorie und poststrukturalistischer Analyse gemütlich.

In den Sommern, die ich in Deutschland verbrachte, fand ich auch nicht mehr Menschen, die meine Interessen teilten. In Berlin hatte sich ein fröhlicher Hedonismus breitgemacht. Ins «Berghain» zu gehen, galt als revolutionärer Akt. Eine etwas ältere Generation (von Douglas Coupland mit dem Buchstaben X versehen) dominierte den Diskurs. Eine Generation, die unbegreiflicherweise beschlossen hatte, an das Ende der Geschichte zu glauben; die den Prenzlauer Berg besetzt hatte und nun behauptete, der Rest der Welt sei ebenso ohne Geschichte und Kontext, wie sie das von ihrem neuen Zuhause glaubte; die Zynismus sexy fand und Ernsthaftigkeit unerträglich; und die Haltung und Habitus nicht mehr unterscheiden konnte.

Als ich nach unserem Sonntagsausflug auf dem Flohmarkt in Brooklyn die Zeitung las, hatte Lehman Brothers Bankrott gemacht. Fotos zeigten traurige Banker, die mit Pappkartons in der Hand aus den Bürotürmen kamen. Der «Guardian» veröffentlichte eine Reihe einfühlsamer Interviews mit den neuerdings Joblosen, als seien sie die Opfer der Krise.

Ich war immer schon ein News-Junkie gewesen, aber in diesen Wochen und Monaten kam etwas Neues dazu: die Wut. Ich las über Subprime-Hypotheken und besicherte Schuldverschreibungen, über Banker, die für ihre Gier belohnt wurden, über Menschen, die ihr Zuhause und ihre Ersparnisse verloren, und über die Pläne für die angeblich unvermeidliche Bankenrettung – und wurde wütend.

Die Wut ist ein essenzieller Teil jeder Politisierung, sie ist einer der Gründe, warum junge Menschen zum Aktivismus neigen. Nur gab es zu der Zeit, wohin ich blickte, kaum Aktivität. Das ist natürlich nicht wahr. Es gab politische Bloggerinnen, es gab Mark Fisher und «n+1», und Frank Schirrmacher fragte sich im Feuilleton, ob die Linke nicht doch recht gehabt hatte. Ein Hauch von Antikapitalismus lag in der Luft.

Aber wer damals von politischem Widerstand sprach, galt als hoffnungslos naiv; junge Menschen, die nicht direkt betroffen waren, gefielen sich in ihrem Desinteresse; und von einer breiten Protestbewegung war (noch) nichts zu spüren. Natürlich gab es in meinem Umfeld Leute, denen es genauso ging wie mir, andere News-Junkies, mit denen ich diskutierte und das Glück teilte, die Berichterstattung nur zu lesen, ohne direkt von ihr betroffen zu sein. Insgesamt aber war man weit entfernt von dem allgemeinen gesellschaftspolitischen Interesse, das einem heute entgegenschlägt.

Seit ein paar Jahren ist Aktivismus wieder cool. Tiktok und Instagram sind voll von Erklärstücken zu politischen Situationen, es wird gespendet, demonstriert, Empörung und Kritik werden geäussert, Petitionen unterschrieben, Initiativen gegründet. Das hat zwar ein paar unangenehme Nebenwirkungen – Werbeagenturen, die uns politisch engagiertes Eis verkaufen wollen, Unterwäschefirmen, die uns mit ein bisschen Diversität über globale Ausbeutungsverhältnisse hinwegtrösten wollen, und ja, zuweilen eine gewisse Verflachung des Diskurses. Aber es zeigt auch erstaunlich viel Wirkung, und es setzt einen Mechanismus in Gang, der selbstverstärkend ist: Um den Affekt (die Wut, die Empörung) in eine politische Handlung überzuführen, braucht es das Gefühl der Selbstwirksamkeit, was wiederum den Affekt verstärkt. Aber warum ist dieses Gefühl heute so viel weiter verbreitet als noch vor zehn Jahren?

Ein Jahr nach dem Kollaps des Bankensystems lebte ich in London und machte schlechte Kunstfilme. Eines meiner «Projekte» bestand darin, mit einer kleinen Handdigitalkamera Bankangestellte zu filmen – aus sicherem Abstand, herangeholt durch möglichst viel Zoom. Stundenlang stand ich vor den entseelten Gebäuden der City und sammelte tonloses Material von Leuten in Anzügen, die rauchend auf und ab gingen, telefonierten oder ein Sandwich assen. Es wurde nie ein Film daraus. Ich glaube, die Aufnahmen waren noch auf der Speicherkarte, als ich meine kleine Digitalkamera irgendwann verkaufte.

Im Nachhinein denke ich, dass mein zielloses Filmen damals ein unbewusster Versuch war, der Finanzkrise etwas zu geben, was sie in der kulturellen Erzählung nicht hatte: Protagonisten. In den Nachrichten sah man vor allem Gebäude, selbst Bildmetaphern für die institutionelle Abstraktion dahinter: Bear Stearns, Merrill Lynch, AIG, die New Yorker Fed. Gegen Abstraktionen zu kämpfen, ist entmutigend.

Eine Geschichte braucht, selbst wenn sie dem Tagesgeschehen entspringt, Identifikationspotenzial, um Interesse zu wecken und es zu halten. Ohne definierte Akteure ist das nicht möglich. Das System taugt nicht zum Täter, den man verantwortlich machen kann, und die Opfer des Kapitalismus wurden auch im Fall der Finanzkrise nicht genauer identifiziert. Ein diffus gezeichneter Haufen, Kleinanleger, Rentnerinnen und Mieter, verlor Ersparnisse, Altersvorsorge und Wohnraum, bekam aber im Gegenzug keine Gesichter.

Das ist im Übrigen nichts Neues, schon Engels schrieb über den sozialen Mord durch materielle Verhältnisse, er sei «ein Mord, gegen den sich niemand wehren kann, der kein Mord zu sein scheint, weil man den Mörder nicht sieht, weil alle und doch wieder niemand dieser Mörder ist, weil der Tod des Schlachtopfers wie ein natürlicher aussieht».

Während man also die Auswüchse des Finanzkapitalismus als eine Art Naturphänomen behandelte, formierte sich spätestens während der Euro-Krise 2010 zaghafter Widerstand, der schliesslich in der Occupy-Bewegung mündete. Aber der politische Kampf war zäh und entmutigend, und die immer noch relativ kleine Protestbewegung wurde bis 2012 erfolgreich weggelächelt.

Im selben Jahr zog ich nach Berlin. Mit der Orientierungslosigkeit einer Mittzwanzigerin machte ich ein paar wacklige Schritte im Journalismus, dachte pausenlos über ein eigenes Magazin nach, verbrachte Nächte mit amerikanischen Kunststudentinnen in der «Times Bar» und Tage im Prinzenbad. Mein Geld verdiente ich mit Synchronübersetzungen, die ich im Akkord produzierte. Ich arbeitete mich an obskurem Quatsch wie objektorientierter Ontologie und Akzelerationismus ab, im Hintergrund rauschte das Tagesgeschehen.

Die Feuilletondiskussionen darüber, ob der Arabische Frühling durch neue (digitale) Formen des Aktivismus befeuert wurde, quittierten ich und meine Altersgenossen mit einem resignierten Lächeln. Spätestens seit den von Wikileaks veröffentlichten E-Mails von Stratfor war die Überwachung wie ein Schatten über den strahlenden Möglichkeiten des digitalen Zeitalters aufgetaucht. Trauen konnte man eigentlich nur den Hackern, fanden wir.

Und dann, irgendwann im frühen Sommer des Jahres 2013, platzte Edward Snowden in das freundlich-nachdenkliche Geplänkel über die Digitalisierung. Diese Geschichte hatte einen Helden, einen äusserst langweiligen Helden zwar, aber doch jemanden, der sich mutig «unseren» Regierungen gestellt und einen Skandal von grösster Tragweite aufgedeckt hatte. Ich war wie elektrisiert. Spätestens jetzt würde sich die allgemeine Lethargie in Aktivität verwandeln, unmöglich würden sich die Bürger der westlichen Demokratien, die sie doch für so überlegen hielten, die Überwachung durch ihre eigenen Regierungen gefallen lassen.

Aber siehe da: Man liess es sich gefallen. Es gab ein paar Leitartikel und eine traurige Delegation deutscher Schriftsteller, die einen offenen Brief zum Kanzleramt brachten, dort aber nicht zum Gespräch empfangen wurden. Juli Zeh hoffte in einem Interview, dass sich hier «die intellektuelle Klasse» repolitisiere und der Funke auf eine «grössere Bevölkerungsgruppe» überspringen möge. Ich weiss noch, wie sehr mich der Anblick des Grüppchens unter den schmalen Betonsäulen des Kanzleramts deprimierte: Wenn dieses zahnlose Gebettel alles war, was an Widerstand aufgebracht werden konnte, wie sollte sich denn dadurch jemand animiert fühlen?

Aber natürlich war Snowden gerade deshalb der ideale Held, weil er der liberalen Mitte gefiel. Seine Langweiligkeit sei wie eine Rüstung, nur ein solcher Saubermann hätte etwas Derartiges überhaupt wagen können, bemerkte meine Freundin E. Sie hat die geheimnisvolle Fähigkeit, ihr Leben an den Quellen der Berichterstattung zu verbringen, und sie war auch damals näher dran als die meisten anderen meiner Freunde: Sie kannte Jacob Appelbaum und Laura Poitras, hatte mit Hackern und Datenjournalistinnen zu tun und erzählte von der nicht unbegründeten Paranoia, die in diesen Kreisen herrschte. Als im «New Yorker» beschrieben wurde, wie Appelbaum darauf bestanden hatte, in der Sauna eines «privaten Klubs» in Berlin interviewt zu werden, musste ich lachen – ein Cyberpunk im «Soho House». Das Weltgeschehen war mir noch nie so nah gerückt.

Ich und die anderen Nerds, die sich nach ein paar Monaten noch mit dem Thema befassten, zogen uns zurück. In Hackerspaces, Programmierkurse und auf die Position, dass gegen die flächendeckende Überwachung nur mit einer radikalen Erweiterung der digitalen Kompetenzen jedes einzelnen Bürgers anzugehen war. Die digitalen Produktionsmittel mussten vergemeinschaftet werden. Das Individuum sollte auch hier zum ermächtigten Protagonisten werden.

Ich lud den Browser Tor herunter und besorgte mir einen P2P-verschlüsselten Messenger. Eine Zeitlang hatte ich sogar ein Jolla, ein finnisches Handy mit einem eigenen offenen Betriebssystem. Das Jolla war launisch, es gab immer dann den Geist auf, wenn ich einen wichtigen Anruf bekam. Nach einem halben Jahr besorgte ich mir ein iPhone.

Meine anderen Bemühungen, «digital bewusst» zu leben, verliefen nicht viel besser: Den Versuch, eine neue Währung namens Bitcoin zu kaufen, gab ich nach zwei Tagen auf. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, glaubte ich doch mit einer mich heute erschütternden Naivität daran, dass ich mit dem Kauf die Umwälzung des globalen Finanzsystems hätte befördern können. Ich bemühte mich redlich, ein paar Programmiersprachen zu lernen, aber die Hackerspaces waren voll mit Mansplainern, die zwar viel redeten, aber nie eine Frage beantworteten.

Der NSA, der CIA, dem Bundesnachrichtendienst, den Regierungen, diesen abstrakten Antagonisten, war es sowieso egal, was wir taten. Das war zumindest das vorherrschende Gefühl. Mit Sicherheit tat ich den Autorinnen vor dem Kanzleramt damals unrecht: Sie trugen das Thema in den Bundestag, sie waren – neben vielen anderen Netzaktivistinnen, die jahrelang kämpften – dafür verantwortlich, dass die Datenschutz-Grundverordnung ins Leben gerufen wurde. Wirksam fühlte sich damals allerdings kaum etwas an. Social Media war in Deutschland nicht besonders weit verbreitet und ausserdem gerade bei diesem Thema eher Teil als Lösung des Problems.

Der Punkt, an dem sich alles änderte, kam vier Jahre später. Bei #MeToo traf zusammen, was für eine nachhaltige und breite Politisierung notwendig ist: ein Identifikationsangebot, Gemeinschaft und Selbstwirksamkeit. Hier mangelte es nicht an Protagonisten, der politische Akt selbst bestand im Erzählen der eigenen Geschichte. Auch die Täter waren definierbar, konkret, eventuell sogar fassbar. Und gleichzeitig wurde durch das kollektive Erzählen ein System sichtbar gemacht.

#MeToo bewies den politisch Engagierten ihre eigene Wirksamkeit und die Macht von Social Media. Die Bewegung war, wie wir wissen, nur der Anfang einer neuen Ära des Aktivismus, dessen Anziehungskraft sich seitdem massiv ausgebreitet hat. Antirassistische und antifaschistische Kämpfe, die selbstverständlich nicht erst seit 2017 geführt werden – und die durch das Aufflammen der neuen Rechten im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 an Mitstreitern gewonnen hatten –, profitierten von der diskursiven Energie, die sich online ausdehnte.

Es ist eine der grossen Errungenschaften der emanzipativen Bewegungen der letzten Jahre, das Interesse an Politik nicht nur zu wecken, sondern es auch zu halten und in Energie umzuwandeln. Das war lange vor 2017 in antirassistischen und feministischen Kreisen theoretisch vorbereitet. Durch eine Art Revival der «Politik der ersten Person», nach deren Grundsätzen die Feministen der zweiten Welle das Politische im Persönlichen verortet hatten, gab man dem Kampf gegen Rassismus und Patriarchat nicht nur Akteure, die politisch Widerständigen können sogar selbst zu Protagonistinnen werden.

Natürlich geht es auch hier um Systeme, aber die Tatsache, dass die eigene Unterdrückung erzählt wird, dass man Autorin und Protagonist zugleich sein kann, dass man am Geschehen teilhaben oder Heldinnen haben kann, setzt eine Energie der Identifikation frei, die in Autofiktion und Schlüsselromanen nur ihre buchstäblichste Form findet.

Viele der Nerds von früher kommen in dieser neuen Ära anscheinend schlecht zurecht: Glenn Greenwald führt jetzt freundliche Interviews mit Alex Jones, Matt Taibbi geriert sich als Elon Musks rechte Hand, und Edward Snowden erfreut die Cryptobros, indem er die Regulierung von Kryptowährung kritisiert.

Aus der fast trotzigen Grundhaltung dieser Männer, die im Übrigen weit verbreitet ist, spricht auch der gekränkte Narzissmus derjenigen, die nicht mitmachen dürfen. Wer sich nämlich nicht als Protagonist in dieser neuen, politischen Erzählung wiederfindet, muss eine empathische Transferleistung erbringen, um sich nicht als Personifizierung eines oppressiven Systems zu begreifen. Und in einer Welt, in der das kulturelle Kapital gewandert ist, in der jeder Influencer ein feministisches Buch geschrieben haben muss, wollen auch männliche Schriftsteller zur Hauptfigur werden.

Es ist ein ambivalentes Vergnügen, nicht mehr so allein zu sein. Auf der einen Seite bin ich voller Bewunderung für diejenigen, die sich ernsthaft antirassistisch, feministisch und klassenpolitisch engagieren. Auf der anderen Seite wird eine Unterhaltung, bei der ausnahmslos alle mitmischen, auch Werbeagenturen und Fitness-Influencer, bei der sich die Aufmerksamkeit von Empörungsgrad und Lautstärke lenken lässt, nicht unbedingt interessanter. Ein Fortschritt, jedenfalls: Unter jungen Leuten, die sich für intellektuell halten, ist es schon lange nicht mehr salonfähig, zu sagen, man interessiere sich nicht für Politik.

Nun sehen wir uns ja nicht nur mit Dingen konfrontiert, bei denen die Protagonisten so klar zutage treten. Im September jährt sich die Finanzkrise zum fünfzehnten Mal, und die Dodd-Frank Act, die damals zur Regulierung eines entfesselten Finanzsystems beschlossen wurde, ist zu grossen Teilen zurückgenommen worden. Die Krise spielt kaum eine Rolle im kulturellen Gedächtnis, nicht einmal in Erklärungsversuchen über den Aufschwung rechter Verschwörungstheorien oder in Artikeln über den Kollaps der Silicon Valley Bank taucht die Finanzkrise besonders prominent auf.

Währenddessen mangelt es nicht an Finanzskandalen. Cum-Ex, Panama Papers, Wirecard, die Liste der abstrakt klingenden Verbrechen löst bei vielen Leuten immer noch ein Summen im Ohr aus. Es gibt ein gut eingespieltes mediales und politisches Rezeptionsmodell für Skandale dieser Art: Sie werden zu Einzeltaten erklärt, zu individuellen Kriminalfällen, die keinesfalls auf ein systemisches Versagen hindeuten könnten. Das ist die andere Seite der Suche nach einem Protagonisten.

Den jüngeren Umweltbewegungen ist es hoch anzurechnen, dass sie die neoliberale Lüge vom bewussten Konsumenten nicht kaufen. In dieser Fiktion ist jeder Einzelne von uns Protagonist, oder besser, Antagonist, und zwar völlig unterschiedslos: der rechtsextreme Präsident, der die Rodung des Regenwalds befiehlt, ebenso wie der Student, der seine Plastikflasche aus Versehen in den falschen Abfall geworfen hat.

Um nicht in dieser Geschichte zu leben, muss man sich bewusst entscheiden, stattdessen gegen viele abstrakte Gegner anzutreten: grosse Energiekonzerne, Lobbyorganisationen, Politikinteressen. Die Tatsache, dass die Auswirkungen der Umweltkrise sich buchstäblich in Naturkatastrophen niederschlagen, man sich also konzeptionell auch noch gegen das Gefühl der «Natürlichkeit» zur Wehr setzen muss, macht die Sache nicht leichter. Und die Opfer des Klimawandels sind nicht nur durch ihre partielle Zukünftigkeit in unseren Erzählungen schwer greifbar.

Aber vielleicht sind die Erfahrungen der letzten Jahre – die erfolgreiche politische Mobilisierung im Internet, die Einsicht, dass sich Systeme nur gemeinsam bekämpfen lassen – die beste Voraussetzung, um in Anbetracht vieler gesichtsloser Gegner nicht die Energie zu verlieren.

Es ist nicht so, dass mich die Themen, die gegenwärtig diskursiv verhandelt werden, kaltlassen, im Gegenteil. Aber die erste politische Wut ist ein einschneidendes Erlebnis. Ich bin immer wieder überrascht, wie oft sich 2008 und 2013 in meine Arbeit schleichen – als künstliche Inseln und algorithmische Webstühle; als Fragen an Technologie, Ökonomie und Gesellschaftssysteme. Ich versuche wohl immer noch, diesen Geschichten ihre Heldinnen zu geben, ihre Antagonisten zu identifizieren und sie nicht nur analytisch, sondern auch erzählerisch zu begreifen.


Aus: "Meine erste politische Wut war ein einschneidendes Erlebnis. Es prägt bis heute mein Denken" Theresia Enzensberger (28.05.2023)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/theresia-enzensberger-meine-erste-politische-wut-war-praegend-ld.1736706

Theresia Enzensberger (* 1986 in München) ist eine deutsche Schriftstellerin und Journalistin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Theresia_Enzensberger

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 on: May 28, 2023, 05:49:54 PM 
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Nerdstomper

[Warum sexpositiv nicht gleich ständiger Sex oder Polyamorie bedeutet]

so ein thema hat in einer tageszeitung nichts zu suchen. (persönliche meinung)


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Foren-Moderation
DER STANDARD

Aha, weshalb denn bitte nicht? ...


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Bifurkation

Das ist heute schon der zweite Artikel über Sex, neben dem über Masturbation. ... Sind mit dem Sonnenschein die Hormone ins Gemächt gefahren?


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RanglerAngler

Hormonbefreit?


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xxxyz

Ich glaube tatsächlich, aufrichtige, intelligente Menschen haben weniger Sex.


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bittekeineideologiemehr

"Debatten um eine "sexlose Jugend" legen vielmehr patriarchale Missstände offen"

Net bös sein, aber wenn was ein unfassbarer Vollholler ist, dann dieser Satz. Wir leben in der mit weitem Abstand progressivsten und antipatriarchalsten Zeit seit Erfindung des Cunnilingus durch den bekannten Sexualtherapeuten Professor Schwanzus Longus (27 vor - 41 n. Chr,) Meine Elterngeneraton (bin Bj. 1966) hat BHs verbrannt in Kommunen dem Gruppensex gefrönt und den Spruch "Wer einmal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment) skandiert. Die sexuelle Revolution begann mit Kinsey und endete, als es bei mir endlich soweit war. Ich kanns net eloquenter forumolieren, Mitgenervte, aber das ist ein Stuss zum Quadrat, dass die Generation Z von "patriarchalen Missständen" vom Pudern abgehalten wird.


...

Kommentare zu: https://www.derstandard.at/story/3000000155748/warum-sexpositiv-nicht-gleich-staendiger-sex-oder-polyamorie-bedeutet (Brigitte Theißl, 28. Mai 2023)

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