COMMUNICATIONS LASER #17

Laser#17 - Fraktal Text Akkumulation => Global-Politix und Micro-Welt, Randnotizen und Fussnoten => Topic started by: Textaris(txt*bot) on September 12, 2006, 10:10:31 AM

Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 12, 2006, 10:10:31 AM
,,Besondere biologische Heilwirkungen durch Radium-Strahlen. Tausendfach ärztlich verordnet und empfohlen." Auf der Rückseite der Zahnpastatube war folgendes zu lesen: ,,Was leistet Doramad? Durch ihre radioaktive Strahlung steigert sie die Abwehrkräfte von Zahn u. Zahnfleisch. Die Zellen werden mit neuer Lebensenergie geladen, die Bakterien in ihrer zerstörenden Wirksamkeit gehemmt. Daher die vorzügliche Vorbeugungs- und Heilwirkung bei Zahnfleischerkrankungen. Poliert den Schmelz aufs Schonendste weiß und glänzend. Hindert Zahnsteinansatz. Schäumt herrlich, schmeckt neuartig, angenehm, mild u. erfrischend. Ausgiebig im Gebrauch." [...] Erst nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki erkannte man die möglichen Auswirkungen der ionisierenden Strahlung; damit wurde die Zahncreme marktunfähig. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Doramad (https://de.wikipedia.org/wiki/Doramad) (05/2017)

Doramad
Radioaktive Zahncreme.
Biologisch wirksam 
Reinigend  ·  Keimtötend  ·  Erfrischend
Auergesellschaft Aktiengesellschaft
Abteilung Chemie · Berlin N 65.
http://www.orau.org/ptp/collection/quackcures/toothpaste.htm (http://www.orau.org/ptp/collection/quackcures/toothpaste.htm)

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Quote[...] Ein ungeklärter Alarm im Kraftwerk Krümmel im September 1986. Die Verdichtung der Krankheitsfälle rund vier Jahre später, die genau der Latenzzeit der Leukämie entspreche. Der Nachweis von angereichertem Uran, Plutonium und Americium im Staub einiger Dächer und im Boden.

Mikrokügelchen, die auf kerntechnische Brennstoffversuche verwiesen und von denen eine Forschergruppe namens Arge PhAM (Arbeitsgemeinschaft Physikalische Analytik und Messtechnik) bei Stichproben im Boden und in alten Reetdächern umso mehr gefunden habe, je näher sie einem Punkt in der Nähe des Atomkraftwerks und der Forschungsanlage gekommen sei. Ungefähr dort ein gerodetes, jetzt umzäuntes Grundstück mit Brandspuren. In diesen Krimi passe auch die Tatsache, dass der »wissenschaftliche Vater« des Forschungszentrums GKSS, Erich Bagge, während des Zweiten Weltkriegs am Bau einer Atombombe für Hitler beteiligt gewesen sei und jene Mikrokügelchen »höchstwahrscheinlich aus der auch militärisch nutzbaren Hybridtechnik aus Kernfusion und Kernspaltung« stammten. Ein gegensätzliches Bild zeichnet der Münchner Forscher Heinz-Erich Wichmann. Für ihn mündet die jahrelang ergebnislos gebliebene Forschung heute in der »Zufallshypothese«. Wer angesichts des frustrierenden Zustands, dass man die Leukämiefälle auf keine eindeutige Ursache zurückführen kann, überhaupt eine Erklärung anbiete, »noch dazu eine derart spannende«, der befriedige, so Wichmann, nur die »Sehnsucht der Menschen nach Ursache-Wirkungs-Beziehungen«...


Bruchstück aus: "Die Spaltung" (Von Christiane Grefe, zeit.de; 2004)
Quelle: http://www.zeit.de/2004/49/Geesthacht_49 (http://www.zeit.de/2004/49/Geesthacht_49)


Quote
[...] Arbeitete man in der GKSS an der Mini-Atombombe? Das ist ein Verdacht, der im übrigen nicht nur von uns geäußert wurde aufgrund dieses ambivalenten Spielmaterials. Es gab zum Beispiel im Bereich des Ministeriums der Staatssicherheit eine Gruppe, die ein Gutachten geschrieben hat, über die Norddeutsche Kernphysik und die Stasi artikuliert ausdrücklich den Verdacht, dass in Norddeutschland möglicherweise an Atomwaffen gespielt wird.

Im Bericht geht es um "Fusion-Fission-Kügelchen", einer "militärisch nutzbaren Hybridtechnik aus Kernfusion und Kernspaltung zum Einsatz in kleinen Atomwaffen". Diese PAC sollen in Krümmel überall im Boden liegen. Allerdings haben sie eine hervorstechende Eigenschaft: Die eine Seite findet sie in jeder Schaufel. Die andere nie. Sebastian Pflugbeil:

Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Kinder und schicken die Kinder in den Wald zum Pilze suchen. Und das Mädel kommt mit einem Korb voller Pilze zurück, und der Junge kommt mit einem leeren Korb zurück. Das Mädchen sagt, der Wald ist voller Pilze und der Junge sagt, im Wald sind keine Pilze. Natürlich ist jeder Mutter klar, dass es in dem Wald Pilze gibt, da gibt es gar keine Debatte. Aber bei den Kügelchen debattiert man jahrelang darüber, ob es jetzt Kügelchen gibt oder nicht.

Die andere Seite hält die PAC für blanken Unsinn. Als der Verdacht erstmals aufgekommen war, hatten die Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg IPPNW Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte die Proben der ARGE PhAM. Die Analysen waren - negativ. Fünf Forschungsinstitute fahndeten nach den strahlenden Kügelchen. Nichts. Beziehungsweise - Kügelchen gibt es reichlich, wie in jedem Boden. Aber keine PAC. Und so lautet der Schluss der Strahlenschutzkommission:

Tatsächlich sind im Boden der Umgebung von GKSS und Kernkraftwerk Krümmel in unterschiedlichen Konzentrationen Kügelchen vorhanden, die zum Teil anthropogenen Ursprungs sind, z.B. Flugasche. Die ... Untersuchungen an Partikeln und Kügelchen ... haben keine Hinweise für eine Bestätigung der These, dass es sich um Kernbrennstoffpartikel handelt, erbracht.


Aus: "Die Leukämiekinder von Krümmel - Die vergebliche Suche nach einer Antwort"
von Dagmar Röhrlich (Deutschlandfunk - Wissenschaft im Brennpunkt; 14.08.2005)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/wib/406152/


Quote
[...] Die neuen Untersuchungsergebnisse sind schockierend, widerlegen sie doch offizielle Untersuchungsergebnisse. Sie belegen nach Aussage der Ärzteorganisation, daß im Umkreis des Kernkraftwerkes Krümmel und des Kernforschungszentrums GKSS in Geesthacht, eines Institutes, das einen atomaren Forschungsreaktor betreibt, der Boden an bestimmten Stellen radioaktiv verseucht ist. Die Region weise eine deutlich erhöhte künstliche Radioaktivität auf, darunter erhebliche Konzentrationen von Plutonium und Thorium.

[...] Dr. Sebastian Pflugbeil, Präsident der "Gesellschaft für Strahlenschutz", verweist auf Augenzeugenberichte vom Herbst 1986, nach denen es auf dem "Hochufer", wo die Kernforschungsanlage GKSS steht, einen großen Brand gegeben hat. Auskünfte zu einem solchen Brand rückt die Feuerwehr in Geesthacht nicht heraus. Alle Einsatzprotokolle von September 1986 seien bei einem Brand ausgerechnet "im Aktenschrank der Feuerwache" vernichtet worden.


Aus: "Boden um Geesthacht hochradioaktiv verseucht" (saar-echo.de; JOACHIM KELLER; 31.03.2006)
Quelle: http://www.saar-echo.de/de/art.php?a=31484



Quote[...] Seit 1990 sind in der Elbmarsch 16 Kinder an Leukämie erkrankt. Vier von ihnen sind an dem Blutkrebs gestorben. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine solche Häufung von Leukämie-Erkrankungen wie hier an der Elbe, in einem nur wenige Quadratkilometer großen Gebiet zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

[....] Tatsächlich gab es einige Jahre vor den ersten Erkrankungen einen Zwischenfall in der Region: Am 12. September 1986 wird im Atomkraftwerk Krümmel plötzlich alarmierend hohe Radioaktivität gemessen. Eine Panne in dem Kraftwerk kann schnell ausgeschlossen werden. Die Ursache für die erhöhten Werte muss außerhalb des Kernkraftwerkes gelegen haben.

Radon, ein natürliches radioaktives Gas, das an diesem Tag in der Nähe des Kernkraftwerks ausgetreten sei, habe den Alarm ausgelöst, so die Erklärung des Kraftwerksbetreibers und der Landesaufsichtsbehörde. Nicht alle Wissenschaftler, die mit der Untersuchung der Leukämie-Erkrankungen beauftragt sind, halten diese Begründung für überzeugend. Bei ihrer Suche nach anderen möglichen Ursachen fühlen sie sich behindert. Sechs der acht von Schleswig- Holstein beauftragten Experten legen deshalb im November 2004 aus Protest ihre Arbeit nieder. Kurze Zeit später schließen Schleswig-Holstein und Niedersachsen die Akte Elbmarsch.

Die "Bürgerinitiative Leukämie", unterstützt von der Vereinigung "Ärzte gegen den Atomkrieg", will sich damit nicht zufrieden geben. Sie lässt im Dezember 2004 von Geologen noch einmal Bodenproben in der Umgebung des Kraftwerks Krümmel und der GKSS Forschungsanlage entnehmen. Die Proben werden von Prof. Vladislav Mironov, einem international anerkannten Experten für Plutonium- Bestimmung an der Sacharow Universität von Minsk analysiert. Sein Ergebnis: "Die Plutonium- und Thoriumwerte, die wir festgestellt haben, sind so deutlich erhöht, dass man sagen kann, diese radioaktiven Stoffe sind künstlich hergestellt und kommen so in der Natur nicht vor."


Aus: "Und keiner weiß warum - Leukämietod in der Elbmarsch" (04/2006)
Quelle: http://www.zdf.de/


Quote

[...] Gueorgui Kastchiev ist eher der zurückhaltende Typ. 17 Jahre hat der Kernphysiker im bulgarischen Atomkraftwerk Kosloduj gearbeitet, später war er für vier Jahre sogar Chef der nationalen Aufsichtsbehörde. Er kennt die sechs Reaktorblöcke gut, die 150 Kilometer nördlich von Sofia an der Donau gelegen rund ein Drittel des bulgarischen Strombedarfs liefern. Doch was am 1. März dieses Jahres dort geschah, das ist auch für den erfahrenen Atomfuchs ,,ein unglaublicher Vorgang".

[...] Es war morgens um zehn nach sechs, als eine der vier Kühlmittelpumpen im Block 5 plötzlich ihren Dienst aufgab. Automatisch setzte das Kontrollsystem neun der 60 Steuerstäbe oberhalb des Druckkessels frei. Nur von der Schwerkraft getrieben sollten sie in den Reaktorkern einfahren und dessen Leistung von 1000 Megawatt um ein Drittel mindern. Doch zur Verblüffung der Reaktormannschaft blieben drei der Stäbe hängen, die Leistung blieb hoch. Daraufhin versuchten die Ingenieure die volle Schnellabschaltung mit Hilfe aller Kontrollstäbe. Aber erneut verharrte ein volles Drittel der Neutronenabsorber in ihrer Aufhängung. Die Spaltung der Uranatome im Neutronenhagel ihres eigenen Zerfalls konnte nicht gestoppt werden. In ihrer Not griffen die Reaktorfahrer zur letzten Bremse: Sie mischten dem Kühlwasser große Mengen Borsäure bei, die fliegende Neutronen einfangen und so die Kettenreaktion stoppen kann, wenn auch nur langsam. Um 12 Uhr 34 schließlich, mehr als sechs Stunden nach Ausfall der Pumpe, kam die Kettenreaktion im Reaktor zum Stillstand – nach Meinung von Ex-Aufseher Kastchiev viel zu spät. ,,Das zentrale Sicherheitssystem hat nicht funktioniert", konstatiert er, das entspreche einer Autofahrt mit Vollgas ohne Bremse. Falle etwa die Wärmeabfuhr durch ein großes Leck im Dampferzeuger aus, blieben aber gerade mal zwei Minuten, bevor der Reaktor außer Kontrolle gerate. Ohne die Schnellabschaltung, so Kastchiev, ,,hätte in diesem Fall niemand die Katastrophe aufhalten können".


Bruchstück aus: "In letzter Minute - Rostlöcher im Druckkessel, Explosionen im Kühlsystem, Versagen der Abschaltvorrichtung – schwere Störfälle in den vergangenen Jahre zeigen: Das Risiko für Reaktorkatastrophen ist weit höher, als die Betreiber behaupten" von Harald Schumann (tagesspiegel.de; 23.04.2006) | http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/23.04.2006/2473588.asp

Title: ["Alles ist sehr obskur"]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 12, 2006, 10:14:57 AM
Quote[...] Diese Kügelchen. Schwarz-blaue, metallische Kügelchen. Radioaktiv verseucht, voller Uran und Plutonium? Bergen sie das Geheimnis der extrem hohen Leukämie-Rate in der Elbmarsch? Geben sie Aufschluss über einen möglichen Atomunfall vor genau 20 Jahren? Doch in Deutschland scheint sich bislang kaum ein Labor an die mysteriösen Teilchen heranzuwagen.

12. September 1986: Beim Atomkraftwerk Krümmel an der Elbe und beim benachbarten Kernforschungszentrum Geesthacht GKSS tritt eine massiv erhöhte Radioaktivität auf. Der Katastrophenschutz ist im Einsatz; schnell wird klar, dass die Strahlung nicht aus dem AKW stammt. Aber woher dann? Bis heute streiten Experten über die Ursache. Von einer natürlichen Radon-Belastung ist die Rede, von einem Fall-out nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, von einem Brand auf dem Gelände der GKSS, sogar von geheimen Experimenten mit einer Mini-Atombombe.

Fest steht: Vier Jahre nach der Strahlenwolke erkranken in der Samtgemeinde Elbmarsch auf der niedersächsischen Seite mehrere Kinder an Leukämie. Später trifft der Blutkrebs auch Kinder in Geesthacht. Rico (4), Angela (9), Sebastian (11) und Söhnke (21) überleben die tückische Krankheit nicht. 16 Leukämie-Fälle und einen leukämieähnlichen Fall registrieren die Behörden bis heute; erst im Herbst 2005 erkrankt wieder ein Kind.

Die Rate gilt als einmalig auf der ganzen Welt. Von einem gefährlichen Leukämie-Cluster sprechen die Experten. "Allein in der kleinen Gemeinde Tespe haben wir innerhalb von fünf Jahren sechs Blutkrebs-Fälle gehabt", sagt der Leiter des Gesundheitsamtes Lüneburg, Hajo Dieckmann. "Statistisch hätte sich hier aber nur ein einziger Fall in 60 Jahren ergeben dürfen."

[...] Das Forschungszentrum streitet bis heute jeglichen Störfall ab. Mehrere Augenzeugen berichten dagegen von einem Feuer mit merkwürdigen Farben an besagtem Tag. Einsatzprotokolle vom September 1986 existieren aber nicht mehr. Sie werden später, als die ersten Leukämie-Fälle auftauchen, vernichtet - bei einem Brand, ausgerechnet bei der Feuerwehr. Dafür gibt es Satellitenfotos vor und nach dem 12. September. Sie zeigen eine deutliche Veränderung auf dem GKSS-Gelände. Verschwörungstheorien entwickeln sich: Es könnten dort heimlich Mini-Atomwaffen getestet worden sein.

Dazu tragen auch die metallischen Kügelchen bei, die im Umkreis der beiden Atomanlagen gefunden werden. Die Bürgerinitiative lässt sie 2001 an den Universitäten Gießen und Marburg untersuchen; Messungen ergeben radioaktive Stoffe wie Plutonium, Americium und Curium. Die Organisation Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg erstattet Strafanzeige gegen Verantwortliche des AKW Krümmel und der GKSS wegen des Verdachts des Freisetzens ionisierender Strahlen; die Staatsanwaltschaft Lübeck stellt das Verfahren wegen mangelnden Tatverdachts bald ein. Vertuschungsvorwürfe nennt Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die das gleiche Amt zuvor in Niedersachsen bekleidete, "abwegig".

In der Arbeit der beiden Kommissionen werden die Kügelchen nicht berücksichtigt. Einige Wissenschaftler streiten deren Existenz ganz ab, andere halten sie für irrelevant. Ende 2004 nimmt die Bürgerinitiative neue Bodenproben; das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) begleitet die Untersuchung - und stößt auf erhebliche Widerstände. Ein Frankfurter Institut sagt zunächst eine Expertise zu, macht dann aber plötzlich einen Rückzieher und verweist an das Bundeskriminalamt. Als das ZDF im Frühjahr dieses Jahres eine Dokumentation zur Elbmarsch sendet, muss es Filmmaterial mit entsprechenden Laborszenen zu den Kügelchen auf Verlangen des Instituts herausschneiden. Anfragen bei 17 weiteren Instituten im In- und Ausland bleiben ohne Erfolg. "Die Labors sind in der Regel abhängig von der Atomindustrie und fürchten um künftige Aufträge", vermutet Mediziner Hajo Dieckmann.

Erst ein Privatinstitut bei Weinheim und Professor Vladislav Mironov von der Sacharow-Universität in Minsk nehmen sich der Kügelchen an. Ergebnis: Die Teilchen sind künstlich, also nicht natürlichen Ursprungs und radioaktiv verseucht, sie stammen überdies auf keinen Fall aus Tschernobyl.

Den Sozialausschuss des Niedersächsischen Landtags, der sich auf Initiative der Grünen in diesem Sommer erneut mit den Leukämie-Fällen beschäftigt, stimmen diese neuen Erkenntnisse nachdenklich. "Das hat uns alle ins Grübeln gebracht", sagt die Ausschussvorsitzende Gesine Meißner (FDP). "Es sieht so aus, als solle hier etwas vertuscht werden." Man müsse deshalb überlegen, ob man nicht eine neue Untersuchung in Auftrag geben müsse. "Alles ist sehr obskur."

Das sind auch diverse Anrufe, über die die liberale Abgeordnete berichtet. Von Drohungen mag Meißner zwar nicht direkt sprechen. "Aber ich wurde schon eindringlich gefragt, ob wir das wirklich wieder aufrollen wollen."


Aus: "Der Fall AKW Krümmel: Das Rätsel der Elbmarsch" VON PETER MLODOCH (12.09.2006)
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/hintergrund/?sid=9d036beab0128935cc3e9376d5a74910&em_cnt=966734

Title: [Kartell des Schweigen]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 13, 2006, 10:34:25 AM
Quote[...] Der Kieler Toxikologe Professor Otmar Wassermann äußerte schon früh den Verdacht, dass die in den Bodenproben enthaltenen Spalt- und Aktivierungsprodukte wie Plutonium und Americium von einem Unfall bei illegalen Versuchen herrühren. Art und Aufbau der entdeckten Kügelchen deuteten darauf hin, dass sie aus einer so genannten Hybridanlage stammen, bei der Kernreaktionen zur Energiefreisetzung genutzt werden. Im Klartext: Bei der GKSS wurde völkerrechtswidrig mit der Herstellung von Mini-Atombomben experimentiert.
Die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben in den vergangenen Jahren Experten-Kommissionen eingesetzt, um die Ursachen der Leukämiefälle zu untersuchen. Die Wissenschaftler kamen jedoch zu keinem Ergebnis. Sechs Fachleute der schleswig-holsteinischen Kommission, darunter der Vorsitzende Wassermann, legten ihre Ämter im November 2004 unter Protest nieder. Sie warfen der Kieler Landesregierung vor, sie bei ihren Nachforschungen nicht unterstützt zu haben.
Warum sich ein »Kartell des Schweigens« über den Unfall bildete, erklären Umweltschützer mit der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Ein halbes Jahr zuvor, am 26. April 1986, war ein Block des ukrainischen Kraftwerks explodiert. Das Eingeständnis eines Unfalls in Krümmel hätte der Atomlobby das Geschäft wohl auf Dauer verdorben.


Aus: "Experimente mit Mini-Atombomben? - Mutmaßlicher Unfall vor 20 Jahren in der Elbmarsch noch immer ungeklärt" Von Reimar Paul (nd;  12.09.06)
Quelle: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=96900&IDC=3

Title: [Die Messstation auf dem GKSS-Gelände...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 13, 2006, 11:09:32 AM
Quote[...] Die Messstation auf dem GKSS-Gelände, die den Zwischenfall am ehesten hätte dokumentieren können, fiel leider aus. Die Umgebungsüberwachung notiert dazu: ,,Station 3/09 38.-49. KW ungeplante Stationsverlegung nach Brand am ursprünglichen Aufstellungsort" Der 12.9. 1986 war der Freitag der 37. KW.

Bei der Frage, in welchen Medien sich auch 10 Jahre danach noch Radioaktivität feststellen ließe, verfielen unsere Experten auf die Messung von Dachstaubproben von älteren Häusern. Dabei stellte sich heraus, dass Americium 241 in Elbmarsch-Proben eine im Durchschnitt 19mal höhere Konzentration aufweist als in den unbelasteten Kontrollregionen. Diese Konzentration ist mit Tschernobyl-Belastung oder Kernwaffen-Fallout nicht zu erklären. Es muss eine dritte Quelle in der Nähe geben.

Der öffentliche Streit um die Bewertung der Ergebnisse rief die Gutachtergruppe ARGE PhAM auf den Plan, die Ende 2000/Anfang 2001 eigene Bodenproben nahm, auswertete und mit dem verblüffenden Ergebnis an die Öffentlichkeit trat, dass im Boden um die Atomanlagen radioaktiv strahlende Teilchen zu finden sind, die auf kerntechnische Versuche hindeuten. Die Konzentration nimmt mit zunehmder Nähe zu den Atomanlagen zu.

Die Reaktoraufsicht Schleswig-Holstein hat während der ganzen Untersuchungsphase jedes einzelne Indiz wegdiskutiert. Erkennbare Beiträge, die Forschungen zu einem positiven Ende zu bringen, hielten sich in engen Grenzen. Zum Schluss wurde der Expertenkommission nicht einmal mehr das Reisegeld gezahlt. Die Hauptexponenten der BI-Seite, Inge Schmitz-Feuerhake und H.W. Gabriel, wurden systematisch als wissenschaftlich nicht ganz ernst zu nehmen diskreditiert. Das Gegenteil ist der Fall. Der Abschlussbericht der niedersächsichen Expertenkommission wurde vorsichtshalber gar nicht mit den Experten diskutiert, sondern von den beiden Sprechern im November 2004 veröffentlicht.

[...] Das war der Sachstand vor dieser Meßreihe. Die vorliegenden Untersuchungen sagen, dass in unserer Region an bestimmten Stellen radioaktive Belastung zu finden und zu messen ist. Wir werden immer fündig direkt neben der Waldschule in Geesthacht – Grünhof. Es gibt bis heute keinen erkennbaren Versuch der schleswig-holsteinischen Behörden, diese Bodenkontamination zu beseitigen und die Kinder zu schützen. Es ist noch viel schlimmer: Es wird nicht einmal zugegeben, dass der Boden kontaminiert ist.

[...] Wir fragen: Wie sind radioaktiven Teilchen im Boden dort hingekommen? Weil eine Verursachung von privater Seite auszuschließen ist, können nur staatliche Stellen Aufklärung darüber bringen, welcher Herkunft die Teilchen sind.

Wir fragen weiter: Welcher Unfall hat sich ereignet, der die Kontamination herbeigeführt hat?

Welche Experimente sind durchgeführt worden, warum wurde die Bevölkerung nicht gewarnt, warum wird die Kontamination nicht beseitigt ?

[...] Wir fordern die Bundesregierung auf, lückenlos und ohne Rücksicht auf eventuelle politische Begleiterscheinungen Auskunft darüber zu geben, womit in Geesthacht in den 80er Jahren, eventuell davor und danach, experimentiert worden ist. Uns interessiert besonders die Forschung auf neue Brennstoffzusammensetzungen für Forschungsreaktoren.

Sollte die Bundesregierung dies verweigern, ist der Deutsche Bundestag gefordert, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten.


Uwe Harden MdL

Berlin, den 31.03. 2006


Aus: "Ursachenforschung" (31.03. 2006)
Quelle: http://www.bileukaemie.elbmarsch.com/502839979c0b0860d/index.html
Title: [...desto mehr Fragen tauchen auf]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 11, 2006, 12:34:17 PM
Quote[...] ,,Es hat etwas Unheimliches, etwas Bedrohliches." So beschreibt die Ärztin Susanne Greunus aus der niedersächsischen Elbmarschgemeinde Marschacht die vielen Leukämiefälle in ihrer Region. Seit eineinhalb Jahrzehnten sucht man östlich von Hamburg vergeblich nach den Ursachen. Je länger man nach einer Antwort forscht, desto mehr Fragen tauchen auf.

Nein, das könne kein Zufall sein, glaubt Olaf Schulze, SPD-Landtagsabgeordneter aus Geesthacht. In der 29 000-Einwohner-Stadt ist vor wenigen Tagen der 16. regionale Kinderleukämiefall seit 1984 bekannt geworden. Die behandelnden Ärzte müssen die Krankheit bei Kindern melden, folglich verfügt man über ein aussagekräftiges Kataster. Im Bundesschnitt gibt es aber nur vier Erkrankungen je 100 000 Kinder im Jahr. Heruntergerechnet auf den Cluster der Untersuchungsregion dürfe daher eigentlich nur ein Fall in 60 Jahren vorkommen.

[...] Ein böser Verdacht liegt nahe, da sich auf schleswig-holsteinischer Seite der Elbe das Atomkraftwerk Krümmel und die Forschungsanlage der Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt (GKSS) befinden. Es hat seit 1992 umfangreiche Untersuchungen gegeben, doch ein entsprechender Zusammenhang konnte bis heute nicht nachgewiesen werden.

Und nun dieser neue Fall – ein Keulenschlag für die ansässige Bevölkerung. Seit 1994 ist es der achte Fall in Geesthacht, diesmal im Ortsteil Grünhof-Tesperhude, dort, wo sich in unmittelbarer Nähe die GKSS befindet und wo Sozialdemokrat Schulze wohnt. Doch nur ungern redet man darüber. Joachim Masch, Pastor in der Kirchengemeinde, bemüht dafür das Sprichwort ,,Am Fuß des Leuchtturms ist es dunkel." Er kennt das jetzt erkrankte zwölfjährige Mädchen. Die Mutter arbeitet in der St.-Thomas-Gemeinde.

GKSS und Kernkraftwerk gehören zu den größten Arbeitgebern in Geesthacht und damit zu den besten Gewerbesteuerzahlern. Da wertet man den vagen Verdacht gegen die Einrichtungen schnell als Verschwörung. Beide Werke können sich auf das Sozialministerium in Kiel stützen, die zuständige aufsichtführende Reaktorsicherheitsbehörde. Dort bekräftigt man, dass es bis heute keine Anhaltspunkte gibt, dass die Leukämiefälle etwas mit den atomaren Anlagen zu tun haben. Millionen Euro wurden bereits für die Erforschung der Ursachen ausgegeben. Für Uwe Harden, SPD-Abgeordneter in Niedersachsens Landtag, reicht das aber nicht aus. Er, der nur wenige Kilometer von Geesthacht entfernt wohnt, ist zugleich Gründer und Sprecher der Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch. Harden wünscht sich, dass die Kieler Landespolitiker wieder aktiv werden. Eine erste Untersuchungskommission stellte zuletzt 2004 ihre Arbeit ein. Auf Betreiben der Grünen kommt das Thema diese Woche auf die Tagesordnung des Kieler Landtags. Sie fordern ein Kolloquium, an dem sich unabhängige Wissenschaftler, die bisher im Auftrag der Behörden und der Bürgerinitiative gewirkt haben, an einen Tisch setzen.

Unterdessen ist ein weiterer Blutkrebsfall eines 15-jährigen aus Winsen, 14 Kilometer von Geesthacht entfernt gelegen,bekannt geworden. Der Patient hatte als kleiner Junge mit seiner Mutter an der Elbe gespielt und auch im Fluss gebadet. ,,Da schlummert vielleicht noch mehr", ahnt Susanne Greunus, die von auffällig vielen Leukämieerkrankungen und -todesfällen bei Erwachsenen berichtet.


Aus: "Die Elbmarsch, die Leukämie und die Atomkraft - Seit Jahren wird erfolglos nach der Ursache für Blutkrebsfälle bei Kindern gesucht – jetzt sind wieder zwei Jugendliche erkrankt" Von Dieter Hanisch, Geesthacht (10.10.2006)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/10.10.2006/2826375.asp

Title: [Tests hatten und haben eine Doppelfunktion]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 19, 2006, 11:27:30 AM
Quote[...] Seit es die Atombombe gibt, probten die Atommächte beständig in zahlreichen Testexplosionen deren Wirksamkeit. Diese Tests hatten und haben eine Doppelfunktion: Zum einen geht es um die Überprüfung der Zuverlässigkeit der vorhandenen Arsenale sowie um die Entwicklung neuer oder die Verbesserung existierender Atomwaffen - und zum anderen um die Demonstration von Macht und Stärke der Atomwaffenbesitzer.

Die fünf Atommächte USA, die frühere UdSSR, Frankreich, Großbritannien und China haben mehr als 2000 Atomwaffentests in der Atmosphäre, unter Wasser, auf der Erdoberfläche oder im Weltraum durchgeführt. Diese Tests haben zu einer weltweiten Verseuchung der Erde geführt, was die Gesundheit der Menschen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beeinträchtigte und beeinträchtigen wird.

In der Nähe der Testgelände (Wüste von Nevada, Pazifikatolle, Sahara, Kasachstan, usw.) führten die atmosphärischen Tests häufig zu intensivem radioaktiven Niederschlag (Fallout), und zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der lokalen Bevölkerung und zu Verseuchungen der Umwelt. In einem partiellen Teststoppabkommen wurden daher 1963 solche oberirdische Atomtests verboten.

Allerdings wird durch sogenanntes "Ausventilieren" auch bei unterirdischen Tests Radioaktivität freigesetzt, die die Umwelt schädigt. 1996 wurde nach erneuten unterirdischen Tests durch Frankreich und China ein umfassender Teststoppvertrag vereinbart, der allerdings noch nicht in Kraft getreten ist. Die letzten unterirdischen Tests wurden 1998 von Indien und Pakistan durchgeführt. Zuletzt, am 9.Oktober 2006, zündete Nordkorea eine Atombombe in einem Berg im Nordosten des Landes. (AG.)


Aus: "Atomtests verseuchen seit 1945 die Erde" (diepresse.com; 18.10.2006)
Quelle: http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=a&id=593256 (http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=a&id=593256)

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Quote[...] Die Zahlen der Menschenopfer, die infolge von über 2.100 Atomwaffenversuchen an radioaktiver Verstrahlung starben oder unheilbar erkrankten, sind bestürzend und mahnen die Politiker, das nukleare Testverbot endlich rechtswirksam zu machen. Weniger bekannt sind die verheerenden Folgen sogenannter friedlicher Kernexplosionen, die in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vor allem in den USA und der Sowjetunion im Bergbau, zur Flussumlenkung oder beim Kanalbau ausgelöst wurden.

Die im gesamten Atomzeitalter massivste radioaktive Verseuchung geschah am 6. Juli 1962. Auf dem US-Testgelände Yucca Flat in der Wüste von Nevada wurde "Storax Sedan" gezündet. Die gewaltige Explosion mit einer Sprengkraft von 104 Kilotonnen herkömmlichen Sprengstoffs - das ist fast das Zehnfache der Hiroshima-Bombe - riss einen riesigen Krater von über 100 m Tiefe und einem Durchmesser von 390 m in den Boden. 12 Mio. Tonnen Gestein wurden in die Luft geschleudert und die radioaktive Wolke erreichte eine Höhe von rund 4 km. Sie trieb zunächst nordöstlich und später nach Osten in Richtung Mississippi. Der lebensgefährliche radioaktive Fallout rieselte herab auf rund 13 Mio. Einwohner in den Bundesstaaten Iowa, Nebraska, South Dakota und Illinois bis hin an den Stadtrand von Chicago.

Die verheerenden Folgen derartiger Nuklearexplosionen führten schließlich zur deren Einstellung, aber militärische Testexplosionen folgten noch Jahrzehnte lang, und auch sie forderten zahlreiche Opfer. Für die Bewohner der betroffenen Testgebiete bedeuteten die Atomversuche oftmals den Strahlentod oder bis heute andauernde Schmerzen und Gesundheitsschäden. Viele Menschen erkrankten an Schilddrüsenkrebs und Leukämie. Sie leiden an genetischen Schäden, Erbkrankheiten und Schwächungen der Immunsysteme.

Die Testgebiete sind für Jahrzehnte radioaktiv verseucht. So kann beispielsweise die Pazifikinsel Bikini, Stätte zahlreicher US-amerikanischer Nukleartests, nach wissenschaftlichen Prognosen möglicherweise erst 2040 wieder bewohnt werden. Auch auf anderen Testgebieten kam es zu schrecklichen Langzeitwirkungen. Beispielsweise ist die Krebsrate unter der Bevölkerung im Gebiet um das kasachische Semipalatinsk, dem Hauptversuchsgelände der Sowjetunion, 300 bis 400 Mal größer als anderswo. Von 1949 bis 1989 wurden dort 456 Bombentests durchgeführt, davon 160 oberirdisch. Die Sprengkraft entsprach insgesamt dem 2.500-fachen der Hiroshima-Bombe. Der radioaktive Staub verbreitete sich über ein Gebiet von der Größe Deutschlands, und 1,5 Mio. Menschen wurden durch die Explosionen verstrahlt.

Von den Regierenden wurde das Leid strahlengeschädigter Menschen lange ignoriert. Bis in die Gegenwart kämpfen an Strahlungskrankheiten Leidende um zumindest eine finanzielle Wiedergutmachung. Erst im Jahre 1990 haben die USA als erste Atommacht den "Radiation Exposure Compensation Act" beschlossen. Seither hat Washington rund 1,5 Mrd. Dollar an Strahlenopfer seiner Nukleartests gezahlt. Das ist jedoch weit weniger als beantragt und viele Betroffenen klagen über bürokratische Hürden und Hindernisse. Das französische Parlament verabschiedete sogar erst Ende 2009 ein Gesetz zur Entschädigung der Opfer von über 200 Atomversuchen in den Jahren 1960 bis 1996 in der Sahara und im Südpazifik. Bis zu 150.000 Zivilpersonen und Militärangehörige wären davon betroffen. Kasachstan, dessen Bewohner besonders unter den Langzeitfolgen der Nukleartests leiden, hat vorgeschlagen, einen internationalen Entschädigungsfonds für die Opfer der Atomtests einzurichten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon soll eine entsprechende UN-Sonderkonferenz einberufen. Bisher allerdings warten die Betroffenen vergebens.

Als besonders gefährlich für Leben und Gesundheit erwiesen sich überirdische Atomwaffenversuche. Meldungen über nukleare Zwischenfälle und die gefährlichen Folgen atmosphärischer Atomwaffenversuche alarmierten nicht nur die Bevölkerung in den betroffenen Ländern. Warnend äußerten Wissenschaftler ihre Besorgnis über die genetischen Langzeitfolgen und klimatischen Auswirkungen erhöhter Radioaktivität. Der weltweiten Anti-Atomwaffenbewegung konnten sich auch die Regierungen nicht auf Dauer entziehen.

Am 5. August 1963 unterzeichneten die Außenminister der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion in Moskau den Teilteststoppvertrag. Er verbietet oberirdische Kernwaffenversuche ebenso wie Nukleartests im Weltraum und unter Wasser. Noch am 10. Oktober desselben Jahres trat er in Kraft. Ein Fortschritt, aber kein Durchbruch. Mehr als drei weitere Jahrzehnte sollte es noch dauern, bis 1996 ein umfassender Teststoppvertrag auf dem Tisch lag. Bis heute haben ihn 183 Staaten unterschrieben, 157 sogar ratifiziert. Dennoch ist das Abkommen bisher nicht rechtswirksam, weil noch acht der 44 Staaten fehlen, die prinzipiell über das technische Know-how zum Atomwaffenbau verfügen und deren Mitgliedschaft Voraussetzung für das Inkrafttreten ist. Zu ihnen gehören außer den Atommächten China, USA, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea auch Ägypten sowie der Iran.

Die technischen Voraussetzungen für ein effektives Funktionieren des Vertrages sind nahezu perfekt. Die zukünftige Kontrollorganisation CTBTO (Comprehensive Test Ban Organization) in Wien arbeitet mit einem Jahresbudget von rund 820 Mio. Euro bereits auf Hochtouren. Sie umfasst die Konferenz aller Vertragsstaaten, den 51-köpfigen Exekutivrat und ein Technisches Sekretariat mit Internationalem Datenzentrum. Nach den USA (22) und Japan (19,7) ist Deutschland mit 8,78 Prozent drittgrößter Beitragszahler zum Haushalt der Organisation.

Unter Leitung von Tibor Tóth aus Ungarn errichten rund 260 Mitarbeiter aus 70 Ländern ein Netzwerk von insgesamt 337 Beobachtungsposten, das den gesamten Erdball lückenlos abdeckt. Im Zentrum steht ein globales System von 170 seismischen Stationen. Es kann eventuelle unterirdische Nuklearexplosionen registrieren und von den jährlich etwa 50.000 natürlichen Erdbeben unterscheiden. 80 Radionuklid-Detektoren und 60 Infraschallgeräte beobachten außerdem die Atmosphäre, während elf hydroakustische Systeme die Weltmeere kontrollieren.

Mehr als 85 Prozent der Beobachtungsstationen arbeiten bereits, demnächst sollen es 90 Prozent sein. Satelliten übermitteln die Informationen zum Internationalen Datenzentrum, wo sie gespeichert, analysiert und an die Vertragsparteien weitergegeben werden. Das Weltraum gestützte Globale Kommunikationssystem ist über den direkten Abrüstungskontrollauftrag hinaus nützlich. Rund eine Million Daten wurden in den vergangenen Jahren an mehr als 400 Nutzer in rund 60 Staaten übermittelt, darunter zu Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Bergwerksunglücken, Flugzeugzusammenstößen sowie über auffällige Umwelt- und Wettererscheinungen.

Die Experten beteiligen sich ebenfalls am Testverfahren für Tsunami-Warnsysteme, unternehmen geophysische Untersuchungen bis hin zur Klimaforschung. Als im vergangenen Jahr in Japan eine Serie von Erdbeben und ein gewaltiger Tsunami das Land erschütterten, hatte das Wiener Monitorsystem sowohl frühzeitige Warnungen für Japan, Hawaii und weite Teile des Pazifik herausgegeben als auch den Weg der ausgetretenen Radioaktivität nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima präzise vorausgesagt. Ebenso wurden die nordkoreanischen Kernwaffenversuche von 2006 und 2009 festgestellt und deren Sprengkraft korrekt mit 0,6 bzw. 20 kT angegeben.

Nach Inkrafttreten des Teststoppvertrages werden zusätzlich vertrauensbildende Transparenzmaßnahmen, Konsultationen und Vor-Ort-Inspektionen zur Klärung von verbleibenden Zweifelsfällen dienen.


Chronik: Unfälle, Pannen und gefährliche Zwischenfälle bei Atomwaffentests
Datum            Vorfall
19. Mai 1953    Die USA testen in der Wüste von Nevada die 32-kt-Bombe "Harry", die wegen des enormen Fallouts, später den Namen "Dirty Harry" ("Schmutziger Harry") bekommt. Winde tragen die radioaktive Wolke 220 km weit bis nach St. George im Bundesstaat Utah.
1. März 1954    Auf dem Bikini-Atoll im Südpazifik unternehmen die USA den Wasserstoffbombentest "Bravo" mit einer Zerstörungskraft von 15 Megatonnen. Der unvorhergesehen nach Südost drehende Wind treibt die radioaktive Wolke direkt über die benachbarten Marshall-Inseln Rongelap, Rongerik und Utirik hinweg und fügte deren Bewohnern schmerzhafte Verbrennungen und Verstrahlungen zu. Auch die 23 ahnungslosen Matrosen, auf dem 150 km entfernten japanischen Fischerboot "Fukurya Maru" - "Glücksdrachen" werden von dem atomaren Ascheregen heimgesucht. Zwölf Beatzungsmitglieder sterben danach an Lebererkrankungen oder Blutstörungen.
7. März 1955    Nach der Explosion der Bombe "Turk" auf dem Testgelände in Nevada ändert sich unerwartet die Windrichtung und trägt den Fallout eines US-Testes nach Las Vegas, wo sie einen sogenannten "hot spot" bildet - eine Fläche, in der sich besonders viel Radioaktivität sammelt.
22. November 1955    Die Sowjetunion testet ihre erste Fusionswaffe. Die 1,6-Megatonnen-Bombe ist die erste Wasserstoffbombe, die von einem Flugzeug abgeworfen wird. Die Druckwelle ist stärker als angenommen, da es zu einer unerwarteten Brechung der Stoßwelle an der Atmosphäre kommt. Drei Menschen sterben.
28. April 1958    Britische Soldaten sitzen an Bord des Kriegsschiffes "Dunera", drei km von den Christmas-Islands entfernt, wo eine Atombombe der Testreihe "Grapple" detonieren soll. Dreimal passiert nach dem Countdown nichts. Als auch beim vierten Mal nichts geschieht, schauen einige Neugierige zur Küste. In diesem Moment erfolgt die Explosion - einige Soldaten erblinden.
26. Juli 1961    Auf der Johnston-Insel im pazifischen Ozean findet der US-Kernwaffentest "Bluegill Prime" statt. Die Trägerrakete erleidet bereits bei der Zündung einen Fehlstart, sodass die Sicherheitseinrichtung die Zerstörung der Rakete auslöst. Die Abschusseinrichtungen werden dadurch schwer beschädigt und mit Plutonium kontaminiert.
13. März 1964    Erhöhter Jod-131-Gehalt tritt in der Milch kalifornischer Kühe auf. Er ist die Folge einer radioaktiven Wolke, die nach dem Test "Pike" über den US-Bundesstaat treibt.
2. Juli 1966    Die Explosion der französischen Bombe "Aldebaran" im Südpazifik ist stärker als erwartet und verseucht die Lagune des Moruroa-Atolls derart, dass kein dort gefangener Fisch mehr gegessen werden darf.
10. September 1966    Der französische Staatspräsident de Gaulle besteht auf einem Nukleartest den er vom Kriegsschiff "De Grasse" aus beobachten will, obwohl der Wind in Richtung der bewohnten Tuamotu- und Fidschi-Inseln weht.
8. Dezember 1968    Auf der "Nevada Test Site explodiert in 300 m Tiefe die Bombe "Banebury" und schleudert eine radioaktive Wolke in drei km Höhe. Zwei Helfer sterben später an Leukämie. Gefährlich hohe Dosen von Jod-131 werden in Nevada und Utah in den Schilddrüsen von Kühen, Schafen und Rehen gefunden.
5. Juni 1975    Eine französische Testexplosion in 623 m Tiefe des Tuamotu-Atolls zerreißt den Betondeckel des Bohrlochs, aus dem Radioaktivität austritt.
25. Juli 1979    Eine französische Bombe, die in 1.000 m Tiefe des Moruroa-Atolls gezündet werden soll, verklemmt sich in 500 m Tiefe. Der Sprengsatz wird dennoch gezündet. Er verursacht eine Flutwelle, die sieben Menschen verletzt, und reißt einen 40 cm breiten und 2 km langen Riss ins Atoll.
Sommer 1981    Chinesischen Expertenberichten zufolge treten in der Umgebung des Testgebiets Lop Nor im Nordwesten Chinas ungewöhnlich viele Fälle von Lungen- und Hautkrebs auf.
14. April 1986    Bei einem horizontal angeordneten Atomwaffenversuch im Tal Rainier Mesa in Nevada schließen eingebaute Drucktüren nicht vorschriftsmäßig. Arbeiter und weite Teile des Tals werden verseucht.
13. August 1987    Laut sowjetischen Angaben ist bei einem Nukleartest Anfang des Monats "eine bedeutende Menge Gas" ausgetreten. Es sei aber keine Radioaktivität entwichen. Norwegische, schwedische und deutsche Strahlenschutzbehörden messen demgegenüber erhöhte radioaktive Werte.
13. August 1987    Durch einen Atomwaffenversuch der USA wird ein Erdbeben der Stärke 5,7 auf der nach oben offenen Richterskala ausgelöst.
27. September 1991    Bei einem Raketentest im Weißen Meer entdeckt die Besatzung eines sowjetischen U-Bootes ein technisches Problem. Als das Boot auftaucht, beginnt die Rakete beim Kontakt mit der Luft zu brennen und verlässt den Startschacht als Feuerball.

Bisherige Kernwaffenversuche
Land    Anzahl    Testgebiete
USA    1 146    New Mexico und Südpazifik, später Wüste von Nevada
UdSSR/Russland    715    Nowaja Semlja, Semipalatinsk
Frankreich    215    Sahara, später Polynesieninseln Moruroa und Fangataufa
China    45    Wüste Lop Nor
Großbritannien    44    Südpazifik, später Wüste von Nevada
Pakistan    6    Chagai-Berge in Baluchistan
Indien    5    Thar-Wüste von Rajasthan
KDVR    2    nahe Kilju in der nordöstlichen Provinz Hamkyong
gesamt    2.178    

Quellen: Arms Control Association,
Bulletin of the Atomic Scientists

Die Europäische Kommission für Strahlenrisiken (ECRR) veröffentlichte in ihrer Studie "The Health Effects of Ionising Radiation Exposure at Low Doses for Radiation Protection Purposes" Zahlen über die Opfer von Kernwaffentests. Danach sind bislang 61,7 Millionen Menschen an Krebs aufgrund radioaktiver Einflüsse gestorben, darunter 1,5 Millionen Kindern. 1,9 Millionen Babys starben bereits im Mutterleib. Die ECRR kommt zu dem Schluss, dass der Anstieg der Krebserkrankungen vor allem eine Folge des radioaktiven Fallouts der atmosphärischen Atombombentests der Jahre 1957 bis 1963 ist, dem Höhepunkt des atomaren Testens. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Abgabe von Radioisotopen in die Umwelt im Rahmen ziviler Atomkraftnutzung in den letzten Jahren bald für einen weiteren Anstieg von Krebs und anderen Krankheiten sorgen wird.

Quelle: IPPNW




Aus: "Tödliche Strahlen: Vor 50 Jahren kam es zur größten atomaren Verseuchung durch eine Nuklearexplosion" (06. Juli 2012)
Quelle: https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/007442.html (https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/007442.html)
Title: [zwei von vier Notstromaggregaten... (Forsmark)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 20, 2006, 11:34:07 AM
Quote[...] Vattenfall-Sprecher Göran Lundgren sagte am Samstag in Stockholm: "Das ist einfach nicht wahr. Es hat niemals eine solche Gefahr bestanden. Ich verstehe nicht, wo solche Behauptungen herkommen."

Lundgren wies damit einen Bericht der deutschen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit zurück, den der "Spiegel" veröffentlicht hatte. Demnach war der Reaktor in Forsmark wegen Defekten bei zwei von vier Notstromaggregaten nur noch 18 Minuten von einer Kernschmelze entfernt gewesen. Lundgren sagte dazu: "Auch die Aufsichtsbehörden haben bestätigt, dass es keine Gefahr einer Kernschmelze gegeben hat. Das Kühlwasserniveau lag immer stabil über zwei Meter, und die Stromproduktion ist 22 Minuten nach dem Kurzschluss wieder mit voller Kraft angesprungen."

Bei dem Störfall am 25. Juli waren nach einem Stromdefekt zwei von vier Notstromaggregaten für das Kühlwasser nicht wie vorgesehen automatisch angesprungen. Die staatliche schwedische Atomaufsicht SKI hatte danach sowohl den Reaktor in Forsmark wie drei weitere Reaktoren gleicher Bauart bis zu drei Monaten stilllegen lassen.

[...] Die deutsche Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) beruft sich in ihrem Bericht unter anderem auf Untersuchungen und Analysen von Vattenfall und der schwedischen Atomaufsicht. "Nach circa fünf Stunden wäre das gesamte Kühlmittelinventar verdampft gewesen", heißt es. Obwohl zwei der vier Generatoren wie vorgesehen starteten, sei der Füllstand innerhalb des Reaktordruckbehälters weiter bedrohlich abgesunken.

Dieser stabilisierte sich erst 15 Minuten nach dem Ausfall der ersten Systeme - noch 1,90 Meter oberhalb des radioaktiven Kerns. Da habe die Mannschaft bereits Vorkehrungen getroffen, radioaktiven Dampf in den Sicherheitsbehälter abzulassen. Nur die zwei Diesel- Generatoren retteten, so die Experten, das AKW vor dem GAU.


Aus: "AKW Forsmark: Reaktor kurz vor der Kernschmelze?" (stern.de; 18. November 2006)
Quelle: http://www.stern.de/politik/panorama/:AKW-Forsmark-Reaktor-Kernschmelze/576715.html (http://www.stern.de/politik/panorama/:AKW-Forsmark-Reaktor-Kernschmelze/576715.html)

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Quote[...]  Bei dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark wäre es im Juli beinahe zu einer Katastrophe gekommen. Die Verantwortlichen der Anlage hatten sich bei dem damaligen Regierungschef Göran Persson bereits die Genehmigung eingeholt, das sogenannte "Wallmann-Ventil" zu öffnen. Das erfuhr WELT.de aus deutschen Regierungskreisen. Mit dem Öffnen des Ventils soll im Falle einer Kernschmelze Druck aus dem Atomkraftwerk abgelassen werden, um ein Bersten des Reaktors zu verhindern. Das Anspringen von zwei der vier Diesel-Notstromaggregate verhinderte dann den größten anzunehmenden Unfall (GAU).

Bei dem Störfall am 25. Juli griffen nach einem Stromdefekt die Notfallmaßnahmen nur mangelhaft. Die Kühlflüssigkeit sank bedrohlich ab und stabilisierte sich erst 1,90 Meter oberhalb des radioaktiven Kerns. Laut einem Bericht der deutschen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) hätte ohne diese Stabilisierung der obere Teil des Kerns 18 Minuten später freigelegen. Die schwedische Atomaufsicht ließ den Reaktor des von Vattenfall betriebenen Kraftwerkes für drei Monate stilllegen.

Sowohl der schwedische Betreiber des Atomkraftwerkes wie auch das deutsche Kernforschungszentrum in Garching haben den Störfall nach Angaben von deutscher Seite mehrfach am Computer simuliert, ohne die Ursache zu finden. Es sei außerdem nicht klar geworden, warum zwei der vier Notstromaggregate plötzlich wieder ansprangen und zwei nicht. Die Unsicherheit sei deshalb besorgniserregend, da in Brunsbüttel an der Elbe ein Atomkraftwerk gleichen Bautyps stehe. Ein ähnlicher Störfall wie der in Schweden sei dort nicht auszuschließen.


Aus: "Störfall Forsmark: Nordeuropa stand vor atomarer Katastrophe" Von Peter Dausend (19.11.2006)
Quelle: http://www.welt.de/data/2006/11/19/1116658.html (http://www.welt.de/data/2006/11/19/1116658.html)

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Quote[...] Im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark hat es erneut eine Panne gegeben. Wie ein Nachrichtenagentur meldet, musste der Reaktor Forsmark 1 aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden. Das Problem solle im Laufe des Tages untersucht werden. Der Reaktor war bereits im Juli wegen eines Kurzschlusses vom Netz genommen worden. In den vergangenen Monaten waren bei einer ganzen Reihe von Atomkraftwerken in Schweden Störfälle aufgetreten.

Aus: "Neue Panne in schwedischem Atomreaktor" (zuletzt aktualisiert: 17. Dezember 2006 | 10:36;  MDR INFO)
Quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3898896.html (http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3898896.html)


Title: [Für die Häufung haben die Ärzte noch keine Erklärung...]
Post by: lemonhorse on November 23, 2006, 01:11:57 PM
Quote[...] Im Großraum Hamburg erkranken immer mehr Kinder an Blutkrebs. Wie die "Hamburger Morgenpost am Sonntag" unter Berufung auf das Kinderkrebszentrum des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) berichtete, verdoppelte sich seit 2004 die Zahl der Behandlungsfälle von akuter lympathischer Leukämie fast. Vor zwei Jahren waren es den Angaben zufolge noch 267 Blutkrebs-Fälle, im Folgejahr stieg die Zahl auf 403. Für 2006 rechnet das renommierte Spezialzentrum der Klinik mit rund 500 Fällen.

Wie NDR 90,3 berichtete, geben diese Daten allerdings lediglich die Anzahl der Behandlungen wieder: Wenn ein Kind also mehrfach medizinisch versorgt wird, tauche dies in der Statistik entsprechend häufig auf.

Dennoch ein erheblicher Anstieg, der Anlass zur Sorge gibt. Für die Häufung haben die Ärzte noch keine Erklärung. "Bei allen Vorkommnissen werden wir hellhörig. Aber erst wenn die Zahlen noch ein weiteres Jahr über dem Schnitt liegen, stellen wir nähere Untersuchungen an", sagte Professor Reinhard Schneppenheim, Direktor des Kinderkrebszentrums am UKE, der Zeitung. Kinder zwischen zwei und fünf Jahren erkrankten besonders häufig an akuter lympathischer Leukämie. Mit Hilfe langfristiger und aufwändiger Behandlungsprogramme bestehen laut Schneppenheim in 80 Prozent der Fälle Heilungschancen.


Aus: "Immer mehr Leukämie-Fälle bei Kindern im Großraum Hamburg" (19.11.2006)
Quelle: http://www1.ndr.de/ndr_pages_std/0,2570,OID3367182,00.html

Title: [Uran, Plutonium und Americium im Staub II (12.9.1986::Elbmarsch)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 27, 2006, 01:58:54 PM
Quote[...] Der Begriff Leukämiecluster Elbmarsch bezeichnet eine Häufung (Cluster) von Leukämie-Erkrankungen, die bei Kindern im Gebiet der Samtgemeinde Elbmarsch (Niedersachsen, Landkreis Harburg) und des benachbarten Geesthachts (Herzogtum Lauenburg, Schleswig-Holstein) seit Dezember 1989 auftraten. Es handelt sich hierbei um die weltweit höchste erfasste Leukämierate auf kleinem Raum bei Kindern. Die Ursache des Clusters ist bisher nicht wissenschaftlich stichhaltig nachgewiesen worden...


Aus: "Leukämiecluster Elbmarsch" (Wikipedia 12/2006)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Leuk%C3%A4miecluster_Elbmarsch (http://de.wikipedia.org/wiki/Leuk%C3%A4miecluster_Elbmarsch)

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QuoteRisikogebiet Elbmarsch. Seit Ende der 80er Jahre erkranken dort statistisch gesehen mehr Kinder an Leukämie als irgendwo sonst auf der Welt. Von offizieller Seite gibt es dazu keine Erklärung. Am Nordufer der Elbe stehen in Sichtweite das KKW Krümmel und das Kernforschungszentrum GKSS. Die Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch e.V., die Gesellschaft für Strahlenschutz e.V. und die IPPNW haben nun eine Dokumentation veröffentlicht: Eine Kette von Indizien weist auf ein radioaktives Ereignis am 12. September 1986 hin.

An diesem Tag wurde nachweislich eine erhöhte Radioaktivität auf dem Gelände des Kernkraftwerks Krümmel registriert. Die Aufsichtsbehörde behauptete damals, es habe sich dabei um das natürlich vorkommende Edelgas Radon gehandelt, dass sich aufgrund einer besonderen Wetterlage aufgestaut habe. Es sei dann vom Kraftwerk angesogen worden und habe dort die erhöhten Messwerte verursacht. Die Autoren der Dokumentation zeigen, dass das aus physikalischen und meteorologischen Gründen nicht möglich ist und eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit darstellt.

»Das ist kein Streit unter Wissenschaftlern, sondern ein Kriminalfall«, sagte Uwe Harden, Sprecher der Bürgerinitiative auf einer Pressekonferenz, bei der die Dokumentation »Elbmarsch - Stationen einer Aufklärung« präsentiert wurde. »Wir wissen schon sehr viel, aber meist nur aus dritter oder vierter Hand«, so Harden. Die Bürgerinitiative sucht nun Augenzeugen für den möglichen Atomunfall am 12. September 1986. »Wir hoffen auf einen Aufklärungsschub«, sagte Professor Dr. Inge Schmitz-Feuerhake, Mitglied der ehemaligen Leukämiekommission der schleswig-holsteinischen Landesregierung.

2004 trat die Mehrheit der schleswig-holsteinischen Leukämiekommission unter Protest zurück. Auf der Pressekonferenz stellte der damalige Vorsitzende der Kommission Professor Dr. Otmar Wassermann fest: »Es wurde alles getan, um unsere Arbeit zu behindern. Dabei reißt die Serie der Erkrankungen nicht ab.«

In diesem Jahr sind in den Samtgemeinden Bardowick und Scharnebeck, 5-10 km von den Atomanlagen in Gessthacht entfernt, zwei Kinder an Leukämie erkrankt. Auch in der Stadt Winsen erkrankten zwei 15-jährige Kinder an Leukämie. Winsen liegt etwas mehr als 10 km vom Atomkraftwerk Krümmel entfernt. Für viele Menschen in der Region stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß ihre Kinder und Jugendlichen immer noch bedroht sind. »Diese Frage können wir nicht abschließend beantworten. Es bleibt eine Unsicherheit«, sagt Dr. Hayo Dieckmann Leiter des Gesundheitsamts im Landkreis Lüneburg und IPPNW-Mitglied. Man könnte sehr viel besser einschätzen, mit welchen Schäden noch zu rechnen ist und welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden müßten, wenn die verantwortlichen Stellen endlich ihr Schweigen brechen und erzählen würden, was im September 1986 wenige Monate nach der Tschernobylkatastrophe passiert ist.

In der vorgestellten Dokumentation wird die Strahlenbelastung der Bevölkerung infolge des Unfalls rekonstruiert. Schon das radioaktive Thorium allein, das in der Elbmarsch mehrfach nachgewiesen wurde, reicht aus, die Leukämieerkrankungen in der Elbmarsch zu erklären. Thorium wurde als Kontrastmittel (Thorotrast) in der Röngendiagnostik lange eingesetzt, bis man auf die Nebenwirkung aufmerksam wurde: Leukämie.
Die Autoren der Dokumentation unterstützen die Landesabgeordneten in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die sich für eine umfassende und transparente Aufklärung der Leukämiefälle einsetzen.

Aus: "Was geschah am 12.9.1986?" (IPPNW-Presseinformation vom 21. Dezember 2006)
Quelle: http://www.ippnw.de/article/061221_Elbmarschleukaemien.html?swip=59d0c7f6d40ae9efa700ae82bdf66c6b (http://www.ippnw.de/article/061221_Elbmarschleukaemien.html?swip=59d0c7f6d40ae9efa700ae82bdf66c6b)

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Quote[...] In der unmittelbaren Umgebung der kerntechnischen Anlagen bei Geesthacht an der Elbe
(Kernkraftwerk Krümmel und GKSS-Forschungszentrum) trat in den Jahren 1990/91 ein abrupter
Anstieg der Leukämiefälle bei Kindern auf. Bis in die Gegenwart ist das Leukämievorkommen
dort dreifach erhöht geblieben.
Dennoch erklärten die zuständigen Minister der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen
die Aufklärungsbemühungen und die Tätigkeit der jeweils eingesetzten Leukämiekommissionen
im Jahr 2004 für beendet. Sie behaupteten, dass sich kein Hinweis auf einen
Zusammenhang mit Radioaktivität ergeben habe und sich für das Phänomen derzeit keine
Erklärung finden lasse.
Die Mitglieder der schleswig-hosteinischen Leukämiekommission sahen das mehrheitlich
anders, traten unter Protest aus der Kommission aus und veröffentlichten einen Abschlussbericht,
in dem sie einen kerntechnischen Unfall im Jahre 1986 als Ursache für die
Erkrankungen beschrieben (Wa04). Sie hatten radioaktive Kernbrennstoffe, Spaltprodukte
und andere Folgeprodukte von Kernreaktorprozessen in der Umgebung aufgefunden. Für etwa
12 Stunden musste die Konzentration der radioaktiven Stoffe in der Luft mehr als das 400-
fache der Tschernobylkonzentration in Norddeutschland betragen haben...


Aus: "Die Elbmarschleukämien - Stationen einer Aufklärung (Dokumentation)" - Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch e.V. Gesellschaft für Strahlenschutz e.V. IPPNW – Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (Marschacht im Dezember 2006)
Querlle: http://www.ippnw.de/stepone/data/downloads/7d/00/00/ElbmarschDokumentation2.8MB.pdf (http://www.ippnw.de/stepone/data/downloads/7d/00/00/ElbmarschDokumentation2.8MB.pdf)

Title: [Verunglückt und in einen Fluss gefallen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 24, 2007, 11:47:07 AM
Quote[...] Im US-Bundesstaat Oklahoma suchen die Behörden fieberhaft nach einem verschwundenen Lkw mit radioaktivem Material. Nach Angaben des Senders CBS war der Lkw am Sonntag auf eisglatter Straße verunglückt und in einen Fluss gefallen. Das Fahrzeug sei von den Wassermassen mitgerissen worden und bislang nicht wiedergefunden worden. Ein Polizist sagte dem Sender, das radioaktive Material bereite den Einsatzkräften Sorge. In der Region toben seit Tagen schwere Schneestürme.



Aus: "Lkw mit radioaktiver Ladung in den USA vermisst" (MDR INFO; 22. Januar 2007)
Quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/4037123.html (http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/4037123.html)
Title: [Grob gepeilt, eine Million Jahre... (Gorleben)]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 29, 2007, 04:06:27 PM
Quote[...] Seit 1977 gilt Gorleben als aussichtsreichster Ort für ein Atom-Endlager. Tief unter der Erde soll hier im Salz der gefährlichste Müll des Landes gelagert werden, hochradioaktiv, wärmeentwickelnd. Angefallen in Kernkraftwerken und strahlend für, grob gepeilt, eine Million Jahre.

Die große Koalition will bald entscheiden, wie und wo der deutsche Atommüll enden soll, an diesem Montag will sich erstmals der Koalitionsausschuss ernsthaft damit befassen. Es ist die vielleicht weitreichendste Entscheidung, die diese Regierung zu fällen hat. Das Thema ist heikel.

[...] "Erkundung", das steht im Wörterbuch als Synonym für "Auskundschaftung", "Frage", "Nachforschung". Aber in Gorleben stand es immer für mehr, und genau da beginnt das Problem.

Gorleben sollte das perfekte Endlager werden. Ein Salzstock, durch kein Loch versehrt, jungfräulich. Deswegen bohrten die Ingenieure hier gar nicht erst Probelöcher, sie schufen gleich zwei Schächte. Sie trieben sie nicht nur bis zu jenem Niveau ins Salz, das sie erforschen wollten, sondern gleich noch ein paar Meter tiefer.

Dahin, wo irgendwann der Atommüll lagern soll. Und sie bauten auch die Stollen gleich groß genug, um das ganze Endlager darüber ausheben zu können. Erkundung hieß in Gorleben immer auch Ausbau.

Hinter den Bautrupps standen die Energiekonzerne, die endlich beweisen wollten, dass sie Radioaktivität auch wieder aus der Welt bringen können. Oder zumindest aus deren Sichtweite. Die Menschen in der Umgebung aber erfuhren nur das Nötigste.

[...] Bauern reagieren besonders empfindlich auf das Endlager, auf Radionuklide, die durch das Salz emporsteigen und Äcker und Grundwasser verseuchen könnten - auch wenn das als unwahrscheinlich gilt. Nur diffuse Ängste erklären, dass eine Mittfünfzigerin, die auf Holzregalen Porzellan sammelt, sich aus Protest gegen Castor-Transporte an Gleise kettet. Frau Tietke sagt aber auch: "Am meisten bringt uns auf die Palme, dass jede Regierung das nur wieder aussitzt."

Jetzt, 30 Jahre nach der Festlegung auf Gorleben, werden in Berlin wieder eifrig Papiere verfasst. Die Vergangenheit habe gezeigt, schreibt etwa das Bundesumweltministerium, "dass der Prozess immer wieder ins Stocken geriet, weil es bisher an einem übergreifenden Konsens, auf welche Weise ein Endlagerstandort bestimmt werden soll, gefehlt hat."

Eine letzte große Suche, findet zumindest Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), soll noch einmal klären, ob Gorleben nun der beste Endlager-Ort der Republik ist oder nicht. Für andere, etwa seinen Gegenspieler Michael Glos (CSU) im Wirtschaftsministerium, ist das schon längst klar. Es gebe keine gegen Gorleben sprechenden Gründe, folglich müsse bald weiter "erkundet" werden. "Neue gesetzliche Regelungen oder Gesetzesänderungen sind also nicht erforderlich", schreiben Experten des Ministeriums, im Gegenteil: "Sie tragen die Gefahr der Verschlechterung der Rechtslage in sich."

Wohl wahr. Die Rechtslage in Gorleben ist gut, zumindest aus Sicht seiner Befürworter. Erschlossen nach älterem Bergrecht, kommt der Salzstock derzeit ohne Umweltverträglichkeitsprüfung aus. Die öffentliche Beteiligung an dem Projekt beschränkt sich auf die jährlich wiederkehrende Demonstration, wenn wieder ein Castor-Transport im Zwischenlager Gorleben ankommt, genau gegenüber dem Erkundungsbergwerk.

Tief im Wald, auf dem Weg von Gorleben nach Gedelitz, lagert dort in blechverkleideten Hallen, was von der Wiederaufarbeitung deutscher Brennstäbe übriggeblieben ist. Die nuklearen Reste hätten es nicht mehr weit ins unterirdische Endlager, kürzer als vom Reichstag ins Kanzleramt, einmal über die Straße. Sind die Demonstranten nicht da, wirken die Endlagervorbereitungen unendlich weit weg. Wachleute schauen gelangweilt auf Dutzende Bildschirme, auf denen doch nie etwas passiert. Und wie zur Nachhilfe hängt auf dem Klo eine Deutschland-Karte der Kernkraft, mit allen Reaktoren. Das Dorf Gorleben, 875 Einwohner, ist darauf besonders groß.

[...] Viele Senioren haben ihr Ferienhaus in Gorleben zum Erstwohnsitz gemacht, so schön ist es hier. Und wer das Endlager nicht sehen will, der schaut weg. Es scheint Lichtjahre entfernt.

Aber das ist eben nur ein Teil der Wahrheit über Gorleben. Den anderen hat Asta von Oppen gesammelt, in ihrem Gorleben-Archiv. Ratsunterlagen, Zeitungsausschnitte, Dokumente aus 30 Jahren Widerstand. Sie sagt, ihr Archiv sei auch ein Archiv der Lügen und Bestechlichkeiten, der gekauften Kommunalpolitiker und Wissenschaftler.

Ein eigenes Buch gibt es darüber, das heißt "Es wird wie ein Lügenhaus zusammenbrechen". Einen ganzen Stapel Exemplare fährt Oppen immer in ihrem blauen VW-Bus spazieren, für den Fall, dass sich jemand für die jüngere Geschichte Gorlebens interessiert. "Gorleben ist verbrannte Erde", sagt Oppen, "mit Lügen und Betrügereien von Anfang an." Das Misstrauen klebt am Ort wie ein Schatten.

Die Lage ist ausweglos. Vielleicht gibt es ja solche Zufälle, ist ja das politisch ausgewählte Gorleben auch wissenschaftlich im ganzen Land der beste Ort. Aber wer wird es glauben? Wer wird glauben, dass eine Entscheidung für Gorleben nicht allein dazu dient, die 1,3 Milliarden Euro zu retten, die Energiekonzerne hier investiert haben? Gorleben ja oder nein, das ist längst keine Frage der Wissenschaft mehr. Es ist Glaubensfrage und ewige Zweifelsfrage zur gleichen Zeit. Gewiss ist nur eins: Irgendwohin muss er - der deutsche Müll.


Aus: "Endlager Gorleben: Ein Stollen für die Ewigkeit" Von Michael Bauchmüller (SZ vom 29.1.2007)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,wm4/wissen/artikel/739/99640/ (http://www.sueddeutsche.de/,wm4/wissen/artikel/739/99640/)

Title: [Ein Fehler im automatischen Reaktorschutzsystem...]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 30, 2007, 09:38:43 AM
Quote[...] Moskau - Bisher ist noch nicht bekannt, was genau im Atomkraftwerk Balakowskaja geschehen ist. Der Zivilschutz teilte lediglich mit, dass auf dem Gelände des Reaktors in der Nähe der Stadt Saratow keine erhöhten Strahlenwerte gemessen worden seien, berichtet die Agentur Itar-Tass heute. Nach ersten Erkenntnissen soll ein Fehler im automatischen Reaktorschutzsystem bemerkt worden sein. Der Vorfall werde nun untersucht. Das Atomkraftwerk liegt rund 800 Kilometer südlich von Moskau.


Aus: "RUSSLAND: Störfall im Atomkraftwerk" (30. Januar 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,463043,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,463043,00.html)

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Quote[...] Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte Vertreter des Katastrophenschutzministeriums mit den Worten, das Niveau der Radioaktivität sei normal. Der Vorfall werde untersucht. Das Werk liegt in der Gegend um Saratow an der Wolga.

Bereits im November 2004 kam es in Balakowskaja zu einem Störfall. Geschäfte der Stadt rieten damals ihren Mitarbeitern, zu Hause zu bleiben. Die Umweltorganisation in Russland befürchtete ein Leck. Nach Angaben des Betreibers Rosatomenergo hatte es sich nur um eine leichte Störung gehandelt. Es habe keine erhöhte Radioaktivität gegeben, eine Gefährdung sei auszuschließen, teilte die russische Atomagentur mit.

Beim Reaktorunglück von Tschernobyl im April 1986 in der Ukraine wiegelten die Behörden lange Zeit ab und verharmlosten den Gau.


Aus: "Reaktor abgeschaltet: Problem in russischem AKW" (30. Januar 2007)
Quelle: http://www.n-tv.de/759655.html (http://www.n-tv.de/759655.html)

Title: [22 Minuten lang war die Lage außer Kontrolle... (AKW Forsmark)]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 31, 2007, 11:54:16 AM
Quote[...] Betrunkenes Personal, eine laxe Einstellung zur Sicherheit und unzählige Zwischenfälle mit "potenziell" tödlichen Folgen - solche Vorwürfe hätten die Schweden eher im Zusammenhang mit Atomkraftwerken (AKW) in Russland oder Bulgarien erwartet. Doch die vernichtende Kritik betrifft das schwedische AKW Forsmark - und sie kommt nicht von rabiaten Atomkraftgegnern, sondern von den eigenen Technikern der Anlage in einem internen Rapport.

Die Leitung des Kraftwerks, das zum Vattenfall-Konzern gehört, hielt den Bericht drei Monate lang unter Verschluss, nun wurde er dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender SVT zugespielt. "Wir können nicht ständig Glück haben", warnen die Autoren. "Früher oder später kommt es zu einem ernsthaften Unglück."

Im Juli 2006 hatte ein Kurzschluss bei Wartungsarbeiten im Reaktor 1 von Forsmark den bisher schwersten Unfall in einem schwedischen AKW ausgelöst. Zwei der vier Notstromaggregate sprangen nicht an, die Bildschirme im Kontrollraum fielen aus, 22 Minuten lang war die Lage außer Kontrolle.

Dass der Stromausfall mehrere Sicherheitssysteme gleichzeitig außer Kraft setzte, wurde bei der anschließenden Prüfung als besonders gravierend bezeichnet. Die Kernkraftinspektion SKI hat nun Anzeige gegen die AKW-Leitung erstattet, weil diese den Reaktor nicht sofort stoppte, sondern erst am folgenden Tag herunterfuhr.

Doch der Zwischenfall sei nur der "Höhepunkt des Verfalls der Sicherheitskultur" in Forsmark gewesen, heißt es in dem internen Bericht. Seit längerem werde die Sicherheit zu Gunsten höherer Produktion vernachlässigt. Erst im November hatte SKI moniert, dass die Reaktoren nach ihrem Neustart mit zu hoher Leistung betrieben wurden.

Die Forsmark-Techniker sprechen von "inakzeptablen Qualitätsmängeln" und einer "immer weitläufigeren Deutung" der Sicherheitsregeln. Fehler wie leckende Ventile oder falsch gekoppelte Kabel würden nicht weitergemeldet, und man ziehe nicht die notwendigen Schlüsse. Bei der Renovierung des zweiten Reaktors habe es mehrere Unfälle gegeben, die Todesopfer zur Folge hätten haben können. Bei der Stichprobenkontrolle von 25 Arbeitern seien drei betrunken gewesen.

Insgesamt listet der Rapport 22 Unglücksfälle und 68 mindere Zwischenfälle in der jüngsten Vergangenheit auf. "Viel schlimmer kann es nicht mehr werden", sagt Björn Karlsson, der Vorsitzende des Ausschusses für Reaktorsicherheit.

Forsmarks Aufsichtsratschef Göran Lundgren räumt ein, dass der "Fokus auf die Sicherheit unterhöhlt" worden sei: "Wenn alles jahrelang so gut läuft, ist man nicht mehr so wachsam." Er bestreitet jedoch ernsthafte Probleme. Die Grenze, ab der etwas als Zwischenfall eingestuft werde, sei in Schweden sehr niedrig. Forsmark habe nicht versucht, die Kritik der eigenen Mitarbeiter zu vertuschen.



Aus: "Interner Rapport: Betrunkene Arbeiter und undichte Ventile im AKW Forsmark" VON HANNES GAMILLSCHEG (30.01.2007)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=5fece5152e602a7b6f1ecce42050d46f&em_cnt=1062631 (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=5fece5152e602a7b6f1ecce42050d46f&em_cnt=1062631)

Title: [Wenn das nicht dicht ist...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 04, 2007, 01:59:59 PM
Quote[...] Die angesprochene Gummidichtung, erklärte Anders Jörle, Sprecher der Atomaufsicht SKI, sei im Falle eines Störfalles von entscheidender Wichtigkeit. "Wenn das nicht dicht ist funktioniert das Sicherheitssystem des Reaktors nicht richtig. Wenn ein richtiger Störfall auftritt, wird der Fluss von Wasserdampf zum Reaktor unter anderem über diese Dichtung reguliert. Wenn das nicht funktioniert, hat man weniger Eingriffsmöglichkeiten, ein mögliches Desaster zu verhindern."

Jörles Vorgesetzter, SKI-Chef Anders Bredfell, fasste den Vorfall noch knapper zusammen: "Das ist nichts ernstes. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Reaktor abgeschaltet wird." Die beanstandete ist eine von drei Gummidichtungen, die an der Dampfdruck-Regulierung beteiligt sind.

Im Juli vergangenen Jahres hatte es in Forsmark einen schweren Störfall gegeben, als nach einem Elektrizitätsausfall auch die Notstromversorgung nur schleppend angelaufen war. Nach Angaben von Experten wurde eine Katastrophe - ein Schmelzen des Reaktorkerns - nur knapp vermieden.


Aus: "SICHERHEITSPROBLEME: Neuer Zwischenfall in schwedischem Pannen-Reaktor" (pat/AFP/AP; SPON; 03. Februar 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,464127,00.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,464127,00.html)

Title: [wie es in den anderen Atomkraftwerken aussieht...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2007, 11:01:06 AM
Quote[...] Sogar der Spitze beim schwedischen Vattenfall-Konzern hat die endlose und auch für Fachleute beängstigende Pannenserie im Atomkraftwerk Forsmark die Sprache verschlagen. "Ich hatte so etwas nicht für möglich gehalten. Als mir klar wurde, was da passiert ist, wurde ich erst einmal völlig still", kommentierte Aufsichtsratschef Dag Klackenberg am Wochenende im TV-Sender SVT, was der auch in Deutschland aktive Konzern gerade selbst als neuen Sicherheits-Skandal enthüllt hatte.

[...] Vorausgegangen waren immer neue Skandalmeldungen aus dem 190 Kilometer nördlich von Stockholm gelegenen Kraftwerk mit drei Reaktoren. Josefsson selbst nennt den Störfall vom 25. Juli 2006 "sehr ernst". Nach einem Stromausfall sprangen damals Notaggregate zur Reaktorkühlung nicht an und im Kontrollraum fielen die Überwachungscomputer aus. Zwei der drei Techniker aus dem Kontrollraum berichteten anonym im Fernsehen von "einer ausgesprochen dramatischen Lage" bei dem Störfall.

Was folgte, trug nicht zur Beruhigung bei: Es gab Kritik von Mitarbeitern aus Forsmark an einem "Verfall der Sicherheitskultur" und an "immer höherer Risikobereitschaft" wegen wirtschaftlicher Zwänge, es gab Berichte über alkoholisierte Mitarbeiter und hohe Unfallhäufigkeit, die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen Verzögerung des Reaktorstopps am 25. Juli ein. "Wenn alles funktioniert hätte, hätte ich gewusst, was zu tun war. Aber wir hatten keinen Strom, und die Computer liefen nicht. Es ist ja gut gegangen", berichtete ein Techniker anonym von den kritischen Minuten im Kontrollraum.

"Klar macht mir so etwas auch Angst", sagte Björn Karlsson, Chef des schwedischen Kontrollrates für Reaktorsicherheit. Umweltminister Andreas Carlgren ist grundsätzlicher ins Grübeln gekommen: "Wenn sich die Zustände in Forsmark ständig als schlechter erweisen, als vom Betreiber selbst behauptet, muss man sich fragen, wie es in den anderen Atomkraftwerken aussieht."


Aus: "Forsmark-Skandal: Wenn das Unmögliche passiert" (Sonntag, 11. Februar 2007)
Quelle: http://www.n-tv.de/764943.html (http://www.n-tv.de/764943.html)

Title: ["Mängel bei routinemäßigen vorbeugenden Kontrollen und Tests"...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 15, 2007, 10:48:49 AM
Quote[...] Der Störfall Ende Juli im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark zieht immer größere Kreise. Nachdem in einem Untersuchungspapier die schlampige Sicherheitskultur bemängelt wurde (das Abendblatt berichtete), gibt es nun weitere Ungereimtheiten über die ausgetretene Radioaktivität. Außerdem rücken der Vattenfall-Konzern als Betreiber und die schwedische Strahlenschutzbehörde SKI in den Blickpunkt. Sie hatten in der vergangenen Woche beim überraschenden Rücktritt des Kraftwerkschefs Lars Fagerberg noch einmal verkündet, der gesamte Vorfall werde von der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO untersucht. Dort ist nach Abendblatt-Recherchen aber noch immer keine Anfrage aufgelaufen.

Das bestätigte IAEO-Sprecherin Danielle Dahlström. Der Direktor der IAEO-Abteilung für Sicherheit in der Nuklearinstallation, Aybars Gürpinar, hatte gegenüber dem Abendblatt versichert, noch immer nichts aus Schweden gehört zu haben. Der Hamburger Vattenfall-Sprecher Ivo Banek sagte: "Nach unseren Erkenntnissen ist die Anfrage bei der IAEO eine Initiative der schwedischen Atomaufsicht SKI." Es gehe auch um die anderen Kraftwerke in Schweden.

Die Stockholmer Zeitschrift "Ny Teknik" berichtete, in Forsmark seien seit 2004 drei- bis viermal höhere Mengen an radioaktiven Substanzen wie Strontium 90 und Cäsium 137 ausgetreten als bisher vom Betreiber angegeben. Kurz nach Bekanntwerden der neuen Sicherheitsmängel untersagte die Atomaufsicht SKI den jetzt geplanten Neustart des Reaktors 2 in Forsmark. Die Behörde begründete ihre Entscheidung mit den Untersuchungsergebnissen eigener Experten. Dabei hätten sich "Mängel bei routinemäßigen vorbeugenden Kontrollen und Tests" gezeigt.

Wie "Ny Teknik" berichtete, seien aufgrund defekter Kontrollinstrumente in der Vergangenheit fehlerhafte, zu geringe radioaktive Werte gemessen worden. Die nun ermittelten Werte hätten sich allerdings noch im erlaubten Bereich bewegt. Ein Sprecher der SKI in Stockholm nannte es im Rundfunk beunruhigend, dass "dies über eine derart lange Zeit passieren konnte".

[...] Der frühere Konstrukteur von Forsmark und jetzige Atomkritiker Lars-Olov Höglund nannte diesen Defekt an der Gummidichtung besorgniserregend. Er kritisierte die Informationspolitik von Betreiber und Strahlenschutzbehörde: "Die sind entweder inkompetent oder haben absichtliche Falschinformationen gegeben, um das zu verharmlosen."
ryb, dpa


Aus: "Schweden-Reaktor Neue Sicherheitsmängel im Kraftwerk Forsmark - Zu viel Radioaktivität ausgetreten" (15. Februar 2007 )
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2007/02/15/688908.html (http://www.abendblatt.de/daten/2007/02/15/688908.html)

Title: [So soll er sich auch erfolglos an die Polizei gewandt haben...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 01, 2007, 10:48:51 AM
Quote[...] Mysteriöser Fund im deutschen Bundesland Niedersachsen: Im einem Garten stellte das niedersächsische Umweltministerium knapp 110 Gramm angereichertes Uran sicher, wie es in Brennstäben deutscher Atomkraftwerke verwendet wird.

(sda/afp) Eine Gesundheitsgefahr sei vom Uran nicht ausgegangen, sagte Umweltminister Hans-Heinrich Sander am Mittwoch in Hannover. Nach Mitteilung der Experten seines Ministeriums sei das Uran «nicht waffenfähig».

Laut Sander löste der Gartenbesitzer die Suchaktion selbst mit einem handschriftlichen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel aus. Das Uran war nach Angaben der Fachleute des Ministeriums «fachmännisch in einem Stahlbehälter verpackt».
Ungeeignet für Bombenbau

Die sichergestellten 14 Pellets zu je 7,8 Gramm hatten einen Anreicherungsgrad von vier Prozent. Dies reicht für Reaktorbrennstoff aus. Für den Bau einer Atombombe ist dagegen eine Anreicherung von über 90 Prozent erforderlich. Kernbrennstoffe unterliegen strengen staatlichen und internationalen Kontrollen.

Die Pellets sollen nun untersucht werden. Sander zeigte sich sicher, dass «die Herkunft zweifelsfrei geklärt werden kann». Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Mysteriös ist der Fall auch deshalb, weil der Gartenbesitzer laut Sander in einem Zeitraum von zehn Jahren immer wieder versucht haben soll, Behörden auf das Uran in seinem Garten aufmerksam zu machen. So soll er sich auch erfolglos an die Polizei gewandt haben.


Aus: "Angereichertes Uran im Garten  eines Privatmannes: Merkwürdiger Fund in Niedersachsen" (28. Februar 2007, 20:49, NZZ Online)
Quelle: http://www.nzz.ch/2007/02/28/vm/newzzEYQ6JLFK-12.html (http://www.nzz.ch/2007/02/28/vm/newzzEYQ6JLFK-12.html)

Title: [Das Notkühlsystem im Block II... (Kernkraftwerk Philippsburg II)]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2007, 02:37:34 PM
Quote[...] Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte dem Blatt die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Reaktorleiter. Dem hätten das Amtsgericht und der Beschuldigte zugestimmt. Der Verteidiger des Ingenieurs sagte der Zeitung, damit sei kein Schuldeingeständnis verbunden.

Der ehemalige Reaktorchef war nach den Pannen als verantwortlicher Leiter des zweiten Reaktorblocks abgelöst worden. So war das Kraftwerk nach einer Revision wieder angefahren worden, obwohl das Notkühlsystem noch nicht vollständig zur Verfügung stand. Außerdem wurde bekannt, dass das Notkühlsystem im Block II fast 17 Jahre lang nicht korrekt befüllt worden war. Der Block II wurde deshalb am 8. Oktober 2001 abgeschaltet.

Die Ermittlungen waren 2001 durch eine Strafanzeige von Umweltschützern ausgelöst worden Der Karlsruher Energiekonzern EnBW als Betreiber von Phillipsburg wollte die Einstellung der Ermittlungen nicht kommentieren.

Im Herbst 2001 waren teilweise erhebliche Sicherheitspannen in Philippsburg, Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) und Obrigheim (Neckar-Odenwald-Kreis) bekannt geworden. Die EnBW hatte damals eingeräumt, dass Sicherheitsvorschriften mehrfach missachtet wurden.


Aus: "Stuttgart: Ex-AKW-Chef zahlt Geldbuße – Ermittlungen eingestellt" - Sechs Jahre nach einer Serie von Pannen im Kernkraftwerk Philippsburg II zahlt der ehemalige Reaktorleiter laut "Stuttgarter Zeitung" eine Geldbuße in fünfstelliger Höhe. Im Gegenzug habe die Staatsanwaltschaft Stuttgart ihre Ermittlungen eingestellt." (04.04.2007)
Quelle: http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=2075970/iax7g5/ (http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=2075970/iax7g5/)

Title: [Vertuschungsversuche, aber auch Opferbereitschaft...]
Post by: lemonhorse on April 21, 2007, 01:11:47 PM
Quote[...] Das Doku-Drama der BBC zeigt, was am 26. April 1986 in Tschernobyl wirklich passierte. Jahrelang wurden die wahren Ursachen des Reaktorunglücks, das zum Tod Tausender geführt und weite Landstriche verseucht hatte, von den sowjetischen Behörden vertuscht und verschwiegen. Was im Westen kaum bekannt ist: Nur durch den Opfertod Hunderter junger Soldaten konnten die Einsatzkräfte damals eine noch viel größere Katastrophe verhindern.


Inkompetenz der Behörden, Vertuschungsversuche, aber auch Opferbereitschaft sind gleichermaßen ein Kennzeichen der dramatischen Tage Ende April 1986 in Tschernobyl, genau geschildert in den Aufzeichnungen des sowjetischen Atomwissenschafters Valery Legasov.


Aus: "Atom-Katastrophe: Die Wahrheit über Tschernobyl" - Mit einem BBC-Dokudrama über die Atom-Katastrophe von Tschernobyl startet am Donnerstag die ORF-Reihe "Menschen & Mächte" (21.05 ORF 2; Wien, 19. April 2007)
Quelle: http://www.oe24.at/zeitung/wirtschaft/media/article126738.ece (http://www.oe24.at/zeitung/wirtschaft/media/article126738.ece)
Title: [Die Analyse der Proben aus Deutschland... (Elbmarsch)]
Post by: lemonhorse on April 23, 2007, 12:22:04 PM
Quote[...] Der Kernphysiker Professor Vladislav P. Mironov von der renommierten Internationalen Umweltuniversität in Minsk, der im niedersächsischen Landtag die Ergebnisse seiner Untersuchungen der Kügelchen vorstellte: "Ich habe bei der Analyse der Proben aus Deutschland radioaktives Material wie angereichertes Uran, Americium und Plutonium gefunden. Es handelt sich keinesfalls um Auswirkungen der Tschernobyl-Katastrophe, auch nicht um Folgen der überirdischen Atomtests. Es handelt sich hier eindeutig um Kernbrennstoff aus einem Reaktor, um Reaktorplutonium."

Der Vortrag des Wissenschaftlers Professor Mironov beeindruckte. Er habe, so Konrad Nabel, Mitglied des Landtags Schleswig-Holstein, "sehr deutlich gemacht hat, dass seine Daten stimmen, dass sie ordentlich erhoben wurden und dass Analysemethoden verwendet wurden, die auch international Standart sind." Dr. Bernd Grosche vom Bundesamt für Strahlenschutz sagte: "Das hat mich sehr beeindruckt, insbesondere diese ganze Bodenanalytik, dass man die in einem systematischen Weg noch mal durchführt, ich denke, das wäre sinnvoll."


Die Ursachenforschung ist wieder in Gang gesetzt . Neue Hoffnung für die Bürgerinitiative und die betroffenen Eltern, die sich nach der Anhörung trafen. Eine von ihnen ist Christa Rehr: "Ich habe meinem Sohn auf dem Sterbebett versprochen nicht aufzuhören und ich bin froh, dass es jetzt weitergeht".


Aus: "Leukämiefälle auf dem Prüfstand: Ursachenforschung im Landtag Hannover" (ML; 15.04.2007)
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,5264018,00.html (http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,5264018,00.html)
Title: [Störfall mit Freisetzung... (Elbmarsch)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 13, 2007, 08:45:49 PM
Quote[...] Schon zuvor hatte der Leiter der Reaktoraufsichtsbehörde in Kiel Kontakt mit dem Institutsleiter Brey aufgenommen. Offensichtlich wurde Druck auf das Frankfurter Institut ausgeübt, denn die staatliche Intervention zeigte Wirkung. Der Institutsleiter teilte der ZDF-Redaktion mit, wenn sie an einer Untersuchung dieser Kügelchen interessiert sei, sollte sie sich doch bitte an das BKA beziehungsweise die Polizei wenden. Die Brisanz der Problematik sei einfach zu hoch. Um sicher zu gehen, dass es nichts gibt, was es nicht geben darf, rang Institutsleiter Brey der ZDF-Redaktion eine Erklärung ab, dass die Kügelchen nicht Gegenstand der Sendung sein würden. Doch er begnügte sich nicht mit dieser Zusicherung, sondern sorgte dafür, dass das, was nicht gezeigt werden darf, auch nicht untersucht wurde. Nach dem Gespräch mit dem Ministerium "untersagte" Brey seinem Mitarbeiter, "die Kügelchen explizit zu untersuchen".

Die ZDF-Redakteurinnen wollten sich mit diesem manipulierten Ergebnis nicht abfinden. Sie konnten schließlich die Internationale Sacharov-Umwelt-Universität in Minsk gewinnen, die Bodenproben aus der Elbmarsch zu untersuchen. Das Gutachten präsentierte Professor Vladislav Mironov am 12. April auf einer Anhörung im niedersächsischen Landtag. Zahlreiche Wissenschaftler waren eingeladen, um die Ursachen für die massiven Leukämie-Erkrankungen zu klären. Mironov legte die Untersuchungsmethoden offen, mit denen er hochangereichertes Uran, Plutonium und Thorium nachgewiesen hatte und bestätigte an dieser Stelle, dass diese radioaktive Kontaminierung weder mit dem Fall-Out von Tschernobyl noch mit dem Normalbetrieb eines Atomkraftwerks erklärt werden kann.

Von höchster politischer Brisanz waren seine Ergänzungen, als er von dem Lüneburger Amtsarzt Hajo Dieckmann nach dem Verursacher gefragt wurde: "Ich verstehe Sie richtig, diese Konstellation von Isotopen, die Sie gefunden haben, kann nicht aus einem kommerziellen Reaktor stammen?" Mironov: "Richtig." - "Es kann also nur aus einem Forschungsreaktor stammen?" Woraufhin Mironov antwortete: "Nicht aus einem Leistungsreaktor mit Uran-Kernbrennstoff. Die in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in Westeuropa setzen Uran-Kernbrennstoff mit der Anreicherung bis vier Prozent ein. Hier haben wir es mit hohen Konzentrationen von Uran 235 zu tun. Das kann nur aus einem Brüter stammen, wo die Produktion dieses Isotops ein Ziel ist."

Keiner der zahlreich anwesenden Wissenschaftler bestritt diese Schlussfolgerung, genauso wenig wie die Feststellung, dass "nur durch einen Störfall mit Freisetzung ... die Präsenz solcher Nuklide in der Natur möglich" ist. Nur eine einzige atomare Anlage in einem Radius von 50 Kilometern um Geesthacht kommt für dieses "Störerprofil" in Frage. Die GKSS.


Aus: "Das Rätsel der Kügelchen" Von Wolf Wetzel (11.05.2007)
VERBOTENE EXPERIMENTE? - *Erneut bestätigt ein renommierter Wissenschaftler den Verdacht, dass ein schwerer Atomunfall in der Elbmarsch seit über 20 Jahren verschwiegen wird
[Das Protokoll der Anhörung ist einsehbar bei der BI gegen Leukämie in der Elbmarsch: www.biglie.de]
Quelle: http://www.freitag.de/2007/19/07190401.php (http://www.freitag.de/2007/19/07190401.php)

Title: [Überraschende Fragen... (Pilze und Radioaktive Strahlung)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 24, 2007, 04:13:38 PM
Quote[...] San Francisco (dpa) - Radioaktive Strahlung lässt einige Pilze besser wachsen. Wahrscheinlich nehmen sie die Energie der radioaktiven Strahlen auf und nutzen sie für den Stoffwechsel. Das berichten Forscher um Ekaterina Dadachova vom Albert Einstein College in New York im Journal «PLoS One» (online veröffentlicht).

Auf der Basis ihrer Resultate vermuten die Wissenschaftler, dass der in den Pilzen gebildete Farbstoff Melanin die Energie der radioaktiven Strahlung aufnimmt und auf Moleküle übertragen kann, die am Stoffwechsel der Pilze beteiligt sind. «Wir schlagen dies vorsichtig vor» und «dies wirft überraschende Fragen auf» - so lauten einige behutsame Formulierungen der Autoren.

Die Gruppe hatte durch das Melanin dunkel gefärbte Pilze untersucht, die im Inneren der Reaktor-Ruine von Tschernobyl wuchsen. Diese waren von einem Roboter entdeckt wurden, der das lebensgefährliche Areal erkundete. Ähnlich wie Pflanzen verschiedene Farbstoffe nutzen, um die Energie des Sonnenlichtes «einzufangen», könnten die Pilze durch Melanin einen Teil der Energie der radioaktiven Strahlen nutzen, erklärte Dadachova.

In ihren Experimenten setzten die Forscher die Pilze einer Strahlung aus, die 500 Mal höher war als die auf der Erde übliche Hintergrundstrahlung. Pilze, die den Farbstoff enthielten, wuchsen daraufhin besser als zuvor, heißt es in «PLoS One». Sie legten schneller an Gewicht zu und bildeten mehr Zellen.

Weitere Hinweise liefern Untersuchungen an den Melanin-Molekülen selbst: Nach der radioaktiven Bestrahlung konnte der Farbstoff eine Schlüsselverbindung des Stoffwechsels (NADH) vier Mal schneller verändern als nicht bestrahltes Melanin. Etwas ähnliches passiert in der Photosynthese: Eine so genannte Lichtfalle sammelt einen Teil des Lichtes und nutzt diese Energie zum Aufbau von Traubenzucker. Wahrscheinlich habe die Energie der radioaktiven Strahlung einen Einfluss auf die Elektronen im Melanin, heißt es in «PLoS One». Melanin ist auch in Hautzellen des Menschen vorhanden.


Aus: "Radioaktive Strahlung lässt Pilze besser wachsen" (23.05.2007)
Quelle: http://www.abendblatt.de/appl/newsticker2/index.php?channel=wis&module=dpa&id=14668534 (http://www.abendblatt.de/appl/newsticker2/index.php?channel=wis&module=dpa&id=14668534)
Title: [Nach dem Brand im Kernkraftwerk Krümmel... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 04, 2007, 11:13:48 AM
Quote[...] Kiel - Nach dem Brand im Kernkraftwerk Krümmel östlich von Hamburg suchen Experten weiter nach den Ursachen des Zwischenfalls. Mittlerweile steht aber fest: Auch auf den Reaktor selbst hat sich der Brand ausgewirkt. In einer kurzen Mitteilung berichtet das für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerium Schleswig-Holsteins in Kiel von "mehreren bei der Abschaltung des Reaktors aufgetretene Auffälligkeiten".

So haben die Gutachter von Behörden, Betreiber, TÜV Nord und Germanischem Lloyd dem Ministerium berichtet: Eine von mehreren Pumpen, die den Reaktor mit Wasser speisen, sei unplanmäßig ausgefallen. Ebenfalls seien zwei Sicherheits- und Entlastungsventile unplanmäßig geöffnet worden. Der Wasserfüllstand sowie der Druck im Reaktor seien daraufhin schnell abgefallen - konnte aber durch die Zuschaltung eines anderen Systems ausgeglichen werden.

"Trotz dieser Auffälligkeiten war die Sicherheit der Anlage gewährleistet", hieß es aus dem Ministerium. Der Kraftwerks-Betreiber Vattenfall hatte bislang erklärt, dass der Reaktor selbst nicht vom Feuer in Mitleidenschaft gezogen worden sei.

[...] Seit dem vergangenen Sonntag untersuchen Gutachter den Brandort in Krümmel. Erst am Montag konnten sie auch das Innere der Transformatorenhalle in Augenschein nehmen [...].. Die Experten stellten schwere Feuerschäden an dem in Flammen geratenen Transformator fest, sagte Ministeriums-Sprecher Oliver Breuer. "Dem ersten Anschein nach kann der defekte Trafo nicht mehr repariert werden und muss ersetzt werden." Nach seinen Angaben untersuchen Fachleute inzwischen auch einen zweiten - vom Feuer nicht direkt betroffenen - Transformator intensiv: "Es ist noch unklar, ob auch dieser Trafo möglicherweise beschädigt ist."

[...] Nach bisherigen Erkenntnissen hatte sich in einem Transformator des 1983 in Betrieb gegangenen Atomkraftwerks das zur Kühlung genutzte Öl entzündet. Der Reaktor war daraufhin heruntergefahren worden. Die genaue Ursache für diese Panne steht noch nicht fest. Vattenfall hatte einen Kurzschluss als Ursache für den Brand am vergangenen Donnerstag genannt.

[...] Das ebenfalls am Donnerstag vergangener Woche wegen einer Panne abgeschaltete Atomkraftwerk Brunsbüttel an der Unterelbe ist seit Sonntag wieder in Betrieb. Die zeitliche Nähe des Kurzschlusses in Brunsbüttel und des Brandes im rund 100 Kilometer entfernten Meiler Krümmel hatten für Spekulationen gesorgt, dass die Brunsbüttel-Abschaltung der Auslöser für den Krümmel-Brand gewesen sein.




Aus: "KRÜMMEL-BRAND: Trafo-Feuer wirkte sich doch auf Reaktor aus" (stx/amz/AFP/dpa/ddp; 04. Juli 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,492256,00.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,492256,00.html)

Title: [Rund 24.000 Jahre wird es dauern... (Tschernobyl, Schutzhülle)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 18, 2007, 12:51:37 PM
Quote[...] Rund 24.000 Jahre wird es dauern, bis das 1986 beim Reaktorunglück von Tschernobyl freigesetzte Plutonium die Hälfte seiner Radioaktivität verloren hat. Für die kommenden 100 Jahre wurden jetzt Weichen gestellt, damit keine weiteren radioaktiven Partikel aus den Überresten der geschmolzenen Reaktorkernmasse in die Atmosphäre austreten. Das französische Unternehmen Novarka unterzeichnete am heutigen Montag in Kiew einen Vertrag mit der ukrainischen Regierung über die Errichtung einer neuen Schutzhülle, die über den bisherigen Betonmantel gezogen wird. Die nach der Reaktorexplosion vor 21 Jahren provisorisch aufgebaute alte Schutzhülle ist den Angaben zufolge inzwischen an zahlreichen Stellen porös und droht einzustürzen. Der neue "Sarkophag" soll mehr als 257 Meter lang, 150 Meter breit und über 108 Meter hoch werden.

Das gut eine Milliarde Euro teure Projekt, das über den von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) verwalteten "Chernobyl Shelter Fund" finanziert wird, werde den Reaktor zu einem "ökologisch ungefährlichen" Objekt machen, erklärte der stellvertretende Leiter des Sekretariats des ukrainischen Präsidenten, Alexander Tschaly. Novarka – ein Konsortium unter französischer Leitung, dem die Konzerne VINCI, Bouygues (beide Frankreich), Nukem (Deutschland/Großbritannien), Hochtief (Deutschland) sowie einige ukrainische Firmen angehören – setzte sich im Wettstreit um den Zuschlag für den "Shelter Implementation Plan" gegen den US-amerikanischen Konkurrenten CH2M Hill durch.

Die Bogenkonstruktion für Tschernobyl soll zunächst in sicherem Abstand zu der strahlenden Ruine aufgebaut und dann auf Schienen zum einstigen Block 4 des Kernkraftwerks gerollt werden. Die Fertigstellung ist für Ende 2011 geplant. Darüber hinaus schloss die Ukraine einen Vertrag mit dem US-Konzern Holtec International zur Umlagerung von radioaktivem Abfall aus den anderen drei Tschernobyl-Blöcken, die teilweise noch bis in das Jahr 2000 aktiv waren. Die rund 22.000 bisher in Tiefwasserbecken gelagerten Brennelemente sollen in Containern verkapselt und auf dem Kraftwerksgelände deponiert werden. (pmz/c't)

Quote17. September 2007 18:43
24000 Jahre ist die _Halbwertszeit_ (half-life). Das Zeug ist dann immer noch
Norbert (381 Beiträge seit 22.01.00)


radioaktiv.

Rechenaufgabe:

Wenn eine Schutzhülle 100 Jahre hält und
1 Milliarde kostet, wieviel kostet dann
der Strahlenschutz für die restlichen
100 000 Jahre in denen das Zeug radioaktiv ist ?

[...]



Aus: "Tschernobyl wird neu eingesargt" (17.09.2007)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/96112 (http://www.heise.de/newsticker/meldung/96112)

Title: [der Unfall in Majak... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 18, 2007, 01:25:48 PM
Quote[...] Aufgrund der umfangreichen Medienberichterstattung über den Reaktorbrand in Tschernobyl und der jahrzehntelangen strengen Geheimhaltung des Majak-Unfalls wird die Reaktorkatastrophe von 1986 auch heute noch von vielen als gravierendster Nuklearunfall gesehen. Auch weil die Kontamination sich regional auf den Ural beschränkte und daher keine messbaren Effekte durch radioaktiven Niederschlag in Westeuropa feststellbar waren, war der Unfall in Majak der Weltöffentlichkeit bis vor wenigen Jahren unbekannt. Mehr Informationen wurden erst mit der politischen Öffnung der Sowjetunion in den 80er Jahren durch Gorbatschow verfügbar.


Aus: "Majak" (09/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Majak (http://de.wikipedia.org/wiki/Majak)
Title: [Ich schlug Alarm, aber es passierte nichts... (Notiz, BRD, Elbmarsch)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 18, 2007, 12:41:42 PM
Quote[...]  Eine Studie bestätigte das, was die Anwohner der Unterelbe seit Langem glauben. Mit zunehmender Nähe zu Kernkraftwerken erhöht sich das Krebsrisiko für Kinder. Rund um das KKW Krümmel gibt es eine weltweit einzigartige Häufung von Leukämiefällen bei Kindern
Es ist kein guter Tag für Familie Brosowski. "Rambo hatte Pflanzen, so Gewächse im Bauch, und jetzt ist er tot!", sagt die sechsjährige Johanna. Am Mittag wurde ihr Kater eingeschläfert, weil er mehrere Tumore hatte. Die Brosowskis leben in Marschacht, eine halbe Stunde östlich von Hamburg, direkt an der Elbe. Eigentlich ist das eine herrliche Wohngegend. Wären da nicht das Forschungszentrum Geesthacht, das einen atomaren Forschungsreaktor betreibt, und das Kernkraftwerk Krümmel, die direkt nebeneinander auf der anderen Seite des Flusses liegen.
Der graue Kasten mit dem langen Schlot steht etwa 1500 Meter Luftlinie vom Haus der Brosowskis entfernt. Johanna erzählt, er werde nachts angestrahlt und sehe schön aus, weil sich das Licht im Wasser spiegele. Es gibt nicht viele Bewohner der Gegend, die das Kernkraftwerk mögen. Einige sind weggezogen. Die, die geblieben sind, sind sich einig in ihrer Forderung, das KKW schnellstmöglich abzuschalten. Eine Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters Mainz bestätigte nun das, was die Bewohner der Elbmarsch seit Langem glauben. Mit zunehmender Nähe zu Kernkraftwerken erhöht sich das Risiko für Kleinkinder, an Krebs und Leukämie zu erkranken. "Man hofft natürlich immer, dass es bei den eigenen Kindern nicht passiert", sagt Johannas Mutter Sabine Brosowski. "Aber es bleibt ein Unbehagen." Wegzuziehen käme für die Familie trotzdem nicht infrage. "Wir waren zuerst da, fortzulaufen ist nicht unser Ding."
1983 ging das Kernkraftwerk Krümmel ans Netz. Seit 1990 sind in der Elbmarsch 18 Kinder an Leukämie erkrankt, dreimal so viele, wie statistisch zu erwarten gewesen wären. In der Gegend rund um Krümmel gibt es das, was Mediziner ein "Leukämie-Cluster" nennen. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine solche Häufung von Blutkrebserkrankungen wie in der Samtgemeinde im Urstromtal der Elbe, in einem nur wenige Quadratkilometer großen Gebiet zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Vier der erkrankten Kinder sind mittlerweile gestorben.
Die jüngste Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) rief Erstaunen hervor. Noch vor wenigen Jahren hatte das Amt einen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen von Kindern und der Nähe zu Kernkraftwerken "definitiv ausgeschlossen". Auf Betreiben der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges hatte das BfS im folgenden Jahr erneut eine Studie in Auftrag gegeben. Diesmal wurde eine präzisere Methode zugrunde gelegt. Die neuen Ergebnisse belegen nun die Zusammenhänge. Ursachen zeigen sie aber nicht auf. Was die Erkrankung letztlich auslöst, bleibt offen.
Heftig wird die Studie seitdem unter Politikern diskutiert, und die Debatte über die Stilllegung von Kernkraftwerken ist von Neuem entfacht. Umweltminister Sigmar Gabriel wiegelt ab: "Die Strahlenbelastung der Bevölkerung müsste um mindestens das Tausendfache höher sein, um den beobachteten Anstieg des Krebsrisikos erklären zu können." Und das BfS, im Auftrag des Bundes für die Zulassung der deutschen Kernkraftwerke verantwortlich, stellte klar, dass die Studie keinen Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Betrieb einer Kernanlage und den erhöhten Leukämiefällen darstellt. "Es gibt Hinweise auf Zusammenhänge, aber keine Beweise", sagt Präsident Wolfram König.
"Lächerlich" nennt Eberhard Forkel das. "Wer will denn den Zusammenhang zwischen den erkrankten Kindern und dem Atomkraftwerk jetzt noch ernsthaft in Zweifel ziehen?" Zehn Jahre lang hatte der Allgemeinmediziner aus der Elbmarsch keinen einzigen Fall von Kinderleukämie in seiner Praxis. 1990 hatte er plötzlich fünf Kinder in Behandlung, die an Blutkrebs erkrankt waren. Die dreijährige Janne hatte stecknadelkopfgroße blaue Flecken auf dem Rücken. Eine Blutuntersuchung brachte dieselbe Diagnose wie bei Jens, 3 Jahre, Monika, 7 Jahre, Nicole, ein Jahr, und Leon, 9 Jahre, der drei Monate später starb: Leukämie.
Forkel meldete die seltsame Häufung der Fälle der Gesundheitsbehörde. "Ich schlug Alarm, aber es passierte nichts", sagt Forkel. Nur zögerlich wurde eine Untersuchungskommission eingerichtet. In den darauffolgenden Jahren stritten sich Mediziner, Wissenschaftler und Politiker um Gutachten und Gegengutachten. Nach vergeblicher Ursachenforschung löste sich 2004 die Leukämie-Kommission auf. Sechs der acht Wissenschaftler legten ihre Ämter unter Protest nieder. "Es wurde alles getan, um unsere Arbeit zu behindern", sagte der Vorsitzende Professor Ottmar Wassermann. Insbesondere bei der Kieler Landesregierung sei die Kommission über Jahre auf eine Mauer des Schweigens und der Ablehnung gestoßen.
Die Bürgerinitiative gegen "Leukämie in der Elbmarsch" engagierte den Experten für Plutonium-Bestimmung Wladislaw Mironow von der Universität Minsk. In den Bodenproben rund um Krümmel fand er winzige Kügelchen, die eine tödliche Wirkung haben können: Sie enthalten Uran aus Wiederaufbereitungsanlagen. Auf die Frage, wie eine solche Verseuchung zustande kommen kann, antwortete Mironow: "Das sollten sie versuchen in Deutschland zu klären."

...


Aus: "Sorge um die Kinder in der Elbmarsch" Von Freia Peters (16. Dezember 2007, 04:00 Uhr)
Quelle: http://www.welt.de/wams_print/article1465932/Sorge_um_die_Kinder_in_der_Elbmarsch.html (http://www.welt.de/wams_print/article1465932/Sorge_um_die_Kinder_in_der_Elbmarsch.html)

Title: [Krümmel und Brunsbüttel... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 23, 2008, 11:05:15 AM
Quote[...] Kiel - Das Kernkraftwerk Brunsbüttel geht frühestens Ende März, der Reaktor Krümmel frühestens Mitte Mai wieder in Betrieb. Das teilte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) gestern in Kiel mit. Sie berief sich dabei auf die jüngste Prognose des Betreibers Vattenfall. Beide Kraftwerke waren im Sommer 2007 nach Störfällen abgeschaltet worden.

Vattenfall wollte die Kraftwerke zunächst im Herbst wieder anfahren, dann Ende Februar. Ob die neuen Termine zu halten sind, ist unklar. Das Sozialministerium, das als Atomaufsicht der Wiederinbetriebnahme der Reaktoren zustimmen muss, wies darauf hin, dass sich die Reparaturarbeiten in den Meilern durchaus verzögern könnten. Ein Grund: Bisher steht noch nicht fest, ob in Brunsbüttel und Krümmel nur fehlerhafte oder auch weitere Dübel ersetzt werden müssen.

Die Hängepartie kommt Vattenfall teuer zu stehen. Allein der Produktionsausfall in beiden Kraftwerken dürfte den Stromkonzern bisher rund 200 Millionen Euro gekostet haben. Einnahmeausfälle gibt es auch in den Kraftwerksstandorten sowie beim Land, weil die Meiler während des Stillstands kein Kühlwasser aus der Elbe benötigen und damit die Oberflächenwasserentnahmeabgabe entfällt. 2007 büßte das Land so 12,7 Millionen Euro ein.

Unterdessen forderte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneut, das Notstromsystem in Brunsbüttel grundlegend zu modernisieren oder den Reaktor stillzulegen. Trauernicht widersprach. Demnach ist das Notstromsystem in dem alten Kernkraftwerk (1976) nach dem Störfall im schwedischen Meiler Forsmark 2006 so "optimiert" worden, dass der Reaktor die atomrechtlichen Vorgaben weiter erfüllt.


Aus: "Atomreaktoren Hängepartie: Krümmel und Brunsbüttel erst später ans Netz" Von Ulf B. Christen (23. Januar 2008)
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2008/01/23/839855.html (http://www.abendblatt.de/daten/2008/01/23/839855.html)
Title: [Wieder Feuer im Atomkraftwerk Krümmel... (Notiz, BRD, Geesthacht)]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 05, 2008, 11:28:38 AM
Quote[...] In dem derzeit stillstehenden Atomkraftwerk Krümmel im schleswig-holsteinischen Geesthacht hat es gebrannt. Im Technikzentrum brach ein Schwelbrand aus, es kam zu einer Rauchentwirklung und Feueralarm. Ein Filter in der Abluftanlage habe den Schwelbrand ausgelöst, sagte ein Sprecher der Feuerwehr Geesthacht. Er sei darüber von der Betriebsfeuerwehr informiert worden, die den Brand gelöscht habe.
Es habe keine Verletzten gegeben, auch seien keine radioaktiven Stoffe ausgetreten, teilte die Betreibergesellschaft Vattenfall mit. Der Brand war laut Vattenfall im Messraum des Abluftkamins an einer Filtermatte entstanden und kurz nach 8 Uhr bemerkt worden. Die Werksfeuerwehr habe den Brand erstickt und die betroffene Matte entfernt. Das Reaktorgebäude sei vorsorglich geräumt, aber bis zum Vormittag wieder freigegeben worden. Die Brandursache werde weiter untersucht, hieß es. Polizei und Atomaufsicht seien zwar informiert worden, ,,externe Hilfe war aber nicht notwendig und wurde nicht angefordert".
Die Atomaufsicht bestätigte, dass keine Radioaktivität ausgetreten ist. Das schleswig-holsteinische Sozialministerium habe einen Spezialisten nach Krümmel geschickt, um sich ein Bild zu machen, sagte ein Sprecher.

Das Akw Krümmel ist wie auch das Akw im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel seit Monaten abgeschaltet. Am 28. Juni 2007 war zunächst das Atomkraftwerk in Brunsbüttel nach einem Kurzschluss in einer nahegelegenen Schaltanlage automatisch abgeschaltet worden. Kurz darauf war nach einem Trafo-Brand in Krümmel wegen eines Missverständnisses in der Leitwarte auch der dortige Reaktor heruntergefahren worden. Seither wurden in beiden Atomkraftwerken weitere Mängel festgestellt. Die Kieler Atomaufsicht rechnet mit einem Wiederanfahren der Meiler nicht vor Ende März beziehungsweise Mitte Mai.





Aus: "Norddeutschland - Wieder Feuer im Atomkraftwerk Krümmel" (4. Februar 2008)
Quelle: http://www.welt.de/politik/article1629443/Wieder_Feuer_im_Atomkraftwerk_Kruemmel_.html (http://www.welt.de/politik/article1629443/Wieder_Feuer_im_Atomkraftwerk_Kruemmel_.html)

Title: [Die Kinderkrebsrate bei zunehmender Nähe...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 13, 2008, 09:17:32 AM
Quote[...] [ngo] Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW widerspricht der aktuellen Einschätzung der Bundesregierung zur so genannten KiKK-Studie, nach der die Kinderkrebsrate mit zunehmender Nähe zu Atomkraftwerken steigt. Laut Bundesregierung existiert kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem Anstieg von Krankheiten in der Nähe von Atomkraftwerken und der Strahlenbelastung durch ein Atomkraftwerk. Die Strahlenbelastung der Bevölkerung durch den Betrieb der Kraftwerke müsse um mindestens das 1000-fache höher sein, um den beobachteten Anstieg des Krebsrisikos erklären zu können, so die Bundesregierung. Die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen kritisiert diese "stereotyp vorgetragene Argumentation" der Bundesregierung als wissenschaftlich nicht haltbar.

Die Strahlenbelastung der Bevölkerung in der Umgebung der Atomkraftwerke werde anhand von Modellrechnungen aus den Emissionsmessungen der Atomkraftwerksbetreiber simuliert, so Claußen. "In die Berechnung fließen unter anderem Annahmen über die Windrichtung genauso mit ein wie Modellvorstellungen zur Verstoffwechselung radioaktiver Partikel im Körper. Die Unsicherheiten der Dosisbestimmung können damit mehrere Zehnerpotenzen betragen."

Jüngste Forschungen deuten zudem daraufhin, dass die Wirkung inkorporierter Radionuklide bei ungeborenen Kindern gegenüber Erwachsenen viel ausgeprägter sei, als bisher angenommen. "In jedem Fall lassen sich Annahmen über die Strahlenempfindlichkeit von Erwachsenen nicht einfach auf Schwangere und Kleinkinder übertragen", so die Ärztin.

Nach Darstellung der IPPNW gibt es darüber hinaus auch keine lückenlose Kontrolle der Betreiberangaben zu den Emissionen der Atomkraftwerke durch die Behörden. Beispielsweise werde in einem von der Landesregierung Schleswig-Holstein in Auftrag gegebenem strahlenbiologischen Gutachten von 2001 festgestellt, dass sich Kontaminationen im Umkreis des Atomkraftwerks Krümmel durch die angegebenen Emissionsmessungen der Betreiber nicht erklären ließen. Auch bei anderen deutschen Atomkraftwerken habe es in früheren Jahren "offensichtlich immer wieder unkontrollierte Freisetzungen gegeben", behauptet die IPPNW. Die bisher praktizierte Mess- und Kontrollpraxis der Betreiber und der Behörden gehört nach Auffassung der Ärzteorganisation "auf den Prüfstand".

"Auch die Selbstverständlichkeit, mit der die Bundesregierung mit Annahmen zum Strahlenrisiko argumentiert, ist unseriös", kritisiert Claußen. Besonders vor dem Hintergrund, dass die Geschichte der Strahlenschutzgrenzwerte eine Geschichte von Nachbesserungen sei. In der Vergangenheit hätten Behörden das tatsächliche Strahlenrisiko immer wieder unterschätzt. Jetzt versuche die Bundesregierung, den inzwischen signifikant nachgewiesenen Zusammenhang von Krebserkrankungsrisiko zur Atomkraftwerks-Nähe he herunter zu spielen und zu verschleiern.

Man müsse auch berücksichtigen, dass die Ergebnisse der neuen deutschen Kinderkrebs/Atomkraftwerks-Studie durch eine amerikanischen Studie gestützt werde. In der ebenfalls 2007 veröffentlichten Baker-Studie werteten amerikanische Biostatistiker in Form einer Meta-Analyse insgesamt 17 internationale Studien zum Thema Krebsrisiko rund um Atomkraftwerke aus. Auch hier wurde laut IPPNW ein Zusammenhang zwischen dem Erkrankungsrisiko und der Nähe zu den Atomanlagen festgestellt.

Die IPPNW fordert deshalb angesichts der zunehmenden Indizien für einen Zusammenhang zwischen Atomkraft, Strahlung und Krebsentstehung "endlich eine ergebnisoffene und öffentliche Fachdiskussion unter Einbeziehung aller vorliegender Befunde und mit Beteiligung auch der kritischen Wissenschaftler".


Aus: "Kinderkrebs um Atomkraftwerke: Ärzte kritisieren Dosisargument der Bundesregierung als nicht haltbar" (11. Februar 2008)
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=17275 (http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=17275)

Title: [Die Geheimhaltung brisanter Sicherheitsbelange... (Lhomme)]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 01, 2008, 10:05:03 AM
Quote[...] [ngo] Die Öffentlichkeit sollte das eigentlich nicht erfahren: Das von Siemens mitentwickelte neue finnische Atomkraftwerk Olkiluoto-3 hält offenbar dem Absturz eines Linienflugzeugs nicht Stand. Mit dem Atomkraftwerk vom Typ "Europäischer Druckwasser-Reaktor (EPR) scheint auch das neue Flaggschiff von Siemens und AREVA, das eigentlich gegen alle Risiken gefeit sein sollte, gefährliche Schwachstellen aufzuweisen. Weil der Sprecher des französischen Antiatom-Netzwerks "Reseau Sortir du Nucleaire", Stephane Lhomme, ein entsprechendes Geheimgutachten zu Flugzeugabstürzen auf Atomkraftwerke veröffentlicht hat, droht ihm nun eine Freiheitsstrafe. Die deutsche Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg reagierte empört. Nach zehn Stunden Ingewahrsamnahme und Verhör durch den Geheimdienst DST sei Lhomme in der vergagenen Woche mit der Androhung von fünf Jahren Gefängnis und Zahlung von 75.000 Euro wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

"Die Affäre um die Geheimhaltung brisanter öffentlicher Sicherheitsbelange zeigt beschämend die Gradwanderung zwischen Atomkraftnutzung und demokratischer Rechte mündiger Bürger", sagte ein Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. "Statt unseren Freund und Mitstreiter Stephane Lhomme zu kriminalisieren, sollte die öffentlich nachvollziehbare kritische Auseinandersetzung mit den riskanten Fakten der Atomenergienutzung betrieben werden." Die deutsche Bürgerinitiative, die Mitglied in dem französischen Antiatom-Netzwerk ist, fordert die französische Regierung auf, Sorge dafür zu tragen, dass die Ermittlungen gegen Lhomme eingestellt werden.

[...]


Aus: "Neues Atomkraftwerk offenbar durch Flugzeugabsturz gefährdet - Französischem Atomkraftgegner droht Haft wegen Öffentlichkeitsarbeit" (31. März 2008)
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=17604 (http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=17604)

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Quote[...] Paris (AFP) — Der französische Geheimdienst DST hat den Sprecher des Anti-Atom-Bündnisses Sortir du nucléaire wieder auf freien Fuß gesetzt. Wie die Atomkraftgegner in Paris mitteilten, wurde Stéphane Lhomme in der Nacht nach zehn Stunden in Polizeigewahrsam wieder freigelassen. Es sei möglich, dass er demnächst wegen Geheimnisverrats vor Gericht gestellt werde. Lhomme war durch die für Spionageabwehr zuständige DST am Dienstag einbestellt worden, weil bei ihm vor einem Jahr ein als "vertrauliche Verteidigungssache" eingestuftes Dokument gefunden worden war.

In dem Papier wird festgestellt, dass auch die neuen französischen EPR-Atomkraftwerke einem Absturz eines Linienflugzeuges nicht standhalten würden.


Aus: "Sprecher von französischem Anti-Atom-Bündnis wieder frei" (27.03.2008)
Quelle: http://afp.google.com/article/ALeqM5gcmXR9QLzE_lB_N6QnA6TuGfHMXg (http://afp.google.com/article/ALeqM5gcmXR9QLzE_lB_N6QnA6TuGfHMXg)

Title: [Uran-Lösung aus französischer Atomanlage ausgetreten...]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 09, 2008, 09:42:37 AM
Quote[...] Paris - Südfrankreich ist in Sorge. Aus der Anlage Tricastin bei Avignon ist am heutigen Dienstag eine radioaktive uranhaltige Lösung ausgetreten.

30 Kubikmeter der Flüssigkeit seien auf den Boden geflossen, und ein Teil sei in die Kanalisation gelangt, teilte die französische Atomaufsichtsbehörde ASN mit. In einer Anlage zur Behandlung von Uran-Lösungen sei ein Kessel bei der Reinigung übergelaufen. Das Rückhaltebecken sei wegen Arbeiten undicht gewesen.

Die Menge entspricht 30.000 Litern; in jedem Liter befinden sich den Angaben zufolge zwölf Gramm nicht angereichertes, schwach radioaktives Uran - insgesamt also 360 Kilogramm.

Ein Teil sei in die zwei Flüsschen Gaffière und Lauzon gelangt, teilte die Atomaufsichtsbehörde mit. In einem der beiden wurde eine Urankonzentration rund 1000 Mal über dem Normalwert gemessen, sank dann den Angaben zufolge aber schnell wieder ab.


Die Gefahr für die Bevölkerung sei gering, sagte ein Sprecher der Behörde. Als Vorsichtsmaßnahme sei nun allerdings in drei Gemeinden die Wasserentnahme durch Privatleute und Bauern verboten. Auch der Verzehr von Fischen aus umliegenden Flussläufen ist vorerst nicht mehr gestattet. Auch die Bewässerung von Feldern mit dem Wasser ist ebenso untersagt wie Schwimmen und Wassersport.

Die Umweltschutzbewegung "Sortir du Nucléaire" teilte dagegen mit, bei 360 Kilo Uran sei es "unmöglich", dass es keine Gesundheitsgefährdung gebe. Wer verseuchtes Wasser trinke, habe die Partikel im Körper. Auch bei geringer Strahlung entstehe dann erhebliche Krebsgefahr.

[...]


Aus: "ALARM IN UMGEBUNG - Uran-Lösung aus französischer Atomanlage ausgetreten" ( 08.07.2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,564704,00.html (http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,564704,00.html)

Title: [Kinderkrebs um Atomkraftwerke...]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 13, 2008, 09:25:02 AM
Quote[...] Die Organisation International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW), in Deutschland bekannt als ,,Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung" ist ein internationaler Zusammenschluss von Ärzten, die sich u. a. vor allem für die Abrüstung atomarer Waffen einsetzt. 1985 erhielt die Organisation den Friedensnobelpreis für ihre ,,sachkundige und wichtige Informationsarbeit", die das Bewusstsein über die ,,katastrophalen Folgen eines Nuklearkrieges" in der Bevölkerung erhöhte.

Die deutsche Sektion der IPPNW ist mit ca. 8.000 Mitgliedern die größte berufsbezogene Friedensorganisation in Deutschland, international beträgt die Anzahl der Mitglieder fast 150.000 in über 50 Nationen.


http://de.wikipedia.org/wiki/IPPNW (http://de.wikipedia.org/wiki/IPPNW) (6. September 2008)

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Quote[...] Die IPPNW hält es für "abwegig, die nachweislich krebsauslösende Wirkung inkorporierter radioaktiver Partikel in Frage zu stellen", wie es der Tenor der SSK-Stellungnahme impliziere. "Wir haben massive Zweifel an der Unabhängigkeit der Strahlenschutzkommission", so Reinhold Thiel von der IPPNW. "Die SSK-Stellungnahme ist nicht seriös."

Nach Auffassung der IPPNW geht es nicht an, dass der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Professor Dr. Rolf Michel, Journalisten gegenüber behaupte, als Ursache kämen Pestizide in Betracht, obwohl das Mainzer Kinderkrebsregister, das die Kinderkrebsstudie (KiKK-Studie) durchgeführt hat, mit einer zusätzlich durchgeführten Fall-Kontrollstudie Pestizide als Ursache verneint habe. "Herr Michel hat mit seinen Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit eine Grenze überschritten. Mit seriöser Wissenschaft hat das nichts zu tun", so Thiel.

Die IPPNW kann auch das Verhalten des Vorsitzenden der zuständigen SSK-Arbeitsgruppe, dem Strahlenbiologen Professor Dr. Wolfgang-Ulrich Müller von der Universität Essen, nicht nachvollziehen. "Herr Müller kann nicht einerseits in der aktuellen SSK-Stellungnahme die Radioaktivität aus Atomkraftwerken als Ursache für die Krebserkrankungen mit Sicherheit ausschließen, andererseits aber auf dem 13. Deutschen Atomrechtssymposium im Dezember 2007 erklären, dass man das wirkliche Ausmaß des Krebsrisikos im Dosisgrenzwertbereich unseres Strahlenschutzsystems überhaupt nicht kenne", moniert die Ärzteorganisation.

Professor Müller habe zudem auf einem Fachkongress des Bundesumweltministeriums am 19. Juni 2007 in Berlin ausführlich dargelegt, über welche biologische Mechanismen selbst niedrigste Strahlendosen zu Krebs führen können. Es ist nach Auffassung der IPPNW "nicht hinnehmbar, dass Herr Müller in der SSK-Stellungnahme auf diese Forschungsergebnisse mit keinem Wort eingeht".


Aus: "Kinderkrebs um Atomkraftwerke: IPPNW zweifelt an Seriosität der Strahlenschutzkommission" (10. Oktober 2008)
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=18754 (http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=18754)

Title: [Natürlich erinnern sich die Alten an die Bomben...]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 29, 2009, 03:09:10 PM
http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Kernwaffentest (http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Kernwaffentest)

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernwaffentests (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernwaffentests)



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Quote[...] Besuch in einem Dorf, 70 Kilometer vom Explosionsort entfernt. In dieser Region sind in den Jahren nach den Atomtests die Krankenziffern gestiegen, vor allem beim Krebs, aber auch bei Augenleiden. Natürlich erinnern sich die Alten an die Bomben. Aber was es mit damit auf sich hatte, das wusste damals kaum einer.

[...] Ba Rabah Serkou, ein alter Mann, erzählt: ,,Als die Bombe explodierte, hat alles gezittert. Sogar die Bäume. Und es war unglaublich hell. Mitten in der Nacht hat die Bombe alle Häuser erleuchtet. Das hat natürlich allen Menschen hier Angst gemacht."

Ein anderer Alter, Ba Saidou:
,,Ja, aber zuerst hatten alle doch nur Angst um ihre Tiere. Einer ging zum Beispiel seinen Esel suchen. Aber später sind dann die Menschen selbst gestorben. Ich selbst habe nur das Augenlicht verloren. Nicht auf einen Schlag, das ging über Jahre. Zuerst lief mir so eine weiße Flüssigkeit aus dem Auge. Dann sah ich immer schlechter, und dann gar nichts mehr."

Abderrahmane sammelt seit Jahren Geschichten von den Menschen, die plötzlich Krankheiten bekamen, die es früher hier kaum oder gar nicht gab.

[...] Menschen wie der alte Ba Rabah mit seiner Geschwulst im Genick haben fast ein halbes Jahrhundert mit den Folgen der Atombombe gelebt. Aber erst vor wenigen Wochen hat Frankreich erstmals eingeräumt: Ja, bei den Atomversuchen wurden Menschen geschädigt.

Abderrahmane Lahbaab: ,,Das wichtigste ist, dass Frankreich anerkennt, dass das diese Tests Verbrechen gegen die Menschlichkeit waren. Und was wir dringend brauchen, sind endlich fundierte Studien, die uns genau alle Gefahren aufzeigen, besonders für die Landwirtschaft. Und drittens müsste hier gründlich nach radioaktivem Müll gesucht werden, und die Landschaft muss davon gesäubert werden." ...


Aus: "Archiv: Algerien - Atomtestopfer in der Wüste" (Sendeanstalt und Sendedatum: BR, Sonntag, 25. Januar 2009)
Quelle: http://www.daserste.de/weltspiegel/beitrag_dyn~uid,t7zcrwi05ohbrmrl~cm.asp (http://www.daserste.de/weltspiegel/beitrag_dyn~uid,t7zcrwi05ohbrmrl~cm.asp)

Title: [Da man von einer solchen Kontamination nichts wusste... (BRD, Asse II)]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2009, 12:06:41 PM
Quote[...] Am 11. Juni 2008 berichtete die Braunschweiger Zeitung, dass Lauge in der Asse mit Cäsium-137 belastet sei. Politische Brisanz bekam dieser Bericht dadurch, dass das niedersächsische Umweltministerium Rückfragen nicht beantworten konnte, da man von einer solchen Kontamination nichts wusste. Daraufhin baten der Landtag und der Bundesumweltminister den niedersächsischen Umweltminister um einen Statusbericht, der am 2. September 2008 veröffentlicht wurde. [26]

Am 4. Juli 2008 stelle die Landtagsabgeordnete Christel Wegner detaillierte Fragen zur Verbringung von Lauge aus dem Atommüllendlager Asse.[27] Durch diese Anfrage wurde die Tatsache öffentlich, dass jahrelang Lauge aus dem Bergwerk zu stillgelegten Bergwerken der K+S AG verbracht wurde. Dies war so auch nicht dem Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bekannt. Daraufhin wurden Rückstellproben ausgewertet, die Namen der betroffenen Bergwerke bekanntgegeben, die jeweiligen Landräte und die Bevölkerung informiert. Am 17. Dezember 2008 wurde die Anfrage mit den Antworten als Landtagsdrucksache veröffentlicht.

Der Statusbericht vom 2. September beantwortet auf über 160 Seiten zuallererst die Frage, wer zu welcher Zeit welche Informationen besessen hat, bevor dann technische und rechtliche Probleme erörtert werden. Diesem Bericht zufolge wurde seit Anfang der 1990er Jahre festgestellt, dass Lauge, die sich in bestimmten Probebohrlöchern am Boden der 750 -Sohle sammelte, eine erhöhte Konzentration des radioaktiven Isotops Cäsium-137 aufwies. Im September 1995 wurde erstmals eine kontaminierte Laugentropfstelle im Firstbereich der 775-Meter-Sohle festgestellt. Nach einer Änderung der Strahlenschutzverordnung, die am 1. August 2001 in Kraft trat, lagen die Cäsium-137-Aktivitäten an einigen Messpunkten über den Freigrenzen. Im Einvernehmen mit der unmittelbaren Aufsichtsbehörde, dem Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld, wurde die kontaminierte Lauge ab ungefähr dieser Zeit bis Anfang 2008 auf die nicht mehr als Verkehrsweg offenstehende 900-Meter-Sohle abgeleitet; danach versiegte der Zustrom weitgehend. Im Statusbericht vertritt das niedersächsische Umweltministerium die Auffassung, dass für diese Ableitung eine spezielle atomrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen sei; es zitiert jedoch auch die gegenteilige Rechtsauffassung der niedersächsischen Bergbehörden, die ihre langjährige Verwaltungspraxis entschieden verteidigen.

Zur Erstellung des Statusberichts wurden Gutachter herangezogen. Prof. Mengel (TU Clausthal) und Dr. Lennartz (Forschungszentrum Jülich) gaben sich nicht mit der Erklärung des Betreibers zufrieden, die Kontaminationen seien Rückstände des Einlagerungsunfalls von 1973. Innerhalb weniger Tage fanden sie vielmehr deutliche Hinweise, dass die Lauge aus der Einlagerungskammer 12 aussickert. Ursprung der Lauge ist letztlich Altversatz aus einer nur dreißig Meter entfernten Kammer, aus dem in den Jahrzehnten vor der Einlagerung Feuchtigkeit in Kammer 12 migriert ist. Bei der Einlagerung im Jahr 1974 war der Boden der Kammer 12 laugendurchtränkt. Diese Lauge ist in Kontakt mit eingelagerten Stoffen gekommen und diffundiert nun in die Verkehrsflächen in der unmittelbaren Umgebung der Einlagerungskammer.[28]

Die Veröffentlichung des Statusberichts und seine Interpretation insbesondere durch Bundesumweltminister Gabriel machten bundesweit Schlagzeilen. Gabriel richtete schwere Vorwürfe gegen den Betreiber und die bergrechtliche Genehmigungsbehörde. Beide hätten atomrechtliche Maßstäbe vermissen lassen. Die Einlagerung von Kernbrennstoffen widerspreche früheren Aussagen. ,,Unglaublich" sei auch, dass die Undichtigkeit des Bergwerks bereits seit 1967 bekannt sei und nicht erst seit 1988. Da ,,grob fahrlässig" gehandelt worden sei, müsse auch die Frage von Strafanzeigen geprüft werden. Die Einlagerung der Atommüll-Fässer sei damals in feuchten Kammern erfolgt, wie die Befragung von Mitarbeitern ergeben habe. ,,Es gab nie ein sicheres Endlager Asse, sondern es wurden bewusst Informationen zu Laugenzutritten unterdrückt", kritisierte Gabriel.[29] Er sprach von einem ,,psychologischen GAU für die Endlager-Debatte" und einer Belastung für die Suche nach einem geeigneten Standort.[30] Asse II sei ,,die problematischste kerntechnische Anlage, die wir in Europa finden".[Anmerkungen 1] Grünen-Fraktionschefin Renate Künast stellte Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Atomlagers.[31] Die Sanierung wird etwa 2,2 Milliarden Euro kosten.[32]

Am 5. November 2008 beschloss das Bundeskabinett auf Vorschlag von Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, die Asse ab 1. Januar 2009 dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zu unterstellen.[1]

Mit einem Gesetzbeschluss des Deutschen Bundestages vom 29. Januar 2009 wird festgelegt, dass der Betrieb und die Stilllegung der Schachtanlage Asse II unter den Vorschriften des Atomgesetzes fällt. Das Bundesamt für Strahlenschutz als neuer Betreiber wird die Schließung der Anlage im Rahmen eines atomrechtlichen Planfeststellungsverfahrens vorantreiben und ist für den vorläufigen Weiterbetrieb der Anlage verantwortlich.[33]

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Referenzen:

   1. ↑ a b Kabinett beschließt Betreiberwechsel für Asse – Stilllegung der Asse erfolgt nach Atomrecht. Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 5. November 2008.
   2. ↑ a b Die Braunschweig-Schöninger Eisenbahn – Teil 5, Anschlußbahn Asseschacht.
   3. ↑ 100 Jahre Schachtanlage Asse. Festvortrag des Leiters des Forschungsbergwerkes Asse, Günther Kappei.
   4. ↑ Gebirgsmechanische Zustandsanalyse des Tragsystems der Schachtanlage Asse II – Kurzbericht, Seite 7. Institut für Gebirgsmechanik GmbH, 2007.
   5. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II, Seite 27. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
   6. ↑ [1] Besichtigung der Schachtanlage Asse der Wintershall AG in Reutlingen. Zeitpunkts. Orts. Teilnehmer, 29. Januar 1964. Remlingen bei Wolfenbüttel.
   7. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II, Seiten 93–128. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
   8. ↑ a b Schachtanlage Asse – Befragung früherer Mitarbeiter. Helmholtz Zentrum München, 2008.
   9. ↑ Die Asse Chronik – Vom Umgang mit Atommüll in Niedersachsen. Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag, 2008.
  10. ↑ a b c 100 Jahre Schachtanlage Asse. Festvortrag des Leiters des Forschungsbergwerkes Asse, Günther Kappei, S. 4.
  11. ↑ Asse – Historie – Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Helmholtz Zentrum München, 2008.
  12. ↑ 100 Jahre Schachtanlage Asse. Festvortrag des Leiters des Forschungsbergwerkes Asse, Günther Kappei, S. 6.
  13. ↑ Langzeit Korrosions- und Auslaugexperimente an zementierten 1:1 Gebinden in der Schachtanlage Asse – Probennahme und Auswertung 2003. Forschungszentrum Karlsruhe, 2004.
  14. ↑ UDO: Untergrundlaboratorium für Dosimetrie und Spektrometrie. Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2006.
  15. ↑ Dreidimensionale gebirgsmechanische Modellrechnungen zur Standsicherheitsanalyse des Bergwerkes Asse. Institut für Gebirgsmechanik GmbH, Leipzig, 2006.
  16. ↑ Gebirgsmechanische Zustandsanalyse des Tragsystems der Schachtanlage Asse II – Kurzbericht. Institut für Gebirgsmechanik GmbH, Leipzig, 2007.
  17. ↑ Hans-Helge Jürgens, Katrin Hille: Atommülldeponie Salzbergwerk Asse II - Gefährdung der Biosphäre durch mangelnde Standsicherheit und das Ersaufen des Grubengebäudes, Braunschweiger Arbeitskreis gegen Atomenergie, 2. Auflage, März 1979
  18. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II, Seite 11. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
  19. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II, Seite 12. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
  20. ↑ Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 16. August 2008, S. 17.
  21. ↑ Halbjahresbericht über den Stand der BMBF-Stilllegungsprojekte und der vom BMBF geförderten FuE-Arbeiten zu ,,Stilllegung/Rückbau kerntechnischer Anlagen". Forschungszentrum Karlsruhe, 2007.
  22. ↑ Atommülldeponie Salzbergwerk Asse II: Gefährdung der Biosphäre durch mangelnde Standsicherheit und das Ersaufen des Grubengebäudes. Asse-Gruppe, Hans-Helge Jürgens, Braunschweig, Januar 1979.
  23. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II, /MN 6.4.1-1, Seite 79. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
  24. ↑ Verbuddelt und Vergessen – Radioaktiver Abfall im Forschungslager Asse II bei Remlingen. In: Braunschweiger Uni-Zeitung, Ausgabe WS0607 – 4.
  25. ↑ Asse – Historie – Verfüllung. Helmholtz Zentrum München, 2008.
  26. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
  27. ↑ Christel Wegner: Kleine Anfrage von Christel Wegner. In: Landtagsdrucksache. 17. Dezember 2008. Abgerufen am 20. Dezember 2008.
  28. ↑ Statusbericht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz über die Schachtanlage Asse II, Seite 27. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Hannover, 2008.
  29. ↑ Gabriel: Asse-Vorfälle sind GAU für Endlagerdebatte. Neue Presse – Online-Auftritt vom 2. September 2008.
  30. ↑ Gabriel: Atommülllager Asse ,,GAU für die Endlager-Debatte". www.heute.de, 2. September 2008.
  31. ↑ Prüfbericht verschärft Endlagerdebatte. Der Spiegel, 2. September 2008 (abgerufen am 2. September 2008).
  32. ↑ Teure Sanierung, Süddeutsche Zeitung, 11./12. Oktober 2008, S. 7
  33. ↑ http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/116/1611609.pdf Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Atomgesetzes vom 15. Januar 2009, Seite 9 ff.



Aus: "Schachtanlage Asse" (7. Februar 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Asse_II (http://de.wikipedia.org/wiki/Asse_II)

-.-

Quote[...] BERLIN. Das marode Atommülllager Asse wird den Steuerzahler viel Geld kosten. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte gestern bei einem Besuch der Schachtanlage, er rechne mit Sanierungskosten von mindestens zwei Milliarden Euro. In dem ehemaligen Salzbergwerk in Niedersachsen sind seit den Sechzigerjahren etwa 126 000 Fässer radioaktive Abfälle eingelagert worden. Seit Jahren fließt in das Bergwerk Salzlauge ein und gefährdet die Stabilität, einige der Abbaukammern sind bereits eingestürzt. Gabriel hatte Asse als eine der schlimmsten Umweltsünden Deutschlands bezeichnet.

Auch gestern kritisierte Gabriel den bisherigen Betreiber. "Hier ist versucht worden, billige Entsorgung zu organisieren, und der Staat hat mitgemacht", kritisierte Gabriel. Die Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum hatten den Salzstock lange im Auftrag des Forschungsministeriums betrieben. Nach diversen Pannen hat das Gabriel unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz die Aufsicht übernommen.

Gabriel forderte die Energiekonzerne auf, sich an den Sanierungskosten zu beteiligen. "Bei einer Weigerung, sich an den Milliarden-Beträgen zu beteiligen, muss der Staat über eine Steuer auf Kernbrennstoffe für eine Mitfinanzierung sorgen", sagte der SPD-Politiker im Asse-Infozentrum im Remlingen. Die Koalition hatte allerdings erst vor wenigen Wochen im Rahmen einer Änderung des Atomgesetzes beschlossen, dass allein der Steuerzahler für die Sanierung aufkommen muss.

Eine Entscheidung über die Sanierung soll der Regierung zufolge bis zum Jahresende fallen. Denkbar ist es, dass der Atommüll komplett zurückgeholt werden muss. Dies gilt allerdings als sehr schwierig, da die Fässer zum Teil wahllos in die Schächte gekippt wurden und Flüssigkeit in die Anlage strömt. Alternativ wird erwogen, das Lager nur teilweise zu räumen und den Müll innerhalb des Bergwerkes umzulagern. Denkbar ist auch, den Schacht mit Salzbeton oder Salzlauge zu füllen, um ihn so zu stabilisieren.

Probleme gibt es offenbar auch mit der Gesundheit der Mitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts, dass drei Bergleute durch den Umgang mit radioaktivem Material unter Tage an Leukämie erkrankt sind. Gabriel sagte dazu, man werde alles tun, um dem nachzugehen.



Aus: "Asse-Sanierung kostet zwei Milliarden Euro" Jörg Michel (Archiv » 2009 » 21. Februar » Politik)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0221/politik/0080/index.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0221/politik/0080/index.html)

Title: [Weitere Asse-Beschäftigte an Krebs erkrankt...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 16, 2009, 09:37:16 AM
Quote[...] Wolfenbüttel (ddp). Offenbar sind mehr frühere Mitarbeiter des Atommülllagers Asse an Krebs erkrankt als bislang bekannt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig befragt derzeit drei Betroffene. «Wir hören in der kommenden Woche zwei ehemalige Beschäftigte an, die gesundheitlich betroffen sind», sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Joachim Geyer, am Sonntag. Ein Mann sei bereits am Freitag vernommen worden. Die Befragungen würden im Rahmen eines Vorermittlungsverfahrens gegen den früheren Asse-Betreiber geführt. Der neue Asse-Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), kündigte ein Gesundheitsmonitoring für alle Beschäftigten an.

Ziel sei es, Informationen zu sammeln und auszuwerten, die zur Aufklärung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der beruflichen Strahlenbelastung und Erkrankungsfällen dienen können, teilte das BfS mit. Derzeit würden Aufzeichnungen des betrieblichen Arbeits- und Strahlenschutzes der Asse gesichtet. Zudem sollen ehemalige Beschäftigte der Asse befragt werden. Da mögliche Erkrankungen wie Krebs und Leukämie auch erst Jahre später auftreten könnten, müsse das Monitoring langfristig angelegt werden.

Staatsanwalt Geyer sagte, bei dem am Freitag angehörten Betroffenen handele es sich um den 46-jährigen Eckbert Duranowitsch. Dieser hatte bereits im Januar gegenüber der Nachrichtenagentur ddp berichtet, dass er zwischen 1987 und 1990 im Bergwerk Asse als Schlosser Messinstrumente installierte. Dabei sei er auch in und vor den Bereichen mit dem eingelagerten Atommüll beschäftigt gewesen. Duranowitsch erkrankte 1990 an Leukämie, er führt dies auf seine Tätigkeit in der Asse zurück. Der damalige Asse-Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, hält das allerdings für ausgeschlossen.

...


Aus: "Weitere Asse-Beschäftigte an Krebs erkrankt" (ddp, 15.02.2009)
Quelle: http://www.dernewsticker.de/news.php?id=86329 (http://www.dernewsticker.de/news.php?id=86329)

Title: [Der Weg des Strahlen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 17, 2009, 12:20:34 PM
Quote[...] 19. August 2008: Verseuchter Container im Hamburger Hafen
Zollbeamte finden im Hamburger Hafen einen Container mit Stahlstangen, der stark strahlt. "An der Containeraußenseite" messen sie 71 Mikrosievert pro Stunde aufgrund von Kobalt 60. Wer sich 24 Stunden direkt an dem Container aufhält, bekommt die Strahlendosis von 1 Millisievert ab, die laut Strahlenschutzverordnung ein Bürger im gesamten Jahr nicht überschreiten sollte. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA empfiehlt einen niedrigeren Wert, maximal 10 bis 30 Mikrosievert im Jahr - dieser Wert wäre direkt am Container spätestens nach einer halben Stunde überschritten. Der Container stammt aus Indien und ist für Russland bestimmt. Er wurde an den Hersteller der Stangen in Indien zurückgeschickt.


21. August 2008: LKW an polnisch-russischer Grenze
Ein Lastwagen aus Brandenburg löst bei der automatischen Strahlenkontrolle Alarm aus. An acht Edelstahlseilrollen messen die Grenzwächter bis zu 44 Mikrosievert pro Stunde. Ursache ist wieder Kobalt 60. Die Stahlseile wurden in China eingekauft und über Hamburg nach Brandenburg zu einem Spezialausrüster für Boote gebracht. Sie waren als Teil einer Regattestrecke vorgesehen. Nach dem Strahlenfund werden die Seile zuerst nach Brandenburg zurückgebracht, dann im Oktober nach China zurückgeschickt.


21.Oktober 2008: Strahlende Aufzugsknöpfe in Berlin
Nachdem in Frankreich strahlende Aufzugknöpfe aufgefunden war, stellt eine Berliner Firma fest, dass sie 500 bis 600 Knöpfe von dem betroffenen Hersteller geliefert bekommen hat. Sie weisen eine Strahlungsaktivität von 270 Becquerel pro Gramm auf. Ab 10 Becquerel gilt Material offiziell als radioaktiv kontaminiert und muss eingezogen werden. Nur unter einem Wert von 0,6 Becquerel pro Gramm dürfte belastetes Material wieder in Umlauf gebracht werden. Laut Vermerk wurden die Knöpfe ausgetauscht.

26. November 2008: Transport an litauisch-russischer Grenze
Erneut fällt ein Lastwagen mit Bootsausrüstung aus Brandenburg bei der automatischen Strahlungskontrolle auf. Zwei Taschen mit kobaltbelastetem Edelstahl werden nach Brandenburg zurückgeschickt, seither lagern sie laut Vermerk auf dem Gelände der betroffenen Firma.

12. November 2008: Strahlenschrott in Trier
Bei einem Schrotthändler in Trier schlägt die Strahlenmessanlage Alarm. Viele Schrotthändler und auch Stahlwerke haben solche Messgeräte schon länger installiert, um sich gegen strahlenden Schrott aus osteuropäischen Kernkraftwerken zu schützen. Baden-württembergische Strahlenschützer verfolgen die radioaktiven Edelstahlspäne über eine Firma in Bad Kreuznach zu Firmen auch in Rheinland-Pfalz. Nordrhein-Westfalen und Bayern zurück. 55 Tonnen Späne, die unter der Freigabegrenze von 10 Becquerel pro Gramm liegen, lagern in Nordrhein-Westfalen. Fünf Tonnen strahlen mit bis zu 33 Becquerel pro Gramm, so dass sie der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) übergeben werden, die auf Atomentsorgung spezialisiert ist. Als Absender des Materials wird das indische Stahlwerk Vipras Casting Ltd. ausfindig gemacht.


29. Dezember 2008: Tonnenweise Stahlteile in Augsburg
Sechs bis sieben Tonnen kontaminierte Stahlteile werden in einem Container in Augsburg gefunden. Strahlenaktivität bei wenigen Teilen bis zu 19 Mikrosievert pro Stunde, sonst niedriger. Absender ist erneut die Firma Vipras.


6. Januar 2009: Alarm in Rheinland-Pfalz
Nach einer Warnung durch Zollbehörden in Rotterdam werden bei einem Spezialhersteller für Ventile in Rheinland-Pfalz insgesamt 50 Tonnen kobaltbelastete Ventilgehäuse gefunden. Strahlenaktivität 8 Becquerel pro Gramm, Dosisleistung an Versandkisten bis 3 Mikrosievert pro Stunde.


13. Januar 2009: Gießerei in Schleswig-Holstein
Bei einem metallverarbeitenden Betrieb werden schwach strahlende Gussstücke gefunden, die von der Gießerei Anugraha Valve Casting im indischen Coimbatore stammen. In Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde entscheidet sich die Firma dafür, die Ware zurückzuschicken.


20. Januar 2009: Kontaminiertes Material in Hessen
Eine Überprüfung der Kundenliste von Anugraha Valve Castings führt zu mehreren Tonnen strahlenden Spänen und Armaturen in Hessen. Bereits am 14. Januar hatte die Portalmessanlage eines hessischen Recyclingbetriebs angeschlagen.


16. und 19. Januar 2009: Schrottfirma in Mecklenburg-Vorpommern
Bei einer Schrottfirma tauchen schwach strahlende Edelstahlspäne auf. Lieferant ist die indische SKM Steels Ltd.. Bei einer Metallbaufirma in Neubrandenburg werden stark strahlende Maschinenteile gefunden: bis zu 600 Becquerel pro Gramm, das Sechzigfache der Freigabegrenze. "Es wurden keine Maschinen ausgeliefert, die kontaminierte Teile enthielten. Alle kontaminierten Teile, die bereits in Maschinen eingebaut waren, wurden inzwischen ausgewechselt", heißt es in dem Vermerk.


23. Januar 2009: Kobalt-Warnung in Hamburg
Kobaltbelastete Edelstahlspäne wird nach einer Messung an Metallschrott in Hamburg entdeckt.


2. Februar 2009: Funde in Rheinland-Pfalz, Saarland, Niedersachsen
Schwach strahlende Ventile werden in Rheinland-Pfalz gefunden. gefunden. Edelstahlspäne fallen im Saarland in einem Eingangsmonitor auf und werden zum Lieferanten zurücktransportiert. Stangenmaterial mit 6 Becquerel pro Gramm Kobalt 60 werden in Niedersachsen entdeckt, zugleich werden in Niedersachsen kontaminierte Gussteile gefunden.


QuoteAm Sonntag bekräftigte das Bundesumweltministerium nach einem Bericht im aktuellen SPIEGEL die Ungefährlichkeit der Vorgänge. Eine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung oder die betroffenen Firmenmitarbeiter bestehe nach Angaben der zuständigen Landesbehörden, die das Material untersucht hätten, nicht. Es handle sich nicht um eine "dramatische Lage". Allerdings sei die Metallindustrie beunruhigt, weil in den betroffenen Bereichen ohne eine zügige Lösung des Problems wirtschaftliche Nachteile drohen könnten.

Das Bundesumweltministerium habe "internationale Initiativen ergriffen, um zukünftig kontaminierte Lieferungen aus Indien oder aus anderen Ländern zu verhindern und eine schleichende Erhöhung von Radioaktivität in Gebrauchsgütern zu vermeiden".

Die Einschätzung Gabriels, es bestehe keine Gesundheitsgefahr, bewerten Strahlenschutzfachleute unterschiedlich. Fachleute vom Forschungszentrum Karlsruhe unterstützen die Bewertung. Entscheidend sei, wie lange und in welcher Form jemand realistisch mit einem Metallstück umgehe, sagen Experten vom dortigen Institut für Strahlenforschung.

Dagegen sagt Mathias Steinhoff, Strahlenschutzfachmann am Öko-Institut in Darmstadt im aktuellen SPIEGEL: "Es handelt sich durchaus um relevante Strahlenwerte, bei denen ein längerer Aufenthalt in der Nähe ein Risiko darstellen kann."




Aus: "GIFTMÜLL IN DEUTSCHLAND: DER WEG DES STRAHLENSCHROTTS" (17.02.2009)
Strahlenschrott wurde über ganz Deutschland verteilt
Von Christian Schwägerl
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,607937,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,607937,00.html)

Title: [Der Panzerschrank mit der Glasflasche auf der Müllkippe...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 04, 2009, 12:12:53 PM
Quote[...] Auf einem Gelände im US-Bundesstaat Washington ist die zweitälteste Probe künstlich hergestellten Plutoniums aufgetaucht.

[...] Auf den ersten Blick hätte es auch eine Milchflasche sein können: ein Glaskrug von einer Gallone Inhalt, in dem eine weißliche Flüssigkeit schwappte. Doch die Arbeiter dachten sofort an eine gefährlichere Flüssigkeit. Schließlich hatten sie die Flasche in einem verrosteten Panzerschrank mit einer Innenverkleidung aus Beton gefunden, vergraben am "schmutzigsten Ort der Welt".

Diesen Namen trägt ein Gelände in Hanford im US-Bundesstaat Washington, wo die Amerikaner seit dem Zweiten Weltkrieg Atomwaffen produziert und die entstehenden Rückstände achtlos verscharrt hatten. Bei der Sanierung des Geländes hatten die Arbeiter außer verstrahlen Gabelstaplern auch den Safe gefunden.

Auf der Flasche lasen sie "Walt's Group" und "Wastes for recovery" (Abfall zur Rückgewinnung), wie eine Lokalzeitung berichtet. Sie reichten die Flasche an Jon Schwantes vom Pacific Northwest National Laboratory weiter. Sein Büro ist ohnehin nur wenige hundert Meter vom Fundort entfernt.

Er fand ein halbes Gramm Plutonium in der Flasche - und ist nun ziemlich sicher, die zweitälteste Probe des künstlich hergestellten, radioaktiven Schwermetalls zu besitzen (Analytical Chemistry, Bd.81, S.1297, 2009). Er spricht von "nuklearer Archäologie", denn sein Team hat das Rätsel der Probe durch Analysen an den besten Geräten seiner Zunft und durch das Wühlen in alten Archiven gelöst.

[...] Tatsächlich passt der nukleare Fingerabdruck des Plutoniums in der Flasche zur Anlage in Oak Ridge, wie Computersimulationen bestätigen. Das Plutonium kann daher nur am 9. Dezember 1944 isoliert worden sein. Da lief die T-Fabrik in Hanford zum ersten Mal. Später wurde sie stets aus lokalen Reaktoren gefüttert.

Dass das halbe Gramm Plutonium nicht für eine Bombe verwendet wurde, ist offenbar Zufall. Der Panzerschrank mit der Glasflasche war irgendwann radioaktiv verseucht worden. Historische Dokumente zeigten, dass 1951 ein solcher Safe einfach verbuddelt wurde. Zuvor hatte er einem Wissenschaftler namens Watt (nicht Walt) gehört, der die T-Fabrik in Hanford optimieren sollte.

"Diese Arbeit zeigt sehr gut, wie Analysen in der nuklearen Forensik ablaufen und wie kompliziert sie sind", sagt Maria Wallenius vom Institut für Transurane, das die EU-Kommission in Karlsruhe betreibt. Normalerweise könnten die Forscher aus Sicherheitsgründen nicht darüber sprechen, wie sie strahlendes Material aus unbekannter Quelle untersuchen. Die Analyse des Plutoniums aus Hanford habe der Öffentlichkeit "einen seltenen Blick" hinter die Kulissen seiner Zunft eröffnet, sagt Schwantes.




Aus: "Nukleare Archäologie: Historisches Plutonium auf der Müllkippe" Von C. Schrader (03.03.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wissen/725/460359/text/ (http://www.sueddeutsche.de/wissen/725/460359/text/)

Title: [Bericht über Atommülllager Asse II...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 08, 2009, 01:35:27 PM
Quote[...] Das einsturzgefährdete Atommülllager Asse II hat der Energiewirtschaft offenbar bis in die 1980er Jahre hinein als Entsorgungsnachweis für radioaktiven Müll gedient. Das ergebe sich aus atomrechtlichen Genehmigungen, die das Bundesumweltministerium jetzt auf Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl vorlegte, berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Außerdem galt das Bergwerk im niedersächsischen Remlingen demnach intern als "Versuchsanlage für Gorleben".

Offiziell wurde die Asse früher stets als reine Forschungsanlage deklariert. In den 1970er Jahren habe es es in den Genehmigungsunterlagen für das AKW Krümmel bei Hamburg jedoch geheißen, die Kapazitäten des Bergwerks als Endlager reiche bis weit über das Jahr 2000, so der "Spiegel". In Dokumenten zu den Atommeilern in Biblis werde darauf hingewiesen, dass in der Asse auch "hochaktive Materialien für Jahrhunderte gelagert werden" könnten.

Nach Ansicht von Kotting-Uhl war Asse II "von Anfang an ein deklariertes Endlager". Zudem seien die Behauptungen von CDU und SPD widerlegt, es gebe keine Verbindung der Asse zum Salzstock Gorleben.

Laut einem Bericht der Zeitung "Weser Kurier" sickert nicht nur in Asse sondern auch in Gorleben Lauge in den Salzstock. Der Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags fordert nun genaue Informationen über die mögliche Gefährlichkeit der Zuflüsse in Gorleben.


Aus: "Bericht über Atommülllager Asse II - "Von Anfang an ein deklariertes Endlager"" (07.03.2009)
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/asse174.html (http://www.tagesschau.de/inland/asse174.html)

Title: [Es geht um einen Unfall im Atomkraftwerksblock Gundremmingen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 09, 2009, 11:02:28 AM
Quote[...] [ngo] Nach Auffassung des atomkritischen "Forum Gemeinsam gegen das Zwischenlager" hat es die "manipulative PR-Arbeit der RWE AG" geschafft, dass der schwere Unfall, der vor 30 Jahren den Betrieb von Deutschlands erstem Großkernkraftwerk beendet habe, "nicht im öffentlichen Bewusstsein unseres Landes verankert" ist. Es geht um einen Unfall im Atomkraftwerksblock Gundremmingen A am 13. Januar 1977. Dort kam es nach Angaben der Bürgerinitiative um 18:44 Uhr in der nach Meitingen führenden 220-Kilovolt-Leitung durch Raureifbildung und kältebedingten Isolatorenbruch zum Kurzschluss. Um 21.17 Uhr sei es dann auch noch in der zweiten Stromtrasse aus den gleichen Gründen zum Kurzschluss gekommen. Damit habe keine Stromleitung mehr zum Abtransport des mit 237 Megawatt elektrischer Nettoleistung im Gundremminger Block A erzeugten Stroms zur Verfügung gestanden. In der weiteren Folge sei es zum "Totalschaden" und später zur endgültigen Stilllegung des von RWE betriebenen Atomkraftwerks gekommen.

Nach den Kurzschlüssen in den Stromtrassen hätten die Turbinen des Atomkraftwerks und die Dampferzeugung im Reaktor so weit automatisch gedrosselt werden müssen, dass nur noch elektrischer Strom für den Eigenverbrauch des Atomkraftwerks selbst - etwa 15 Megawatt - produziert worden wären. "Aber die Regelung funktionierte fehlerhaft", so Raimund Kamm von der Bürgerinitiative. "Ein Relais hing, so dass ein Absperrschieber vor der Turbine erst nicht öffnete. Der Reaktor musste schnell abgeschaltet werden, was - Gott sei Dank - auch in Sekunden gelang."

Nachdem ein zweiter, redundanter Schieber aufging, öffnete doch noch der erste Schieber. Dadurch fiel ungeplant und schnell der Druck im Hauptkreislauf. Die Automatik interpretierte dies als höchst gefährlichen Aufriss der Hauptleitung und setzte die Noteinspeisung in Gang. Vorgewärmtes Notkühlwasser wurde eingepresst." Das war offenbar zu viel, der Druck stieg den Angaben zufolge zu stark und Überdruckklappen beziehungsweise Berstscheiben entlasteten den Reaktor.

Rund 400 Kubikmeter 280 Grad heißes radioaktives Wasser sollen sich in das Reaktorgebäude ergossen haben. "Zusätzlich begann die Reaktorsprühanlage, wie bei solcher Hitze vorgesehen, zu arbeiten. Im Reaktor stieg das heiße radioaktive Wasser auf drei bis vier Meter an."

Die Kraftwerksleitung ließ nach dem Unfall verlautbaren, dass die technischen Prozeduren "einwandfrei funktioniert" hätten. Der damalige Leiter des Atomkraftwerks habe geäußert, "die notwendige, doch unproblematische Wäsche" würde einige Wochen dauern. "Das Bayerische Umweltministerium schrieb, was sie in solchen Fällen immer schreiben, eine Gefährdung der Bevölkerung habe zu keiner Zeit bestanden", so Kamm. Wenige Wochen später habe dann der Haupteigentümer RWE verkündet, das Kernkraftwerk sei entseucht und solche Pannen würden zukünftig ausgeschlossen. Bald könne das Kraftwerk wieder ans Netz gehen. "Die Bundesregierung bezahlte sogar außerplanmäßig 40,7 Millionen Mark zur Abdeckung des unerwarteten Gundremminger Betriebsverlustes", so Kamm.

Das radioaktive Wasser sei später ebenso wie radioaktive Gase "unter behördlicher Kontrolle" nach außen geleitet worden. "Es sollen eigene Grenzwerte hierfür fest gelegt worden sein", so Kamm. "Faktenberichte über die frei gesetzte Radioaktivität sind uns nicht überliefert. Allerdings wies im Mai und im September 1985 der Astrophysiker Peter Kafka vom Max-Planck-Institut in Garching darauf hin, dass in einem Gebiet östlich des Kernkraftwerks Gundremmingen in der Zeit von 1968 bis 1978 die Missbildungen bei Kindern nahezu doppelt so hoch gewesen seien wie im Landesdurchschnitt."

Im Jahr 1977 habe man bei näherer Untersuchung des still liegenden Atomreaktors viele Rohranrisse entdeckt. Das bayerische Umweltministerium habe den Austausch der entdeckten schadhaften Rohre verlangt und außerdem auch Nachrüstungen, um ähnliche Unfälle zukünftig auszuschließen. Dazu ist es dann offenbar nicht mehr gekommen. "Ganz beiläufig teilte Jahre später die RWE mit, dass sich die Reparatur nicht mehr lohne", so Kamm. "Das hierfür übliche Wort Totalschaden vermied man."

Insgesamt habe Deutschlands erstes Großkernkraftwerk, das am 1. Dezember 1966 ans Netz gegangen war, rund 15 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert. "Vom im Atomkraftwerk erzeugten hochradioaktiven Brennelementmüll ist noch kein Kilogramm entsorgt", behauptet Kamm. Das Atomkraftwerk mache über seinen derzeitigen Verbleib keine Angaben. Seit Anfang der 1980er Jahre werde am Abbruch des Atomkraftwerksblocks gebaut. "Dafür werden sogar EU-Gelder gezahlt."

"Wenn man heute in unserem Land fragt, was war das erste deutsche Großkernkraftwerk und was ist aus ihm geworden, wissen nur wenige die Antwort" ...


Aus: ""Manipulative PR-Arbeit" - Atomkraftgegner erinnern an Atomunfall in Deutschland mit "Totalschaden"" (12. Januar 2007)
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=15093 (http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=15093)

-.-

Quote[...] [ngo/ddp] Die bayerische Landtagsabgeordnete Christine Kamm (Grüne) vermutet einen Zusammenhang zwischen einem Störfall im Atomkraftwerk Gundremmingen im Jahr 1977 und einer niedrigeren Lebenserwartung im Landkreis Dillingen. Grundlage der Vermutung ist der kürzlich veröffentlichte zweite bayerische Sozialbericht. "Dieser weist eine vergleichsweise niedrige Lebenserwartung für die Menschen im Landkreis Dillingen aus: Um zwei bis 2,5 Jahre geringer als in anderen ländlich geprägten schwäbischen Landkreisen ist die Lebenserwartung der Dillinger", so Kamm. Möglicherweise bestehe ein Zusammenhang dem Störfall im Atomkraftwerk Gundremmingen vor 32 Jahren. Bei diesem seien radioaktive Emissionen abgegeben worden, die um ein Vielfaches die jährlich zulässigen Emissionen überschritten hätten.

Kamm hat zur Aufklärung eine Anfrage an die bayerische Staatsregierung eingereicht, wie sie am Donnerstag (5. März) in Augsburg mitteilte.

"Normale Erklärungsmuster für eine niedrigere Lebenserwartung wie Arbeitslosigkeit oder Umweltverschmutzung greifen in Dillingen nicht", so Kamm. Sie erwartet daher von der bayerischen Staatsregierung "konkrete Erklärungsansätze für die geringere Lebenserwartung der Dillinger". Außerdem solle die Öffentlichkeit endlich erfahren, was damals in Gundremmingen passiert sei.

Es geht um einen Unfall im Atomkraftwerksblock Gundremmingen A am 13. Januar 1977. Dort kam es um 18:44 Uhr in der nach Meitingen führenden 220-Kilovolt-Leitung durch Raureifbildung und kältebedingten Isolatorenbruch zum Kurzschluss. Um 21.17 Uhr ist es dann auch noch in der zweiten Stromtrasse aus den gleichen Gründen zum Kurzschluss gekommen. Damit hat keine Stromleitung mehr zum Abtransport des mit 237 Megawatt elektrischer Nettoleistung im Gundremminger Block A erzeugten Stroms zur Verfügung gestanden. In der weiteren Folge ist es zum "Totalschaden" und später zur endgültigen Stilllegung des von RWE betriebenen Atomkraftwerks gekommen.


Aus: "Kamm vermutet Zusammenhang zwischen AKW-Störfall und niedriger Lebenserwartung" (06. März 2009)
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=19421 (http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=19421)

Title: [Nach fast 50 Jahren...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 25, 2009, 10:55:04 AM
Quote[...] Nach fast 50 Jahren übernimmt der französische Staat erstmals die Verantwortung für Opfer seiner Atomwaffentests. Zehn Millionen Euro werde die Regierung zunächst für die Entschädigung von Militär- und Zivilpersonal bereitstellen, kündigte Verteidigungsminister Herve Morin in einem Interview mit der Zeitung "Le Figaro" (Dienstag-Ausgabe) an. "Es ist Zeit, dass Frankreich mit sich selbst ins Reine kommt", so der Minister. Zur maximalen Höhe der Zahlungen äußerte er sich nicht. Ausgeschlossen von Entschädigungen bleiben außerdem Einheimische, die in den Testgebieten lebten. [!?!]

Frankreich hatte die erste Atombombe 1960 unter freiem Himmel in der algerischen Sahara gezündet. Nachdem Algerien die Unabhängigkeit erlangt hatte, wurden die Tests in die pazifische Inselregion Polynesien verlegt. Zwischen 1960 und 1996 führte die Atomstreitmacht insgesamt 210 Kernwaffentests durch. 1998 ratifizierte das Parlament in Paris das internationale Teststopp-Abkommen (Comprehensive Test-Ban Treaty/CTBT).

Bei den ersten französischen Atomtests waren zahlreiche Mitarbeiter der Streitkräfte oder der beteiligten Firmen nicht hinreichend gegen die radioaktive Strahlung geschützt. Bisher hatte sich der Staat stets geweigert, auf deren Klagen über Leukämie und andere Krebserkrankungen einzugehen. Noch 2001 wurde bestritten, dass es überhaupt Opfer der Waffentests gibt.

"Theoretisch sind 150.000 zivile Mitarbeiter und Militärangehörige betroffen", erklärte Morin nun. Entschädigungen würden von Fall zu Fall gewährt; als Grundlage diene eine UNO-Liste über Krankheiten, die auf die Verstrahlung zurückgeführt werden könnten. Ein Gesetzesentwurf der Regierung sieht vor, dass Strahlenopfer den ursächlichen Zusammenhang zwischen Atomversuch und Krankheit künftig nicht mehr nachweisen müssen; die Beweislast liegt in dem Entwurf beim Staat.



(APA)

Quote
Von Gast: bfbw am 24.03.2009 um 12:13
Frechheit
Sind die Einheimischen in diesen Regionen denn keine Menschen? Warum sind Entschädigungen an diese Leute ausgeschlossen? ...



Aus: "Frankreich: Entschädigung für Opfer von Atomwaffentests" DiePresse.com (24.03.2009)
Quelle: http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/463913/index.do?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do (http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/463913/index.do?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do)

Title: [Der Unfall auf Three Mile Island... (Harrisburg, 1979)]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 26, 2009, 10:09:31 AM
Quote[...] Um 7.24 Uhr löst Schichtleiter Zewe die höchste Alarmstufe aus. Der Gouverneur von Pennsylvania, Richard Lewis Thornburgh, erfährt von dem Störfall. Eine halbe Stunde später informiert die zuständige US-Atombehörde den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Jimmy Carter.

Die Öffentlichkeit tappt da noch vollkommen im Dunkeln. Ein Sprecher der Betreiberfirma Metropolitan Edison behauptet um 9.30 Uhr, es sei keine Radioaktivität freigesetzt worden und dies sei auch nicht zu erwarten. Er lügt - es ist hochradioaktives Gas in die Atmosphäre entwichen und verseuchtes Wasser in den Fluss Susquehanna geflossen. Die Techniker versuchen unterdessen alles, um die Lage zu stabilisieren. Doch als sie am folgenden Tag das hochexplosive Gasgemisch aus dem Reaktorkern in einen Tank ableiten wollen, entweicht nochmals Radioaktivität: Weil das Explosionsrisiko einfach zu groß ist, müssen sie das hochgiftige Gas am Freitagmorgen um 7 Uhr in die Atmosphäre strömen lassen - eine radioaktive Wolke schwebt über der amerikanischen Stadt Harrisburg.

[...] Wie viel radioaktiver Strahlung die Menschen in Harrisburg und Umgebung tatsächlich ausgesetzt wurden, ist bis heute nicht bekannt. Ungesichert ist auch das Ausmaß der gesundheitlichen Folgeschäden. Die Zahl der Blutkrebspatienten im Umkreis von Three Mile Island ist aber nach einer Studie der Columbia Universität von 1991 deutlich erhöht. Forscher der Universität Iowa fanden 2005 heraus, dass die Gebiete um den Unfallreaktor die höchste Konzentration des radioaktiven Elements Radon in den gesamten Vereinigten Staaten aufweisen.


[...] Viele Befürworter des Atomstroms argumentieren, dass ein solcher GAU wie in Tschernobyl niemals in einem westlichen Atomkraftwerk hätte passieren können. diese seien ungleich sicherer als die sowjetische Technik. Möglicherweise war aber Harrisburg nur knapp davon entfernt, das Tschernobyl vor Tschernobyl zu werden: Laut eidesstattlichen Aussagen wurden aus dem offiziellen Abschlussbericht der US-Regierung die alarmierendsten Passagen gestrichen, "weil der Unfall auf Three Mile Island unendlich viel gefährlicher war, als jemals öffentlich zugegeben wurde".

...


Aus: "Das amerikanische Tschernobyl (1979)" Redaktion einestages (25.3.2009 )
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3849/das_amerikanische_tschernobyl.html (http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3849/das_amerikanische_tschernobyl.html)

Title: [Der Wunsch nach kostenminimalen und oekonomischen Loesungen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 09, 2009, 11:09:47 AM
Quote[...] Greenpeace lieferte immer wieder Beweise fuer heimliche Absprachen zwischen Atomkonzernen, Aufsichtsbehoerden und der Politik - auf Kosten der Bevoelkerung und der Umwelt. Aus Unterlagen geht hervor, wie dringend die AKW-Betreiber ein Endlager fuer ihren atomaren Muell brauchten, das ihrem "...Wunsch nach kostenminimalen und oekonomischen Loesungen..." entsprach. Dafuer wurde die Sicherheit der Menschen aufs Spiel gesetzt. Erst gestern hatte Greenpeace veroeffentlicht, dass die Gesellschaft fuer Strahlenforschung (GSF, heute Helmholtz Zentrum) als damalige Betreiberin kontaminierte Laugen in der Asse schon 1967/68 festgestellt und dokumentiert hatte.

Von den Energiekonzerne fordert Greenpeace, sich an den horrenden Sanierungskosten der Asse zu beteiligen. "Die Atomindustrie hat massiv am billigen Endlager Asse verdient", so Tobias Muenchmeyer.

...


Aus: "Greenpeace: Atomkonzerne nutzten Endlager Asse II wie [eine] wilde Muellkippe" (08.06.2009)
Quelle: http://www.dailynet.de/EnergieUmwelt/44110.php (http://www.dailynet.de/EnergieUmwelt/44110.php)

Title: [Meldepflichtige Ereignisse...]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 09, 2009, 11:06:41 AM
Quote[...] Anlässlich des 50. Jahrestags des Deutschen Atomforums, dem Lobbyverband der Energiewirtschaft, weist Greenpeace auf die Pannenbilanz deutscher Atomanlagen hin. Von 1965 bis September 2008 gab es rund 5700 "meldepflichtige Ereignisse", wie Unregelmäßigkeiten in Atomkraftwerken genannt werden.


Aus: "Schadensbilanz aus 50 Jahren Atomkraft: 5700 Pannen in Atomanlagen" (Greenpeace, 01.07.2009.)
Quelle: http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/005820.html (http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/005820.html)

Title: [Täglich dringe Grundwasser in das Lager... (Asse)]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 16, 2009, 10:20:50 AM
Quote[...] In das niedersächsische Atommülllager Asse bei Remlingen ist an mehreren Stellen erneut radioaktiv belastete Lauge eingesickert. Wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitteilte, sind die Lösungen in 950 und in 925 Meter Tiefe bei einem Kontrollgang festgestellt worden.

Die Laugen wiesen Belastungen mit radioaktivem Cäsium von 121 Bequerel und mit Tritium von 27.000 Bequerel pro Liter auf. Die Werte lägen aber unterhalb der Freigrenzen der Strahlenschutzverordnung, erklärte das Bundesamt. Eine Gefährdung des Betriebspersonals und der Umgebung des Bergwerks sei ausgeschlossen.

Die Behörde habe Strahlenschutzmaßnahmen veranlasst, sagte ein Sprecher. Durch die Vorkehrungen solle eine Verschleppung der Radionuklide in andere Grubenbereiche verhindert werden.

Die Laugen stammten dem Bericht zufolge wahrscheinlich aus Grubenteilen, die als Tiefenaufschluss bezeichnet werden. Dorthin hatte der frühere Asse-Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, zwischen 2005 und 2008 kontaminierte Lauge geleitet. Da das Gebirge, in dem sich die Asse befindet, instabil ist, wurden offenbar Hohlräume im Tiefenaufschluss zusammengedrückt. Dadurch seien die Laugen ausgepresst worden.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) griff den früheren Betreiber des Atommülllager Asse scharf an. Er bezeichnete die Asse als "eines der schlimmsten Beispiele für verantwortungslosen Umgang mit dem Thema Atommüllendlagerung". Mit dem Betreiberwechsel, mit dem die Verantwortung über das ehemalige Bergwerk an das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) übertragen wurde, sei die Asse endlich dort, wo sie hingehöre und werde nach Atomrecht saniert.

BfS-Präsident Wolfram König bezeichnete den Zustand im Atommülllager Asse als unzumutbar. Täglich dringe Grundwasser in das Lager ein, sagte König im Deutschlandfunk. Vor diesem Hintergrund sei nicht klar, wie lange die Standsicherheit des Bergwerks noch gewährleistet sei. Ziel müsse nun eine geordnete Schließung des Lagers sein, hob König hervor.

Seit Beginn dieses Jahres ist das BfS Betreiber. Im Bergwerk Asse lagern rund 126.000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll. Bereits im vergangenen Jahr hatten Funde von radioaktiv kontaminierter Lauge für Unruhe gesorgt.


Aus: "Marodes Atommülllager - Die Asse leckt weiter" (15.07.2009)
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/asse198.html (http://www.tagesschau.de/inland/asse198.html)

Title: [Streit der Fachleute...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 06, 2009, 01:33:56 PM
Quote[...] Den Verdacht gibt es seit Jahren: Wohnen in der Nähe eines Atomkraftwerks kann besonders für Kinder gesundheitsschädlich sein. Ihr erhöhtes Risiko, an Leukämie zu erkranken, bestätigt jetzt eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie des Arztes und Epidemiologen Eberhard Greiser. Der Forscher will einen direkten Zusammenhang belegen können. Bislang scheiterten derlei Untersuchungen stets an der Vorgehensweise der Studienleiter.

Greiser hatte Leukämie-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in der Umgebung von 80 Kernkraftwerken in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und den USA untersucht. Laut der Ärzteorganisation IPPNW ist das am Freitag vorgestellte Gutachten damit das bisher umfassendste seiner Art.
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Die Gefahr betrifft demnach nicht nur Säuglinge und Kleinkinder, sondern auch Jugendliche vor allem bis 14 Jahre. Bei 3742 Kindern unter 15 Jahren stellte Greiser im Untersuchungsgebiet Leukämie fest. Allein 2096 waren im Kleinkindalter bis vier Jahre.

Im Umkreis von 20 bis 50 Kilometern um Atommeiler ist das Risiko bei Kindern unter fünf Jahren um 19 Prozent erhöht und unter 15 Jahren um 13 Prozent, schilderte Greiser.

Die Aussagen sind bei den bis zu 14-Jährigen laut Greiser am sichersten, weil für diese Altersgruppe die Zahl der einbezogenen Atommeiler der fünf Länder am größten ist.

Bündnis 90/Die Grünen und atomkritische Ärzte forderten, endlich den Strahlenschutz für Bürger zu verbessern. Der Staat hatte dies bisher immer abgelehnt, obwohl schon Ende 2007 eine Aufsehen erregende Studie des Kinderkrebsregisters in Mainz für Kinder unter fünf Jahren veröffentlicht worden war.

Allerdings erntete die Untersuchung harsche Kritik. Nicht weil sie statistisch falsch war, sondern weil sie unzulässige Schlussfolgerungen heraufbeschwor. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Risiko, an Blutkrebs zu erkranken, und der Nähe zu einem Kernkraftwerk konnte sie nicht beweisen.

Für Greisers Studie mag Ähnliches gelten. Dennoch sagte auch ein Sprecher des Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) damals: "Die Studie stellt den entscheidenden Fortschritt bei der Beantwortung der seit etwa 30 Jahren diskutierten Frage nach gesundheitlichen Effekten in der Umgebung von Reaktoren dar ..."

Selbst die Deutsche Strahlenschutzkommission habe die Ansicht vertreten, dass radioaktive Emissionen aus Atomanlagen als Ursache für eine Zunahme von Leukämieerkrankungen grundsätzlich auszuschließen seien, erinnerten die Grünen.

Die aktuelle Studie wird vermutlich wieder einen Streit der Fachleute vom Zaun brechen. Sie müssen entscheiden, wie valide die Aussagen Greisers letztlich sind.


Aus: "Studie - Kernkraft soll Risiko von Leukämie erhöhen" (09/2009)
Quelle: http://www.zeit.de/wissen/2009-09/leukaemie-kernraftwerk-studie (http://www.zeit.de/wissen/2009-09/leukaemie-kernraftwerk-studie)

Title: [...die Behörde habe seinerzeit unter massivem Druck der Politik gestanden]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 09, 2009, 09:53:52 AM
Quote[...] München - Die Bundesregierung unter Helmut Kohl hat nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" 1983 massiv Einfluss auf die Wissenschaftler ausgeübt, die eine Eignung des Standorts Gorleben für ein atomares Endlager prüfen sollten. Demnach drängten die Ministerien für Forschung und für Inneres unter Heinz Riesenhuber (CDU) und Friedrich Zimmermann (CSU) die zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), ein maßgebliches Gutachten in wichtigen Passagen umzuschreiben.

Die Zeitung beruft sich auf ein ihr vorliegendes Schreiben, das das Forschungsministerium am 13. Mai 1983 an die Fachbehörde gesandt habe. Damals sei ein wegweisender Bericht in der Schlussphase gewesen, der die bisherigen Ergebnisse zu Gorleben zusammentragen und letztlich klären sollte, ob der Salzstock auch unter Tage erkundet werden soll. Die PTB, Vorläuferin des Bundesamtes für Strahlenschutz, habe für den Bericht verantwortlich gezeichnet.

Die beiden Ministerien hätten über die Zukunft Gorlebens offenbar schon entschieden gehabt, schreibt die Zeitung. Als Beispiel führt sie unter anderem an, dass das Forschungsministerium in Abstimmung mit dem Innenministerium empfohlen habe, der Bericht solle mit einem Kapitel "wesentliche Ergebnisse der Standorterkundung" beginnen. Dieser Abschnitt solle sinngemäß mit der Feststellung schließen, dass die Eignung des Salzstocks Gorleben für die Errichtung eines Endlagers substanziell untermauert werde.

Weiter schreibt die Zeitung, für den letzten, zusammenfassenden Teil habe es den Vorschlag gegeben, dass "berechtigte Hoffnung besteht, dass im Salzstock Gorleben ein Endlager für alle Arten von radioaktiven Abfällen" eingerichtet werden könne. Zudem bitte das Ministerium, den "vermutlich hypothetischen Störfall des Wasser- und Laugenzutritts", der an mehreren Stellen die am 11. Mai 1983 diskutierte Zusammenfassung und Bewertung bestimme, etwas weiter vom Zentrum der Betrachtung wegzurücken. Entsprechend habe die Gefahr, dass radioaktive Substanzen ins Grundwasser gelangen könnten, in dem Bericht keine besondere Rolle mehr gespielt.

Damit gebe es erstmals einen Beleg für die Einflussnahme der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung auf die Vorbereitungen zu Gorleben. Erst vor kurzem waren zwei Fassungen des Berichts aufgetaucht. Die frühere der beiden geht dabei deutlich kritischer mit Gorleben um als die spätere. Helmut Röthemeyer, damals Abteilungsleiter in der PTB, hatte schon im Frühjahr in einem Zeitungsinterview geklagt, die Behörde habe seinerzeit unter massivem Druck der Politik gestanden.

Nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" wollte nicht nur das Land Niedersachsen, sondern auch der Bund in den achtziger Jahren die Asse als Atommülldeponie reaktivieren. Der Zeitung zufolge verwies die sozial-liberale Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) im Dezember 1981 auf "Bemühungen des Bundes um die Nutzung des ehemaligen Salzbergwerks Asse II als Endlager für schwachradioaktive Abfälle".

Zur Begründung hieß es, die zu erwartenden Mengen an atomarem Müll könnten nicht allein in dem vorgesehenen Endlager Gorleben beseitigt werden. Es sei daher "dringend erforderlich, für schwachradioaktive Abfälle möglichst noch in den achtziger Jahren wenigstens eines der geplanten Endlager Konrad oder Asse in Betrieb zu nehmen". Das inzwischen marode Bergwerk bei Wolfenbüttel war von 1967 bis 1978 als Versuchslager für schwach- und mittelradioaktiven Müll sowie als Forschungsstätte genutzt worden. Wegen auslaufender Genehmigung hatte man die Einlagerung 1978 gestoppt.

ore/dpa/AP


Aus: "Atommülllager - Kohl-Regierung soll Gorleben-Risiken vertuscht haben" (09.09.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,647801,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,647801,00.html)

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Quote[...]  Damit gebe es erstmals einen Beleg für die Einflussnahme der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung auf die Vorbereitungen zu Gorleben, berichtet das Münchner Blatt. Erst vor kurzem waren zwei Fassungen des Berichts aufgetaucht. Die frühere der beiden geht dabei deutlich kritischer mit Gorleben um als die spätere. Helmut Röthemeyer, damals Abteilungsleiter in der PTB, hatte schon im Frühjahr in der taz geklagt, die Behörde habe seinerzeit unter massivem Druck der Politik gestanden.

So seien zu einem Expertentreffen in der Schlußphase des Gutachtens plötzlich Vertreter von Kanzleramt und Forschungsministerium erschienen. "Ich habe ansonsten nie wieder ein solches Gespräch geführt in meinem ganzen Leben", erinnerte sich Helmut Röthemeyer im Frühjahr gegenüber der tageszeitung.

...


Aus: "Schön gefärbte Endlagerung - Regierung Kohl schönte Gorlebenstudie" (09.09.2009)
Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/regierung-kohl-schoente-gorleben-studie/ (http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/regierung-kohl-schoente-gorleben-studie/)

Title: [Fast idyllisch steht das alte Bergwerk an einem Waldrand...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 15, 2009, 10:58:49 AM
Quote[...] Man sollte annehmen, über die Schachtanlage Asse II sei alles bekannt. Wie es dazu kam, dass sie zu einem Endlager für radioaktiven Müll wurde. Welche Stoffe in ihr lagern und in welchen Mengen. Welche Gefahren von dem alten Salzbergwerk ausgehen können. Wie einsturzgefährdet das Atommüllager ist.

Alles scheint akribisch festgehalten. Beim langjährigen Betreiber der Asse, dem Münchner Helmholtz-Zentrum, lagern 226 Aktenbände. Beim heute zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz, Sitz in Salzgitter, weitere 190 Bände. Und im Bundesumweltministerium noch einmal 270.


Doch es scheint, dass sich mit der Fülle der Akten nicht das Wissen vermehrte, sondern die Verwirrung, die Verschleierung, die Desinformation. Erst der Wahlkampf dieses Sommers hat die komplizierte Gemengelage publik werden lassen, in kurzen, irritierenden Nachrichtensätzen mit den Versatzstücken »Plutonium«, »Wassereinbruch« und »Schließungskonzept« ist die Asse nach Jahrzehnten wieder ein öffentliches Thema geworden – dieses vermeintlich kleine Lager im niedersächsischen Niemandsland, in dem sich seit 1967 mit 126.000 Atommüllfässern ein gewaltiges Problem aufgetürmt hat. Schicht für Schicht wird die Wahrheit ans Licht befördert.

»Es gibt keine lückenlose Dokumentation«, klagt Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Der Zustand der Akten »ist, sagen wir mal so: für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich«. Es würde ihn nicht wundern, »wenn man in der Asse das Bernsteinzimmer fände«. Es ist die Geschichte einer Lüge, die mit immer neuen Lügen umstellt wurde. Die Geschichte einer unheilvollen Verquickung von Politik, Atomwirtschaft und dienstbaren Wissenschaftlern, die aus der Asse quasi ein Endlager gemacht haben. Ein Gutachten des Leipziger Instituts für Gebirgsmechanik garantiert dem alten Salzstock Standsicherheit nur noch bis zum Jahr 2014.

Fast idyllisch steht das alte Bergwerk an einem Waldrand, 25 Kilometer südlich von Braunschweig, ein backsteinrotes Grubengebäude mit »Glück auf«-Inschrift, ein Förderturm mit vier Seilscheiben. Unter Tage verbergen sich Schächte und Stollen mit einem Volumen von 3,35 Millionen Kubikmetern – zehnmal mehr als im berüchtigten Salzstock von Gorleben. Halbe Kathedralen haben die Bergleute hier einst ins Salz gesprengt, 60 Meter lang, 40 Meter breit und 20 Meter hoch, in bis zu 800 Meter Tiefe. 13 dieser Kammern wurden später mit Atommüll gefüllt, der strahlende Abfall hat ein Volumen von 47.000 Kubikmetern – das entspricht 60 Einfamilienhäusern. Sollte die Asse einstürzen, würde die radioaktive Gefahr zerquetscht und vermutlich in alle Richtungen gedrückt. Ins Salz. In die Hohlräume der Gesteinsschichten. Ins Grundwasser.

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtages in Hannover müht sich seit Juli, aufzuklären, wie es so weit kommen konnte. Immer donnerstags finden sich die Ausschussmitglieder zusammen, um mal drei, mal fünf Zeugen in meist vorgerücktem Alter zu hören, die im Laufe der Zeit mit der Asse zu tun hatten. Schon der Titel des Ausschusses drückt Verzweiflung aus – oder Überforderung: Untersuchungsausschuss zur Klärung der komplexen Vorgänge in der Schachtanlage Asse II. Gleich die erste öffentliche Sitzung bringt eine Sensation: Ein pensionierter Abteilungsleiter des Oberbergamts Clausthal-Zellerfeld sagt aus, in der Asse lagerten nicht rund neun Kilogramm hochradioaktives Plutonium, wie seit Jahrzehnten in den Akten steht, sondern dreimal so viel.

Danach geschieht erst einmal – nichts. Einige Wochen später räumt das einst zuständige Helmholtz-Zentrum kleinlaut ein: Ja, es stimme, die in den Inventarlisten aufgeführte Menge von neun Kilogramm sei aufgrund eines »Übertragungsfehlers« tatsächlich falsch; in der Asse lagerten in Wirklichkeit 28 Kilogramm Plutonium. Ob wenigstens diese Zahl stimmt, lässt sich jedoch ebenso wenig nachprüfen. Die Atommüllfässer wurden mittlerweile zugeschüttet und lagern unzugänglich in der Tiefe. Nachprüfen vor Ort wäre ohnehin schwierig – denn wer von dieser gefährlichen Substanz auch nur ein millionstel Gramm einatmet, ein kaum staubkorngroßes Teilchen, kann an tödlichem Lungenkrebs erkranken.


[...] Als 1967 mit der Einlagerung des Mülls in dem Salzstock begonnen wurde, sei den beteiligten staatlichen Institutionen bereits bewusst gewesen, dass »kein Raum der Grube trocken bleiben wird«, schreibt Möller. Offiziell wurde beschwichtigt, dem Bergwerk drohten weder Wassereinbrüche noch Einsturzgefahr. Interne Mahner wie der zuständige Unterabteilungsleiter aus dem Forschungsministerium wurden entmachtet.

Es war die Zeit atomarer Aufbruchstimmung. 1955, gleich nachdem die Genfer Konferenz der Bundesrepublik die zivile Nutzung der Kernenergie erlaubt hatte, wurde ein Bundesministerium für Atomfragen geschaffen (1962 umbenannt in Ministerium für wissenschaftliche Forschung). 1961 nahm das erste deutsche Atomkraftwerk in Kahl in Unterfranken seinen Betrieb auf, es folgten Gundremmingen und Obrigheim. Zwar gab es vereinzelt kritische Stimmen, doch die wurden als »Atompsychose« ewig Gestriger abgetan, die sich dem technischen Fortschritt in den Weg stellten.

Atomstrom stehe, so wurde propagiert, im Unterschied zu Strom aus Öl oder Kohle unbegrenzt zur Verfügung, und er sei konkurrenzlos billig. Ein Leben ohne Stromzähler war die Vision, doch die Wissenschaftler wussten noch sehr wenig über die Langzeitfolgen der neuen Technologie. 1969 etwa gab sich der Physiker Carl-Friedrich von Weizsäcker optimistisch, dass der gesamte Atommüll der Bundesrepublik im Jahr 2000 »in einen Kubus von 20 Meter Seitenlänge« hineinpassen würde. »Wenn man das gut versiegelt und verschließt und in ein Bergwerk steckt, dann wird man hoffen können, dass man damit dieses Problem gelöst hat.«

[...] Schon in den dreißiger Jahren, das weiß man inzwischen, war erstmals Wasser in den Schacht Asse II eingedrungen. Die beiden Nachbarschächte, Asse I und Asse III, waren bereits wenige Jahre nach ihrer Inbetriebnahme Anfang des vorigen Jahrhunderts voll Wasser gelaufen und mussten aufgegeben werden. Trotzdem behauptete der Staatssekretär im Bundeswissenschaftsministerium, Klaus von Dohnanyi (SPD), noch 1972 über Asse II: »Das Eindringen von Wasser kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.«

Salz gilt der Atomindustrie als ideales »Wirtsgestein« für radioaktiven Müll. Es sei extrem stabil und leite die Hitze ab, die vor allem hochradioaktiver Müll erzeuge. Die ältesten deutschen Salzformationen sind 240 Millionen Jahre alt. Doch es gibt zwei Faktoren, die diese Stabilität einschränken: Legt der Mensch im Salz Bergwerke an, entstehen Hohlräume und das Salz gerät in Bewegung; kommt das Salz in Berührung mit Wasser, wird es instabil – auf die Asse trifft beides zu. Als der Mensch sich näherte und Wege und Kammern heraussprengte, bekam das Gestein Risse.

Nach außen deklarierte die Politik den Schacht als Forschungsbergwerk; die Abfälle stammten aus Kernforschungszentren und nicht aus der Industrie. Von einem »Versuchsendlager« war die Rede. Das sollte der Bevölkerung suggerieren: Wenn die Forschung ergibt, dass der Schacht doch ungeeignet ist, wird der Atommüll eben wieder herausgeholt. Aber daran dachte niemand ernsthaft, was schon an der Art der Einlagerung zu erkennen ist. Hat man die Fässer anfangs noch sorgsam gestapelt, mal liegend, mal stehend, wurden sie später einfach mit einem Radlader einen Abhang im Berg hinuntergekippt und mit Salz überdeckt – im Jargon hieß die Methode »Einpökeln«. Dass dabei Fässer beschädigt wurden, kümmerte niemanden.

Von 1967 bis 1978 wurden 124.494 Fässer mit schwachradioaktiven Abfällen und 1293 Fässer mit mittelradioaktivem Müll in der Asse eingelagert. Wobei die exakten Zahlen eine Gründlichkeit suggerieren, die – siehe Plutonium – trügerisch ist. Allein in den letzten Wochen und Tagen des Jahres 1978, bevor die Genehmigung zur Einlagerung auslief, wurden schnell noch über 30.000 Fässer unter Tage geschafft, sogar zwischen den Feiertagen. Wer will beschwören, dass in der Hektik jener Tage akribisch Buch geführt wurde über jedes einzelne Atommüllfass?

Die angelieferten Abfälle kamen überwiegend vom Kernforschungszentrum Karlsruhe und wurden als Forschungsabfall deklariert. Es stellte sich jedoch heraus, dass der größte Teil davon aus der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe stammte, die auf demselben Gelände betrieben wurde. Sämtliche Atomkraftwerke in Deutschland lieferten damals ihren Müll dorthin, sodass laut Umweltministerium in Wahrheit etwa drei Viertel aller Radioaktivität in der Asse aus der Energiewirtschaft stammten.

[...] Es war eine billige Entsorgung. Die Kosten der Wiederaufarbeitung trug das Forschungsministerium komplett. Und für die Einlagerung in der Asse zahlte die Atomindustrie eher symbolische Beiträge. Bis 1975 kostete es gar nichts, der Staat übernahm alles. Danach mussten, je nach Gewicht und Strahlung, zwischen 150 und 3700 Mark pro Fass entrichtet werden – insgesamt zahlte die Atomwirtschaft laut Umweltministerium 16,5 Millionen Mark für die Endlagerung in der Asse.

Eine Sanierung des Schachts würde ein Vielfaches kosten, zwischen zwei und vier Milliarden Euro, schätzt Umweltminister Gabriel. Daran möchte er die Atomwirtschaft beteiligen. Zwingen kann er sie nicht, es gibt keine Handhabe. Die Atomlobby ist sich dessen bewusst und hat Gabriel bereits die kalte Schulter gezeigt. Sie macht den Staat für die dilettantische Entsorgung verantwortlich. Der Präsident des Deutschen Atomforums, Wolfgang Hohlefelder, sagte in einem Fernsehinterview: »Wissen Sie, das ist so, als hätte Ihre Oma vor 20 Jahren Müll abgeliefert und dafür brav ihre Gebühren bezahlt. Und nun stellt sich raus, dass die Müllabfuhr diesen Müll nicht richtig entsorgt hat, und kommt und sagt: Ich hätte gern für die nachträgliche Entsorgung Geld.«

Es war der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU), der dem Treiben in der Asse ein Ende setzte. Bei so großen Mengen Atommüll wie in der Asse könne wohl kaum von wissenschaftlichen Untersuchungen die Rede sein, meinte er. Praktisch handele es sich um Endlagerung. Für Endlager aber schrieb das Atomgesetz seit seiner Novellierung von 1976 vor, dass Einlagerungen nur noch nach einem Planfeststellungsverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit erteilt werden durften. Vergeblich versuchte die Bundesregierung, die niedersächsische Regierung unter Druck zu setzen. Werde die Asse geschlossen, argumentierten Beamte von Forschungs-, Wirtschafts- und Innenministerium bei einem Treffen 1979, drohe angesichts überquellender Zwischenlager »der Erstickungstod für die Kernenergie«.

Seither, seit mehr als 30 Jahren, wurde kein Atommüll mehr in die Asse gebracht. Die Forscher der damaligen Betreiberin, der staatlichen Gesellschaft für Strahlenforschung, konzentrierten sich fortan tatsächlich auf Tests für ein künftiges Endlager – in Gorleben. Seit Ende der siebziger Jahre wurde der Salzstock im Kreis Lüchow-Dannenberg auf seine Eignung als Endlager vor allem für hochradioaktiven Müll untersucht. Inzwischen ruht die Erkundung von Gorleben. Die rot-grüne Bundesregierung setzte sie im Jahr 2000 aus. Umweltminister Gabriel will sie nur wieder aufnehmen, wenn zugleich nach alternativen Standorten gesucht wird.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Gorleben Endlager für hochradioaktiven Müll wird, ist zuletzt immer kleiner geworden. Kürzlich wurden Akten publik, die nahelegen, dass auf Druck des Kanzleramts im Jahr 1983, kurz nach der Amtsübernahme Helmut Kohls, einige kritische Passagen aus dem ursprünglichen Gutachten über die Sicherheit von Gorleben entfernt wurden. Passagen, in denen stand, dass zentrale Gesteinsschichten über dem Salzstock nicht ausreichen würden, um »Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre zurückzuhalten«.

In Gorleben wurde bis heute noch kein Müll eingelagert; er steht in Castorbehältern neben dem Salzstock in einem Zwischenlager aus Stahlbeton. Die Asse hingegen steckt voller strahlender Abfälle, die für Mensch und Umwelt durch das eindringende Wasser und die Einsturzgefahr des Schachts immer bedrohlicher werden.

[...] die 553-Meter-Sohle. Hier lassen sich die ungeheuren Kräfte des Deckgebirges studieren. Schwere Stahlträger sind verbogen, als wären sie aus Gummi. Der Salzbergbau ließ nur ein Gerippe aus dünnen Decken und schmalen Seitenwänden zurück, es wurde so viel Salz abgebaut wie möglich. Dem Druck des darüberliegenden Gesteins kann das Gerippe nicht mehr lange standhalten – wenn nichts geschieht, ungefähr fünf Jahre. Um mehr Stabilität zu erzielen, wurden die Kammern in den letzten Jahren mit Salz verfüllt. Doch das Salz sackte zusammen, sodass unter den Decken ein Hohlraum klafft. Der eigentliche Zweck, die Decken vom Gebirgsdruck zu entlasten, wurde somit nicht erreicht. Nun sollen diese Hohlräume mit Beton gefüllt werden, was die Standsicherheit bis 2020 verlängern würde. Das Bundesamt für Strahlenschutz will so Zeit gewinnen, um ein Konzept zur Schließung des Schachts zu entwickeln.

Zweite Station, die 658-Meter-Sohle. Hier wird das einsickernde Wasser aufgefangen, Tag für Tag 12.000 Liter. Irgendwo zwischen 500 und 600 Meter Tiefe, so wird angenommen, läuft es in den Schacht, es rinnt die Wände entlang und wird in Tanks gesammelt. Alle zwei bis drei Tage wird das Wasser nach oben gepumpt und in einem stillgelegten Bergwerk entsorgt. Das Helmholtz-Zentrum hielt es lange nicht für nötig, die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Das zuständige Bergamt habe es ja gewusst, rechtfertigt der langjährige Pressesprecher des Zentrums, Heinz-Jörg Haury, das damalige Verhalten.

Dritte, letzte Station, die 750-Meter-Sohle. Ein Absperrband hält Besucher zurück, gelbe Schilder warnen: »Vorsicht, Kontamination«. Hier ist es passiert: Wasser ist mit radioaktiven Abfällen aus einer Kammer in Berührung gekommen; es hat sich ein mit Cäsium 137 verseuchter Sumpf gebildet. Außerdem schlug an dieser Stelle 1973 ein Fass beim Transport leck, Reste des Bodens sind bis heute verstrahlt. Das Helmholtz-Zentrum hat die radioaktive Lauge damals kurzerhand in Behälter gepumpt und sie 25 Meter weiter nach unten geschafft. Dafür gab es keine Genehmigung, und die Öffentlichkeit erfuhr von diesen Unfällen ebenfalls nichts.

[...] Womöglich wurde sogar, genehmigungswidrig, auch hochradioaktiver Abfall in die Asse gebracht. Der Verdacht erhielt vor wenigen Wochen neue Nahrung, als das Fernsehmagazin Monitor einen Briefwechsel des Forschungsministeriums mit der Siemens AG aus dem Jahr 1966 veröffentlichte. Das Ministerium hatte dem Konzern zugesichert, »einen Teil« von »ca. 25 Fässern mit hochradioaktivem Abfall (Kernbrennstoff)« in der Asse einlagern zu dürfen. »Wir danken Ihnen für diese Möglichkeit zur Entlastung unserer Lagerkapazität«, antwortete Siemens, »und erwarten bei gelegentlichen Anfragen einen Ihnen günstigen Termin für die Anlieferung in Asse II.« Ob der strahlende Abfall tatsächlich angeliefert wurde, so behauptet Siemens, wisse man nicht mehr – die Akten seien nicht mehr vorhanden, da die vorgeschriebene Aufbewahrungszeit von 30 Jahren abgelaufen sei. Das Bundesamt für Strahlenschutz will den Hinweisen nachgehen. Und der parlamentarische Untersuchungssausschuss hat Siemens-Chef Peter Löscher vorgeladen.

Auch über den Zustand der Atommüllfässer ist wenig bekannt, seit sie allesamt mit Salz zugeschüttet wurden. Der Hannoveraner Gutachter Wolfgang Neumann nimmt an, dass all jene Fässer, die achtlos abgekippt wurden, schon bei der Einlagerung beschädigt wurden. Sollten sie mit Wasser in Berührung kommen, würden schnell radioaktive Stoffe freigesetzt. Außerdem »dürfte es an den Fässern inzwischen Schäden durch Korrosion geben«, glaubt Neumann. Dadurch würden ebenfalls radioaktive Stoffe freigesetzt.

Die von diesen Stoffen ausgehende ionisierende Strahlung kann Krebs auslösen. Eckbert Duranowitsch hat sich darüber nie Gedanken gemacht, auch nicht, als er vor zehn Jahren an Leukämie erkrankte. Von 1987 bis 1990 arbeitete er als Maschinenschlosser in der Asse. Im ganzen Schacht sei er rumgekommen, auch an der verseuchten Lauge ganz unten auf der 750-Meter-Sohle habe er gearbeitet. Im Schlauchboot, sagt der heute 47-Jährige, habe er die Brühe überquert, um zu Messpunkten zu gelangen. Strahlung sei nie ein Thema gewesen, ein Dosimeter habe er nicht tragen müssen. Eine Wanderung auf dem Brocken, habe man ihm gesagt, sei gefährlicher, als da unten zu arbeiten.

Als sich im Sommer 2008 die Berichte von einem »Laugensumpf« häuften, als immer öfter von Unregelmäßigkeiten und Gefahren in der Asse die Rede war, da fing Eckbert Duranowitsch an nachzuforschen. Er sitzt vor seinem Haus am Rand von Wolfenbüttel, vor sich ausgebreitet hat er einen Berg von Akten. Denen hat er entnommen, dass die Lauge mit bis zu drei Millionen Bequerel Tritium verstrahlt war – das Zwanzigfache der damaligen Freigrenze. »Ich erinnere mich, dass ich die Lauge eimerweise tragen musste«, sagt er.

Inzwischen weiß Duranowitsch, dass Tritium besonders gefährlich ist, weil es eingeatmet oder durch die Haut aufgenommen werden kann – und dass es Leukämie auslöst. Er ist fest davon überzeugt, dass seine Leukämie durch die Arbeit in der Asse verursacht wurde. Deshalb hat er im Juni dieses Jahres bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig Anzeige gegen mehrere Verantwortliche des Helmholtz-Zentrums erstattet, wegen schwerer Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat schon lange den Verdacht, dass wesentlich mehr Tritium in der Asse lagert als offiziell angegeben. Das ergebe sich aus den Quellen des Betreibers selbst. Die vom Helmholtz-Zentrum jährlich genannten Tritiumwerte in der Abluft seien viel höher, als sie laut Inventarlisten sein dürften. Dies lasse den Schluss zu, dass in der Asse mehr Tritium lagert als bisher zugegeben – etwa das Viereinhalbfache, schätzt Greenpeace. Das wirft die Frage auf, was die Inventarangaben für andere radioaktive Stoffe noch wert sein mögen. Für Plutonium weiß man es inzwischen: Nichts sind sie wert.

Es sei sein Glück gewesen, sagt Eckbert Duranowitsch, dass er an Professor Arnold Ganser von der Medizinischen Hochschule Hannover geriet. Seit 30 Jahren befasst sich der Krebsarzt mit ionisierender Strahlung. Die sogenannte akute myeloische Leukämie, wie Duranowitsch sie bekam, sagt Ganser, sei genau jene, die durch radioaktive Strahlung ausgelöst werde. »Das weiß man seit Hiroshima und Nagasaki.« Auch die Latenzzeit von zehn Jahren, wie bei Duranowitsch, sei typisch dafür. Beweisen freilich könne man nicht, dass der Arbeiter Strahlung abbekommen habe.

Eckbert Duranowitsch überlebte die Krankheit dank einer Knochenmarkspende seines älteren Bruders. Doch ist er seither erwerbsunfähig. Und er kämpft jetzt darum, dass seine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt wird. Das lehnt die Berufsgenossenschaft ab. Duranowitsch sei nie einer Strahlung ausgesetzt gewesen, behauptet die Behörde und stützt sich auf eine Liste mit Messergebnissen, angeblich Duranowitschs Dosimeterwerte für die Zeit seiner Beschäftigung auf der Asse. Alle Werte, Monat für Monat, lauten: 0,0. »Ich habe nie ein Dosimeter getragen!??, sagt er empört.

Als im Untersuchungsausschuss des Landtages der Asse-Strahlenschutzbeauftragte der Jahre 1985 bis 1995 befragt wird, einer von denen, die er angezeigt hat, sitzt Duranowitsch in der ersten Stuhlreihe und hört gespannt zu. Alle Mitarbeiter hätten ein Dosimeter gehabt, sagt der ehemalige Strahlenschutzbeauftragte aus, aber es habe jedem freigestanden, es zu tragen – oder nicht. »Ich habe den Mitarbeitern gesagt: Macht's, wie ihr wollt.« Er habe allerdings auch nicht getragene Dosimeter an die amtliche Auswertungsstelle geschickt: »Die hat dann immer die Dosis ›null‹ mitgeteilt.«


[...] Wieder anders das Bergwerk Hercynia, 20 Kilometer südlich der Asse. Es begann wie in Asse II mit einem täglich zulaufenden Rinnsal, das zu einer Flut von 100000 Litern anschwoll. Die Arbeiter bauten ungerührt weiter Salz ab, bis die Frühschicht eines Tages »donnerartiges Getöse« hörte. Eine Lawine aus Wasser und Schlamm stürzte auf sie zu, Geröll und Holzverschalungen mit sich reißend. Mit Not konnten sie sich aus der Grube retten.

Mit Asse II wird es wieder ganz anders kommen. Während bei Hercynia mit dem Einsturz des Schachts die Katastrophe vorbei war, würde sie beim Schacht Asse II erst beginnen. Seine riesigen Hohlräume fördern die Bildung von Rissen, Spalten und Fugen. Hätten sich die 126.000 Fässer erst einmal aufgelöst, würden sich die verseuchten Lösungen in alle Richtungen ausbreiten. Die Grundwässer bei der Asse gehören zum Einzugsbereich der Weser, Hydrologen vermuten auch Verbindungen zur Elbe. Das Ende der Asse würde weit über die Region hinaus strahlen.




Aus: "Atommülllager - Das Lügengrab" Von Roland Kirbach (DIE ZEIT, 10.09.2009 Nr. 38)
Quelle: http://www.zeit.de/2009/38/DOS-Asse (http://www.zeit.de/2009/38/DOS-Asse)


http://de.wikipedia.org/wiki/Schachtanlage_Asse (http://de.wikipedia.org/wiki/Schachtanlage_Asse)

Title: [Deswegen wird er als Wertstoff umdeklariert...]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 16, 2009, 11:40:39 AM
Quote[...] Ich habe die Züge ankommen sehen. Und diese giftige Fracht später auf den Feldern wieder gefunden. Seit Jahren empfängt die russische Bevölkerung den strahlenden Abfall aus Deutschland. Von der Urananreicherungsanlage in Gronau werden 500 Meter lange Züge mit dem giftigen Abfallstoff Uranhexaflurorid zu uns transportiert. Das russische Umweltgesetz verbietet aber illegale Müllentsorgung. Deswegen wird er als Wertstoff umdeklariert.

...


Aus: "Umweltaktivist Slivyak im Interview - "Euer Atommüll verrottet bei uns"" (14.10.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2014471 (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2014471)

Title: [Atom-Müll im Mittelmeer...]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 16, 2009, 11:45:40 AM
Quote[...] Athen/Rom - Die griechische Atombehörde hat Italien zur gemeinsamen Suche nach Gift- und Atommüll-Wracks im Mittelmeer aufgefordert. "Es besteht die Notwendigkeit einer gemeinsamen Suche nach radioaktivem Material", sagte der Chef der griechischen Behörde für Atomenergie, Christos Chousiadis.

Im September haben italienische Ermittler ein mit Atom- und Giftmüll beladenes versenktes Schiffs-Wrack vor der kalabrischen Küste entdeckt.

Der ermittelnde Staatsanwalt von Paola, Bruno Giordano, warnte schon vor Jahren vor weit mehr als 30 solcher Giftwracks im Mittelmeer. Ein geständigs Mitglied der kalabrischen Mafia "'N'drangheta" hat die Ermittler nun auf die Spur des gefährlichen Schiffes gebracht. Der Mafioso berichtete vom Frachter "Cunsky", der mit 120 Fässern Atommüll beladen gewesen und 1993 mit seiner Hilfe versenkt worden sei.

Die "Cunsky" soll mit anderen drei Frachtern in den Jahren 1988 und 1989 von der italienischen Regierung eingesetzt worden sein, um radioaktiven Müll aus dem Libanon zu entsorgen. Offiziell war sie im Jänner 1992 verschrottet worden. Laut dem Mafia-Mitglied wurde in griechischen Gewässern auf ähnliche Weise Giftmüll vor allem der Pharma-Industrie versenkt. Die Firmen sollen der Mafia zwischen 1,5 und 15 Millionen Euro pro versenktes Schiff gezahlt haben.

"Griechenland muss über alle möglichen Fundstellen von Giftwracks informiert werden", forderte Chousiadis. Die italienische Umweltorganisation Legambiente hatte von sieben Giftschiffen in unmittelbarer Nähe der griechischen Inseln Paxos, Kefalonia und Zakynthos an der Westküste Griechenlands gesprochen. Italien leitete inzwischen weitere Ermittlungen ein, um zunächst die bisher nicht einwandfrei geklärte Identität des Schiffes festzustellen. (APA)

QuoteSternchen100   
12.10.2009 16:18   

Wohlsituierte Herren
Ich weiß nicht, was grauenhafter ist und wer die größeren Kriminellen sind: die Pharma-, Chemie- und Atomindustrie, die absichtlich Mafia-Müll-Formen beauftragt, die Mafia oder der Staat, dem alles egal ist (weil vermutlich geschmiert). Vermutlich kommen alle ohne Folgen aber mit viel Gewinn davon und werden noch dazu von aller Welt wegen Geld und Macht bewundert.

...





Aus: "Atom-Müll im Mittelmeer - Griechenland ruft Italien zu Hilfe" (12. Oktober 2009)
Quelle: http://derstandard.at/fs/1254311196816/Atom-Muell-im-Mittelmeer-Griechenland-ruft-Italien-zu-Hilfe (http://derstandard.at/fs/1254311196816/Atom-Muell-im-Mittelmeer-Griechenland-ruft-Italien-zu-Hilfe)

Title: [Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfiehlt...]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 15, 2010, 11:40:10 AM
Quote[...] Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfiehlt nach Angaben des "Kölner Stadt-Anzeigers", den gesamten Atommüll aus der einsturzgefährdeten Schachtanlage herauszuholen. Anschließend sollen demnach die rund 126.000 Fässer mit leicht- und mittelradioaktivem Atommüll im Schacht Konrad, einem stillgelegten Eisenerz-Bergwerk in Salzgitter, endgelagert werden. Das gehe aus dem Gutachten des BfS hervor, das am Freitag bekanntgegeben werden soll und der Zeitung vorliege.

Die Rückholung des Atommülls stelle "die einzige sicher umsetzbare" Alternative dar, heißt es laut dem Bericht in der 225-seitigen Expertise. Die Behörde rate der Politik zu größter Eile, angesichts des "prekären Zustands der Grube" Asse. Mit den Arbeiten solle "schnellstmöglich" begonnen werden. Die Behörde rechnet mit einem Zeitaufwand von etwa zehn Jahren.

...


Aus: "Röttgen will Atommüll aus Asse zurückholen" (15.01.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,672051,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,672051,00.html)

Title: [Lücken und Fehler in der Dokumentation...]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 20, 2010, 11:43:02 AM
Quote[...] Berlin: (hib/AS/CHE) Über die jährlichen Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) an den ehemaligen Betreiber des Atommülllagers Asse II in den Jahren 1967 bis 1992 kann die Bundesregierung im Moment noch keine konkreten Angaben machen. "Die Finanzdaten, die das Asse-Projekt vor 1993 betreffen, sind nicht elektronisch erfasst", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/399) auf eine Kleine Anfrage (17/342) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die entsprechenden Akten aus dem Bundesarchiv seien bereits angefordert, heißt es darin weiter. Die Frage, wie viel Zeit die Auswertung der Akten in Anspruch nehmen werde, hänge jedoch vom Umfang des Materials ab. In einer Vorbemerkung erklärt die Bundesregierung, dass sie den in der Kleinen Anfrage formulierten "Zusammenhang zwischen Lücken und Fehlern in der Dokumentation des radioaktiven und chemotoxischen Asse Inventars und der Dokumentation der Mittelverwendung des ehemaligen Asse-Betreibers" nicht erkennen könne.


Aus: "Zuwendungen an den Asse Betreiber von 1967 bis 1992 noch nicht bezifferbar"
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz (Umwelt/Antwort - 19.01.2010)
Quelle: http://www.bundestag.de/presse/hib/2010_01/2010_011/02.html (http://www.bundestag.de/presse/hib/2010_01/2010_011/02.html)

Title: [Bundestag beschließt längere Laufzeiten...]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 29, 2010, 09:31:35 AM
Quote[...] Die Regierungsparteien, deren Umwelt- und Wirtschaftspolitiker sich im letzten Jahr oft heftig widersprochen hatten, präsentieren sich einig wie nie. Peter Altmaier, der parlamentarische Geschäftsführer der Union, der am Vortag im taz-Interview noch von schwarz-grünen Koalitionen geträumt hatte, wirft den Grünen nun "Klamauk" und "Obstruktion" vor. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), der die Laufzeiten eigentlich viel weniger verlängern wollte als die im Schnitt mindestens zwölf Jahre, die nun beschlossen werden, will seine Niederlage offenbar durch möglichst heftige Angriffe gegen die Opposition vergessen machen: "Verantwortungsverweigerer" und "energiepolitische Blindgänger" nennt er seine Amtsvorgänger Sigmar Gabriel (SPD) und Jürgen Trittin (Grüne). Während Schwarz-Gelb ein "revolutionäres Konzept" ausgearbeitet habe, würden seine Kritiker nur "argumentationsloses Kampfgeschrei" verbreiten und "Ängste schüren". Sein Konzept geht auf: Neben wütenden Zwischenrufen aus der Opposition erntet Röttgen ungewohnt langen Beifall aus den eigenen Reihen.

Trittin und Gabriel fahren ihrerseits schwere Attacken gegen den Umweltminister. Indem er behaupte, die Sicherheitsanforderungen zu verschärfen, sage "Märchenonkel Röttgen" der Öffentlichkeit "dreist die Unwahrheit", kritisiert Gabriel. Und Trittin wirft Röttgen eine "unerträgliche Lobby- und Klientelpolitik" vor. Um den Energiekonzernen Milliardengewinne zu ermöglichen, habe die Regierung durch das verkürzte Verfahren parlamentarische Regeln gebrochen. Zudem sei die geplante Umgehung des Bundesrats verfassungswidrig. "Was Sie machen, ist keine Revolution, sondern ein Putsch", sagt Trittin.

SPD, Grüne und Linke sind sich einig in der Kritik, dass die Regierung einen mühsam erzielten gesellschaftlichen Konsens aufkündige. "Sie stellen absichtsvoll Unfrieden her", sagt Linken-Fraktionschef Gregor Gysi.

Einen ersten Eindruck davon vermitteln Atomkraftgegner zur gleichen Zeit in Berlin: Während der Bundestagssitzung bilden knapp 2.000 Menschen vor dem Reichstagsgebäude eine Menschenkette. Mit Trillerpfeifen und Kochtöpfen schlagen sie "Atomalarm", um die Abgeordneten zur Ablehnung der Laufzeitverlängerung aufzufordern. "Eine breite Mehrheit ist gegen Atomkraft", sagt Uwe Hiksch vom Vorstand der Naturfreunde Deutschland.

Anschließend verfolgt ein Teil der Demonstranten die Bundestagsdebatte vor dem Brandenburger Tor auf einer Leinwand; andere üben dort eine Sitzblockade für den Castor-Transport, der am nächsten Wochenende nach Gorleben rollt. Aktivisten von Greenpeace entrollen unterdessen vom Dach der CDU-Parteizentrale ein riesiges Transparent, auf dem sie der Partei "Politik für Atomkonzerne" vorwerfen.

Erfolg hat der Protest vor der Tür ebenso wenig wie der Versuch der Grünen im Bundestag, die Abstimmung durch eine Vielzahl von Änderungsanträgen, über die namentlich abgestimmt wurde, aufzuhalten: Mit mehreren Stunden Verspätung stimmt Schwarz-Gelb am Nachmittag mit knapper Mehrheit für die umstrittenen Atomgesetze.

Quote28.10.2010 21:03 Uhr:
von Müller:

Alles koruppte und hörige Politkasper, für die die Sessel, bei denen wo sie sich prostituiert haben, schon bereit stehen. Jeder Drogendealer ist mir sypatischer ...


Quote28.10.2010 17:46 Uhr:
von m.m.:

Wie hoch mögen die Spenden von Vattenfall, RWE, Eon und EnBW an CDU/CSU und FDP wohl gewesen sein?
... Keine Regierung vorher hat es gewagt, so offen Politik für ihre Klientel zu betreiben. Nicht einmal Kohl.



Aus: "Bundestag beschließt längere Laufzeiten: Atomausstieg unter Protest gekippt" (28.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/atomausstieg-unter-protest-gekippt/ (http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/atomausstieg-unter-protest-gekippt/)

Title: [Eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 05, 2010, 07:35:36 AM
Quote[...] Auf rund 250.000 Tonnen wird die Menge des global bisher entstandenen hochradioaktiven Abfalls geschätzt, und in jedem der weltweit 441 Reaktoren entstehen inzwischen jedes Jahr 20 bis 30 weitere Tonnen.

Doch einen Ort, um diesen Müll dauerhaft sicher zu lagern, gibt es bislang nirgends auf der Welt. Als die kommerzielle Nutzung der Atomkraft in den 1960er Jahren begann, wurde Endlagerung noch nicht als Problem gesehen. Die Abfälle aus den Reaktoren würden "schon bald in einer europäischen Zentrale zur Frischhaltung von Lebensmitteln Verwendung finden", behaupteten Experten laut "Amtsblatt für den Stadtkreis Karlsruhe" vom September 1955, als in der Stadt die Ansiedlung eines AKWs debattiert wurde.

Inzwischen ist klar, dass der Atommüll für eine Million Jahre sicher eingeschlossen werden muss. Denn die radioaktiven Isotope, die bei der Atomspaltung entstehen, strahlen über viele hunderttausend Jahre. Beim Element Plutonium - das nicht zufällig nach dem römischen Gott der Unterwelt benannt wurde - etwa hat das in Brennelementen verwendete Isotop (239)Pl eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren: Nach diesem Zeitraum ist das Material erst zur Hälfte zerfallen, nach 240.000 Jahren immer noch 0,1 Prozent vorhanden. Wegen der starken Strahlung gilt (239)Pl schon im Milliardstel-Gramm-Bereich als sicher krebserregend.

Für die vielen tausend Tonnen von heißem, hochgiftigem, stark strahlendem Müll, die bereits existieren und weiter produziert werden, wird darum weltweit nach unterirdischen Lagerstätten gesucht, die für eine Million Jahre sicher gegen die Atmosphäre abgeschirmt sind. Granit, Ton, Lehm, Salz - fast jede Gesteinsform wird irgendwo untersucht. Doch ob durch wissenschaftliche Zweifel, technische Probleme oder politische Widerstände - auch nach 40 Jahren kommerzieller Atomkraft-Nutzung gibt es kein einziges Ergebnis, weder in atomfreundlichen Demokratien wie Frankreich noch in autoritären Atommächten wie China oder Russland.

Auch in Deutschland sind die bisherigen Endlager-Versuche spektakulär gescheitert: Im Westen wurde Atommüll im "Versuchsendlager" Asse bei Wolfenbüttel eingelagert, im Osten im Kalibergwerk Morsleben. Beide sind heute einsturzgefährdet und müssen aufwendig saniert werden. Unterdessen wächst der deutsche Atommüllberg täglich weiter: 921 heiße Metallcontainer vom Typ Castor horten die AKW-Betreiber bereits in oberirdischen Hallen. 200 weitere wären auch unter dem rot-grünen Atomausstieg noch dazugekommen; wenn die von Schwarz-Gelb beschlossene Laufzeitverlängerung umgesetzt wird, steigt diese Zahl auf 500.

Die meisten dieser Behälter werden ohne spektakuläre Transporte in Hallen direkt auf dem AKW-Gelände gelagert. Transportiert wird vor allem jener Atommüll, der einst zur Wiederaufbereitung nach Frankreich und England geschickt wurde. Im Zwischenlager Gorleben, einer oberirdischen Lagerhalle, befinden sich derzeit 93 Castor-Behälter. Ob sie jemals im dortigen Salzstock eingelagert werden, ist nach neuen Erkenntnissen über seine unwissenschaftliche Auswahl und neuen Zweifeln an seiner Eignung heute ungewisser als je zuvor.


Aus: "Wohin nur mit dem Zeug?" VON MALTE KREUTZFELDT (04.11.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-anti-akw/artikel/1/wohin-nur-mit-dem-zeug/ (http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-anti-akw/artikel/1/wohin-nur-mit-dem-zeug/)

Title: [Auf 300 Metern Gleislänge sitzen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 08, 2010, 09:54:24 AM
Quote[...] Sie haben die Polizei an ihre Grenzen gebracht. Eigentlich sollte hier längst der Castor fahren, doch seit Sonntagmittag saßen Tausende Menschen auf den Gleisen bei Harlingen, knapp 15 Kilometer vom Verladebahnhof Dannenberg entfernt. Die Polizei konnte sie nicht daran hindern, Tausende Beamte waren bereits andernorts im Einsatz. Mit Traktorblockaden verhinderten die Bauern der Umgebung, dass weitere Beamte herangezogen wurden.
Anzeige

Erst zum frühen Morgen gelang es der Polizei, erste Atomkraftgegner von den Gleisen zu tragen. "Manche gehen freiwillig, andere lassen sich auch wegtragen", sagte ein Polizeisprecher. Eine Demonstrantin, die Widerstand geleistet habe, sei verletzt. Bis Tagesanbruch brauchten die Beamten, die Strecke freizuräumen.

Aus der Polizeigewerkschaft hieß es, die Kollegen seien am Ende ihrer Kräfte. Am Sonntagnachmittag musste der Einsatzleiter Pferde- und Hundestaffel wegen überschrittener Dienstzeit abziehen. Zwei angedrohte Räumungen um 14 und 17 Uhr blieben aus, nur eine schwarz gekleidete Sondereinheit der Polizei nahm gezielt einige Aktivisten in Gewahrsam.

Nach Einbruch der Dunkelheit bot sich am Bahngleis Richtung Dannenberg ein gespenstisches Bild: Der Gleisabschnitt ist links und rechts von steilen Hängen gesäumt, die der Regen in den letzten Tage aufgeweicht hat. Oben warten Polizisten, doch an einen Einsatz aus der Höhe ist nicht zu denken. Für Wasserwerfer ist der Hang zu steil und eng.

Unten im Tal ist es feucht und kalt, am Abend kommt Frost. Auf 300 Metern Gleislänge sitzen und liegen die Menschen dicht an dicht, Isomatten und Rettungsdecken schützen vor der Kälte. Beißender Rauch von Feuern hängt in der Luft. ...

   * Feenfinder
   * 08.11.2010 um 9:31 Uhr

Gorleben - ein Produkt des Kalten Krieges

... es gibt sehr viele Dinge in Deutschland, die im Argen liegen und gegen die sich das Demonstrieren lohnt. Aber der Konflikt um Gorleben war bereits befriedet - bis ihn die aktuelle schwarz-gel(d)-be Bundesregierung den Atomkonsens aufkündigte. Gorleben als Endlager wurde in den 70er Jahren ausgewählt, weil der Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zur Grenze zum Klassenfeind lag - und nicht weil der Standort als besonders geeignet erschien. Die DDR hatte ihr Endlager Morsleben auch unmittelbar an der damaligen deutsch-deutsche Grenze errichtet. Auf beiden Seiten hoffte man, würde irgendwelche radioaktive Lauge irgendwann einmal auslaufen, würde einzig und allein der Klassenfeind geschädigt.

Heute gibt es die DDR und die deutsch-deutsche Grenze nicht mehr. Mit dem Endlager Morsleben hat der Bund ein riesiges Problem geerbt und es gibt gravierende Zweifel, ob Gorleben nicht doch aus Gründen der Bergsicherheit überhaupt geeignet ist.


Quote* illitsch
   * 08.11.2010 um 8:51 Uhr

Demokratie

Honecker Mielke und Co. konnten noch durch Abstimmen mit den Füßen entsorgt werden. Merkel Westerwelle und Co. sind da resistenter. Man schickt halt noch 1000 Polizisten mehr.





Aus: "Castor-Protest Übermüdete Polizisten, euphorische Blockierer" Von Carsten Lißmann (8.11.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-11/castor-blockade (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-11/castor-blockade)

-.-

Quote[...] Die Protestinitiative "Widersetzen" kritisierte das Vorgehen der Beamten am Gleis. Die Polizei halte sich nicht an die getroffene Absprache, dass die Protestteilnehmer "ordnungsgemäß weggetragen" werden müssten, sagte ein Sprecher. "Stattdessen werden sie heruntergezerrt." Der Polizeisprecher sagte dagegen, die Räumung verlaufe friedlich. "Die Demonstranten stehen in der Regel auf, wenn sie dazu aufgefordert werden."

Am Sonntag hatte es heftige Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten gegeben. Dabei setzten die Einsatzkräfte Wasserwerfer, Schlagstöcke und Reizgas gegen Aktivisten ein, die bei Dannenberg eine Bahnstrecke unterhöhlten.

...


Aus: "Atommüll-Transport Der Castor rollt wieder" dpa, Reuters, AFP (8.11.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-11/castor-blockade-geraeumt (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-11/castor-blockade-geraeumt)

Title: [Neue Zahlen nähren den Verdacht...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 27, 2010, 09:49:02 AM
Quote[...] Neue Zahlen nähren den Verdacht, dass die Bevölkerung im Umfeld von Atomanlagen einem erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt ist: Rund um das marode Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel häufen sich die Fälle von Blut- und Schilddrüsenkrebs. Wie aus dem aktuellen Krebsregister von Niedersachsen hervorgeht, sind zwischen 2002 und 2009 18 Fälle von Leukämie festgestellt worden. Das sind doppelt so viele wie gemäß dem Landestrend zu erwarten gewesen wäre. Außerdem wurde bei Frauen eine Verdreifachung der Fälle von Schilddrüsenkrebs registriert.

In dem alten Salzbergwerk Asse wurden zwischen 1967 und 1978 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll eingelagert. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das das Atomlager betreibt, sieht allerdings bisher keinen Zusammenhang zwischen den Krebserkrankungen und dem Atommülllager. Die Überwachungsmessungen hätten ergeben, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Gefahr für Beschäftigte und Bevölkerung bestehe, teilte die Behörde mit.

Das Gesundheitsministerium in Hannover hat dennoch zusammen mit dem Landkreis, dem Landesgesundheitsamt und dem Bundesamt für Strahlenschutz eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Fälle zu untersuchen. Nun gehe es darum, möglichst detaillierte Angaben zu den Krebsfällen zu bekommen, erklärte das Ministerium, da die Angaben im Krebsregister anonymisiert seien. "Wir müssen davon ausgehen, dass es mehrere Monate dauern wird, bis wir nähere Erkenntnisse zu den Menschen haben", sagte die zuständige Mitarbeiterin, Elke Bruns-Philipps. Der Wolfenbütteler Landrat Jörg Röhmann (SPD) warnte allerdings vor voreiligen Schlussfolgerungen. "Ein Zusammenhang zwischen den gehäuften Krebserkrankungen und der Asse-Thematik kann derzeit nicht hergeleitet werden", sagte er.

Die neuen Zahlen aus Niedersachsen sind nicht die ersten ihrer Art. 2007 zum Beispiel ergab eine vom BfS in Auftrag gegebene Studie, dass Kleinkinder im Umkreis von Atomkraftwerken ein höheres Krebs- und Leukämierisiko haben. Die Ursache dafür ist aber umstritten: "Nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand" sei auszuschließen, dass Atomkraftwerke im Normalbetrieb eine krankmachende Menge Strahlung freisetzten, erklärte das BfS seinerzeit.

Das Atommülllager Asse ist vor allem bekannt geworden für einen schlampigen Umgang mit Atommüll. Inzwischen ist bekannt, dass mehrfach Wasser in den angeblich sicheren Salzstock eingedrungen ist. Das BfS plant daher, den Atommüll wieder herauszuholen.

Autor: Dirk Eckert (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Martin Schrader


Aus: "Atomkraft: Mehr Krebs-Fälle rund um Asse" (26.11.2010)
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/article/0,,6271289,00.html (http://www.dw-world.de/dw/article/0,,6271289,00.html)

Title: [Das Bundesumweltministerium sieht keinen Zusammenhang...]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 14, 2010, 08:47:54 PM
Quote[...] Kürzlich hatten Forscher in der Region eine Häufung von Krebserkrankungen festgestellt. Die Zahl der an Leukämie erkrankten Männer im Umfeld der Asse ist demnach doppelt so hoch und die Zahl der Schilddrüsenkrebserkrankungen bei Frauen sogar dreimal so hoch ist wie im Landesdurchschnitt. Bislang ist aber unklar, ob ein Zusammenhang mit dem Atommülllager besteht. Das Bundesumweltministerium sieht keinen Zusammenhang der Krebshäufung mit dem Atommülllager Asse.

Im September war bekannt geworden, dass der Atommüll in der Asse deutlich stärker strahlt. Nach dem neu erstellten Inventarbericht wurde nämlich zehnmal mehr mittelradioaktiver Müll in das marode Lager gebracht als jahrelang angenommen.

hda/dapd


Aus: "Doppelt so viel radioaktive Flüssigkeit in der Asse wie bislang bekannt" (14.12.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,734675,00.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,734675,00.html)


Title: [Lage in Fukushima verschärft sich...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 25, 2011, 02:06:48 PM
Nuklearunfälle von Fukushima-Daiichi
=> http://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearunf%C3%A4lle_von_Fukushima-Daiichi (http://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearunf%C3%A4lle_von_Fukushima-Daiichi)

=> http://cryptome.org/eyeball/daiichi-npp/daiichi-photos.htm (http://cryptome.org/eyeball/daiichi-npp/daiichi-photos.htm)

Quote[...] Tokio (dpa) - Trotz aller Dauereinsätze im Kampf gegen die Kernschmelze hat sich die Lage am Atom-Wrack in Fukushima zugespitzt. «Die Regierung tut das Äußerste, um die Situation unter Kontrolle zu bringen», sagte Japans Ministerpräsident Naoto Kan bei einer Pressekonferenz.

«Die Regierung arbeitet rund um die Uhr.» Zuvor gab es neue Alarmmeldungen über extrem strahlendes Wasser im AKW Fukushima Eins. Dort sind jetzt zwei Blöcke ohne jede Kühlung.

... Kan räumte in seiner Ansprache ein, die Lage in Fukushima sei noch immer «sehr ernst». «Wir sind noch nicht in einer Position, in der wir optimistisch sein können.» Zwei Wochen nach dem Mega-Erdbeben dankte er ausdrücklich den Einsatzkräften am Krisen-AKW: Sie riskierten ihr Leben. Die Verstrahlten hätten sein Mitgefühl.

Besonders dramatisch ist die Situation an den Meilern 1, 2 und 3. Bereits am Donnerstag sorgte stark strahlendes Wasser an Block 3 für Rückschläge. Am Freitag dann stoppte ebenfalls radioaktiv belastetes Wasser die Einsätze an den Reaktoren 1 und 2, wie die Nachrichtenagenturen Kyodo und Jiji Press berichteten. Es wurde im Untergeschoss der Turbinenräume entdeckt - genau wie bei Block 3. Als hohe Radioaktivität festgestellt wurde, mussten sich die Techniker zurückziehen.

Am Donnerstag waren zwei Arbeiter in einem Keller neben Reaktor 3 verletzt worden, als ihnen verstrahltes Wasser in die Schuhe lief. Nach Angaben der Betreiberfirma Tepco hatte das Wasser eine Radioaktivität von 3,9 Millionen Becquerel pro Kubikzentimeter - 10 000 Mal so viel wie üblich. Laut Angaben der Atomsicherheitsbehörde NISA vom Donnerstag sollen die Arbeiter einer Dosis von rund 170 oder 180 Millisievert ausgesetzt gewesen sein. Die Maßeinheit Sievert zeigt an, wie groß die Wirkung der radioaktiven Strahlung auf Menschen ist. Ein Wert in Becquerel sagt dagegen noch nicht direkt etwas über die Gesundheitsgefahr aus.

Die 10 000-fach erhöhte Strahlung des Wassers war dennoch ein Alarmzeichen: Vermutlich seien an Block 3 der Reaktorbehälter oder das Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe beschädigt, berichtete der Betreiber Tepco. Die Atomaufsichtsbehörde NISA fügte an, das Wasser in dieser Anlage komme vermutlich vom Kern des Reaktors. Diese Berichte schürten neue Angst vor einer Kernschmelze.

Die NISA forderte den AKW-Betreiber Tepco zu einem wirksameren Schutz vor Radioaktivität auf. «Wir haben Probleme mit dem Strahlenschutz», stellte Sprecher Hidehiko Nishiyama fest.

An Reaktor 5 ist nach Angaben von Tepco das reguläre Kühlsystem inzwischen wieder repariert. Die defekte Pumpe sei ausgetauscht worden, die Kühlung laufe wieder. Das Unglücks-AKW hat sechs Meiler und zahlreiche Abklingbecken.

Japans Regierungschef sieht weiter keine Notwendigkeit, die 20-Kilometer-Evakuierungszone um das AKW auszuweiten. Regierungssprecher Yukio Edano empfahl aber den Menschen im 30-Kilometer-Radius, sich freiwillig in weiter entfernte Regionen zu begeben.

Als Reaktion auf die Fukushima-Katastrophe erwägt Japan zudem neue Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke. Das erklärte Wirtschaftsminister Banri Kaieda. Dei Regierung kündigte an, die Radioaktivitäts-Messungen bei Lebensmitteln ausweiten zu wollen.

... Erstmals wurde in der Luft in Deutschland radioaktives Jod aus Japan gemessen. Die Dosis sei absolut unbedenklich, teilte eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums am Freitag in Berlin mit.


Aus: "Lage in Fukushima verschärft sich" (sueddeutsche.de, 25.03.2011 )
Quelle: http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1131731 (http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1131731)


Title: [2285 Brennelementkugeln (D, 2011)...]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 03, 2011, 11:46:25 AM
Quote[...] Hamburg - Im Atomforschungszentrum Jülich bei Aachen hat es Pannen bei der Lagerung radioaktiver Materialien gegeben. Dadurch sind der nordrhein-westfälische Landesregierung nach SPIEGEL-Informationen 2285 Brennelementkugeln abhanden gekommen. Das geht aus den Antworten auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor.

Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) geht davon aus, dass Brennelementkugeln "allem Anschein nach" im niedersächsischen Forschungsbergwerk Asse gelandet seien. Genau lasse sich das heute nicht mehr herausfinden, weil die in der Asse "eingelagerten Mengen nicht bekannt sind". Besonders brisant dabei: In dem Salzbergwerk durften nur schwach und mittelradioaktive Abfälle der Republik gelagert werden - keine Brennelemente.

"Ein erschreckendes Beispiel, wie lax mit radioaktiven Stoffen hier umgegangen wurde", sagte Hans Christian Markert, Atom-Experte der Grünen. Er hat ausgerechnet, dass in den verschwundenen Kugeln etwa 2,2 Kilogramm Uran 235 und 23 Kilogramm Thorium 232 stecken. Allein das wäre Stoff genug für mehrere schmutzige Bomben. Doch das Risiko ist möglicherweise noch größer. Falls die Brennelemente benutzt worden sind, käme noch hochgefährliches Plutonium dazu.

jok

Quote


Quote
02.04.2011, WolArn

Das kann doch nicht sein,
...daß die nicht mehr wissen, was und wieviel da gelagert wird!?


Quote
02.04.2011, greentiger

Irgendwie ticken die nicht richtig
Ich lese es, allein mir fehlt der Glaube.

Seit Jahren wird potentieller Terrorismus als grösste Gefahr für Deutschland dargestellt. ...

Quote

03.04.2011, MaxMatthias

Vielen Dank, liebe Red.,
damit werde ich auch heute mit einem lautem Lachen wach.Die Realität ist immer weitaus härter als das, wovor wir Atomgegner seit Jahrzehnten warnen.


...


http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=32774 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=32774)


Aus: "NRW vermisst 2285 Brennelementkugeln" (02.04.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,754719,00.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,754719,00.html)

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Quote[...] Einem Zeitungsbericht zufolge ist jetzt offenbar ihr Verbleib geklärt. Die Brennelementekugeln wurden aus dem Forschungszentrum Jülich in das Forschungsbergwerk Asse gebracht. Dies gehe aus Unterlagen der Gesellschaft für Strahlenschutz und Umweltforschung hervor, berichtet die Rheinische Post.

Danach seien am 23. November 1976 und am 15. Dezember 1976 insgesamt drei Behälter mit Brennelementekugeln per Bahn von Jülich nach Asse gebracht worden. Das radioaktive Material sei in Blechdosen und Fässern transportiert worden.

Ein von rp-online veröffentlichtes Transport-Dokument trägt die Bezeichnung "Begleitliste zur Versuchseinlagerung mittelradioaktiver Abfälle im Salzbergwerk Asse". Als Art der radioaktiven Abfälle sind "BE-Kugeln in Blechdose" vermerkt.

Das Bundesumweltministerium kritisierte wegen des verschwundenen Atommülls die Atomaufsicht in Nordrhein-Westfalen. "Das BMU ist einigermaßen irritiert über die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht durch Nordrhein-Westfalen", sagte die Ministeriumssprecherin Christiane Schwarte. Das Ministerium werde Vertreter der Landesbehörde nun zu einem Gespräch nach Berlin einladen.

Mit dem ungeklärten Verbleib der Brennelementkugeln soll sich am Mittwoch der Düsseldorfer Landtag befassen. Die FDP hat dringliche Anfragen für die Sitzungen des Wirtschafts- und des Umweltausschusses angekündigt. "Wir nehmen es nicht unwidersprochen hin, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Grünen durch nicht fundierte Aussagen die Ängste der Bevölkerung schürt", sagte der umweltpolitische Sprecher der Liberalen, Kai Abruszat.

Am Wochenende war durch eine Antwort von Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) auf eine kleine Anfrage der Grünen bekanntgeworden, dass die Landesregierung keine genaue Kenntnis hat, wo rund 2300 Brennelemente aus dem 1988 stillgelegten Forschungsreaktor geblieben sind. "Allem Anschein nach" seien Brennelementkugeln aus Jülich im Forschungsbergwerk Asse eingelagert worden, antwortete Schulze.

In der Asse durften aber keine Brennelemente deponiert werden. Das Forschungszentrum versicherte auch, bei den fraglichen Brennelementen handele es sich um zerbrochene Kugeln, die einbetoniert in einem Zwischenlager in Jülich aufbewahrt werden.

Noch am Montag will sich der Vorstandsvorsitzenden des Forschungszentrums, Prof. Achim Bachem, in Berlin zusammen mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Thomas Rachel, äußern. Auch Schulze hat eine Erklärung angekündigt.

Im maroden Atommülllager Asse lagern nach Angaben des Bundesumweltministeriums knapp 14.800 Abfallbehälter mit mittelaktiv strahlendem Material.

Das ehemalige Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel wurde seit 1965 zwar offiziell als Forschungseinrichtung des Bundes betrieben. In dem Schacht wurden aber über Jahrzehnte auch radioaktive Abfälle der Industrie in großen Mengen abgelegt, da ein Endlager nicht zur Verfügung stand.


Aus: "In Blechdosen nach Asse" (04.04.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/atommuell-vermisste-brennelemente-kugeln-sind-in-asse-1.1081030 (http://www.sueddeutsche.de/politik/atommuell-vermisste-brennelemente-kugeln-sind-in-asse-1.1081030)

Title: [The Japanese Government has refused...]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 04, 2011, 09:27:26 AM
Quote[...]  Tokyo, Japan, 28 April 2011 – The Japanese Government has refused to grant Greenpeace permission to carry out independent radiation monitoring within the country's 12 mile territorial waters, approving only a much more limited programme further out to sea.

The organisation's flagship, the Rainbow Warrior, arrived outside Tokyo today, enroute to site of the stricken Fukushima nuclear complex. Greenpeace submitted a comprehensive research plan to the Japanese Ministry of Food and Agriculture including testing beyond that being carried out by the government (1). While permission has been granted to test seawater, sediment and sea life, the most important research within the 12 mile limit is being blocked (2).

The Rainbow Warrior needs to have its gyro compass repaired, so as such intends to dock briefly in Tokyo after which it will proceed to the Fukushima coast.

"It is critical that Greenpeace is allowed to test marine life, and to conduct monitoring in the coastal areas most at risk from sea water contamination from the Fukushima plant" said Junichi Sato, Greenpeace Japan Executive Director. "This is about providing independent and transparent information that will help people to protect both their health and livelihoods".

So far Greenpeace has carried out independent land based monitoring and published all of the results (3), which have been greeted with considerable appreciation by local officials and members of the public. In order to get a more complete picture marine based monitoring is vital.

"We need to extend our research (4) into the marine environment Japan relies upon so heavily to feed itself", said Ike Teuling, Greenpeace radiation expert aboard the Rainbow Warrior. "It has been almost two months since this crisis began and there is still not enough information in the public domain, or enough safety measures in place to protect the health of the population."

"We have been working closely with the authorities, and while we welcome this recognition of our research activities, like much of the government's response to this nuclear crisis, it simply does not go far enough", added Sato. "The government must urgently revise its decision and approve testing closer to shore, so we can begin this critically important independent research."

ENDS

CONTACTS:

Greg McNevin, Greenpeace International Communications, in Tokyo, +81 80 3930 3341
Greenpeace International Press Desk Hotline, Amsterdam +31 20 7182470

Photography and video of the radiation monitoring are available:
Greenpeace International Picture Desk, jnovis@greenpeace.org, +31629001152
Greenpeace International Video Desk, lucy.campbell.jackson@greenpeace.org, +31646162015

For more on Greenpeace's work in Fukushima, visit:
http://t.co/csFsCvF
Receive Greenpeace International press releases via Twitter: http://www.twitter.com/greenpeacepress

NOTES

(1) The Greenpeace research plan:
http://www.greenpeace.org/japan/Global/japan/pdf/20110428_Research_plan.pdf

2) MOFA approval of the research application, which was presented through diplomatic channels by the Dutch authorities:
http://www.greenpeace.org//japan/Global/japan/pdf/MOFA_response.pdf

3)  Results from Greenpeace's land-based radiation monitoring:
http://www.greenpeace.org/fukushima-data

4) Three Greenpeace teams have carried out radiation monitoring outside the 30km mandatory evacuation zone around the Fukushima nuclear plant. Two teams focused on mapping surface contamination and the third on food and milk testing. During March 27 and 28, radiation monitoring was conducted in Iitate village and Namie region. Between April 4 and 8 the teams conducted detailed measurements as well as food and soil analysis in Fukushima City, Koriyama City, Minamisoma, Namie, Iitate, and many places in between.

A detailed and annotated Google map of locations and radiation readings compiled by the Greenpeace team can be found here http://bit.ly/gaMGnf



From: "Greenpeace marine radiation monitoring blocked by Japanese government"
Press release - April 28, 2011
Source: http://www.greenpeace.org/international/en/press/releases/Greenpeace-marine-radiation-monitoring-blocked-by-Japanese-government/ (http://www.greenpeace.org/international/en/press/releases/Greenpeace-marine-radiation-monitoring-blocked-by-Japanese-government/)

Title: [Katastrophe ist womöglich ein zu schwaches Wort...]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 03, 2011, 11:44:16 AM
Quote[...] Katastrophe ist womöglich ein zu schwaches Wort für das, was im AKW Fukushima derzeit geschieht. Der Betreiber Tepco berichtet von Strahlenwerten, die in wenigen Sekunden tödliche Schäden bei Menschen verursachen können. Die genaue Höhe der Radioaktivität ist jedoch unbekannt. Die Skalen auf den Messgeräten reichen nicht aus.

An dem japanischen Katastrophen-Reaktor Fukushima sind an einer weiteren Stelle tödliche Strahlenwerte entdeckt worden. Der AKW-Betreiber Tokyo Electric Power (Tepco) teilte mit, auch in einem Lüftungsschacht seien mehr als zehn Sievert gemessen worden. Bereits am Vortag waren am Boden des Schachts ähnlich hohe Werte festgestellt worden. Ab einer Strahlung von zehn Sievert pro Stunde erleiden Menschen in der Regel nach wenigen Sekunden schwere gesundheitliche Schäden, die zum Tod führen können. Die tatsächlichen Werte könnten sogar noch deutlich höher liegen, weil die von Tepco eingesetzten Messgeräte nur eine Strahlung von bis zu zehn Sievert darstellen können.

Die Strahlenwerte machen das große Gesundheitsrisiko deutlich, dem die Tepco-Angestellten bei den Aufräumarbeiten an dem havarierten Atomkraftwerk ausgesetzt sind. Ungeachtet der Gefahr bekräftigte Tepco aber sein Ziel, die Reaktoren bis Januar zu stabilisieren. Die hohen Strahlenwerte würden die Arbeiten nicht behindern. Dagegen warnten Wissenschaftler den Konzern, er dürfe das Einhalten der Frist nicht über den Schutz seiner Einsatzkräfte stellen.

Seit der Atomkatastrophe im März geht auch in der japanischen Bevölkerung die Angst vor radioaktiv verseuchten Lebensmitteln um. Bei verschiedenen Produkten wurde bereits überhöhte Strahlung festgestellt. In mindestens 14 Präfekturen im Nordosten soll nun noch vor der Ernte untersucht werden, ob im dort angebauten Reis die Menge an radioaktivem Cäsium die Grenzwerte überschreitet.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin forderte Japan zum Handeln auf. "Die japanische Regierung muss jetzt alles tun, um noch schlimmere Auswirkungen der Katastrophe zu verhindern. Sie muss für maximale Transparenz sorgen und internationale Unterstützung heranziehen", sagte Trittin. Auch fünf Monate nach Beginn der Kernschmelze habe der Betreiber Tepco die Lage nicht unter Kontrolle.

...


Aus: "Todesfalle Fukushima: Strahlung sprengt Mess-Skala" (02. August 2011)
Quelle: http://www.n-tv.de/panorama/Strahlung-sprengt-Mess-Skala-article3958461.html (http://www.n-tv.de/panorama/Strahlung-sprengt-Mess-Skala-article3958461.html)

Title: [Endlager Meeresboden...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 07, 2011, 02:03:57 PM
Quote[...] zwischendurch wieder ein thema, welches in diesen tagen nur allzu leicht untergeht, aber nichtsdestotrotz zu den großen globalen, kapitalistischen und letztlich "zivilisatorischen" verbrechen gezählt werden muss. ich hatte mich vor ein paar jahren mit der zusammenarbeit von italienischem staat und der kalabrischen mafia 'Ndrangheta bei der versenkung von schiffen mit gift- und atommüll an diversen stellen im mittelmeer beschäftigt ( http://autismuskritik.twoday.net/stories/notiz-die-mafia-der-giftmuell-und-die-kapitalistischen-demokratien/ ); und in dem rahmen auch auf ähnliche giftmüllverklappungen vor der küste von somalia hingewiesen (Sie erinnern sich - die ehemaligen fischer, die jetzt als piraten ein schreckgespenst des "ungehinderten globalen warenflusses" geworden sind...).

nun hat das ard-magazin report mainz in der letzten sendung auf eine vermutlich nicht nur mir bisher unbekannt gewesene atomare zeitbombe an diversen stellen im atlantischen ozean aufmerksam gemacht:

"Endlager Meeresboden - Bis 1982 versenkten neun Staaten schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Nordostatlantik, darunter auch Deutschland. Insgesamt wurden offiziellen Statistiken zufolge an 15 Stellen 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern verklappt und zwar Alpha-, Beta- und Gammastrahler. Die verantwortlichen Regierungen gingen davon aus, dass der radioaktive Abfall in 4.700 Metern Tiefe "beseitigt" sei. Man nahm an, dass eventuell ausdringende radioaktive Stoffe im Ozean "verdünnt" würden. Heute ist die "Verdünnung" von radioaktiven Abfällen verboten, weil die Radioaktivität dabei nicht verringert sondern unkontrolliert verteilt wird." (...)

...


Aus: "aufgewärmt: gift- und atommüll in den meeren" Von monoma (04.11.2011)
Quelle: http://autismuskritik.twoday.net/stories/aufgewaermt-gift-und-atommuell-in-den-meeren/ (http://autismuskritik.twoday.net/stories/aufgewaermt-gift-und-atommuell-in-den-meeren/)

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Quote[...] Endlager Meeresboden - Bis 1982 versenkten neun Staaten schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Nordostatlantik, darunter auch Deutschland. Insgesamt wurden offiziellen Statistiken zufolge an 15 Stellen 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern verklappt und zwar Alpha-, Beta- und Gammastrahler. Die verantwortlichen Regierungen gingen davon aus, dass der radioaktive Abfall in 4.700 Metern Tiefe "beseitigt" sei. Man nahm an, dass eventuell ausdringende radioaktive Stoffe im Ozean "verdünnt" würden.

... Wenige Jahre nach den letzten Versenkungen haben Meeresbiologen herausgefunden, dass freigesetzte Isotope über die Nahrungskette auch aus einer Tiefe von mehr als 5.000 Metern hinauf in Fischfangzonen gelangen können. Seit 1995 ist das Versenken von Atommüll weltweit verboten. Inzwischen wurde in den Versenkungsgebieten u.a. Plutonium 238 in Wasserproben, im Sediment und in Fischen nachgewiesen. Die Halbwertzeit von Plutonium 238 liegt bei 87,7 Jahren. Wenige Millionstel Gramm Plutonium im Körper sind für den Menschen tödlich.

...

QuoteKommentar zu diesem Artikel:
Strahlende Altlasten

(Schempp Erich) 02.11.2011 , 13:03

Sehr geehrte Damen und Herren, mit größtem Interesse habe ich Ihren Bericht über die Verklappung von Plutoniumabfällen verfolgt. Mit größtem Interesse deshalb, weil in meinem Körper Plutonium nachgewiesen wurde und ich seit mehr als drei Jahren mehrfach an Krebs erkrankt bin. Allerdings stammt dieses Plutonium nicht aus dem Meer, sondern von Tests der Bundeswehr für Panzermunition, im Jahr 1983, an denen ich als Wehrpflichtiger teilgenommen. Dies ist als sicher anzunehmen, da ausreichend Beweise vorliegen. Es wurden Munitionshülsen und das darin enthaltene Restmaterial , die nachweislich von diesen Tests stammen von mehreren Labors untersucht. Die Munition stammt aus deutscher Produktion, beteiligt waren die Firmen Rheinmetall, Dynamit Nobel und Diehl AG. Woher das radioaktive Ausgangsmaterial stammt, ist allerdings noch unklar. Vermutlich ist es Abfall aus einer Wiederaufbereitungsanlage. Die Bundeswehr bestreitet jemals mit Uranmunition geschossen zu haben. Verweigert jedoch eine Einsicht in die Akten mit der Begründung diese seien streng geheim. Mehrere Klagen und Strafanzeigen wurden zurückgewiesen. Allen ist gemeinsam, dass weder Zeugen vernommen, noch Gutachter gehört, oder deren Gutachten zur Kenntnis genommen wurden. Im Gegenteil, ganz im Sinne eines Volker Kauder, CDU, der der Ansicht ist das Verräter hart bestraft werden müssen, wurden Strafverfahren gegen mich geführt. Der Grund für diese Tests ist sicherlich einmal die Möglichkeit radioaktive Abfälle billigst zu entsorgen. Zudem ist diese Uranmunition deutlich effektiver als Wolframmunition. Der Warschauer Pakt besaß zum damaligen Zeitpunkt bereits Uranmunition.

Mit freundlichen Grüßen Erich Schempp



Aus: "Deutscher Atommüll auf dem Meeresboden wird zur tickenden Zeitbombe - Strahlende Altlast" (2011)
Quelle: http://www.swr.de/report/strahlende-altlast/-/id=233454/mpdid=8815982/nid=233454/did=8815982/379um2/index.html (http://www.swr.de/report/strahlende-altlast/-/id=233454/mpdid=8815982/nid=233454/did=8815982/379um2/index.html)

Title: [Tepco habe die Gefahren bereits vor dem Unglück verharmlost...]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 13, 2012, 12:48:41 PM
Als Nuklearkatastrophe von Fukushima werden eine Reihe katastrophaler Unfälle und schwerer Störfälle im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi (Fukushima I) und deren Auswirkungen bezeichnet.
Die Unfallserie begann am 11. März 2011 um 14:47 Uhr (Ortszeit)  ...
wikipedia.org/wiki/Nuklearkatastrophe_von_Fukushima (http://wikipedia.org/wiki/Nuklearkatastrophe_von_Fukushima)

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Quote[...] Der Betreiber des Atomkraftwerks Fukushima hat die Gefahr durch Tsunamis bewusst verharmlost - um eine Schließung des AKW zu vermeiden. Das geht aus einem Dokument hervor, das der Konzern Tepco jetzt veröffentlicht hat.

... Der Konzern Tepco hat bewusst die Gefahr durch Tsunamis verharmlost - um eine Schließung des AKW zu vermeiden. Ein Dokument, das Tepco jetzt veröffentlicht hat, listet haarsträubende Missstände auf, die schließlich zur Katastrophe führten.

Lange hatte Tepco versucht, das wahre Ausmaß des Unfalls und seine Ursachen zu vertuschen. Vor diesem Hintergrund wirkt das Dokument, das die Betreiberfirma des AKW jetzt veröffentlicht hat, geradezu schonungslos ehrlich. In einer langen Liste werden die Versäumnisse aufgezählt, die es ermöglicht haben, dass ein Kernkraftwerk in einer Region, die für schwere Erdbeben und Tsunamis bekannt ist, von genau solchen Naturgewalten zerstört werden konnte.

In dem Papier findet sich unter anderem das Eingeständnis, dass Tepco die Gefahren durch einen Tsunami kannte - und bewusst verheimlicht hat: "Es wurde befürchtet, dass das Kraftwerk sofort abgeschaltet worden wäre, falls Tsunami-Risikostudien enthüllt worden wären."

Damit nicht genug: Tepco räumt in dem Report auch ein, gewusst zu haben, dass Maßnahmen gegen schwere Unfälle notwendig gewesen wären. Dies zuzugeben, hätte aber "gesetzgeberische Risiken" bedeutet. Nicht nur deshalb unterblieben neue Sicherungsmechanismen. Es habe außerdem die "latente Befürchtung" bestanden, dass man das AKW Fukushima-Daiichi dann vorübergehend hätte schließen müssen.

Den Tepco-Managern war es offenbar wichtiger, in der Öffentlichkeit keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen, als das Kernkraftwerk ausreichend abzusichern. "Es bestand die Sorge, dass die Implementierung von Unfall-Schutzmaßnahmen Ängste in der Öffentlichkeit geschürt und die Anti-Atomkraftbewegung gestärkt hätte", heißt es in dem Report.

Der Bericht ("Grundlegende Richtlinien für die Reform der Tepco-Atomstrom-Organisation") listet noch eine Reihe weiterer Versäumnisse auf, die in ihrer Summe den Unfall vom März 2011 wohl erst möglich gemacht haben:

    Eine "mehrdeutige Befehlskette und die unzureichende Vorab-Koordinierung mit der Aufsichtsbehörde und dem Büro des Premierministers" hätten den Kampf gegen die Havarie der Reaktoren erschwert.

    Die Befehle aus dem Tepco-Hauptquartier und aus dem Büro des Premierministers hätten außerdem für Durcheinander gesorgt.

    Man habe keine Informationen über den Status von wichtiger Ausrüstung austauschen und deshalb nicht schnell und angemessen reagieren können, zahlreiche unwichtige Informationen hätten die Entscheidungen zusätzlich verzögert.

    Es habe ein Mangel an Ingenieuren geherrscht, die Experten für den Aufbau der Systeme und deren Betrieb waren.

    Man sei nicht in der Lage gewesen, Notstrom-Batterien und Kompressoren schnell und problemlos miteinander zu verbinden.

    Wichtiges Material sei gar nicht vorhanden oder nicht schnell genug nachgeliefert worden.

    Es habe keine Richtlinien des Managements für den Fall gegeben, dass Notfälle an mehreren Reaktoren zugleich auftreten.

Völlig überraschend kommen die Eingeständnisse in dem Report freilich nicht. Im Juli war ein Untersuchungsausschuss bereits zu ähnlichen Schlüssen gekommen: Tepco habe die Gefahren durch Tsunamis bereits vor dem Unglück verschleiert, während des Unfalls ein schlechtes Krisenmanagement gezeigt und anschließend versucht, das wahre Ausmaß der Verfehlungen zu vertuschen.

Dass der Konzern all dies nun selbst zugibt, ist jedoch bemerkenswert: Zuvor hatte Tepco den beinahe 15 Meter hohen Tsunami, der nach einem Erdbeben der Stärke 9 über das Kraftwerk hereinbrach, wiederholt als "unvorhersehbar" bezeichnet.

Dabei stehen im Norden Japans seit langem vielerorts Steine, die vor Tsunamis warnen. Es sind Jahrhunderte alte Gravuren der Vorfahren, die offenbar ähnliche Katastrophen erlebt hatten.


Aus: "Fukushima-Konzern gibt gezielte Lüge zu" Von Markus Becker (12.10.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/fukushima-tepco-hat-tsunami-gefahr-bewusst-verharmlost-a-860986.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/fukushima-tepco-hat-tsunami-gefahr-bewusst-verharmlost-a-860986.html)

Title: [Begründet wurde die Manipulation...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 01, 2012, 03:36:04 PM
Quote[...] Arbeiter, die das zerstörte Atomkraftwerk Fukushima zurückbauen, haben ihre Strahlenmessgeräte mit Blei isoliert. So konnten sie länger in der Anlage sein.

... Begründet wurde die Manipulation gegenüber den Angestellten damit, dass sie sonst zu schnell den zulässigen Grenzwert von 50 Millisievert pro Jahr erreichen und so ihren Job verlieren würden – und jegliche Chance auf eine Anstellung in einem anderen Atomkraftwerk. Der Zeitung liegt nach eigenen Angaben eine Tonbandaufzeichnung des Gesprächs vor. ... Das japanische Gesundheitsministerium will den Vorwürfen nachgehen, war jedoch zu einer Stellungnahme zunächst nicht bereit.

...

Quote
   bernjul
   21.07.2012 um 16:06 Uhr

Manipulative Berichterstattung

Mich packt gerade die nackte Wut angesichts dieser Übertschrift:
"ARBEiTER haben Strahlenmessgeräte manipuliert"
Nein, die Arbeiter haben das wohl kaum freiwillig getan. Das MANAGEMENT und die REGIERUNG haben die Arbeiter gezwungen die Geräte manipuliert, um ihre kriminellen und mafiösen Machenschaften zu verschleiern.

...


Quote
   M. Wellington
   21.07.2012 um 16:38 Uhr

nicht manipulativ

Nein, die Arbeiter haben es tatsächlich freiwillig getan - oder eben gekündigt.
Der Grund steht auch im Artikel: wenn sie die Strahlenhöchstdosis erreicht haben, dürfen sie nicht mehr arbeiten und verlieren ihre Jobs - sie dürfen nicht mal mehr bei der Konkurrenz darin arbeiten.
Als Familienvater, der seine Kinder ernähren muss, würde auch ich freiwillig mein Messgerät abdecken. Lieber sterbe ich selbst früher als dass meine Familie in die Armut abrutscht.
Der zynische Punkt an dieser Problematik ist doch der, dass dieser Unfall nicht passieren hätte dürfen, aber halt trotzdem passiert ist. Nun müssen eben Menschen aufräumen, es geht nicht mehr anders.
Die Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht, der jetzigen Bauleitung ist bzgl. dieses Verhaltens meiner Meinung nach kein Vorwurf zu machen. Sie sind einfach nur ehrlich zu ihren Angestellten.
Und wie im Artikel beschrieben hatten etliche gekündigt und andere eben nicht. Mehr Freiwilligkeit von Seiten der Firma geht nicht. Der Zwang, die Abdeckung zu benutzen, stammt nicht von der Firma sondern von den privaten Zwängen, in denen sich die Arbeiter befinden.


Quote
   wawerka
   21.07.2012 um 16:52 Uhr

Tja....

"Als Familienvater, der seine Kinder ernähren muss, würde auch ich freiwillig mein Messgerät abdecken. Lieber sterbe ich selbst früher als dass meine Familie in die Armut abrutscht."

Solange Ihre Denkweise gesellschaftlich weitgehend akzepetiert bleibt, wird es immer Leute wie die Betreiber von Tepco geben, die kaltlächelnd tausende Opfer in Kauf nehmen um für sich selbst Milliardengewinne einzustreichen.

...


Quote

   JonVanValkenberg
   21.07.2012 um 17:06 Uhr

Man hats nicht leicht  als Kapitalistenknecht. Aber dass man das auch noch richtig so findet – da bleibt mir doch die Spucke weg...


Quote

   kannnichtsein
   21.07.2012 um 18:12 Uhr

freiwillig

sie haben ein seltsames verständniss von freiwilligkeit, großkapitalisten freuen sich freilich über solch eine arbeitsmoral in denen dem arbeiter das geld wichtiger ist als seine gesundheit. denn die märtyrerrolle zugunsten ihrer familie ist lächerlich, was sollen ihre kinder mit geld und ohne vater?

und meinen sie tatsächlich eine bedrohung hinter einer tat wäre ungültig, die tat immer noch freiwillig? eine geisel die den fluchwagen fährt sollte bestraft werden?


Quote
   xpeten
   21.07.2012 um 16:44 Uhr

"Die Arbeiter haben das wohl kaum freiwillig getan"
In einem Land, wo den Menschen Ungefährlichkeit und Alternativlosigkeit der Atomstromenergie wie eine Religion verordnet wird, an die man als anständiger Mensch gefälligst zu glauben hat, ist selbst dies denkbar. Was ist schon der Verlust von Gesundheit und Leben, wenn es dem geliebten Vaterland dient.





Aus: "Arbeiter haben Strahlenmessgeräte manipuliert" (21.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2012-07/fukushima-manipulation-strahlung (http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2012-07/fukushima-manipulation-strahlung)

Title: [Das Weltgifterbe...]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 29, 2013, 09:47:04 AM
Quote[...] Auf dem Betriebsgelände der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield lagern 112 Tonnen reines Plutonium , es ist das größte zivile Plutoniumlager der Welt. Ursprünglich glaubte man, mit dem aufgearbeiteten Atommüll günstig Strom erzeugen zu können, im eigens dafür konzipierten Schnellen Brüter. Doch der Traum vom Reaktor, der seinen eigenen Abfall verzehrt, droht zum Albtraum zu werden. Und während Länder wie Großbritannien, Deutschland und die USA verzweifelt nach Wegen suchen, den Stoff loszuwerden, findet die gefährliche Utopie des Plutoniumkreislaufs in China, Russland und Indien neue Anhänger – allen Gefahren zum Trotz.

Immer wenn ein Atomkraftwerk Strom aus der Kernspaltung von Uran erzeugt, entsteht dabei Plutonium. Es ist radioaktiv und hochgiftig. Schon wenige Mikrogramm können Krebs auslösen. Kein anderer Stoff, der in so kleinen Dosen tödlich wirkt, wurde je in so großen Mengen produziert.

... Das Gelände der Nuklearanlage Sellafield beginnt gleich hinter dem Bahnhof. Wer sich zu nah an den Zaun heranwagt, wird sofort von Sicherheitskräften umringt, die Maschinengewehre vor der Brust tragen: »Could we have a look at your documents, please?« Hinter dem Zaun Gestalten mit Schutzhelmen, die Hürden überspringen, robben, schießen: Sicherheitskräfte beim Einsatztraining. »Irgendwann ist ein Lageplan von Sellafield im Internet aufgetaucht«, sagt der Atomkraftgegner Martin Forwood. »Seitdem finden hier regelmäßig Übungen zur Verhütung von Terroranschlägen statt.«

Sellafield betreibt eine von zwei Plutoniumfabriken in Europa, die andere ist die Wiederaufbereitungsanlage in La Hague. In Sellafield stehen Gewerbehallen, Schornsteine, Bürokomplexe, Kühltürme und Reaktorkuppeln inmitten von grünen Hügeln. Da gibt es die beiden alten Plutoniumreaktoren, die früher Munition für das britische Atombombenprogramm produzierten. Sie stammen aus den fünfziger Jahren, als Sellafield noch Windscale hieß. Ein Brand im Jahr 1957 löste dort eine der ersten schweren Katastrophen des Nuklearzeitalters aus.

Hier steht auch die Wiederaufbereitungsanlage Thorp, wo abgebrannter Kernbrennstoff aus Atomkraftwerken in Salpetersäure aufgelöst wird, um daraus Plutonium und Uran wiederzugewinnen. In den Jahren 2004 und 2005 liefen durch ein Leck im Rohrsystem unbemerkt 83.000 Liter radioaktive Flüssigkeit mit 160 Kilogramm Plutonium in ein Becken. Die Brühe wurde abgepumpt, der Betreiber musste 500.000 Pfund Strafe zahlen.

Und schließlich gibt es die Fertigungsanlage für Mischoxid-Brennstoff, kurz: Mox, in der Plutonium und Uran zu neuen Brennelementen verarbeitet werden. Wegen technischer Schwierigkeiten produzierte die Anlage bislang nur einen Bruchteil der angekündigten 120 Tonnen Mox pro Jahr.

Ursprünglich war der Mox-Brennstoff für den Betrieb der Schnellen Brüter gedacht. Weil diese jedoch nie gebaut wurden oder vor Inbetriebnahme als Ruinen endeten, war bald eine andere Lösung im Gespräch: das Verbrennen in Leichtwasser-Reaktoren. Allerdings können die britischen Atomkraftwerke den Mox-Brennstoff nicht selbst verbrauchen, weil sie mit Gas gekühlt werden. Die AKWs, die man mit Mox-Brennstoff betreiben kann, stehen in Frankreich – und in Deutschland.

Tatsächlich stammen bis zu sieben Tonnen des Sellafield-Plutoniums aus dem Recycling deutscher Brennelemente. Die deutschen AKW-Betreiber waren ursprünglich vertraglich verpflichtet, Sellafield die entsprechende Menge an Mox-Brennstäben abzunehmen. Im September und November wurden 16 davon ins AKW Grohnde geliefert, begleitet von Protesten. Mox-Brennelemente seien unter anderem wegen der aufwendigen Handhabung etwa 30 Prozent teurer als Brennelemente aus reinem Uran, teilt Grohnde-Betreiber E.on mit. Trotzdem muss Deutschland Dutzende Mox-Brennelemente abnehmen. Wie konnte es nur so weit kommen?

Der Schnelle Brüter in Kalkar, die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf und die Mox-Kernbrennstoff-Fabrik in Hanau kosteten Milliarden, ohne jemals in Betrieb zu gehen. Doch seit Mitte der siebziger Jahre war die Wiederaufbereitung vorgeschrieben. Sie lieferte den AKW-Betreibern den Nachweis der »schadlosen Verwertung« – und entschärfte so den Konflikt um das Endlager Gorleben. Deshalb schickten die deutschen Betreiber weiter ihren abgebrannten Kernbrennstoff zur Wiederaufbereitung nach Frankreich und Großbritannien, obwohl in Deutschland niemand mehr an ein Atommüll-Recycling im Schnellen Brüter glaubte.

Erst 2005 gab die Bundesregierung den offiziellen Ausstieg aus der Wiederaufbereitung bekannt. Das Plutonium aus den Altverträgen muss Deutschland dennoch zurücknehmen. In Frankreich, Großbritannien und Belgien laufen noch Aufträge über 244 Mox-Brennelemente. Sie alle müssen irgendwie angeliefert und verbraucht werden, bevor der letzte deutsche Meiler heruntergefahren wird.

Die Kleinstadt Harwell, 25 Kilometer südlich von Oxford und damit weit entfernt von Sellafield, ist Sitz der Nuclear Decommissioning Authority (NDA), der für nukleare Entsorgungsfragen zuständigen Behörde. Adrian Simper ist hier als strategischer Leiter verantwortlich für Sellafield. Dass die britische Strategie der Wiederaufbereitung in der Sackgasse steckt, ist spätestens seit dem Atomunglück von Fukushima offensichtlich, wo es zur Kernschmelze von Mox-Elementen kam. Im August 2011 gab Großbritannien die Schließung der Sellafield-Mox-Fabrik bekannt, weil die Anlage von technischen Dauerproblemen geplagt war und mit Japan obendrein ihren letzten großen Auslandskunden verloren hatte.

»Ja, wir sitzen auf riesigen Plutoniumbeständen und haben jetzt keine Kernbrennstoff-Fabrik mehr«, gibt Simper zu. »Es ist Zeit, zu überlegen, was wir mit unserem Plutonium anfangen. Zunächst einmal müssen wir dafür sorgen, dass es für viele Jahrzehnte sicher gelagert wird.« Doch wie schützt man 112 Tonnen Plutonium vor Flugzeugabstürzen, Erdbeben, Überschwemmungen, Stromausfällen, Terroranschlägen? Simper schüttelt lächelnd den Kopf: Die Informationen über die technischen Sicherheitsstandards der Lagerstätte sind geheim.

Würde man das Plutonium als Müll deklarieren, erklärt Simper, müsste man eine schlüssige Entsorgungsstrategie vorweisen. »Unsere Regierung hat sich kürzlich dafür ausgesprochen, Forschung und Entwicklung weiterzuführen, um den Energiegehalt des Plutoniums zu nutzen. Voraussichtlich wird das Plutonium in Leichtwasser-Reaktoren eingesetzt werden, deren Bau Großbritannien in den kommenden Jahren plant.« Dafür wäre dann aber auch der Bau einer neuen Mox-Anlage nötig.

Für einen Teil des Plutoniums aus deutschen Beständen gibt es eine neue Regelung: Vier der sieben Tonnen hat jetzt die NDA in ihren Besitz genommen. Und die vereinbarte Produktion weiterer Mox-Kernbrennstäbe soll künftig der französische Nuklearkonzern Areva übernehmen. »So vermeiden wir teure Atomtransporte, und Großbritannien bekommt die Kosten für das Management des Plutoniums erstattet«, sagt Simper. »Aus Sicht der britischen Steuerzahler ist es also ein guter Deal und auch für unsere deutschen Kunden von Vorteil.«

Die Wiederaufbereitung, die Großbritannien einst mit Blick auf den Schnellen Brüter im großen Stil begann, hat dem Land ein gewaltiges Sicherheitsproblem beschert. Reines Plutonium, das nach der Wiederaufbereitung nicht mehr von dem stark strahlenden Mantel aus Atommüll umgeben ist, ist ein Waffenstoff. Obwohl es extrem gefährlich ist, kann man seine radioaktive Strahlung leicht abschirmen; es ist ein sogenannter Alphastrahler. Sollten sich je Handlanger von Terroristen oder Diktatoren Zugang zu einer Lagerstätte verschaffen, könnten sie es ziemlich einfach heraustragen.

Für die Endlagerung ist reines Plutonium daher nicht geeignet. Die paradoxe Lösung dieses Problems: Bevor man das mühsam separierte Plutonium in einer Matrix aus Glas oder Keramik endlagerfähig macht, müsste man es wieder mit anderem Atommüll vermischen, der Gammastrahlung abgibt. Das würde den Diebstahl erheblich erschweren. Doch solange ein Fünkchen Hoffnung auf ein Plutoniumrecycling besteht, lässt sich die Suche nach einem Endlager in die ferne Zukunft verschieben, und das Plutonium bleibt in Sellafield zwischengelagert.

... 26 neue Atomreaktoren will Russland in den kommenden Jahren bauen. Ein Teil davon sollen Schnelle-Neutronen-Reaktoren sein, die Mox-Kernbrennstoff mit einer hohen Beimischung von Plutonium nutzen. Davon profitiert auch das Institut für Atomenergie in Obninsk. Es ist Russlands renommierteste Kerntechnik-Kaderschmiede, hier büffeln über 4000 Studenten Atomphysik, Reaktortechnik und Radiologie. Danil Popowitsch etwa will sich auf die Forschung und Entwicklung der neuen Schnellen Brüter spezialisieren. Die Sicherheitsbedenken, die Störfälle der Vergangenheit und die Befürchtungen, dass dieser Reaktortyp Diktatoren und Terroristen Bombenmaterial in die Hände spielen könnte: Das alles quittiert der Student mit einem Schulterzucken. »Angst behindert nur die Arbeit. Es gibt keine Gefahr, es gibt nur Bereiche, die eine höhere Verantwortung verlangen«, sagt der angehende Nuklearingenieur. »Neue Technologien muss man souverän angehen. Dann wird alles gut.«



Aus: "Das Weltgifterbe" Andrea Rehmsmeier (28.01.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/01/Plutoniumluege (http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/01/Plutoniumluege)

Title: [In der ehemaligen Plutoniumfabrik...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2013, 09:08:42 AM
Der Handlungsort wechselt in die Vereinigten Staaten zur Hanford Site im Bundesstaat Washington. Dort wurde im Rahmen des Manhattan-Projekts ab 1942 die erste Nuklearanlage der Welt betrieben. Der Columbia River wurde hierbei mit radioaktivem Material kontaminiert, ohne jedoch die Bevölkerung über dessen Gefahren aufzuklären. Es wird altes Filmmaterial gezeigt, welches viele Familien beim Baden im verseuchten Fluss zeigt. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Albtraum_Atomm%C3%BCll#Hanford_Site.2C_USA (https://de.wikipedia.org/wiki/Albtraum_Atomm%C3%BCll#Hanford_Site.2C_USA)

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Quote[...] In der ehemaligen Plutoniumfabrik Hanford im US-Staat Washington tritt nuklearer Abfall aus Lecks in sechs unterirdischen Tanks aus. Die Atommüllanlage auf einem Gelände doppelt so groß wie Hamburg gehört zu den ältesten der USA. Schon öfter hatte es Berichte über undichte Tanks gegeben.



Aus: "Marode Anlage im US-Nordwesten - Sechs Atommülltanks in Hanford sind undicht"
Von Tina Hassel, ARD Washington (23.02.2013)
http://www.tagesschau.de/ausland/hanford100.html (http://www.tagesschau.de/ausland/hanford100.html)

Title: [Die künftigen Atomfuhren anderswo unterzubringen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 28, 2013, 10:08:37 AM
Quote[...] Sitzblockaden, Wasserwerfer, ,,Schottern" am Gleisbett, Schlagstockeinsätze – die herbstlichen Castor-Schlachten sind legendär. Schon 13 Mal hatte die deutsche Polizei die undankbare Aufgabe, Atomtransporte gegen heftigen Bürgerprotest quer durch die Republik bis ins Wendland nach Gorleben zu eskortieren. Eine Neuauflage dieser Spektakel würde so gar nicht zum Neustart der Atomendlager-Suche passen, die der Bund demnächst per Gesetz beschließen will.

Es geht um Symbolik. Niedersachsen will nicht, dass Gorleben durch weitere Castor-Einlagerungen als Endlagerstandort zementiert wird. Obwohl er ja laut der Verabredung mit dem Bund vorerst im Spiel bleiben soll. Aber es geht auch um ein bisschen Gerechtigkeit. Denn bisher trägt das Land im Norden der Republik den Großteil der Last mit dem Atommüll – Stichworte Gorleben, Asse, Schacht Konrad.

Die künftigen Atomfuhren anderswo unterzubringen, ist also überfällig. Es spricht für die beiden Länder, die nun in den Fokus kommen, dass sie das Ansinnen nicht aus Angst vor Protesten gleich abgebügelt haben. Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein werden sich Gesprächen über die Castoren wohl nicht verweigern. Wäre es anders, bräuchte man mit der neuen Endlagersuche erst gar nicht zu beginnen. Denn die wird noch ganz andere Debatten unter den eigenen Bürgern auslösen.


Aus: "Ein bisschen Gerechtigkeit für Gorleben" Joachim Wille (27. März 2013)
Quelle: http://www.fr-online.de/meinung/kommentar-atommuell-ein-bisschen-gerechtigkeit-fuer-gorleben,1472602,22229944.html (http://www.fr-online.de/meinung/kommentar-atommuell-ein-bisschen-gerechtigkeit-fuer-gorleben,1472602,22229944.html)

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Quote[...] Besonders auf Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wächst der Druck, künftig Castor-Behälter mit Atommüll aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien in Zwischenlagern aufzunehmen, um den bisher dafür genutzten Standort im niedersächsischen Gorleben zu entlasten. Beide Länder, grün-rot beziehungsweise rot-grün regiert, prüfen derzeit die Rechtslage bezüglich einer Lagerung an den eigenen AKW-Standorten.

Der Kieler Energiewende-Minister Robert Habeck (Grüne) sagte der Berliner Zeitung: ,,Wir werden uns Gesprächen zur Zwischenlagerung der Behälter mit Atommüll aus der Wiederaufarbeitung an anderen Standorten als Gorleben nicht verschließen." Eine politische Akzeptanz werde es aber nur geben können, ,,wenn es dabei zu einer gerechten Lastenverteilung unter den Ländern kommt". Es müsse zudem ausgeschlossen werden, dass Zwischenlager schleichend zu Endlagern werden. Im Umweltministerium in Stuttgart hieß es, man erhoffe genaue Informationen zu den Castor-Plänen bei einem Bund-Länder-Treffen am 7. April.

Über Alternativen zum Zwischenlager in Gorleben wird seit Sonntag diskutiert.

Die rot-grüne niedersächsische Landesregierung und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatten sich in ihrem Kompromiss zur neuen Atomendlager-Suche auch darauf geeinigt, zumindest vorerst keine weiteren Castor-Transporte ins Wendland zu schicken.

Die beiden Bundesländer sind am Mittwoch verstärkt ins Spiel gekommen. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, hatte empfohlen, die Castoren in grenznahen oder gut zu erreichenden Standorten unterzubringen. Es gehe auch darum, unnötige Transportstrecken zu vermeiden, sagte König.

Deutschland muss in den nächsten Jahren noch 26 Castor-Behälter mit stark strahlenden Reststoffen aus der Wiederaufarbeitung zurücknehmen – fünf aus der Anlage im französischen La Hague und 21 aus dem britischen Sellafield. Der kürzeste Weg führt im Fall La Hague per Bahn über die Grenze bei Straßburg nach Baden-Württemberg, wo es Zwischenlager an den AKW Philippsburg und Neckarwestheim gibt. Castoren aus Sellafield könnten per Schiff über die Elbe in die schleswig-holsteinischen AKW Brokdorf oder Brunsbüttel gebracht werden. In den dortigen Zwischenlagern wäre noch ausreichend Platz. Allerdings müssten neue Genehmigungen für die Lager beantragt und erteilt werden, was aber zeitlich durchaus möglich wäre.

Theoretisch könnten die Castoren auch in den zentralen Zwischenlagern in Ahaus (NRW) und Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) untergebracht werden. Auch hier müssten neue Genehmigungen erfolgen. Allerdings wären die Transportwege deutlich länger.


Aus: "Zwischenlager dringend gesucht" Joachim Wille (28. März 2013)
Quelle: http://www.fr-online.de/energie/atommuell--zwischenlager-dringend-gesucht,1473634,22230164.html (http://www.fr-online.de/energie/atommuell--zwischenlager-dringend-gesucht,1473634,22230164.html)

Title: [Im Nordostatlantik entweicht...]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 13, 2013, 10:33:14 AM
Quote[...] Im Nordostatlantik entweicht seit Jahren Radioaktivität aus versenkten Atommüllfässern. Das hat gestern das ARD-Politikmagazin ,,Report Mainz" in seiner Sendung berichtet. Das Magazin beruft sich dabei auf die Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR), der 15 Regierungen - darunter auch Deutschland - und die EU angehören.

Die OSPAR stellte laut ,,Report Mainz,, bereits im April 2010 fest: ,,Die Analyse ergab erhöhte Konzentrationen von Plutonium 238 in Wasserproben aus den Versenkungsgebieten. Das deutet auf das Auslaufen der Fässer hin. An einigen Stellen waren auch die Konzentrationen von Plutonium 293, Plutonium 240, Americium 241 und Kohlenstoff 14 im Wasser erhöht." Das stehe wörtlich im ,,OSPAR-Positionspapier zu den Auswirkungen der Tiefseeversenkungen von radioaktivem Abfall", das ,,Report Mainz" exklusiv vorliegt.

Für Menschen ist die Strahlung von einigen Millionstel Gramm Plutonium im Körper tödlich. Die Halbwertzeit von Plutonium 238 beträgt 87,7 Jahre. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA - International Atomic Energy Agency) wurde schon 1992 Plutonium in Fischen aus den Versenkungsgebieten nachgewiesen.

Verzeichnissen der Nuclear Energy Agency (NEA) und der IAEA zufolge versenkten neun Staaten an 15 Stellen im Nordostatlantik bis 1982 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern. Auch Deutschland beteiligte sich laut dem Politikmagazin an der Ablagerung von radioaktiven Abfällen. Das Referat III B4 im Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung initiierte sogar die erste internationale Versenkungsaktion. Das geht aus einem amtlichen Vermerk hervor, der ,,Report Mainz" vorliegt.

Dabei ,,entsorgten" Deutschland, England, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1967 insgesamt 10.895 Tonnen schwach- und mittelradioaktiven Abfall 400 Kilometer vor der portugiesischen Küste. Der deutsche Atommüll stammte von der Gesellschaft für Kernforschung mbH in Karlsruhe.

,,Report Mainz" zeigte in seiner gestrigen Sendung Unterwasseraufnahmen von aufgeplatzten und löchrigen Atommüllfässern, die Greenpeace im Jahr 2000 in einer Tiefe von etwa 100 Metern im Ärmelkanal gefunden hatte. Im selben Jahr untersuchte die Bundesforschungsanstalt für Fischerei das deutsche Versenkungsgebiet im iberischen Atlantikbecken und stellte in ihrem Abschlussbericht fest, ,,dass aus den Abfallbehältern frei gesetzte Radioaktivität in der Biosphäre angekommen ist".

Die letzten Untersuchungen in den Versenkungsgebieten wurden nach Angaben der Bundesregierung im Jahr 2005 durchgeführt. Allerdings waren die Messergebnisse aufgrund technischer Probleme unbrauchbar. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) arbeitet derzeit an einem aktualisierten Bericht über das gesamte radioaktive Material, das versenkt wurde, so ,,Report Mainz". Dabei handelt es sich um Alpha-, Beta- und Gammastrahler. Zum Teil wurde auch das radioaktive Gas Tritium in beschwerten Fässern versenkt. Insgesamt enthalten die Fässer rund zehnmal mehr Radioaktivität als alle Abfälle, die in den Schacht Asse eingebracht wurden.

Matthias Keller, der Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Fischindustrie, erklärte in ,,Report Mainz": ,,Wir erwarten jetzt von der Bundesregierung, dass sie alle notwendigen Maßnahmen, im Rahmen der Risikomanagementpläne veranlasst, um sicherzustellen, dass von diesen Fässern keine Gefahr für die Umwelt ausgeht."

Tobias Riedl von Greenpeace hält den versenkten Atommüll für ,,eine tickende Zeitbombe". Im Interview mit ,,Report Mainz" forderte er von der Bundesregierung ein Monitoringsystem in den Versenkungsgebieten: ,,Hier müssen Messungen vor Ort kontinuierlich vorgenommen werden."

Das Bundesumweltministerium betonte auf Anfrage von ,,Report Mainz", man sehe ,,keinen Anlass zu regelmäßigen Überwachungen des Versenkungsgebietes. Die in Fischen gemessenen Radioaktivitätskonzentrationen würden bei einem Verzehr zu Dosen im Nanosievert-Bereich führen."

Matthias Miersch, der Umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte dagegen: ,,Ich erwarte von der Bundesregierung, sich ohne ,Wenn und Aber' für die Sicherung dieser ökologisch katastrophalen, radioaktiven Abfälle unter Wasser einzusetzen und ein umfangreiches Monitoring der Fässer auf europäischer Ebene sicherzustellen." Eine unnatürliche Anreicherung von radioaktiven Stoffen in Nahrungsmitteln und Umwelt sei - unabhängig von der Konzentration - inakzeptabel.

Auch wenn früher Atommüll nicht mit der gebotenen Vorsicht und Voraussicht gelagert wurde, sei dies keine Entschuldigung dafür, die Zustände einfach so hinzunehmen. ,,In Deutschland zeigt uns die Asse, was die Folgen unkontrollierter Verklappung sind. Verrottende Fässer mit atomarem Abfall im Meer machen umso deutlicher, warum in Deutschland endlich eine transparente und ergebnisoffene Endlagersuche beginnen muss."

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte die Bundesregierung auf, die Rückholung der Atommüllfässer zu prüfen. Rüdiger Rosenthal, BUND-Sprecher: ,,Mit diesem Desaster im Nordostatlantik und dem Übertreten radioaktiver Nuklide in Fischen und damit in die menschliche Nahrungskette war leider zu rechnen. Die Altlasten der Atomindustrie werden Umwelt und Menschen noch über Generationen schädigen und exorbitante Kosten verursachen. Umso wichtiger ist der sofortige Atomausstieg in Deutschland und eine deutliche Beschleunigung des weltweiten Ausstiegs aus dieser Risikotechnologie."

Bundesumweltminister Norbert Röttgen müsse außerdem ein Konzept vorlegen, wie mit den Risiken des am Meeresboden auslaufenden Strahlenmaterials umgegangen werden solle. Dabei sei auch die Option einer Bergung der Atommüllfässer zu prüfen. ,,Die Kosten für eine eventuelle Rückholung müssen jene neun Staaten tragen, die die mehr als 220.000 Fässer ins Meer versenkt haben", so Rosenthal.

(Report Mainz, 02.11.2011 - DLO)



Aus: "Atommüllfässer im Atlantik laufen aus - Report Mainz: Plutonium in Fischen aus der Umgebung nachgewiesen" (02.11.2011)
Quelle: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-14059-2011-11-02.html (http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-14059-2011-11-02.html)

http://www.tagesschau.de/ausland/atommuell-aermelkanal100.html (http://www.tagesschau.de/ausland/atommuell-aermelkanal100.html)

Title: [Das Fassungsvermögen des Tanks...]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 03, 2013, 01:18:17 PM
Quote[...] Tokio - Die Pannenserie an der japanischen Atomruine Fukushima hält an: An dem havarierten Kraftwerk ist ein weiterer Tank mit radioaktivem Wasser übergelaufen. Verseuchtes Wasser sei in den Pazifik gelangt, teilte die Betreiberfirma Tepco mit.

Ein Arbeiter der Atomanlage soll das Fassungsvermögen des Tanks falsch eingeschätzt haben. Über einen Zeitraum von etwa zwölf Stunden traten demnach mindestens 430 Liter Wasser aus. Der Behälter verfügte über keine Anzeige, die vor einem Überlaufen hätte warnen können.

Laut Tepco soll das Wasser über eine Betonsperre gelaufen und durch einen Graben ins Meer geflossen sein. Der Tank ist einer von etwa tausend, die auf dem Gelände aufgestellt wurden. Laut einem Tepco-Sprecher stand er auf abschüssigem Untergrund und war in Richtung Meer geneigt.

Ein Regierungssprecher sagte, der erneute Zwischenfall zeige, dass Tepcos Bemühungen zur Bewältigung der Krise unzureichend seien. Die Regierung werde sich um das kontaminierte Wasser kümmern, fügte er hinzu, ohne Einzelheiten zu nennen. Er gehe davon aus, dass die Lage wieder unter Kontrolle sei.

Es ist bereits das zweite Mal binnen weniger als zwei Monaten, dass kontaminiertes Wasser aus den Reaktoren ins Meer floss. Im August waren rund 300 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser aus der Atomruine ausgetreten. Zuvor hatte Tepco zugegeben müssen, dass rund 300 Tonnen verseuchtes Grundwasser pro Tag ins Meer sickern. Mitte September trat zudem Dampf aus der Anlage aus.

Tepco steht wegen seines Krisenmanagements heftig in der Kritik. Der Firma wird vorgeworfen, das Ausmaß der Katastrophe zu vertuschen und die Öffentlichkeit nur häppchenweise zu informieren. So wurde bekannt, dass Verbindungsschläuche zwischen den Tanks direkt auf dem Rasen der Anlage ausgelegt worden waren; zudem war bis vor kurzen ein Arbeiter für die Überwachung von 500 Tanks zuständig.

Das Wasser wird zur Kühlung der geschmolzenen Brennstäbe verwendet und dann in den Tanks aufgefangen. In dem Atomkraftwerk 200 Kilometer nördlich von Tokio kam es im Frühjahr 2011 nach einem Erdbeben und einem Tsunami zur Atomkatastrophe.

ulz/Reuters/AP


Aus: "Neues Leck in Fukushima: Radioaktiv verseuchtes Wasser läuft in den Pazifik" (03.10.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/akw-fukushima-radioaktiv-verseuchtes-wasser-laeuft-in-den-pazifik-a-925935.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/akw-fukushima-radioaktiv-verseuchtes-wasser-laeuft-in-den-pazifik-a-925935.html)

Title: [Seit mehr als 40 Jahren betreibt...]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 29, 2013, 01:22:17 PM
Quote[...] Wir fahren mit Musa durch die Straßen von Niamey, der quirligen Hauptstadt des Niger. Der westafrikanische Staat ist hierzulande vor allem bekannt, weil er auf der Liste der ärmsten Länder der Welt einen unrühmlichen zweiten Platz belegt. Dabei sitzt das Land auf riesigen Vorkommen eines heiß begehrten Bodenschatzes: Uran - Nigers mit Abstand wichtigstes Handelsgut. 2010 machte es über 60 Prozent der Gesamtexporte aus. Doch während Europa in den Genuss allzeit verfügbarer, vermeintlich "sauberer" Kernenergie kommt, gehen im Niger immer wieder die Lichter aus. Niger profitiert nicht nur kaum - oder gar nicht - von seinem Rohstoffreichtum. Es bleibt auch noch auf den Altlasten des Uranabbaus sitzen.

... Seit mehr als 40 Jahren betreibt der Großkonzern Areva nun schon Uranabbau im kargen Norden des Landes. Der französische Staat, vertreten durch die das "Commissariat à l'énergie atomique et aux énergies alternatives" (CEA), ist Hauptaktionär. Denn der Hunger von insgesamt 58 Atomkraftwerken in der "Grande Nation" will gestillt werden. Kein anderes Land der Welt setzt so sehr auf Atomstrom wie Frankreich. Seinen großen Bedarf an radioaktivem Ausgangsmaterial deckt das Land zu einem Viertel aus nigrischem Uran.

... Mit einer Jahresproduktion von etwa 5000 Tonnen liegt Areva auf Platz zwei der uranfördernden Unternehmen weltweit und zählt damit schon heute zu den wichtigsten Lieferanten der europäischen Atomindustrie. Zwei Minen ringen dem nigrischen Boden das kostbare Gut ab; eine dritte ist bereits im Bau. Nach ihrer voraussichtlichen Inbetriebnahme im Jahr 2015 soll dort die gewaltige Menge von 5000 Tonnen Uran im Jahr abgebaut werden. Areva würde damit das kasachische Unternehmen KazAtomProm - den derzeitigen Spitzenreiter im profitablen Uran-Geschäft - endgültig vom Thron stoßen.

Die Folgen radioaktiver Belastung sind in Nigers Hauptabbaugebiet Arlit bereits spürbar. ... Nachdem Anwohner und Beschäftigte über Jahrzehnte immer eindringlicher ihre Bedenken geäußert hatten, untersuchte im Jahr 2003 die französische "Kommission für unabhängige Forschung und Information über Radioaktivität" (CRIIRAD) die Lage vor Ort. Auch Greenpeace widmete sich 2009 der Angelegenheit. Beide Organisationen kommen zu einem verheerenden Ergebnis: Die Strahlung ist fast allgegenwärtig. Sie verbirgt sich in der Erde, in der Luft und im Wasser, in den Hauswänden, ja sogar im Kochgeschirr.

So lag laut Greenpeace-Bericht der Strahlenwert bei vier von fünf getesteten Wasserproben über der von der Weltgesundheitsbehörde WHO empfohlenen Höchstdosis für Trinkwasser. Denn Areva deckt den gewaltigen Wasserbedarf für den Uranabbau aus dem Grundwasser und leitet die kontaminierten Abwässer anschließend einfach in nahegelegene Seen und Flüsse ab.

Als CRIIRAD auf die Verseuchung von Trink- und Brauchwasser hinwies, reagierte Areva zwar und versiegelte hastig einige nachweislich verseuchte Brunnen - ein Schuldeingeständnis blieb jedoch aus. Niemand wollte so recht zugeben, dass die Kontamination dem Uranabbau geschuldet war. Auch die Untersuchung von Bodenproben im Umfeld der Minen lieferte bedenkliche Ergebnisse. Hier war die Konzentration von Uran und anderen radioaktiven Substanzen etwa hundertmal höher als der Normalwert und überstieg damit deutlich internationale Grenzwerte.

... Es ist nicht sehr schwer, die Ursache für die starken Belastungen zu finden. Bei der Produktion von nur einem Kilogramm Uran fallen etwa 335 Kilogramm Abraum an, der immerhin noch 85 Prozent der Radioaktivität des reinen Erzes enthält. Während dieser Abraum beim Abbau unter Tage in nicht mehr benutzte Stollen verfüllt wird, lädt Areva im Tagebau das verseuchte Schutt-Geröll-Gemisch einfach unter freiem Himmel ab. Über einen Zeitraum von über 40 Jahren hat sich so ein gigantischer Berg aus über 35 Millionen Tonnen radioaktivem Schutt und Chemikalien angesammelt.

Mindestens genauso erschreckend ist: Niemand klärt die Bevölkerung wirklich über die Gefährlichkeit kontaminierter Materialien auf. Und so verwenden viele Anwohner radioaktiven Abraum für den Bau von Straßen und Häusern. Auch für die Abbautätigkeiten nicht mehr benötigte Werkzeuge werden weiterverarbeitet. Kontaminierte Metalle finden so über die lokalen Märkte Verbreitung und werden von der ansässigen Bevölkerung zu Gebrauchsgegenständen umfunktioniert. Selbst ein Kochtopf kann zum strahlenden Risikofaktor werden.

... Der Konzern rühmt sich zwar der Bereitstellung kostenloser ärztlicher Versorgung und Nachsorge, doch die Ärzte im Dienste Arevas wollen keinen einzigen Fall von arbeitsbedingter Krebserkrankung festgestellt haben. Und das, obwohl erst ab Mitte der achtziger Jahre - immerhin 15 Jahre nach Beginn des Abbaus - überhaupt Schutzkleidung, wie beispielsweise ein Mundschutz, an Minenarbeiter verteilt wurde. Tatsächlich aber ist etwa die Rate der durch Erkrankung der Atemwege verursachten Todesfälle in der Region Arlit fast doppelt so hoch wie im Rest des Landes. Greenpeace will mit Patienten gesprochen haben, bei denen statt Krebserkrankungen sogar vorsätzlich andere Krankheiten wie AIDS als Ursache der Beschwerden diagnostiziert wurden.

... Warum versetzen die immensen Uranreserven, die immerhin acht Prozent des weltweiten Vorkommens ausmachen, das bitterarme Land nicht in eine komfortable Machtposition? Warum lassen sie den Niger nicht so florieren, wie es beispielsweise die Ölvorkommen in den arabischen Ländern vermögen?

Vor allem die geografische Abgeschiedenheit und der Platz des Niger fernab der Weltbühne spielen Areva in die Hände. Dank alter kolonialer Seilschaften trifft der Konzern auf praktisch keine bürokratischen Hürden und "Störenfriede", die in Gesundheits- und Umweltfragen den Finger in die Wunde legen. Denn auch in medialer Hinsicht ist das Land relativ abgeschieden: Der Niger gerät - wie die meisten Sahel-Staaten - nur dann in die Schlagzeilen, wenn dort mal wieder eine Hungersnot herrscht oder europäische Staatsbürger entführt werden.

... Und Areva? Der Großkonzern überschüttet sich in Unternehmenskommuniqués mit Eigenlob. Die dort gemachten Aussagen stehen der Darstellung der Konzerngegner diametral entgegen. Areva streitet die Vorwürfe rundweg ab und sieht sich vielmehr als wichtigen Förderer der nigrischen Wirtschaft, preist die gezielte Unternehmensstrategie in den Bereichen Risikoprävention und Umweltschutz und rühmt sich nicht zuletzt, dass Dialog und Transparenz wichtige Schlüsselelemente von Arevas industriellen Aktivitäten seien. Gerade diese Behauptung muss den Bergbaugegnern sauer aufstoßen. In einer Erklärung der lokalen Organisation "Aghirinman" heißt es: "Es scheint, als seien Kameras im Rahmen der von Areva inszenierten Medienoffensive willkommen - nicht aber Messgeräte, die radioaktive Strahlung nachweisen könnten."



Aus: " Uranabbau im Niger: Der Fluch des strahlenden Reichtums" Marvin Kumetat (28.12.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/niger-areva-baut-im-grossen-stil-uran-ab-und-schadet-der-umwelt-a-934979.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/niger-areva-baut-im-grossen-stil-uran-ab-und-schadet-der-umwelt-a-934979.html)

Title: [Im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2014, 09:29:15 AM
Quote[...] Kiel - Im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel an der Elbe-Mündung sind weitere angerostete Atommüllfässer gefunden worden. Dies sei bei einer im Januar begonnenen Kamera-Inspektion des ersten von sechs unterirdischen Lagerräumen entdeckt worden.

Das teilte das für die Atomaufsicht zuständige schleswig-holsteinische Umweltministerium mit. «Die Kameraaufnahmen lassen erkennen, dass es in der Kaverne - wie von der Atomaufsicht erwartet - weitere Fässer mit Korrosionserscheinungen gibt», sagte eine Ministeriumssprecherin der Nachrichtenagentur dpa. Zuvor hatte der NDR darüber berichtet.

Insgesamt lagern 631 Stahlfässer mit radioaktiven Abfällen in sechs Kellerräumen des Kraftwerkes, den sogenannten Kavernen. Das erste durchgerostete Atommüll-Fass war bereits vor knapp zwei Jahren entdeckt worden. Der Betreiber Vattenfall sprach laut NDR davon, dass von den bereits überprüften siebzig Fässern «einige wenige» Auffälligkeiten im Sinne von Korrosion zeigten. dpa


Aus: "Weitere rostige Atommüllfässer in Brunsbüttel gefunden" Wolf Gerhmann (11.02.2014)
Quelle: http://www.braunschweiger-zeitung.de/nachrichten/Deutschland/weitere-rostige-atommuellfaesser-in-brunsbuettel-gefunden-id1334691.html (http://www.braunschweiger-zeitung.de/nachrichten/Deutschland/weitere-rostige-atommuellfaesser-in-brunsbuettel-gefunden-id1334691.html)

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Quote[...] In einem Betonkeller des stillgelegten Atomkraftwerks Brunsbüttel in Schleswig-Holstein sind 18 der 70 Fässer mit radioaktivem Abfall von Rost befallen. Das hat Umweltminister Robert Habeck nach Abschluss von Kamera-Inspektionen in einer der sechs Kavernen bekannt gegeben. Die Korrosionserscheinungen seien teils so stark, dass die Fasswand durchdrungen sei.

Trotz teils sehr hoher Strahlung direkt an den Rostfässern bestehe für Mitarbeiter des AKW und die Bevölkerung keine Gefahr, sagte Habeck: "Die Kavernen sind sicher." Nach draußen dringt Experten des Ministeriums zufolge nur marginal Strahlung.

In Brunsbüttel lagern in sechs unterirdischen, wegen der Enge nicht begehbaren Betondepots insgesamt 631 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen – Filterharze, Verdampferkonzentrate und Mischabfälle aus dem Reaktorbetrieb; davon 70 in der nun untersuchten Kammer.

"Wir rechnen damit, dass es auch beim Öffnen der anderen Kavernen zu Problemen kommen kann", sagte Habeck. An einzelnen Fässern in der Kaverne sei eine Strahlung bis zu 600 Millisievert pro Stunde gemessen worden. Zum Vergleich: Ein Arbeiter im AKW darf bis zu 20 Millisievert im Jahr ausgesetzt sein.

Experten des Ministeriums sagten, bereits ein, zwei Meter oberhalb der geöffneten Kaverne sei nur noch eine Strahlung von ein bis zwei Mikrosievert festgestellt worden – ein Mikrosievert ist ein tausendstel Millisievert. Die Kavernen seien mit 110 Zentimeter dicken Betondeckeln geschützt.

Bis Oktober 2014 sollen voraussichtlich drei weitere Kavernen mit der Kamera inspiziert werden. Die Bergung der Fässer aus diesen vier Depots soll 2015 beginnen. Vorgesehen ist ein Umfüllen in gusseiserne Container mit 16 Zentimeter dicken Stahlwänden. Mit einer neu entwickelten Bergungseinrichtung will der Betreiber Vattenfall die Fässer anheben, mit einem Übersack sichern und in ein Überfass stellen oder in einer Umsauganlage entleeren lassen.

Mit besonderen Problemen rechnen die Experten der Atomaufsicht für die zwei dann noch zu leerenden Kavernen. Die Fässer dort seien mit teils stärker radioaktivem Material befüllt. Es sei bei der Öffnung und Inspektion mit "erheblicher Strahlenexposition für das beteiligte Personal" zu rechnen.

Die jetzt rostenden Müllfässer sollten nur für wenige Jahre in Brunsbüttel lagern, liegen aber jetzt bereits mehr als 30 Jahre dort. "Die Fässer sollten ursprünglich bereits Mitte der 90er Jahre in das bundesweite Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle Schacht Konrad gebracht werden", sagte ein Vattenfall-Sprecher. Mit einer Inbetriebnahme von Schacht Konrad sei aber erst zwischen 2021 bis 2025 zu rechnen.

Die in Gusseisen-Container umgefüllten Atomfässer sollen deshalb zunächst auf dem AKW-Gelände in Brunsbüttel lagern – in zwei bestehenden sogenannten Transport-Bereitstellungshallen. Es ist aber der Bau einer neuen großen Halle geplant, in der sämtliche Container sowie später Material vom AKW-Rückbau Platz finden sollen. Zusätzlich verfügt Brunsbüttel über ein Standort-Zwischenlager für Castoren mit hochradioaktivem Atommüll.

Bundesweit lagerten nach einer Statistik der Universität Hannover von 2005/2006 zufolge rund 20.000 Fässer mit schwach- und radioaktivem Atommüll in deutschen Atomkraftwerken, teilten Experten des Kieler Ministeriums mit. Wie viele davon Rostschäden haben, sei nicht bekannt.


Aus: "Jedes vierte Atommüllfass in Brunsbüttel rostig" (19. Februar 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-02/atommuell-brunsbuettel-inspektion-atomkraftwerk (http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-02/atommuell-brunsbuettel-inspektion-atomkraftwerk)

Title: [Gleichzeitig soll die Stiftung...]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 11, 2014, 11:25:45 AM
Quote[...] Hamburg/Berlin - Die Chefs der drei großen Energieversorger, Johannes Teyssen (E.on), Peter Terium (RWE) und Frank Mastiaux (EnBW), wollen ihr gesamtes deutsches Atomgeschäft inklusive der Atommeiler an den Bund übertragen.

Nach Informationen des SPIEGEL aus Konzern- und Regierungskreisen sollen die Meiler in eine öffentlich-rechtliche Stiftung übertragen werden. Diese soll die Atomkraftwerke bis zum endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie im Jahr 2022 betreiben. Gleichzeitig soll die Stiftung für den milliardenteuren Abriss der Atomkraftwerke und die Lagerung der radioaktiven Abfälle verantwortlich sein.

Gehören soll diese "Bad Bank" für Atomkraftwerke dem Bund. Die Stromversorger wollen rund 30 Milliarden Euro an Rücklagen einbringen, die sie für Abriss und Entsorgung bislang bilden mussten. Der Staat soll im Gegenzug die gesamten Risiken übernehmen, die heute noch bei den Stromkonzernen liegen.

...


Aus: "Plan der Energie-Konzerne: Bund soll Abriss von Atom-Meilern finanzieren" (11.05.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/atomkraftwerke-energiekonzerne-fordern-bad-bank-vom-bund-a-968719.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/atomkraftwerke-energiekonzerne-fordern-bad-bank-vom-bund-a-968719.html)


QuoteTja, Leute...
floydpink heute, 08:06 Uhr
...euer Märchen vom billigen Atomstrom geht immer mehr den Bach 'runter.

http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15642928#post15642928 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15642928#post15642928)
Title: [Doch offen ist...]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 21, 2014, 10:18:15 AM
Quote[...] Berlin - Der Atomausstieg ist längst beschlossen. Doch offen ist, wer die Kosten für die Abwicklung der alten Meiler trägt. RWE-Chef Peter Terium fordert eine Beteiligung der Politik. "Wir werden unsere Verantwortung dafür tragen müssen. Aber es ist nicht nur und nicht allein unsere Verantwortung", sagte er zur Rolle der Energiekonzerne.

Teriums Begründung, warum am Ende auch der Steuerzahler beteiligt werden soll: "Die Energiebranche ist damals von der Politik in die Kernenergie reingetrieben worden." Die Branche habe dies zwar auch gern getan, da sie Geld verdienen wollte, räumte der Manager ein.

... Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Idee einer Atom-Stiftung für die Energiewirtschaft indirekt abgelehnt. "Im Grundsatz muss es dabei bleiben, dass die Unternehmen die Verantwortung für die Entsorgung von Atommüll tragen", sagte die CDU-Chefin kürzlich. Eine einseitige Verlagerung der Risiken "werden wir nicht mitmachen". Gleichzeitig machte Merkel deutlich, dass das Problem längst nicht gelöst sei. "Wir werden über das Thema der Kernkraftwerke und ihrer Altlasten sicher noch viele Gespräche führen", sagte die Kanzlerin.

...

QuoteIm Grunde ist es Unfassbar,
ronald1952 heute, 08:45 Uhr

mit welchen Argumenten solche Menschen wie Peter Terium um sich werfen. Jetzt ist die Energieindustrie also von der Politik dazu gezwungen worden, Milliarden zu Verdienen? Dieser Mann glaubt wohl hier bei uns in Deutschland leben nur noch Vollidioten? Erst die Deutschen Verbraucher abzocken und dann ein zweites mal über die Steuerzahler nochmals versuchen Milliarden für die Entsorgung einzusparen? ...

http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727722#post15727722 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727722#post15727722)

QuoteCDU-CSU können mit Geld umgehen
hypnos heute, 09:03 Uhr

... Politiker (Strauß & Co) haben die Kernenergie forciert. Die SPD/ Gewerkschaften waren aber auch bis in die 1980er-Jahre uneingeschränkt (militant) dafür. Vom billigen Atomstrom wurde noch bis vor wenigen Monaten gelogen. Die Rechnung für den "billigen" Atomstrom zahlen die Kinder, Enkelkinder, Urenkel, ...

http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727853#post15727853 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727853#post15727853)

Quotestatic_noise heute, 09:09 Uhr
Ich hoffe, das mit dem 'getrieben worden' ist aus dem Kontext gerissen. Sonst ist dieser 'Unternehmer' ein erbärmlich er Winseler... Wenn ich etwas 'gern gemacht' habe um 'Geld zu verdienen' kann ich nicht gleichzeitig getrieben worden sein. Dann bin ich zumindest aus Überzeugung mitgelaufen. Und ich kann mich nicht erinnern, dass in den 70er/80er Jahren irgendein Energiekonzern Skepsis zeigte, im Gegenteil. Ihr habt damals gegen den Willen der Bevölkerung eine Technologie etabliert weil euer Monopol es euch erlaubte. Heute könnt ihr das 'Produkt' auf einem veränderten Markt nicht mehr verkaufen. Unternehmerisches Risiko, Gewinne ein kassieren/ Verluste verstaatlichen??? Nein Danke! Eure AKW, Euer Gewinn, Euer Müll, Eure Verantwortung!

http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727912#post15727912 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727912#post15727912)

QuoteEs muss nicht vertretbar für die Energiekonzerne sein ...
diplpig heute, 09:18 Uhr
man kann sie auch verstaatlichen (vgl. Tepco) oder Pleite gehen lassen. Wird alles nicht passieren, aber die Arroganz der Branchen, die "systemrelevant" sind ist schon bemerkenswert.

http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727999#post15727999 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?p=15727999#post15727999)


Aus: "RWE-Chef Terium: "Energiebranche ist von Politik in Kernenergie getrieben worden"" (21.05.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/atomkraftwerke-rwe-chef-will-politik-an-entsorgung-beteiligen-a-970622.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/atomkraftwerke-rwe-chef-will-politik-an-entsorgung-beteiligen-a-970622.html)

Title: [Tepco räumte in einer offiziellen Mitteilung ein...]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2014, 09:58:52 AM
Quote[...] Tepco räumte in einer offiziellen Mitteilung ein, dass alle Versuche gescheitert sind, den Zufluss hoch radioaktiv belasteten Wassers in die Verbindungstunnel zwischen den Reaktoren 2 und 3 zu stoppen. Tepco-Ingenieure arbeiten seit Monaten daran, mit einer neuen Gefriertechnik zu verhindern, dass über die unterirdischen Kanäle immer wieder hoch radioaktiv belastetes Wasser nach außen dringt. Das offizielle Eingeständnis, damit gescheitert zu sein, weckt Zweifel am Konzept von Tepco und Meti.

...


Aus: "Tepco verliert die Kontrolle" Carsten Germis, Tokio (27.08.2014)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/nach-fukushima-tepco-verliert-die-kontrolle-13116295.html (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/nach-fukushima-tepco-verliert-die-kontrolle-13116295.html)


Title: [Die neuerlichen Funde von...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 01, 2014, 09:00:59 AM
Quote[...] BRUNSBÜTTEL dpa | Die neuerlichen Funde von verrosteten Atommüllfassern im schleswig-holsteinischen Atomkraftwerk Brunsbüttel sind nach Einschätzung des Nuklearexperten Michael Sailer nur die Spitze des Eisbergs. ,,Ich befürchte, dass bei weiteren Untersuchungen in anderen Kernkraftwerken weitere Rostfässer gefunden werden", sagte der Nuklearexperte Michael Sailer. Es habe den Anschein, dass viele Betreiber die Vorschriften zur kontinuierlichen visuellen Inspektion der Atommüllfässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen nicht unbedingt einhalten.

Sailer ist Geschäftsführer des Freiburger Öko-Instituts und sowohl Vorsitzender der Entsorgungskommission des Bundesumweltministeriums als auch Mitglied der Reaktorsicherheitskommission. ,,Die optimistische These lautet: Vielleicht war es nur in Brunsbüttel", sagte er. Wahrscheinlicher sei jedoch die pessimistische Annahme. ,,Wir kennen jetzt die Spitze des Eisbergs, wissen aber nicht genau, wie groß der wirklich ist."

Experten hatten zuvor festgestellt, dass die 631 in unterirdischen Lagerstätten im stillgelegten Kernkraftwerk Brunsbüttel aufbewahrten Atommüll-Fässer teilweise in desaströsem Zustand sind. Von bislang 131 inspiziert Behältern waren 28 auffällig.

Eine Technik zur sicheren Bergung der Fässer gibt es nach Sailers Einschätzung bislang nicht. ,,Man hat sich in Deutschland bisher keine Gedanken darüber gemacht, dass die Fässer im Laufe der Zeit rosten und damit mechanisch auch nicht mehr stabil sind", sagte Sailer.

Die 1983, 1985 und 2011 in Brunsbüttel eingelagerten Atomfässer waren auch nicht für eine langfristige Lagerung vorgesehen. Nach Angaben von Betreiber Vattenfall hätten sie bereits Mitte der 1990er Jahre umgefüllt und ins bis heute noch nicht in Betrieb genommene Endlager Schacht Konrad bei Salzgitter (Niedersachsen) gebracht werden sollen.

Sailer betonte, ,,Bergungstechniken müssen erst entwickelt werden". Bei der Handhabung dürfe es nicht zur Freisetzung von Radioaktivität kommen. ,,Ein Teil der Fässer ist aber in einem derart schlechten Zustand, dass es fahrlässig wäre, sie einfach mit einem Greifer nach oben zu ziehen."

Sie müssten zunächst stabilisiert werden. ,,Die Fässer sind nicht so gebaut worden, dass sie eine jahrzehntelange Zwischenlagerung aushalten können, denn man ist immer von einem bald zur Verfügung stehenden Endlager ausgegangen."

Vattenfall hatte nach den jüngsten Funden rostiger Fässer angekündigt, diese nach dem Inspizieren aller sechs Kavernen bis Anfang 2015 bergen zu wollen. Anschließend sollen sie in endlagerfähige Container umgefüllt und zunächst in einer Halle des AKW Brunsbüttel aufbewahrt werden - bis ein Transport nach Schacht Konrad möglich sei.

Sailer forderte, ,,weil der in den Fässern aufbewahrte Müll strahlt, sollten erst alle ferngesteuerten Methoden geprüft werden, bevor als allerletzte Maßnahme Menschen zur Bergung in die Kavernen geschickt werden". Grundsätzlich wisse niemand, wie der Zustand der Kaverne genau aussieht. ,,Das heißt, ob die Kavernen nach unten dicht sind oder dort Feuchtigkeit drin steht."

Genauso ungeklärt sei die Frage, ob der schützende Beton noch intakt ist. ,,Weil vorher nie in die Lagerstätten geschaut wurde, hat natürlich auch niemand unter der Kaverne nachgesehen." Von einer akuten Gefährdung gehe er aber zur Zeit nicht aus.


Aus: "Die Spitze des Müllbergs" (31.08.2014)
Quelle: http://www.taz.de/Atomkraftschrott-in-Brunsbuettel/!145115/ (http://www.taz.de/Atomkraftschrott-in-Brunsbuettel/!145115/)

Title: [Über den Zustand der in Deutschland lagernden... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 18, 2014, 07:44:56 AM
Quote[...] Hamburg - Die lange Reihe an Hiobsbotschaften aus deutschen Atommüll-Lagern bekommt eine Fortsetzung: Im größten oberirdischen Zwischenlager in Karlsruhe fanden Prüfer bei Kontrollen mehr als 1700 beschädigte Fässer mit radioaktivem Müll, wie das NDR-Politikmagazin "Panorama 3" berichtet.

Der Sender hatte eine Umfrage unter den Aufsichtsbehörden aller 16 Bundesländer durchgeführt. Laut den Antworten befänden sich an mindestens 17 Standorten leicht oder schwer beschädigte Fässer, darunter in der hessischen Landessammelstelle in Ebsdorfergrund und am Kernkraftwerk Biblis. Experten gehen davon aus, dass die Anzahl der beschädigten Fässer und Container mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen noch weitaus höher ist. Michael Sailer, Atomexperte des Öko-Instituts, sagte Panorama 3: "Ich erwarte, dass man bei genauerer Inspektion in verschiedenen Lagern weitere Korrosionen findet."

Über den Zustand der in Deutschland lagernden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle gibt es keine offizielle Übersicht. Laut NDR heißt es in einer noch unveröffentlichten Antwort auf ein Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen lediglich: "Der überwiegende Anteil der Gebinde mit radioaktiven Abfällen befindet sich in einem guten Zustand." Wie viele der rund 85.000 Behälter in weniger gutem Zustand sind, gehe daraus allerdings nicht hervor.

Besonders überraschend kommt die Nachricht nicht. Erst im Oktober war bekannt geworden, dass allein im Zwischenlager des stillgelegten AKW Brunsbüttel fast jedes dritte von 335 kontrollierten Fässern stark beschädigt war.

Trotz der schwierigen Situation um die Endlagerung wird Deutschland in den nächsten Jahrzehnten wohl deutlich mehr Atommüll entsorgen müssen. Allein die Menge des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls, für den bei Salzgitter derzeit das Endlager Schacht Konrad errichtet wird, könnte sich verdoppeln, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf einen Entwurf des "nationalen Entsorgungsplans", den die Bundesregierung mit den Ländern abstimmt.

Bislang wurde für Schacht Konrad eine Abfallmenge von 298.000 Kubikmetern Atommüll prognostiziert, meist aus dem Abriss der Atomkraftwerke. Stattdessen gehe der Bund nun "von einer Gesamtmenge der zu entsorgenden Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung von rund 600.000 Kubikmetern" aus, zitiert das Blatt aus dem Entwurf.

Darin zählt der Bund dem Bericht zufolge erstmals auch Abfälle aus der Urananreicherungsanlage in Gronau als Atommüll mit. Dessen Betreiber Urenco lagere dort derzeit 13.000 Tonnen sogenannte Urantails, die bei der Anreicherung übrig blieben. Bislang seien diese Mengen stets als "Wertstoffe" durchgegangen, aus denen sich noch Kernbrennstoffe fertigen ließen. Dagegen rechne der Bund in dem Entsorgungsplan, den die EU-Kommission verlangt, nun mit bis zu 100.000 Kubikmetern Atommüll allein aus der Urananreicherung.

Weitere 200.000 Kubikmeter kämen hinzu, wenn das marode Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel geräumt wird. Wohin der Zusatzmüll gehen soll, sei offen. Ziel seien zwei Endlager, berichtet die "SZ" unter Berufung auf den Entsorgungsplan: Schacht Konrad für Abfälle, die wenig Wärme entwickeln, sowie ein zweites für den "heißen", in Castoren gelagerten Atommüll. Mit der Suche danach befasst sich derzeit eine Bund-Länder-Kommission.

mbe/dpa


Aus: "Strahlender Abfall: Kontrolleure finden Hunderte beschädigte Atommüll-Fässer" (18.11.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atommuell-zwischenlager-pruefer-finden-hunderte-beschaedigte-faesser-a-1003474.html (http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atommuell-zwischenlager-pruefer-finden-hunderte-beschaedigte-faesser-a-1003474.html)

Title: [Am havarierten japanischen Atomkraftwerk...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 22, 2015, 09:03:49 PM
Quote[...] Am havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima ist ein neues Leck gefunden worden. Von dort gelangte hochradioaktives Wasser ins Meer. Sensoren hätten an der Stelle Werte gemessen, die bis zu 70 Prozent über den ohnehin hohen Belastungswerten des Komplexes lagen, teilte Kraftwerksbetreiber Tepco mit. Das Leck sei geschlossen worden, um zu verhindern, dass noch mehr verseuchtes Wasser in den Pazifik gelangt.

Das Atomkraftwerk war im März 2011 durch ein Erdbeben und einen Tsunami schwer beschädigt worden, in einigen Reaktorblöcken war es zur Kernschmelze gekommen. Seitdem kämpft Tepco mit der geplanten Reinigung von tausenden Tonnen kontaminierten Wassers, das zur Kühlung eingesetzt wurde. Bislang lagert es in Tanks auf dem Akw-Gelände, doch reichen die Kapazitäten nicht aus, und weitere Speichermöglichkeiten sollen errichtet werden.

Bereits mehrfach gelangte verseuchtes Wasser aus dem Atomkraftwerk durch Lecks ins Meer. Zudem gibt es stetig einsickerndes Grundwasser, und auch die Entsorgung hochradioaktiven Materials bereitet Schwierigkeiten. Bis das Atomkraftwerk endgültig stillgelegt werden kann, dauert es mindestens drei bis vier Jahrzehnte.

Die Internationale Atomenergiebehörde, kurz IAEA, hatte Japan vor wenigen Tagen "erhebliche Fortschritte" bei der Stilllegung des havarierten Atomkraftwerks Fukushima bescheinigt. Die Lage auf dem Gelände habe sich verbessert, in vielen Bereichen habe die radioaktive Verseuchung durch die andauernden Säuberungsarbeiten abgenommen, erklärte die UN-Behörde vergangenen Dienstag nach einem Kontrollbesuch in der Anlage. Als "Meilenstein" bezeichnete sie die erfolgreiche Bergung aller abgebrannten Kernbrennstäbe aus einem Abklingbecken des vierten Reaktorblocks. Außerdem lobte sie die Bemühungen zur Aufbereitung radioaktiven Wassers. Die Lage bleibe aber "sehr komplex", warnte die IAEA.

Die Behörde rief Tepco dazu auf, nach einer "nachhaltigeren Lösung" zu suchen. Sie riet dazu, das kontaminierte Wasser ins Meer zu leiten, wenn es weitgehend von radioaktiven Bestandteilen gereinigt wurde. Atomanlagen in aller Welt würden dies so handhaben - die Auswirkungen auf die Umwelt seien geringfügig. Auch viele Experten glauben, dass sich die Einleitung schwach kontaminierten Wassers ins Meer langfristig nicht vermeiden lässt. Doch bei Umweltschützern, den örtlichen Fischern und benachbarten Ländern stößt diese Idee auf Widerstand.


Aus: "Neues Leck am Fukushima-AKW: Hochradioaktives Wasser gelangt ins Meer" (Sonntag, 22. Februar 2015)
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Hochradioaktives-Wasser-gelangt-ins-Meer-article14563451.html (http://www.n-tv.de/politik/Hochradioaktives-Wasser-gelangt-ins-Meer-article14563451.html)

Title: [Die Messdaten sind großenteils...]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 20, 2015, 02:55:02 PM
Quote[...] Bayerns Wildschweine sind stärker verstrahlt als bekannt. Doch die Messdaten sind großenteils unter Verschluss. Der Jagdverband fürchtet Schaden für die Jäger.

Knapp drei Jahrzehnte nach dem Atomunfall von Tschernobyl ist die Strahlenbelastung der bayerischen Wildschweine höher als bislang bekannt. Das geht aus den für die Allgemeinheit nicht zugänglichen Messdaten zur Radioaktivität hervor, die der Bayerische Jagdverband (BJV) sammelt.

Danach wurde im Jahr 2013 bei 140 geschossenen Wildschweinen eine Belastung von mehr als 10.000 Becquerel pro Kilogramm gemessen – der Grenzwert liegt bei 600 Becquerel.

Zusammengetragen hat die Daten der BJV-Messstellen Helmut Rummel, der bis zum März im Landkreis Garmisch-Partenkirchen Messungen für die örtliche BJV-Kreisgruppe durchführte. "Die Leute wissen nicht, was sie essen", sagte der vom BJV mittlerweile kaltgestellte Rummel.

"Ich möchte, dass diese Daten öffentlich werden." Schwerpunkt war im Landkreis Augsburg, wo allein 88 Schweine mit über 10.000 Becquerel pro Kilogramm geschossen wurden. Im zum Landkreis Regen gehörenden Teil des Nationalparks Bayerischer Wald wurden 2013 zwanzig Schweine geschossen, von denen 13 eine Belastung von über 10.000 Becquerel pro Kilogramm aufwiesen.

Der Jagdverband erhält seine Daten von bayernweit über 100 Messstationen, bei denen Rummel die Ergebnisse abfragte. Was die Nichtveröffentlichung angeht, betreiben BJV und Freistaat klassisches Pingpong: Der Verband übermittelt seine Ergebnisse zwar an das Umweltministerium – doch publiziert werden diese nicht.

"Für eine Veröffentlichung durch bayerische Behörden gibt es keine Rechtsgrundlage", sagt ein Ministeriumssprecher. Die Behörden veröffentlichen lediglich die Ergebnisse staatlicher Stichproben.

Der BJV wiederum argumentiert, die Veröffentlichung sei Behördensache. "Für wissenschaftliche Zwecke werden die Daten verfügbar gemacht. An Private gibt der BJV keine Messdaten weiter", erklärt eine Sprecherin. Lediglich die Käufer eines Wildschweinbratens erhalten die Werte des betreffenden Tiers.

Der BJV wies im Dezember die Betreiber der Messstellen ausdrücklich an, die Radioaktivitätsdaten auch auf Anfrage nicht zu nennen. "Aus gegebenem Anlass" forderte Hauptgeschäftsführer Joachim Reddemann am 15. Dezember alle Messgerätebetreiber auf, auf das Landesamt für Umwelt zu verweisen.

Die Erklärung lieferte der BJV-Spitzenfunktionär gleich mit: "Der BJV möchte mit dieser Maßnahme verhindern, dass aufgrund einzelner hoher Werte, die an die Öffentlichkeit gelangen, in den Medien eine tendenziöse Berichterstattung zum Schaden der Jägerschaft erfolgt."

Der BJV ist inzwischen auf Distanz zu Rummel gegangen. Der Grund: Er wandte sich im März an das "Garmischer Tagblatt". "Aufgrund Ihrer Veröffentlichungen halte ich für unwahrscheinlich, dass Sie von unseren Jägern weiter kontaktiert werden zur Durchführung von Messungen", schrieb der örtliche Kreisgruppenchef anschließend an Rummel.

Der Jagdverband betont nun: "Wir wollen nicht verhindern, dass Messwerte bekannt werden, aber wir wollen verhindern, dass der pauschale und falsche Eindruck entsteht, alles Wildbret sei ,verstrahlt' und die Jäger seien an Messungen nicht interessiert." Die Garmischer Kreisgruppe habe Rummel "das Vertrauen entzogen".

QuoteForce6 • 20.04.2015

"Für eine Veröffentlichung durch bayerische Behörden gibt es keine Rechtsgrundlage", sagt ein Ministeriumssprecher.
Da kann sich der Bürger nur wundern.
Und sich fragen, warum dem so ist.
Was aber manchem Politiker wiederum gar nicht recht ist.
Gibt es doch da wiederum einen Interessenskonflikt.
Zwischen Fürsorge für den Bürger - und den Erwartungen einer treuen Wählerschaft.



Aus: "Tschernobyl-Folgen: Geheimsache radioaktiv verstrahlte Wildsäue" Carsten Hoefer (20.04.2015)
Quelle: http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article139797061/Geheimsache-radioaktiv-verstrahlte-Wildsaeue.html (http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article139797061/Geheimsache-radioaktiv-verstrahlte-Wildsaeue.html)
Title: [Insgesamt wird für den Bau nun...]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 21, 2015, 05:07:12 PM
Quote[...] BERLIN dpa |  Die Bundesregierung erhöht international den Druck, um eine Finanzierungslücke von 615 Millionen Euro für den neuen Sarkophag des zerstörten Atomkraftwerks Tschernobyl zu schließen. ,,Die bisherigen Zusagen und Absichtserklärungen werden für den sicherheitstechnisch erforderlichen Abschluss aller Maßnahmen nicht ausreichen", heißt es in einem Bericht des Umweltministeriums für den Bundestagsumweltausschuss, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Insgesamt wird für den Bau nun von Kosten in Höhe von 2,15 Milliarden Euro ausgegangen. Deutschland will im Rahmen der G7-Präsidentschaft die restlichen Gelder eintreiben, damit der Bau bis November 2017 vollendet werden kann.

Es handelt sich um eine riesige, weltweit einzigartige Stahlhülle über den 1986 havarierten Reaktor 4 in dem ukrainischen AKW. Da der bisherige Betonschutz brüchig ist, wird zum Schutz vor Strahlung die neue Konstruktion gebaut.

Unter Vorsitz Deutschlands findet am 29. April bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in London eine Geberkonferenz statt. 1997 hatten die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) den Aufbau eines Fonds vereinbart – bisher haben sie und Russland 1,5 Milliarden Euro zugesagt.

Der Sarkophag soll 108 Meter hoch, 162 Meter lang und 257 Meter breit werden – in der Fläche fast dreimal so groß wie der Petersdom. Die Bundesregierung will in den nächsten Jahren rund 18 Millionen Euro zusätzlich geben. Der Großteil der noch fehlenden Finanzmittel könnte über die EBRD zur Verfügung gestellt werden.


Aus: "Ein neuer Sarkophag für Tschernobyl: Die Betonhülle wird brüchig" (21.04.2015)
Quelle: https://www.taz.de/Ein-neuer-Sarkophag-fuer-Tschernobyl-/!158552/ (https://www.taz.de/Ein-neuer-Sarkophag-fuer-Tschernobyl-/!158552/)

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Quote[...] Morsch ist der Betonmantel über dem 1986 explodierten Atomreaktor vier in Tschernobyl schon lange. Aber knapp 30 Jahre nach der Katastrophe steigt das Risiko, dass das Gebäude ganz zusammenbricht, bevor die neue Schutzhülle über dem alten Sarkophag fertig gestellt ist. Die Physikerin Oda Becker hofft jedenfalls, dass der neue Sarkophag rechtzeitig fertig wird, bevor der unmittelbar nach der Katastrophe von den sogenannten Liquidatoren hastig errichtete erste Schutzmantel endgültig einstürzt.

Sie hat für die Umweltorganisation Greenpeace zum Jahrestag vor wenigen Tagen ein Gutachten über den aktuellen Zustand der Anlage erstellt. Von innen strahlt das radioaktive Material und zermürbt den Beton. Nach Beckers Informationen sickert inzwischen kontaminiertes Wasser aus der Reaktorruine ins Grundwasser. Von außen setzen Wind, Regen und andere Umwelteinflüsse dem maroden Gebäude zu. Selbst wenn die neue Schutzhülle die Strahlung von der Reaktorruine abschirmen kann, hält die Konstruktion höchstens 100 Jahre. Darauf ist sie jedenfalls ausgelegt. Es gebe aber weiterhin weder ein Konzept noch einen Finanzierungsplan, wie der Reaktorkern gesichert und die Ruine rückgebaut werden kann. "Ob der explodierte Reaktor unter den gegebenen technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jemals in ein ökologisch sicheres System überführt werden kann, ist zweifelhaft", schreibt der Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital.

Seit 1997 wird eine Traglufthalle aus Stahl geplant, die seit 2012 neben der Reaktorruine errichtet wird. Die Strahlung in unmittelbarer Nähe des Gebäudes ist immer noch so hoch, dass dort niemand arbeiten kann. Deshalb muss die gigantische Halle - 260 Meter breit, 165 Meter lang und 110 Meter hoch - in einem Kraftakt am Ende über die Reaktorruine geschoben werden. Rund 31 000 Tonnen müssen Ende 2017 bewegt werden, falls der Bau bis dahin tatsächlich fertig ist. Eigentlich hätte er in diesem Jahr fertig gestellt werden sollen. Aber dann ging dem bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) verwalteten Tschernobyl-Fonds einmal mehr das Geld aus.

Der Fonds ist ein Projekt der sieben größten Industriestaaten G7. Deshalb ist Deutschland, das aktuell die Präsidentschaft hat, dafür verantwortlich, dass zumindest weiter gebaut werden kann. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth sagte nach einer Geberkonferenz vor wenigen Tagen erleichtert: "Jetzt ist absolut klar, dass die Arbeit in Tschernobyl weiter gehen kann."

75 Millionen Euro fehlen immer noch. Aber zumindest kann die 2,1 Milliarden Euro teure Schutzhülle weiter gebaut werden. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte nach einer Geberkonferenz vor wenigen Tagen in London: ,,Ich bin froh und sehr erleichtert über das Ergebnis der Geberkonferenz. Es ist uns als Präsidentschaft der G7 gelungen, zusammen mit unseren Partnern die Fertigstellung der neuen Schutzhülle für die Reaktorruine in Tschernobyl finanziell zu abzusichern." Zu dem Zeitpunkt fehlten noch 85 Millionen Euro im Tschernobyl-Fonds, den die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) verwaltet. Am Wochenende kündigte Russland an, weitere zehn Millionen Euro in den Fonds einzuzahlen.

Die Londoner Geberkonferenz war bereits die fünfte, um die neue Schutzhülle über dem havarierten Reaktor zu finanzieren. Den größten Teil der Kosten trägt die EBRD selbst, sie schießt aktuell 320 Millionen Euro nach, hat zuvor aber schon 300 Millionen Euro in den Fonds eingespeist. Die G-7-Staaten haben bei der Geberkonferenz weitere 180 Millionen Euro aufgebracht. Deutschland hat einschließlich der nun zugesagten 18 Millionen Euro bisher rund 108 Millionen Euro in das Bauwerk investiert. In einem Statusbericht, den die Grünen von der Bundesregierung verlangt hatten, heißt es zum aktuellen Baufortschritt: "Die laufende Krise in der Ukraine zeigte im Projektablauf bisher weniger negative Einflüsse, als zu befürchten war."

Sollte die Schutzhülle noch nicht stehen, wenn der Bau in sich zusammenfällt, könnten bis zu 1,5 Tonnen radioaktiver Staub aus dem geschmolzenen Reaktorkern in einem Umkreis von 50 Kilometern niedergehen, je nach Windlage auch noch weiter. Dass das kein abwegiges Szenario ist, zeigte der 12. Februar 2013, als Wand und Dachstücke des dem Sarkophag benachbarten Maschinenhauses einstürzten. Das Gelände rund um den Reaktor ist seit 29 Jahren Sperrgebiet. Die Kontamination ist unterschiedlich. Es gibt Stellen, an denen nahezu nichts strahlt. An anderen Stellen ist die Strahlung so hoch, dass die Gesundheit von Menschen stark gefährdet wird. Dennoch sind einige Menschen in ihre Häuser im Sperrgebiet zurückgekehrt. Vor allem Ältere, die lieber in ihrer vertrauten Umgebung arm sind als anderswo. Sie leben damit, dass ihre Enkel nie zu Besuch kommen können, weil die Strahlung Kindern noch mehr schadet als Erwachsenen, berichtete eine Bewohnerin vor vier Jahren bei einem Besuch im Sperrgebiet.

Wie riskant das Leben dort immer noch ist, haben die etwa 150 Bewohner der 30-Kilometer-Sperrzone gerade erst wieder miterlebt. Etwa 20 Kilometer von der havarierten Anlage entfernt brach ein Waldbrand aus, gegen den 300 Feuerwehrleute mit drei Flugzeugen und einem Hubschrauber vier Tage lang ankämpften. Rund 400 Hektar Wald standen in Flammen. Erst am Sonntag meldeten die ukrainischen Behörden, dass der Brand unter Kontrolle sei. Die radioaktive Strahlung habe an der Reaktorruine leicht über der Norm gewesen, berichtete der Zivilschutz der Ukraine. Die Behörden vermuten Brandstiftung als Ursache.

Jeder Waldbrand kann die Verteilung der strahlenden Fracht verändern, weil strahlende Partikel aufgewirbelt werden können. Und angesichts des Klimawandels ist mit mehr Waldbränden als in der Vergangenheit zu rechnen. Davor haben gerade erst Forscher des Norwegian Institute for Air Research gewarnt. Ein Feuer kann radioaktive Partikel aufwirbeln und der Wind sie neu verteilen. Bis Kiew, etwa 100 Kilometer südlich von Tschernobyl, sind die Partikel aber nicht gekommen, berichtet das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das in der ukrainischen Hauptstadt eine Messsonde betreibt. Dort hätten die Messungen einen "normalen Verlauf" genommen, sagte eine Sprecherin des BfS dem Tagesspiegel.

Angesichts der bewaffneten Auseinandersetzungen in der Ostukraine haben Atomexperten trotz des vereinbarten Waffenstillstands Sicherheitsbedenken, was die noch Strom erzeugenden Atomkraftwerke in der Ukraine angeht. Auf eine Kleine Anfrage der grünen Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl schrieb Umweltstaatssekretär Florian Pronold (SPD) Anfang April, dass nach Kenntnis der Bundesregierung in den "fünfzehn ukrainischen Kernkraftwerksblöcken" zwischen 2012 und 2017 "ein Modernisierungsprogramm umgesetzt" werde, "um das Sicherheitsniveau zu erhöhen". Das kostet die wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine "nach vorliegenden
Informationen" etwa 1,4 Milliarden Euro. Die EBRD und Euratom wurden haben nach Angaben Pronolds dafür "Kredite von jeweils bis zu 300 Millionen Euro zugesagt". Weitere internationale Mittel seien für die Sicherheitsinvestitionen in die ukrainischen Atommeiler aber nach Kenntnis der Bundesregierung nicht vorgesehen.


Aus: "29 Jahre nach der Reaktorkatastrophe: Tschernobyl bleibt gefährlich" Dagmar Dehmer (05.05.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/29-jahre-nach-der-reaktorkatastrophe-tschernobyl-bleibt-gefaehrlich/11723734.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/29-jahre-nach-der-reaktorkatastrophe-tschernobyl-bleibt-gefaehrlich/11723734.html)

Title: [Fast klammheimlich und ohne eingehende Diskussion...]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 14, 2015, 05:07:40 PM
Bure ist eine französische Gemeinde mit 86 Einwohnern (1. Januar 2012) im Département Meuse in der Region Lothringen. ... Etwa 1,5 Kilometer südlich der Dorfmitte entsteht auf freiem Feld das Atommüllendlager Bure (Felslabor). Seit 2000 untersucht die französische Atommüllbehörde ANDRA die Eignung des 130 Meter mächtigen Tonsediment-Stocks, der sich hier erstreckt. Ein weiterer positiver Standortfaktor ist die geringe Bevölkerungsdichte. Proteste der Anwohner gingen bislang über rein örtlichen Charakter nicht hinaus. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Bure_%28Meuse%29 (Stand 07/2015)

In der Nähe des französischen Ortes Bure im Département Meuse in Frankreich wird durch die französische Atommüllbehörde ANDRA (Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs) in einer Tiefe von ca. 500 m ein Untertagelabor zur Erforschung der örtlichen geologischen Verhältnisse betrieben. Bei dem im benachbarten Département Haute-Marne geplanten Endlager für radioaktiven Abfall namens Cigéo (Centre industriel de stockage géologique pour les déchets HA et MA-VL, dt. umkehrbares geologisches Endlager für radioaktiven Abfall in den Départements Meuse und Haute-Marne) handelt es sich um ein unterirdisches Tunnelsystem mit einer Ausdehnung von 30 Quadratkilometern. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Bure_%28Felslabor%29 (Stand 07/2015)

Quote[...] PARIS taz | Fast klammheimlich und ohne eingehende Diskussion ist in der Französischen Nationalversammlung der Weg zur Bewilligung des Endlagers für Atommüll im lothringischen Bure, westlich von Metz und Nancy, geebnet worden. Das Projekt der französischen Atomwirtschaft, die seit Jahren fast verzweifelt eine Lösung für die Entsorgung der ständig wachsenden atomaren Rückstände der nuklearen Energieproduktion sucht, ist vom konservativen Senator Gérard Longuet in ein Paket von unterschiedlichen Wirtschaftsreformen eingebracht worden.

Mit der pauschalen Verabschiedung des nach dem Wirtschaftsminister Emmanuel Macron benannten Gesetzespakets hat das sehr umstrittene Vorhaben des Endlagers in Bure eine entscheidende Hürde genommen. Bure, dessen tiefer Untergrund laut den Experten der Atomindustrie geeignete geologische Eigenschaften besitzt, ist darin als Standort definiert worden.

Das fragwürdige Vorgehen hat die Empörung in Bure nur noch vergrößert. Das nationale Kollektiv gegen die Atomülllagerung spricht von einem ,,Affront" und einem ,,hinterhältigen Manöver". Zu den Merkwürdigkeiten der parlamentarischen Prozeduren in Frankreich gehört es, dass die Regierung umstrittene Gesetzesvorlagen ohne weitere Debatte für angenommen erklären kann, selbst wenn sie im eigenen Lager keine sichere Mehrheit für eine Abstimmung hat.

War der ganze Widerstand, namentlich der lokalen Landwirte und der Dorfbewohner, umsonst, und ist umgekehrt damit in Frankreich das Problem der Entsorgung der radioaktiven Rückstände gelöst, wie dies die Regierung und die staatliche Agentur Andra hoffen? Noch sind Beschwerden und Klagen der Gegner anhängig. In einem Gutachten der schweizerischen Experten von Geowatt ist unterstrichen worden, dass eine Lagerung radioaktiver Abfälle die wirtschaftliche Nutzung der geothermischen Ressourcen in geringer Tiefe verunmöglichen würde.

Die Coordination Burestop will weiter mobilisieren und alle juristischen Mittel ausschöpfen, um zu verhindern, dass das seit 1994 eingerichtete Versuchslabor in ein Endlager umgewandelt wird, in das dann ab 2025 die hochradioaktive Rückstände, vor allem aus den Atomkraftwerken von EDF, 500 Meter unter Tage in Tonschichten deponiert werden sollen. Dort sollen sie dann (aufgrund ihrer zum Teil sehr langen Halbwertszeiten) in den kommenden Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden verbuddelt oder versteckt bleiben. Die Andra musste sich allerdings gesetzlich verpflichten, den Zugang zum Lagerort für mindestens hundert Jahre technisch möglich zu machen.

Vorgesehen ist, dass 10.000 Kubikmeter hochradioaktive und 70.000 Kubikmeter mittelradioaktive Rückstände in Bure gelagert werden. Das entspräche rund fünfzig Jahren Fortsetzung des gegenwärtigen Atomstromprogramms. Jedes Jahr sollten dann in hundert Sonderzügen 700 bis 900 Behälter mit Atommüll angeliefert werden. Bisher aber hat Bure, das in einer ländlichen Region liegt, noch nicht einmal einen Bahnanschluss.


Aus: "Atommüll in Frankreich: Mogelpackung für Atommüll" Rudolf Balmer (13.07.2015)
Quelle: https://www.taz.de/Atommuell-in-Frankreich/!5212260/ (https://www.taz.de/Atommuell-in-Frankreich/!5212260/)

Title: [Im laufenden Jahr wurden...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 02, 2015, 09:42:09 AM
Quote[...] Denn die wichtigste Informationsquelle über Uranverladungen in Hamburg, das Gefahrgutinformationssystem Gegis, erfasst nur über See und per Hafenbahn transportierte Güter – und nicht, was auf Lastwagen durch die Stadt rollt. Und Gegis speichert die Daten nur drei Monate lang. Deswegen stellt die Linke regelmäßig Anfragen an den Senat und veröffentlicht dann Daten zu Atomtransporten, bevor sie aus dem System verschwinden. Anhand dieser Daten haben Aktivisten errechnet, dass durchschnittlich zwei Atomtransporte pro Woche über Hamburg laufen.

...  Bis Mai 2013 interessierte sich in der Stadt kaum jemand für radioaktive Fracht, die im Hafen umgeschlagen wird. Dann brannte es während des Kirchentags auf der Atlantic Cartier. Das Schiff hatte Autos geladen, aber auch Container mit Gefahrgut Klasse 7: strahlende Stoffe. Die Atlantic Cartier transportierte Reste von Uranhexafluorid – und vier Tonnen Munition. Eine brisante Kombination, auch politisch: Seitdem beschäftigt sich die Bürgerschaft mit Atomtransporten. Die Opposition verlangt Informationen.

Im laufenden Jahr wurden bis Ende Juni 363 Container mit radioaktiver Fracht im Gegis registriert. 2014 waren es rund doppelt so viele. Die Wasserschutzpolizei kontrollierte allein 635 Atomcontainer – rund 85 Prozent aller Nukleartransporte.

Viele Gefahrguttransporter bringen nicht nur strahlende Ladung nach Hamburg, sondern gleichzeitig Sprengstoff, Benzin und andere leicht entflammbare Stoffe. Material, das Terroristen zum Bau einer schmutzigen Bombe bräuchten. Eine Gefahr für alle Menschen in der Stadt, sagen Umweltschützer wie Cecile Lecomte. Nein, die Atomtransporte seien keine Bedrohung, solange alle Regeln eingehalten werden, erwidern Wasserschutzpolizei und Reedereien.

...  für die Atomindustrie hätte ein Atomtransportverzicht der Unternehmen sehr wohl Folgen. Denn Hamburg steht am Anfang der Brennstoffkette. Im Hafen kommen überwiegend Container mit Uran an, meist aus Kasachstan, Kanada, Namibia, Usbekistan. Über Hamburg gelangen Uranerz und Uranhexafluorid zu Aufbereitungsanlagen in Frankreich, in den Niederlanden oder zu Fabriken im westfälischen Gronau und im niedersächsischen Lingen. Bevor das Uran von der Stromindustrie genutzt werden kann, muss es angereichert werden. In mehreren Schritten entsteht Urandioxid, das in Pellets gepresst und in Brennstäbe gefüllt wird. Diese landen schließlich in den Kernkraftwerken. Über Hamburg laufen aber auch strahlende Brennstäbe, die in Castor-Behältern verfrachtet werden.

Wo die in Hamburg angekommene radioaktive Fracht bleibt, beschäftigt Umweltschützer in ganz Deutschland und Frankreich. Sie verfolgen die Container, informieren sich, wie ihre Route läuft, was ihr Ziel ist.

...  Lutz Dreyer und sein Chef Manfred Roß von der Dienststelle "WSP 5 Gefahrgutüberwachung und Umweltschutz" warnen vor Übertreibungen in Sachen Nuklearfracht. "Bei Gefahrgutklasse 7 haben wir beim Transport ein hohes Sicherheitsniveau", sagt Manfred Roß. "Wenn ein Transport zu 100 Prozent sicher sein soll, dürften die Güter gar nicht erst das Lager verlassen. Ein Unfall lässt sich nie ganz ausschließen."

Lutz Dreyer ergänzt: "Wenn es um den Transport radioaktiver Stoffe geht, denken viele Menschen schnell, das sei alles sehr gefährlich. Mich beschäftigen andere Gefahrgüter viel stärker. Chlorgas beispielsweise halte ich für viel bedrohlicher."

...


Aus: "Hamburger Hafen: Ziemlich aufgeladen" Hauke Friederichs (1. November 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/2015/42/hamburger-hafen-umwelt-atomtransporte (http://www.zeit.de/2015/42/hamburger-hafen-umwelt-atomtransporte)

Title: [So etwas ist bei uns noch nicht vorgekommen...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 11, 2015, 10:30:51 AM
Quote[...] "So etwas ist bei uns noch nicht vorgekommen", sagte am Freitag eine Sprecherin des Kernkraftwerks Gundremmingen. Am Donnerstag war dort im Abklingbecken von Block C ein Brennelement auseinandergebrochen. Das Element, ein Bündel von 100 etwa vier Meter langen, mit Uranoxid gefüllten Metallstäben, wurde gerade mit dem Ladekran zu einem neuen Platz transportiert. Der Sprecherin zufolge hatte der Kran die neue Position schon erreicht, als sich das Brennstabbündel von seinem Kopf löste. Der Kopf blieb am Greifer des Ladekrans, das Bündel sank auf die vorgesehene Position im Lagerbecken. Die Brennstäbe selbst seien nicht beschädigt und keine Radioaktivität freigesetzt worden.

Zusammen mit der Herstellerfirma werde nun Ursachenforschung betrieben. Der Zwischenfall wurde dem bayerischen Umweltministerium als Aufsichtsbehörde gemeldet.


Aus: "AKW Gundremmingen: Brennstabbündel bricht auseinander" (SWP, 06.11.2015)
Quelle: http://www.swp.de/ulm/lokales/kreis_neu_ulm/AKW-Gundremmingen-Brennstabbuendel-bricht-auseinander;art1158550,3520606 (http://www.swp.de/ulm/lokales/kreis_neu_ulm/AKW-Gundremmingen-Brennstabbuendel-bricht-auseinander;art1158550,3520606)

Title: [Entsprechend groß ist das Interesse...]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 09, 2015, 12:35:09 PM
Quote[...]  Für die Atomindustrie sind fünf Jahre ein geradezu lächerlich kurzer Zeitraum. Allein der Rückbau eines Kernkraftwerks dauert mindestens zehn Jahre. Bis Deutschland ein Endlager für seinen strahlenden Atommüll präsentieren kann, werden noch Jahrzehnte vergehen. Erst im Jahr 2050 soll es soweit sein.

Umso unglaublicher ist es, dass eine Muttergesellschaft gerade einmal fünf Jahre für die finanziellen Verpflichtungen ihre Tochter haften muss. So sieht es zumindest die aktuelle Gesetzeslage vor. Konkret bedeutet das: Hat ein Energiekonzern sein Atomgeschäft auf ein Tochter-Unternehmen übertragen, so muss er maximal fünf Jahre für deren Verpflichtungen haften. Dazu gehören auch die Rückstellungen, um den Rückbau der Kraftwerke zu finanzieren.

Es geht um Milliarden: Ein Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium schätzt, dass der Ausstieg 29 bis – im schlimmsten Fall – 77 Milliarden Euro kosten könnte. Aktuell haben die vier großen Unternehmen insgesamt 38,3 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Wenn es gut läuft, könnte das Geld also reichen. Die Rücklagen sind aber nicht in Cash vorhanden: Teilweise müssen die Stromversorger sie erst noch umwandeln und dafür beispielsweise Beteiligungen verkaufen.

Entsprechend groß ist das Interesse der Energiekonzerne, die Verpflichtungen zu begrenzen. Zum 1. Januar 2016 stellt sich beispielsweise E.on komplett neu auf. Künftig wird es neben E.on (zur der die erneuerbaren Energien gehören werden) auch eine Tochter namens Uniper geben, in der das Kohle- und Gasgeschäft gebündelt wird. Die Atomsparte sollte zur neuen Tochter Uniper wandern. Die Mutter müsste dann nur fünf Jahre für die Forderungen der ausgelagerten Atomsparte haften. Ginge Uniper irgendwann das Geld aus, müsste der Steuerzahler einspringen.

Es sind solche Umstrukturierungen, welche die Bundesregierung haben aufhorchen lassen: Will sich da gerade jemand um seine Verantwortung drücken? Mitte Oktober verabschiedete das Bundeskabinett deshalb das sogenannte Gesetz zur Nachhaftung. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel schwärmte damals, es funktionierte nach dem Prinzip "Eltern haften für ihre Kinder". Es stelle sicher, dass Muttergesellschaften für die Verbindlichkeiten ihrer Töchter für Rückbau- und Entsorgungskosten langfristig haften würden, sagte Gabriel. "So minimieren wir die Risiken für öffentliche Haushalte und Steuerzahler."

Als E.on von den Gesetzesplänen erfuhr, änderte der Konzern flugs seine Strategie: Noch vor der Kabinettsentscheidung gab das Unternehmen Anfang September bekannt, seine drei Atomkraftwerke nun doch nicht auszulagern, sondern im Mutterkonzern zu lassen. Ein verantwortungsvoller Vorstand könne seinen Eigentümern nicht vorschlagen, unbegrenzt für völlig unabhängiges Handeln einer anderen Gesellschaft zu haften, teilte E.on mit. RWE versuchte es erst gar nicht, sich um die Nachhaftung zu drücken. Vergangene Woche gaben die Essener bekannt, dass die Atomsparte im Mutterkonzern verbleibe.

Doch selbst wenn E.on und RWE im vorauseilenden Gehorsam ihre Pläne geändert haben – die Politik zögert noch. Zurzeit diskutiert der Wirtschaftsausschuss des Bundestags über das Gesetz. In der vergangenen Woche ist es überraschend von der Tagesordnung einer nicht-öffentlichen Sitzung geflogen. Nun wird es zeitlich knapp: Dass das Gesetz zum 1. Januar 2016 in Kraft treten wird, halten Fachleute inzwischen für unrealistisch.

Vor allem die Union will sich, im Unterschied zu SPD, mit dem Gesetz lieber Zeit lassen. Am liebsten würde sie es als Teil eines großen Atom-Gesetzpakets verabschieden. Denn inzwischen tagt auch die sogenannte Atomkommission: Der ehemalige Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sollen bis Ende Januar Ideen erarbeiten, wie der Atomausstieg finanziert werden kann und wie die Rücklagen der Energiekonzerne trotz unsicherer Geschäftsaussichten gesichert werden können. 

Die Ergebnisse der Kommission sollten lieber mit dem Nachhaftungsgesetz gemeinsam verabschiedet werden, fordert Joachim Pfeiffer, energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion. "Diese Fragen sind inhaltlich eng miteinander verknüpft." Es gebe keinen Grund zur Hektik, das Parlament brauche für einen solchen komplexen Sachverhalt ausreichend Zeit.   

In der SPD kann man die Gelassenheit nicht nachvollziehen. "Auf diesem Weg riskiert der Koalitionspartner eine massive, milliardenschwere Mehrbelastung des Steuerzahlers, für die er letztlich auch die politische Verantwortung tragen wird", warnt SPD-Abgeordnete Nina Scheer. Beistand gibt es von den Grünen: "Bundestag und Bundesregierung müssen sich jetzt entscheiden: Anwalt der Steuerzahler oder Komplize der Konzerne", sagt deren atompolitische Sprecherin, Sylvia Kotting-Uhl. Je länger sich die Verabschiedung hinziehe, desto größer die Chance, dass die Konzerne doch noch irgendeine Gesetzeslücke finden würden. Auch die Regierung will zumindest das Nachhaftungsgesetz so schnell wie möglich verabschieden. So misstrauisch ist Berlin inzwischen gegenüber den Stromriesen.

Mittlerweile tobt eine wahre Gutachtenschlacht: Mitte November präsentierten E.on und RWE eine bei der Rechtskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in Auftrag gegebene Expertise. Die nimmt wiederum ein vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten zu den Kosten des Atomausstiegs auseinander. Der Tonfall des Stromkonzerne-Gutachtens ist überraschend scharf. Das BMWI-Papier würde "das düstere Bild einer angeblich unzureichenden Rechtslage und nicht ausreichender Vorsorgeleistungen" der Energiekonzerne zeichnen. Freshfields pocht im Auftrag der Stromkonzerne auf geteilte Verantwortung: Auch der Staat müsse sich an den Ausstiegskosten beteiligen. Die aktuelle Unsicherheit diene nur dazu, den "Zugriff auf unternehmerische Vermögenswerte in Milliardenhöhe" zu legitimieren, kritisiert die Kanzlei.

Es ist ein Vorgeschmack auf die Diskussion in der Atomkommission. Die tagt nächsten Donnerstag. Neun Stunden sind veranschlagt.

Quote
M.Aurelius
#4  —  vor 14 Stunden 31
Redaktionsempfehlung

Das Spiel war von Anfang an abgekartet: jeder wusste, auch oder insbesondere die verantwortlichen Politiker, dass die Rückstellungen für Endlagerung und Rückbau niemals reichen werden. Jetzt werden die Milliardenschulden in "Bad Banks ausgelagert, die dann als, im wahrsten Sinne des Wortes, toxische Gesellschaften in die Insolvenz geschickt werden und damit der Gesellschaft ans Bein gebunden werden. Das ist genau der modale Kapitalismus, wie ihn unsere Regierung propagiert: Gewinne werden individualisiert und die Konsequenzen des eigenen Versagens soll die Gesellschaft tragen.


...


Aus: "Atomausstieg: Die Tricks der Atomkonzerne" Marlies Uken (8. Dezember 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-12/atomausstieg-energiewende (http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-12/atomausstieg-energiewende)

Title: [Am späten Donnerstagabend...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 07, 2016, 01:43:12 PM
Quote[...] Am späten Donnerstagabend haben Rauchwolken über dem Akw Fessenheim Alarm ausgelöst. Ursache sei kein Feuer gewesen, sondern ein Problem mit einem Sicherungsschalter in einem Nebengebäude des Maschinenraums von Block ein. Das teilte die Akw-Leitung mit.

Block eins steht seit Anfang April still, nachdem an einer Kühlwasserleitung eine undichte Stelle entdeckt worden war. Bei einer darauffolgenden Kontrolle bemerkten Techniker, dass ein Regler, der für die Funktion der Dampfgeneratoren wichtig ist, nicht richtig funktionierte.

In Block zwei war es an Karfreitag zu einer Notabschaltung gekommen. Nach Angaben des Betreibers EDF hatte es eine Panne außerhalb des Atomkreislaufs gegeben. Bis Sonntag war keiner der beiden Reaktoren funktionsfähig, dann wurde Block zwei wieder hochgefahren.

Umweltschützer hatten die Pannen zum Anlass, um erneut die Schließung von Frankreichs ältestem Atomkraftwerk zu fordern. Die beiden 900-Megawatt-Reaktoren von Fessenheim wurden 1977 und 1978 in Betrieb genommen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat die Stilllegung des Kraftwerks bis Ende 2016 versprochen.

Erst im März hatte eine spektakuläre Aktion der Umweltschutzorganisation Greenpeace am Akw Fessenheim für Aufsehen gesorgt. 60 Aktivisten hatten mit einem 19-Tonner-LKW die Absperrung der Atom-Anlage durchbrochen. Mit einer Brückenkonstruktion gelangten sie über den Stacheldrahtzaun zum Reaktor und besetzten ihn.

Zum 28. Jahrestag des Atomunglücks von Tschernobyl startet die Umweltorganisation Greenpeace nun am Samstag eine groß angelegte Protestaktion. Acht Wochen lang wollen die Umweltschützer gegen überalterte europäische Atomkraftwerke demonstrieren. Das Aktionsschiff "Beluga II" soll am Samstag am ältesten französischen Atomkraftwerk in Fessenheim an der deutschen Grenze ablegen.

Die "Beluga II" soll bis Mitte Juni 14 Städte an Rhein und Mosel anfahren, die im Umfeld alter Atomkraftwerke in Deutschland, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz liegen. In Baden-Württemberg macht die "Beluga II" in Breisach am Rhein (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald), Karlsruhe, Mannheim und Philippsburg (Landkreis Karlsruhe) Halt.


Aus: "Pannenreaktor: Rauchwolken über dem Akw Fessenheim – Vorfall verunsichert" Bärbel Nückles, dpa (Fr, 25. April 2014)
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/rauchwolken-ueber-dem-akw-fessenheim (http://www.badische-zeitung.de/rauchwolken-ueber-dem-akw-fessenheim)

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Quote[...] Im französischen Atomkraftwerk Fessenheim soll es im April 2014 einen schweren Zwischenfall gegeben haben, den die Atomaufsicht des Landes ASN gegenüber der Öffentlichkeit und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien heruntergespielt haben soll. Das berichten der WDR und die Süddeutsche Zeitung. Auch soll sie wesentliche Details unterschlagen haben.

Am 9. April 2014 um 17 Uhr habe das Bedienpersonal festgestellt, dass beim Befüllen eines Kühlwasserbehälters rund 3000 Liter Wasser ausgelaufen waren. Unter anderem durch die Kabelummantelungen sei das Wasser in verschiedene Etagen und Räume sowie in Schaltschränke eingedrungen, in denen die Steuerung der Sicherheitstechnik untergebracht war. Dann sei die komplette Bedienung der Steuerstäbe im Reaktorkern ausgefallen. Auch einer der beiden Stränge für die Reaktorschnellabschaltung habe versagt. Ein Krisenstab habe entschieden, den Reaktor durch Einleitung von Bor in den Hauptkühlkreislauf zwangsweise herunterzufahren. Zuvor sollen sich in dem AKW dramatische Szenen abgespielt haben.

In ihrer Meldung an die IAEA habe die ASN weder den Ausfall der Steuerstäbe noch die eingeleitete "Not-Borierung" berichtet. Das wahre Ausmaß des Unglücks gehe aus einem Schreiben hervor, das die ASN wenige Tage nach dem Unfall an den Leiter des AKW Fessenheim geschrieben hatte. Der Reaktorsicherheitsexperte Manfred Mertins sei nach Sichtung des Schreibens zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei dem Vorfall um ein "sehr ernstes Ereignis" gehandelt habe, bei dem "erhebliche sicherheitstechnische Mängel" an dem AKW zutage getreten seien. Auch wenn sich der Auslöser des Störfalls, die Überflutung einiger Gebäudeteile, im nichtnuklearen Bereich des Kraftwerks ereignet habe, sei durch den Ausfall der Steuerstäbe letztlich vor allem der Reaktorkern betroffen gewesen.

Für mehrere Minuten sei "die Temperatur im Reaktorkern aus dem Ruder gelaufen". "Infolge der Störung der Signalisierung der Steuerstäbe ist die Mannschaft quasi blind gefahren", erläutere Mertins laut Mitteilung. Alle Atomkraftwerke in der EU seien nach dem Super-GAU im März 2011 in Fukushima in Stresstests angeblich auf den Schutz vor interner Überflutung geprüft worden. Es dürfe daher auf keinen Fall passieren, dass Wasser in mehrere Räume und in Elektro-Schaltkästen fließt, erklärte Mertins. Zudem sei das störfallbedingte Herunterfahren des Reaktors durch Zugabe von Bor äußerst ungewöhnlich. Laut Mertins und anderen Reaktorexperten hat es eine vergleichbare Situation in einem westeuropäischen Atomkraftwerk bislang noch nicht gegeben.

Das Atomkraftwerk Fessenheim ist seit 1977 in Betrieb. Umweltschützer im Dreiländereck fordern seit Jahren die Schließung. Aus ihrer Sicht ist das AKW pannengefährdet und veraltet. Es soll vermutlich nächstes Jahr vom Netz gehen.

Quote04.03.2016 09:56

Die Atomkraft ist sicher!

Ehrlich! Die Atomkraft ist sicher! Genauso sicher wie die Problematik der Endlagerung des Atommülls nach mehr als 50 Jahren Kernkraftwerke bereits gelöst ist. Und die Atomkraft ist auch genauso sicher wie das Endlager für schwach- und mittelaktiver radioaktiver Abfall "Asse" auch sicher ist. Und natürlich auch genauso sicher wie ausgeschlossen werden kann dass es 1986 im Kernforschungszentrum bei Krümmel zu einen "Atom-Unfall" gekommen ist bei dem Radioaktivität freigesetzt wurde. Und Atomkraft ist genauso sicher wie auch sicher ist, dass die Atomkraft unter Einbeziehung aller Folgekosten inkl. Kosten der Endlagerung des Atommülls für bis zu einer Mio. Jahre der billigste Strom ist den wir derzeit produzieren können.

Lasst Euch nicht in die Irre führen! Tschernobyl und Fukushima waren nur statistische Ausreißer!

Strom sparen ist übrigens was für Weichlinge. Ich lass mir doch nicht vorschreiben, ob ich abends zum Feierabend mein Rechner runterfahre und/oder das Licht aus mache. Wo kommen wir denn da hin?



Aus: "Französische Atomaufsicht soll schweren Zwischenfall im AKW Fessenheim vertuscht haben" Andreas Wilkens (04.03.2016)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Franzoesische-Atomaufsicht-soll-schweren-Zwischenfall-im-AKW-Fessenheim-vertuscht-haben-3128400.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Franzoesische-Atomaufsicht-soll-schweren-Zwischenfall-im-AKW-Fessenheim-vertuscht-haben-3128400.html)

http://www.heise.de/tp/news/Fessenheim-soll-nach-fatalen-Vorgaengen-abgeschaltet-werden-3129450.html


Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 17, 2016, 01:08:41 PM
Quote[...] Im Atomkraftwerk Biblis sind Sicherheitsprüfungen zur Radioaktivität vorgetäuscht worden, berichtet der Hessische Rundfunk. Ein Sprecher der hessischen Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) habe das bestätigt. Die Kontrollen seien dort im vierten Quartal 2014 bis März 2015 zwar protokolliert, aber nicht durchgeführt worden. Bekannt wurden dem Umweltministerium die vorgetäuschten Sicherheitsprüfungen demnach im Mai 2015, nun kamen sie durch einen Bericht des SWR an die Öffentlichkeit.

Ein im Bereich Strahlenschutz zuständiger Mitarbeiter habe Prüfungen "von unter anderem tragbaren und Labormessgeräten, Messungen im Kamin und von Dosimetern dokumentiert, aber sie nicht durchgeführt", berichtet der HR. Diese Dokumentationen seien auffällig gewesen. Daraufhin unternahmen der AKW-Betreiber RWE und das Umweltministerium weitergehende Recherchen. Dem betreffenden Mitarbeiter sei laut dem hessischen Umweltministerium mit sofortiger Wirkung der Zutritt zum AKW verwehrt und er sei entlassen worden. Eine sicherheits- und strahlenschutztechnische Gefährdung habe "umgehend ausgeschlossen und die Prüfungen ordnungsgemäß nachgeholt werden" können.

Ein im Bereich Strahlenschutz zuständiger Mitarbeiter habe Prüfungen "von unter anderem tragbaren und Labormessgeräten, Messungen im Kamin und von Dosimetern dokumentiert, aber sie nicht durchgeführt", berichtet der HR. Diese Dokumentationen seien auffällig gewesen. Daraufhin unternahmen der AKW-Betreiber RWE und das Umweltministerium weitergehende Recherchen. Dem betreffenden Mitarbeiter sei laut dem hessischen Umweltministerium mit sofortiger Wirkung der Zutritt zum AKW verwehrt und er sei entlassen worden. Eine sicherheits- und strahlenschutztechnische Gefährdung habe "umgehend ausgeschlossen und die Prüfungen ordnungsgemäß nachgeholt werden" können.

Ein ähnlicher Fall war am gestrigen Donnerstag aus dem AKW Philippsburg bekannt geworden. Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) will nun auch die Kontrollen im AKW Neckarwestheim überprüfen lassen. Nach einem am 5. April aufgedeckten "gravierenden Fall" in Philippsburg seien bei 450 Sicherheitsprüfungen weitere sieben Fälle aufgefallen, berichtete Untersteller. In allen Fällen sei derselbe Mitarbeiter eines zwei- bis dreiköpfigen Prüfteams verwickelt. Über die Motive gebe es keine Erkenntnisse.

Das mehr als 30 Jahre alte südhessische AKW Biblis mit seinen Blöcken A und B ist 2011 nach dem Super-GAU von Fukushima heruntergefahren worden und befindet sich im Rückbau. Die Opposition im hessischen Landtag aus SPD und Linken kritisiert nun Umweltministerin Hinz für ihre Informationspolitik. Aus dem Ministerium heißt es, in Biblis habe es sich nicht um meldepflichtige Ereignisse gehandelt, wie der Hessische Rundfunk berichtet.

Das mehr als 30 Jahre alte südhessische AKW Biblis mit seinen Blöcken A und B ist 2011 nach dem Super-GAU von Fukushima heruntergefahren worden und befindet sich im Rückbau. Die Opposition im hessischen Landtag aus SPD und Linken kritisiert nun Umweltministerin Hinz für ihre Informationspolitik. Aus dem Ministerium heißt es, in Biblis habe es sich nicht um meldepflichtige Ereignisse gehandelt, wie der Hessische Rundfunk berichtet.

QuoteMoody, 15.04.2016 13:11

Seufz, once again:

Gerade im anderen Thread aufgemacht, schon kann man es wieder verwerten, etwas Denkstoff:

http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2014/docs/bericht-avr-expertengruppe_lang.pdf?__blob=publicationFile (http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2014/docs/bericht-avr-expertengruppe_lang.pdf?__blob=publicationFile)

-> Vorsaetzliche DIY Ueberbrueckung von Sicherheitsmassnahmen, Verschleppung und umdeklaration meldepflichtiger Vorgaenge, Verzicht auf Monitoring aus Sorge die abweichenden Daten koennten den weiteren Betrieb verhindern uswusf.

Stellungnahme und Eingestaendnis der Betreiber:
http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2014/docs/fz-stellungnahme-bericht-avr-expertengruppe.html?nn=448936 (http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2014/docs/fz-stellungnahme-bericht-avr-expertengruppe.html?nn=448936)

Und natuerlich:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_meldepflichtiger_Ereignisse_in_deutschen_kerntechnischen_Anlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_meldepflichtiger_Ereignisse_in_deutschen_kerntechnischen_Anlagen)

Insbesondere:

- Greifswald, '75, drohende Kernschmelze, Feuerwehr kann das verhindern, Aufklaerung erst nach der Wende '89

- Jülich '78, schwerer Stoerfall, Freisetzung von erheblicher Radioaktivitaet ausserhalb des Gelaendes, Vertuschung um Weiterbetrieb zu gewährleisten (Details siehe Bericht oben)

- Brunsbüttel '78, schwerer Störfall, vorsätzlich manipulierte Sicherheitseinrichtungen

- '86 Hamm-Uentropp, schwerer Stoerfall, Freisetzung von Radioaktivitaet ausserhalb des Gelaendes, Messgeraete (so ein Zufall) zum Zeitpunkt der Freisetzung abgeschaltet, so dass unklar ist welche Dosis freigesetzt wurde (Juehlich und Hamm-Uentropp beweisen beide die Untauglichkeit des "sicheren" Kugelhaufen-Reaktors)

- '01,Schwerer Zwischenfall im Kernkraftwerk Brunsbüttel. Wie erst einige Monate später bekannt wurde, hatte sich eine Wasserstoffexplosion in direkter Nähe zum Reaktordruckbehälter ereignet. (...) Der Betreiber HEW versuchte den Vorfall weitestgehend zu verschleiern

- '07, Kernkraftwerk Brunsbüttel, (...) ungeklärter Ursache ein Kurzschluss. Daraufhin wurde das KKW am 28. Juni 2007 vom Netz getrennt und per automatischer Schnellabschaltung heruntergefahren. Die Abschaltung verlief laut TÜV Nord nicht problemlos. In einer Turbine entstand durch austretendes Öl ein kleiner Schwelbrand. Zudem hätten sich Risse an Abdeckblechen gebildet. Beim Wiederanfahren des Reaktors führte eine Fehlbedienung durch das Personal am 1. Juli zweimal zu Absperrungen im Reaktorwasserreinigungssystem. Bei der Einleitung von Wasser aus dem Reaktor in die Kondensationskammer ist ein Grenzwert überschritten worden. (...)
Trotz ausdrücklicher Nachfrage der Reaktoraufsicht am 2. Juli beim stellvertretenden Werksleiter habe dieser dieses meldepflichtige Ereignis zunächst verneint, erst am 6. Juli mittags wurde es offiziell gemeldet.

- usw usf. Asse und Co. lass ich mal ganz weg, von viel gravierenderen Stoerfaellen und Katastrophen in Europa und Weltweit ganz zu schweigen...

Es gibt dem obigen eigentlich nichts mehr hinzuzufuegen, die Systematik der Inkometenz, Verschleierung und Vertuschung ist ja schon lange etabliert, dass es in Jahrzehnten nicht zum Handeln gefuehrt hat (vom endgueltigen Atomausstieg, zu dem man Deutschland nur gratulieren kann abgesehen) zeigt nur die Dimension der Verstrickung zwischen Politik und Atomlobby.

Alle Garantien und Sicherheitsmaerchen der Atomindustrie sind in der Realitaet nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben sind, und daran wird sich nichts aendern so lange man der Atomindustrie wider besseres Wissen noch irgendeine Verantwortung uebertraegt.

Am Ende zahlt der Steuerzahler ohnehin die Zeche (und zwar jene die dann keinen "billigen" Atomstrom mehr hatten), da kann man sich wenigsten noch die Zusatzkosten fuer die Folgen der Inkompetenz der Atomindustrie sparen.

Gruss
M.


...


Aus: "Auch im AKW Biblis wurden Prüfungen vorgetäuscht" Andreas Wilkens (15.04.2016)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Auch-im-AKW-Biblis-wurden-Pruefungen-vorgetaeuscht-3175242.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Auch-im-AKW-Biblis-wurden-Pruefungen-vorgetaeuscht-3175242.html)

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/aufsichtsbehoerde-prueft-akws-in-bw-wie-viele-kontrollen-wurden-vorgetaeuscht/-/id=1622/did=17273814/nid=1622/bv56ip/index.html (http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/aufsichtsbehoerde-prueft-akws-in-bw-wie-viele-kontrollen-wurden-vorgetaeuscht/-/id=1622/did=17273814/nid=1622/bv56ip/index.html)

http://www.heise.de/newsticker/meldung/AKW-Philippsburg-Externer-Mitarbeiter-hat-Pruefungen-nur-vorgetaeuscht-3173580.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/AKW-Philippsburg-Externer-Mitarbeiter-hat-Pruefungen-nur-vorgetaeuscht-3173580.html)

Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 03, 2016, 01:26:21 PM
Quote[...] Salz, Ton oder Granit – in welchen Gesteinsschichten bleibt hochradioaktiver Atommüll eine Million Jahre am sichersten verschlossen? Die bundesweite Endlager-Kommission hat sich bewusst nicht festgelegt. Geprüft wird überall. Auch in Baden-Württemberg gibt es Gegenden mit dem gefragten Untergrund: Granit im Schwarzwald und Odenwald, Salzvorkommen bei Heilbronn sowie Ton auf der Schwäbischen Alb um Ulm und in Oberschwaben. Macht das den Südwesten schon Endlager-tauglich?

Nach dem Jahrzehnte währenden Kampf um das ursprünglich von der Atomindustrie geplante Endlager im Salzstock Gorleben sind alle Seiten vorsichtig geworden. "Das Ergebnis ist offen", betont der Endlager-Experte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Armin Grunwald. Der Physiker war Mitglied der 33-köpfigen Endlager-Kommission, die die Weichen für die Lösung eines der größten gesellschaftlichen Konflikte in Deutschland stellen sollte.

Für Baden-Württemberg hatten Geologen in der Vergangenheit vor allem Tongesteine im Blick. Voraussetzung für den neuen Anlauf der nationalen Endlager-Suche war aber die "weiße Landkarte", unterstreicht man im baden-württembergischen Umweltministerium. Bei Fragen nach möglichen Standorten im Südwesten hält man sich deshalb bedeckt. Doch ganz so "weiß" ist die Landkarte für die Suche nicht. Es gibt Ausschlusskriterien.

Dazu zählt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover erdbebengefährdete Gebiete wie den Oberrheingraben, die Schwäbische Alb oder die Niederrheinische Bucht. Zudem scheiden Regionen mit starken vertikalen Erdhebungen aus, wie sie in den Alpen vorkommen. Ein K.-o.-Kriterium ist auch Vulkanismus, wie er in der Eifel vor mehreren zehntausend Jahren vorkam.

Ob Bohrloch oder Bergwerk – die strahlende Hinterlassenschaft des Atomzeitalters soll jedenfalls tief lagern. "Alles muss angeschaut werden", sagt Volkmar Bräuer, Leiter der BGR-Abteilung Unterirdischer Speicher und Wirtschaftsraum. Dass sowohl Bayern als auch Sachsen gegen den fast 700-seitigen Bericht der Endlager-Kommission gleich Vorbehalte angemeldet haben, erbost das grün geführte Umweltministerium in Stuttgart und wundert Grunwald: "Die Endlagerung ist eine nationale Aufgabe.

Im Herbst, schätzt Grunwald, werden der Bundestag – und später der Bundesrat – die Suchkriterien und das Verfahren gesetzlich festlegen. Dann sollen ganz schnell mögliche Standorte erkundet werden. Wo in der Vergangenheit intensiv nach Bodenschätzen gesucht wurde, ist der Untergrund relativ gut bekannt: in Ost- und Norddeutschland, dem Alpenvorland oder dem Oberrheingraben etwa. Anders ist es in Mittelgebirgsregionen. "Man weiß nicht überall, wie die Welt unter uns aussieht", sagt Grunwald. Mancherorts muss also wohl nacherhoben werden.

"Schwere Fehler" wie bei der Erkundung des Salzstocks in Gorleben sollen sich nicht wiederholen: "Die Leute wurden nicht mitgenommen", kritisiert Grunwald. Im neuen Verfahren sollen Regionalkonferenzen Mitspracherechte sichern. Anwohnern, Gemeinden und Umweltverbänden werden in verschiedenen Phasen der Standortauswahl Klagemöglichkeiten eingeräumt. "Die Menschen müssen verstehen können, warum der dann gewählte Standort ein guter ist."

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erwartet, dass das nationale Endlager 2050 in Betrieb genommen werden kann. "Das ist sehr optimistisch gedacht. Da darf nichts schiefgehen", meint KIT-Experte Grunwald in Hinblick auf mögliche Anwohnerklagen oder auf Erkundungen, die am Ende nicht weiterführen. (kbe)


Aus: "Atomenergie: "Alles wird angeschaut" – Endlager-Suche beginnt" Susanne Kupke, dpa (03.08.2016)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Atomenergie-Alles-wird-angeschaut-Endlager-Suche-beginnt-3285899.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Atomenergie-Alles-wird-angeschaut-Endlager-Suche-beginnt-3285899.html)

Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 21, 2017, 12:18:13 PM
Quote[...] Gut sechs Jahre nach der Atomkatastrophe in Japan tut sich am Kernkraftwerk Fukushima Daiichi, das nach Erdbeben mit anschließendem Tsunami eine mehrfache Kernschmelze durchmachen musste, weniger als von vielen Experten erhofft, berichtet Technology Review in seiner Online-Ausgabe ("Fukushima: Wenig Hoffnung auf schnelle Lösung").

Es sieht demnach alles danach aus, dass die Aufgabenstellung deutlich härter wird, als anfänglich angenommen. So erreichte in diesem Jahr die radioaktive Strahlung in einem der Sicherheitsbehälter der Kraftwerksreaktoren den höchsten Wert seit 2011. Praktisch gesehen heißt das: Unter diesen Bedingungen wäre ein Mensch in weniger als einer Minute tot.

Es gab die Hoffnung, dass eine Reihe speziell für solche Vorfälle entwickelter Roboter helfen könnten, die Problemstellungen zu erfassen und – zumindest teilweise – zu beheben. Doch mittlerweile sind bereits mindestens zwei der teuren Geräte verloren gegangen – die radioaktiven Bedingungen in den Reaktoren, die sie untersuchen sollten, waren zu harsch. Inzwischen wird geschätzt, dass die Aufräumarbeiten bis zu 189 Milliarden Dollar kosten könnten – eine Zahl, die sich in den letzten drei Jahren verdoppelt hat. Bis zu 40 Jahre lang könnten sie dauern, vielleicht sogar länger.

Zwar dürfen Ende März Menschen, die ihre Häuser vor sechs Jahren verlassen mussten, schrittweise in bestimmte Regionen um das Kraftwerk herum zurückziehen – die japanische Regierung hat einige Orte dekontaminiert und freigegeben. Doch die Betroffenen fürchten die Strahlung weiterhin und ziehen wohl zum Teil auch nur deshalb zurück, weil sie sonst staatliche Mittel verlieren würden, um ihre Existenzen wieder aufzubauen.


Aus: "Fukushima: Aufräumarbeiten nach japanischer Atomkatastrophe stocken" Ben Schwan (Technology Review, 21.03.2017)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Fukushima-Aufraeumarbeiten-nach-japanischer-Atomkatastrophe-stocken-3654348.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Fukushima-Aufraeumarbeiten-nach-japanischer-Atomkatastrophe-stocken-3654348.html)
Title: Re:[Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 17, 2017, 09:44:53 AM
Quote[...] Die Kernschmelze in drei Reaktoren des AKW Fukushima vor sechs Jahren konnte Tepco nicht stoppen. Mit viel Wasser wollte der Betreiber aber zumindest die weitere Ausbreitung aufhalten. Das wurde schon damals zum Problem, denn die Wassermassen blieben nicht in den (zerstörten) Abklingbecken, sondern flossen unkontrolliert ins Meer und ins Grundwasser. Deshalb wurden Stahltanks aufgestellt, bis heute etwa 580 Stück, die jeweils 1000 Tonnen des kontaminierten Wassers fassen. Von dort wurde es gereinigt: Cäsium und Strontium sowie 60 weitere radioaktive Substanzen ließen sich nach Angaben von Tepco herausfiltern; Tritium blieb dagegen im Wasser.

Die riesigen Behälter auf dem Gelände sind nun weitgehend gefüllt, weshalb Tepco überlegt, das Wasser ins Meer abzuleiten. Der Betreiber warte noch auf das Ergebnis einer Expertengruppe und die Entscheidung der Regierung, berichtet Telepolis. Das Unternehmen führe auch Sicherheitsbedenken als Grund für die Einleitung an – die Tanks könnten durch Erdbeben und Tsunamis zerstört werden. Außerdem müsse Tepco profitabler arbeiten, um die Folgen von Fukushima bewältigen zu können. Man geht von Kosten von 190 Milliarden US-Dollar aus, um das AKW zu entsorgen und die Geschädigten zu kompensieren, so Telepolis.

Tritium gilt als deutlich weniger gesundheitsgefährdend als andere radioaktive Substanzen, wenn es sich nicht in hohen Mengen im Körper ansammelt. Die davon ausgehenden Strahlen können die äußeren Hautschichten normalerweise nicht durchdringen. Allerdings gibt es zugleich Studien, nach denen der weiche Betastrahler das Erbgut verändern kann. Die Fischer in der Region sind naturgemäß gegen die Einleitung des Wassers ins Meer. Ihre Fische würden sich danach wohl noch schlechter verkaufen als bisher. (uk)

Quoteputt, 15.07.2017 15:20

Wie gesagt - der Profit!

    Außerdem müsse Tepco profitabler arbeiten

Wenn es den Profit erhöht, kann eine Regierung doch gar nicht anders als die Einleitung in die Umwelt zu erlauben!



Aus: "AKW Fukushima: Tanks sind voll, radioaktives Wasser soll ins Meer" Ulrike Kuhlmann (15.07.2017)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/AKW-Fukushima-Tanks-sind-voll-radioaktives-Wasser-soll-ins-Meer-3772272.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/AKW-Fukushima-Tanks-sind-voll-radioaktives-Wasser-soll-ins-Meer-3772272.html)

https://www.heise.de/tp/features/AKW-Fukushima-Betreiber-will-mit-Tritium-belastetes-Wasser-ins-Meer-ablassen-3772227.html (https://www.heise.de/tp/features/AKW-Fukushima-Betreiber-will-mit-Tritium-belastetes-Wasser-ins-Meer-ablassen-3772227.html)
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 19, 2018, 11:55:32 AM
Quote[...] Mehr als 30 Jahre sind seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl vergangen, doch die Menschen in der Region werden weiter verstrahlt. Eine gemeinsam von der britischen Universität Exeter und dem ukrainischen Institut für landwirtschaftliche Radiologie entworfene Umweltstudie kommt zu einem beunruhigenden Ergebnis: Die Bewohner der nordwestukrainischen Region Riwne nehmen über ihre Nahrung vielfach eine deutlich überhöhte Konzentration von Cäsium-137-Isotopen auf. Die Wissenschafter baten Einwohner von 14 Dörfern in der Region um Proben von Milch, Kartoffeln und Pilzen. Es ist bekannt, dass sich bei einer Verstrahlung gerade in diesen Produkten radioaktive Elemente ansammeln.

Bei der Auswertung der über 1000 Proben stießen die Forscher auf regelmäßig überhöhte Werte. In manchen Fällen lag die Cäsiumkonzentration beim Fünffachen der zulässigen Höchstgrenze. In sechs der 14 Dörfer stuften die Forscher die Milch als gesundheitsschädigend für Erwachsene ein, in acht der 14 Dörfer lag die Konzentration von Cäsium über dem für Kinder zulässigen Höchstwert. Dabei ist das Phänomen keineswegs auf die unmittelbare Umgebung Tschernobyls beschränkt. Dort wurden viele Dörfer und Städte nach dem Unglück ohnehin evakuiert. Bei der jetzigen Untersuchung fanden sich Cäsiumspuren in Dörfern, die mehr als 200 Kilometer vom Unglücksort entfernt sind. "Selbst 30 Jahre nach der Katastrophe werden die Menschen weiter von ihr geschädigt, wenn sie sich mit lokalen Lebensmitteln, darunter auch Milch, versorgen", klagte Iryna Labunska von der Universität Exeter. Der Boden sei zwar weitgehend unverseucht, doch in Pflanzen und Tieren sammle sich das Cäsium weiter an und gelange so auch in den menschlichen Körper. "Gerade für Kinder ist das besonders gefährlich", fügte Labunska hinzu. Zwar hat Cäsium-137 eine Halbwertszeit von 30 Jahren, doch laut der Studie wird das Problem in den nächsten Jahren nicht einfach verschwinden. Flora und Fauna werden wohl noch bis 2040 überhöhte Cäsiumkonzentrationen aufweisen. Die lang anhaltende Aufnahme des radioaktiven Isotops kann schwere Krankheiten auslösen: Neben verschiedenen Krebsleiden sind auch Verdauungs- und Nierenstörungen die Folge, genauso wie Erblindungen durch den grauen Star.

Alternativen haben die Menschen vor Ort allerdings kaum. Die Region ist ländlich geprägt, die Einkommen sind niedrig. Die Bauern sind auf die Viehhaltung angewiesen, um ihr Dasein zu fristen. Bis vor etwa zehn Jahren hat die ukrainische Regierung noch Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung finanziert, diese wurden dann aber wegen Geldmangels eingestellt. Laut Labunska könnte auch das aktuelle Problem mit entsprechender Finanzierung gelöst werden: Die Gefahr der Cäsiumvergiftung kann durch den Einsatz der Chemikalie Hexacyanoferrat gesenkt werden. Nur kostet die Maßnahme etwa 80.000 Dollar pro Jahr, in den untersuchten Dörfern leben aber nur rund 800 Menschen. Mehr noch als die Ukraine wurde Weißrussland vom Tschernobyl-Unglück getroffen. Staatschef Alexander Lukaschenko sieht allerdings keine Gefahren mehr. Jedenfalls hat der weißrussische Präsident vor einem Jahr die administrative Beschneidung der atomar verseuchten Region angeordnet. Es sei inzwischen möglich, den Kreis Choiniki wieder stärker landwirtschaftlich zu nutzen, begründete Lukaschenko damals. Atomphysiker haben diese Initiative scharf kritisiert. Schon 2011 hatte die Gebietsadministration von Gomel versucht, verseuchte Gebiete umzudeklarieren. Die Beamten scheiterten damals an Umweltgutachten. Eine rapide Verbesserung der Lage halten Ökologen für unmöglich.

Quote
Standard Leser4

3 Sommer habe [ich] im Weissrussischen Gomel verbracht..
Besonders arg war es wenn bei 40 Grad im Schatten der verseuchte Staub aus den Waeldern aufgewirbelt wurde und die Stadt im Staub versank. Übelkeit war meistens die Folge. Lukaschenka liess jedes Jahr den Boden der Waelder zur Ukraine pfluegen und investierte viele Mrd in die Waldbrandverhuetung. Damals hatte Gomel Einwohner eine Steuerermaessigung. Nachdem Belarus starke wirtschaftliche Probleme hatte und der Rubel 200 % abgewertet wurde. Mussten alle Verguenstigungen gestrichen werden. Gomel ist die von Tschernobyl am meisten betroffene Stadt.Lobenswert ist daher das Kinderferienprogram von M Hetzer die jaehrlich im Sommer hunderte betroffene Kinder nach Oesterreich zur Erholung bringt.


...


Aus: "Tschernobyls verstrahlter Schatten länger als gedacht" André Ballin (19.6.2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000081805094/Tschernobyls-verstrahlter-Schatten-laenger-als-gedacht (https://derstandard.at/2000081805094/Tschernobyls-verstrahlter-Schatten-laenger-als-gedacht)

Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 06, 2018, 07:53:14 AM
Quote[...] BERLIN taz | Seit 30 Jahren stehen sie in einem Zwischenlager in Jülich: 152 Castor-Behälter mit 300.000 überwiegend hoch radioaktiven Brennelementen, die aus dem sogenannten Kugelhaufen-Versuchsreaktor in Jülich bei Aachen stammen. Der war 1988 nach 21 Betriebsjahren mit diversen Störfällen abgeschaltet worden, doch seine Hinterlassenschaften sorgen bis heute für heftigen Streit. Denn für das bestehende Zwischenlager ist die Erdbebensicherheit nicht nachgewiesen. Im Jahr 2014 ordnete die Landesregierung darum an, das Lager ,,unverzüglich" zu räumen.

Doch wohin mit den Behältern? Diese Frage ist nach wie vor unbeantwortet. Bürgerinitiativen und Grüne haben in der Vergangenheit für den Bau eines neuen, sicheren Zwischenlagers am bestehenden Standort plädiert. Aufgrund der langen Dauer dieses Verfahrens, die der Vorgabe, unverzüglich zu räumen, entgegenstehen dürfte, wurde diese Option in den letzten Jahren aber nicht mehr ernsthaft verfolgt. Stattdessen wurde lange damit gerechnet, dass die Behälter ins Zwischenlager in Ahaus im Norden von NRW transportiert werden, um dort bis zu einer Weiterbearbeitung und späteren Endlagerung zu bleiben. Diese Option wird auch von den Experten im Bundesumweltministerium favorisiert.

Daneben steht seit einigen Jahren aber auch die Möglichkeit im Raum, die Brennstäbe in die USA zu exportieren. Sie hatten sie einst geliefert. Mit diesem Vorschlag hatte sich das Bundesforschungsministerium, das die Verantwortung für den Reaktor von den ursprünglich kommerziellen Betreibern übernommen hat, erstmals 2012 an das US-Energieministerium gewandt – und dort eine grundsätzliche Bereitschaft zur Rücknahme erreicht.

Nun rückt diese lange eher als theoretische Möglichkeit betrachtete Option näher: Die Jülicher Gesellschaft für Nuklearanlagen hat Ende Juni offiziell beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eine Exportgenehmigung für die Brennelemente beantragt. ,,Wir wollen Klarheit, ob wir diese Option weiterverfolgen können", sagte Unternehmenssprecher Jörg Kriewel der taz.

Klarheit sollte in dieser Frage eigentlich schon die Atomgesetznovelle von 2017 bringen. Darin war der Export von Atommüll bis auf eng definierte Ausnahmen verboten worden: Nur aus ,,schwerwiegenden Gründen der Nichtverbreitung von Kernbrennstoffen", also um waffenfähiges Nuklearmaterial vor unbefugter Verwendung zu sichern, oder zur ,,Herstellung in Deutschland endlagerfähiger und endzulagernder Abfallgebinde" ist ein Export aus Forschungsreaktoren erlaubt.

Beides ist beim geplanten Export in die USA nicht gegeben: Aus Gründen der Nichtverbreitung sei die Rücknahme nicht notwendig, hatte das US-Energieministerium bereits 2013 erklärt. Und eine spätere Rücknahme nach Deutschland ist in den bisherigen Absprachen mit den USA nicht vorgesehen. Bei der Verabschiedung des Gesetzes hatte die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Befürchtung, dass Atommüll aus Jülich unter die Ausnahmen fallen könnte, denn auch als ,,Verschwörungstheorie" bezeichnet.

Inzwischen äußert sich das Umweltministerium weniger klar. In der Antwort auf eine aktuelle Anfrage der Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl und Oliver Krischer, die der taz vorliegt, nennt das Ministerium die im Gesetz genannte Nichtverbreitung als ,,zulässige Fallkonstruktion", mit der ein Export der Brennelemente aus Jülich begründet werden könnte. Auch auf taz-Anfrage vermeidet das Ministerium eine Festlegung, ob man dem Export-Antrag zustimmt. Eine Entscheidung werde ,,vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen", teilte ein Sprecher lediglich mit.

Das Bundesforschungsministerium äußerte auf Anfrage keine Präferenz für eine der Möglichkeiten. ,,Welche Option zum Tragen kommt, ist weiterhin offen", erklärte eine Sprecherin. Allerdings dürfte der Export dort zumindest aus politischen Gründen attraktiv erscheinen: Das Zwischenlager Jülich, wo die Behälter derzeit lagern, steht im Wahlkreis des parlamentarischen CDU-Staatssekretärs Thomas Rachel; das Zwischenlager Ahaus, das die Alternative zum Export wäre, befindet sich nahe dem Wahlkreis von Ministerin Anja Karlicek (CDU).

Klare Kritik am beantragten Export kommt hingegen von den Grünen. Dieser sei eine ,,Flucht aus der Verantwortung", erklärte die atompolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl. ,,Nach dem Motto ,Aus den Augen, aus dem Sinn' will man eigenen Atommüll ins Ausland abschieben."


Aus: "Atommüll-Export in die USA beantragt" Malte Kreutzfeldt (5. 9. 2018)
Quelle: http://www.taz.de/Brennelemente-aus-Versuchsreaktor/!5530891/ (http://www.taz.de/Brennelemente-aus-Versuchsreaktor/!5530891/)
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 20, 2018, 04:18:12 PM
Quote[...] Die gerade erst begonnene Suche nach einem Atommüllendlager stockt wieder. Einige Bundesländer zicken, und es gibt Streit um die Rechte an Daten. In einem ersten Schritt hatte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) bei den Ländern Daten abgefragt, um bestimmte Gebiete als Standorte ausschließen zu können – etwa wenn sie erdbebenanfällig sind oder der Untergrund durch frühere Bergbautätigkeiten schon ,,verritzt" ist.

Knapp 1,5 Millionen Datensätze seien inzwischen eingegangen, sagt BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz. Viele stammen von privaten Bergbauunternehmen, die zustimmen müssen, ob die Daten veröffentlicht werden dürfen. Zugleich schreibt das Standortauswahlgesetz vor, die Bevölkerung transparent zu informieren. Ein Desaster wie in Gorleben, wo der Standort von oben durchgedrückt wurde und auch deshalb am Widerstand von Bürgern und Anti-Atomkraft-Bewegung scheiterte, soll vermieden werden.

Abhilfe soll ein Geologiedaten-Gesetz schaffen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat jetzt einen Referentenentwurf vorgelegt. Danach soll die BGE jeden Widerspruch im Einzelfall prüfen. Das aber kann die Gesellschaft bei der Vielzahl von Datensätzen gar nicht leisten.

Das Geodatengesetz müsse die Grundlage legen, um die festgeschriebene Transparenz zu gewährleisten, betont BGE-Juristin Nina Grube. Das Ministerium räumte Klärungsbedarf ein. Mit dem Gesetz ist frühestens 2019 zu rechnen.

Störfeuer kommt auch aus dem Süden: ,,Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist", haben CSU und Freie Wähler in den bayerischen Koalitionsvertrag geschrieben. Bayern und Sachsen hatten die Endlagersuche schon früher blockiert, indem sie die Gleichbehandlung von Granit, das bei ihnen vorkommt, mit Ton und Salzstöcken kritisierten.

Nach dem Standortauswahlgesetz kommen alle drei Formationen für ein unterirdisches Endlager infrage. Nach Kritik lenkte der Freistaat scheinbar ein. Zum Abschlussbericht der Kommission hieß es: ,,Damit hat sich auch Bayern zu einer unvoreingenommenen Suche (...) auf der Basis wissenschaftsbasierter Kriterien bekannt."

Wenn CSU und Freie Wähler nun doch eine Extrawurst wollen, konterkarieren sie nicht nur den früheren Beschluss und die mühsam erreichte Einigung von Bund und Ländern. Vor dem Hintergrund, dass kein Bundesland so viel Atomstrom – und Atommüll – produziert hat, mutet der Passus auch anmaßend an.


Aus: "Endlager für Atommüll: Scheitert die Suche am Datenschutz?" Reimar Paul (20. 11. 2018)
Quelle: https://www.taz.de/Endlager-fuer-Atommuell/!5548673/ (https://www.taz.de/Endlager-fuer-Atommuell/!5548673/)

Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 11, 2019, 12:43:15 PM
Quote[...] Wer von Fukushima hört, dieser einst idyllischen Kornkammer Japans, denkt heute meist nur an eines: Radioaktivität. Acht Jahre sind vergangen, seit am 11. März 2011 ein schweres Erdbeben und ein gewaltiger Tsunami den Nordosten des Inselreichs heimsuchten. Mehr als 20.000 Menschen starben in Folge dieser beispiellosen Katastrophe. Zum Sinnbild von "3/11" aber wurde in aller Welt der Super-Gau im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi, auch wenn dadurch niemand direkt ums Leben kam. Acht Jahre danach versucht der Staat alles, um den Eindruck von Normalität zu vermitteln.

Der Wiederaufbau komme voran, die Lage in der Atomruine sei unter Kontrolle, Lebensmittel aus Fukushima sicher. Man erlaubt Bewohnern einstiger Sperrzonen die Rückkehr in ihre Häuser, lockt ausländische Touristen an und wirbt kräftig für die Olympischen Spiele 2020, die die Erholung der Region zur Schau stellen sollen. "Reconstruction Olympics" lautet der vollmundige Slogan.

Sicher, das Leben geht auch für die Menschen in der Unglücksregion weiter. Und doch ist nichts mehr so wie es einmal war. Bei allen Fortschritten, allen Bemühungen, aller Hoffnung, sind viele doch weiter mit Sorge und Zweifel erfüllt.

In ihren Berichten an die Vereinten Nationen stelle die japanische Regierung das Ausmaß, die Komplexität und die Strahlungsrisiken in Gebieten von Fukushima sowie die Arbeitsbedingungen für Arbeiter "absichtlich falsch dar", beklagt Kazue Suzuki von Greenpeace Japan. Zudem missachte der Staat die Gesundheit und das Wohlergehen von Kindern. "Die Regierung sollte sich schämen", meint Suzuki und fordert die Regierung in Tokio auf, ihre Politik radikal zu ändern.

Nach einer neuen Untersuchung der Umweltschutzorganisation stellen Strahlenwerte sowohl in der Sperrzone um die Atomruine als auch in Gebieten der Gemeinden Namie und Iitate, wo die Evakuierungsbefehle aufgehoben wurden, ein "signifikantes Risiko für die Öffentlichkeit, einschließlich Kindern dar". Das Strahlenniveau liege um das Fünf- bis mehr als 100-fache über dem international empfohlenen Maximum.

Viele Arbeiter, die zur Dekontaminierung eingesetzt werden – darunter Obdachlose – würden ausgebeutet. "Diese Arbeiter haben fast kein Training in Strahlenschutz erhalten, sind schlecht bezahlt, hoher Strahlung ausgesetzt und riskieren, ihre Jobs zu verlieren, wenn sie den Mund aufmachen", klagt Shaun Burnie von Greenpeace Deutschland.

Nur 23 Prozent der Bewohner von neun Gemeinden der Provinz Fukushima, die einst nach der Katastrophe zur Gefahrenzone erklärt worden waren, sind bislang dem Aufruf des Staats zur Rückkehr gefolgt. Rund 160.000 Menschen wurden damals in Sicherheit gebracht.

Acht Jahre danach leben mehr als 32.000 von ihnen in anderen Provinzen Japans. Hinzu kommen die sogenannten Jishu Hinansha, jene Japaner, die außerhalb der Evakuierungszone lebten, aber trotzdem aus Sorge um Strahlung flohen. Viele dieser Geflüchteten sind Mütter mit Kindern.

Wer von ihnen bislang in Wohnungen für öffentliche Angestellte unterkam, muss bis Ende dieses Monats dort ausziehen. Andere erhielten Wohngeld, auch das soll bald wegfallen. Hinzu kommt, dass sie häufig Opfer von Mobbing sind. Sie seien hysterisch, lebten auf Kosten der Steuerzahler. Dabei haben Mütter mit kleinen Kindern nach Meinung kritischer Fachleute durchaus weiterhin Grund zur Sorge.

Nach einem Bericht der Ärzteorganisation IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) anlässlich des achten Jahrestages der Atomkatastrophe haben Japaner, die in der Präfektur Fukushima Kinder waren, als sich der Super-Gau ereignete, ein mindestens 15-faches Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken.

Laut der Datenbank des Japanischen Krebsregisters betrug die Neuerkrankungsrate von kindlichem Schilddrüsenkrebs in Japan vor der Atomkatastrophe rund 0,35 pro 100.000 Kinder im Jahr. Bei einer Bevölkerung von rund 360.000 Kindern wären in Fukushima somit etwa eine einzige Neuerkrankung pro Jahr zu erwarten gewesen, also etwa acht Neuerkrankungen seit Beginn der Atomkatastrophe.

Tatsächlich seien seitdem bei 205 Kindern in der Feinnadelbiopsie Krebszellen gefunden worden. 167 dieser Kinder mussten demnach aufgrund eines rasanten Tumorwachstums, einer ausgeprägten Metastasierung oder einer Gefährdung lebenswichtiger Organe mittlerweile operiert werden.

Die IPPNW kritisiert zudem Versuche der Fukushima Medical University, die Schilddrüsenuntersuchungen zu unterminieren. So sollen die Untersuchungsintervalle ab dem 25. Lebensjahr von zwei auf fünf Jahre ausgeweitet werden, hieß es. Mitarbeiter der Universität besuchten zudem Schulen, um dort Kinder über deren "Recht auf Nichtteilnahme" und "Recht auf Nichtwissen" aufzuklären. Ferner würden die Kosten für die Untersuchungen ab dem Erreichen des 18. Lebensjahres nicht mehr erstattet. "Es ist zu vermuten, dass diese Bemühungen darauf abzielen, die Teilnahmequote weiter zu reduzieren und durch eine systematische Verzerrung der Testergebnisse langfristig die gesamte Studie zu entwerten", sagt der IPPNW-Vorsitzende Alex Rosen.

"Die Bewohner von Fukushima und die Menschen in Japan haben ein unveräußerliches Recht auf Gesundheit und auf ein Leben in einer gesunden Umwelt. Die korrekte Fortführung und wissenschaftliche Begleitung der Schilddrüsenuntersuchungen liegen im öffentlichen Interesse und dürfen nicht durch politische oder wirtschaftliche Beweggründe konterkariert werden", erklärt Rosen. Greenpeace wirft dem Staat eine Verletzung internationaler Menschenrechtskonventionen insbesondere in Bezug auf Dekontaminierungsarbeiter und Kinder vor.

Die Mehrheit der Japaner fordere einen Übergang zu erneuerbaren Energien. Doch stattdessen wolle der Staat die nach Fukushima abgeschalteten Atomreaktoren wieder anfahren und zugleich die Zahl der Kohlekraftwerke im Land dramatisch erhöhen, beklagt Greenpeace. (mho)


Aus: ""Die Regierung sollte sich schämen" – Japan acht Jahre nach Fukushima" Lars Nicolaysen, dpa  (11.03.2019)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Die-Regierung-sollte-sich-schaemen-Japan-acht-Jahre-nach-Fukushima-4329575.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Die-Regierung-sollte-sich-schaemen-Japan-acht-Jahre-nach-Fukushima-4329575.html)


https://www.swr.de/swr2/wissen/bildergalerie/-/id=661224/did=13831192/gp1=18993856/gp2=18993906/nid=661224/vv=gallery/eyormr/index.html (https://www.swr.de/swr2/wissen/bildergalerie/-/id=661224/did=13831192/gp1=18993856/gp2=18993906/nid=661224/vv=gallery/eyormr/index.html)
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 11, 2019, 12:52:00 PM
Quote[...] Acht Jahre nach der Atomkatastrophe tun Japans Regierung und Betreiber Tepco, als wäre alles überwunden – was es nicht ist, wie Messungen zeigen. Auf dem zerfetzten Dach von Reaktor 1 greift eine gewaltige Zange, die an einem Kranhubseil hängt, nach Betonteilen. An der Westseite von Reaktor 2 wurde ein Vorbau angedockt und die Wand des Reaktorgebäudes geöffnet. Über Reaktor 3 thront eine röhrenförmige Kuppel mit einem Bergungskran. Acht Jahre nach der dreifachen Kernschmelze, die am 11. März 2011 ihren Anfang nahm, ist Fukushima Nr. 1 laut Betreiber Tepco unter Kontrolle. "Wir haben Fortschritte erzielt", sagt Sprecher Hideki Yagi bei einer Tour für ausländische Journalisten.

Die Reporter dürfen in Alltagskleidung bis auf 40 Meter Luftlinie an die Reaktoren heran. Gemäß ihren Dosimetern werden sie in zwei Stunden weniger verstrahlt als bei einem Flug nach Österreich. Die Radioaktivität sank, weil alle Bodenflächen mit Spritzbeton versiegelt wurden. Daher brauchen die aktuell 4200 Arbeiter auf 96 Prozent des AKW-Geländes keine Atemmasken und Schutzanzüge mehr zu tragen.

Aber direkt über den Meilern herrscht eine solche Strahlenhölle, dass alle Arbeiten ferngesteuert ausgeführt werden müssen. Als Nächstes plant Tepco, die 1573 abgebrannten Brennelemente aus ihren Lagerbecken über den zerstörten Meilern zu holen. Die Bergung beginnt in diesem Monat am Reaktor 3.

Außerhalb der Atomanlage versucht die Regierung, ebenfalls den Anschein von Normalität zu erwecken. Zwar lässt sich die Radioaktivität dort nicht zubetonieren – die verstrahlten Orte Futaba und Okuma am AKW bleiben gesperrt -, aber seit 2014 wurden neun Gemeinden in der alten Evakuierungszone nacheinander für bewohnbar erklärt.

In Nahara in 20 Kilometern Entfernung vom AKW ist mehr als die Hälfte der Bewohner zurückgekehrt. Doch insgesamt leben nur 23 Prozent der 160.000 Evakuierten wieder an ihren alten Wohnorten. Die Mehrheit davon sind ältere Menschen, während sich kaum Familien mit Kindern zurückgewagt haben.

Dass ihre Gesundheitssorgen berechtigt sind, beweisen Messungen von Greenpeace im Herbst 2018 in Fukushima. An fast zehn Prozent von 17.000 Stellen maßen die Umweltschützer eine Strahlung vom bis zu 100-Fachen des offiziellen Dekontaminationsziels von 0,23 Mikrosievert pro Stunde. An fast allen Stellen lag die Radioaktivität über dem international empfohlenen Grenzwert für Kinder von jährlich ein Millisievert.

"Die Regierung ignoriert mit ihrer unverantwortlichen Siedlungspolitik das Ausmaß und die Risiken der Strahlenbelastung", erklärte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Außerdem würden viele Dekontaminierungsarbeiter bei ungenügender Vorbereitung und schlechter Bezahlung hoher Strahlung ausgesetzt.

Die Kritik dürfte bei der Regierung auf taube Ohren stoßen. Bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio unter dem Slogan "Reconstruction Olympics" will sie beweisen, dass die Region ihren Schrecken verloren hat. Daher soll die Laufstrecke für die Träger der olympischen Fackel ab März 2020 ausgerechnet an der Sportanlage J-Village beginnen, die sechs Jahre als Tepco-Krisenzentrale diente. Außerdem hat das japanische Olympiakomitee sechs Softballspiele und ein Basketballmatch in Fukushima angesetzt, damit das negative Erbe des Atomunfalls vergessen wird.

Diese Absicht stößt vielen weiter evakuierten AKW-Anwohnern sauer auf. Die staatlich heruntergespielte Strahlengefahr erschwere ihnen die Aufklärung über ihr Schicksal und ihre Heimat. Niemand kümmert sich mehr um die Folgen des Atomunfalls, sodass wir unsere Sorgen wegen der Radioaktivität unterdrücken müssen", klagte Noriko Tanaka von der Organisation Mothers' Radiation Lab. (Martin Fritz aus Fukushima, 11.3.2019)


Aus: "Ein Schein von Normalität in Fukushima" Martin Fritz aus Fukushima (11. März 2019)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/2000099279909/ein-schein-von-normalitaet-in-fukushima (https://www.derstandard.de/story/2000099279909/ein-schein-von-normalitaet-in-fukushima)

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Norbert Müller

... schaut man sich die jahrzehnte langen schäden in japan nun an, in der fischerei, in der landwirtschaft, etc...
das wird alles als naturkatastrophe abgehandelt und die leute bekommen nichts!! würde man all diese geschädigten fair entschädigen, wäre atomenergie unfinazierbar.


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erzgrüner

Atomkraft ist sicher, billig und sauber!
..abgesehen davon, dass wenn was passiert viele Menschen elend zugrunde gehen
..abgesehen davon, dass die Kraftwerke massiv gefördert werden und man die alten Brennstäbe quasi ewig sicher lagern muss und diese lagerungskosten ehrlicherweise mitgerechnet werden müssten
..abgesehen davon, dass das Thema "Endlagerung" ungelöst ist


...
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 12, 2019, 10:08:59 AM
Quote[...] Die Explosion, die sich am Freitag auf einem Militärgelände in der Region Archangelsk im Nordwesten Russlands ereignete, war auf Tests mit einer "Isotop-Energiequelle für einen Flüssigtreibstoff-Raketenmotor" zurückzuführen, hieß es am Samstag von der russischen Atombehörde Rosatom. Zunächst wurde nur der "Flüssigtreibstoff-Raketenmotor" erwähnt. Da jedoch Strahlungswerte in der Region auf mehr als das 20-fache des üblichen Werts angestiegen waren, vermuteten Experten, dass wichtige Informationen zurückgehalten wurden.

Wie die New York Times berichtet, sah sich Rosatom nun offenbar dazu gezwungen, eine Stellungnahme abzugeben. Die Bevölkerung im Umkreis des Militärgeländes hatte sich unterdessen bereits massenhaft mit Jod-Tabletten aus Apotheken eingedeckt. Bei der Explosion seien fünf Rosatom-Mitarbeiter und zwei Militärangehörige ums Leben gekommen.

Laut der russischen Nachrichtenagentur Tass habe der Test auf einer Plattform im Meer stattgefunden. Die Opfer seien bei der Explosion ins Wasser geschleudert worden. Ob die Leichen anschließend auch wieder gefunden wurden, ist unklar. In der Gegend seien angeblich jedoch mehrere Rettungsautos unterwegs gewesen, deren Türen mit Plastikfolie abgedeckt waren. Die Fahrer trugen außerdem Strahlungsschutzanzüge. In einer Bucht nahe des Militärgeländes wurde zudem eine einmonatige Sperre für den Schiffsverkehr verhängt.

Bei dem erwähnten Raketenantrieb könnte es sich um genau jenen "Atomantrieb" handeln, der für neue Langstreckenraketen verwendet werden soll. Mit der Entwicklung dieser hatte der russische Präsident Wladimir Putin vor Kurzem öffentlich angegeben.


Aus: "Russische Atombehörde gibt Strahlungsaustritt bei Explosion zu" (11.08.2019)
Quelle: https://futurezone.at/digital-life/russische-atombehoerde-gibt-strahlungsaustritt-bei-explosion-zu/400575407 (https://futurezone.at/digital-life/russische-atombehoerde-gibt-strahlungsaustritt-bei-explosion-zu/400575407)

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Quote[...] Die Behörden in Russland haben nach der Explosion auf einem Militärgelände im Norden des Landes radioaktive Stoffe in der Luft registriert. Dabei gehe es um Strontium, Barium-139, Barium-140 und Lanthan, zitierte die Agentur Interfax am Montag die staatliche Wetterbehörde.

Die Stoffe seien in nach dem Unfall ausgewechselten Regenwasser- und Luftproben in der Region Archangelsk gefunden worden und hätten jeweils Halbwertszeiten von 9,3 Stunden, 83 Minuten, 12,8 Tagen und 40 Stunden.

Um die Explosion, die am 8. August bekannt geworden war, ranken sich viele Spekulationen. Die russische Agentur Ria berichtete zunächst unter Berufung auf das Verteidigungsministerium, es seien keine schädliche Substanzen freigesetzt worden. Eine Sprecherin der Behörden in der nördlichen Stadt Sewerodwinsk erklärte dann, es habe einen kurzfristigen Anstieg der Radioaktivität gegeben.

Die staatliche Wetterbehörde erklärte später, die Strahlung sei an dem Unglückstag um das Vier- bis 16-Fache gestiegen. Zudem empfahlen die Behörden den Bürgern des Dorfes Njonoxa, ihren Wohnort zu verlassen. Das wurde mit nötigen Maßnahmen des Militärs begründet, die dann aber doch abgesagt wurden.

Experten aus Norwegen zufolge gab es am Tag des Vorfalls zudem eine zweite Explosion in der Gegend. Hier ist aber nicht sicher, ob die Druckwelle, die nur von hochempfindlichen Mikrofonen und nicht von den Seismografen wahrgenommen wurde und zwei Stunden nach der ersten Explosion die 1.050 Kilometer vom Testgelände entfernte Messstation im norwegischen Bardufoss erreichte, nicht doch zum ersten Ereignis gehörte.

Aus US-Regierungskreisen hieß es zuletzt, die Explosion habe mit dem russischen Programm zur Entwicklung von Hyperschall-Marschflugkörpern zu tun. Diese Raketen sollen nach russischen Angaben deutlich schneller als bisherige fliegen und für die US-Raketenabwehr unerreichbar sein. Bei der Explosion auf dem Testgelände starben den Behörden zufolge sieben Menschen, drei wurden verletzt.

Vier russische Radionuklid-Messstationen hörten nach dem gescheiterten Versuch plötzlich auf, Daten zu senden. Dass alle vier gleichzeitig wegen technischer Probleme den Betrieb einstellen, ist äußerst unwahrscheinlich – auch die eingebauten Ferndiagnosesysteme hatten zuvor keine Störungen gemeldet. (red, Reuters, 26.8.20129)


Aus: "Nach fehlgeschlagenem Test finden Russen radioaktive Stoffe in der Luft" (26. August 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000107806330/nach-fehlgeschlagenem-test-finden-russen-radioaktive-stoffe-in-der-luft (https://www.derstandard.at/story/2000107806330/nach-fehlgeschlagenem-test-finden-russen-radioaktive-stoffe-in-der-luft)

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sainty

Quatsch!! Das ist westliche Propaganda, Russland würde sowas nie tun!! Die würden doch nie ihre Bevölkerung bei sowas gefährlichem wie Radioaktivität belügen!


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Screwball

Wir leben nicht mehr in den 1980ern. Fotos von Leuten in Schutzanzügen vom Unglücksort haben sich schnell in dern sozialen Medien verbreitet. Da kann man schlecht behauptet es sei nichts passiert. Spätestens wenn die Stoffe außerhalb Russlands detektiert werden, muss man dazu stehen.


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Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 21, 2019, 01:15:30 PM
Quote[...]
Asse II

Das stillgelegte Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel galt zunächst als ,,Versuchsendlager". Zwischen 1967 und 1978 ließ die Bundesrepublik dort 125.000 Fässer mit schwach- und 1.300 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll einlagern.

Seit Jahren dringt salzhaltige Lauge ins Bergwerk, täglich sind es mehr als 12.000 Liter. Die Grube gilt als instabil und einsturzgefährdet. Die Nachbarschächte Asse I und Asse III waren schon früher voll Wasser gelaufen und aufgegeben worden. Die Abfälle sollen deshalb nach Möglichkeit wieder an die Oberfläche geholt werden.

Betreiber der Asse ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Sie ist auch für die Endlagerprojekte Schacht Konrad und Morsleben sowie das Bergwerk Gorleben zuständig. Zudem organisiert die BGE die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Atommüll.


GÖTTINGEN taz | Mehr als 126.000 Fässer mit Atommüll und teils hochgiftigen Chemieabfällen, zwischen den Jahren 1967 und 1978 eingelagert oder einfach abgekippt, gammeln seit Jahrzehnten im ehemaligen Salzbergwerk Asse II vor sich hin. Weil die Grube instabil ist und voll Wasser zu laufen droht, sollen die teils wohl schon von Salz und Rost zerfressenen Fässer nach Möglichkeit an die Oberfläche geholt werden. Die Räumung eines unterirdischen Atomendlagers wäre ein weltweit einmaliges Unterfangen.

Obwohl die Rückholung noch gar nicht begonnen hat, sind schon jetzt 1,5 Milliarden Euro in das Vorhaben geflossen. Und es könnte insgesamt viel teurer werden als bislang kalkuliert, warnt der Bundesrechnungshof in einem jetzt bekannt gewordenen Bericht.

Die Finanzprüfer sehen ,,das erhebliche Risiko, dass die Gesamtausgaben für das Projekt die letztmals im Jahr 2011 geschätzten zwei Milliarden Euro erheblich übersteigen". So gehe die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Betreiberin des maroden Bergwerks von weiteren Ausgaben in Höhe von rund 3,35 Milliarden Euro von 2019 bis 2033 aus. Erst dann soll nach gegenwärtiger Planung die eigentliche Bergung der Abfälle beginnen.

Die bisher freigegebenen Gelder haben das Bundesumweltministerium – gewissermaßen Dienstherr der BGE – zu 92 Prozent für die Offenhaltung des Bergwerks sowie für Notfallmaßnahmen verwendet, schrei­ben die Rechnungsprüfer weiter. Die Planungskosten für die Rückholung stagnierten dagegen seit 2013 bei acht Prozent auf niedrigem Niveau – 2013 war die Räumung der Asse beschlossen worden.

Im Bericht monieren die Prüfer auch eine mangelhafte Kostenkontrolle durch das früher für die Asse verantwortliche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das vor der BGE für das Atommülllager zuständig war. Die Prüfer verlangen, dass das Bundesumweltministerium die Fachaufsicht über die Kosten der Rückholung übernimmt. Außerdem soll die BGE dem Bundestag jährlich einen Bericht vorlegen.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums erklärte auf Anfrage, die Kosten für die Asse seien ,,eine unausweichliche Konsequenz der falschen und ohne Folgenabschätzung getroffenen Entscheidung zur Nutzung der Atomenergie in Deutschland". Ministerium und BfS hätten stets deutlich gemacht, dass eine belastbare Abschätzung der Gesamtkosten wegen der Einmaligkeit des Bergungsprojekts nicht möglich sei. ,,Sicherheit muss stets absoluten Vorrang haben", betonte der Sprecher. Gleichzeitig müsse das Vorhaben kosteneffizient durchgeführt werden, finanzielle Erwägungen dürften aber keine notwendigen Maßnahmen zur sicheren Rückholung der Abfälle verhindern.

Den Vorwurf eines unzureichenden Finanz-Controllings wies der Sprecher zurück. Das BfS habe 2009 nach dem Übergang der Verantwortung für die Asse in den Geschäftsbereich des Umweltministeriums eine Termin- und Kostenkon­trolle für das Projekt eingerichtet: ,,Entgegen der Sichtweise des Bundesrechnungshofs wurden damit Projekt und Finanzcon­trolling wahrgenommen." Auch die inzwischen zuständige BGE habe umfassende Regelungen zum Projektcontrolling getroffen.

Der Asse II-Koordinationskreis unabhängiger Bürgerinitiativen hält die Kritik des Rechnungshofes am Umweltministerium und dem BfS hingegen für ,,voll berechtigt". Weniger als ein Zehntel der Asse-Kosten für Rückholungsplanungen aufzuwenden, erscheine ,,als Armutszeugnis" dafür, wie das in den untersuchten Jahren 2010 – 2016 zuständige BfS mit dem Auftrag zur Rückholung des Atommülls umgegangen sei.

Schon seit Jahren kritisiere der Koordinationskreis, dass nicht an Maßnahmen gearbeitet werde, die für eine Rückholung erforderlich seien, sagt Sprecher Andreas Riekeberg: Der Bau eines weiteren Schachtes, die Entwicklung von ferngesteuerter Bergetechnik und die Erstellung eines detaillierten Masterplans. Auch die Arbeiten zur Notfall- und Gefahrenabwehr seien wichtig, ,,aber die Vorbereitungsarbeiten für die Rückholung müssen parallel laufen".

Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation ,,ausgestrahlt" wies darauf hin, dass die in Rede stehenden rund fünf Milliarden Euro lediglich die Kosten betreffen, die bis zum Jahr 2033 anfallen. Die eigentliche Bergung und Neuverpackung der Fässer werde mit Sicherheit etliche weitere Milliarden verschlingen: ,,Die Gesamtaufwendungen zur Aufarbeitung des Asse-Desasters könnten also gut und gerne doppelt so hoch ausfallen", sagt Stay. Das Geld komme im Übrigen nicht aus dem Atom-Fonds, in den die Stromkonzerne einmalig 24 Milliarden Euro eingezahlt haben. Bezahlt werde das alles aus dem Bundeshaushalt, also von der Allgemeinheit.

Die Linke bekräftigte unterdessen ihre Forderung nach einem Asse-Sonderbeauftragten des Landes Niedersachsen: Seit neun Jahren bestehe der politische Auftrag, den Atommüll aus der Asse zu holen, sagt Landes­chef Lars Leopold. Seitdem sei nicht viel passiert und es sehe fast so aus, als werde auf Zeit gespielt: ,,Da rosten über 126.000 Fässer mit radioaktivem Müll vor sich hin und die Landesregierung schaut seelenruhig zu, wie weiter täglich Wasser in das marode Bergwerk läuft."

Um das Tempo bei der Rückholung des Atommülls zu erhöhen und eine Flutung oder einen Einsturz des instabilen Bergwerks zu verhindern, sagt Leopold, müsse Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Asse endlich zur Chefsache erklären und einen Sonderbeauftragten einsetzen.


Aus: "Räumung der Asse: Finanzielles Fiasko" Reimar Paul (21. 8. 2019)
Quelle: https://taz.de/Raeumung-der-Asse/!5618636/ (https://taz.de/Raeumung-der-Asse/!5618636/)

Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 10, 2019, 04:47:20 PM
Quote[...] Das Unternehmen Tokyo Electric Power (Tepco), Betreiber des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima, soll radioaktives Wasser direkt in den Pazifik leiten. Das kündigte der japanische Umweltminister Yoshiaki Harada bei einer Pressekonferenz an. Nachdem die Anlage durch ein Erdbeben und einen Tsunami im Jahr 2011 lahmgelegt wurde, hat Tepco an den zerstörten Standorten mehr als eine Million Tonnen kontaminiertes Wasser aus Kühlleitungen in rund 960 Tanks gesammelt.

Weil die bisher geplanten Speicherkapazitäten für das Wasser bis 2022 erschöpft sein sollen, wird nun ein alter Vorschlag wieder aktuell: "Die einzige Möglichkeit ist, es ins Meer zu entleeren und zu verdünnen", sagte Yoshiaki Harada.

Ein endgültiger Regierungsbeschluss zur Entsorgung des Wassers steht noch aus, vorher soll eine beauftragte Expertengruppe einen Bericht vorlegen. Wie viel Flüssigkeit in den Ozean geleitet werden muss, ist ebenso unklar.

Die Pläne dürften unter anderem Südkorea verärgern. Erst letzten Monat bestellte das Nachbarland einen japanischen Diplomaten ein, um die Frage zu klären, wie die Regierung mit dem Wasser aus Fukushima umgehen werde.

Widerstand erhält Tepco auch von lokalen Fischern. Sie befürchten einen Imageschaden für Meeresfrüchte aus Fukushima. Die Gefahr, die von dem kontaminierten Wasser ausgeht, ist umstritten. Bis auf das radioaktive Wasserstoffisotop Tritium filtert das Unternehmen bereits jetzt viele gefährliche Stoffe heraus. Tritium gilt als vergleichsweise harmlos.

Für Japans Bevölkerung kommt die Ankündigung zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Erst im Juli erlaubten die Behörden an zumindest einem Strandabschnitt das Baden - rund 25 Kilometer von der Atomruine Fukushima entfernt.

rai/Reuters


Aus: "Reaktorunglück: Fukushima soll radioaktives Wasser ins Meer leiten" (10.09.2019)
Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/japan-atomruine-fukushima-soll-radioaktives-wasser-ins-meer-leiten-a-1286013.html (https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/japan-atomruine-fukushima-soll-radioaktives-wasser-ins-meer-leiten-a-1286013.html)

Quotefrerejaques heute, 09:08 Uhr

Havarie des gnadenlosen Profitdenkens

Das Terrain, auf dem der Reaktor errichtet ist, lag ursprünglich 35 m höher und wurde nur deshalb abgetragen, um Energie für die Pumpen zu sparen. Ohne diese Aktion wäre die Anlage vor einem Tsunami geschützt gewesen. Die potentielle Gefahr eines Tsunami-Havarie wurde aus Gründen der Betriebskosten-Senkung in Kauf genommen und von allen Sicherheitsexperten abgesegnet, einschließlich des Umweltministeriums, das nicht am Dienst der Natur, sondern unter der Kontrolle der Industrie steht. Die Ableitung des kontaminierten Wassers ist ein Umweltverbrechen, das dem gnadenlosen Profitdenken geschuldet ist. ...


Quotetheoneandonlyherrbert heute, 12:07 Uhr

Diese Japaner machen ähnliche Sauereien, wie wir edlen Europäer es schon vor ihnen getan haben ...

Fässer mit Atommüll verrotten im Ärmelkanal
Veröffentlicht am 23.04.2013

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert versenkten acht europäische Staaten Tausende Fässer mit Atommüll in Atlantik und Ärmelkanal. Vergessen sollte man den Müll nicht – denn er strahlt noch immer.  Die Sünden liegen Jahrzehnte zurück, doch sie strahlen weit in die Zukunft. Und das im wörtlichen Sinn: Acht europäische Staaten hatten zwischen 1949 und 1982 atomaren Abfall einfach dem Meer überlassen, insgesamt versenkten sie 222.732 mit Beton oder Asphalt verstärkte Metallfässer an 14 Stellen westlich der europäischen Küste sowie in einem ,,Hurd Deep" genannten Gebiet im Ärmelkanal.
Viele Fässer sind längst verrostet und geben allmählich ihren radioaktiven Inhalt frei. Der Sender Arte widmet dem ,,Endlager Meeresgrund" am Dienstag einen Themenabend. Er machte sich auf die Suche nach der Altlast.
114.726 Tonnen Atommüll schlummern vor dem europäischen Kontinentalsockel, meist in Tiefen von mehr als 4000 Metern. Nach offiziellen Angaben enthalten sie schwach- bis mittelradioaktiven Abfall der Atomindustrie, aus Forschung und Medizin; Kritiker wie der britische Atomphysiker John Large gehen jedoch davon aus, dass zum Teil auch hochradioaktiver Müll beigemischt war.
Nach einer Aufstellung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA summiert sich die in Fässern verpackte Radioaktivität auf 42.320 Terrabecquerel (TBq) – zum Vergleich: Die Gesamtaktivität im maroden Atommülllager Asse II betrug Anfang 2010 rund 2900 TBq.
Allein 35.000 TBq stammen aus Großbritannien. Weitere 6500 TBq steuerten die Schweiz und Belgien bei. Deutschland hat nur im Jahr 1967 Atommüll mit einer Gesamtaktivität von 0,2 TBq versenken lassen. Allerdings ist die Gesamtaktivität nur ein Anhaltspunkt für das Ausmaß des Problems. Denn die Zusammensetzung des Mülls aus den verschiedenen Radionukleide (radioaktiven Atomsorten) ist nicht vollständig bekannt.
Deshalb lässt sich anhand von Halbwertszeiten kaum kalkulieren, wie hoch die Gesamtaktivität heute ist. ,,Zudem können sich Isotope gebildet haben, die noch stärker strahlen als die Ausgangssubstanzen", sagt Susanne Neubronner, Atomexpertin bei Greenpeace in Hamburg.
1981 waren die Versenkungsaktionen von Atommüllfässern ins Gerede gekommen. Greenpeace dokumentierte damals den bis dahin weitgehend unbekannten ,,Entsorgungsweg" der europäischen Atomindustrie. Mit Schlauchbooten manövrierten sich die Aktivisten unter die Abrollrampen der Versenkungsschiffe.
Diese stellten das Dumpen aber nicht ein, so dass mehrmals ein mehrere 100 Kilo schweres Fass ein Schlauchboot traf. Die Umweltschützer gerieten in Lebensgefahr und mussten die Aktionen einstellen. Aber sie hatten die Abfallentsorgung auf Kosten der Meere öffentlich gemacht.
Harald Zindler, 68, saß damals in einem der Greenpeace-Schlauchboote. Vor einigen Monaten fuhr er mit dem Arte-Filmteam zu dem besonders brisanten Versenkungsgebiet: Bis 1963 hatte Großbritannien Atomfässer auch im Ärmelkanal verklappt. Hier fielen die Behälter nur 90 bis 140 Meter tief und liegen nur rund 20 Kilometer vor der Kanalinsel Alderney.
Schon bei der ersten Suche mit einem Unterwasserroboter entdeckte das Team eine Tonne, äußerlich unversehrt. Beim zweiten Anlauf wurde es wieder fündig: Ein völlig verrostetes Fass geriet ins Visier der Kamera.
Der von Rost zerfressene Behälter versinnbildlicht das damalige Entsorgungskonzept: Dilution is the solution (Verdünnung ist die Lösung). ,,Die Fässer waren nicht konzipiert, um einen dauerhaften Einschluss der Radionukleide am Meeresboden zu gewährleisten. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass sie zumindest teilweise nicht mehr intakt sind und Radionukleide freigesetzt wurden", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Bundestagsabgeordneten der Grünen im August 2012. ...
Quelle: https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article115539849/Faesser-mit-Atommuell-verrotten-im-Aermelkanal.html (https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article115539849/Faesser-mit-Atommuell-verrotten-im-Aermelkanal.html)


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Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 13, 2019, 02:40:29 PM
Quote[...] Wie man ein Atom-Endlager nicht bauen darf, hat Deutschland schon zweimal vorgemacht. Einmal mit dem Bergwerk Asse, in dem die dort abgekippten Fässer mit Strahlenabfall vor sich hin rosten. Und dann am Standort Salzstock Gorleben, der in den 1970er Jahren nicht wegen bester Eignung ausgewählt wurde, sondern weil er in einem toten Winkel an der damaligen innerdeutschen Grenze lag. Der Bundestag startete die Suche nach einem Endlager 2013 neu, und nun dürfte es mindestens bis Mitte des Jahrhunderts dauern, bis es betriebsbereit ist.

Doch nicht nur hierzulande, sondern weltweit ist das Endlagerproblem auch 70 Jahre nach Einführung der Atomkraft ungelöst, wie der jetzt vorgelegte ,,World Nuclear Waste Report – Focus Europe" zeigt.

Laut dem Bericht hat kein Land der Welt bisher ein Endlager für hochradioaktiven Müll in Betrieb genommen, obwohl insgesamt 31 Staaten Atomkraftwerke betreiben. Derzeit werden danach alleine in Europa über 60 000 Tonnen abgebrannter Brennstäbe nur in Zwischenlagern gelagert; Russland und die Slowakei nicht mitgerechnet, da es hier keine verlässlichen Daten gibt. Am weitesten fortgeschritten beim Bau eines Endlagers ist Finnland. Die Fertigstellung ist für 2020 geplant. In Frankreich und Schweden gibt es immerhin Standorte. Die schwach- und mittelaktiven Abfälle machen in Europa zusätzlich 2,5 Millionen Kubikmeter aus.

Über die gesamte Lebensdauer gerechnet, produzieren die europäischen AKW rund 6,6 Millionen Kubikmeter Strahlenabfall unterschiedlicher Typen, wovon die Brennstäbe und der Abfall aus der Wiederaufarbeitung zwar den kleinsten, aber gefährlichsten Anteil darstellen. Vier Länder verantworten den Großteil des Nuklearmülls, Frankreich 30 Prozent, Großbritannien (20), die Ukraine (18) und Deutschland (8). Schließung und Abriss der AKW nach Ende ihrer Betriebsdauer werden die Mengen an Atommüll laut dem Report weiter erhöhen.

Eine große Herausforderung stellen neben dem Problem, für 100.000 oder wie in Deutschland geplant sogar eine Million Jahren sichere Verwahrorte zu finden, die wachsenden Kosten dar. Kein Land könne bisher ein belastbares Finanzierungsmodell für die Zwischenlagerung sowie den Endlagerbau- und -betrieb vorweisen. ,,Nationale Regierungen unterschätzen die Kosten für die Stilllegung sowie Lagerung und Atommüll oft erheblich", sagt der Co-Autor des Berichts, Ben Wealer von der TU Berlin. Die Regierungen wendeten zudem oft das gesetzlich verankerte Verursacherprinzip nicht konsequent an.

Kein einziges Land in Europa habe ausreichend vorgesorgt, um die Endlager-Kosten zu finanzieren. ,,Es droht, dass die reellen, massiven Kosten letztendlich von den Steuerzahlern getragen werden", so Wealer. In Deutschland zum Beispiel wird die Sanierung der Asse nach derzeitigem Stand allein bis zur geplanten Rückholung und Umlagerung des Atommülls mindestens 4,35 Milliarden Euro kosten. In das Bergwerk, in dem bis 1978 rund 126 000 Atommüll-Fässer eingelagert wurden, dringt Wasser ein.

Der Schweizer Geologe Marcos Buser, ebenfalls Autor des Reports, warnt: ,,Immer größere Mengen an hochradioaktivem Müll müssen für immer längere Zeit zwischengelagert werden." Ein Problem sei, dass die Zwischenlager unter Sicherheitsaspekten nicht für die jetzt avisierten Zeiträume konzipiert worden seien. In Deutschland wurden die Zwischenlager für die Castoren mit hochaktivem Müll in Gorleben und an den AKW-Standorten ursprünglich für 40 Jahre genehmigt. Heutet ist klar,, dass diese Zeit bis zur Eröffnung eines Endlagers überschritten wird, zumal in Fachkreisen umstritten ist, ob der geplante Termin 2050 überhaupt zu halten ist.

Der Atommüll-Report wurde im Auftrag der Grünen-nahen Heinrich Böll-Stiftung, dem BUND und sechs weiteren Umweltorganisationen erstellt. Verfasst wurde er von einem Dutzend internationaler Experten.


Aus: "Atommüll - Radioaktiver Müll: Es gibt keine Endlager" (13.11.2019)
Quelle: https://www.fr.de/wirtschaft/radioaktiver-muell-world-nuclear-waste-report-nirgends-endlager-13214695.html (https://www.fr.de/wirtschaft/radioaktiver-muell-world-nuclear-waste-report-nirgends-endlager-13214695.html)

QuoteGregor Gerland

Klimaleugner hart wie Kruppstahl

24.110 Jahre ist die Halbwertszeit von Plutonium, einem der giftigsten Stoffe, die es gibt. Die Idee, derart gefährliches Material in Massen zu produzieren, ohne zu wissen, wo und wie es später gelagert werden kann, steht wie kaum etwas anderes für den megalomanischen Größenwahn, von dem Homo sapiens leider befallen zu sein scheint.

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Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 06, 2021, 05:45:17 PM
Quote[...] Vorhersehbare Kontamination: Forscher haben ermittelt, wie sich Tritium und andere Radionuklide aus dem verseuchten Abwasser von Fukushima im Pazifik ausbreiten werden. Denn ab 2023 soll das auf dem Kraftwerksgelände gelagerte Wasser ins Meer eingeleitet werden. Den Simulationen zufolge wird sich die Kontamination primär ostwärts ausbreiten und nach gut drei Jahren die Küsten der USA erreichen. Dort könnte die Konzentration sogar höher liegen als an vielen asiatischen Küsten.

Zehn Jahre nach dem schweren Atomunfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima ist die Lage in den Reaktoren noch immer kritisch. Sie müssen weiterhin gekühlt werden, um die Kernschmelze unter Kontrolle zu halten. Weil die Reaktorbehälter und Systeme nicht dicht sind, strömt ständig radioaktiv verseuchtes Kühlwasser aus, das abgepumpt und in Tanks gelagert wird. Mehr als 1,2 Millionen Tonnen dieses kontaminierten Wassers lagern schon auf dem Gelände und täglich kommen rund 170 Tonnen dazu.

Die Betreiberfirma Tepco hat deshalb bei der japanischen Regierung beantragt, dieses Wasser nach einer Reinigung ins Meer ablassen zu dürfen. Dafür soll das Tankwasser zunächst um das 40-Fache verdünnt und dann nach und nach ins Meer geleitet werden.

Das Problem jedoch: Trotz spezieller Reinigungsprozesse lässt sich das radioaktive Element Tritium nicht aus dem Wasser entfernen. Zwar gilt dieses Radionuklid als erst in hohen Dosen schädlich und daher wurde die Einleitung von der Internationalen Atomenergie-Organisation IAE als unbedenklich eingestuft. Das aber sehen nicht alle so. Forscher schätzen, dass die Tritiumwerte des Fukushima-Abwassers bei rund einer Million Becquerel pro Liter liegen könnten.

Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Reste weiterer 60 Radionuklide, darunter Strontium, Cäsium, Iod und Kobalt, in höheren Mengen im gereinigten Wasser verbleiben, als es Tepco zugibt. Dennoch wurde die Einleitung im August 2021 genehmigt, 2023 soll es losgehen. Was dies für den Pazifikraum bedeutet und wie sich die Radionuklide aus Fukushima dann ausbreiten werden, haben nun Yi Liu von der Tsinghua Universität in Shenzhen und seine Kollegen mithilfe zweier Modelle untersucht. Eines zeigt die Ausbreitung auf makroskopischer Ebene, das andere folgt den Wegen einzelner Partikel.

Die Simulationen zeigen: In den ersten 120 Tagen nach Beginn der Einleitungen breiten sich die Radionuklide schnell über 30 Breitengrade und 40 Längengrade aus. Dabei bewegen sie sich stärker in Richtung Osten nach als nach Norden und Süden. Ursache ist die Lage von Fukushima nahe dem Treffpunkt des nordwärts fließenden Kuroshio-Stroms und der nach Süden gerichteten Oyashio-Meeresströmung, wie die Forscher berichten.

,,Der größte Teil der Kontamination verteilt sich daher nicht nach Norden und Süden entlang der japanischen und asiatischen Küsten, sondern driftet ostwärts", erklären Liu und seine Kollegen. . Als Folge bildet sich ein Streifen höher konzentrierter Kontamination, der sich entlang des 35. nördlichen Breitengrads über den Pazifik ausbreitet.

Nach 1.200 Tagen – gut drei Jahren – hat das verseuchte Wasser aus Fukushima den Pazifik überquert und erreicht die Westküste der USA. Dort erreicht die Konzentration der Radionuklide an der Küsten von Städten wie dem kalifornischen San Diego sogar höhere Werte als die Stadt Miyazaki an der japanischen Küste oder Schanghai in China. ,,Dieses Phänomen beruht auf den starken Meeresströmungen vor Japan", so die Forscher.

Sobald das kontaminierte Wasser den Äquatorbereich erreicht hat, wird es mit dem Äquatorialstrom auch in die Südhälfte des Pazifiks gespült. Im Verlauf von sechseinhalb Jahren gelangt es so auch bis in den Indischen Ozean und nach Australien. Wenig später werden sich das Tritium und die restlichen Nuklide aus der Fukushima-Einleitung im gesamten Pazifik verteilt haben.

Wie hoch die Belastung des Meerwassers mit radioaktivem Tritium und anderen Nukliden an den verschiedenen Stellen des Pazifiks und der umliegenden Küsten genau sein wird, können die Forscher anhand ihrer Simulationen nicht beziffern. Ihre Modelle seien aber wichtig als Basis für künftige quantitative Berechnungen, erklären Liu und seine Kollegen. (National Science Review, 2021; doi: 10.1093/nsr/nwab209)

Quelle: Science China Press



Aus: "Fukushima: Tritium im gesamten Pazifik"  Nadja Podbregar (6. Dezember 2021)
Quelle: https://www.scinexx.de/news/geowissen/fukushima-tritium-im-gesamten-pazifik/ (https://www.scinexx.de/news/geowissen/fukushima-tritium-im-gesamten-pazifik/)
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 10, 2022, 03:24:57 PM
Quote[...] Ein Entsorgungsunternehmen hatte den Auftrag, die – öffentlich nicht zugängliche – Garage zu räumen, dabei stießen die Mitarbeiter auf insgesamt 26 Kunststofffässer. Bei der standardmäßigen Überprüfung des Abfalls wurde dann eine Kontaminierung festgestellt.

Bei der weiteren Untersuchung der Tonnen wurde das Radionuklid Cobalt 60 festgestellt. Die Strahlung des Radionuklids wurde noch bis zu einem Meter Entfernung gemessen – dadurch dürfte laut Polizei keine Beeinträchtigung von Menschen vorgelegen sein. Aufgrund der Beschaffenheit der Kunststoffgebinde, in denen die kontaminierten Gegenstände und Materialien gelagert waren, kam es zu keinem Austritt von Flüssigkeiten und somit auch zu keiner Verseuchung von Grund und Boden bzw. Gewässern.

Die weiteren Ermittlungen der Polizei ergaben, dass die Abfälle aus Ablagerungen an einem Zyklotron, einem Kreisbeschleuniger zur Herstellung von unter anderem Medikamentenkomponenten, stammen. Die Maschine dürfte rund 15 Jahre in einer Firma zur Erzeugung pharmazeutischer Medikamente in Betrieb gewesen sein.

Der ehemalige Geschäftsführer war auch für die Abfallendlagerung verantwortlich – und der 56-Jährige brachte die Abfälle zwischen September 2015 und Oktober 2021 in die Garage. Die Firma war in finanziellen Schwierigkeiten und schlussendlich auch in die Insolvenz geschlittert, und all das ließ den Verdächtigen laut Polizei zu dem Entschluss ,,der nicht ordnungsgemäßen Endlagerung" kommen.

Laut einem Polizeisprecher gibt es in Österreich nur eine einzige Firma, die solche radioaktiven Abfälle aus der Medizintechnik entsorgt – diese ist in Seibersdorf in Niederösterreich nahe dem österreichischen Kernforschungszentrum angesiedelt. Nun wurden die Fässer doch zu dieser Spezialfirma gebracht; der 56-Jährige wird angezeigt.

red, steiermark.ORF.at



Aus: "Radioaktiver Abfall jahrelang in Garage gelagert" (10.02.2022)
Quelle: https://steiermark.orf.at/stories/3142502/ (https://steiermark.orf.at/stories/3142502/)
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 06, 2023, 10:23:59 AM
Quote[...] Zwölf Jahre nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima hat der AKW-Betreiber Tepco neue Bilder aus dem Inneren eines der zerstörten Reaktoren veröffentlicht, die schwere Schäden am Fundament und große Mengen an radioaktivem Schutt zeigen.

,,Es gab Bereiche, die wir nicht sehen konnten", sagte ein Tepco-Sprecher bei einer Pressekonferenz. ,,Aber wir glauben, dass die Schäden sich über große Bereiche erstrecken." Auf einem der von einem Roboter aufgenommenen Videos aus dem Reaktor 1 des stillgelegten Atomkraftwerks, die am Dienstag veröffentlicht wurden, sind den Angaben zufolge beschädigte Betonwände, aus denen Stahlstreben ragen, und eine rund 50 Zentimeter dicke Trümmerschicht zu sehen.

Das Video veranschaulicht die gewaltige Aufgabe des Rückbaus des früheren Atomkraftwerks, nachdem es 2011 von einem gewaltigen Tsunami getroffen wurde, der durch ein Seebeben der Stärke 9,0 ausgelöst worden war. In drei Reaktoren des AKW-Komplexes im Nordosten Japans kam es dadurch zu gewaltigen Explosionen und zur Kernschmelze. Hunderttausende Menschen mussten nach dem Super-GAU aus den verstrahlten Gebieten evakuiert werden. Erst elf Jahre später galten Teile der Sperrzone wieder als bewohnbar.

Tepco und die japanische Regierung schätzen, dass es noch 30 bis 40 Jahre dauern wird, die geschmolzenen Brennstäbe aus der Anlage zu entfernen und das Gebiet zu dekontaminieren. In den beiden anderen Reaktoren der Anlage Fukushima Daichii, in denen es zur Kernschmelze gekommen war, hatte Tepco nach eigenen Angaben ähnliche Robotervideos zur Untersuchung der Schäden gefilmt.

Zuvor hatten Anwohner ihre Besorgnis über die Sicherheit der Anlage in der erdbebengefährdeten Region geäußert. Der Gouverneur von Fukushima, Masao Uchibori, drängte Tepco, die Anlage auf Erdbebensicherheit zu testen, um die Sicherheit des AKW-Rückbaus zu gewährleisten.

Wegen der hohen Strahlungswerte innerhalb der Reaktoren funktionierten Roboter, die Halbleiter verwenden, nicht so gut wie erwartet, sagte er am Montag. ,,Die größte und schwierigste Aufgabe ist die Beseitigung der Trümmer aus geschmolzenem Brennstoff. Wir fordern Tepco und die Regierung auf, die Stilllegung sicher und stetig voranzutreiben."

Tepco kündigte an, in den kommenden Monaten die Erdbebensicherheit des Gebäudes zu prüfen. Frühere Untersuchungen zeigten, dass die Anlage relativ stabil ist. (AFP)


Aus: "Rückbau braucht noch Jahrzehnte: Fotos zeigen Trümmerberge im Inneren eines Fukushima-Reaktors" (05.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/ruckbau-braucht-noch-jahrzehnte-video-zeigt-trummerberge-im-inneren-eines-fukushima-reaktors-9620030.html (https://www.tagesspiegel.de/wissen/ruckbau-braucht-noch-jahrzehnte-video-zeigt-trummerberge-im-inneren-eines-fukushima-reaktors-9620030.html)
Title: [Notizen zu Radioaktivem Material...]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 26, 2023, 02:52:44 PM
Quote[...] Vor 56 Jahren am 17. Januar 1966 ist über dem Fischerdorf Palomares an Almerías Küste ein US-Militärflugzeug mit vier Atombomben an Bord abgestürzt. Noch immer ist nicht geklärt, was mit dem verseuchten Erdreich passiert.

Cuevas del Almanzora – Am 17. Januar 2022 ist es 56 Jahre her, dass ein mit mehreren Atombomben beladenes US-Militärflugzeug über dem Fischerort Palomares in Cuevas del Almanzora an der Küste von Almería abgestürzt ist. Dabei wurden 200 Hektar mit neun Kilogramm Plutonium kontaminiert. Seit 2010 existiert zwar ein Plan zur Säuberung des betroffenen Gebietes, doch geschehen ist bisher nichts. Keine Behörde in Spanien fühlt sich verantwortlich.

Cuevas del Almanzora   
Fläche   263,9 km²
Höhe   88 m
Bevölkerung   13.776 (2018) Instituto Nacional de Estadística
Provinz   Almería

Die Umweltorganisation Ecologistas en Acción zog vor Gericht. Nun liegt der Fall beim Obersten Gericht von Spanien, das endgültig darüber entscheidet, ob der Rat für nukleare Sicherheit (CSN) zuständig ist und einen Termin für die Sanierung der mit radioaktivem Americium und Plutonium verseuchten Böden festlegen muss oder nicht. Derzeit werden kontaminiertes Erdreich auf einem 40 Hektar großen abgezäunten Gebiet gelagert und die Plutoniumkonzentrationen in Luft, Wasser, Boden und Gemüse kontrolliert. Auf dem kontaminierten Gelände gebe es jedoch unzählige Kaninchenhöhlen. Die Tiere gingen ein und aus, wirbelten Staub auf und könnten so Plutonium verteilen, so Ecologistas en Acción.

Der Kameramann und Fotojournalist aus Almería, José Herrera, hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und 2016, 50 Jahre nach dem Atombombenunglück, und Buch über den Unfall und die Folgen für Palomares herausgebracht. Er berichtet costanachrichten.com, wie er den Unfall und die Zeit danach erlebt hat.

https://www.costanachrichten.com/costa-del-sol/spanien-atombombenunfall-palomares-radioaktiv-verseucht-plutonium-almeria-jose-herrera-91239855.html (https://www.costanachrichten.com/costa-del-sol/spanien-atombombenunfall-palomares-radioaktiv-verseucht-plutonium-almeria-jose-herrera-91239855.html)

Im Januar vor 56 Jahren schaute der damals zehnjährige José Herrera in den Himmel über Palomares und erschrak. ,,Gleich stoßen sie zusammen", rief er und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Der Junge beobachtete zwei Flugzeuge der US-Streitkräfte bei einem Auftankmanöver in der Luft. Die Sorgen des Zehnjährigen bleiben unbegründet. An jenem Tag im Januar passierte nichts.

Erst ein Jahr später wurden die Befürchtungen des Kindes wahr. Am 17. Januar 1966 kam es bei einem ähnlichen Manöver zu einer Explosion in 9.000 Meter Höhe. Ein B-52-Bomber mit vier Atombomben an Bord stürzte über dem Fischerdorf Palomares ab. Drei der vier Bomben prallten auf die Erde. Eine blieb unversehrt, zwei platzten auf und verseuchten über 200 Hektar Erdreich mit neun Kilogramm Plutonium. Die vierte Bombe fiel ins Mittelmeer und wurde 81 Tage später gefunden. Bei dem Unglück kamen sieben Besatzungsmitglieder ums Leben.

,,Seitdem werden so viele Unwahrheiten verbreitet", sagt José Herrera, ein Grund für ihn, das Buch geschrieben zu haben. Schon während der Franco-Diktatur (1939-1975)sei eine offizielle Version ausgegeben worden, an der sich bis heute nicht viel geändert habe. Die Ausmaße der Kontamination wurden damals heruntergespielt. Dafür ließ sich der Minister für Tourismus Manuel Fraga im März 1966 bei einem Bad am Strand von Palomares fotografieren. Das Bild gelangte zu einiger Berühmtheit.

Herrera ist es wichtig, die Menschen zu informieren. ,,Viele junge Leute wissen gar nichts über den Atombombenunfall und diejenigen, die nur ein paar Schlagworte wie radioaktiv oder kontaminiert aufschnappen, denken, ganz Palomares ist verseucht", sagt er. ,,Das ist wie mit Dieben einer bestimmten Volksgruppe. Wird einer erwischt, dann heißt es gleich, alle seien so."

Der Kameramann aus Almería widmet sich seit dem 13. Januar 1986 dem Thema. Er kann sich noch genau an das Datum erinnern, weil er mit einem Kollegen der Zeitung ,,El País" nach Palomares fuhr, um einen Dokumentarfilm zu drehen. Sie besuchten den Krater, den eine der Bomben hinterlassen hatte, und eine Versammlung, auf der Nachbarn Unterschriften sammelten, um vor Gericht zu ziehen. ,,Seitdem hat mich Palomares nicht mehr losgelassen", erzählt Herrera.

Eine der Bomben prallte mit hoher Geschwindigkeit westlich von Palomares auf, die andere stürzte nahe des Zentrums des Dorfes ab. Die Säuberungsarbeiten begannen erst sieben Tage nach dem Unfall, wie Herrera in seinem Buch beschreibt. In der Zwischenzeit hatte starker Wind radioaktives Material verteilt.

Offiziellen Angaben zufolge ließen die USA 1.000 Kubikmeter kontaminierten Erdreichs abtragen und in 4.810 Fässer füllen, die in die USA verschifft und in South Carolina endgelagert wurden. ,,Die Behälter wurden damals an den Strand von Palomares geschleppt und vor Journalisten aus aller Welt präsentiert. Zehn Kamerateams waren dabei, wie im Kino", sagt José Herrera. Doch nicht alle Fässer wurden so in Szene gesetzt. 690 Tonnen blieben übrig. ,,Keiner weiß genau, wo sie sich befinden. Vielleicht sind sie hier irgendwo in den unzähligen Brunnenschächten in der Sierra Almagrera in Cuevas del Almanzora versteckt."

Von den neun Kilogramm Plutonium soll sich nach Angaben des spanischen Nuklearforschungszentrums Ciemat heute noch ein halbes Kilogramm in Palomares befinden. Herrera ist skeptisch. ,,Sprechen wir nur von einem Isotop Plutonium?" Das radioaktive Schwermetall kommt in verschiedenen Atomarten, den sogenannten Isotopen vor. Ihre Atomkerne enthalten gleich viele Protonen, aber verschieden viele Neutronen, so dass jedes Isotop andere Eigenschaften aufweist. Das Plutonium aus den Bomben besteht hauptsächlich aus den Isotopen 239 und 241. Beide geben alpha-Strahlung ab, die so gering ist, dass sie bereits durch Kleidung und die obere Hautschicht abgeschirmt wird.  ,,Das ist die positive Nachricht", sagt José Herrera. ,,Außerdem ist Plutonium das schwerste in der Natur vorkommende Element. Es wiegt elf Mal mehr als Wasser und sinkt mit den Jahren immer tiefer in die Erde ein."

Palomares sei an konkreten Orten kontaminiert, den Absturzstellen der Bomben und in einem Gebiet bei Villaricos direkt neben Palomares. ,,Ich vergleiche das immer mit Kaffeespritzern auf einem weißen Hemd." Die Flecken von Palomares sind heute eingezäunt und mit einem Hinweisschild versehen: Betreten verboten. ,,Die Lagerung von radioaktivem Müll unter freiem Himmel in einem bewohnten Gebiet ist ein Verstoß gegen internationale Verordnungen", gibt José Herrera zu bedenken.

Denn Plutonium ist alles andere als harmlos. ,,Wenn es an Staubpartikel gebunden über die Luft eingeatmet wird, hat das fatale Folgen." Es setzt sich vor allem in Nieren, Knochen und Leber fest und kann zu Krebs führen. Plutonium, das mit der Nahrung aufgenommen wird, kann zu einem großen Teil wieder ausgeschieden werden. Dennoch bleiben geringe Mengen des Giftes im Körper zurück.

Eine weitere schlechte Nachricht: Das Plutonium 241 hat nur eine Halbwertszeit von 14 Jahren und zerfällt dann zu Americium 241, das wesentlich durchdringendere gamma-Strahlen aussendet, die nur mit Bleiplatten abgeschirmt werden können. ,,Wenn wir an Plutonium vorbeigehen, macht uns die Strahlung nicht viel aus. Bei Americium geht sie dagegen durch Kleidung, Haut und Knochen."

Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in Palomares wurden Ciemat zufolge aber nicht festgestellt. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der radioaktiven Strahlung und den Sterbefällen durch Krebs, hieß es. Von 1966 bis 2009 wurden über 1.000 Menschen regelmäßig untersucht. Die Ergebnisse der Analysen zeigten laut Ciemat keinerlei Auffälligkeiten. ,,Trotzdem werden noch 150 Menschen aus Palomares regelmäßig zum Medizincheck nach Madrid geschickt", weiß Herrera.

So ganz glaubt er den offiziellen Angaben nicht. ,,Nach dem Unfall kamen 1.470 US-Soldaten nach Palomares, um aufzuräumen", berichtet er. ,,Die ersten Untersuchungen ergaben, dass alle Plutonium in ihrem Körper hatten. Die Mengen im Urin lagen leicht über den Grenzwerten." Doch wenig später hieß es auf einmal, sie seien nicht kontaminiert. ,,Das Militär hatte die Soldaten nochmals untersucht und dabei festgestellt, dass sie sich in 1.470 Fällen geirrt hatten."  Viele der Veteranen seien später an Krebs erkrankt. Sie hätten sich zusammengetan und auf einer Internetseite Unterschriften gesammelt, um Entschädigung zu fordern. ,,Doch die Webseite ist plötzlich verschwunden", sagt José Herrera.

Dennoch sind auf der Seite des US-Departments für Veteranen eine Reihe von Krebsfällen dokumentiert, die auf eine Verstrahlung durch Plutonium in Palomares zurückzuführen sein könnten. In einem Dokument aus dem Jahr 2012 beschreibt ein Veteran, der 2007 an Darmkrebs erkrankte, dass ihm bei der Säuberungsaktion im Januar 1966 keine Schutzkleidung zur Verfügung gestellt und ihm gesagt worden sei, er solle sich den radioaktiven Dreck im Meer abwaschen. Der Zeiger des Geigerzählers habe derart ausgeschlagen, dass kein Wert abgelesen werden konnte. Im Juni 1966 habe er einen Brief erhalten, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass er einer ,,ziemlich hohen" Strahlung ausgesetzt war.

Ein anderer Veteran, der als einer der ersten Soldaten am Unglücksort eintraf, gab ähnliche Aussagen zu Protokoll. Er erkrankte 1991 am Non-Hodgkin-Lymphom, einer bösartigen Erkrankung des Lymphatischen Systems. In einem weiteren Fall klagt die Witwe den Tod ihres Mannes an, der ebenfalls in Palomares war. Er starb bereits im Alter von 49 Jahren im August 1987 an den Folgen von Darmkrebs.

Dem Obst und Gemüse scheint Plutonium dagegen nichts anhaben zu können. Regelmäßige Analysen ergaben laut Ciemat, dass die Dosis weit unterhalb der Grenzwerte liege. ,,Plutonium reagiert an der Luft zu graugrünem, pulvrigen Plutoniumdioxid, das als relativ stabil und kaum löslich gilt und deshalb von den Pflanzen nicht aufgenommen wird", erklärt José Herrera. ,,In einem Dokufilm ist zu sehen, wie ein Amerikaner nach dem Unfall eine mit Plutoniumdioxid bedeckte Tomate einfach abwäscht und isst." Negative Publicity kann den Bauern heute wenig anhaben. ,,Auch wenn die Zeitungen jeden Januar wieder seitenweise über den Atombombenunfall berichten, die Preise für Obst und Gemüse aus Palomares bleiben stabil", sagt José Herrera.

Die Tourismusbranche sei dagegen viel anfälliger. Deshalb seien Journalisten in Palomares nicht gerne gesehen. Die Einwohner meinten, dass das Reden über den Unfall und die Kontamination ihnen schade. ,,Sie fühlen sich beschmutzt und gebrandmarkt. Den Unfall empfinden sie als Makel, als hässlichen Fleck, der erst durch die Reinigung von Palomares entfernt werden kann", erklärt Jose Herrera. Ihm gehe es um das Gemeinwohl, darum dass Palomares sauber und die Menschen das Stigma loswerden.

Von dem unverbindlichem Abkommen zwischen den USA und der spanischen Regierung, verseuchtes Erdreich in Palomares abzutragen, hält José Herrera nicht viel. ,,Propaganda", sagt er. ,,Das Abkommen verpflichtet die USA zu gar nichts. Es dient lediglich dazu, ihr negatives Image aufzupolieren. Dazu täuschen sie die Menschen, die zwar etwas von Landwirtschaft, aber wenig von Radioaktivität verstehen."

Ob er daran glaube, dass Palomares jemals entseucht werde? ,,Ich bin ein bisschen pessimistisch, aber ich hoffe, ich irre mich." Das Problem seien die extrem hohen Kosten. Außerdem habe Almería ein zusätzliches Problem. Die Provinz liege weit entfernt vom politischen Zentrum in Madrid, wo die Entscheidungen getroffen werden. ,,Zur Zeit des Franco-Regimes hatte die Regierung überhaupt kein Problem damit, das Plutonium einfach zu lassen, wo es war. Die Kinder der Franco-Minister waren ja weit genug weg."



Aus: "Atombombenunfall an Spaniens Küste: Was geschah wirklich in dem kleinen Fischerort?" Sandra Gyuratis (26.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/panorama/spanien-kueste-verseucht-flugzeug-absturz-b-52-bomber-atombombe-unfall-radioaktiv-verseucht-plutonium-92303938.html (https://www.fr.de/panorama/spanien-kueste-verseucht-flugzeug-absturz-b-52-bomber-atombombe-unfall-radioaktiv-verseucht-plutonium-92303938.html)